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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189007309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18900730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18900730
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-07
- Tag1890-07-30
- Monat1890-07
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.07.1890
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E»schOt«l ta-Nch i^th «V. - Uhr. Lst»kti»a uilt L»»rtttt,a JohanueSgass« 8. Aprechstuatea drr Rrdaclion: «»rmttt^» 10-1» Uhr. U»chn»ittags 5—- Uhr. - - ^ ««MG»« tze» f», »w »ichftf»l,e»d« ««Nl»»r »estimmlen I»Irrate an Wachen»««»» Dt« 5 Uhr Nachmittag«, aa San«, und Kesttagni früh dti'/.» Uhr. 3» de« Filialen fiir Ins.-Annahmr: Ott» Klemm'» Larttm. «Alfred Haha). UutverfliätSstraß» 1, Leuts Lösche, K«th«ri»e»str. 14 pari, und KSaigSplatz 7» nur bl» '/,S Uhr. ciWger TagMak Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. WdpvmrmkNtAhokküO vierteljährlich «»/, Mk. tucl. Bringerloh» b Mt , durch dt« Post bezogen 6 Mk. Jed« einzeln« Nummer 20 Pf, Belegerrmplar 10 Ps. Lebühren für Extrabeilaa,» (tu Taaeblatt-Format gesalztj ohne Pvftbesörderuug 60 Mt. mit Postbesörderung 70 Mt. Inserate 6 gespaltene Petitzcile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichuih. Tabellarischer». Ztffernsitz nach hohermTarif. tltliamrn »utrr dem RedacttonSftrlch di« 4«jv«U. geil« bO Pi-, vor den Familien aachricht«» die «gespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stet- an die Vrdedttto» j» senden. — Rabatt wird nicht gegeben.! Zahlung praevnmsrancko oder durch Post« Nachnahme. 2». Mittwoch den 30. Juli 1890. 81. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Die Beerdigung unseres verstorbenen Collegen, des ordentlichen Honorar« Professors der philosophischen Facultät Herrn Hofrath Du. Gotthard Oswald Marbach, Ritter pp. findet Donnerstag, den 31. Juli, Bormittags 10 Uhr vom Trauerhause, Quer straße Nr. 10/12, aus statt. Mr diejenigen Herren Collegen, welche an derselben theilnehmen werden, sichen Wagen von 9'/« Uhr an vor dem Augusteum bereit. Leipzig, am 29. Juli 1890. vr. HV. HVunott, d. Z. Rector der Universität. Bekanntmachung. Di« Leuchtkraft de- städtischen Leuchtgase- betrug io drr Zeit von» rtl.Huli bis 27. Juli dsS. I. im Araand- brenner bei 2,b Millimeter Druck und 150 Litern stündlichem Eonsnm da- l8,4 fache der Leuchtkraft der deutschen Normal kerze von bO Millimeter Flammenhöhe. Da« syeeisische Gewicht stelll sich im Mittel auf 0,449. Leipzig, am 29. Juli 1890. De» NathS Deputation zu den Gasanstalten. Ausschreibung. Die rum Neubau der Markthalle in Leipzig erforder liche Lieferung einer größeren Anzahl gnHeiserner Antz- hodenentwäfferungen und Geruchverschlüffe soll vergeben werden. Die Bedingungen und da- Arbrit-verreichniß, auf Wunsch auch die Zeichnungen, können durch unsere Bauverwallung im Banburea» an der Windmühlengasse, hier, gegen Porto- und bestellgcldfreie Einsendung von 0,50 für die Bedingungen und l für die Zeichnungen bezogen, bez. daselbit eingeseben werden. D,e Angebot« sind verschloflen und mit der Aufschrift: „Markthalle — AuHbvdenentwäfferuntteu" b,« zum 4. August vm. Vormittags 10 Uhr im Rath- banse allhier, II. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, porto frei eiuzureichen. Drr Rath behalt sich die Au-wahl unter de» Bewerbern und die Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, am 2V. Juli l890. Der Nath der Stadt Leipzig. I». 5444.vr. Tröndlin. Rulmg. Lekanntmachnng. DieReubrrstellung von 4b lfd. Metern Schleuß«» m. Claffe, sowie die Beseitigung einer gleichen Länge von Thonrohr- schleußen in der Eisenbahnstraße in Leipzig-VolkmarSdors, und zwar zwischen der Jdastraßc daselbst und der Tauchaer Straße in Leipzig-Sellerhausen, soll an einen Unternehmer in Acrord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnung ftr diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, RatbhauS 2. Stock werk, Zimmer Nr. 14 aus und können daselbst eingeseben oder gegen Entrichtung drr Gebühren im Betrage von ü,50 welche eventuell in Briefmarken cinzusendcn sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Sqsteuße »n der (Eisenbahnstraße in Leipzig- LvlkmarSdors" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 7. August 1890 Nachmittags 5 Uhr cinzurcichcn. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig, den 22. Juli 1890. Id 4138. DeS NathS der Stadt Leipzig Straßenbau Deputation. Bekanntmachung. ES wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die bisher in dem «Grundstück Lessingssraße Nr. 29 (Ecke der Lessing- und Frankfurter Straßes untergebracht gewesene >11. Polizei-Wache vom 1. August er. ab nach dem Grundstück Waldstratze Nr. 1t verlegt werden wird. Leipzig, am 28. Jult 1890. Da» Polizeiamt der Stadt Leipzig. O. K. 3469. Bretschneider. Z. Oie Zustände in Mittel- und Sud-Amerika. Es ist gewiß kein Zufall, daß gleichzeitig in einer Reihe von Staaten Mittel- und Süd-Amerika- Krieg und Revo lution auSgebrochen ist. Es mag viel persönlicher Ebrgeiz Labei im Spiele sein, dieser würde aber nicht hinreichen, in vielen volkreichen Staaten Rübe und Ordnung zu stören und die Anarchie an die Stelle einer geordneten Staatsgewalt zu setzen. Die eigentliche Ursache der weitverbreiteten Bewegung ist eine wirthschaftliche, es handelt sich um die Aufrechthaltung der Metallwabrung den Versuchen gegenüber, Papieren einen Werth künstlich zu verschaffen, den sic nicht baden. Der „Tempö" sagt deshalb: Die Finanrwelt scheine die Revolution in Argentinien für die sicuerste Lösung einer wirtbschaftlichen Krisis anzuschcn. Diese sei durch den bisherigen Machthaber Eelman verschlimmert, und darum erwarte man von den Aufständischen die cnd- ailtige Beseitigung der durch künstliche und finanzielle Mittel aufrecht erhaltenen Engagements. Die Revolution in Argentinien ist nur theilweise ein Militairaufstand, denn hinter ihr siebt auch die Union Civica. Freilich stehen die Generale Campo« und Arredontio an der Spitze der Kämpfer, aber die eigentlichen Urheber des Aufstandes sind in der Finanzwelt zu suchen. Die Bewegung ist seit langer Zeit vorbereitet, und die an der Spitze stehenden Per sönlichkeiten gebieten über bedeutende Geldmittel. Der Präsident von Uruguay hat da- Wesen der Bewegung so gleich richtm erkannt. Er nahm die gegen den ZwangScour« gerichlete Convention der Kaufleute ruhig bin und erklärte, daß die Beibehaltung der Mrtallwährung für Uruguay eine Lebensfrage sei. In Chile haben dir aufgeregten Leiden schaften einen anderen Ausweg gefunden. Valparaiso stand und siebt zum Thcil noch unter dem Einfluß der Aus schreitungen einer sehr bedeutenden Zahl von Streikenden, welche die Bevölkerung durch Raub, Plünderung und Brand legung in Schrecken setzten, bis eS den Truppen gelang, durch Verhaftung von etwa tausend Ruhestörern die Ordnung theil weise wieder herzustellen. Nur der Kampf zwischen San Salvador und Guatemala scheint in der Hauptsache einem Streit um die Herrschaft seinen Ursprung zu verdanken, obwohl auch dort finanzielle Schwierigkeiten mit bineinspielcn, denn der Aufstand, welcher gegenwärtig in Guatemala auSgebrocbcn ist, wurde durch Truppen erregt, welche ihren Sold nicht empfangen haben, und wie die neuesten Nackrichten erkennen lasten, neigt sich die Waagschale zu Gunsten San SalvadorS. Die Verluste, welche die Truppen von Guatemala bei Chingo erlitten baden, sieben in gar keinem Berhältniß zu den Verlusten der Truppen von San Salvador, und außer den Schrecknissen deS Aufstande« ist die Hauptstadt Guatemala jetzt auch noch dem Angriff der siegreichen Truppen Ezeta'S auSgrseht. Dieser Erfolg ist um so beschämender für Guatemala, weil sich San Salvador an Größe mit Guatemala gar nickt messen kann und auch trotz sehr entwickelter Cultur und Industrie doch nur etwa die Hälfte der Einwohnerzahl Guatemalas hat. Die revolutionaire Bewegung, welche plötzlich fast gleich zeitig weit voneinander entfernte Staaten erfaßt Kat, ist ein Zeichen, daß die Republiken in Mittel- und Südamerika nicht auf gesunder Grundlage ruhen. Unruhig sind diese Staatcnbildnngen von jeher gewesen, und zeitweise sind sogar Kampfe aus Leben und Tod entstanden, wie der zwischen Peru und Chile. Aber diese Kämpfe blieben auf ein be stimmtes Gebiet beschränkt, während heute ein großer Thcil von Mittel- und Südamerika dadurch in Mitleidenschaft ge zogen wird. Ein Bündniß zwischen diesen Staaten, wie cS versucht worden ist, entbehrt jeglicher Festigkeit. Wenn ein Streit zwischen zwei Nebenbuhlern auSbrichl, dann wird er ohne Rücksicht auf die ührigen Staaten auSgefochten, und Mexico wird sich hüten, sich ohne Noth in den Streit zwischen Guatemala und San Salvador einzumischen, weil daraus leicht ein allgemeiner Zusammenschluß der kleinen Staaten zur Bekämpfung des großen entstehen könnte. Für die republikanische Staatsform sind diese Vorgänge nicht günstig, eS zeigt sich, auf wie schwankender Grundlage die staatlichen Verhältnisse in Mittel- und Südamerika am gcbant sind, daß hier persönlicher Ehrgeiz, dort da- finanzielle Onlerefse einer Clique den Frieden und die öffentliche Ordnung jederzeit in Frage stellen können, weil cS an einer allgemein anerkannten Autorität seblt, welche die Festigkeit der Zustände gewährleistet. Da ist eS doch mit der Republik der Vereinigten Staaten von Nordamerika ganz anders bestellt, dort hat sich auf historischer Grundlage allmälig ein StaatSwcsen entwickelt, welches Großes geleistet hat und bei allen Mängeln im Ein zelnen doch gewisse allgemeine Vorzüge besitzt, welche den vor handenen Kräften die vollste Entfaltung sickern. Die KrisiS, welche im Anfang der sechziger Jahre diese« Jahrhunderts cin- trat und die Nord» und SUdstaaten zum Kampf bis auf« Messer gegen einander führte, ist verhältnißmäßig schnell und leicht überwunden worden, und Nordamerika erfreut sich heute einer Blüthe und Macht, die kaum überholen werden kann. Um so beklagenSwerthcr sind die Zustände, welche sich in Mittel- und Südamerika gleichfalls auf republikanischer Grundlage herausgebildet haben. Kaum irgend eine dieser Republiken ist von schweren Krisen verschont geblieben, und Brasilien galt lange Zeit al» fester Damm gegen das allzu gefährliche Umsichgreifen der Leidenschaften «n den benach barten Republiken. Diese Sckutzwehr ist seit dem November 1889 gefallen, auch in Brasilien hat der republikanische Gedanke die Ober hand über den monarchischen erlangt, und wir haben gesehen, welche Richtung der Lauf der Ereignisse in Brasilien genommen bat. Mag die Gräfin d'Eu auch durch ihre Beziehungen zu den Jesuiten sich in der öffentlichen Meinung sebr gescbavet haben und mag man der weiteren Entwickelung Brasiliens mit Besorg niß gegenüber gestanden haben, so ist doch die Wirtbsckaft, welch« die nachfolgende Militairdictatur de« Generals Fonseca in Schwung gebracht hat, weit hinter den Erwartungen zurück geblieben, welche von republikanischer Seite darauf gesetzt worden sind. ES hat deshalb auch nicht an Versuchen gefehlt, die Monarchie wiedrrherzustellen, aber sie sind mit rohster Gewalt unterdrückt worden, und die Geschichte Brasiliens seit dem Siege der Revolution bedarf noch sehr der Aufklärung, um sie aus dem Wust von Lügen der Machthaber in die reine Sphäre der Objektivität zu erbeben. An die Stelle konstitutioneller Freiheit ist die Militair dictatur getreten, und wir wollen nur an da« Schicksal de« deutschen Journalisten von Kvseritz erinnern, um da« Walten dieser Macht zu charakterisiren. Der Gedanke liegt nah«, daß die Ereignisse in Argentinien nicht ohne Rückwirkung auf Brasilien bleiben werden, auch dort wird sich der Geist de- Widerspruchs gegen Zustände erheben, welche der Bevölkerung von einer kleinen Zahl Ehr geiziger aufgedrungen wurden, ohne Boden in der Bcvölkerunj zu haben. Die politische Unreife der großen Mchrzah derselben hat da« Gelingen der Revolution im November überhaupt ermöglicht, nach den mit den neuen Machthabern gemachten Erfahrungen ist aber vielen die Erkenntniß gekommen, daß der neue Zustand keine Verbesserung ist. Die Zustände in Mittel» und Südamerika kod übnhaupt noch völlig unfertig, die dort entstandenen Republiken sind vulkanische Gebilde, welche in jedem Augenblick eine Veränderung erleiden vnnen. Ein vollständiger Umschwung geht freilich uicht chncll und plötzlich vor sich, aber Zeilen schwerer KrisiS wie >ie gegenwärtige bleiben nicht ohne Einwirkung auf die spätere Entwickelung, der Schaden, welchen solche Bewegungen dem davon betroffenen Staate bringen, kommt allmälig der Mehrzahl zum Bewußtsein, und daraus ergiebt sich das Streben, etwa« Besseres an die Stelle deS Bestehenden zu setzen. « . ' . Telegraphisch wird noch gemeldet: ' Pari», 28. Juli. Au- Rio de Janeiro gehen dem „Gaulol-" ausführliche Meldungen über die Revolution in Argen tinien »n. Hiernach war der Belagerungszustand aus alle Hüten deS Landes ausgedehnt worden. I» Bahia Bianca mußte die Besatzung der vor Anker liegenden Dampfer gegen die Menge ei»- chreiten, die sich in Masse» aus die. mit der Aufrechterhaltung der Drdnung aus der Rhede betrauten Soldaten stürzte. In ver- chitdenrn, in der Nähe von Buenos AyreS belegenen Städten anden blutige Zusammenstöße statt. Auch in den Provinzen Cordova und Santa Fs ist die Unzofriedenbett sehr groß. Tie Eisenbahnverbindung zwischen Rosario und Buenos Ayres wurde zerstört, aller Handelsverkehr mit Peru und Bolivia ist unterbrochen. In Santa Fs waren die Rebellen auf die vor Anker liegenden Schisse eingedrungen, die sie zerstörten und deren Ladung sie ins Wasser warfen. In Villa Formosa sraternisirte die gesammte Garnison mit der Menge. Wie vertäutet, geht die lesammte Protestbewegung gegen die bisherige Regierung von den lndustrie-Ansiedelunge» aus. Ein durch Maueranschläge in Buenos Ayres und Rosario verbreitetes Manifest des Präsidenten Eelman, in welchem dieser Alle »m Hilfe ditlct, bat nur allgemeines Hvhn- iclächter erregt. — Eine New-Aorker Depesche vom 27. Juli meldet, >aß in die Unterprüseclur von Rosario, wohin Präsident Eelman geflüchtet mar. die Menge »indrang und den Tod des Präsidenten verlangte. Dieser war inzwischen nach McnioS geflüchtet. Paris, 28. Juli. Wie aus Buenos Ayres gemeldet wird, zeige sich auch ein Theil der Flotte der Revolulion günstig irfinnt und habe den Staditheil am Hasen bombardirt Die der siegierung ergebenen Truppen begehrten nach denselben Meldungen einen Waffenstillstand bis heute lo llhr. * London, 28. Juli. Nach einein Telegramm deS „Reuter- chen Bureaus" aus Rio de Janeiro von gestern melden dort ein- getroffene Nachrichten aus Buenos Ayres, daß die Aufständischen unter den Generalen Campos und Arredontio — aus 5 Bataillonen Truppen, 2 Bataillonen Büraerwehr und einem Corps Eadctlen be stehend — sich des Arsenals, der Casernen und des Platzes Lavalle bcmächtigt hätten. Tic Regierung besehligt über mehr als 7 Batail lone und erwartet dle Ankunst anderer Truppen aus Zarale. Wäh rend der grsmgen Zusammenstöße wurden viele Gebäude zerstört. Die Marine bleibt neutral. Der Viceprüsident Pellegrine wird die Präsidentschaft übernehmen. * London, 28. Juli, lieber die Revolution in Buenos Ayres veröffentlicht die „TiincS" eine Reibe von Drnhibcrichtcii, welche bis Sonnabend Nachmittag 6 llhr reiche», worauf die Be förderung von Depeschen verboten wurde. Ter Straßenkampf war de» ganzen Tag sehr blutig. Nachmittags lagen die Leiche» banse» weise in den Straffen. Es verlautet, Eelman sei nach San Martin abgereist, um die Provinzialtruppen zu concentriren und mit deren Hilfe Buenos Ayres anzuarcifen, salls die Revolution-Partei er folgreich sei. CainpoS besehligt die Oppositionstruppen: er ist von einem RevolutionsauSschuß umgeben, der ans Alem, Delvalle, de Maria, Goyena, Römern, Lacto und Lopez besteht. Der Ausschuß erließ ein Manifest, worin es heißt, das Volk habe im Einvernehmen mit dem ersten Artillerieregiment, dem sünsten, neunten und zehnten Infanterieregiment, einem Bataillon der Geiiic- truppen und der Milttaircadetten beschlossen, die „anarchische und cornlpte" Regierung Celman's zu beseitigen. Da» erste Teeret der revolulioiiaircn Regierung verfügt die Mobilisirung der National garde, und bildet zwei Bataillone Bnrgcrtruppen und Matrosen. Vier Mitrailleusen platzten vor dem Regiernngspalast. Zwei An griffe der Polizei und der RegicrungStruppen ans die Artillerie und die Bürgerbataillone wurden zurüageschlagen, der Polizeichef und der KriegSminister wurden verwundet, letzterer wurde lodlgciagt. In der Artilleriecaserne wurde hartnäckig gekämpft. Das Volk senerte au» den Häusern auf die Polizei. Der Aufstand dürste einen Widerhall in den Provinzen finden. Die Regierung Celman's verfügt nur über zwei Bataillone Infanterie und 2000 Polizisten. * London, 28. Juli. Prinz Georg von Wales begleitet« die Flotte nach Buenos Ayreö aus dem Kanonenboot „Trust," Die Morgenblättcr erklären, die Revolution in Buenos Ayres sei keines wegs eine einfache Militairrcvolle, sondern ei» tiefgewurzelter Volks- thümlicher Protest gegen die selbstmörderische Finanzpolitik der Regierung. Die „Times" urlheilt besonders streng, indem sie die gefallene Regierung der Corruption und der Leichtsertigkcit beschul- bigt. Die „Financial News" beschuldigen die argentinischen Behörden, die europäische Presse absichtlich irrcgeführt und in betrügerischer Absicht belogen zu haben. Die „Daily News" sagen vorher, diese Revolution werde weit blutiger als die in Brasilien sein, weil da- Volk bis in die tiessten Schichten empört sei. Der „Standard" behauptet, die Revolution sei weit ernster als die brasilianische, welche die innere Entwickelung deS Landes nicht aufgehalten habe. — Di« Revolution in Guatemala behandeln die Moraenblätter al« nur von localer Bedeutung und die europäischen Interessen wenig berührend. Rom, 28. Juli. Der Kreuzer „Bmerigo Vespucci" erhielt Befehl, von Eallao nach den Gewässern des La Plata abzngchcn. * Parts, 28. Juli. Nach Meldungen aus Buenos-AyreS von heute 10 Uhr Morgens haben die Regierungstruppen beträcht liche Verstärkungen empkangen. Präsident Eelman sei zurückgekehrt. Die dortig« Börse und die Banke» sind fortdauernd gelchloffen. * Buenos-AyreS, 28. Juli. Ter Waffenstillstand »wischen den Regierungstruppe» und den Ausständischen wurde bis 2 Uhr Nachmittags verlängert. * Buenos-AyreS, 28. Juli. Nachdem der Waffenstill stand nochmals verlängert »nd durch Conserenzen der Regierung mit den fremden Gesandten behufs friedlichen Ausgleich« ein Ein vernehmen erreicht ist, ist die Bildung eines Versühnung» cadiu«tS wahrscheinlich. Leipzig, 30. Juli. * Die staatliche AnsiedelungScoinmission seht ihre erfolgreiche Thätigkeit unermüdlich fort. Sie hat soeben wieder zwei große, im .Kreise Exin gelegene Rittergüter pol nischer Besitzer angckaust. * Die »BerlinerPolitischenNachrichten* schreiben In der Presse spinnt sich die Erörterung über dt« angeblichen FiaanzplSne des Ministers vr Miqucl fort. ES werden ihm sowohl tu Bezug aus direkte wie indir-cte Besteuerung, als auch in Bezug aus die Methode der Beschaffung des Staatebedarfe» über haupt di« mannigsachstcii Pläne untergelcgt. Wir erwähnen ans der Reihe derselben hier nur die ein, Milth, tlung. wonach es der Ehrgeiz Herr« Miquel's sein soll, die nächste» Jahre ohne Anleihen »u arbeiten. Man wird gut thun, solchen Andeutungen gegenüber di« äußerst« Borsicht zu beobachten. Denn es ist klar, daß ein Poli tiker von solcher Erfahrung wie Herr l>r. Miqnel vorzeitig sein Finanzprogramm weder im Ganzen, noch i»> Einzelnen vcr Press« oder Parlamentariern, durch deren Vermittelung es in die Presse gelangen könnte, mittheilen wird. Es hieße dies nichts Anderes, als dt«s« Pläne, noch bevor ihre Begründung im Einzelnen erfolgen kann, der Kritik der Gegner und den Versuchen derselbe», Stimmung da gegen zu machen, auszusetzni. Von wie zweiselhafiem, sachlichem Werth die erwähnten Andeu tungen in der Presse sind, zeigt daS oben erwähnte Beispiel. Was oll eS besagen, „ohne Anleihen zu arbeiten?" Soll das heißen, daS Gleichgewicht des Staatshai,shall-etats aufrecht zu halten, so ist dies das selbstverständliche Bestreben aller Finanzmmtster: der preu- zische Etat balancirt auch seit einer Reihe von Jahren ohne Zu hilfenahme von Anleihen. Meint man aber, daß in den nächsten Jahren Aufwendungen für productive Zwecke, insbesondere fiir die Erweiterung und Vervollständigung der Verkehrsanlagen nicht aus genommen werden sollten, so hieße dies nichts andere-, al» au« inanziellen Rücksichten ans die,eilige kräftige Förderung der National- wirthschast verzichlen, welche seil einer längeren Reihe von Jahren von der preußischen Regierung planmäffig durchgeführt ist. Wer die Auffassung des Finanzuiinislers 1>r. Miguel kennt, wird überzeugt ei», daß er der Letzte sein würde, die Förderung der wirthschafi- lichen Entwickelung deS Lande- rein finanziellen Rücksichten unicr- zuordnen. * Herr August Bebel veröffentlicht im „Berliner VolkS- blatt" folgende Erklärung: Aus einer Reise begriffen, kommt mir nachträglich die Nr, 18 der „Sächsischen Arbeit,»Zeitung" vom 23. Juli zur Hand, in welcher unter der Ueberschrist „Der I, Oktober" ein z^err W. einen Artikel verösfenllichle, i» dem in beleidigender Weste die Partei- leiiung angegriffen wird. Ta ich als Mitglied der Letzteren mich persönlich durch deiiseldrn beleidigt sichle, werde ich dem Angreifer die passende Anlwort zu Theil werden lassen, sobald ich nach Hause zurückgekehrt bin, was voraussichtlich Ende dieser Woche der Fall sein wird. Alsdann werde ich auch ein Wort mit der Redaktion der „Sachs. Arbeiler-Ztg." sprechen, die es als ihre Hauptausgabe zu betrachten scheint, durch svrtgesevle dunkle Anspielungen und Verdächtigungen Mißtrauen und Zerwürf nisse in die Partei zu bringen, und es durch ibre ewigen Taetlosig; keilen glücklich datiin gebracht hat, selbst von der gegnerischen Presse alS > i>ta»r tt>rriblo der Partei bezeichnet zu werden. Glaubt inan Grund zu Anklagen zu haben, so soll man die Personell »nb Thatsachen bezeichne», gegen welche sie gerichtet sind, damit diejenigen, die eS angeht, antworte» können. DaS ist die jtainpfweise ehrlicher Männer. Jede andere Kampiweise ist hubenhaft. * Zahlreiche Gesuche von schleSwigschc» Gemeinden »in Einführung von ausschließlich deutschem Religions unterricht sind in letzter Zeit an die preußische Negierung gerichtet und von derselben natürlich bewilligt worden. Es ist dies für den verstärkten deutsche» Zug in Schleswig ebenso bezeichnend wie die Thatsackc, daß die Volksschnllcdrcr, die nur niangelbast oder gar nickt der deutschen Sprache und Methode mächtig sind, das Bestreben bekunden, sich nach dcitcn Ricklnngen zu vervollkommnen. ES sind deshalb wieder in verschiedenen Tbeilcn Schleswigs Soininercursc für diese Lehrer eingerichtet worden. * Bei dem großen Interesse, welcbcS allseitig der Ankauf deS Schlosses Urville uns zweier dazu gehöriger Pacht böse durch Se. Majestät den Kaiser gesunden har, geben wir einen Bericht wieder, zu dem ein Freund der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung" daS Material an Ort und Stelle gesammelt bat: Schloß Urville ist ein Gebäude von zwei Stockwerken Höhe und bildet ein Quadrat mit vier Eckihürmchen. Ter Baustil scheint mir ursprünglich der altfranzösiiche gewesen zu sein, doch hat derselbe durch die im Laute der Zeit stallgesniidenen Reparalnrarbciien viel fach gelitten, so daß man jetzt kaum noch von einer bestimmt aus geprägten Bauslilart beim Schlosse von Urville sprechen kan». In den Gier Jahren bat eine vollständige bau lick e Umändel ung deS alten Schlosses stattgcsunde», durch welche dasselbe den Anforderungen der Jetztzeit entsprechend »mgestallet wurde. Das Schloß zählt eiwa fünfzig bewohnbare Räume, »uler denen ein größerer Spest'esaal, einige geräumige Salons, ein Billardzimmer re. Alle Räume befinden sich im wohnlichen Zustande. Oestlicki vom Schloß liegen die Wirth- jchastsgebäudc: bier befinden sich auch die Wohnungen siir de» Gärtner und andere Bedienstete. ElaUiing ist siir 20 Pferde vorhanden, auch steht hier ei» zur Zeit iinbenutzler Kubslall. Ein großes Palmen- haus ist vorhanden zur Unterbringung zahlreicher exotischer Gewächse während des Winters, welche setz! uns dein Vorplatz ausgestellt sind. Aus der anderen Seite de» Schlosses steht ein ziemlich ausgedehntes Warmhaus, in dem die feinsten Spalierobsksorten, auch Feigen, ge zogen werden. Hier habe ich auch schon die ersten reisen Wein trauben gekostet. Nach dieser Seite hin zieht sich der über 20 >,» große Park die sanft ansteigende Höhe hinaus. Der Park ist Pracht- voll; er enthält eine überrriche Fülle von herrlichen alten Bäume», Laub- und Nadelhölzer aller Arte», »»tcr letzteren auch schöne aus ländische Exemplare. Eine gerade Allee aller Kastanien führt in den Park hinein, dessen übrige Wege aber sich in Bogentinien schlängeln. Vielfach sind Aussichtspiiiiete vorhanden, die, geschickt angelegt, einen Blick aus die anmuthige Gegend zulassen. Ter Park ist zum größten Thcile von einer Mauer bezw. einem Eisengitter umgeben; nur nach Süden zu, wo er a» die Niedwiesen grenzt, ist ein Drahtzaun gezogen; hier würde eine Mauer auch da» liebliche Landschastsbild wesentlich beeinträchtigen. Vom Schlüsse führt »ach Norde» zu eine gerade, vielleicht 200 in lange Straße, die von alten Platanen eingefaßt ist, sanft bergan zu dem hart an der Chaussee Metz-Saarbrücken befindlichen Parkthor. Eine weitere Zierde des Gutes ist der großartig angelegte Gemüse- und Obst garten von ganz bedeutender Ausdehnung. Besonders schätzens- werth erscheint die Wasserversorgung deS GnteS durch eine Leitung, welche nicht nur zahlreiche Lausbrunnen, sondern auch eine ans dein Vorvlah befindliche Fontaine Ipeist. Urville wird ein schöner Sitz werden und eS ist nicht daran zu zweifeln, daß, nachdem unsere Grünröcke die Sache ordentlich in die Hand genommen haben werden, unser Kaiser manches gute Stück Wild liier zur Strecke bringen wird. Der Wildsiand soll vorlrefflch sein! Die beiden gleichzeitig mit angekauslen Pachthöse Cbaussq und LcS Menüs liegen in unmittelbarer Nähe des Schlosses; sie besitzen gute maisive Gebäude, nicht allzu schweren, durchweg Weizen tragenden Boden und 25, >,» ganz vortreffliche Wiesen. In Folge de» letzten Umstandes wird ei» starker Rindviehbestand, in Les Menü- z. B. 30 Milchkühe gehalten. Die Milch wird an eine Käserei in Kürzel verkauft. Am 25. August l. I. wird spätestens die thatsächliche Besitz- ergretsung der Herrschaft Urville durch die Bevollmächtigte» Seiner Majestät stattfinden, sodann wird sofort an die Restanrirung der Gebäude, Neuausstattung des SckffosseS mit Mobiliar und der dazu gehörigen landwirihschaslltchen Güter mit neuen Gcrälhschasten ge gangen werde». * Der Entwurf eines neuen Gesetze- über die Ver waltung der Gemeinden, Stiftungen und sonstigen öffentlichen Körperschaften in Württemberg erfährt auf demokratischer Seite eine fast durchgängige Verwerfung. Namentlich die Beibehaltung der Lcbenslänglichkeit de« lOrt«- vorsteherS stößt auf Widerspruch. Aber auch von anderen Seiten werben Bedenken laut, die sich in erster Linie gegen das geringe Maß von Selbstständigkeit richten, welche« für die Verwaltung größerer Gemeinten zugcslandcn werden soll. Da die Abgeordnetenkammer voraussichtlich erst im November zusammcntrcten wird, so ist anziinebnien, daß vorder die Frage der BerwaltungSrcform in der Ocssentlickkeit noch lcbbast er örtert werden wird; um so danlcnswcrthcr ist r-, daß der Entwurf diese- Gesetze- so bald bekannt gemacht wurde.
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