Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.05.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-05-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189105163
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910516
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-05
- Tag1891-05-16
- Monat1891-05
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.05.1891
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eint täglich Üh 6V. Uhr. Krdaclion und erprdffion Iohanneigaff« 8. LPttchlllindri, drr Nkdaciiou Vormittag» 10-12 Uhr. Nachmittag« 5— 6 Uhr. tz»r dt« MISs»dc »>»>>kt»ndl«r VI«m>icn»t« «a»l sich du «rdoc»»» »>»» »ndttidUch. Anna-«« d»r s«, die niichstsol-end« Nnmmer bestimmten Inserate an Wochentanrn bis 3 Uhr Nachmittags, an Lonn- u»v Arsttagr» srül» bis',0 Uvr. 3n den Filialen snr Zns.-Ännahmr-. Ltta klrmm's Sortim. «Alsrrd Hahn), UnioersilLlSstraffe 1, Louis Lüsche, Ikalhariuenstr. 14, Part, und KönigSplatz 7, nur bis ',,3 Uhr. lmeiger. NbonnementSprei- viertrljährlich 4 ff, Mk. in Alt-Leipzig, tncl. Brtngeriohu S Mt., durch die Post bezogen ü Mk. iÄnzrine Nrn. LO Pt. Belegerempiar 10 Pf. Gebühren für Sptrabeilaa,» (In Tageblali-Format gefalzt) ohne PostbesSrderung 60 MH, mit Postbesorderung 70 MI. Inserate 6 gespaltene Petitzeile SO Pf. hnften laut Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. GrSffer» Schriften laut uas. Pret«ver»etchattz Tabellarischer u.Zifser»satz nach HSHerm Tanh Lerlamen unter dem viedactiousstrich dt» laesvalt. Zeile SOPs., vor de» Famil teunachrlchtea die 6gespaltek« Zeile 40 Pt. Inserate sind siel« au di« Expedition »a ieudeu. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»«uuu«r»oäo oder durch Post» nachuahm«. m. Sonnabend den 16. Mai 1891. 85. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Erpcdition ist morgen Sonntag, den IV. Mai, Vormittags nur bis V>-9 Uhr reösfnet. ^xi>6<Htloii (Ion f,6sl)xilt6r Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, den Marktvcrkehr betrcsfctid. Unter Verweisung auf unsere Bekanntmachung vom 25. vor. M. 1804 Nr. bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntniff, dag die Marktordnung für die Ttadt Leipzig vom 22. vor. Mon. voll und mit dem 27. d. M. in Kraft gesetzt wird. Mt diesem Tage wird die Markthalle eröffnet unv dem Be triebe übergeben werden. Alle« Fetlbtctcn und Feil-alten von Maaren, welche Gegenstände waren, verliert die erthcilte Trlaubniß ihre Giltigkeit, und e« wird der gesammte Wochenmarklverkehr nach der Markthalle verwiesen. Ausnahmen von diesem Verbot des Standhaltens unter freiem Himmel können »war für einzelne Fülle bezw. Waarenaattungen von uns zugelassen oder angeordnet werden, jedoch nur, sofern besonders dringend« Gründe bierfür sprechen. Die Feststellung einer den in der Marktordnung vorgesehenen Gebühren entsprechenden Abgabe für den überlassenen Raum behalten wir uns vor. Ferner wird auf Grund von 8. 1, Abs. 3 der Marktordnung für die Stadt Leipzig von dem Tape der Eröffnung der Markthalle ab das Fcilbirten von Ärgcnstandrn aller Art im Uiiihertragen oder Umlicrfahren auf den öffentlichen Verkehrsräumen, welche von nachstehend genannten Straffen und Plätzen umschlossen werden, einschlieffl'ch der letzteren, verboten: Roßplatz vom König-Platz« bis zur Mündung der JohanniSgaffe, Asphaltstraße vor dem Museum, An der ersten Bürgerschule, Schillerstraßc, Mündung der Petersstraße, Promenade am Obstmarkte bi- zur Mündung der West straffe und Pleiffenburg, Harkoristraffe bis zur Wächterstraffe, Wüchterstraße von der ebciigedachten Kreuzung ab bis zum KönigSplatz, KönigSplatz, Windmühlenstrnffe bis zur Turncrstraffe, Turncrstraffe bis zur Sternwartenstraffe und Sternwartenstraffe von der Kreuzung der Turnerstraffe bis zum Roffpiatz. Wiederholt wird hierbei noch in Erinnerung gebracht, daff das langsame Umherfahren mit verkäuflichen Gegenständen aus äffend lichen Straffen und Plätzen als eine Umgehung obigen Verbotes, sowie des Standhaltcns angesehen werden wird. Zuwiderhandlungen gegen vorstehend bekanntgemachte Be stimmungen werden mit den in der Marktordnung angedrohtcn Strafen geahndet werden. Leivzig, am IS. Mai 18S1. Ler Rat- -er Stadt Leipzig. 642. I)r. Georgi. Lindner. Bekanntmachung. Die Entschädigung für die Hl. Laote der vom 29. Januar bis mit 6. »Februar d. I. in der Bahndos-, Berliner, Blücher strafte, am Brühl, in der Sari-, Türrien-, Egelftraftr, An Vrr altc» Elster, in der Eutrttzschcr, Fcltr-, Friedrich List- harten-, (kellert-, Georgen-, Gohliser Strafte, am (Krim: maischen Stcinweg, in der Gustav Adolf-, -acobstratzr, am JohanniSplatz, in der Lange», Leibniz-, Aenftercn Löhr-, Maricnstraftr, am Maricnplay, an der Milch-Insel, in der Mittel-, Nord-, Pfasscndorfer, Post-, Qnerstrajzr, am 4'anst'- schrn Gätzche«, in der Rcuvnitzer. Salomon-, Schützen-, Tanchaer, Lsialv-, Wintergarten- und f)orkstras;e einquarticrl gewesenen Truppen vom Königlich 19. Jnfantcrie-stkegilucilt Nr. 134 kann in den nächsten 3 Tagen bei unserem Luarticr- amte, Naschmarkt Nr.2, im Erdgeschotz links, Zimmer Nr. 30 (altes Polizeiaebäude) erhoben werden. Der das iuuartierbillet Vorweisende gilt als zur Empfangnahme berechtigt. Leipzig, am 14. Mai 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. all XU 7864. vr. Georgi. Lamprecht. Bekanntmachung. Die Herstellung des Mosaikpflasters für die Fußwege längs des Schulgrundstückes in der Pestalozzi-, Grassi- und Ferdinand Rhode- Siraffe soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiesbau- Verwaltung, Ralhhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 14, auS und können daselbst eingeseben oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrag« von 50 -H, welche event. in Briesmarlen eüizujenden sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „HkrsteUnng des MosaikpflastcrS für die Fnfttvrgc längs des Schulgrundstückes in der Pestalozzi-, Grassi- nuö Fcrdinand Rhodc-Strafte" versehen ebendaselbst und zwar bis zuin 27. lauf. Mon. Nach- mittags 5 Uhr einzurcichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebot« ab- zulchnen. Leipzig, deu 15. Mai 1891. TeS Raths der Stadt Leipzig — Stras.ciibau-Tcputatiou. Leklttittlmachung. Hiermit bringen wir zur öffentlichen Kenntnis,, daff wir " C die Margarctlicii-Snaftc in Lrtpzig-'liciidiiift in Verwaltung und Etgeiilhum per Stadlgeiueinde üdcrnonrmen haben. Leipzig, Len 12. Mai 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. vr. G. v. Io. 2443. vr. Georgi. vr. Fewson. Ltadlbibliothek. Die Stadtbibliothek ist wegen Reinigung des Bibliotheksaale- vom 19. bis zum 23. Mai geschlossen. vr. Wustmann. Bekanntmachung. Tie Liebertwoikwitzer Sparcassen-Zweiggeschäftsstelle In Stötteritz befindet sich in der Wohnung des Herrn Lehrer und Organist Richard Schäfer dortselbsl und expedtrt jeder» Donnerstag Nach- mittag von 5—7 Ubr. Verzinsung der Einlagen mit 3'/, Pro«. Liebertwvlkwitz, am 13. Mat 1891. Die Sparca^riivcrwaltung. Bekanntmachung. Als Platz skr deu Verkauf von Pfingstmaie» am Sonn abend vor bei» Pfingstfcste (16. Mai) wird der Tüpserplatz angewiesen. Leipzig, den 13. Mat 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. Id. 2195. Vr. Georgi. Wagner. Bekanntmachung. Ti- Herstellung der Granttarbeitrn für die Fußwege längs des Schulgrimdstuckes in der Pestalozzi-, Grassi- und Ferdinand RlioSe-Strafte soll an einen Unternehmer iu Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen ia un,ercr Tiefbau- Verwaltung, Rathhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 1 .St, welche event. in Briefmarken einzusendea sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Granttarbcitrn für die Fnhwcge längs dr» Lchulgruiisstückcs in der Pestalozzi-, Grassi- n»S FcrVinanL-RhoSe-Stratze" versehen ebendaselbst uud zwar dis zum 28. lsd. Mts. Nachmittag 5 Uhr einzurcichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig, den 15. Mai 1891. TeS RatftS der Stadt Leipzig Straftenbau-Teputation. Königliche Negierung und parlamentarische Negierung. In Wir heute viel genannten Broschüre: „WaS für einen CurS haben wir?" wird der Satz anfgestellt: „Nichts wäre in allen constitationellen Staaten verhängnisvoller für die Krone, als wenn sich die Ueberzeugung im Bolle cinnistete, man könne Minister nur um den Preis werden oder bleiben, daß man sich vorher das Mark ans den Knochen auöbiascn lasse." Diesen Satz wird jeder Staatsbürger eines Ber> fassunaSstaates unterschreiben. Aber liegen denn die Ver hältnisse in den deutschen BcrsassuiigSslaatcn so, das; die Gefahr einer» solchen Stellung der Minister drobt? Ist die Stellung der Minister, insbesondere in Preußen so geartet, daß sie auf jede eigene Meinung Verzicht geleistet hätten? Der deutsche, namentlich der preußische ConftilutionaliSmus ist von jeher anders beschaffen gewesen, wie der englische. Die preußische Negierung hat in ibren Organen stets betont, daß m Preußen eine königliche Negierung bestehe im Gegen satz zur parlamentarischen, welche zurücktret - muß, sobald sie nicht die Mehrheit der BolkSvertrettina sich hat. ES ist das Borrecht des Königs, die M' «rer zu ernennen, er ist aber nickt verpflichtet,'-sie zu .rlasscn, wenn sie mit einem Gesetzcsvorschlage nicht durchdringen. Das Gesetz kommt dann nicht zu Stande, aber der Minister bleibt, cs sei denn, daß der König seiner Entlassung zustimmt. Das Wesen der parlamentarischen Regierung besteht darin, daß der Schwerpunct der staatlichen (Lntwickclung und des staatlichen Lebens in der Volksvertretung ruht, wahrend die königliche Negierung den Willen des Staatsoberhauptes als die bestimmende Kraft im Staate ansieht. Zu keiner Zeit ist die königliche Regierung in Preußen so stark, als de» Ver hältnissen entsprechend und bistorisch berechtigt hervorgcboben worden, als in den beiden letzten Tccennien, mit der größten Energie wurde die Forderung abgclchnt, daß der König zu irgend einer Maßregel von der Volksvertretung geiiothigt werden könne, ibm war stets das Recht der Initiative Vor behalten, kam eine Einigung nicht zu Stande, dann blieb alles beim Alten, die Minister blieben so lange im Amte, als es dem König gefiel. Die Broschüre stellt sich auf den Standpnnct, daß der König zwar Gehorsam von seinen Ministern heischen dürfe, daß aber der Minister dem König Rath ertbeilen könne und solle, wenn eine Meinungsverschiedenheit zwischen König und Minister hervortrete. Wir meinen, daß mit diesem Satze lediglich offene THUren einacstoßcn werden, denn in der Praxis macht sich die Cache so, daß eine schmiegsamere Natur den vom Souverain geltend gemachten Gründen für seine Meinung sich zugänglicher crwcffen wird, als eine feste und eigenwillige. Der schmiegsame Minister bleibt, während der grundsatztreue geht, im Berfassnngsstaate kann kein Minister zu «Lchritten genöthigt werden, welche er nicht ver antworten will, gleichviel, ob die königliche Negierung in Kraft ist oder die parlamentarische. ES ist aber noch ein dritter Fall denkbar, und riescr ist cS offenbar, den die Broschüre im Auge hat, der Fall, daß eS den Gründen des Ministers gelingt, den Sonverain von der Nichtigkeit der Ansicht seines Dicncrö zu überzeugen. Zn einzelnen Fällen wird das jedem tüchtigen Minister gelingen, aber nur da, wo Meinungsverschiedenheiten möglich sind innerhalb eines vereinbarten Programms. Wie ist denn überbanpt der Hergang bei Anstellung eines Ministers im Berfaffnngöstaate? Die dem König als geeignet erscheinende Persönlichkeit wird befragt, ob sie geneigt ist, den Posten zu übernehmen. und wenn die Geneigtbeit vorbanden ist, dann werden die Bedingungen der Uebernabme festgestellt. Also über die Grundzüge der Politik muß Einvcrstäiidniß zwischen dem König und dem Minister herrschen, sonst ist die Ernennung nicht möglich. Als Miquel die Aufforderung erhielt, daS Finanzministerium in Preußen zu übernehmen, hat er dem König sein Steuerprogramm entwickelt und die Genehmigung zur Ausführung seiner Reformpläne erhalten. Ebenso war sich der Minister Hcrrsnrth, als er sein Amt antrat, darüber klar, daß er die Landgemeindeordiiung zu entwerfen und zu vertreten habe, Mimstcr von Berlepsch übernahm die Vertretung der Novelle zur Gewerbeordnung dem Reichstage gegenüber, der neue CultuSminister Graf Zcdlitz-Trützschler gab seine Zustimmung zu der vom Kaiser emgeleiteten UnterrichtSreform in Preußen und war sich der Grenzen bewußt, inncrbalb deren sich die preußische Kirchen- wlitik unter seiner Amtsführung bewegen werde. Dieser Minister hat z. B. im Abgeordnetenhause erklärt, daß er nn Halle der Abtrennung der UnterrichtSverwaltung voin Enltuö- Ninisterium nicht im Amte bleiben würde, doch gewiß eine ebr entschiedene Willensäußerung, die mit Eadaver-Gehorsam nicht .n Einklang zu bringen wäre. Es ist völlig unerfindlich, auö welchen Tbatsacken der oder die Verfasser der Broschüre ihre Auffassung hcrleiten, daß ein preußischer Minister nur unter Verzicht auf seine eigene Meinung ins Amt treten oder darin verbleiben könne, ober daß dock die Dinge allmälig einen Gang nähmen, welcher darauf hinauslaufe. Wenn diese Auffassung irgend eine Be rechtigung Kälte, dann müßte sich ein Zustand der Unsicher heit und dcS Schwankens bemerkbar machen, welcher auf Stimmungen und Launen des Staatsoberhauptes zurückgeführt werten könnte. Von einer solchen Wandelbarkeit und Ver änderlichkeit der Grundzüge der Regierung dcS Königs von Preuße» und deutschen Kaisers haben wir bisher nichts zu entdecken vermocht. Die Ziele, welche sich die königliche uud kaiserliche Regierung gesteckt hatte, sind fcstgehaltcn und auch fast überall erreicht worden. Das Einkommensteuergesetz ist um Gesetz erhoben, die Landgemeindeordnung ist vom Herren» >ause mit nur unbedeutenden Acnderuiigen der Fassung des Abgeordnetenhauses angenommen, die Novelle zur Gewerbe ordnung ist vom Reichstage genehmigt und der Handelsvertrag zwischen Deutschland und Oeslerreich-Ungarn ist unterzeichnet. Das sind Erfolge, welche nur einer rieioewnßten, unter Auf bietung aller Kräfte die Erfüllung oestimiutcr Aufgaben er strebenden Negierung möglich sind, und eS darf ihr nicht ver> argt werden, wenn sie auf diese Erfolge stolz ist. Ter Zweck der Broschüre scheint im Gegentheil darauf gerichtet zu sein, die Ziellosigkeit der gegenwärtigen preußischen und deutschen Negierung darzulhnn, wie schon der Name bezeugt: „WaS für einen EurS haben wir?" Unseres Wissens ist der Curs in Preußen und in Deutschland immer dahin gerichtet gewesen, den europäischen Frieden und den inneren Frieden aufrecht zu erkalten. Daß in der socialen Frage seit einem Jahre andere Mittel angewendct worden sind, um den inneren Frieden zu erhalten, als unter der früheren Negierung, daß man den Versuch gemacht hat, das Ausnahmegesetz auf- z »heben uvd durch Erweiterung dcS Arbeiterschutzes einen pat'baren Zustand aufzurichtcn, kann nicht als neuer CurS im Sinne der Broschüre angeseben werden. Die Steuer reform in Preußen war längst in Angriff genommen, der Vorgänger Miquel'S, v. Scholz, hatte schon einen Gesetz entwurf anSarbcitcn lassen, die Landgemeindeordnung bildet nur daS letzte Glied der Gesetzgebung, welche mit der Ein fübrnng der neuen Krcisordming begonnen hat. Tie Politik der Handelsverlräge ist durch die veränderte Zollpolitik von Nordamerika und Frankreich nölhig geworden, der Dreibund ist nach wie vor in Kraft, die Beziehungen zu Rußland sind den Umständen nach gut, die Annäherung an England ist nicht blcS von Deutschland, sondern auch von seinen Ver bündeten angcstrcbt und gut gedeihen, was wollen also die „Borussen" mit ihrer Broschüre? * Leipzig, 16. Mai. * Vom Auswärtigen Amt sind an die Herren Adolph Woermann und I. H. P. N. Thormählen in Ham bürg als Mitinhaber der Kamerun-Land- und Plantagen gescllschaft die Aufforderungen zum Eintritt in den Colonial ratl, ergangen. Es heißt, daß beite Herren bereits ihre Bereitwilligkeit erklärt haben, in die neue, der Colonial- ablheilung des Auswärtigen Amtes zur Seite stehende bcrathendc Körperschaft cinzutretcn. Im Weiteren verlautet, daß die Inhaber der Firmen Hernöheim und Hausing L Co. gleichfalls Aufforderungen zum Eintritt in deu Colonialrath empfangen haben. * Der aroßherzoglich badische Gt>mnasiumS-Director, Mit glied des Ober-SchulrathS, I)r. Wendt zu Karlsruhe, und der Director des fürstlichen Gymnasiums, Schulrath Fritsch zu Sondershausen, sind für die Zeit vom 1. Mai 189l bis dahin 1893 zu Mitgliedern der Reichs-Schulcommission berufen worden. * Der preußische Zustizminister bat von den Land geeichten Bericht darüber erfordert, ob die Bestimmung dcS -st 23 teS PrüfungSrcglemeiitS für Juristen, nach welcher die Referendare im Anfänge ihres Vorbereitungsdienstes der Regel nach bei solchen Amtsgerichten beschäftigt werden sollen, bei denen nicht mehr als drei Richter sungiren und eine GcschäftStbeilnng nach Gattungen der Geschäfte nicht statt- findet, aufrecht zu erhalten sei ober nicht. Diese Bevorzugung der kleinen Amtsgerichte legt nämlich den Eltern solcher Ncfcrcndarien, welche am Sitze größerer Gerichte wohnen, erhebliche Geldopfer auf, weshalb vielfach um Dispens von gedachter Bestimmung gebeten wurde. * Durch den Tod des Oberpräsidentcn v. Schlieckmann in Königsberg ist der ReichStagswablkreiS Tilsi erledigt. Der Wahlkreis war bei den vorjährigen Wahlen Herrn v. Schlieckmann mit 10 678 gegen 8962 deutsch, freisinnige und wenige Stimmen anderer Parteien zugcfallcn DaS Mandat war von 1874—1878 und von 1881—1881 in fortschrittlichem, sonst stets in conservativem Besitz. Seit 1884 war Herr v. Schlieckmann Vertreter des Wahlkreises. * Die diesjährige Ausstellung des „ungenähten heiligenNockeS inTrier" scheint in der Tbat beschlossene Sache zu sein. Das letzte Mal wurde der Rock ausgestellt vom 18. August bis 6. Octobcr 1844 und halte im Gefolge den „DeutschkatholiciSmuö", indem der suspcndirle Caplan Johannes Rouge zu Laurahütte in Schlesien in einem offenen Schreiben an den Bischof von Trier Protest dagegen erhob. Jl>m schloß sich der Vicar Johannes CzerSki in Schneidemühl an, beide begründeten den DcutschkatboliciS- mus, der Ostern 1845 auf einem von 15 Gemeinden beschickten „Concil" zu Leipzig seine Glaubenssatzungen feststellte. Tie neue Bewegung machte in ganz Deutschland viel von sich reden, und führte in Baden sogar zu einer Auflösung dcS Landtages. Nur daS „Volk" fehlte den Deutschkatbolike», die ihre letzte von Ronge, Ducat und Strure geleitete Ver sammlung am 24. und 25. Octobcr 1863 in Frankfurt a. M abbieltcn. — Achnlichc Folgen dürfte die diesjährige Aus- stellung dcS „heiligen RockcS" schwerlich haben; ob sic aber die Interessen der katholischen Kirche fördert, erscheint unS recht zweffelhaft. E- ist kein Teheimniß, daß der gegen wärtige Bischof von Trier, vr. Korum, ein keine-wcgS dem MysticiSmu- geneigter und äußerst gebildeter und kluger Herr, der vielfach als der geistrg hervorragendste aller deutschen Bischöfe geschildert wird, in dieser Bc- iehung einem starken „Druck von unten" gegenüber steht. )ie katholische Bevölkerung verlangt die Ausstellung und die Trierer haben außerdem noch ihre materiellen Interessen »at dre Ausstellung ihre materiellen J> dabei. Schon vor drei Jahren wurde der Bischof auf der katholischen Generalversammlung in Trier lebhaft ausgefordcrt, den „heiligen Rock" anSzusteUen. Der Bischof Korvcö von Luxemburg unterstützte dieses Verlangen, gab aber dabei eine Erklärung, die wie Ablehnung klang. Daß diese Bemühungen ich fortgesetzt um so stärker geltend gemacht haben, ist nicht unbekannt geblieben. — Bezüglich der Echtheit dcS Rockes destsben auch in katholisch-kirchlichen Kreisen nicht geringe Zweifel, obschon cS nachweislich ein sehr alter Rock ist. Und da cS kein Dogma der katholischen Kirche ist, daß der „heilige Rock" erhalten geblieben ist, bez. sich in Trier befindet, wird jedem Katholiken anheimgeaeben sein, sich über die Echtheit deS Rockes seine eigene Ansicht zu bilden. Der Priuzregent Luitpold von Bayern stattete am Donnerstag dein Kaiser von Oesterreich und den Mitgliedern deS kaiserl. HanscS Besuche ab. Zur Beglückwünschung des Kaisers zu seinem 40jährigen Jubiläum als Inhaber des 13. bayerischen Infanterie-Regiments ist eine Deputation von Lsficiercn dieses Regiments hier eingetroffcn. * Mecklenburger Grundbesitzer scheinen mit dem Gedanken umzugehe», dem Mangel an ländlichen Arbei tern durch Einführung von Chinesen abzuhelscn. Wenigstens zeigt in den „Mecklenburger Nachrichten" ein Herr C. Knaudt in Alt-Voorstorf bei Kirch-Mulsow an: .Diejenigen Herren, welche zum Frühjahr 1892 gewillt sind, chinesische Arbeiter zu engagiren, werten gebeten, ihren Be darf, daS heißt Anzahl der männlichen Arbeiter, bei mir an zumelden. Tie Kosten bei zehnjährigem Contract werden bei genügender Betheiligung 200 pro Kopf betragen." * In Mit au ist die amtliche Mittheilung angelangt, daß der Kaiser auf Vortrag des Ministers des Innern befohlen hat, die Pastoren Treu (Jrben) und Krause (Don- danaen), welche vom Senat zu Gefängnißbaft von 2 und Monaten verurtheilt waren und diese Hast gegenwärtig im Mitau'schen Gefängnis; verbüßen, ihrer Aemter zu entsetzen und für immer von der geistlichen Tkatigkeit im kurländischcn Gouvernement auSzuschlicßcn. Hm Ucbrigen wird daö SenatS- urtheil hierdurch nicht berührt. Dem Kaiser muß demgemäß daS vom höchsten russischen Gerichtshof gefällte Urtkeil über jene beiden unglücklichen Pastoren, die ausschließlich nur nach russisch'! Auffassung gesündigt haben, noch zu milde ge wesen sein. * In der Note, mit welcher die bulgarische Re gie rung die Beschwerde Rußlands wegen Ausweisung zweier russischer Uitterthanen beantwortet bat, beißt cS, ein Individuum sei wegen wiederholter agitatorischer Hand lungen im März 1887, ein anderes wegen Aufreizung der Bevölkerung gegen die LandeSbchörden auögewiesen worden. Nach den traurigen Ereignissen der letzten Jahre, namentlich aber nach dem Attentate aus Beltschcw, werde sicherlich Niemand die Gesetzmäßigkeit dieser im Interesse der Ord nung getroffenen Maßnahmen bestreiten. Die russischen Unterthauen würden in Bulgarien immer den gastfreund lichsten Empfang finden. * Eine Correspondenz des Triester „Cittadino" auS Corsu auS griechischer Oucllc meldet, daß die VolkSwntb und der Fanatismus gegen dieIudeu ihren Höhcpunct erreicht haben. Der Pöbel ist von Agitatoren aufgestachelt und glaubt sesl an daö Blutmärchen. Die Untersuchung wegen des Todes des ermordeten Mädchen« bat bisher leider nicht das geringste Resultat ergeben. Im Ghetto droht der Ausbruch dcS Hungertyphus. Die Regierung thut ihr Möglichstes, muß jedoch, um die VolkSwulh nicht noch mehr zu reizen, äußerst vorsichtig Vorgehen. Die Truppen haben Befehl, sich streng defensiv zu halten. Ueber Turin wird auö Corsu gemeldet, daß die Excesse immer ärger werden. ES seien m einem Kampfe zwei Juden erschlagen worden und in der letzten Nacht sei der Versuch gemacht worden, das Ghetto an mehreren Orten in Brand zu stecken. Das Ghetto sei jetzt mit einem Militair- Cordon umgeben. Man befürchtet noch ärgere Excesse. — Nach aus Corsu in Athen cingegangenen neueren Nachrichten ist die Lage unverändert, unter der christlichen Bevölkerung herrsche große Erregtheit, das Judcnviertcl sei noch immer cernirt. ES sollen abermals zwei Juden gctödtct worden sein. — Eine Meldung der Turiner „Gazzetla Piemontcsc" auö Corsu berichtet von neuerdings erfolgten UcbcrfäUcn und Verwundungen von dortigen Juden, auch zwei Häuser seien in Brand gesteckt worden. Die Aufregung gegen dir Juden werde namentlich vom orthodoxen Klerus geschürt. * Inder SitzungderbelgischenDcputirtcnkamnicr sprach Janson dem Bestreben der Regierung und der Centralscction, die VerfassungsrevisionSsrage »ach allen Seiten hin zu be leuchten, ingleichen den Maßnahmen der Negierung zur Auf- rcchterhaltung der Ordnung die vollste Anerkennung auS. Gleichzeitig beschwor derselbe aber die Negierung und daö Parlament, eine Erklärung dahin abzugebcn, daß die Kammer gewillt sei, die Frage der VersassungSrcvision demnächst zu berathcn, damit dem AuSstande, welcher durch ein Mißver ständnis; hcrvorgerufcn worden sei, ein Ende gemacht werde. Ter Justizminister Lejeune erwiderte, die Haltung der Re gierung in der Frage der VerfafsuiiHörevision sei stets eine corrccte gewesen; jede weitere Erklärung könne daher nur neue Mißverständnisse Hervorrufen. Eine weitere Folge wurde dem Zwischenfall nicht gegeben. * Die „Politische Correspondenr" demcntirt die Nachricht, daß der französische Botschafter beim Wiener Hofe, DecraiS, Nachfolger des Herrn Herbette in Berlin werden solle. DecraiS behalte den Wiener Posten. Ueber Herrn Hcrbette sagt die Notiz weiter nichts, waS Wohl als Bestätigung der Angaben über feine bevorstehende Abberufung betrachtet werden kann. Wenn eS dann weiter beißt, daß die Verschiebungen im diplomatischen CorpS der Republik erst nach Ablauf von einigen Monaten zu gewärtigen seien, so entspricht das nur den Mittbcilungcn, die von vornherein in dieser Hinsicht gemacht wurden. * Ter französische Ministerratb beschloß in seiner Sitzung am Donnerstag, den Antrag Dcloncle und Genossen, wonach der Zollgesctz-Entwurf nur den Generaltarif specisi- circn solle, nicht anznnchmcn, durch den Minister dcö Au«-
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