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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189106150
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910615
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910615
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-06
- Tag1891-06-15
- Monat1891-06
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1891
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Krüartion inid Expedition Iohannesgasse 8. Lprkchüuiidrn drr Urdartion Boniiittag« 10—12 Uhr. Nachmittags 5— 6 Uhr. tztir »t« »wa,»d« einq-i-nrier M-nulcnrl« ««»l sich du -iedaclwn nicht vlidmrUch. tlnnah«e der sür dir »ächstsolgrnve Nuuimer bestimmte» An kernte an Wochentage» dis L Uhr Nachmittags, an Sonn- undAesttage»früh bis',,v Uhr. In -rn Filialen für Ins.-^nnalfinr; Ott« Klemm« Lortim. «Alfred Hahn), Univcrsitälssttaße I, LouiS Lösche, Lat-arinenstr. 14, park, und König-Platz 7, nur bi» '/,s Uhr. Nbonnement-pret- vierteljährlich 4>/, Mk. in Alt-Leipzig, incl. Bringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nru. 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesörderung KO Mk., Mit Postbeförderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnis Tabellarischer u.Ziffernsatz nach höherin Tarif Neclamen unter dem RedactionSstrich die Sgespalt. Zeile SO Pf., vor den Famtl iennachrlchtea die Kgespaltene Zeile 40 Pf. Znierate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnenumeran-Io oder durch Post« Nachnahme. 16«. Montag den 15. Juni 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Wohilunagvermiethung. Im Commungrundstück «rimmaischc Straffe Nr. 1 ist eine im 4. Obergeschoß gelegene kleine Wohniliig vom 1. Juli d. A. an anderweit »u vermiethen. Miethgesuche werden aus dem Rathhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgegengenommen. Leipzig, den 12. Juni 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. Io. LKS7, vr. Georgi. Wagner. vermiethung. Eine im Erdgeschoß des rechten Seitengebäudes d«S der Stadt- gemeinde gehörigen HausgrundstückS Markt Nr. 14 gelegene kleine Niederlage ist sofort oder Pom 1. Juli VS. As. an gegen viertel jährliche Kündigung anderweit zu vermiethen. Miethgesuche werden auf jdem Rathhause 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, entgegengenommen. Leipzig, b«>^12. Juni 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 2656. vr Georgi. Wagner. Bekanntmachung. Der von der Lagerhofverwaltung am 5. Januar 1889 unter Nr. 1304 ausgestellte, auf Hermann Uauaemunn lautende Lager schein über gelagerte: 2 Fässer Wein. gez. NN, gewogen 44» kg, ist bei uns als verloren gegangen angezeigt worden. Wir fordern den Inhaber des Lagerscheins auf, sich mit dem selben binnen 3 Monaten und spätestens bis zum 1». Juli 18S1 bei Verlust jeglichen Anspruchs an die Lagerhofverwaltung in der Lagerhos-Exvedition zu melden. Erfolgt keine Meldung, so wird der Lagerschein unwirksam erklärt and ein neuer Lagerschein ausgestellt werden. Leipzig, dcu 11. April 1891. Lagerhof »er Stadt Leipzig. Gcther. Vcnha Auguste Pauline Zimmermann aus Gotha hat an- gezeigt, daß sie ihr von der Polizeiverwaltung zu WeißenselS unterm 1. April 1884 ausgestellte- Dienstbuch vor etwa Jahresfrist hier verloren habe. Da» Buch wird hiermit für ungiltig erklärt. Leipzig, den v. Juni 1891. Das Polizrianit der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: IV. 3310. vr. Schmid. M. Die Inhaber der al« verloren, vernichtet oder sonst al« abhanden gekommen nngezeigten Pfandscheine Vit. X Nr. 56695, 5669«, 75738, 82647, 88906, Vit. L. Nr. 8071, 38508, 42222, 45928, 50279, 54445, 60350, 62368. 63449, 69525. 71866, 89231, Vit. 0. Nr. 3330, 15674, 16407, 17996, 19993, 22564, 25770, 26508, 26537, 26963, 27744, 30185, 31802, 37310, 39324 39749, 40871, 41997, 44984 werden hierdurch ausgefordert, sich damit un- verzüglich und längsten- bis zum Ablaus von 30 Tagen nach der auf >edem der Scheine bemerkten Verfallzeit bei Unterzeichneter Anstalt zu melden, um ihr Recht daran zu beweisen oder dieselben gegen Belohnung zurückzugeben, widrigenfalls der Leihhaus-Ordnung gemäß den Anzeigern die Pfänder ausgeliefert und die Inhaber der Scheine ihrer etwaigen Ansprüche daraus verlustig gehen werden. Leipzig, den 13. Juni 1891. Tie Verwaltung des Leihhauses und der Sparcaffe. Leipzig, 15. Juni. * In jüngster Heit wird die Stellung der national liberalen Partei zum Fürsten Bismarck von Neuem mit Lebhaftigkeit in der Presse erörtert, was um so mehr auffallen muß, als sich aus dem nationalliberalen Delcgirtcn- tage vollständige Uebereinstimmung der Ansichten über diesen Punct herauSgestellt bat. Daß die nationalliberale Partei ihrem innersten Wesen und ihrer ganzen Vergangen heit nach die Gesühle der Dankbarkeit und Verehrung sür den großen Kanzler niemals verleugnen kann, ist so selbstverständlich, daß man kein Wort darüber zu verlieren braucht. Wenn diese Gesühle auf dem Delegirtentage mit einer gewissen Demonstration zum Ausdruck gekommen sind, so wird dieselbe wohl durch die leider nicht seltenen, aber wenig rühmlichen Beispiele eines ängstlichen AbrnckcnS von der gestürzten Größe verursacht sein. Irgendwelche Feind seligkeit gegen die gegenwärtige Regierung hat, wie jeder Theilnebmer des Delegirtentage« bestätigen muß, der Kundgebung durchaus ferngelcgen. In praktisch-poli tischer Beziehung hat, so führt die „Nationalliberale Korrespondenz" auö, die bekannte Resolution vielmehr ausdrücklich die vollständige Unabhängigkeit der Partei ausgesprochen. Angesicht« dieser Erklärung könnte man eS sieb wirklich sparen, die Partei immer von Neuem davor zu warnen, sich zu einer „Partei BiSmarck nan» pkrasc" zu machen und in eine systematische Opposition zur gegenwärtigen Regierung zu treten. Die Stimmen, welche im Einklänge mit einer vielerwähnten Aufforderung der »Hamburger Nach richten" in der nationalliberalen Presse laut geworden, sind so vereinzelt gewesen, daß man sich nach dem sonnenklaren Aussprüche des DelegirtentagS durch sie wahrhaftig nickt hätte brauchen beunruhigen zu lassen. Die nationalliberale Partei wird — das sollte man dock nicht erst versichern müssen! — trotz aller Dankbarkeit und Verehrung für den ersten Reichskanzler in Zukunft ebenso wenig eine „Partei BiSmarck saim plirsüo" sein, wie sie cS in der Vergangenheit gewesen ist. Sic wird auch ihrer ganzen Natur nach nicht systematische Opposition treiben, sondern jede Regierung unterstützen, soweit sic cS irgend mit ihren Anschauungen von den Erfordernissen des öffentlichen Wohles zu vereinbaren vermag. ES ist höchst überflüssig, sie mit besorgter Miene zu ermahnen, sich von dieser selbstverständlichen VerhaltungSlinie nicht abdrängen zu lassen. Andererseits aber sollte man auch nicht Alles, waS als Acnßerung dcS Fürsten BiSmarck in die Oeffentlichkeit dringt, von vornherein mit dem Argwöhne der tendenziösen Opposition anfncbmeii. Die ungeheure Mehrheit der Deutschen wird cS sich niemals einreden lassen, daß der gewaltige Mann so klein sein könnte, um ledigjich einer persönlichen Verstimmung wegen, sein eigenes weltgeschichtliche- Werk zu vernichten oder dock zu gefährden. Man thut unsere- Erachtens auck nicht recht daran, den Fürsten BiSmarck sür Alles, waS in den „Hamburger Nachrichten" steht, verantwortlich zu machen. DaS wirb man auch bei gewissen Excursionen dieses Blatte- auf das Gebiet der auswärtigen Politik nicht außer Acht lassen dürfen. Im Uebrigen ist bei den in Deutschland bestehenden Gewohnheiten ein wirklich sichere- Urtheil auf diesem Gebiete nur wenigen Eingeweihten möglich, und so würden, wenn wirklich Fürst BiSmarck zu einer Regierungsäußerung über auswärtige Dinge sich berufen fühlen sollte, auch nur Wenige über Grund oder Ungrund dieser Aeußrrung zu richten im Stande sein. Unsere- Erachtens tbäle man am besten, die Preßdebatte pro und contra BiSmarck endlich einmal ein- zustellen. In wenigen Monaten hat Fürst BiSmarck die Tribüne deS Reichstag- zur Verfügung, und die ganze Welt wird seinen Worten lauschen. Alsdann wollen wir weiter sehen. Die oben gekennzeichneten Preßerörterunaen aber sind uunöthig und im besten Falle werden sie keinen Nutzen stiften. * Gutem Vernehmen nach ist im ReickSamt de- Innern ein Gesetzentwurf über den Verkehr mit Wein bereit- vollständig ausgearbeitet. Derselbe ist dem Reichs tage nur dcSkalb nicht vor der Vertagung zugcgangcn, weil ohnehin ein sekr reichhaltiger Arbc'tSstosi zu bewältigen war und die Regierung die Vertagung nickt weiter verzögern wollte. Der erwähnte Gesetzentwurf soll nach der „Darm- slädtcr Zeitung" aber dem Reichstage unmittelbar »ach dessen Wiederzusammentritt im November zugehen. Es sind darin alle Wunsche möglichst berücksichtigt, die seitens der Wcin- intercssenten und deren Vertreter im Reichstage wiederholt laut geworden sind. * Der Schluß der preußischen Landtagssession wird Ende nächster Woche erwartet. * Der von dem Bischof I)r. Kopp angekündigte Ab- änderungSantrag zum Sperrgelderaesctz soll im preußischen Hcrrcnbausc keine Aussicht auf Annahme haben, so daß das Gesetz also nicht wieder an das Abgeordnetenhaus zurückgelangcn würde. * Eine von der deutsch-freisinnigen Partei veranstaltete Generalversammlung in Kassel hat den Antrag de- Vor standes, von einer Parteicandidatur abz»>chen, an genommen, nachdem sich die Mehrzahl der Redner für Unterstützung der nationalliberalen ReichStagScandidatur erklärt hatte. * Gelegentlich einer Aeußcrung de- preußischen Minister- deS Innern führen die „Berliner politischen Nachrichten" auS, daß an eine zweckmäßigere Abgrenzung der commu- nalen gegenüber der staatlichen Polizei, aber nicht ent fernt an eine Erweiterung der Geschäfte der letzteren auf Kosten der communalen Selbstverwaltung gedacht werde. Wenn und insoweit eine Kräftigung der Sicherheitspolizei in den Städten wünschenSwerth erscheinen sollte, würde rem Bedürfniß nicht durch Verstaatlichung der communalen Sst >»r- heitSpvlizci, sondern dadurch Befriedigung zu schaffen n, daß die Gendarmerie mehr als bisher zur Mitwirkung ori der städtischen Sicherheitspolizei berufen würde. * Ter als WohlsahrtSrath für baS preußische Handels ministerium in Aussicht genommene frühere Professor an der technischen Hochschule in Hannover, vr. Julius Post, hat sich in weiteren Kreisen auf dem Gebiete der Arbciterwohl- abrtScinrichtungen zuerst durch sein im Jahre 1889 er- chicneneS größeres Werk über „Musterstätten persönlicher Fürsorge von Arbeitgebern für ihre GeschäflSangehörigen" bekannt gemacht. ID Einige Ergänzung-Wahlen zum im Herbst wieder zusammen tretenden bayerischen Landtage scheinen Tissidien innerhalb der liberalen Parteien Hervorrufen zu wollen, wie auch in der klerikalen Partei wegen einiger Landidaturen heftiger Streit entbrannt ist. Nach den Auslassungen der freisinnigen Presse in Bayern anläßlich der Nachwahlen in Kitzingen und Ansbach-Schwabach könnte cs den Anschein erwecken, als stünde, falls in den genannten Orten nicht Richterianer gewühlt werden, ein Umsall der 14 Freisinnigen der Abgeordneten-Kammer bevor, indem die Drohung ausgesprochen wird, daß diese Ergänzungswahlen darüber entscheiden werden, ob die Landtagssreisinnigen den „Zusammenhalt gegen die Uttramon- tanen mit den Liberalen" ausrechthalten können oder nicht. Das führende Organ des bayerischen Freisinnes kündigt somit eine Se- cessio», den Uebcrgang der Freisinnigen in- — ultramontane Lager an, wenn in Kltzingen und Schwabach nationalliberal gewählt werden sollte. Erfahrungsgemäß Ihun die freisinnigen Landtags abgeordneten fast regelmäßig das Gegentheil Lehen, wa- ihr füh rendes Organ z» vollführen angiebt und wurden bisher gewisse Preßvorschristen durch ein geschlossenes Vorgehen der Freisinnigen mit de» Nationalliberalen beantwortet, wie die- allein den eigen- artigen bayerischen Verhältnissen entspricht. Die Drohung deS Um- schwcnkens der Freisinnigen klingt hochtönend, in der Praxis aber ist der Gedanke absurd, man dan sich in gewissen Kaminersituationcn nur einen Etausfenberg im klerikalen Laaer sichend, Regierung und liberale Anträge bekämpfend, vorstellen I Tie Drohung mit dem frei sinnigen Exodus richtet sich auch gegen die bayerische Regierung, für welche er „zur ernsten Frage" werden wird, „ob sie muthwillig" (die bayerische Regierung und „muthwillig"!) die bisherige gemein- jame Unterstützung beider liberaler Gruppen der Abgeordnetenkammer auseinander gesprengt (!) haben will, „ob die zu wählenden Männer diesen Ersolg ihres (Antrittes in die Kammer auch werth sind. Wie die Verhältnisse in Bayern liegen, sind die Freisinnige» stets Hand in Hand mit den Liberalen in richtiger Auffassung der politischen Aufgaben gegangen, weil es in Bayern nur zwei sich gegenüber- stehende Parteien, die liberale und die klerikale, giebt. Wenn sich die freisinnige Presse Bayern- Seilensprünge und gar hochtrabende Drohungen gestattet, so geschieht dies, um ihre Haltung doch in etwas in Einklang mit der norddeutschen Parteiparole zu bringen. Zur Ausführung wird in Bayern ein freisinniger Separatismus nie gelangen, dafür sorgen die freisinnigen Abgeordneten schon selbst. * «- * * Die ursprünglich für den 9. Juli beabsichtigte Reise dcS KaiserSFranz Josef nach Prag ist wegen der Erkrankung des Statthalters Grasen Thun, dessen völlige Wieder herstellung voraussichtlich längere Zeit erfordern wird, bis zur zweiten Hälfte des September verschoben worden. * Vier slawische Abgeordnete auS Istrien und Dal matien sollen, wie verlautet, auS dem Hobcnwart-Club ans getreten sei» und sich dem Jnngczechen-Club angcschloffen haben. * Im ungarischen Abgeordnetcnhause entstand bei der fortgesetzten Bcratbung der VerwaltunaS-Vorlagc ein Zwischen fall dadurch, daß der Abgeordnete Polonyi (äußerste Linke) dem Ministerpräsidenten Grafen Srapary vorwarf, er sei durch den Bruch eines Versprechen« Ministerpräsident geworden. Graf Szapary wies diese Behauptung energisch zurück. Im Laufe der Debatte wurden mehrere Ordnungs rufe erlheilt. * Im italienischen Senate erklärte, wie schon kurz erwähnt, bei der Beralhung des Budgets de« Auswärtigen der Ministcrpräsidcnl di Rudini auf eine Anfrage Ncgri'S, die Politik der Bündnisse gestatte Italien, seine Rüstungen aus mäßiger Höhe zu basten. Da- Bündniß lege Italien keine außergewöhnlichen Rüstungen auf. In dieser Erklärung liege die hauptsächlichste Antwort auf die Angriffe, welche die Gegner der Tripel-Allianz gegen die Regierung vor bringen. Es sei ausgeschlossen, daß die Tripel-Allianz einen aggressiven Zweck habe, dieselbe sei vollkommen friedlich, die- bewiesen die zehn Jahre ihre- Bestände-. Im weiteren Verlaufe der Debatte sprachen sich »och mehrere Redner zu Gunsten der NegierungSpolitik auS. Alfieri wünschte, Italien möge bei der Erneuerung dcS Bündnißvertrage« der jetzigen Lage Europas mehr entsprechende Formeln finden, und hofft, daß daS Cabinet seine Politik auf gerechte und bestimmte Grenzen einschränkcu werde. Ministerpräsident di Rudini dankte den Vcrtheidigcrn der Regierung-Politik und glaubt, daß die Abrüstung oder Isolirung Italien zum Ruin führen würde. Rudini versicherte, er werde der Empfehlung Alsicri's Rechnung tragen, sobald er sich in der entsprechenden Lage befinde. Die Generaldebatte wurde hierauf geschloffen. * Der Proccß Turpin-Triponö in Paris wird unter strengem Ausschlüsse dcS PublicumS verhandelt. Turpin hat als Zeugen 3 Generäle, L'Advocat, NiSincS und Boisbrniiet, den Abg. Reache, die Journalisten Laurent, Saissy und Mer- cadier vorgeladen. TriponS hat nur zwei Vertreter der Gesellschaften Armstrong und Noble. Die Staatsanwaltschaft hat 5 Zeugen geladen. * DaS gerichtliche Vorgehen gegen die Verwaltung der Panama-Gesellschaft findet eine dreifache Auslegung: erstens weil daö Gesetz, betreffend anonyme Gesellschaften, bei der Ausgabe der Aclic» nicht beobachtet worden sei; eine zweite Version »icint, die Verwalter hätten de» Unternehmern weit höhere Summen als auSbcdungen sür auSgcführtc Arbeiten ausgezahlt; »ach einer dritten Version haben die Verwalter Erdarbeilen zu übermäßigen Preisen vergeben. * Nach einem Telegramm dcö „Neuter'schen BurcauS" au- Manipur von gestern ist der Proccß gegen den Prinzen Manipuxi, genannt der Scnaputti, beendet. Der Gerichts hof habe denselben schuldig befunden, gegen die Kaiserin von Indien Krieg begonnen zu babeu, sowie an der Ermordung der englischen Osficiere bethriligt gewesen zu sein, und ihn rum Tode durch den Strang verurtbeist. Die Verurtheilung soll der indischen Regierung zur Bestätigung vorgclcgt werden. * lieber San Francisco in London cingclaufene Nachrichten auS Samoa wollen wissen, daß unter den Eingeborenen einiger Inseln eine Bewegung gegen Malictoa herrsche, die dessen Absetzung und die Einsetzung Mataafa'S zum Könige erstrebe. * Nach Meldungen au- Rio de Janeiro sollen in Bclem, der Hauptstadt von Grand Para, Unruhen localen Charakters auSgebrochen sein, welche von den Behörden alsbald unterdrückt seien. Aus dem preußischen Bandtage. * Da- Abgeordnetenhaus berieth am Sonnabcn das vom Herrenhause adgeändcrte zurückgelangte Wildschadengcsetz. Es lagen hierzu eine ganze Reihe Abänderungsanträge vor, insbesondere ei» von klerikaler und conjervativcr Seite au-gchcnder Conipromißvor- schlag v. Huene. In der Generaldebatte rieth Abg. F r a » ck e (nat.-lib.), bei der großen Bedeutung der vom Hcrreuhause vorgcnommenen Acnderungen und der dermaligcn Geschäftslage sür jetzt von einer Weiterbcrathung abzusehen und im nächsten Jahre eine neue Vorlage entgcgenzunehmcn. Abg. von Rauchhaupt (cons.) hielt eS sür nothwendig, daß das Abgeordnetenhaus jeden- salls zu den Beschlüssen des Herrenhauses Stellung nehme, um klarzulegen, in welcher Richtung seine Wünsche sich bewegten. Abg. Trawe (stets.), besürwortete einen Antrag, welcher sür die regreg. pflichtigen Forstbesitzer die Errichtung von Entschädigungsverbänden nach Provinze» beziehungsweise Regierungsbezirken vorschlägt. Abg. von Benda wünschte, daß alle Parteien sich vereinigen möchten, um das Gesetz noch in dieier Session zu Stande zu bringen. Tie Compromißanträge von Huene wurden vom Abg. Branden- bürg (Centrum) bekämpft, vom Abg. Strutz (freicons.) bcfür- wortet. Auch der Landwirthschastsminister v. .Heyden zeigte sich geneigt, auf die Herrenhausbcjchiüsse mit diesen Conipromiß- anträgen etnzugehen. Die Festsetzung einer Regreßpslicht von Jagdbezirk zu Jagdbezirk müsse er ablehnen. Abgeordneter Conrad (Lentrnm), hielt die Herrenhausbeschlüsse trotz des Verbesserung-antrag- von Huene sür gänzlich unbrauchbar, wurde aber von seinem Fractionsgenossen Abg. v. Huene bekämpft. Damit schloß die Generaldebatte. Ter Antrag auf Commijsions- berathung wurde verworfen und sofort in die Spccialerörierung eingetreten, ß. 1 wurde nach langer Debatte nach einem Antrag Lonrad-Pleß in der früheren Festung des Abgeordnetenhauses wieder hcrgestellt, eine vom Abg. Fräncke beantragte Resolution, den Paragraphen abzulehnen und die Regierung auszufordcrn, in der nächsten Session einen neuen Gesetzentwurf aus Grundlage der Regreßpflicht vorzulegen, abgelebnt. Bei der wichtigen Frage der Regreßpflicht wurde ein Antrag Papendieck (stets.), den Gejammtverbanü der Forstbesitzer sür den ermittelten Schaden ersatzpflichtig zv machen, gegen die Stimmen der Frei sinnigen, Nationalliberalen und eines großen Thciles de- Ccntrums abgelebnt. Bet der Abstimmung über eiuen Antrag Brandenburg (Ccntr.), welcher die Regreßpflicht in der Fassung de» Abgeordneten hauses wiederherstellen wollte, ergab sich die Beschlußunsähigkeit deS HauseS; cs stimmten 112 Mitglieder dagegen, lOI dafür. Das Herrenhaus beschloß am Sonnabend das Rentengütergesctz in einmaliger Schlußberathung zu erledigen. Nach Annahme zweier kleiner Borlaacn wurde zur Beralhung der Landgemeinde- ordnung üvcrgegangen. 8. 2 (Vereinigung von Guisbczirke» und Landgemeinden» wurde trotz der Angriffe deS Grasen Mirbach gegen das ganze Gesetz mit großer Mehrheit nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses angenommen. Zu 8. 48 (Vrrthcilung des Stimmrechts) lag ein Abäuderungsantrag Gros Klinckowslröm vor. Gegen diesen Antrag und sür das Zustandekommen des Gesetzes sprach der frühere Minister v. Puitkamer. Der Antrag wurde mit 94 gegen 48 Stimmen abgclehnt, 8. 48 unverändert angenommen, ebenso tz. 109 (Oeffentlichkeit der Sitzungen). In namentlicher Abstimmung wurde das Gesetz mit 99 gegen 38 Stimmen angenommen. Das Gesetz hat damit in der Fassung des Abgeordnetenhauses die Zu stimmung de- Herrenhauses empfangen und ist in Sicherheit gebracht. Lolonialpolitisches. * In Brüssel bildet ein offenes, von dem Amerikaner Colonel Williams an den König der Belgier gerichtetes Schreiben, in dem er di« schwersten Beschuldigungen gegen die Beamte» und Osficiere im Congostaate erhebt, ein Ereignis,. Herr Williams behauptet frischweg, daß der steie Congoslaat den Sclavenhondel nicht nur erlaube, sondern ihn auch selbst betreibe, daß derselbe ferner entgegen dem Berliner Vertrage mit Elfenbein handle und den dortige» Privatgesellschaften eine drückende Con- currcnz hierin bereite, daß die Osficiere wehrlose Eingeborene, welche den Privatgesellschaften Elfenbein verkaufen wollten, hätten niederschieben lassen und dann wegen der Vertbcilung von vier übrig gebliebenen jungen Mädchen unter einander in Streit gcrathen wären; er behauptet schließlich auch, daß die eingeborenen Weiber, welche sich zu Maitresse» sür die Osficiere oder Soldaten eigneten, einfach unter irgend einer Beschuldigung vor Gericht gefordert, zur Sclavenarbeit verurtheilt und alsdann ihrem zukünftigen Herrn und Liebhaber zugewiese» würden. Nach dcu wetteren Erklärungen des amertkanischeu Reisenden werden im Congostaate noch immer etwa 1000 Eingeborene per Jahr aus. gegessen, die Einfuhr von Frauenzimmern zu unsittlichen Zwecken findet regelmäßig von der portugiesischen Küste her statt, die Ge- richte sinv parteiisch und ungerechl, nnd die Behörden zeigen sich fürchterlich streng gegen di« Eingeborenen. Daß dies Alle- aber bis jetzt verborgen bleiben konnte, da- soll hauptsächlich darin seinen Grund haben, daß die Regierung des Congostaate- alle nach Europa gerichteten Briese »der in ihrem Dienste befindlichen Soldaten, Maschinisten und Arbeiter zurückbchalte. Brüssel, 13. Juni. „Jndependance" versichert, dl« Pariser Commission sür die Congo-Acte sei nach längerer heftiger De batte zu der Ansicht gelangt, daß sie die Congo-Acte nicht gutheißen könne, wenn nicht Ribot von der Congoregterung die Zusicherung er halle, daß dieselbe aushören wollt, für ihre Rechnung Handel zu treibe»; überdies sei die Grenzstage noch nicht erledigt. Der Bor- sitzende de» Ausschusses wurde beauftragt, diesen Entschluß Ribot zu übermitteln. Locialpolitisches. * Eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung hat da- Neichs-Berjicherungsamt, Abtheilung sür Invalidität-- und Altersversicherung, in seiner letzte» Sitzung unler dem Vorsitz des DireclorS dieser Abtheilung, Geh. ReglcriingsralhS Gäbet, gefällt. Ter 1817 geborene und bei einem Amtsgericht in der Provinz Pose» beschäftigte Kanzlcigcdilse N. hatte unter Einreichung einer Bescheinigung über seine Beschäftigung in den enscheibenden drei letzten Jahre» den Antrag aus Gewährung einer Altersrente bei der Versicherungs-Anstalt Posen gestellt, war aber von derselben im Hinblick aus tz. 4 des Gesetze» vom 22. Juni 1889, wonach Beamte de» Reichs und der Bundesslaalen der Bersicheruugs- pjiichl »ichl unterliegen, abschlägig beschicken worden. Da» Schieds gericht Halle indessen »ach erhobener Berufung N. die Aller.re»:« zugcjprochen, wogegen sich wiederum die Bersichcrungsanslalt m:l der Revision gewendet hatte. Das Rcichs-Verslcherungsamt hob das angefochtenc Urtheil aus und wies die Sache zur andcrweitcn Ver handlung und Entscheidung an das Schiedsgericht zurück. Der Gerichtshof sprach aus, daß die dienstpragiiiatischcil Vorschriften des JustizministerS sür die Beurthci- lung der Frage entscheidend sind, wer aiS Beamlcr der preußischen Justizverwaltung anzusehc» ist. Ter Justtzmiiiisler hat sich in einem Rundschreiben vom 22. Deccmbcr 18!X) dahin geäußert, daß die tu der Justizverwaltung beschäftigten Kanzlei- gehilfeil dann als Beamte z» betrachten sind, wenn ihre Annahme zur Befriedigung eines dauernden Bedürfnisses und mit Aussicht aus dauernde Beschäftigung erfolgt ist. Das Reichs-Versicherungs- amt gab dem Schiedsgericht aus, nach dieser Richtung hin i» eine Prüfung einzutteien und den Kläger abzuweijcn, wenn cs die in dem ministeriellen Rundschreiben für die Beamteneigenschast der Kanzieigchilse» erforderlichen Borcussetzungc» vvriiegcud aiS ge geben ansicht. Die Vorgänge in der Geburtskirche zu Bethlehem. lieber die Gewaitsccncn, deren Schauplatz gegen Ende Mai die GcburtSlirchc zu Bethlehem gewesen, i'.nv welche zu einer augenblicklichen, nicht uubcteulenccn Spannung zwischen der französischen Regierung und der Pforte geführt haben, liegen jetzt zwei Berichte, >e einer von griechischer, einer von lateinischer Seite vor. Danach trug sich der Vorgang am 23. Mai zu. Beite Berichte widersprechen sich in den Einzel heiten natürlich schnurstracks. Der aus griechisch-ortho doxer Quelle flammende lautet: In Bethlehem steten zu beiden Seiten der Krippe Jesu zwei christliche Kirchen. Tic größte gehört den Griechisch-Orthodoxe», welche de» linken Flügel derselben de» orthodoxen Armeniern ab getreten babe». Auf der gegenüberliegenden Seile sieht eine kleinere katholische Kirche, welche den Franziskanern gehört. Hinter dieser liegt das Kloster desselben Ordens. Bo» beiden Kirchen auS führen Seitenthürcn »ach der in der Mitte befindlichen Krippe Jes», zu weicher man aus mehreren Stufen hinansteigt. Nach der seit mehreren Meuschenaltern beobachteten Ordnung halten an jedem Sonnabend die Griechisch-Orthodoxen an der Krippe eine öffentliche Liturgie ab. Am 23. Mai war nun die Zahl der Pilger besonders groß, so daß der griechische Erzbischof zu Tabor, Spyridion, die Abhaltung der Liturgie übernahm. Nachdem dies« beendet war, ging die Mehrzahl drr An- dächtigen in die orthodoxe Kirche, um dort bas Abendmahl zu empfangen. Ter Erzbischos segnete zuvor noch die Hostie an der Krippe ein. wobei ihm der Diakon DionysioS und ein Mönch assistirtcn. Aus der andern Seite der Krippe aber halten sich zehn Franziskaner- mönche ausgestellt und während der gottesdienstlichen Handlung eine Haltung beobachtet, über welche die Orthodoxen ziemlich ungehalten waren. Als »un auch der Erzbischof von der Krippe aus in die Kirche zurücktrcten wollte, schritt der Diakon, die Hostie auf einer silbernen Platte tragend,ium die Krippe herum und trat somit ans diejenige Seite derselben, welche die Franziskaner aiS ihnen gehörig betrachten. ES sprang einer von den Franziskancrmönchen auf den griechischen Diakon zu und schlug ihn mit einem Stocke, den er unter de», Mantel verborgen gehalten hatte, aus den Kops, so daß der Grieche zurücktaumelte. Sosort sprang der Erzbischof hinzu und versuchte, den Franziskancrmönchen das Kreuz entgegenhaltend, den Diakon mit seinem Leibe zu decken. Doch auch gegen den Erz bischos erhob man die Stöcke, so daß nur der dazwischen springende griechische Mönch und ein anderer herbeieilender Diakon den Erz bischos vor Ihäliichen Berietznngen zu bewahren vermochten. Da gegen richteten die Franziskaner die beiden Diakone und den griechischen Mönch mit ihren Stöcken übel zu, zogen sich dann aber, als die in der Kirche Anwesenden aus das Geschrei herbeieilten, schleunigst in ihr Kloster zurück, welches sosort verschlossen wurde. Gegen diese- wollten nun die Griechisch-Katholischen, nachdem sich deren Zahl vergrößert hatte, einen Angriff unlcrnehmen: doch hielt sie der Erzbischof davon zurück. Dieser ließ die drei verwundeten Griechen sosort nach Jerusalem schaffen. Zugleich wurde da- Ge schehene dem griechischen Patriarchen Gerasimos mitgetheilt, welcher persönlich zum türkischen Gouverneur eilte. Dieser sendete sogleich den Polizei-Director Rii'at Bey mit dem alS Dragoman fungirendcn Archmiandrilen Stepdanos »ach Bethlehem, wo Beide noch in der Nacht eintrafen und de» Erzbischof Spnridion, umgeben von seinen Archiinan- buten, in der Kirn,e betend vorsaiide». Risal ersuchte den Gouverneur telegraphisch um Militair, da der Ausbruch von Unruhen für den Sonntag sicher zu befürchten sei. Ter Gouverneur entsendete noch in der Nacht den Hauvtmann All Bey mit einer Compagnie Sol daten, welche bereit» Vormittags in Bethlehem ankainen. Die Hälfte der Soldaten »ahm sosort au der Krippe Ausstellung und trennte somit Orthodoxe und Katholiken; das übrige Militair patrouillirte durch die christlichen Quartiere, wodurch allerdings Unruhen vermieden wurden. Inzwischen aber hatte sich noch am Abend die Kunde von den Vorgängen in ganz Jerusalem verbreitet, und Tausende eilten nach dem Krankenhaus«, um sich »ach den. Befinden der Venvun- beten zu erkundigen. Ter Gouverneur tras deshalb zum Sonntag auch dort die uiniaisendsicu militairischen Maßnahmen, indem vier hundert türkische Soldaten vor den einzelne» christliche» Kirchen und heiligen Stätten ausgestellt wurde». Tic Griechisch-Üalholischen verlangen eine exemplarische Bestrafung der Franziskaner, die jedoch den Schutz der europäischen Consnln angerusen haben. Dagegen schreibt ein lateinischer Augenzeuge, Pater
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