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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189106261
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910626
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910626
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-06
- Tag1891-06-26
- Monat1891-06
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1891
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr Hrdaction und Erprdition Iohannesgasse 8. SprrlWiliidr» -rr Nrdaciion Vonnillags 10—12 Uhr. Nachmittags 5— 6 Uhr. Hindi« ri,»,iantlrr M-I»ilcr>rte macht fich dir Skedaciicn mcht »crdmtUch. Annahme her für die nächstfolgende Rniuinrr besttiumte» Inserate an Wochentagen bis 3 Uhr Nachmittags, an Latin- und Festtagen srüh bi»,9 Uhr. 3n den Fitialkn für Ins.-Anuahmr: Ott» Klemm a Lortim. «Alfred Hahn), Universitätsstraße 1, LouiS Lösche. Katharinenstr. 14, pari, und KönigSplatz 7, nnr bi» ' ,8 Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. NbomiementsPreiS vierteljährlich 40, Ml. in Al'.-Lcipzig, incl. Bringeriohn 5, Mk., durch die Pvst bezogen 6 Nil. Einzelne Nru. 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbcsörderung 60 Mk., mit Pvstbesorderung 70 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnis». Tabellarischer n. Ziffernlatz nach Höhen» Tarik. Nerlamen unter dem RedactionSstrich dle4aespalt. Zeile SOPs.vorden Familien Nachrichten die ügespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind slels an die vrpeditton zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praooumerniuto oder durch Post» Nachnahme. 177. Meita^ den 2V. Juni 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. die Llener-Sicstgeschüstoftellc i» Alt-Leipzig betreffend. In unserer am 8. Juni d. I. abgcdrukktc» Bekanntmachung ist aus die Nolhwendigkeit der Errichtung einer ReslgeschüslsslcUe hin- - wiesen und zum Schlüsse gesagt worden, daß über den Zeitpunct ihrer Eröffnung besondere öffentlich« Bekanntmachung erlassen wer- den würde. Wir setzen nunmehr die Eröffnung der Neslgcschästsstelle auf dkl» 2 Jul» d. z. sch- Dieselbe hat ihren Sitz in Alt-Lripzig, Stadthaus, 2. Ober geschoß, Zimmer Nr. 113d. Dort haben, soweit die Zahlungen nicht wegen der bereits gestellten Zwangsvollstreckungsanträge in dem Lollstreckungsamle in All-Leipzig zu leisten sind, von dem nur gedachten Tage ab Alle, weiche mit den am 30. April und 15. Mai d. I. fällig gewesenen Steuern, nämlich der Staats einkommensteuer, der städtische» Einkommensteuer und der persönlichen evangelisch-lutherischen Kirchenanlage im Rückstände geblieben sind, zu bezahlen. In keinem Falle werden dann noch Zahlungen auf Reste genannter Art in Len Zweiggeschüfisstellen angenommen werden. Leipzig, den 22. Juni 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. 1)r. Georgi. Koch. Ausschreibung. Am Neubau des Eckgebäudes neben der Markthalle an der Kur prinz- und Briiderslraße soll die Lieferung der Wascrarbkittu vergeben werden. DaS Arbeitrverzeichniß und die Bedingungen können im Bau bureau der Markthalle an der Briiderslraße gegen Erlegung von 1 ./6 50 entnommen, bez. daselbst neben de» Zeichnungen etn- gcsehen werden. Die Angebote sind verschlossen und mit der Aufschrift: „Älasera, beiten — i-ckgebände — Markthalle" bis zum 4. Juli d, I. Bonnittags 10 Uhr an unsere Hochbau verwaltung — Rathhaus, II. Obergeschoß — portofrei cinzureichen. Wir behalten uns die Auswahl unter den Bewerbern und die Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, den 25. Juni 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. In. 2836. Ör Georgi. Wirthgen. Bekanntmachung. Die Geschwister des am 23. November vor. Is. verstorbenen Herrn Geheimen Medirinal-Rath Professor Nr. Eoceius haben zum Andenken an denselben aus dessen Nachlaß 3 Lclgcmäldc von Wickenberg, Grass und Cornelius unserem städtischen Museum zum Geschenk überwiesen. Wir sprechen für dieses werthvolle Geschenk hiermit auch öffent lich unseren wärmsten Tank aus. Leipzig, den 23. Juni 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. l>r. Georgi.Größel. Bekanntmachung. Die Ausführung der Blitzableiter-, sowie der Vementftamps- dctonarbeiten am Neubau des ZwangsarbettShauseS der Stadt Leipzig soll vergeben werden. Anschläge und Bedingungen sind vom 24. d. M. ab gegen Er statiung von 1 .st Copialgebühren bei Herrn Architekt Max Bösenbcrg, Stephanftraszc 8» zu entnehmen, woselbst auch die Zeichnungen einzusehen sind und jede weitere Auskunft ertheilt wird. Die Anschläge sind ansgesüllt, unterschrieben, versiegelt und niit Aufschrift: „Kostenanschlag «brr Blitzableiter dezw. Veiurnt ftampsbetonarbkitrn zum Neubau des ZwangsarbcilshauseS" bis 4. Juli d. I. 5 Uhr Nachmittag portofrei an uns einzusenden bez. in der Nuntiatur abzugcbcn. Wir behalten uns die Auswahl unter den Bewerb««, sotvi» cvent. Ablehnung sämmtlicher Angebote vor. Leipzig, den 23. Juni 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. In. 2848. vr. Georgi. Wirthgen. August d. I. Bekanntmachung. Bei unserm Stadtorchesler, welches Len Dienst in Kirche, Gewand hauSconcert und dem Stadtthcater zu versehen hat, soll am I. September d. I die Stelle des Harfenisten, welche mit einem JahreSgehall von 2680 >4 (2360 vom Stadttheater und 320 vom GcwandbauSconccrt) ausgestaltet und mit Anspruch auf Pension» berechtignng versehen ist, anderweit besetzt werden. Geeignete Bewerber, welche sich einem Probespicl zu unterziehen haben, wollen ihre Gesuche mit einem kurzen LcbenSIaus und ihren Zeugnissen bi» spätestens^um bei uns elureichen. Die Anstellung erfolgt gegen beiderseitige halbjährige Kün digung zunächst auf ein Probejahr, nachdem dieses in besriedigender Weise zurückgelegt worden, tritt feste Anstellung, sowie die s. Zt. besonders nachzusuchcnde Aufnahme unter die Mitglieder des Lrchesterpcnsionrsviids ein. Noch wird bemerkt, daß für den erwähnten Gehalt der Inhaber der Harsenistenstelle für eine gute eigene Harfe und deren Besaitung selbst zu sorgen hat. Leipzig, Len 22. Juni 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. Or. Georgi, In. 2625. Oberbürgermeister. Wilisch, Ass. Geffentliche Sitzung der Handelskammer Montag» den 29. Juni 1891. Nachmittag» 9 Uhr» tu deren Sitzungssaale, Neue Börse, Tr. 1. Tagesordnung: 1. Registrande. 2. Berichte des HandclSgesetzgebungs- und JahreSberichts-Aus. schusses über a) den 1. Theil und die Einleitung zum II. Theil des Jahresberichts für 1890; b) einen behaupteten Handelsgebrauch im Heu-Geschäst; e) das in Gemein schast mit den übrigen sächsischen Handels- und Gewerbe kammcrn einzureichende Gesuch, Festlegung des Osler festes bctr. 3. Bericht des erweiterten Berkehrs-Ausschusses über die Vorlage des Präsidiums des Deutschen Handelstogs, eine in Berlin zu veranstaltende Ausstellung betr. 4. Berichte des Bank-, Münz- und Börsen-Ausschusses über n) die Benutzung des Börscn-Gartens während der Börscn-Stundcn; d) den Antrag des Börsen-BorstandeS, Er gänzung der HandclSgcbräuche im Geschäft mit Werth papieren betr. Hieraus nicht-öffentliche Sitzung. Ausnahme-Tarife -er preußischen Staatsbahnen. Von dem Syndicus der Handelskammer zu Frankfurt a./M. ist uns eine Uebersicht über die auf den Preußischen StaatSrisenbahnen bestehenden Ausnahmetarife (Octolicr 1889) angeboten, deren Preis sich bei Abnahme einer größere» Anzahl aus 0,50 ./S stellen würde Geschäftsleute, die von diesem Anerbieten Gebrauch machen wolle», werden gebeten, sich deshalb an unsere Kanzlei, Neue Börse, Treppe A, I., zu wenden. Leipzig, den 25. Juni 1891. Tie Handelskammer. A. Thieme, Vorsitzender. vr. Gensel, S Bekanntmachung. Die öffentlichen Hebammen-Prüfiingrn finden Montag, de» 29., und I Nachmittag» TienStag, den 39. Jnnt d. I., > 3—5 Uhr, km Auditorimn der Universitäts-Frauenklinik — Trier-Institut — statt. Leipzig, den 21. Juni 1891. Ti« Direktion der S S. Hrbammen-Schnle. Prof. vr. Zweifel. wohnungs-vermiethung. Die kleinere Wohnung in der (ietagc des der Stadt- gemeinde Leipzig gehörigen Hausgrundstücks Rrichsstraszc Nr. 9 ist vom 1. Oktober S. I. ab gegen riuhalbjahrigc Kündigung anderweit zu vermirthr». Miethgesuche werden auf dem Rathhause. 1. Etage, Zimmer Nr. 8, entgegciigenvmme». Leipzig, den 23. Juni 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. In. 2693. I)r. Georgi. Krumbiegel. Gesucht wird der am 7. Juli 1857 in Dornburg geborene Tischler Friedrich August Himmelreich, welcher zur Fürsorge für seine von ihm verlassene, hier der öffent lichen Unterstützung anheim gefallene Familie anzuballen ist. Wir bitten, Len Genannten im Betretungssalle entsprechend auf- zusordern und uns hierüber Erfolgsnachricht zugeheu zn lassen. Leipzig, am 23. Juni 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. (Armcn - Am 1.) N. N. IV. 720ä. Hentjchel. Dolge. Die Budget-Berathnng im österreichischen Abgeorönetenhanse. Bei schwach besuchten! Hause ist ani 21. Juni der Diö wsitionSsondS für das österreichische Ministerium mit 186 gegen 59 Stimmen bewilligt worden, die Minderheit wurde durch die Junstczcchcn, die Deutsch-Nationalen und die Mehr zahl der Antisemiten gebildet. Für das Programm der Thronrede haben sich der Coronini-Club nnd die inäbrischcn Czechen erklärt, so daß also jetzt die Deutsch-Liberalen, die Pvtrn, der Coronini-Ctub und die mährischen Czcckc» den Grundstock der Zukunfts-Mehrheit bilden. DaS sind Anfänge, die aber noch keineswegs genügen, der Necncrung die Mehr heit zu sichern, und das neue Berkältniß zu den Deutsch- Liberalen bat auch nicht diejenige Festigkeit, welche für ein dauerndes Zusammengehen mit der Regierung unerläßlich ist. Wie Graf Wurmbrand treffend sagt, besteht gegenwärtig noch daS ChaoS, auS welchem sich die neue Lage erst ent wickeln muß, und daS wirb große Mühe kosten. Abgesehen von den nationalen Gegensätzen und von den confessivneUcn Unterschieden macht sich auch das Streben breit, der Negie rung Steine in den Weh zu wälzen nnd Dinge zur Er örterung zu stellen, die weitab von den schwebenden Partei sragen liegen. In diese Kategorie gehört der Antrag des Abgeordneten Lueger, die Regierung zum Schutze der österreichischen Inter essen gegen das Bordrängcn Ungarns aufzusordern. Der An trag wurde mit allen gegen sechs Stimmen abgelebnt, aber daß er überhaupt gestellt werden konnte, ist bezeichnend für die gegenwärtige Lage. Der Antrag Lucger'S kann nur den Sinn haben, daS gute Einvernehmen zwischen den beiden ReichShälftcn zn stören und bei den ohnehin sehr streitbaren und empfindlichen Magyaren eine Mißstimmung zn erzeugen, welche den Gesammtbestrebungcn beider Reich-Hälften nur hinderlich sein kann. Leider ist ja das harmonische Zusammen wirken aller Theile Oesterreich-Ungarns zur Erreichung des GesammtstaatSrwcckeS durch die Theilung in zwei ReichShälftcn erschwert nnd beeinträchtigt, und es ist auch unverkennbar, daß eine gewisse Eifersucht und Nebenbuhlerschaft beider Reichsbälstcn besteht, deren eigentlicher Sitz aber nicht Oester reich, sondern Ungarn ist. Ungarn will für den Gesammtstaat nur das Unerläßliche leisten, sowohl finanziell wie militairisch, nnd die ungarische BolkSvcrtretung befaßt sich viel zu viel mit der auswärtigen Politik, eine Neigung, welche bisher in Oesterreich nicht hcrvorgctretcn ist, welche aber auch in die Volksvertretung dieser ReickShälste jetzt einzudringcn scheint. Die auswärtige Politik ist Sache der Delegationen; in diesen Vertretungstörpcrn beider Reichshälften werden die gemeinsamen Ausgaben für das auswärtige und daS .Kriegs Ministerium berathen und sestgestellt, also war die Abschwei sung Lucger'S auf daS Gebiet der auswärtigen Politik eine Ueberschrcitung der den Berathungen des österreichischen Rcichs- ratbes gezogenen Schranken. Daß Oesterreich gerüstet sein müsse, uni als Bundesgenosse geschätzt nnd als Feind ge fürchtet zu sein, ist eine Wabrbeit, deren Feststellung nicht zur Competenz deS österreichischen Abgeordnetenhauses gehört. Trotzdem nahm auch noch der Abgeordnete Such daraus An laß, die Politik des Dreibundes zu vertheidigen. Einen sebr guten Eindruck werden die Erklärungen de« Grafen Taaffe gegenüber dem Anträge Lneger'S, durch welche die gegen Ungarn erhobenen Beschuldigungen als gegenstandslos zurück gewiesen werden, in Pest gemacht haben. Es ist ja un zweifelhaft, daß die dualistische RczicrungSform ibre großen Unzukömmlichkeiten bat, daß darunter die Einheitlichkeit der Regierung schwer leidet, daß sic unter einem weniger wohl wollenden und pflichttreuen Herrscher, wie eS der Kaiser Franz Josef ist, zu einer Katastrophe führen kann. Wir wollen nur an die erregten Erörterungen über die HccrcS-Angelegenbeiten erinnern, an die parlamentarischen Verhandlungen über die schwarz-gelbe Fahne, an das Zurück greifen auf die Ereignisse deS Jahres 1849, um daraus die Klage herzuleilcn, dafl die Beziebungcn der ungarischen Reichs- bälfle zur Gesammtregicrung vieles zu wünschen übrig lassen Aber daraus Steff für persönliche oder Parteizwecke zu ent nekmen, wie eS der Antrag Lueger thut, verrätb eine durch aus verkehrte Auffassung von den Pflichten deS Volksver treters. Um den Dualismus in Oesterreich-Ungarn zu be festigen, müßte ein Staatsmann die Leitung übernehmen welcher das Genie eines Bismarck «och hinter sich ließe, der mit unbeugsamer Tbatkrast alle die Maßregeln durchsetzte, um Oesterreich-Ungarn ans neuer staatlicher Grundlage ans znrichte». Nur nach Aufhebung des Dualismus könnte DaS eintretcn, worauf der Abgeordnete Lueger kinzuziclcn scheint: die vollständige Einbcittlchkeit und Gemeinsamkeit der Be strebungen in Oesterreich und Ungarn. Es ist nicht zu verkennen, daß Ungarn bei jeder Gelegen heit die Neigung verrälh, GroßmachtSpvlitik zu treiben, wobei eö vergißt, daß il»n als Tbcil deö Ganzen diese Sclbst- ländigkeilüäußerung versagt ist. Wenn die Magyaren in den österreichischen Rcichsratb einträten, dann würde bei ver ständiger Leitung die Bildung einer Mehrheit wahrscheinlich nicht auf die Schwierigkeiten stoßen, mit welchen sic jetzt zn känipsen bat. Die Magyaren müßten lediglich das Bewußt em haben, auf die Gestaltung aller Verhältnisse einen dc- limmeiitcn Einfluß auözuüben, und ein solcher könnte ihnen ja auch ohne Weiteres eingeräumt werden. Maguaren, Polen und Deutsch-Liberale würden ein wirksames Gegengewicht zcgcn Nationale, Feudale nnd Ultramontane bilden, und olche Parteibildungcn wie die Jungczcchcii würden zur Be deutungslosigkeit verurtheilt, während sie jetzt den Kern für die Oppositions-Bestrebungen bilden. Doch das sind Gedanken und Erwägungen, welche Graf Beulst hätte berücksichtigen müssen, bevor er den folgenschweren Schritt that, welcher Oesterreich m zwei Halsten schied. Die Anmaßungen der Czechen sind auf den Vertrag zurückzu- ühren, welcher im Jahre 1867 mit Ungarn geschlossen worden ist. Was den Magyaren zngestandcn wurde, glauben auch die Czechen beanspruchen zn können, die WenzelSkrone hat cbticßlich dasselbe Recht wie die Stepbanökrone. In der Welt ist nichts so schleckt, daß eS nicht irgend eine gute Wirkung hätte. Diese Wahrheit kommt auch in Bezug aus den Lnczer'schen Antrag zur Geltung, denn dieser Antrag dient der österreichischen Reichshälfte zur Warnung, wohin eö kommen muß, wenn die nationalen Bestrebungen der Czechen und Slowenen über die österreichischen die Oberhand behalten. Der Ausgleich mit Ungarn hat einen Keil in die Gesamnitmonarchic getrieben, welcher die organische Gestaltung der vorhandenen Kräfte unmöglich macht; die Czechen wollen dem bereits verderblich wirkenden Keil einen zweiten binzu- ügen, nnd dieser Anmaßung gegenüber hat sich das Mini sterium Taaffe zu einer Kraftanstrengung ermannt, die nicht von ibm erwartet werden konnte. Die Rückkehr zur öster reichischen Politik im Gegensatz zu der seit zwölf Jahren be setzten Nationalitäten-Politik ist schwer, und bei diesem Streben kommen alle Schäden zur Erscheinung, welche nicht so leicht wieder gut zu machen sind. Den in Oesterreich- Ungarn herrschenden Zuständen gegenüber kommt das Wort zu seinem vollen Werth, daß cs weit leichter ist, Bestehen des zu kritisier«, als etwas Besseres an seine Stelle zu setzen. —- * Leipzig, 26. Juni. * Der unter dem Vorsitz deS Kaiser« abgehaltcne Krön rath hat, wie wir hören, u. A. die Genehmigung zu einer Lotterie im Betrag von 8 Millionen Mark für Zwecke der Bekämpfung der Sctaverei beschlossen.' Für Ge winne sollen 6 Millionen Mark, der Rest von 2 Millionen für den angegebenen Zweck verwendet werden, darunter 400 000 für den Wlssmann'schen Dampfer, dessen Kosten damit vollständig gedeckt wären. Der Plan geht von einem rheinischen Verein zur Bekämpfung der Sclaverci aus und soll sich deS besonderen Beifalls bcö Kaisers erfreuen. — Auch soll inan über geeignete Maßregeln zur wirthschaft- lichen Hebung der östlichen Provinzen der preußischen Monarchie berathen haben. * Nach einem Telegramm auS Posen soll die polnische LandtagSfraction Herrn von KoScielSki ein Miß trauensvotum wegen seiner Rede im Herrenhaus vom 12. Juni ertheilt haben. In jener Rede hat von KoScielSki sich gegen das Verfahren der Ansicdelungscommission ausgesprochen, die beabsichtigte Wirksamkeit derselben, die Verdrängung deö PolenthumS in Abrede gestellt. Dann fuhr er fort: „DaS nationale Band ist nicht zu knüpfen, man versuche es mit dem dynastischen Äand, dafür sind wir Alle zu haben. Ob man den König polnisch oder deutsch leben läßt, halte ich für glcichgiltig; wenn man nur Gott liebt und den König ehrt. Es sollte jetzt in Preußen nur die staatSerhaltcndc neben der staatszersetzenden Parte, geben. Jeder sollte bei unserer Arbeit seine politische Privalmeinung draußen lassen. DaS ist auch der Standpunkt meiner Landsleute. Wir sind von der Regierung nicht als glcichwcrlhig behandelt worden, wir haben von unserer Art nicht gelassen. Niemals gegen Staat nnd Dynastie werden wir kämpfen, aber gegen das uns gegen über angewandte System. Wir bedauern es, wenn wir kämpfen müssen, da wir unsere Kraft lieber für den Staat einsetzen. Wir werden daö Gesetz nicht abschasten können, hoffen es aber nmformcn zn können, daß die Gesetzgebung aus derselben Höhe der Gesinnung stehe, auf welcher unser allergnädigster König und Herr jetzt schon steht." Es dürfte nicht überflüssig sein, daraus aufmerksam zu macken, daß Herr von KoScielSki vom Kaiser wiederholt ausgezeichnet worden ist, zuletzt erhielt er gelegentlich seines Eintretens für die Kaiseryacht ein werthvolles Marinebild zum Geschenk. * Die nachgerade etwas langweilig werdenden Nachrichten über die Besetzung dreier preußischer Oberpräsidenten stellen kehren jeden Tag in veränderter Gestalt zurück. Heute liegt wieder eine neue Lesart vor. Danach ist v. Putt- kamer bestimmt für Stettin in Aussicht genommen, wie ja die Gratulation des Kaisers zur Ernennung klar darthue Dagegen soll nun der UnterstaatSsccretair im Handelsmini sterium Magdeburg zum Oberpräsidenlen von Westpreußen und der vertragende Rath im Reichsamt des Innern, Lob mann, zu dessen Nachfolger im Handelsministerium aus ersehen seien. Graf Clairon d'Haussonville sei für den Danziger Posten nicht mehr in Aussicht genommen. Ebenso sei die Ablehnung deS Grafen Eulenburg-Prassen für Königs berg eine endgiltige und die Ernennung deS Herrn von Goffler zum Oberpräsideuten von Ostpreußen stehe nunmehr nahe bevor. * Au« Altenburg wird geschrieben: Plötzlich ist — wie schon gestern kurz gemeldet — einer unserer bervorragendstcn HeimathSgenossen, Se. Excellenz der Wirk!. Geb Rath Or Sonnenkalb auS dem Leben geschieden. Nachdem derselbe in GrieS in Tirol Genesung gesucht, kehrte er An fang Mai hierher zurück, anscheinend kränker, als er die Reise dahin angetreten batte, was leider durch seinen so rasch eiugetretenen Tod Bestätigung gesuoden hat. Und so hat er denn seinen Ehrentag, den 1. Mai, an welchem sich 25 Jahre einer Thäligkeit als Chef unseres Finanzministeriums cr- üllten, nur kurze Zeit überlebt. Will man den Heim gegangenen in kurzen Zügen charakterisiren, so muß man ihn als einen Mann von hoher geistiger Begabung bezeichnen, der mit scharfem Verstand AUcS zu erfassen wußte nnd überaus klar sich über die Ziele war, welche er als die richtigen er kannt hatte. So bat er auch die Finanzverwaltnng unseres ZandcS mit sicherer Hand geleitet nnd zu gedeihlicher Ent wickelung geführt. Der Name „Sonnenkalb" wird in der Geschickte unseres Landes für alle Zeiten einen ehrenvollen Platz einncbmen, — unvergessen wird derselbe für die Ent wickelung unseres Altenburger Landes bleiben. * Das Aeltestencollegium der Berliner Kaufmannschaft bat eS nunmehr endgilng anfgegeben, seinerseits die Grün dung eines Vereins zur Beförderung der Anstellung und Niederlassung deutscher Techniker und Kaufleute im An öl an de in die Hand zu nehmen. Auf eine Umfrage nach der Höbe der von den Gönnern des Verein- etwa zu erwartenden Geldmittel sind nur so bescheidene Zeichnungen eingegangen, daß daran« die besonders im Anfang beträcht lichen Ausgaben eines solchen Vereins nicht bestritten werde» könnten. Da« Collegium wird aber gern lebeiiöfähiben ähn lichen Unternehmungen, die etwa von anderer Seite ,nS Werk zesetzt werken sollten, sein Interesse und seine thatkrästige .lnterstützuna zuwendcn. * Eine Vermehrnncz der Fabrikinspectoren wird auch nr Bayern beabsichtigt nnd werten die bezüglichen Mcbr- orderungen iin Budgetentwurf erscheinen. Nach der „A. Z." ist der bezügliche Organisationsplan seitens des Ministeriums de« Innern dabin sestgestellt, daß, während jetzt nur vier Fabrik-AussichlSbeamten im Königreich suiijziren, künftig für jeden der acht Regierungsbezirke ein Fabrilinspector angestcllt werden soll, dem in besonders stark industriell entwickelten Bezirken Hilfskräfte nach Bedürfniß beizugebcu wären. * Im österreichischen Abgeordnetenhaus? be fürwortete in der Einzelberatbung über das Budget der Jung- czeche Basaty die Anlehnung an Rußland und sprach sich egen die Erneuerung deS Dreibunds auS. Am Balkan kabe Oesterreich keine politischen Interessen. (Allgemeiner Wider spruch.) Lueger zog sich durch leidenschaftliche Angriffe aus Ungarn nnd die dualistische Grundlage der Monarchie einen Ordnungsruf zn. Lueger beantragte schließlich eine Reso lution, die Regierung auszufordern, die österreichischen Inter essen gegen das Verdrängen Ungarn« zu schützen. Der Ministerpräsident Graf Taaffe erklärte, die diplomatischen Ansichten Vasaly'S seien wohl nur persönliche Anschauungen; er würde nicht geantwortet babcn, wenn nickt Lueger die staatsrechtliche Grundlage der Monarchie und die befreundete nngarischeRegierung angegriffen hätte. Die österreichischcwiedie ungarische Regierung dienen einem Kaiser und König (Beifall). Die Austragung gelegentlicher Jnteressendisferenzen erfolge stets in beiderseits befriedigender Weise. An«der Rebe Lucger'S sei er "Taaffe »einzig mit dcmSatzc ei»vcrstande»,daßOcsterreick gerüstet ein müsse, um als Bundesgenosse geschätzt, eventuell gefürchtet zu werden. (Lebhafter Beifall.) Such vertheidigtc daS Bündniß mit Deutschland und Italien und dankte dem italienischen Ministerpräsidenten di Rudini für dessen schöne Worte über Andreas Hofer. Oesterreich biete Italien gern und loyal die Hand. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.) Der Jungczeche Tilscher erklärte, Vasaty bade ausschließlich in seinen! eigenen Namen gesprochen; die Anschauungen der Partei habe der Abgeordnete Herold dargelegt. Demel protestiere gegen die Zuweisung der dem DnaliSmuS feind lichen Resolution Lucger'S an den BudaetauSschuß nnd ver langte Uebergang zur Tagesordnung. Lueger erhob hiergegen leidenschaftlichen Widerspruch, sprach von parlamentarischem Standrccht und drohte mit dem Standrecht der Wähler. Bei der Abstimmung wurde die Resolution Lueger mit allen gegen 6 Stimmen abgelebnt. DaS HanS trat sodann in die Berathung deS Voranschlags des Ministeriums des Innern ein. (Siehe Leitartikel.) * Iin ungarischen Abgeordnetcnhause erbebt die radicale Opposition wieder ihr Haupt, llgron kündigte eine Inter pellation wegen der Einbeziehung der Krone in die Partei kämpfe durch die seitens de- Kaisers in Fünfkirchen ertheilten Antworten an und Adam Horvath meldete desgleichen eine Interpellation wegen der deutschen Erwiderung an die kroatische Deputation an. * Die französische Deputirtenkammer begann die Berathung der Vorlage, betreffend die Genehmigung der Congoacte der Brüsseler Conferenz. Felix Faure und Deloncle griffen lebhaft England an, welches daS Visitationsrecht wieder Herstellen wolle, und erklärten, es wäre unwürdig nnd den Interessen Frankreichs zuwiderlaufend, eine derartige Convention zu genehmigen. — Der Pariser Municipal- ralh votirte 5000 Francs für die Opfer der Mönchenftemer Katastrophe. * Von gut unterrichteter Seite werden die Meldungen von einem EntlaffungSgcsuch des Generals L'Advocat und von besten Begebren nach der Berufung eines Untersuchungs- rathS als mindestens „verfrüht" bezeichnet. * Im schweizerischen Nationalratb brachten Baldinger und einige Mitunterzeickner folgende Interpellation ein: Wir ersuchen den BundcSrath um Aufschluß über die von ibm anläßlich des EisenbabnnnglückS von Mönchcnstein getroffenen Vorkehrungen und über diejenigen Maßnahmen, welche er zu möglichster Verhütung ähnlicher Katastrophen, sowie für den Fall deö Eintretens von solchen zu thun gedenke. * Die „Rbcinisch-Westsälische Zeitung" erhält eine Zu schrift auS Basel über das Mönchcnsteiner Unglück, aus der wir folgende bezeichnende Stellen bcrvorbebcn: Das Mönchcnsteiner Unglück ist viel größer, als inan in Deutschland und in der übrigen Welt ahnt; es sind über 200 Todtc; ober cs wird Alles aetho», die Sache zu vertuschen. Es ist z. B. auch ein Wagen voll fremder Touristen und etwa 50 italienischer Arbeiter dabei, diese werden aber — „da sie doch schon todt sind", einfach todt geschwiegen: e- muß dabei den großen Herren, die diesmal die Schuld tragen, an den Kragen gehen; wenn'- ein armer Weichen steller wäre, so säße er längst im Loche, bis jetzt aber hört man in diesem Falle nichts davon, daß man die Schuldigen verhaftete. — Warum? Dieselben sind in den allerböchsten Kreisen zu suchen, nämlich im Eidgenössischen Eiscnbahndevattcment in Bern, besten Aussicht offenbar mangelhaft war, im Präsidium der Jura-Simplon- Bahn, deren Hauptactionair der „Bund" ist, ferner trogen Schuld die eidgenössischen Coutrolenrc und die leitenden Betriebsbeamten. Nachdem zuerst versucht worden, die Sache als unbedeutend hinzu- stellen, hat man sich dazu verstehen müssen, zuzugebcn, daß der Verlust au Menschenleben doch etwa« größer ist, nnd die Zusauuno»-
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