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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189106133
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910613
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910613
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-06
- Tag1891-06-13
- Monat1891-06
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1891
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr Krdarlion und Erpedition Johanne-gasse 8. Lprrchliundrn -rr «r-actiou Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag» 5— 6 Uhr. tztir tic Rttckaadi e,»,,Iandtrr M-nuscrirl« macht sich »k Ncdacnan »,chl «rdiotiich. Annahme »er für die nächstfolgende Nummer destimmte» Inserate an Wochentagen dt» 3 Uhr Nachulittag«, an Dann- und Kesttageu früh bis ,0 Udr. In de» /ilialk» für Zns.-^nnahmr ktto Slemm's So, im. (Alfred Hahn), Universitäl-srrabe I, L«ui» Lösche» Aatharinenstr. 14, part. und Köiiigsplatz 7» nur bi» .8 Uhr. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. " NbonnementspreiS vierteljährlich -1", Mk. ln Alt-Leipzig, incl. Briiigcrlohn 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nrn. 20 Pf Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gefalzt» ohne Postbeförderung 60 Mk., mit Postbeförderung 70 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schrisren laut uns. PreiSverzeichni». Tabellarischer ».Ziffer,isatz nach hührrin Tarif lirrlamen unter dem Redactionsstrich die Igespalt. Zeile SO Pf., vor den Famiiiennachrlchten die 6geipaltene Zeile 40 Pf. Jnierate sind stet» an die (vxpcvition zu »enden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuumemiulo oder durch Post- Nachnahme. .N «ft. Sonnabend den 13. Juni 1891. 85. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 14. Juni, Vormittags nur bis V-0 Uhr geöffnet. IbXiroMloi, ili>8 '?aL6l>Iri1l<»8. Amtliche Bekanntmachungen. 150 Mark Belohnung. Gestern Abend gegen 11 Uhr ist 1», Rosenthal, un mittelbar hinter dem Lchweizrrhänschen, auf de», »eben der großen Wiese entlang führende» Kntzwrgr gegen einen Studenten von einem Unbekannten ein «»«>»»,»Outl ver übt worden. Der Thätcr hat den Studenten von rückwärts überfallen, zn Boden geworfen und ihm, ans demirlben knirend, eine gclliiedrrnc Brieftasche, sowie die Uhr geraubt, ihm auch, als er sich zur Wehr gesetzt, mit einem Messer mehrere Stiche beigrbracht. Ter Thäter kann nnr insoweit beschrieben werden, als er von grosser Gritalt gewesen ist, einen Schnurrbart ge habt hat und dunklen Hut getragen haben soll. An der Vriestasche habe» sich INS.4 in einem Hundcrt- markschrtn und einem Fünfmarkschein, et» Schnellphoto gramm, eine Gruppe von 7 Studenten darstellend, ein zerrissene» Tamrnphotogramm, sowie eine alte Postkarte, 10—12 Stück Visitenkarte», 2 dis 3 PoftcinltrseruiigS- fcheine und verschiedene qnitttrte Rechnungen, sämmtltche Papiere aus den «amen Lea von Mteczkowski lautend, be funden. Wir bitten, jede sachdienliche Wahrnehmung schlennigst zur Kenntnitz unserer itrtminalabthrilung »u bringen, und sichern Demjenigen. durch dessen Angabe» die Ermittelung des Thüters gelingt, die oben anSgeworfrne Belohnung zu. Leipzig, am 12. Juni 1801. Das Poitzciamt der Stadt Leipzig. An Stellvertretung: vr. Lchmid. vr. Bekanntmachung. Wegen vorzunehmender Pflasterung de» itnpscrgänchen» wird von Montag, den 15.-dieses Monat» ab auf die Dauer der Arbeiten dieses Gasche» sür allen Fährverkehr gesperrt^ Leipzig, dea 12. Juni 18SI. Ter Rath der Stadt Leipzig. H. 7133. vr. Georgi. Leistner. Freiwillige Versteigerung. DI« im Grundbuche auf den Namen Frauen AgneS verehel. Jänichen geb. Granes», Frauen Antonie verehel. Äregorius verw. gewes. Wirlh geb. Graney, Frauen Adelhaid verehel. Sürchingcr verw. geives. Apitzsch geb. Graneß, Herrn Bäcker Robert Granest, Herrn Oscar Graneß und der uninündigen Geschwister Günther, als Margarethe, Frieda und Anna eingetragenen, in Leipzig-Neureudnitz gelegene» Grundstücke, al«: ». das an der Reitzenhainer Straße Nr. 49 gelegene Grund, stück, bebaut mit einem Vordergebäude, zwei rechten Seitengebäuden, einem linken Seitengebäude und einem Wetterdach, Nr. 14 des Flurbuchs und Folium 10 des Grundbuchs sür Leipzig-Neureudnitz, d. das daran stoßende Feldgrundstück Nr. 15 deS Flurbuch? und Foltum II des Grundbuchs für Leipzig-Neureudnitz, zusammen auf 53 200 ^ geschätzt, sollen an hiesiger Amtsgerichts- stell« Zimmer 206 de» 27. Juni 1801 Vormittag» 11 Uhr zusammen freiwilliger Weise versteigert werden. Die Berfteigerungsbedingungen, sowie die Beschreibung der Grundstücke und die sonstigen Unterlagen liegen in der Gerichts schreibcrei des Unterzeichneten Amtsgericht» zur Einsicht auS. Leipzig, am 19. Mai 1891. KSmgliche» Amtsgericht, Abtheilung II. Steinberger. Anna Hedwig Pauline Winter aus Wadlstadt hat hier ange zeigt, daß sie ihr unterm 5. April 1887 von der Polizeiverwaltung zu Liegnitz ausgestellte» Dienstbuch ain 23. Mai dieses Jahres in hiesiger Stadt verloren habe. Ta» Buch ist im Ausfindungssalle an un» abzuliefern. Leipzig, den 6. Juni 1891. Da» Polizeiamt der Stadt Leipzig. ' In Stellvertretung: vr. Schmid. M. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 10. April 1891, den am 9. April er. im Rittergutsteichc zu Leipzig-Thonberg ausgefundenen unbekannten weiblichen Leichnam betreffend. Leipzig, Len S. Juni 1991. Da» Polizeiamt der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: vr. Schmid. Adr. Bekanntmachung. Der hiesige Kirchenvorstand besteht nach der stattgefundenen Er. gänzungrwahl außer dem Unterzeichneten Pfarrer al» dem Bor. sitzenden au- den Herren Prof. vr. Rudolph Sehdel (stellvertr Vorsitzender), Eomptoirist Earl Hartmann, Prof. vr. Ernst Haffe. Buchhändler Hermann Kirsten, Tpboralbeainter Julius PiSbaö» iRechnungSsührer), Rechtsanwalt Lebrecht Tcheuffler (Protokoll führer), Diakon»- Robert Schink, Lehrer Max Schmidt, Kanzlei- secretair am Reichsgericht Louie Witt. Lekpzig-Gohti», 11. Juni 1891. Vr. V. 8exck«I, Pastor. Der Antrag Rickert. Das Ergebniß der Erörterung de« Anträge» Rickert au' Vorlegung de» Materials über die verfügbaren Getreide- vorräthe und über die Ernteansstchten war eine schwere Niederlage der Antragsteller. Cie wollten der Regierung ein Bein stellen und die Agitation sür Aushebung der Getreide zolle m den preußischen Landtag hin-intragen, um die Agi tation iui ganzen Reiche sür diese Maßregel zu stützen und neu zu beleben, die Regierung parirte aber den Stoß sehr geschickt und fand in den Herren v. Erffa und v. Huene vortreffliche Secundanten. Die Reden der Herren Richter und Rickert fielen jämmerlich ab gegen die Erklärungen der Minister v. Caprivi und v. Hevden-Cadow, und befonder» Herr v. Caprivi führte Richter so tüchtig ab, daß er daran für lange Heit genug baden wird. E» ist eine merkwürdige Art, parlamentarisch zu kämpfen indem man den Gegner für nnvernünftig oder sür urtheilS- "hig erklärt. Mil welchem Rechte ninnnt Herr Richter ur sich die bessere Einsicht in Anspruch? TaS Urtheil darüber steht dem Hause zu, vor welchem er seine Cache vertritt, nicht ihm, und man hat ihm, der stelS mit Hahlen aufzuwarten weiß und daraus mit großer Schnelligkeit und Sicherheit Schlüsse für seine Zwecke zn ziehen pflegt, in Bezug aus seine Anmaßung den Vertretern der Regierung und anderer Parteien gegenüber viel zu viel Nachsicht gewährt. Man hat ibn verwöhnt, so daß er cs als sein gutes Recht betrachtet, sich im preußischen Abgeordnetenhause und im deutschen Reichstage als Autorität in finanz- und volkSwirth- chaftlichen Fragen aufzuspielen. Beide BerlretungSkörper faben ein sehr bemcrkeiiswertbcS Gegenstück auszuweiscn in der Person des Abgeordneten v. Gneist. Diese Zierde der Berliner Universität Kat seit mehr als vierzig Jahren den größten Theil der deutschen Richter und VerwaltungSbeawten zu seinen Füßen sitzen sehen, sie alle baden durch seine licht vollen Vorträge über Institutionen, Pandekten, Civil- und Criminal-Proceß, über englische Verfaffungsgeschichte und englisches SlaatSrecht die wissenschaftliche Grundlage für ihren Beruf gewonnen, aber eS ist dem verdienten Gelehrten niemals cingesallen, daraus eine höbcrc Einsicht in juristischen Fragen sür sich herznleilcn, als sie der Regierung und den übrigen Mitgliedern der Parlamente zukoinmt. Parlamente ind keine Hörsäle, in welchen sich der Lehrer einem Kreise von Schülern gegenüber äußert, sondern sie sind der Ort, wo die Vertreter dcö Volkes nach ihrem besten Wissen und Gewissen und mit voller Gleichberechtigung ihre Stimme erheben. Tie einzige Autorität, welche der Redner zu beachten hat, ist der Präsident deö Hauses, der auch nicht die Fähigkeit der Redner zu beurtheilen hat, sondern nur dafür Sorge tragen muß, daß sie bei der Sache bleiben und nicht die parla mentarische Form verletzen. Herr Richter hat den Abgeord neten, welche an der Form seiner Lieden Anstoß nehmen, den Vorwurf übertriebener Nervosität gemacht, er hat aber dabei außer Acht gelassen, in wie wegwerfender, von Mangel an zuter Lebensart zeugender Art er seine politischen Gegner in öffentlicher Sitzung zu behandeln pflegt. Die Franzose» haben ihre Laur »nd Cassagnac, die Italiener Jmbriani und Caval- lotti, in Oesterreich pflegen die Herren von Schönerer und der Jnngczechc Gregr die Geduld der Hörer auf die Probe zu stelle», aber der Abgeordnete Richter ist eine deutsche Ligenthümlichkeit, die leider Schule gemacht hat, wie man bei Parteivcrsammlunaen, wo die Freisinnigen unter sich sind, >u beobachten Gelegenheit hat. ' Herr v. Caprivi hat am Donnerstag in seiner Erwiderung auf die Rede Richter s die Ungehörigkeit seines Betragens im Parlament so wirksam abgescrtigt und dem öffentlichen Urtheil dargelcgt, daß wir ihm dafür nickt dankbar genug sein können. Die einleitenden Worte der Rede des Minister präsidenten lauteten: „Man wird eS begreiflich finden, wenn eS nach dem Tone, den der Herr Abgeordnete Richter gegen die Negierung angeschlagen und nach den Attributen, mit denen er sie und mich insbesondere belegt hat — sie fingen mit „unvernünftig" an — mir nicht leicht wird, ihm zu erwidern. Herr Richter wird daraus entnehmen, daß ich, wo ich meine Schuldigkeit zu thun glaube, auch Unangenehmes zu überwinden weiß." Herr v. Caprivi war denn auch in der Lage, die thatsächlichen Angaben deS Herrn Richter als unrichtig zu erweisen. Der Minister theilte unter andern mit, daß der Beschluß, auf eine Reduction der Zölle nicht einzugehen, vom Ministerium einstimmig gefaßt worden ist und Laß die An gaben, die Herr Richter in der „Freisinnigen Zeitung" über eine» Gctreidespeculaiite» gemacht hat, auS den Bücher» dieses ManncS als unrichtig erwiesen worden sind. Diese .»gleich vornehme und feste Haltung des Ministers v. Caprivi -at dem Anseben deS Abgeordneten Richter einen ganz un berechenbaren Schaden zugefügt; wer den Bericht über die Sitzung unbefangen liest, wird sich schwerlich dem Eindruck verschließen können, daß die freisinnige Partei kaum einen weniger geeigneten Vertreter sür die Agitation gegen die Geireidezölle wählen konnte als Herrn Richter. Die Agitation für die Aufhebung der Geireidezölle be durfte eines Gegengewichts, das konnte aber nicht von den Landwirthen auSgeben, deren Interesse an der Aufrcchthaltung der Zölle die Wirkung einer Gegenbewegung aufgehoben hätte, sondern dieses Gegengewicht konnte nur m der Volksvertretung Ausdruck finden. DaS ist in der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom Donnerstag in einer Weise geschehen welche die freisinnige Partei sicher nicht erwartet hatte, denn sonst würde sie sich Wohl gehütet haben, sich eine so schwere Niederlage zuzuziehcn. Die Agitation im Reiche ist syste matisch »is Werk gesetzt worden, sie geht von den Leitern der Freisinnigen und der Socialdemokraten aus, aber sie ist nicht auS der übrrwallenden Empfindung deS Volkes heraus in die Erscheinung getreten. Die bloße Annahme einer vor bereiteten Resolution ohne entsprechende Meinungsäußer ungen der unter den hohen Brodpreisen leidenden Besitz losen kann nicht als der Aufschrei rcS gepeinigten Volkes gegen rücksichtslose Gewalt gelten. Die große Menge hat nickt die Ueberzeugung, daß der Zoll von fünf Mark die Ursache des BrobpreiftS ist. sie setzt entschiedenen und sehr berechtigten Zweifel in die Angabe der Führer, daß die Aus Hebung deS Zolle- sich im Sinken deS Brodpreises bemerkbar macken würde. Außerdem ist eS sicher, daß Niemand die Bürgschaft da für übernehmen kann, eS werde das Brod nach Aushebung des Zolles billiger werden. Tie Agitatoren legen so großen Werth auf daS Material der Regierung über die verfüg baren Getreidemengen und über die Erntcaussichten, und doch ist ein Material, waS irgend welche Sicherheit darüber bietet, gar nicht zu beschaffen. WaS aber unzweifelhaft ist, das ist daS Vorhandensein großer Mengen Getreides, welches nur deshalb vom Markte rurüagchatten wird, weil die Besitzer dafür den möglichst hohen Preis erzielen wollen Zur Preissteigerung trägt die Beunruhigung wesentlich bei welche durch die Agitation der Freisinnigen und Socialdemo> kraten veranlaßt ist. Herr v. Erffa wies in seiner Rede auf die Thatsache hin, daß nach dem neuesten Handelsbericht deS größten Amsterdamer Handelskaufes der Getreideimport nicht unterblieben wäre, wenn nicht von einer Aufhebung der Geireidezölle die Rede gewesen wäre. Der Redner bat mit Bezug darauf die freisinnige Partei, daß sie zur Beseitigung der wilden und ungesunden Speculation im Getreibegeschäst, die nur unter schwankenden Verhältnissen gedeihen könne milwirken möge. Wir schließen un» diesem Ersuchen an, obwohl wir gegen hohe Getreidezölle sind. * Leipzig, 13. Juni. * Kaiser Wilhelm pflegt nicht nur die Sessionen der gesetzgebenden Körperschaften >n Person zu eröffnen, er bat auch, wenn besonderer Anlaß vorlag, den Hchluß in Person ausgesprochen. So ist die letzte Session LeS Reichstages, zugleich die letzte der vorigen Legislaturperiode, von Seiner Majestät in Person geschlossen worden. Die große Bedeutung der nunmehr dem Schlüsse sich »ädernden Landtagssession läßt die Annahme nicht ungerechtfertigt erscheinen, daß auch der bevorstehende Schluß der Landtagssession durch Se. Majestät in Person vollzogen werden dürfte. * Der Kaiser wird in Amsterdam am 1. Juli an- kommcn. Am 3. Juli besucht der Kaiser Haag und reist Abend nach Rotterdam, wo er nach mehrstündigem Aufent halt seine Pacht besteigt. Die Kvnigin-Regentin und die junge Königin werden den Kaiser nach Amsterdam und Rotterdam begleiten. * Die Nachrichten, welche über Herrn Claudio Matte aus Chile durch die Presse gehen, bedürfen nach den Mit- tbeilungcn der „Münchener Allgemeinen Zeitung" einiger Erläuterung. Herr Claudio Matte weilt seit etwa drei Wochen in Berlin und filbrte sich hier als Privatmann ein, der, eben auS Ckilc eingetrosien, in der Lage sei, über die dortigen Verhältnisse zuverlässige Auskunft zu geben. Eö 'teilte sich sehr batv heraus, daß er ein Agent der Congreß- partei ist; seine Bemühungen, das Vorgehen der Congreßleute zn rechtfertigen und sür sie Stimmung zu macken, fanden naturgemäß nicht mehr Beachtung, als privaten Bemühungen beigelegl zu werden pflegt. Ende voriger Woche traf jedoch aus Jquigue ein officicllkS Telegramm der Leitung der Congreßpartei ein, durch welches Herr Matte als Agent derselben bevollmächtigt wurde. Er reichte danach unserer Regierung eine Denkschrift ein, die in bekann ter Weise das Vorgehen seiner Partei rechtfertigt und in dem Verlangen gipfelt, von Deutschland als kriegführende Macht anerkannt zu werden. Eine Entscheidung in dieser Angelegenheit ist noch nicht erfolgt. Da der Vertreter Bal- maceda's, Hr. Godcy, bekanntlich von Kaiser Wilhelm officicll empfangen worden ist, steht Deutschland aus dem Boden, daß die rechtmäßige Regierung nicht in Jquique, sondern in Val paraiso ihren Sitz hat. Ausgeschlossen ist dadurch nicht, daß Deutschland eventuell die Congreßpartei als kriegführende anerkennt. Tie Entscheidung kann jedoch nur erfolgen, nach dem s.stgestellt ist, ob die deutschen Interessen auf diesem Wege besser gewahrt werden. Eine Kläsung der Lage muß im Herbst erfolgen, weil dann die Zeit von Balmaceda's Regentschaft ablauft; keineswegs aber läßt sich Vorhersagen, ob nicht eine Diktatur Balmaceda's der Präsidentschaft folgt. * Die Landgemeindeordnungscommission des preußischen Herrenhauses hat heute die tztz. 2 (Zu sammenlegung von Landgemeinden und Gutsbezirkcn) »nd 48 (Vcrlhcilung deö Stimmrechts) nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses angenommen. * Der engere Ausschuß der nationalliberalen Partei Badens trat in Baden-Baden zu einer Berathung zu sammen, bei welcher in erster Reibe die zum Telcgirtentag der Partei nach Berlin Entsandten Bcrickt erstatteten. Man erklärte sich mit den dort gefaßten Beschlüssen durchweg ein verstanden, insbesondere auch damit, daß die Partei auch fernerhin ihren Mitgliedern völlige Freiheit deS Verhaltens hinsichtlich der wirthschaftlichen Fragen gewährleiste, da die nationalliberale Partei, als eine wahre Bürger- und Mittel- Partei, die in allen Ständen Angehörige zähle, den Interessen der Gesammtheit gereckt werden müsse. Für die Beranstaltnng künftiger Dclegirtenversammlungen empfahl man indes; ein gehendere Vorbereitung, um den Vereinen und Landesverbänden erschöpfende Vorbesprechungen und eine Einflußnahme auf Fest stellung der Tagesordnung möglich zu machen. Besonders warm wurde von der Tbatsache Kcnntniß genommen, daß Herr v. Bennigsen die Unantastbarkeit der Schule als einen der vornehmsten Grundsätze der nationalliberalen Partei be- zcichnete, da man sich der Ueberzeugung nicht verschließt, daß die bevorstehenden Kämpfe bei den LandtagSwahlcn in Baden in ihren letzten Zielen die Erhaltung unserer Volksschule zum Gegenstände haben werden. Trotz aller Zuversicht au die günstigen Aussichten der Partei bei diesen Wahlen ver kannte man doch nicht, daß der Bestand der Partei schwer bedrängt werde werden, und beschloß daher, möglichst bald und mit größter Entschiedenheit in den Wahlkampf cinzu- treten. Die Abfassung eines Wahlaufrufes wurde einem besonderen Redactionsausschu^ übertragen. * In Wien haben gemeinsame Minister-Con- ferenzen stattgefunde», an welcher seitens der gemeinsamen Regierung der Minister deö Aeußern Graf Kalnoky und der Neichökriegöininister Baron Bauer, seitens der österreichischen Regierung Ministerpräsident Gras Taasse und Finanzmuiister vr. Steinbach und seitens des ungarischen Ministeriums der Minister am königlichen Hoslager Herr v. Szögyeny und Finanzminister Wekerle theilnahmen. Den Gegenstand dieser Berathung bildeten die Mehrforderungen, mit denen der Kriegsministcr in der nächsten Delegations-Session hervor zutreten gedenkt und die er zum Theile bereits im vorigen Jahre den Delegationen angekündigt hat. Unter den Mebr- fordcrungen sollen sich insbesondere solche für Neubauten der Militairverwaltung in Galizien befinden. Die diesjädrige Deleaationssesston wird erst im Spätherbst, voraussichtlich im November stattfinden, die formellen gemeinsamen Minister- Conferenzen zur Feststellung deS gemeinsamen Voranschlages sind sür den September in Aussicht genommen Die gegen wärtigcn Minister-Bcrathungen haben diesfalls einen vor bereitenden Charakter. * Der Budgetausschuß deS österreich ischen Abgeordnetem bauses genehmigte das Finanzgesetz, sowie den von dem Generalreserenten BilinSky erstatteten Bericht, nach welchem der Ueberschuß 3 798 524 fl. beträgt, während in dem RegierungSentwnrf nur 2 285 624 fl. vorgesehen waren Der Bericht constatirt, daß das Budget ein sehr günstige» sei; unter Hinzurechnung der zur Schulden tilgung zu verwendenden 4 Millionen Gulden betrage der Ueberschuß eigentlich 7 798 524 fl. Im Hinblick au die voraussichtliche Vermehrung der Ausgaben warnt der Bericht vor übermäßigem Optimismus und weist au' die Nothwendigkrit einer Steuerreform und der Balutarean lirung hin. Bei der Berathung über den Antrag de» Ab geordneten Plenrr betreffs Aufhebung des außerordentlichen Zuschlag«» der kleinen Steuerzahler erklärte der Finanz minister, das Budget pro 189l könne wegen der im nächsten Jabrc voraussichtlicken Ausfälle als Maßstab für die Finanzen lickt angesehen werden. Im Falle der Annahme des Antrag« '.'lener sei ein weiteres Sinken der Einnahmen um 1 400 000 fl. zu erwarten, was nicht gerechtfertigt wäre. Die Finanzvcrwaltung arbeite an einer Steuerreform und werde hierbei jedenfalls auch die Steuererleichterung der kleinen Gewerbetreibenden in Erwägung ziehen. * Aus Petersburg melket die „Polit. Corresp.", der Kaiser und die Kaiserin von Rußland werden nach Be endigung kurzer Wassennbungen im Lager von Crasnoje Selo ihre silberne Hochzeit in Dänemark feiern. * lieber den bevorstehenden Rücktritt des Herrn GierS wird der „Münchner Allgemeinen Zeitung" gc- chrieben: In Petersburg mehren sich die Anzeichen, dag Herr v. Giers nicht mehr lange am Ruder bleiben wird. Ist sein Einfluß schon lange daraus beschränkt, den Cultus der bös lichen diplomatiscken Formen in der russischen Diplomatie lebendig zu erhalten, so scheint neuerdings sein körperlicher Zustand jede angespannte Arbeit nnmöglick zu macke». Zur Zeit weilt er in Finnland, um nur einmal wöchentlich >n 'eterSburg einzukchren. Die Gesckäste und die Politik werden obne ihn gemacht. Kürzlich habe ich aus die Wandlungen bingcwicsen, die sich im asiatischen Departement deS Aus wärtigen Amtes in Pclersburg vollzogen baden. Kommen diese Herren an daS Ruder, so ist eine Besserung unseres VcrbältnisscS zu Rußland Wohl ausgeschlossen. * In der französische» Depntirtcnkammcr intcrpellirte der Abgeordnete Baud in in der Sitzung am Donnerstag die Regierung wegen der Haltung der Polizei gelegentlich der am Sonntag auf dem Montmartre stattgcbabten antikleri kalen Kundgebung. Der Minister des Innern, ConstanS, 'prach seine Zustimmung zu dem Verhalten der Polizei auS. Nickt diese, sondern die Manifestanten wären eS gewesen, welche Brutalität gezeigt hätten. Die von dem Minister ver langte einfache Tagesordnung wurde daraus mit 438 gegen 45 Stimmen angenommen. * DaS Gesammtresultat der niederländischen Kammer wahlen ist folgendes: Gewählt sind 41 Liberale (davon 6 an Stelle von Antilibcralen), 11 Antirevolutionaire, 22 Katholiken. Stichwahlen finden statt zwischen 21 Liberalen einerseits und 13 Antirevolutionairen, 6 Katholiken und 2 Radikalen andercr- eitö. Ferner kommen in Stichwahl 1 Radikaler mit 1 Socia- listen und 4 Katholiken mit 4 Antirevolutionairen. In der neuen Kammer wird voraussichtlich eine kleine liberale Majorität vorhanden sein. * Lord Salisbury erklärte im englischen Oberhause bei Vorlegung des englisch-portugiesischen Vertrages, derselbe weiche nur unerheblich von dem vorjährigen Augustvertrage ab, so daß cs keiner eingehenderen Rechtfertigung bedürfe. Der Unterschied beider liege hauptsächlich in der Abgrenzung der Gebiete; ob die Veränderungen England oder Portugal mehr begünstigten, sei vor geschehener Grenzabsteckung schwer zu sagen. Bei den Unterhandlungen sei die Regierung von dem Gedanken geleitet gewesen, folche Rechte Portugals an» »erkennen, welche entweder durch Verträge oder durch that- sächliche Besetzung gerechtfertigt erschienen, daher sei das Ge biet Gungunhanas als unter Portugals Einfluß stehend anerkannt. Der Vertrag sei von Rücksichten der Billigkeit und dem ernsten Wunsche dictirt, das Völkerrecht ansrecht zu erhalten und freundschaftliche Beziehungen mit Portugal zu erneuern und fvrtzusetzen. * Im englischen Unterhause erklärte der UnterstaatS- secretair deS Auswärtigen, Fergusso», auf eine Anfrage, der esisckc Zollbeamte Green und der britische Agent der WeöwHmission seien in Wusueh ermordet worden. So weit bekannt, sei sonst Niemand getödtet. Die meisten dor tigen britischen Untcrthancn seien in Sicherheit. * Labouchere erklärt in einem Briefe, daß Crispi im Jahre 1887 Bedenken getragen habe, den Vertrag der Friedens-Allianz zu erneuern, da die italienischen Küsten nickt gedeckt seien gegen die Angriffe der französischen Flotte. Salisbury habe darüber mit Bismarck verhandelt und Italien bewogen, den Vertrag zu unterzeichnen, indem er dargethan habe, daß im Falle eines Krieges zwischen Frankreich und den verbündeten Mächten England im Mittelländischen Meere Vorgehen werde. * Der in letzter Woche auf einer Versammlung von ParlamentSabgeordncten unter dem Vorsitz Herrn Chamber- lainS begonnene Altcrsversicherungsfeldzug in Eng land tragt bereits die ersten Fruchte. Der Abgeordnete Vincent wird an den ersten Lord des Schatzamtes die Frage stellen, ob die Regierung — angesichts der kürzlich amtlich festgestellten Thatsachen, daß auS der Bevölkerung im Alter von mehr als 60 Jahren von 7 Personen je l aus das Armenhaus angewiesen sei, und daß dieses Verhältniß bei über 75 Jahre alten Personen 1 zu je 3 betrage — bereit sei, eine Commission zu ernennen, welche im Verein mit den verschiedenen WohlthätigkcitSgcsellschaflcn die Frage der Altersversicherung erörtern soll. * DaS englisch-portugiesische Abkommen ist unter zeichnet worden. — Wie verlautet, wird die portugiesische Regierung »ach Schluß der CorlcS den wegen politischer Ver gehen Verurtheilten Strafmilderung gewähren. * Nachdem der rumänische Senat die Adresse mit 61 gegen 4 Stimmen angenommen hat, wobei der Minister präsident und der Finanzministcr dafür eingetrctcn waren, empfing der König die Deputation deS Senates, welche die Adresse überreichte. Tie Kamincr bat mit großer Majorität den Gesetzentwurf, betreffend die Stellung der Ofsiciere, genebmigt. * Wie die „Agcnce balcanique" versichert, entbehren die Belgrader Meldungen von bulgarischen Truppenan häufungen an der serbischen Grenze jeder Begründung. Ein Theil der Landwehr sei zu einer dreitägigen Ilebung an der östlichen Grenze einberufen. An der Westgrenze finde keinerlei Truppenconcentration statt. * DaS vom Belgrader Cavarvercin zu Ehren deS vormaligen griechischen Ministerpräsidenten TrikupiS gevlantc Banket wurde aus politische» Gründen aufgcgeben. Einem zu Ehren TrikupiS' veranstalteten Diner wohnten die Minister bei. * Nach mehrfachen Berichten soll sich der einst als Can- didat sür den bulgarischen Thron vielgenannte Fürst von Min grellen kürzlich in Wien aufgcbaltcn baden oder noch immer dort anwesend sein. Wie auS Wien geschrieben wird, weiß man indeß dort nichts Nähere» hiervon und dürfte, da auch seit seiner Candidatur für den bulgarischen Thron nicht .r: 4'' 1 <>»»»,
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