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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189104212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910421
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910421
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-04
- Tag1891-04-21
- Monat1891-04
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1891
- Autor
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Erscheint tügttch MH SV. Uhr. KrdacliiR unt Lkprdition Joha»ne«gojse 8. SprkchK»n-rn ter Ur-aciioa vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag« ü— 6 Uhr. , »« »iX-ud« »dkrr «„»Iri,»« »«ch, sich tu N«»«cn»» »ich« «r»u>»lich. cimigcr h«e »er für »t, ,i»m«l,e»»r »rr »eftt»«»ea Inserat« au »togcu »i» 8 Uhr Nachmittaa«, »Eaau- «u»Srftta,e«frütz dt«'/,» Uhr. t,n Filialen für Ins.-Ijnuahme. Klr««'« Gartt«. <«Isrr» Hahn), UntversttätSstraße 1, raut« Lisch«. neustr. 14, Part, und KSoigSplas 7, nur bi« ,8 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Abonnementspreis virrteljährlich 4»/, Mk. ln Alt-Lripzig, incl. Brinaerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 0 Mk. Einzelne Nrn. 20 Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesatzll ohne Poslbesörderuiig 60 Mk., «tl Postbesücderuug 70 PU. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut uns. PreiSverzeichniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz uach höherin Tarif. Leclamen unter dem Redacttoa«strich dteSaespalt. Zeile ÜOPs, vor den ffamiliennachrtchten die 6 gespaltene Zeile 40 Pt. Inserate sind stet« an die Expedition zu lenden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prueonmernnäo oder durch Post- nachnahme. III. Dienstag den 21. April 1891. 85. Jahrgang. ImMche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Tie Maurerarbeiten zum Neubau de« Z»a«gS-Ar»ettahauseS «» der Ritbeckslraßt zu Leipzig-Thonberg sollen im Wege der össeni- ljchen Submission vergeben werden. Bewerber können di« Anschlags, sormulare vom 21. d. M. ab bei Herrn Architekt Max Bösenberg, tztcphanslraße 8. IN., gegen Erstattung von 4 Copialgebühren entnehmen. Daselbst liegen auch die Pläne zur Einsichtnahme ans. Die Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Sostrnauschla, über viaurerardettcu zu« Neubau des ZwaogSar»rit«ha«seS" bi« zu» L. «ut d. ä-, Rach»itta,« L Uhr hei »»«, Rathhau«, 1. Stock, Nuntiatur, portofrei rtuzureichen. Wir behalten au« die Auswahl unter den Bietern, sowie Lhrilung her Arbeiten uud «vent. dir Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, den 18. April 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. 1^ 1710. vr. Georgs Linduer. Vekanntmachung. Sonnabend, den LS. April d. von Lormittag« 10 Uhr PI im Geschäftszimmer de« Proviant-Amte«, Leipzig, Pleihenburg, yurmhous 2. Stock, eine Partie Noggentleic. Sehrmrhl, klwpe», Blei r«. öffentlich an deu Meistbietende» gegen sofortig« heerzahtung versteigert werden. Leipzig, am 17. April 1881. aSntgltche» Vr«»ia»t-Amt. Dlebstahls-Lekanntmachung. Lestohlen wurde» laut hier erstatteter Anzeige: 1) eine goldene Herren-Ltzlinderuhr mit Arab»«krngravirung as der Rückseite, starter rundgliedriger goldener Nette und an- htugendem goldenen ßNedailon mit männlicher Photographie jome goldenem Schlüssel, am 1l. d. M.; 2) eine goldene Pa«en-T»ltnder-Ne»«ntoir-Uhr mit ge. riestein Rand und schwarzer Emailleverzieruug auf der Rückseite, ievie mit anhängender zweisträngiger goldener Lette mit 2 Kugeln, sauer ein goldene» dehnbare« Gliedrr-Armdand, Ansang v. M.; 3» eine goldene Vrtle, am 13. d. M.; 4) ein Regenmantel, enganschließend, von starkem, schwarzem Stoff mit Aufschlägen an der Brust und Perlenverzierung daran, ei» Klei» von schwarzwollraem geblümten Stoff, mit Taille, lukang d. M.; b) «in Wtnterüberzteher von braunem glatten Stoff mit einer Reihe brauner Hornkaöpfe mit verdeckter Batterie, braunem Sammet- lagen, hell- nud duukelgrau carrirtem Futter, Billettäschchen uud Kettchen Henkel, am 14. d. M.; 6) eine große Znschuetde-Scherr« mit schwarzlacktrten Griffen, um 10. d. M; - ' 7) 89-4« Stück Stet»«etr-Gisen, theil« .8- Lnorr". theil« F. 8.", v." oder .A" gez., am IS. d. M.; 8) eine Kastenkarre mit geschweiften Armen, deren einer mit Bandeisen umwickelt ist, am 11. d. M.: 9! 18 Stück SLgen. von Mitte März bi» 13. d. M.: 10) 2 lcbende große Hähne und Ist Stück verschiedensarbig gefiederte Hühner, vom ll. bt« 12. d. M. Nacht«: 11) ei» großer schwarzhaariger Zughund mit weißer Brust, am l-t. d. M.; 12) eine Bürde vrandsahle»-Leder, signirt „L. » vv. 22", ca. SO lce schwer, am 6. d. M.; 13) 2 Fässer mit je 2ü Liter vahertsch vier, signirt Z,. blderloin, Laimbach", am 13. d. M.; 14) ein 2räderigec Handwagrn, nicht gestrichen, vom 7. bi« 1t. d. M.; 15) ein 2räd«riger Handwagen, blau gestrichen, am 1«. d. M.. 16) eine silberne Nemontoiruhr mit der Fabriknummer 22330 oder 22356, am IS. d M.; 17> ein Geigenkasten von Mahagoni, mit Neusilberbeschlägen, »nd eine blaue Skidenplnschdecke mit eingestickter Krone und dem Monogramm: „0. v. in Gold, vom 8. bi« IS. L. M.; t8) ei» Paar Schaftstiefeln, kalbledern, neu besohlt, ein Jackct vou dunkelblauem Kammgarn, mit Perliiiutterknöpsen, Ücttchei,Henkel and moosgrünem gestreiften Seidenfutter, eine ebensolche Weste mit oeißem ge,ireisten Autler, eine Hose von graubraunem Stoff mit Ihwarzsndeiien Gallon«, Mtssingkiiüpscn und hellgrauem Futter, und «in neuer brauner Ftlzhnt mit blauem Futter und der Firma Zlennauo Ibiro^sen", vom 16. bi- 18. d. M.; 18) 3 m schwarze Trtcotin-Srtde, init rother Kante uud drin Mimen „Tüsekvr" versehen, vom IS. bis 18. d. M. Etwaige Wahrnehmungen über den Brrbtieb der gestohlenen Segciislände oder den Thäter sind ungesäumt bei unserer Lrimiaot- tlblhciluiig zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 20. April 1891. La« Polizei-Amt »er Stadt Leipzig. In Stellvertretung: vr. Schmid. B. Städtisches Realgymnasium. Zur geneigten Theilnahme an der Donnerstag. den 22. April 1891, vormittag» 9 Uhr bi der Aula stattsinbenden Schulfeier de« Slerhöchften Geburtstages Sr. Majestät de« König» Aldert ludet im Namen des LchrcreollegiumS ergebenst ein Leipzig, am 20. April 1891. Pros. Vr. «leset, Rector. Nirolaigymnasium. Zur Feier de« Geburtstag« Sr. Mas. de» Sönlgd findet Donnerstag, den 23. April, Vorm. 9 Uhr, ein Festakt»« statt. 3> geneigter Theilnahme daran ladet im Namen de- LeyrercollegiuinS ergebenst ein Leipzig, 30. April 1891. Prof. vr. vtt» X»«uu»«I, Rector. Städtische Volksschulen. Am Geburtstage Lr. Majestät de« König« Albert Donnerstag, den 83. April, wird in sämmtlichen hiesigen Voile- schulen Bürger- und BezirkSschulen) eine 8et»oI1el«r abgehalten Dieselbe beginnt >» der >. köderen Bürgerschule für Knabenl in der 6. Bezirkeschule für Knaben r um 8 Uhr, in der 7. Vezirk-schnle für Knaben ! in der 20. Bettrkeschule um 10 Uhr (im Saale der 11. Bürgerschule), ln allen übrigen Schulen abn um 9 Uhr. Zur Theilnahme an dieser Feier beehren sich hierdurch ergebenst rinzuladen Leipzig, den 20. April 1891. dir Direktoren der Volksschule». Die Sparkasse in der parochie Schöncfeld zu Leipzig-Reudnitz, Grenzstraße Nr. 2, bleibt Sonnabend, den 2.'». April 1891 wegen Reinigung der Geschäftsräume geschlossen. Die für diese» Lag gekündigte» Beträge können schon oiu Freitag, den 34. April d. I, Vormittags zwischen 8 und 12 Uhr abgehoben werde». Rodert Ltedert, Direktor. Rathhausnmlrau zu vannhof. Hierdurch wird die Lieferung vou etserueu Trägern und gußeisernen Säulen ausgeschrieben. Die in der RaIHSerpcdition zu entnehmenden Kostenanschlags- ormulare sind bi« 20. Vs«. Mt«, mit entsprechender Aufschrift verschlossen anher einzureichen. Freie Wahl unter sämmtlichen Bewerbern wird Vorbehalten. Naunhof, am 18. April 1891. Ter Ltadtgeinciuderath. Bentert, Bürgermeister. Frankreichs Lolonialpolitik. Augenblicklich sind zwei wichtige Posten in den französischen Colonien zu besetzen, die der Gouverneure in Algier und Jndochina. Dem Vernehmen nach ist der bisherige Priisect de« Rbone-DcpartemenlS, Cambon, zum Gouverneur Algeriens, der Abgeordnete Lanefsan zum Gouverneur von Jndochina auSersehen. Tie Personen der neuen Beamten sind nahezu gleichgiltig, worauf cS ankommt, ist das System, und daS wird nach den bisherigen Erfahrungen schwerlich eine Aenderung erleiden. Die Franzosen habe» keinen Beruf zum Colonisiren, für sic gicbt cs als Colonisatorcn nur einen Grundsatz, und dieser lautet Unterjochung der Eingeborenen. Wo diese nicht gelingt, ist Kamps ohne Ende die Folge aller kolonisatorischen Bestrebungen. Algerien ist nicht sowohl Colonie als französische Provinz. Die Geschichte der Ein Verleihung Algeriens iu daS französische StaatSwcscn ist eit dem Jahre 1830, in welchem der erste ent cheidende Sieg über den Dci von Algier erfochten wurde, eine ununterbrochene Kette von Aufständen, welchen erst durch die Gefangennahme Abd-el>Kadcrö im Jahre >847 ein vorläufiges Ziel gesetzt wurde. Ebarakteristisch ür die Art und Weise, wie die Franzosen besiegte Feinde behandeln, war die Berurlbeilung des SecrelairS de« AraberchesS vom Stamme der Uled-Sidi wegen eines leichten Vergehens zu Stockhieben, welche de» Arabern als daS Entehrendste erscheinen Die Vollstreckung der Strafe wurde sofort durch einen Aufstand beantwortet, welchem weitere Bewegungen bis zum Jabre >870 folgten. Die Niederlage, welche Frankreich im Kampfe gegen Deutschland erlitten, gab daS Signal, das französische Joch in Algerien abzuschütteln, im Jahre 1871 war fast ganz Algerien in den Händen der Empörer. Darin trat erst eine Aenderung ein, als die Beendigung deS Kriege- den Franzosen wieder freie Hand gab, um in Algerien energisch vorzugeben. Besonder» war cS General Ehancy, welcher die Ordnung wieder der' stellte. DaS hinderte aber nicht, daß in den Jabren 1879 und l88l neue Aufstände auSbrachcn, und gegenwärtig sind die Zustände in Algerien der Art, daß eine neue Empörung erwartet wird, sobald sich irgend ein passender Anlaß dazu darbielct. Eine französische Partei unter den Araber» gicbt es beute nicht mehr, da« ganze Volk steht den Franzosen scindlich gegenüber. Die Zustände in Tonkin sind noch bei Weitem schlechter. Dort besteht die französische Herrschaft nur da, wo sic durch französische Soldaten geschützt wird. Die Seeräuber sind die eigentliche» Herren von Tonkin, sie erscheinen plötzlich raubend »nv plündernd bald hier bald da, die eingeborene Miliz ist ihnen nicht gewachsen und ist auch nicht m, Augenblick der Gefahr zur Stelle, die französischen Slrcitkräfle in Tonlin sind gänzlich unzureichend, und allein Anschein nach wäre es daS Klügste, wenn Frankreich den unhallbarcn Besitz einfach ausgäbe. Heil ist il»n bisher daraus nicht erwachsen, Tonkin ist daS Grab vieler Tausende französischer Solvalen. die dort hauptsächlich der Eholera und dem Fieber zum Opfer gefallen sind. Bekanntlich gehört zu den Opfern, welche das n» gesunde Klima gefordert hat, auch Paul Bert, der einstmalige UnlerrichlSminisler und spätere Gouverneur von Jndochina. TaS ganze Unternehme» gegen Tonkin war von Anfang an verfehlt, eS hat viel Geld, Blut und Menschenleben gekostet, ohne dafür Frankreich einen in Betracht lommcndcn Vvrlhcil zu gewähren Aber daS französische Nationalgcfühl läßt eS nicht zu, einen Schrill zurückzuthun, die Ekrc Frankreichs ist cngagirt, und deSbalb wird trotz aller schlimmen Erfahrungen in der bis hcrigen Weise fortgewirtbsckaflcl. Andererseits würde aber die Mehrheit der französischen Volksvertretung großen Lärm schlagen, wenn die Negierung die Verhältnisse offen tariegcn und die entsprechenden Mittel verlangen würde, ui» die Lage in Tonkin für Frrnkrcich günstiger zu gestatten. Tic Negierung ist in Anbetracht de« französischen VolkSeharaklerS daraus angewiesen, den Stand der Dinge slclS im rosigste» Lichte dar^nstcllcn und allen beunrnhigendcn Nachrichten mit eiserner >Ltir» gegenüber zu trete». ZIn»,Iim vull. «lccijü gilt da in weitester AnSdebnnng als Nichtschnnr. Wenden wir den Blick auf Afrika, so liegen dort die französischen Eolonial-Angelegenbeilen gleichfalls im Argen. Madagaskar gilt in Frankreich als stolze und wcrlbvolie Eolonie, aber der Einfluß, den Frankreich dort ausübt, beschränkt sich auf die Orte, wo französische Soldaten sichen, aus Tamatavc und Antananarivo, im klebrigen haben die Eingeborenen der Insel ihre Unabbängkeit von Frankreich vollständig bewahrt und auch in den Hauptstädten regt sich von Zeit zu Zeit der Widerwille gegen die sranzvsischc Herr schask sckr lebhaft Ilm Madagaskar zu unterwerfe», müßle Frankreich viele Millionen auswciite», cS begnügt sich aber vorläufig mit der Anerkennung seines Besitzes durch England, mit dem Bewußtsein, daß auch ein erträumter Besitz gewisse Vorzüge hat. Frankreich hat die Hand ans Madagaskar gelegt und verhindert dadurch die Besitzergreifung der Insel durch eine andere Macht. Eine Gewähr, daß in diesem Zustande nicht auch einmal eine Aenderung cinlrelcn könne, i>l damit natürlich nicht gegeben. Frankreich bat auch Besitzungen am Senegal, wir haben aber erfahren, welche schweren Kämpfe eS dort zu bestehen batte, die noch keineswegs beendet sind. Verbättnißmäßig am ruhigsten ist der Verlauf der Besitzergreifung Frankreichs am Eongo gewesen, wo Graf Brazza, ein kühner Sck'issS- säbndrich, die sranzösischc Flagge entfallet bal und die In tcressc» seiner Nation mit llnisichi unv Geicl>iicklichlc>i ver tritt. Mit einiger Spannung darf man der Entwickelung entgegensehcn, welche die Ausdehnung der Macht Frankreichs von TnniS bis zum Tschads« nehmen wird. Für jetzt ist die Tbätigkcit der Franzose:, in diesem Tbeile Afrikas ans den Plan einer Saliarababn beschränk! geblieben, von dessen Ans- sührung bisher Ni.hls verlautet bar. Man spricht auch von Bestrebungen Frankreichs, die Absichten Italiens in Abessinien zu durchkreuzen und bringt dir treulos« Haltung MeneUt'S damit in Zusammenhung. DaS sind Gerüchie. deren Wahr heit oder Unwabrbcil sich nicht fesisiellen läßt, aber diese Gerüchte zeige» wenigstens, wobin die öffentliche Meinung neigt. Im Ganzen und Großen läßt sich auö de» vorliegenden Thatsachc» der Schluß zieben, daß die Eolonial-Unterneb- mungcn Frankreichs nicht zur Stärkung der Nation und zur zwccknläßigen Verwendung ihrer Fähigkeiten, sondern nur zur (Schwächung und zur Verschleuderung ihrer Kräfte gesübrt haben. Fcrry bat de» Grundsatz verkündet, daß Frankreich in überseeische Gebiete geben müsse, »in seinen Uchcrsckuß an Kraft zur Geltung zu bringe», er hat damit aber wohl nur agc» wollen, daß seine Landsleute einer Beschäftigung be dürfen, wenn sie an selhstinördcrischeil Thorbcilen verhindert werden sollen. Als Aderlaß sind die sranzösischc» Eolonial- Unternebuiungcn Frankreichs vielleicht nicht ohne Nutzen, sonst aber sind eS zwecklose Kraftproben. * Leipzig, 21. April. * Unter dem Vorsitz des Reichskanzler- von Caprivi fand Sonntag Mittag l Uhr im Gebäude deS StaatS- »linisteriumS,Leipziger Platz II,eine Minister-Sitzung statt. * Der AbschiedScommerS, den der National liberale Verein in Berlin zu Ebren de« vr. Karl PcterS am Sonnabend Abend in der Pilharmonic veranstaltete, batte sich einer überraschend große» Belheiligung zu ersreuc». Etwa 1800 Tbeilnehiner aus alle» Kreisen der Bevölkerung waren mit ihren Damen der Einladung gefolgt. Die national- liberale Fraktion des NcicbSlage« »nb Abgeordnetenhauses war nahezu vollzählig erschienen; auch die konservative und sreiconservalive Partei halte zahlreiche Mitglieder zu dem Commcrse entsendet. Aus dem Podium prangte die Büste deS Kaisers vor einer Dekoration hoher Blattpflanzen, siankirt von der zerschossenen Marschfabnc und der Zcltsabnc, die PeterS auf dem Zuge der deutschen Emin Pascha-Expetition gesübrt; darüber wehte die neue deutsch ostasrikanischc Flagge. Der EonimerS wurde von dem Abgeordneten Rechtsanwalt Vr. Paul Krause mit einem warm empfundenen Hoch auf den Kaiser eröffnet. Der Abgeordnete Vr. Böttcher scierte sodann die Verdienste PcterS' um die Eolonisirnng OstasrikaS, worauf Peters mir einem Hoch aus den Veranstalter des EomnicrseS, den Nationallibcralcn Verein in Berlin, anl wartete. * Die »Kölnische Volk-zeitung* berichtet, Hertling habe die NeichSIagScantidatur für Meppen abgclchnt. * * » * In Böhmen wird jetzt von zwei Seiten an der Organisation einer »katholischen" Partei gearbeitet; in den oberen Schichte» der Gcsellschaslcn bat der Fendal- adel diese Arbeit in Angriff genommen, und daS Volk soll durch die niedere Geistlichkeit bearbeitet werden. So schreibt der klerikale „Eeck,": „Jetzt muß die Zeit der »Hetz caplänc", ja selbst „Hetzpjarrer" beginnen. . . . Diese „Hetz caplänc" müssen den Boten für eine große latholische Partei vorbereilcn und mit ihrer Arbeit nicht bei der Intelligenz, sondern bei dem armen Volle, bei der Bauernschaft, den Gewerbetreibenden, den Handwerkern beginnen. . . . In Wort und Schrift wollen wir Alle nach dein eine» Ziele streben: in Böhmen eine lalbolischc Partei zu organisiren * Wie berichtet wird, ist der Historiker Alexander Brückner in Dorpat.kurzer Hand voll seiner Pro sessur enthoben worden. ES ergeht Hin, damit ebenso wie 1809 seinem mittelbaren Vor gängcr Earl Schirren ijetzt i» ttieN, der seines Lehramtes rer iiislig ging, weil er gegen den va.iiiawisliiclien Weckruf des Pnblieisie» Juri Sainarin in seiner „Livliinüciche» Anlwor»" die Rechte der Balten Iballraftig schlitzte. Welcher Anlaß vorlag, mit Vrnckner ebenso wie init Schirren z» versabren. ist nicht bekannt, soviel aber fleht fest, daß durch die Entscrnnng Bruckner'» ans der Prviessnr die Universität Dorpat eines ilirer hervorragendsten und ein slnßreichste» Dveenten beraubt wird Tie Bedeutung Brückners beruht zu einem guten Tbeile in der Mittlerrolle, die er zwischen dciitscher und russischer Forschung zum Segen sür beide ans übl. In Petersburg geboren, und des Rassischen von Jugend an mächtig, und in Teuttchland zum Historiker gebildet steine Lekrer waren vornelniilich Hüiißer »nd Tronien), ist Brückner im Stande die Quellen der ruislschen Geichichtc (dem Studium derictben bat Brückner seine Lebensarbeit gewidmet) im Urtexte zu siudiren gleichzeitig vermag er sie, mit der deuiicheil Arbeitsweise vertraut mit allen Mitteln der dentscke» Iiislvrftche» Forschung auSzunutzeii Euliprechend dieser Mittlezuolle bat Brückner mebr als irgend ei» Anderer in den letzt.» Janrnchitt n dazu beigetrage», die Kennt»»; der russischen Geicknckile in Teustchland zu verbreiten. Wichtig ist Lasur noch der Umstand, daß er mit vielen seiner Schrillen und gerade mit den beide» größte», sah nicht allein an seine Fach gcnvsseii, die Histonler von Fach, w.ndet, sondern daß er sich die breilen Schichte» der Gebildeten als seine Leser denkt. Die» gilt in erster Reihe von seinen beiden größeren Werken über „Pete den Großen" „nd „.Katharina II.", die 1879 »nd 1883 in der Qncken'scheu Geickückilsiamiitlniig klschienen. Er nennt Heide Werke absichtlich »ickn Biographien, weil er sich vorletzte, darin Zweierlei zur Anschauung zu bringen: einmal de» Lebens- und Werdegang Peters »nd .Katharinas, dann aber ganz besonders noch i», Bicilen den inächtigen Eitstlnß, welche» die beiden hisionickie» PeriSnIichkeilc» ans die Forleiitnackelnng der riisßsche» Zunände auSgeübt baden. Bei Peter richiet sich sein Augenmcrk vornebmlich daran', darzulcge», durch welche Mittel er es zu Wege brachte. Rußland von dein Banne der aiiaftich-lnzaiitinilchen Bvrlerrschail zu lölkii »nd dasur zu den eiiropäiickien Westmächten i» Beziehung zu ietzen. Er kommt hei seiner Schilderung Peter's dahin, die alter Anstauung von Art »nd Weien de» Zaren weseiittich zu berichtige» bei ihm kommen die Lichtieiten de» Fürsten, wie Einzelne ineine» sogar über Gebühr zur Geltung, so daß von Peter's tandlansigcm Barbarentlium bei Brückner nicht viet übrig bleibt. Mit gleichem Ett'er tritt Bruckner sür Kalkanna ein, »nd rwar in solchem Mage, daß er so gar für deren sittliche Irrungen ei» Wort der Brrlbeidigung bal. An zureibe» sind de» Werle» über P, :er und .Katharina von Brnck»er'S gleichartige» Schritte» noch „Ter riMi'ch-tchwediiche .Kueg >788 8'.»' „Tie Familie Brannichweig ui Rußland ln, 18. Jahrhundert", „Tcr Zare wilschAlexe," >ein Stück des große» Werkes i>hkrPeler>. „Jwan Pvssvlch kow". Allein Bruckner ließ cs sich nicht an Forschungen zur pviiliichcn Geschichte genug sein, sonder» vertiefte sich auch i» die Einzelheiten der Eullnrgeichick'te, wobei ihm auch scheinbar ganz abieils Liegende» tür seine Arbeit lvicl lig schien. Mit Vorliebe verweilt er bei Studien über de» Enning, teil Fremde, zumal Trittichr, aus Rußland aii.geübt haben. Als Muster dieser E»i.zelsorsch»iig kan» seit. Buch über die Aerzlc i» Rußland von I.>«> bis I8«t0 biene» dn- sich aus Materialien von Ricktier n»d Tschestvwiticl, stutzt. Be ionderS zu erwähne» sind noch die siiianzvol,nickten Schriften von Brückner, in denen er die .Kiipierocidkriie in Rußland lein n Kopekenslück galt ceiiivci ig n. ngcr, als die Hälfte des Neu» wertlies) und in Schweden schildert, und lein Buch über die slawischen Ansiedelungen in der '.'Ulmark, wosür er 1879 von der IablonowSky'schen Gesellschaft eine» Preis erhielt. Nur ein Werk Brückner s fällt nicht iu den Bereich der russischen Geschichte, sciue Erstlingsschrist, mit der er 1860 in Heidelberg den Toctorlitcl erwarb. Sie handelt über den Reich-tog zu Worin- 1b21, dessen Geschichte Brückner ganz im Sinne seine- Lehrer- Droysen schildert. In Dorpat lehrte Brückner seit 1872; zuvor war er Docent in Petersburg und Odessa. * AuS Pari», 12. April, wird dem .Hamburger Eorrcspondcnten" geschrieben: „Das Pariser jüdische Eonsistorium hat einen Elsässer, dessen Vater, geborener Deutscher, vor 1871 in- Elsaß ausgewandcrt war, dort Franzose wurde und seither wieder sür Deutschland vptirt dal, zum Großrabbiner gewühlt. Als solcher ist Herr Trevsus, so heißt der neue Großrabbiner von Paris, sranzösischer Staatsbeamter. Daß die Pariser Juden, weiche zu einem sehr roßen Prvcentsatz in Deutschland geboren sind, oder doch von Israeliten, die über Deutschland in den letzten Jahrzehnten hierher eingewandert sind, adstammcn, einen der Jdrigen zum Seelsorger wählten, ist am Ende nur natürlich: begreiflich ist auch, daß die „Patrioten" und die hiesigen Elsässer diese Wahl approbiren, denn ihnen ist jeder neue Bundesgenosse willkommen und der Großrabbiner DreysuS muß auS doppelten Gründen ihr Bundesgenosse» werden: Erstens als Elsässer — DreysuS'BateristnochheuteRabbiner in Zabern — und zweiten- als deutscher Renegat, denn Deutsch land hat keine erbitterteren Feinde hier in Frankreich als die Pariser Juden deutschen oder elsaß-tothrin- zischen Ursprunges: außerdem aber ist in der dritten Republik )er Großrabbiner von Paris eine sehr einslußreiche Persönlichkeit, viel einslußreicher als sein proteslantilcher College und vor allem ehr viel einflußreicher als der Erzbischof von Paris. Aber damit ind auch die Parteigänger de- Herrn DreysuS erschöpft Die Re gierung wird seine Wadi zwar bestätigen, sie hätte jedoch die Be- rusung eines Franzosen ungleich lieber gesehen, woraus ver- chiedene ministerielle Blätter kein Hehl machen, und auch die nicht von den Patrioten und den Elsäsiern abhängige christliche Presse macht aus ihrem Mißvergnügen gar kein Gedeimniß: ein neuer Beweis dafür, daß es zumal in der Politik — und die Wahl ist, es kan» das nicht eistchieden genug bclont werden, ein politiichcr Act — unmöglich ist alle Welt zufrieden zu stelle». Tie „Autoritü", welche ich übrigens »och unlängst bei Besprechung de« Buches „Testament eine- Antisemiten" ausdrücklich gegen jede antisemitische Tendenz verwahrt hat, erklärt a» der Spitze der kalholiichen Blatter: „Eine solche Wahl ist ganz dazu angethan, alle Welt in Erstaunen »n 'etze», und wir unsererseits gestehen wenigstens offen ei», daß sie uns im höchsten Grade überrascht bat. Ter größte Vorwurf, der den Israeliten gemacht wird, ist der, daß sie überall, wo sie sich aufbalten, eine» Staat im Staate bilden, heiiiicitbloS bleiben und unfähig sind, sich einem andere» Volke zu assimiliren. Die letzte Wahl des Pariser lüdischen CoiisisloriumS beweist aufs neue, daß diese Vorwürs» durchaus gerechtfertigt sind. Herr TretffuS Vater hat seine Nationalität dreimal gewechselt, Herr DreysuS Sohn wechselte die seine gleichfalls zum dritten Maie. (Deutschen Ur sprung«, alS Deutscher erzogen ist er erst belgischer Unterthan geworve» und wird er jetzt französischer Bürger ! WaS würden wobt die Radicalen dazu sage», wen» die Katholiken ihnen eine» Deutschen zum Bischos Vorschlägen wollten? Man würde ihn schleunigst über die Grenze zurückspediren. Warum aber ist deu Jude» erlaubt, was Len Katholiken verboten ist?" * Noch heutigen TaaeS giebt eS im Norden Frank reichs, bei Tünlirchcn, Bergen und Hazebroek, ein 23 Gcvicrt- mciten großes Gebiet, in dem die vlamischc oder nieder deutsche Sprache die herrschende ist. In mehr als hundert Geniciiidcii lehcn hier gegen lbOOOO Blamc», denen freilich die Verbindung mit ihren in den nördlichen Provinzen Belgiens lchendcn Slainmesgenossen nahezu verloren gegangen ist und die deshalh der rasch fortschreitenden Französirnng fast gar keine» Widerstand entgegensetzen. Am Ende des 17. Jahrhunderts ^chrauchien aus einer Fläche von 50 Geviert- »teilen noch 223, ja vielleicht sogar noch 2-',0 Gemeinden das sogai Vlamischc als Verkehrssprache. In andcrthalh Jahrhunderten war also die reichliche Hälfte des vlainischen Sprachgebietes in Frankreich der französischen Zunge ^»gefallen. In nenerer Zeit hat nun der Proccst der Französirnng noch viel größere Fortschritte gemacht. Die Verhandlungen vor Gericht werken französisch geführt, alle Gesetze, Verordnungen und Er lasse »nr in französischer Sprache bekannt gegeben. Die Sprache der Post , Eisenbahn- und Slcncrvcrwaltting ist selbstverständlich ausschließlich französisch. In den chulcn wurde dis jetzt wenigstens der Religionsunter richt noch in vlamischcr Sprache ertheilt; in den letzten Tagen bat aber der Erzbischof von Eambrai verfügt, rast auch in diesem Unterrichte künftig die französische Sprache zu gebrauchen sei. Auch im Gottesdienste wird das vlamische Idiom mehr und mehr verdrängt. Die Kinder lerne» das Vlamischc nur noch von ihren Eller» und Großeltern, sprechen aber in den Grcnzdörsern auch schon lieber sranzösisch als die Muttersprache. An vlainischen Schulbücher», Biblio- lbeken, Zeitungen und Kalendern fehlt eS fast vollständig. Die 3 Millionen Vlamen in Belgien können leider wenig für ihre StammcSgeiiosicii bei Dünkirchen thun, da sic selbst gerade genug Arbeit haben, um sür ihre Sprache die volle Gleichberechtigung mit dem Französischen zu erringen Der „WillemssondS", eine Art vlamischcr 'Sclnilverein, bat zu wenig Mittel, nm die Vlamen in Frankreich mit vlamischc» Zeitungen, Kalendern »nd Volksbüchern zu versorgen und dadurch das viamische VolkSbcwußlsein zu kräftigen. So ist leider wenig Aussicht vorhanden, die Vlanzcn Frankreichs vor Eninationalisirung zu retten. DaS vlamischc Sprachgebiet wird mehr und mehr abmagern und endlich eine Beute der siegreich vortringende» sranzösischen Sprache werden. Nur wenn die vlamischc» Geistlichen sür die Erhaltung vlamischcr Eigenart rinlrelcn würden, wie etwa die wendischen Pastoren sür den Fortbestand der wendischen Sprachinsel, nivchlc der germanische Rest i» Nordfrankrcich zu retten sein. * AuS naheliegenden Gründen wird eS der englischen Presse schwer, bei der Beurtbeilnng des Fürste» Bis marck, so wie er seit seinem AnitSauSschcidcn auslrill, die richtige Mille zu finden; daher den» die widersprechendsten Ansichten über seine ReichötagSbewerbung in der Presse zum Besten gegeben werden. Die „Times" beglückwünscht ib» dazu, bedauert, daß er c- nicht schon längst gelba», und hofft, daß er sich a» die Spitze einer verantwortlichen Oppo sition stellen werde. Ter „Standard" gebt so weit, seine Niederlage durch die vereinten Socialisten, Welsen »nd Radicalen als eine Kundgcbniig gegen die Hohcnzollern- Tvnaslie ansznsasscn, weil die beiden letzteren sich dadurch einer der Monarchie feindlichen Partei anschlössen. Der conscrvativc „Glohc" betrachtet uingckehrt einen Sieg Bis marcks im Licktte einer Kundgebung gegen die Regierung, weit eben Bismarck von vornherein für ihre» Gegner gilt. Und „Dailn News" vollends hat schon die bloße Tkalsachc der Bewerbung als ein ArinnthSzcugniß hingestcltt, weil der Sck'öpser des Reichs zu einer Versammlung, die er stet» verachtet, seine Ziisincht nehme, um seine Schöpfung anzu feinden. Tic englische Prcsic vermag sich eben nicht voll ständig in deutsche Verhältnisse hinein zu versetzen und spricht
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