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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.12.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189012242
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18901224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18901224
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-12
- Tag1890-12-24
- Monat1890-12
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.12.1890
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LH S'/, Uh?^ Kköutim nah Lr-5>Ui«o IvhanueSgass, 8. -PMhIkndrn dtr Hrltuti«»: «arattttag« 10—12 Uhr. ««ymUlag« 5—6 Uhr. k»'»» »MM »»uatz», »er st, »4« «schUf^,«», «,»»„ tzefit»»tr, L^lernte «, S»che,t««en ht« 8 «tz, Rachmttt«^, a»e«»v- un» -rstt«,e» srütz öt» /,» Uhr. Zn irn Filial,» fiir 2ns.-Jn»«h»e: ka, Mam> » Eartt». («lfrr» d«H»). Uuiversttättstraß. 1. Laut« rtsche. fiatharinrustr. lS^part. ^nd KSalgsplatz V, nur .» «tr. UchMtr.TagMatt Anzeiger. Organ fik Politik, Localgeschichte, Han-elS- und Geschäftsverkehr. WbSNNtMtUchDhlEEEO vierteljährlich 4»/, Mk. tuet. Bringertodn 5 Ml., durch dt» bezöge» ü Ml Jede einzelne Nummer Brlegerrmplar 10 Pf. Gebühren für Eptrabeil »ae» ltu Tageblatt-Formal aesalztt «tue Postbesörderung 60 Mt. «tt Postbesörderung 70 Mt. Inserate 6, Größe« Schri Tabellarischer». Zisterusatz »»4 H0H«»!I S aespaltme Petitzeile tO M. hnftea laut uns. Prell verschuld, «r«. Ztfsernsatz »ach HSHermTarst. Uktlamen aut« demR»dactto-«Ürtch dt» 4«Hpalt. ZetlrSOPs.vor drn Familie »»achrrcht»» dl« Ügetpalleae Zell» «0 Pf. Iuferat« sind stet« an die Ertzetttt»» », senden. — Rabatt wird nicht ge-ete» - Zahlung pruevumenutcko oder durch Post» Nachnahme. ^- 358. Mittwoch den 24. December 189Ü. 8L Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Donnerstag, den ÄS. Deebr., Vormittags nur bis V«V Uhr ^-öffnet. Lxpedltlon Sea I.«kprl8er l'axekrlLttes. Amtliche Bekanntmachungen. Erste Guittung. Mir die WafferbrschLdigten im Daalkreis« find bei unserer Stistuug«buchhalterei bi« zum 20. diese« Monat« LOSE Mark eingegaugru, al«: Pwgr. L Eo. 10 Fräulein Lallemant 5 ^ck, Fritz Mcoer lOO ^k, G. U. Krieger 3 ^tk, vr. Felix 10 Apo- lbeter Schmidt 2« P. «. in 6 . 9 Th. S. 20 ^e. L U. und 2. tz. 3 Frau Richter S >ck, W. Winkler 3 ^e, L. F. r 2. Hahn 1 2. H. b ^t, Teudner >L Benjamin 5 Z- H 3 Frau Clara Pückrrt — Gohli« — 5 im Austrage v»n v. R. 8 ^e, W H. 1 50 Gerson L Nclke 20 -ck, Lithograph Bracht 3 I. K 3 ^k, Harck 100 Frau Holbcrg 20 ^e, Robert Mühlig — für Jena und Umgegend — 5 C- F. Wcber-Plagwitz 30 *ck, Vogel 3 H. K. 1 SO 2. 2. — nicht Jena — für die anderen Caalkeise 5 ^t, August Heyne 100 ^e, A. Z. 1 so R. Z. 10 au- der Spielcaffe 6 N s 89. 8 SO ^s, F. R. D. R. 3 da« Personal der Donnen- arolheke 6 ^k, Stadtschreibrr Cerutti — für den Saalkrei« Hamburg — SV ^e, F. W. Köhler 10 vom Mittwoch- Abeudclub der Loge Minerva z. d. 8 Palmen 80 ^e, I. D. K. — für Jena bi« Kösen — 20 Frl. Winter — für Kosen — 3 Ludwig Staackmann so Lustige Frauenrcke — für de» SreiS Merseburg — K M. Ni. SO I. M. KO st R. 3 l>r. Schmiedt 10 O. und A. — für Lenge feld — Krri« Merfeourg 20 Joh. Br. 10 u«, Frau A. I. 3 Frühschoppen-Gesellschaft ft. Br. in Plagwitz 8S strau V. S Pp. — Plagwitz — 8 ul, M. v. M. S Oberbürgermeister vr. Gtorgi 30 Frl. Nette 3 Lke. I» Karl Liebe 20 privatis. Tischlermeister Frdrch K-Hlmann 10 Mit bestem Dank für die eingegangrn«» milde» Gaben sind wir zur Annahme weiterer Berträge gern bereit. Leipzig, den 22. December lSSO. Drr Ratb der Dt«dt Leipzig li. Äun vr. Georgi. anck. Bekanntmachung. Da« 8«. Stück de« die«jährigen -tzetch-gesetz- bl»tte« ist bei un« eingeganaen und wird dt« zu«» 17. Jan«« E. I. auf dem Rathhau«saale zur 2instcht- nahme öffrutlich au-häogeu. Dasselbe enthält: Nr. 1S26. Gesetz, betreffend die Vereinigung von Helgo land mit dem Deutschen Reich. Vom 15. De- crmber 1890. Leipzig, den 20. December 1890. Der Math der Stadt Leipzig. —— vr. Geor-i. Krumbiegel. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft de« städtischen Leuchtgase« betrug in der Zeit vom LH. bi» A». dieses Monats im Araand- drenner bei 2,5 Millimeter Druck und ISO Litern stünd lichem Consum da« 18,4 fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von SO Millimeter Flammenhöhe. Da« sprcifische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,449. Leipzig, am 22. December 1890. De« SiathS Dep«tattoa zu de« Gasanstalte«. Bekanntmachung. Seit dem 23. vorigen Monat« befindet sich rin ungefähr s Jahre alter Knabe, über dessen Herkunft ic. bi«her Nicht- lat ermittelt werden können, im hiesigen Waisenhause. Drr Knabe selbst aiebt an, er Heine Albt« Molle, sei 6 Jahre alt und wohne in Leivzig-Rcudnitz, Feldgasse, sein Stiefvater sei Handarbeiter, heiße Aldi» Rolle, seine Mutter führe den Vornamen Anna. Diese Angaben haben sich nicht bestätigt. Drr Knabe ist kräftig und wohlgenährt, von blühendem Aussehen, bat dunkelblonde« Haar und dunkle Augen und war bei seiner Aufnahme in da- Waisenhaus mit buntem Barckrnthemd, grauen Hosen, brauner Weste, schwarzgrüner Sloffjacke, Stiefeln und schwarzer Wintermütze ohne Schild bekleidet. Mir bitten, Alle«, wa« zur Ermittelung drr Angehörigen, sowie der Heimath de« Knaben führen könnte, un« mittheilca zu wollen. Leipzig, deu 18. December 1890. Drr Math drr Stadt Leipzig, Ä B E» z n. IV» 2451/90. Hentschel. Hoyer. Hotmuction. Mittwoch», drn 7. Ja««ar I8KI, sollen von Vor mittags U Ubr an auf dem Mittrlwaldschlage in Adtheilunj 3ob re« Burgaurr Forstrevier«, im sogenannten .Brr schlossen«,, Holze", dicht a« Le«tzsch«Letvztgrr Fahr wrge IStt starke Ahra««ha»fr» und 120 stark» Langhaus»« unter den im Termine öffentlich au-hängeaden Bedingungen und brr üblichen Anzahlung an drn Meistbietenden an Ort und Stelle verkauft werden. Znsamwrnkuast: an der verschlossenen Brücke am Neuen Schützenhause. Lechzig, am 22. Decembrr 1890. Drs Maths Forstd«p«tatto». Bekanntmachung. Weihnacht-«Päckereiverkehr. vri ^ d/ft»»t l» (P«ckett>»it«»t) m»d »e» Psftawt s «ützl,affr)> s»»»1e »et de« Postswter» in den setzt ein»er- letdten früheren Vorrrte» »«« vethzt» findet die ^»«1»«»- »n»g»I»« mm ersten Wetd»a»t«seier«a, (25. Deeemder) wie a» den «ertta,«» statt. La» Paftamt 1 (»««nstnddlatz). de« welche« nnr die als p»»4I»»«r««1 deietchneten Packet« ,ur AuSgade ar» langen, «tr» de» Packe«aus,,de-Schalter am ersten «cid- nachtsfeterta, da» 8 — 9 Var«. u»d »an 5-7 Rach«, «rössnet halten. Leipzig, 21. Deeemder 18ss. Der Kaiserliche Vder-Pastdireetar. kckaltor. >u« Anlaß der Koch'schen Entdeckung hat ei« hiesiger Bürger, der nicht genannt sein will, unserer Krankrnhau«- Verwaltung soo Mark »ur Deckung der verpflegkosten für mittellose Lungenkrank« überwiesen. Wir sagen dem Schrnkgrber für diese bei dem durch die Koch'sche Entdeckung veranlaßten großen Andrang von Kranken doppelt ertteuliche Gabe hierdurch auch öffentlich unseren herzlichsten Dank. Leiv,,g, den 20. December l800. 8019 Der Math drr Stadt Lripziq. U,9l Ur. Georgi. ilrößel. Ausschreibung. Am Neubau der Markthalle in Leipzig soll die Lieferung der 7 schmiedeeisernen Treppen und deren Handgeläuder an einen oder mehrere leistungsfähige Unternehmer vergeben werden. Hierbei soll e« den Anvirtern freistehen, ihre Gebote getrennt, entweder nur auf die ConstructionSarbeiten für die Treppen oder nur für di« Handgeländer, oder auf beide Arbeiten zusammen abzugedrn. Die Bedingungen und die Arbeit«verzeichniffe können im Baubureau der Markthalle an der verlängerten Brüderstratze Hierselbst eingrsehen, bez. durch unsere Bauvrrwaltung gegen porto- und destellgrldfreie Einsendung von 1 50 2 von dort bezogen werden. Die Zeichnungen liegen gleichfalls an vor genannter Stelle au«: auf Wunsch können Copien gegen Er legung von 6 in Baar, nicht in Briefmarken, abgegeben werden. Die Angebote sind verschlossen und mit der Aufschrift: „Markthallr — seh«ied»rts»r«r Trrppr»" dis zum 5. Januar 1891 Vormittags lO Uhr im Rath- hausr allhier, II. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, portofrei ein zureichen. Der Ratb behält sich dir Au«wahl unter den Bewerbern und dir Theilung der Arbeiten, bez. die Ablehnung sanimt- sicher Angebot« vor. Leipzig, den 23. December 1890. Der Slath der Stadt Leipzig. I». 9331. vr. Georgi. Liodner. Nutz- und Lrennholz-Anrlion. Frritaa, de« 2. J«««ar 1801, sollen von Bor mittag- O Uhr an auf dem Mittelwaldschlage in Ab theilung SOd de« B«raa«»r Forstreviers, tm so genannte« ,,Derf«hloffe«e» Holze" dicht am Leutzsch- Leipziger Fahrwege l8 Rmtr. Eichen-Akntzsehette I. «. II. Cl, Eichen- Buchen- Escheo- Rüster- Eller- Lindeu- Birken- Bre««schrite, unter drn im Termine öffentlich ao«hängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung au den Meistbietenden an Ört und Stelle verkauft werden. Zusammenkunft: an der verschlossenen Brücke am neuen Schützrnhause. Leipzig, am 22. December 1890. Des RathS Forstdeputatto«. Nuhhchauctiou. Mo«t«g, de« 8. Ja«««r 1801, sollen von Bor mittag« 9 Uhr an auf dem Mittrlwaldschlage in Abth. 30 b de« B«rga«er Forstreviers, im sogenannten „Ver schlossenen Holze- dicht am Leutzsch-Leivziger Fahrwege 9l Eickrn--k«tzkli»tz« von 10—93 cm Stärke u. 2—I l mLängc 81 Buchrn- - - 18—46 - . . 8— 9 - . 12 Rüster- - - 19-68 » , , 4—10 - . 2 Linden- - - 42—51 , - - 10—N - 23 Eschen- - » 17—42 , » 5—10 - . 5 Aborn- « - 23—31 » , 2— 7 - » 10 Maßholder » - 23—42 - , , 5— 8 . - 4 Kirschbaum - - 20—29 - - , 8— 8 - . 4 Birken- . . 18—24 . - - 5— 8 - . 32 Eller- - - 16—29 - E - 5—10 - - 54 Stück Schirrhölzer unter den im Termine öffentlich «»«hängenden Bedingungen und drr üblichen Anzahlung au dm Meistbietenden an Ort und Stelle verkauft werden. Zusammenkunft: an der verschlossenen Brücke am neuen Schützenhanse. Leipzig, am 22. December 1890. Des Narhs Forstdep«tatio«. Bekanntmachung. Der Crt»t«al^lo«mtffar Erich Müfier In Leipzig ist weg« Beleidigung de« Mühlmbesitzer- und Badegeber« L»»i« Hrtzland in Bad vnlza, begangen dnrch »inen in Kammer 202 de« Lewziaer Tageblatt»« »am M. J»li 1888. 8 Beilage, unier „ikingeiondp' veröfimtllchten Nttikel, ans erhobene Prlvolklage hin vom stüatg- ltchen Landgericht, Etraikammer V z» Leimig rechlSkriisttg zn 40 -4 ldeldstras« oder für den Unei» dringilchkei iS fall zu 4 Togen idesSagnih kosieavslichtig vernrlheilt morden. Solche« wird in Eem-hheit de« ergaageneN Urthelle« hirrdurö bekannt gemacht. IstiPP«, am 17. December 1890 Da« Rünt-ltche Amtsgericht, Adttzetla»» III. vr. Hottzor». Gesucht wird der am 10. Februar 1853 in Delitzsch geborene Hand arbeiter Ferdinand Schneider, welcher zur Fürsorge für die Seinen anzubalten ist. Leipzig, den 17. December 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armen-Amt.) X. k. I. Nr. 1862b. Hentschel. Hchu. Ferry's Wiedereintritt ins öffentliche Beben. Ferry bewirbt sich um ein Mandat für den französischen Senat und ist in Epinal als Cantidat für diese Körperschaft mit großer Mehrheit ausgestellt Worten, fo daß seine Wabl schon jetzt al« gesichert erscheint. Drr ehemalige Minister präsident und Bewerber um die Präsidentschaft der Republik nach dem Sturze Grevy'« ist schon zu einer Zeit al» Ver- trrter derjenigen Richtung, welche seit einem Jadr in Frank- reich die herrschende geworden ist, ausgetreten, als die vordandcue Gähruug und Ünzusriedenbrit eines großen TheilcS der Franzosen mit drn bestehenden Zuständen es nicht zu dauernder Bc festig»«« der Lage kommen ließ. Schon im Jadre t88l hatte JulcS Ferry die beiden Bedingungen laut und rückhaltlos genannt, unter welche» allein Frankreich der Ruhe und Ordnung dauernd wiedergewonne» werden könne. Sie lauten: aufrichtige Thcilnahme an den Bestrebungen zur Aus- rechtdaltung de« Frieden« und friedliche« Zusammenwirken von Staat und Kirche zur Befestigung von Nukc »ud Ord nung ohne Preisgabe unveräußerlicher Rechte deS Staate-. Mil diesem Programm, welchem noch riibrige Tbäsiglcit zur Ausdehnung der Colonialmacht Frankreichs als dritter Puuct ringrsugt war, trat Jute« Ferry iin Jadre t 88 t unter große» Hoffnungen seiner Landsleute an die Spitze der Regierung Er bat die auf ihn gesetzten Erwariungcn in jeder Beziehung erfüllt, Frankreich blühte unter seiner Leitung auf und erholte sich zusehends von den Wunden, welche e« sich durch Zwietracht und durch den Ehrgeiz und die wsersnchl seiner Machihader selbst geschlagen batte. Ader ein b-seS Berhängniß fügte e«, daß die Truppen in Tonkin in einen Hinterhalt ssielcii und eine schwere Niederlage er litte«, welche alle bis dahin errungenen Bortdeile in Frage stellte. Nach alter französischer Gcwokndeit, welche imiucr nur de» Erfolg anerkennt, wurde Ferry für das in Tonkin Geschehene verantwortlich gemacht und gestürzt, obwohl cr nicht« versäumt hatte, was er von Pari« aus dazu beitrage» konnte, um die militairischen Erfolge in Tont,» zu fördern rrnd zu sichern. Seitdem wurde Ferry von feinen politischen Gegnern nnr drr Tonkincse genannt, al« ob er e« gewesen wäre, welcher die Niederlage erlitt, und nicht ein unfähiger Ossicier, der die nötdigen Vorsichtsmaßregeln außer Acht gelasten hatte, durch welche der Unfall vermieden worden wäre. Die Schreier, welche in Paris bei solchen Gelegenheiten ilumer die Oberhand habe», verlangten nach einem Opfer für die Niederlage, und Ferry sah sich genöthigt, einen Posten zu räumen, den cr länger und ruhmvoller als irgend einer seiner Vorgänger ver waltet hatte. Frankreich war von da ab wieder der Leidenschaft und dem Ungefähr prcisgcgcbcn, und als die schlimmste Frucht, welche au« dcr veränderten Lage rmporwuchS, stellte sich da» Emporkommen Boulanger'S dar, durch dessen Gewissenlosig keit und Unverschämtheit Frankreich vor noch nicht langer Zeit an den Rand des Verderben« gebracht wurde. Ferry konnte nach seiner Vergangenheit und nach seinen Grundsätzen nur ein entschiedener Gegner Boulanger'S sein, und diese Gegnerschaft ist auch von ihm nie verleugnet worden, aber eS war ihm versagt, iin Kampfe gegen diesen Mann die Führerschaft zu übernehmen, weil ibn die öffentliche Meinung zur Unthätigkeit verdammt hatte. E- hat sich später in Constan« ein Minister gefunden, welcher Boulangcr nach Verdienst behandelte, aber wenn Ferry an der Sprue der Geschäfte geblieben wäre, würde es überhaupt niemal« dahin gekommen sein, daß Bonlanger die von >bm längere Zeit durchgeführte Rolle spielen konnte. Der Sturz Bon- langer'« hat Ferry zur Wiederherstellung seine« geschädigten Ansehen« verholfcn, denn Ferry war stet« drr erklärte Gegner drr Mittel, durch welche Boulangcr Frankreich erheben zn wollen vorgad Boulanger wollte durch Krieg sich zum Herrscher Frankreichs empvrschwingc» und seine politischen Gcancr durch Revision dcr Verfassung beschäftigen, um nach Beseitigung drr bestehenden Verfassung ein seinen Zwecken dienende« StaatSgrundgesetz an ihre Stelle zn setze». Fcrry'S Bemühungen waren im Gegensatz dazu auf Befestigung dcö Frieden« und der geltenden Verfassung gerichtet, Frankreich sollte durch Ordnung und Ruhe erstarken, nicht durch gewalt same Umwälzungen in der äußeren wie dcr inneren Politik Nach dem Sturze Grcvy'S bewarb sich Ferry »eben Freycinet um den Präsidenteiistuhl drr Republik, aber die Stimmung der Wähler war ihm nicht günstig, und eS geschah daS Un erwartete. daß Carnot zun» Präsidenten gewählt wurde. Diese Krisi« ist jetzt schon seit drei Jahren überwunden, aber cS muß daran erinnert werden, welche Kämpfe c« gekostet hat, bevor Carnot über Boulanger die Oberhand gewann. Er ließ sich mit diesem Abenteurer in einen förmlichen Zweikampf ui» dir Gunst drr öffentlichen Meinung ein, Carnol und Boulanger reisten im Lande umher und sainmclten ihre Anhänger durck Reden um sich. Diefe« unwürdige Schauspiel nahm erst eine Wendung, als ConstanS da« Ministerium de« Innern über nahm und Boulangcr mit dem Ernst zu Leibe ging, den dessen Handlungsweise nöthig machte. Jute« Ferry ist derselbe geblieben, al« welchen wir ihn im Jahre 1884 kennen gelernt haben. Sein in Epinal entwickelte« Programm besteht in einer aufrichtigen Friedens politik, Schonung der Rechte der Kirche »ud Action au dem Colonialgeb,et Alle diese Forderungen sind mit Ein- schräakuugen versehen, welche durch die Erfüllung der großen Pflichten Frankreich« in Europa, durch die Notk- wrndigkrit. an den destekenden Schulgesetzen fesizubalte». und durch die Offenhaltung der beliebenden Absatzgebiete ausgrdrückt sind. Ferrv kennt seine Landsleute zu gut, um nicht zu wissen, daß sie nicht auf .i« Dauer Ruhe Hallen können Sie bedürfen einer KrastentfaltiNig nach außen und als solche bietet sich von selbst der Kam»! »»> die Erweiterung de« Colonialgediete« dar Bckaouili» ist cö Frankreict» in neuester Zeit gelungen, durch da« A>-I«m»icn mit England einen erheblichen Gebiet«zuwach« in Afrika zu gewinnen, aber dieser Gewinn besteht vorläufig nur auf dem Papier. Es gilt, die Verbindung von Algier und Luni« mit dem Tschads« durch die Saharabahn zu sichern und da« in Madagaskar nur dem Name» nach brstryeade Protektorat in ein thatsäcdlicheS nniz,»wandeln. Es scheint, daß Ferry gerade aus dem Colonialgediet die Erfolge der Zukunft sucht, daß er sich also durch das Mißgefchick in Tonkin nicht hat de- tiuimcn lasse», Gedanken und Pläne auszugeben, dir er als richtig anerkannt bat. Ferry'« Wiedereintritt in die politische Tbätlgkeit ist ei» Ereignis,, dessen Tragweite nicht unterschätzt werden darf. Seine llaatSmäiinischc Besäbigung sichert ibm al- Senator einen Einfluß aus die Geschicke Frankreichs, dcr nur eine- glücklichen Zufalles bedarf, um einen bestimmenden Charakter anz»neb»ie». Glück dal auf die Dauer nur der Tüchtige, sagt Moltke, eS scheint, daß sich die Wahrheit dieses Ausspruchs an Ferry bewähren soll. * Leipzig, 24. December. * Der Verband deutscher Lcinenindustrieller bat eine auf die GewerbeordnungSnovelle bezügliche Eingabe an den Reichstag gerichtet, in welcher er sich im Wcieiitlichen den Wünschen deS CcntralvcrdandeS deutscher Industrieller anschließt. * Ein Berliner Brief der Münchener „Allgemeinen Zei tung-, welcher sich eingehender über die Ergebnisse der Scd ul- conserenz verbreitet, saßt am Schlüsse seine Ansichten über die erzielten Resultate und deren Zukunftschancen in folgenden AllSfiivningen zusammen: Dah die Reform somit in etwa« unerwarteter Welse schon gewisse,mayen greifbare Äeslait gewonnen hat. ist zweifellos zum großen Theile LaS Verdienst deS Kaisers, lieber seine Stellung zii der Frage ist ma» bis in die jüngste Zeit iin Dunkeln gewesen. Die (Oegner des classisslieii Gymnasiums waren sehr geneigt, ihn für sich in Anspruch zu nehme». TaS ergab sich denn freilich aus der Rede, mit weicher der Kaiser die Verhandlungen der ilonferenz er- össnete, als eine Täuschung: aber auch die gegnerische Richtung stand der Ansprache deS Monarchen einigermaßen verdutzt gegen- über, und diejenigen, weiche der Lonserenz schon vorher ein FiaSco prophezeit hatten, glaubten sich in ihrer Ansicht bestärkt. Wenn eS iiideß anders kam, so ist das vielfach in erster Linie dem glücklichen Interpreten der Gedanken deS Kaisers, dein Geheiinrath Hinjpetcr, zn danke». ES ist kaum zu sage», welch bedeutende Stel lung dieser merkwürdige Mann i» wenige» Tagen in diesem Kreise geistig hervorragender und ihm zumeist persönlich unbekannter Männer gewonnen, und wie er von dieser Llellung aus die Verhandlungen gefördert hat. Alle», die ihn in dieser Thätigkeit kennen gelernt — und nicht wenige unter ihnen werden ihm niit einer gewissen Vo» eingrnoinnieiihrit rntgegengekvinmen sein —, hat er den Eindruck eines Mannes gemacht, dcr eine geradezu unvergleichliche Position »>it einer beivunderiiswerlhen Uneigennutzigkeit, mit dem absoluten Mangel jeglichen Strebertum»« einiiiininl Rcemand, der ihn kennt, mißt den Gerüchte» von seiner Ambclion »ach dem Portefeuille de» lLulluSuliuister» irgendwelchen Glauben bet. Wenn Hern, v. Goßler sonst nicht» in den Weg tritt, so kann er sich getrost an die AuS- jühruug der Schulresoim begeben." * Wie schon mitgetdcilt, werden gegenwärtig amtliche Ermittelungen über die Zahl und die wirtdschastlichen Ver hältnisse der Handweber i»i schlesischen Gebirge an- estellt Dieselben erstrecken sich aus die Kreise Waldenburg, ceurorc, Glatz, Rcichendach und Schweidnitz. Am hervor ragendste» dethciligt sind die Kreise Rcickenbach, Neurode und Waldenburg. Nach dcr „Schlesischen Zeitung" hat der Regierungspräsident Freiherr Juncker von Oder Conreut in den letzte» Tagen »ichrfach in den Bezirke» Reisen unter nommen, die mit den Erniitlclungen in Verbindung siebe» dürsten Es gewinnt, so bemerkt die „Schlesische Zeitung-, de» Anschein, als ob die Lage der Handwcder im schlesischen Gebirge an sehr hoher Stelle Beachtung gesunden batte, und als ob infolge dessen die Uiilersucl,ung dieser schwierigen Frage nunmebr mit den» rnlschicdencn Bestreben, sie be friedigend und endgiltig zu lösen, in Angriff genommen würde. * Uebrr den Widerstand gegen den Jesuiten- Antrag in Baden wird dcr „Natioualzeilung- au» Karlsruhe, 20. December, geschrieben: ES stellt sich immer mehr heraus, daß die maßlose Agitation und die fortgesetzten Schmähungen, welche von dcr ullramoiilanen Partei auf Personen und Einrichtungen de» badischen Lande» gehäuft werden, im Volke nickst die beabsichtigte Wirkung haben. Man kann wohl unter der Vorspiegelung, daß Kirche und Glaub« in Gefahr seien, Bauern in Masse zn Protkilverjamniiungen »iisammentrriben, man kann auch unter Ausnutzung ganz abnormer Verhältnisse, wie sie bei den letztenReich-tagswahlen bestanden und so schnell nicht wieder- kehren werde», »nd durch Ukberruinpelung bei Wahlen gute Geschäfte mache»; aber aus die Tauer hält bas mcht vor und am End« gehe» doch auch eine»! Theile der verhetzten Massen die Augen auf. Ta» zeigt sich jetzt wieder in schlagender Weise bei der Irsuitenfrage. Es war von der ultramontane» Partei kein geschickter Griff, den Schlachtruf: Hie Jesuit! t»S Volk zn schleudern Man stieß da aus «ine» ganz unerwartete» Widerstand. Di« Unbeliebtheit der Junger Loyola s auch in gut katholischen Kreisen ist stärker, als man in Frciburg „nd Zähringe» vorauSgeteden. Lhne daß eine planmäßige Gegenagitation eigentlich in» Werk gesetzt wurde, bedeckt sich die Petition ui» Anirechlcrhallung de» bestehend-» Gesetze» mit Tauiendtn von Unterschrislcn: die Gesan.i»tzahl derselben wird nach Zehnlausenden zählen. Tabei kann man nicht jagen, daß die Betreibunader Unterschriften als Parieisache angesebe» wird, wenigsten» haben die Liberalen von Anfang an in richtiger Vorau«sichl ein Eintreten der Partei al» solcher obgelednt. Denn e» ist nun wirklich so gekommen, daß schon hier in der Stadt nicht wenige Unterschriften von Deutich-Freisinnigen »nd Arbeitern ohne Weiteres gegeben wurden, ohne daß man sich »m deu „sficiell sesigehalleiiei, Widerspruch der Partetpresse kümmerte, Aehnliche Erscheinungen bemerkt man im Lande. Geradezu komisch aber wirkt es, wen» die klerikale Presse in ihrer Berlegenheit erklärt, daß die große Zahl dcr Unterschriften auf einen Druck der Behörden zurllckzuiüliren sei Diese Bewegung, welche ohne Parlei- Agiialion breite Schichten de» Volkes ergriffen Hai, kann man am wenigsten ans osstcieUc Einflüsterung zurucksühren Tadet hat die ultramontane Partei noch die schlimme Erfahrung gemacht, daß sie die Kluft zwischen sich und den badischen Conservative» noch erweitert hat. Lelbstversländlich mußten die letzteren bei der Lliinmung des Londe« sich de-, Iesniteiigegnern anschließen und sie lgibe» es auch gethan: dabei haben sie freilich drn stets un angenehmen Platz zwischen zw-i Stühle» sich »och mehr gesichert. Wenn man nun auch an die erwähnte Zustimmung nicht weniger Tenlich-Freisimiigen im Sinne einer An, adcrung an die national- liberale Partei keine z» großen Hoffnunge» knüpfen darf, so hat die Cache doch de» vom Eenlrum gewiß nicht erwünschten Erfolg gebabt, daß weuigstenS in einer Frage Angehörige aller Par- tcicn gegen die Forderungen des EentrumS Front mache». * Au« Dctmold, 21. December, meldet tie „National- Zeitung: „Ein Sturm im Glase Wasser" möchte man angesichts der gestrigen Verhandlungen des Lipplschen Landtage» sagen, in denen von Nickstbttvilltgung de» Etats, Brschlußunsähtgmachea de» Land tage-, Einschreiten der Reichsbehörde, Auslösung de« Landtag«, von
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