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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.03.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189103295
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910329
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910329
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-03
- Tag1891-03-29
- Monat1891-03
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.03.1891
- Autor
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«1Z etnt tSglich h 6'/. Uhr. Le-«ctisa uu- Lrpk-itisa JohmineSgasse 8. Zprrchüunirn -er ^e-arttou Vormittag« 10—18 Uhr. Nachmtttog» 5— 6 Uhr. Für X NX»,»« ck»6»»»r ««»»fcrwr, N« NW««»» »icht »riltiNIn kln««h»e »er s»r »te »ichftfel^nde Nu««er dcs»l»«ten Inser«1e an Wachcuta,r» »t» S Uhr Nachmittag», an Saun- nndFeftlagenfrntz bis' ,9 Uhr. 2n -rn Filialen für Ins.-Annahmr: Ott« Klemm« S«rttm. (Alfre» Hahn), Uniorrsitätsstraße 1, L*«t» Liffche, rip.rigcrTagcblalt Anzeiger. Organ för Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Nbonnement-prei- vierteljährlich 4'/, Mk. in Alt-Leipzig, incl. Bringerlohn 5 DU-, dura» dt» Post bezogen ü Mk. Einzelne Nrn. SO Ps. Belegexrmplar 10 Pf. Eebübrea für Extrabeilage, <tu Tageblatt-Formal gefalzt) ahne Poftbeiörderung nett Postbesörderung 70 Mt. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größer« Schriften laut uns. PreiSverzrichniß. Tabellarischer «.Zlfferusatz auch höherm Tarif. Kerlamen untrr d»m RedactionSstrich dt» 4«spalt. hrlchiea Zeile bOPs , vor den Familie»»« die Ügespaliene Zeile 40 ' Inserat« sind stet» an die Ertz senden. — Rabatt wird uicht „ „ Zahlung prneuuwornucko oder durch Hast» Nachnahme. chiei ckta« »» ^ 88. Sonntag den 29. März 1891. 85. Jahrgang. Zur gefälligen Scachtung. Unsere Expedition ist morgen Montag, den 30. März, Vormittags nur bis /zS Uhr Keölinet. l-xpeilltlon ües I-e1p/-lxer ^axolilatteZ. Amtliche Bekanntmachungen. Oeffrnlliche Sitzung -er Stadlverordn etc» Frei tag. dcn S. April 18V1, Abend« 9'/, Uhr, im Sitzungssaal« am Naschmarkte. Tagesordnung: 1. Bericht de» Finanzausschüsse» über: ». die Haushaltpläne de» Berdande» evang.-lutherischer Kircheagemeinden und der Att-Leipziger Parochialkirehea auf da» Jahr 1841: d. Er hebung der Kirchensteuern in den Parochien Eutritzsch und Gohlis auf da» Jahr 1891; o. den Hauthaltplan silr die Itircheucassen zu Echönefeld bei Leipzig aus da« Jahr 1891; ck. den Hauthaltplan für di« kirchcoste und die Kirckacineinde- casse der Parochic Leipzig-Thonbcra-Neureudnitz auf da» Jahr 1891; v. Feststellung der Linheittsätz« für den 1. Termin der diesjährigen städtischen Einkommensteuer. 2. Bericht de» Bauausschnste« über ». Conto 81 „Gebäude", Conto 32 „Schauspielhäuser" Pos. 15 und 84, sowie Special, budaet „Städtische Volksschulen", „Fortbildungsschule für Mädchen" Pos. 36 und „Volksschulen" Pos. 317—346 de» .Hanshaltplane» auf da» Jahr 1891; d. dt« Borlage, betr. Crhödnng der Pos. 49 „außerordentlich" de« Specialbudget» „Realschule" und der Pos. 3l9 „auberordentlich" de» Special, budgels „Städtische Bolktschulen" für 1891. III. Bericht de» Bau., Ökonomie, und Finanzausschuss«» üb« Ankauf her beiden in d« Flur Letv-tg-Bolkmarsdors g«. legenen Bauplätze Nr. 150 und 151 de» Parcrlliruugsplane» dir. 1963. IV. Bericht de» Bau, bez. Oekonomie- »nd Brrsassung-ausschusse» über: Conto 36 „Wafferwerk" und Svecialbudaet: „Wust«» werk" de« Haushaltpinne» für 1801, sowie die Borlage, betr. Nachträge zu dem bezeichnet«»! Specialbudget. V. Bericht des Bau», Oekonomie- und Finanzautschoste» üb« Verkauf de» an der Ecke der Carl Tauchnitz. und Haydn- Straße gelegenen Bauplatze» Nr. 85. VI. Bericht de» Stiftung»., Bau- und OekonomieauSschustes über verkauf de»; an der Beethover.straß« gelegenen Bau- platze» Nr. 20, des Baublocks III de» südwestlichen Bebauungsplanes. VII. Bericht deS Brrfasinng»au»schusse- üb« Abänderung de» Ge meindebezirk» der Stabt Leipzig durch Aus- und Einslurungcn au» teil und in die Fluren Leipzig, Gohli» und Lindenau rc. Städtische Gewerbeschule. Die Aurstellung der Schülerarbeiten findet in d« Zeit vom 27. bis mit SV. Mär, ds. As., Bormittag» von 10'/, bi» Mittag» 1 Uhr in sämmtlichen Räume» de» neuen AnstaliSgebäude» Wächterstraße Nr. 13, statt erge! Zum Besuch« derselben beehrt sich im Namen de« Lehrerkollegium» ebenst einzuladen Leipzig, dcn 24. März l891. Der Direktor: vr. Kieper. I. Städtische Fortbildungsschule. (Johanni-Platz 6—7.) Die Aumrldung neu eintretcnder Schüler hat in d« Zeit von In den angegebenen Vormittagsstunden werben auch dt« >9- uielvuitgen hiesiger ikonstrmanden angenommen. L. K»«el»»ter, Direktor Zweite Städtische Fortbildungsschule für Knaben. (Schlctterstraße Nr. 19.) Die Anmeldung neu eintretendn Schüler erbittet sich d« Unterzeichnete Montag, den 6. April, bi- Donner-tag. dcn 9. April 1891, Bormiltag» von 10—1 Uhr und Nachmittag» von 4 -6 Uhr und zwar ain 6. und 7. April solcher aus hiesigen Schulen, am 8. und 9. April der von auswärts kommenden. Auch hak zur selben Zelt die Abmeldung der tn ändere Leipziger Schulen übertretenden oder nach auswärts verriehcndcn Schüler zu erfolgen. Leipzig, den 29. Mürz 1891. vr. bitoerl. Dritte Städtische Fortbildungsschule für Knaben. Expedition: L.-Reudnitz, Marschallstratze 2. Die Anmeldung zur Aufnahme hat tn der Zeit von Montag den 6., bi» Donnerstag, dcn 9. April, Vormittags 9—12 um Nachmittag» 4—6 Uhr zu erfolgen, doch ist der Unterzeichnete bereit, solche auch schon in der Osterwoche entgegenzuiiehmen. Bon auswärts zuaezogenc sortbttdiingSschnlpflichiige Knaben haben ein Schul- resp. Entlastungszeugniß iiiltzubringen. Leipzig, 29. März 1891. Dir. wvtrmrO. Lekanntmachnng. Die zum Anban von 6 Classeazimmern an da» hiesig« Schub gebäude erforderlichen 1) Grd-, Maurer- und Handlangcrarbette«, 2) Zimmerarbeiten, 8) Steinmetz- ader Tementgutzarbeiten sollen an dcn Mindestfordernden unter Borbrhatt d« >n»wahl unter den Licitanten vergeben werden. Tie Bauzeichnungen und allgemeinen Bedingungen können bei de» Unterzttchneten rtngesehen werden. Bei demselben sind auch Blankett» gegen Erlegung d« Lopialgebühren zu erhalten und bi» »m 17». April d. A. Nachmittag» 9 Ilhr verschlofien mit der Hufichrist „schtttaudau" wieder rinznrrichen. Paunsdorf, de» 28. März l89l. Der SchnldOrsta«». Gem.-Borst. Dötting, stell«. Borsitzcndcr. Nechnungs-Äbschtuß der Grtskrankencasse ffir Leipzig und Amgegend auf das Jahr 189V. Einnahme. Zinsen von Lapitalien Eintrittsgelder EtutrtttSaelo« Durch Arbeitgeber für Versicherung».! Arbeit- pflichtige Mitglieder eingczahlte!- geber, citräge s Arbeitnehmer Durch freiwillige Mitglieder eingezablte Beiträge Ersatzleistungen Dritter für genxchrie Krantcn- unterslütznng Sonstige Einnahmen . . . Summa der Einnahme Fehlbetrag pro 18 0 Betrag ^4 19 778- Ob 588 — 1657 516 26 74 43? 18 17 865 72 21 591 75 1 791 776 96 2 744 12 1 794 b21 >N««Oh«. ür ärztliche Behandlung ür Arznei und sonstig» Heilmittel rankengelb« an Mitglieder Krankengeld« an Angehörige der Mitglieder. . Unterstützungen an Wöchnerinnen Sterbegelder Cur- und Berpflegkosten an Krankenanstalten Ersatzleistungen an Dritte für gewährte Kranken- «ntnstübung Znrilckgezahlte Beiträge Für Tapitalanlagcn Verwalluiiaskosle» Sonstige Ausgaben 08 Summa der Ausgabe Betrag ^ 4 831 338 196 689 869 blS 19 674 19 883 70 948 104 866 18174 I 547 6174 133 099 82 575 45 3!« 08 70 25 21 05 33 3l 68 81 88 1 794 521 > 08 Vermögen am 1. Januar 1890 laut vorjährigem Abschluß Zuwachs de» Stammvermögens . >l 6174. 62 Abzüglich der Verminderung des Reservefonds .... .^^^ 8744^12 Also Vermehrung de» Gelammt- vermögen« im Jahre 1890 . . ^l 8430. 50 Summa Stammverinögen am 1.Jan. 1890 Slaininvcrmögen im Laus« des Jahres 1890 zugeführt Reservefonds am 1. Januar 1890 Dem Reservefonds im Jahr« 1890 entzogen Betriebsfonds 86 306. 93 6174. 62 466870. 09 . 8 744. 18 Summa >4 92 483 463 685 l 16 803 4 55 97 24 672 913 i 76 Di« Richtigkeit und Ueberrinsttmmung des JahreS-Abschlusses mit den Büchern der Ortlkraakencasfe wird hierdurch bestätigt. Leipzig, am 13. März 1891. Der «echNNNgs-ANSschutz. v. Naxna». KlwvUc«. Illttl». Seit Bestehen d« OrtSkrankencasse, also seit 1. Decemb« 1884, sind tnSgesammt ctrra 5 328 000 ^ für UnterstüNunge» ver- ansgabt worden, davon entfallen nadezn 3115000 ans baare Unterstühunaen an die Mitglieder und deren Angehörige, circa 1153 000 auf ärztlich« Behandlung, circa 695 000 ^4 auf Arznei und sonstige Heilmittel und circa 365000 auf Berpflcgung». kosten in Krankenanstalten. An Mtlgltetzerbetträaen sind fett 1. Decemb« 1884 tnSgesammt circa 6 392 000 ^ «inaeaangen, davon entfielen auf freiwillige Mitglieder circa 844 000 ^», aus vrrfichrrungspflichttge Mitglieder dagegen 6 148 000 , so dag da« von den Arbeitgebern aus eigenen Mitteln zu zahlende Drittel der Beiträge her pflichtigen Mitglieder nahezu 2 050 000 ^l betrug. Leipzig, am 14. März 1891. ^ Di« Ort»k»anke»eaß« für Leipzig ,«h llmgrgcnb. Utzart «r»«tzn»u», Bvrsihender. Israelitische Neligionsschnle. Dir Ausnahme neuer Schüler und Schülerinnen findet SONN» tag, de« 29. März, vormittags »an 9—12 Uhr im Kanzlet, locale der Synagoge, Centralsiraße 10, 1. Etage, statt. Tos neue Schuljahr beginnt Sonntag, den S. Aprtl, vor mittags 8 Uhr. Leipzig, den 86. März 1891. Der Direktor: Rabbiner I)r. N. PorgrS. Zwangsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das dem Maurermeister Frnst Wilhelm FreiSIrben in Roda gehörige Grundbesitz- thum, als: 1) die Fol. 575 des Grund- und Hypothckenbiich» für Roda eingetragenen beiden Billen an der Lohmbergsstraße Nr. 516 und 518 de» Brandkataster«, Nr. 609 der UebersichtSkarie von Roda, 46,2 a Gehöfte nebst Garten, mit 244,4 Stener- einheitcn, dinsichtlich der Gebäude inländisch mit 241X10 .<4 gegen Brandscyaden versichert und ortsgerichtlich auf 201XX1 taxirt, 2) das Feldgrundstück Fol. 576 eit. Nr. 610 der Uebersicht». karte, beim Lohmen, 13,5 » Areal mit 30,0 Steuereinheiten, taxirl aus 600 .^l, 3) da« Feldgrundstück mit Chausseeböschung Fol. 578 eit., Nr. 613 will., an der Lohmbergsstraße, 13,2 » Areal, mit 6,05 Steuereinheiten, tarirt auf 440 Montag, den 2S. Mat 1Ü91, von vorm. 10 Uhr ab an hiesiger Amt-gericht-stelle össentttch an den Meistbietenden ver- steigert werden. Gebote sind vor oder in diesem Termine bi« spätestens Mittag» l3 Uhr anzubringeu. Dem Meistbietenden wird gegen Erlegung oder Sicherstellung des zehnten TheileS der Erstehungssumme der Zuschlag ertheilt werden. Die Beschreibung de» Besitzthuni» und die Versteigerung», bedingunge» können in der Gerichtsschreiberei I hier etngesehen werden. Roda, am 34. März 1891. Herzogliches Amtsgericht. vr. Ulrich Die Ordensverleihung an den Präsidenten Larnot. Kaiser Alexander hat dem Präsidenten der sranrösischen Republik Carnot als ein Zeichen seiner Sympathie den St. AndreaS-Ordcn verliehen und ihm das Großkreuz des Ordens durch den Botschafter Baron Mohrcuheim über reichen lassen. Der Vorgang würde selbst unter weniger gespannten Verhältnissen Aussehen erregen, weil es unter den europäischen Staaten keinen gicbt, welcher nach Form und Entstehung sich in einem schärferen Gegensatz zu Rußland befindet als Frankreich. Eine der ältesten Monarchien Europa«, hat Frankreich seit dem Stur; deS Kvnigthum« im Jahre 1793 eine Reihe von Veränderungen durchgemacht, welche nirgends ihre« Gleichen finde» und das Vertrauen ans die Festigkeit der Zustände noch nicht haben auskommen lassen. Anerkannt muß werden, daß die Republik deS 4. September 1870 bereits das »weite Jahrzehnt über schritten hat, aber im Laufe dieser Zeit hat rS nicht an Zeichen gefehlt, welche der Wiederherstellung der Monarchie günstig waren. Die Abkömmlinge deS fran zösischen KönigSbauseS haben ihre Hoffnungen so wenig auf gegeben wie die Vertreter de« Hauses Bonaparlc; in diesem Augenblicke herrscht wieder Streit zwischen den Söhnen des Prinzen Napoleon um die nächste Anwartschaft aus die Nachfolge Napoleons HI., und daß der Herzog von Orleans stark darauf rechnet, dereinst den Thron Louis Philipps zu besteigen, ist unzwrifelhast. Die Lrtcnövcr leihnng Kaiser Alexander s an dcn Präsidenten Carnot er scheint unter diesen Umständen als eine Hlertrauenskuud- gcbuug für den Bestand der Republik und eine Absage an die Prätendenten, mit denen er im Uebrigcn freundliche Ve> ziclungcu unterhält, wie verschiedene Thatsacheu bezeugen, r B die Einreihung deS Prinzen Louis Napoleon, des Sohue« des Prinzen Jerome, iu die russisch« Armee. Tic Sym! izung für den Präsidenten Carnot ist um so auffallender, als sie mit deu Bestrebungen de- Zaren zu sammentrifft, di« allrussischen Ucberliescrungen in ihrem vollen Umfange wieder herzustelleu, das patriarchalische Ver- hältniß zwischen Zar und Volk aller störenden Zuthatrn zu entkleiden und in der unbedingte» Herrschaft der orthodoxen griechisch-katholischen Kirche ein festes unlösbare- Band zwischen Staat und Kirche zu schaffen, welches alle Zu geständnisse an die bewegenden Grundgedanken unserer Zeit auSschließt. Zar Alexander hat dcn St. AndreaS-Orden kurz vorher auch an zwei andere hervorragende Persönlichkeiten deS Aus lande- verliehen: a» den deutschen Reichskanzler v. Caprivl und an de» österreichisch-ungarischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand Este. Diese beiden Verleihungen trage» aber einen völlig anderen Charakter, sic bilden die Bestäti gung von Beziehungen, die seit laiigcr Zeit zwischen dem Hause Romanow und dcn Häusern Hohenzollcr» und Habs bürg bestehen, und sind wesentlich Acte der Form, deren An kleiden Verstimmung erregt und targclhan haben würde, daß nicht Alles so ist, wie eS äußerlich erscheint. Die Verleihung des Sl. Andrcas-OrdcnS an Carnot ist eine Kundgebung von um so größerer Bedeutung, als sie eine freie Willensäußerung des Zaren ist, deren Wirkungen vorher wohl erwogen worden sind. Es konnte kaum in Frage kommen, ob Carnot die ihm zugedachtc Auszeichnung aunchmen würde, immerbin müssen diplomalische Verhandlungen vorangcgangen sein, welche diese Bereitwilligkeit verbürgten. Nachdem dieser Punct erledigt war, blieb aber die Hauptsache übrig, und diese besteht in de» Gründe» der Handlung. Welche Erwägungen konnten Kaiser Alexander bestimmen, dem Präsidenten der Republik Frankreich eine überall sichtbare Aufmerksamkeit z» erweisen ? at Frankreich Rußland irgendwelche wcrthvolle Dienste ge Vertreter auch persönlich einander nahe treten? Es ist bisher immer viel von einem russisch-französische» Bündniß die Rede gewesen, man hat ein solches aber stets in den Bereich der Fabel verwiesen, weil da» Oberhaupt des russischen Reiches niemals mit einer Republik gcincinschaft- liche Sacke machen werde. Da« war mehr behauptet, als sich beweisen ließ, aber eS wurde die oft geäußerte Friedens liebe des Zaren und seine auf historischer Grundlage berubendc Hinneigung zu Preußen als Gegengewicht angeführt, dessen Schwere sich nicht oyne Weiteres beseitigen lasse. Daö sind Auskünfte, welche den Nichlwiffenbcn stets als Vorwand ge dient haben, um ihre in den Verhältnissen liegende Unkennt- niß der Thatsacheu zu bemänteln; aber durch die Geschichte ist dargetha», daß Bündnisse, von welchen die Enlscheidnng in wichtigen Streitfragen abhing, niemals an die große Glocke gehängt wurden, sondern daß sie immer erst dann bekannt wurden, wenn sie ihre Wirkungen äußerten. Die Intimität zwischen Rußland »nd Frankreich macht sich auch noch durch andere Thatsacheu bemerkbar, die, au sich unscheinbar, erst turiy die Zusammenstellung mit anderen Vorgängen ihre Bedeutung verrathen Vor Kurzem wurde der erste französische Militairbevollmächtigte Obcrstkieutenanl BriaiS ans St Petersburg abberusrn. Zwischen ihm und dem russischen Kaiserpaar batten sich im Lause der Zeit innige Beziehungen gestaltet, welche beim Abschiede dadurch zum Ausdruck kamen, daß Herr BriaiS den St. Anncn-Orden II. Classe i» Brillanten erhielt, und daß ihm der Zar außer dem eine kostbare Malachitvasc und die Bildnisse dcS Kaiser- paare« überreichte unter dem Ausdruck de« Wunsche-, daß er sein Bild als Gegengabe wählen möge. Es kam beim Be richt über diese Angelegenheit auch zur Sprache, daß der Nachfolger Briais' als erster Militairbevollmächtigter Frank- reich-, Major Moulie, der die zweite Stelle schon seit zehn Jahren auösllllt, in GencralstabSkreisrn al- russischer Kamerad betrachtet wird und fast täglicher Gast i», Hause des Generals Obrutsckew, des Chefs dc« russischen Generalstabes, ist, dessen Gemahlin eine Französin. Wer dc» Frieden liebt und hofft, daß er erhalten werde, wiegt sich leicht in Täittchungeu. die durch die nachsolgeuden Ereignisse dann eine bittere Enttäuschung erfahren können. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Rüstungen Rußland« und Frankreich- die aller anderen europäischen Mächte hinter sich lassen, und eS wird uns täglich von den Maßregeln berichtet, welche beide Mächte an ihren Grenzen treffen, um für alle °*älle vorbereitet zu sein. Frankreich verwendet seine höchste wrgsalt auf Sicherung seiner Lstgrenz«; Rußland hat in neunter Zeit die 22. Jnsanterie-Division aus Nowgorod a» die östcrreichiscbe Grenze verlegt, um durch Bereinigung mit der 24. Infanterie-Division da« neu in Polen aufzustellendc ArmcecorpS zu bilde», dessen Formirung im November 1889 aiigeordnel wurde. Das sind lauter Anzeichen der vorhan denen Adsichtcn, welche wir mit Aufmerksamkeit verfolgen müssen, ui» nickt durch unliebsame Ereignisse überrascht zu werden. Eü ist stet« daran festzuhalten, daß der europäische Friede nur so lange gesichert ist, als Rußland und Frankrcick dc» Kamps mit dem Drcidund nicht glaubcn wagen zu dürfen. DaS Strebe», die Armee kriegsbereit zu halten, ist i» Ruß land und Frankreich so augenscheinlich, daß eS der höchsten Rührigkeit von unserer Seite bedarf, um dcn Ruf der sieg gewohnten deutschen Waffen aufrecht zu erhalten. * Leipzig, 29. März. * Tie ofsiciöse Wiener ^Politische Corrrspendenz" bringt auS Berlin den folgenden mspirirten Bericht: Dcr vielerörterr Artikel des „ReilhSanzeigers", wtlcher für den Abschluß von Tarisvrrtrüaen so enlschieden »sntrat, enthält eine bestimmte Absage an daS Prohibitivsystem, er bedeutet aber ketnetwcg» den Bruch mt» einem mäßige» Schutzzollsystem und bildet somit »tuen iveiteren Beweis dasür, daß die Regierung durchaus nicht daran denkt, freihändlertsche Ideal« z» verwirklichen oder auch nur sundamentale «enderungeii tn den Zöllen eintreten zu lasten Die Regierung erkennt, daß ein weitere» Gehenlasten der Dinge, wie sl» sind, geeignet wäre, Beeinträchtigungen der Induftrte herbei- ziisühren, die ganz zweifellos einen vedenkltchen Rückschlaa aus die Landwirthschaft ausüben wüsten. Indem die Interessen der Industrie berücksichtigt werden, findet auch die Landwirtbschast ihr« Rechnung. Es kann Niemandem entgehen, daß dl« deutsche Industrie durch die schweren Einbußen, die der immer mebr ansblühend« Exporthandel, namentlich nach Südamerika, erlitten hat und noch erleidet, schwer geschädigt wird. Durch den Reciprocität«.Vertrag zwischen den bereinigten Staaten und Brasilien droht der deutschen Industrie, die eineu Export von 56 Millionen nach diesem Land« hatte, die Gefahr, mehr und mehr verdrängt zu werden. Rordaineritanisches Eilenbahninatersal und Maschinen genießen völlig« Zollfreshest, eine Reihe anderer wichtiger Artikel hat erheblich« Zollermäßigunaen er- Hallen, und daß man sich in Nordamerika altbald den Bedürsnnisten und dem Geichinack der Brasilianer anpassen wird, kann keinem Zweifel unterliegen. Was Argentinien betrifft, so ist da mit einer aus lange Zeit erheblich geschwächten Kauskrast zu rechnen, und tn Chile, wo Deutschland sich unter den Erportstaaten aus die zweite Stelle hinaiisgcarbeitct hatte, haben die jüngsten rrvolutionairc» Ereignisse sckmerrlich empsundene Verluste und Stockunaen mit sich gebracht, deren Ausdehnung und Dauer noch gar nicht avzusehen ist. ES bedarf keiner weitere» Aussührung, daß e» sich unter solchen Umstände» nicht blo» silr Deutschland, sondern für dl« mittel europäischen Staaten darum handeln muß, zu anderen, großen und geschloffene» Absatzgebiete» zu gelangen. Es ist bekannt, daß ein österreichisch.ungarisch-deutscher Handelsvertrag ge wissermaßen der Ausgang»- und Kernpunkt werden sollte, an welchen sich solche mit anderen Staaten — wie Rumänien, Serbien, Schweiz und Italien — anzuschiießen hätten: vtelletcht wäre hier auch, bei weiterer Entwickelung der sranzöstschrn Protectionsbestrcbungeii, Belgien für diese Gruppe von Staate» in Bewacht gekommen, so daß sich hier gegenüber dem französischen und russischen und einigermaßen auch englischen, ein besondere» Absatzgebiet jener Slaawiigruvpe gebildet haben würde. Ob dergleichen schließ- lich zu dem viel berufenen mitteleliropäijcbe,, Zollverein fuhren wird, mag dahingestellt bleiben: bester, ein solcher entwickelt sich au» dem praktischen Versuch eines Zusammenschlusses mehrerer Länder durch Tarifverträge au» sich selbst und allmälig, al» daß man im direkten Hinblicke aus ein derartige» theoretische» Ziel lange herum experiinentirt. Unbedingte Voraussetzung bleibt hierbei selbstver- ständlich immer da» Zustandetommen de» üsterreichisch-deulsche» Handelsvertrages. Ei» Theil der deutschea Presse hat nach dem Artikel des „ReichsanzetgcrS" die Aussichten für denselben ebenso optimistisch gekennzeichnet, wie er bis dahin die Dinge zu schwarz gesehen hatte. Hier mag nur constattrt werden, daß Wunsch und Vossniing aus eine glückliche Erledigung dieser Sach« tn gleicher Stärke fortbestehe». So nahe, wie einige Zeitungen onnehmen, ist indes, nach Allem, wo» man hört, der Abschluß wohl noch nicht. Die Forisetzuilg der Verhandlungen tn Wien dürfte erst nach Lsleru erfolgen. * AuS Posen wird der „Schlesischen Zeitung" geschrieben: Die znkiliistige Stellung der polnischen Abgeordneten zur Regierung bildet immer noch das stehende Thema der polnische» Preste. Mit einziger Busnahiuc des stark demokrattschen „Gonicc Wielkopolski" erklären sämmtliche polnischen Blätter ihre rückhalt- lose Zustimmung zu dem regieruiigtsreundUchen Austreten dcr polnische» Abgeordneten im Reichstage und insbesondere auch zu dc», Votum dcS Abgeordneten von ttoscielski tn der Marine- frage. Tie Polen wollen, da» wird tn allen Besprechungen dieser Sache ausdrücklich betont, die bisher beobachtete oppositionelle Haliung ausgcben und sich tn positiver Weise an der Gesetzgebung »nd den parlamentarischen Arbeiten des Reichstage» und des preußischen Landtages betheiligen. Die grundsätzliche Opposition, die von den Polen so lange Zeit hindurch beliebt worden ist, habe denselben das Vertraue» der Regierung entzogen: die Aenderung in der Haltung der parlamentarische» Ver treter de« Polenthuin» sei dabcr zu billige». Freilich bcdiiiguiigs- los wollen auch dcr „Tzicnnik" und „Ikuryer Poznanski" die Regierung-Politik nicht mltmachcii, sondern nur so weit, als die» ohne Plcisgcbiing der „nationalen Rechte »nd Eigenthümlichkeiten der Polen" geschehen könne. WaS diese Einschränkung bedeutet, ist dein .Nenner dcr polnischen Verhältnisse nicht unklar. Aus dem Gebiete dcr Schule — »>» eines der meist umstrittenen Objecte z» berühren — beabsichtigt man, von den alten Forderungen ans Wicdcreiiistthriiiig des polnisch,n Sprachunterrichts, ans Zulassung der polnische» Sprache beim katholischen Religionsunterrichte, au, conseisivnclle Schule» rc. vor dcr Hand keineswegs abzustebeii. Im Gegcittlieil, man glaubt der Erfüllung alter Wünsche jetzt näher zu sei» denn jemals, wen» inan dies klugerweise zur Zeit auch nicht laut aussprechen mag. Hinsichtlich der sogenannten „Polengesctze" gehe» auch wohl die klibnsieii Hoffnungen der Polen noch nicht so weit, daß ina» ihre Beteiligung erwartet. Jedensall« aber glaubt mail, eine Handhabung dieser Gesetz« zu erreichen, die der natio nalen Entfaltung freieren Spielraum gestattet. Mit einem solchen Erfolge ibrer jetzigen „Parlaments.Politik" würden sich die Pole» — natürlich nur vorläufig — zusrtedengeben. * Gegenüber zahlreichen unrichtigen Mitthriliingcn der Zeilumze» über die Vorlage einer Novelle zum Gesetz über Hciniatb, Verehelichung und Aufenthalt i» der nächsten Session de« bayerischen Landtages sind die
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