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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-08-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189108038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910803
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910803
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-08
- Tag1891-08-03
- Monat1891-08
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.08.1891
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Erscheint täglich früh 6'/, Uhr Nrdartion und Expedition Iohanne-gass« 8. Aprrchltundrn der lirdartio« Vormittag« 10—12 Uhr. Nachmittag« k— 6 Uhr. >»r dt« litiSs-dl e>u^-I-»dt-r Manulcr,»»« «acht flch »>, Medac«,»» »ich« »cr»m«t>ch. NMM >n«ahmr per für die nächstfolgend» Nummer bestimmten Inserate an Wochentage» bi» S Uhr Nachmittag», anS«nn»und Aefttagen früh bi» '/,V Uhr. 3n den Filialen für 3ns.-^nnahmr: ctto klemm « Kortim. (Alfred Hahn), Universitülsstraß» I, Louis Lösche, katharineustr. 14, Hart, und kSuiaSpla- 7, nur bi» '/,S Uhr. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. AbonnementSpreiS vierteljährlich 4>', Mk. ln Alt-Leivzig. incl. Vringerlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nrn. 20 Pf. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sür Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gefalzt) ohne Postbesvrderung 60 Mk, mit Postbesürderung 70 Mi. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preikverzeichnl^ Tabellarischer u.Zissernsatz nach hüherm Tarif. tleclamen unter dem RedactionSstrich die4gespalt Zeit« üOPf., vor den Familiennachricht«» die 6 gespalten« Zell« 40 Pf. Inserate sind stets an die Expedition »a sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pncevuwerancko oder durch Post» Nachnahme. 2l5. Montag- den 3. August 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekaimtmachung. Montag, den 3. August diese» Jahre», soll mit der Einlegung von Wasserleitungsröhren in drr Allecstraste t« Ltadtbriirt Leipttg-Neustaht begonnen werden. In Folge dessen wird diese Ttrahe von obengenanntein Tage ab aus die Dauer der Arbeiten sür den durchgehenden Fähr verkehr gesperrt. Leipzig, am 1. August 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. IX. 9476. 1)r. Trönditn. Lindner. Steuer-Zuschlag zur Deckung des Aufwandes der Handelskammer. Di« Handelskammer hat beschlossen, zur Deckung ihres Be» wattungs-AufwandeS, einschließlich des Auswandes der Börse, von denjenigen Kausieuten und Fabrikanten in Leipzig und im Bezirke der Amlshaupkmannschast Leipzig, welch« in Spalte <i des Ein kommensteuer-Kataster» (Einkommen auS Handel, Gewerbe u. s. w.) mit mindestens 1900 eingejchäyt sind, sür das lausend« Jahr einen Strurr-Zuschlag von vier Pfennig aus jede Mark des- jealgen Steuersatzes, welcher nach der in ß. 12 des Einkominen- sleuer-Gesetze» enthaltenen Scala aus da- in Spalte ck des Ein- toinmensleuer-Kataster« eingestellte Einkommen jede« Beitrags- pflichtigen entfallen würde, mit dem aus den 30. September d. I. anstehenden Hebetcrmin erheben zu lassen, und es wird dieser Zu schlag hiermit ausgeschrieben. Leipzig, de» 16. Juli 1891. Der Borfitzende der Handelskammer. A. Thieme. vr. Gensel. In Borinundschaflssachcn wird um Angabe de« Aufenthaltes de« Louis stügler aus Altkirchen gebeten. Schmölln, 81. Juli 1891. Herzogliches Amtsgericht. Ftndeisen, t. «. Reichs- und LtaatsjmanM. n. Der Etat für 1890/91 hatte den Einzelstaaten einen An- theil an de» Zöllen, Verbrauchs- und Stempclabgaben in der Höhr von 298,5 Millionen in Aussicht gestellt. In Wirklich keit erbrachten die Zölle, die Tabaksteuer und die Aversen der ZollauSschüfsr (nach Abzug von 130 Millionen, die dem Reiche zufließen) zu Gunsten der Einzelstaaten 249,37, die Stempelabgaben 26,08 Mill. Mark, zusammen 87,5 Mill. Mark über den Voranschlag hinaus, die BranntweinvcrbrauchS- abgabe erbrachte 7,15 Mill. Mark weniger als veranschlagt, nämlich nur 103,38 Mill. Mark. Somit erfreuen fick die Einzelstaatcn einer Mehrübcrweisung von 80,3 Mill. Mark. Die Einrelstaaten haben sich denn, seitdem dieses Ueber- weisungSsystem zur vollen Entwickelung gelangt ist, zu Budgets von recht blübendem Aussehen emporgeschwungcn. DaS wäre ihnen gewiß herzlich zu gönnen, namentlich da diese Mehreinnahmen «n den Landescaffen ganz überwiegend zu BildungS-oder productivenZwecken ihre Verwendung finden. Die günstige Situation der Einzelstaatcn erscheint in ihrem vollen Glanze,wcnn man solgendeZahlen neben einander stellt :JmElatS- jahr 1878/79 zablten dir Einzelstaaten 89,4 Millionen Mark als Matrikularbcilräge an das Reich und erhielten nichts vom Reich überwiesen. Im Jabre 1890/91 zahlten sie 312,4 Millionen als Matrikularbeiträge unv erhielten 378,8Millionen vom Reich überwiesen, vereinnahmten also ans diesem finan ziellen Berhältniß 06.4 Millionen. Da» bedeutet gegen zwölf Jabre früher eine Verbessern,«.; ihrer Lage um 155,8 Millionen Mark. WaS leider mit Ziffern sich übersichtlich nicht dar- stcllen läßt, ist die Verwendung dieser reichen Zuflüsse, doch ist, wie schon bemerkt, im Allgemeinen wobl anzunehmen, daß dem UntcrricbtSwesen und den Meliorationen aller Art, auch den unteren Beamten und theilweise den directen Steuerzahlern entsprechende Beträge zu Gute gekommen sind. Dabei könnte man sich auch bescheiden, wen» nur irgendwie die Gewähr der Dauer für jenes günstige Verhältniß zu er kennen wäre, oder wenn überall die StaatSsinanzwirtbschaft den schwankenden Cbarakter der Zuwendungen genügend in Rücksicht gezogen hätte. DaS ist in Preußen sicher nicht der Fall gewesen, und auS den übrigen Bundes staaten hat wenigstens niemals verlautet, daß man sich entschlossen hätte, nur mit einem Theil« der Ucbcrweisungen als mit sickeren Factoren zu rechnen, den darüber hinaus reichenden Betrag aber als außcrordentlich-n Zuwachs zu den Einnahmen mit gebührender Borsicht bewerthcn. In Preußen hat das Gesetz Hucne im Gcgcntbcil die verwirren den Wirkungen dieser steigenden und fallenden Einnahmen auf die Eommunalwirthschaft weitcrgetragen und man steht beute vor der schon überaus schwierig gewordenen Aufgabe Remedur zu schaffen. Der Finanrniimstcr bat über die Vcr Wendungen der Mittel an» dem Gesetz Huene bei den Com munalverwallunzen einen ausführlichen Bericht erstattet, der nur bezeugt, wie schwer rS sein wird, durchzugreifen und zu bessern. Von den 80 Millionen, die seit 1887 den Communalverbänden auS dem Antbeil Preußen» an den landwirtbschaftlichrn Zöllen zugewendet worden, sind 12,5 Millionen beute noch gar nicht in Gebrauch ge nommen, und nur 16,6 Millionen sind zur Minderung der KreiSabgaben verwendet. Nun ist e- aber ein starker Trugschluß, in dem sich die .Freisinnige Zeitung" bewegs wenn die sagt: Folglich sei eS leicht, den Communalver bänden jene Dotation einfach wieder zu entziehen. DaS trifft nur für diejenigen Gemeinden zu, bei denen der Zuschuß ausgesammelt liegen geblieben oder zu geringfügigen Ver minderungen der KreiSlasten diente. Weit größer ist aber die Zahl der Gemeinden, die den Zuschuß sofort mit aller Eile und ohne Rücksicht auf seinen schwankenden Charakter erfaßten, um lange zurückgesetzte Bedürfnisse damit zu befriedigen, und diese Gemeinten möchten zum Tbeile wobl geradezu in ihrer finanziellen Existenz bedroht sein, wenn dir Gesetzgeber radicalr Wege nach dem Natbe der „Freis. Zta." wandeln wollten. Doch, wie die Notb beten lehrt, macht sie auch erfinderisch. Eine „Noth" in diesem Sinne wird wohl als gegeben zu erachten sein, sowohl in Voraussicht einer Minderung de« Zollrrtrag» überhaupt, bei Beginn drr Handelsverträge, wie jetzt schon angesichts de« wirklichen Stillstand« und tbeilwrisen Rückgang» in den jenigen RrichSiteuerm auf welche da« UeberweisungSsystem zu trifft. Ein haulhaltrrischrr Sinn, wird vorerst m drr Staats-, wie in der preußischen Communalwirtbschast den Boden sür die nothwendigcn Reformen zu ebnen haben und hoffentlich auch stark genug seiu, dieser Pflicht im Interesse deS Gemeinwohls zu genügen. Leipzig, 3. August. * Der Kaiser wird zuverlässigen Mitteilungen zufolge an der Enthüllung des KaiserstrinS aus Helgoland nicht tbcilnchmcn. * Die Besorgnisse, welche von den Politikern der fort geschrittenen Linken und der Socialdemokratic ins Land ge tragen sind, als gebe Deutschland hinsichtlich seiner VoltS- crnährung einem allgemeine» Nolhstand entgegen oder befinde ich schon mitten in einem solchen, zerfallen Angesichts der icnesten SituationSbcrichte vom Gctreidc-Wcttmarkl in sich clbst. Es wäre ja tböricht, in Abrede stellen zu wollen, daß wir hohe Getreide- und Kartoffelpresse baden und daß ein völliges Mißratbcn der Ernte strichweise drückende Zustände ür die Nächsibelrosfenen berbcisühren muß. Hagel und Wolkenbrückc, Uederschwcmmungcn, FrübjabrSfrösle u. s. w. baden dergleichen örtliche Calamitälcn von jeher bewirkt, und VerkcbrS-unbCreditwesen, äußerste» Falles die menschliche Mild» thäligkeil haben darüber hinweggeholsen. DaS ist ein Capitel ganz sür sich. Ein anderes Capitel aber war seitens der raticalcn Opposition behandelt worden, dessen sensationelle Ueberschrist lautete: allgemeiner Mangel an Brodfrucht, allgemeine Aussichtslosigkeit der neuen Ernte, all gemeiner Nothstaud; da» war damals schon eine Uebcr- trcibung und wird beute dafür allgemein erkannt sein. Richtig ist, und darauf bat der Reichskanzler schon Anfangs Juni hingewiescn, daß Roggen im bisherigen Umfang nicht mehr vorräthig sein wird, um die Hauptbrodfrucht für den deutschen Verbrauch zu liefern. Wir würden uns gewöhnen müssen, mehr zum Wcizenvcrbrauch überzngcben. DaS ver ursacht um so weniger Schwierigkeit, als Weizen anscheinend in überreichlicher Masse aus Amerika zu uns zu Markte kommen wird. In der .Voss. Ztg." vom 29. Juli finden wir einen anschaulichen Bericht über die enormen Verladungen von Californien, Oregon, New-Z)ork, New-OrleanS u. s. w. Hunderle von Schissen sind dazu auf Monate hinaus in Anspruch genominen. In der .Voss. Ztg." vom 30. Juli rnden wir auch ziffernmäßige Nachweisungen der be reits verladenen, schwimmenden Mengen. In der Woche vom 2l. bis 28. Juli schwammen nahezu 2,2 Millionen QuartcrS Weizen nach dem europäischen Festland über den Occan, während in der gleichen Woche deS vorigen Jahre» nur 0,6 Millionen QuartcrS unterwegs waren. Die Mindcrzufuhr de», überdies auch in der Qualität zurückgebliebenen indischen Weizens und deS russischen Roggcnö und Weizens kann durch die amerikanische Zufuhr völlig ausgeglichen werden. Ein allgemeiner Mangel an Brodkorn ist dann um so weniger zu besorgen, als Oesterreich-Ungarn, daö auch nur Weizen exportirt, gerade von dieser Frucht eine gute Mitlclernte erwartet und die Ernte-Ergebnisse in Deutsch land selbst nach dem beutigcn Stande doch schon besser sich anschcn, als vor zwei Monaten zu erwarten war. Tic Un gleichheit deS Ernte-Ausfalls in den verschiedenen Ländern bleibt unbestritten. Rußland und Indien haben geradezu dürftige Ergebnisse im Vergleich zu Nordamerika. England und namentlich Dänemark haben eine reiche, Mitteleuropa höchstens eine knappe Mittclernle u. s. w. DaS wird sich natürlich auch am Wellmarkt geltend machen und abwärtS- gehenden Preistendenzen wenig zuträglich sein. * Tie Demokratie südlich des Mains hält eS für an- gczeigt, gegenüber dem Verhalten der Dcutschsreisinnigen in Cassel ihre abweichende Meinung laut bekannt zu mache». Herr Haußmann bat in einer Rede vor seinen Wählern i» -Lchweniiiiigcn bemerkt, er durchschaue, daß cs bei diesem ge meinsamen Frontmacbcn gegen die Sociatdemolratie auf die Bckämpsuiig ihrer politischen und nicht ihrer wirthschaftlichcn Forderungen abgesehen sei und er hat binzugcsügt: „Wir hüten uns, gegen dasjenige zu Feld zu ziehen, was unserem eigenen demokratischen Programm entnommen ist." Hierzu bedarf eS nur der Erwähnung, daß die Socialdemokratie in politischer Hinsicht vor allem eine republikanische Partei ist. * Neben der Bcsugniß, gemäß H. 37 dcö preußischen Einkommensteuergesetzes, den Landräthcn technische Hilssbeamle bcizugcbcn, ist der Regierung nach tz. 36 das Recht deige- leyt, an Stelle deS LandratkS einen besonderen Commisiar mit der Leitung deS VeranlagungsgeschästS und dem Vorsitze der VeranlagungScomniission zu betrauen. Während aber von der Bcsugniß auS H. 37 ein weitgehender Gebrauch gemacht Wirt, und insbesondere alle verfügbaren Kräfte aiiRegicrungSassessoren zu diesem Ende der Sleuerver Wallung überwiesen sind, liegt rS in der Absicht, von der Crncäch tigungdcötz. 36wenigstenSfür jetzt in dcrRcgelnur dann Gebrauch zu machen, wenn der Landrath selbst die Entbindung von der Leitung deS VeranlagungsgeschästS und die Abordnung eines besonderen CommissarS als Vorsitzenden der VeranlagungS- Commission wünscht. Letzteres ist mehrfach, nameitttich in solchen landräthlicben Kreisen der Fall, deren zahlreiche und zugleich wohlhabendere Bevölkerung die Wahrnehmung deS VeranlagungsgeschästS neben den anderen landrälblichen Ge schäften überaus schwer, wenn nicht ganz unmöglich macht So sollen u. A. in tcn beiden Berlin umfassenden Kreisen Teltow und Nicler-Barnim dem Wunsche der Landrälhe entsprechend besondere Commissarien mit ber Leitung der Veranlagung zur Einkommensteuer betraut werden. * AuS Anlaß der im Gnesener Kreise in diesem Früh jabre abermals in großem Umfange vorgckommenen AuS Wanderung nach Amerika veröffentlicht der dortige Landrath einen ihm zugeslellten Brief eines früheren KrciS- insasscn (datirt: Elkart, Staat Indiana, Nordamerika, den 30. Mai 1891), Lessen Inhalt wahrheitsgetreu daS Elend und die drückende Lage der Auswanderer schildert und worin Auswanderungslustige auf La» Dringendst« vor der Aus wanderung gewarnt werden. * Dieser Tage besuchte Major von Wissmann den Fürsten BiSmarck in Kissingen. Es ist bekannt, daß der Fürst früh die Fädigkeiten Wissmann» als Organisator und Colonisator entdeckte und daß er den muthigen Mann, als dieser seine erste Expedition zur PacificaNon OstafrikaS unter nahm, umarmte »nd ihm als einzige Richtschnur seines -vantelns in Betreff der internationalen GesichtSpuncte nur w rnend zurief: „Bedenken Sie immer, daß wir nur Hand in Hand mit England in Ostafrika Erfolge erringen wollen und köonra. Verletzen Si« England» Ansprüche und Am bitirnen nicht, Ostasrika wiegt für unS nicht so viel als die Freundschaft England»." Cs ist gerate jetzt recht zeitgemäß, an diese Acnßerung LiSmarck'S zu erinnern, den» man ersieht daraus, daß er, als deutscher Reichskanzler, die heutige poli tische Intimität als nothwendig und zweckentsprechend erkannte und anbabnte zu einer Zeit, da man in Deutschland im Großen und Ganzen noch sehr wenig Vcrstänkiiiß für den Derlh der bintento corctial«: Deutschlands und Englands batte. DaS herzliche Berbältniß zwischen Wlssmann »nd BiSmarck ist daS alte geblieben, und wenn Wissmann jetzt mit dem größten Mann deS Jahrhunderts conferirk, kann daS den Ausgaben, die der Pacisicator übernahm, wie unseren Interessen nur zu Gute kommen. * Ter „StaatSanzcigcr sür Württemberg" meldet: Der König berics vr. Marc aus Wildlingen nach Friedrichshasen ur Consultation. Ter erwünschte Rückgang der vor zwei Nonatcn constatirten katarrhalischen Störungen deS Unter leibes ist eingetrctcn, geringe entzündliche Schwellungen de- tchen fort; kein Fieber. Der Allgemciiizusland ist daher ohne Bcsorgniß. » * » * Der ungarisch« CabinctSches hat den oppositionellen ReichSlagS-Partcien, welche durch Obstructiv» das Zustande kommen der Verwaltungöresorm bindern wollen, den Vor- chlag gemacht, eS möchten die ersten 25 principicllcn Para- zrapbcn des Gesetzes noch jetzt erledigt werde», dann sei er bereit, dem Parlamente b>S zum Herbst Ferien zu gebe». Die Opposition hat diese Vorichläge abgelchnt. Nach zwci- monatigcn Beratbungen mit täglichen Sitzungen steht die Verhandlung noch bei Paragraph l der Vorlage. Ein parla mentarisches Mittel, die Obstruktion zu brechen, gicbl cö nicht, da im ungarischen NeichStage unbeschränkte Redefreiheit herrscht. Man glaubt, eS werde Szapary kein anderes Mittel bleiben, als daö HauS anfzulvsc». — Wie dem „Frcmdcn- blatt" auS P c st gemeldet wird, soll in der parlamentarischen ?age erst am Mittwoch eine Aendcrung einlrcten; die Regie rung werde an diesem Tage von ibrcn durch die Ablehnung der Compromißvorschläg« veranlaßteu Maßnahmen Mitthei lung machen. * Vor der Einwanderung in England erläßt der königlich großbritannische Geucralconsul zu Hamburg eine Warnung, indem er im Auftrag« seiner Regierung darauf »inweist, daß Fremde, welche nach Großbritannien auswan- der», in der Annahme dort Beschäftigung zu finden, aller Wahrscheinlichkeit nach in ihrer Erwartung, dort ihren Lebens unterhalt zu erwerben, getäuscht werden. * Uebrr den im Augustbest der „Contemporary Review" erscheinenden Aussatz CriSpi'S über den Dreibund und das Berhältniß Italien« zu Frankreich, der bereits auf dem Drahtwege angeküiidigt wurde, wird weiter gemeldet: Crispi erinnert daran, daß der Dreibund nicht scin Werk ist. Derselbe war das Ziel der Bestrebungen seines Vorgängers Mancini, welcher durch ihn de» sranzösüchen Ranken an« Vatica» einen Damm entgegensetzen wollte. Der Dreibund ist, so wiederholt Crispi. nur defensiver Statur und deicnsiv ist die Politik, zu welcher di« Ruhelosigkeit gewisser französischer Parteien Italien gezwungen bat. Crispi vermeidet c» vorsichtig, daS Frankreich von heute bestimmter, ans Schädigung Italiens gerichteter Plane zu bezichtigen, weist jedoch an der Hand einiger schlagender Beispiele nach, wie lebdast gewisse politische Combinativue» in Frankreich de» Ehrgeiz der Curie selbst gegen die Ab- lichten Leo'- Xlll. wachhalten. Ein Land, weiches, wie Franl- reich, sich in sortwährender Unruhe befindet, und nicht, wie Republikaner behaupte», von der onsgckUirlen öjsentiichcn Meinung, sondern von einer mächtige» Burcaukralle regiert wird, er fordert den Bestand des Dreibundes als Garantie gegen übereilte Handlungen des französischen PartcigeistcS. Tie in CriSpi'S Besitz befindlichen Schriftstücke beweise», daß di« klerikalen Führer in Frankreich im Jahre 1887 dein Papst« ernsltiche Vorstellungen machten, weil er damals seine Rolle als „Gefangener des Batican" nicht streng beachtete. Die Lurie empfing die Warnung, daß, wenn sie ihre feindliche Haltung gegen die italienische Einheit nicht fort- setzte, die Interesse» der Kirche dafür büße» würden. Was steht einer aufrichtigen Frenndschast, fragt drr Bersasser, zwischen Le» beiden Nationen im Wege, wenn die überlieferte Politik, Italien uneinig zu lchen, ausgegeben wird? Alle italienischen Staatsmänner wünschen Frankreichs Wohlstand und gedeihliche Entwickelung, Möge das französisch« Volk, wenn eS de» Dreibund nicht will, doch die Veranlassung, welche zu demselben gesuhlt, au« der Wett schasse». Ucber die Auslassung, die CriSpi'S Aufsatz in der Pariser Presse findet, wird der „Vossischen Zeitung" gemeldet: „CriSpi'S Artikel in der „Conlemporary Review" wird von der ganzen Presse sür einen Roman erklärt: cs sei ein Beweis völliger Unkenntniß der französischen Verhältnisse, wenn man behaupte, daß maßgebende Parteien in Frankreich an die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes denken." * Ter Pariser Gcmeinderath empfing ein Glückwunsch schreiben vom Petersburger Gcmciiiteralbc anläßlich deS FestbanketS, welches der Letztere den Lfsicicrcn des fran zösischen Geschwaders gegeben hat. In dem Schreiben wird besonders hcrvorgehobcn, daß aus das Wobl der „unvergleich lichen Hauptstadt «Frankreichs" von den Petersburger Bürgern die Marseillaise (!) gesungen worden ist. * Der letzte Bericht der Congo-Negierung über die all gemeine Lage deS miltelasrikanischen StaalSwcsens scheint lediglich de» Zweck verfolgt zu haben, die öffentliche Meinung auf die endgültige Erwerbung des Congvgcbietes durch den belgischen Staat vorzubcreitcn. Man erinnert sich, daß der Bericht besonders die finanzielle Lage des CongvslaatcS als eine scbr bedenkliche binstcllte und trotz der Geldnntcr- stützunz seitens de« belgischen Staates ein zniicbinciideS Deficit im StaatSbauSballc als voraussichtlich bezeichnet-. Da überdies dem Congostaate durch die Ablehnung der Brüssclcr Acte seitens Frankreichs die einzig Lenkbare Ein- nahmequelle der Einfuhrzölle verschlossen bleibt, so befindet sich LaS junge StaatSwcscn in einer wenig bcncitcnöwerthcn Lage. Selbst die persönlichen Opfer des Königs reichen nicht mekr bin, die Koste» des Unternehmens zu decken, und der einzige Ausweg a»S diesen Wirren ist die Uehernahme deSCongo- staaleS al» belgische Colonie. Da« nllramonlane Antwerpener „HandelSblad" meldet bereits in schüchterner Forni, daß die Brüsseler Regierung einen Gesetzentwurf, betreffend dir voll ständige Uebernabme deS Congostaaleö, vorbcreite, und wir werden Wohl zu Beginn der nächsten Kammersession die Vor lage fertig finden. Die Frage ist nur die, ob daS belgische Parlament sich geneigt zeigen wird, auf die Pläne deS König« einzugehci». Denn die Gegner deS Congounternebmens sind in Belgien noch sehr zahlreich, einerseits, weil man große Grldausgrbru sür di« Coloaisiruog, und audrrrrsntl, wrU man die Verwickelung Belgien» in einen Colonialstreit be- 'iirchtet. Die Frage hat aber auch bekanntlich eine inter nationale Bedculun>z, da nach einem im Jahre 1885 zwischen Frankreich und dein Congostaate geschloffenen Separat- verirag Frankreich daö Recht der Erwerbung deS Cvngo- GcbictcS besitzt, falls Belgien diese Erwerbung adlehnt. Ohne Belgiens Beihilfe kann aber König Leopold II. sein afrikanisches Unternehmen nicht unterhalten, so daß schon in kurzer Zeit die Entscheidung darüber fallen muß, ob Belgien oder Frankreich die »cittelafrikanischc Colonie erwirbt. * Man schreibt der „Politischen Correspondcnz" auS Stockholm: König Oskar II. hat während seiner An wesenheit in Christi an fand anläßlich der Jubiläumsfeier des rweihundertuntsünfzigjährigen Bestandes dieser Stadl eine Rede gehalten, welche sowohl mit Rücksicht auf di« gegenwärtigen Verhältnisse zwischen Norwegen und Schwede», wie überhaupt wegen ihrer politischen Pointen ziemliches Aufsehen erregt bat Der König betonte mit großem Nach druck, daß das norwegische Volk selbstständig und vollkommen berechtigt sei, die Rechte der Selbstsiändigteil für sich in An- pruch zu nehmen. Nur dürfen dicNorwcger nicht vergessen, daß, werRechtc erwirbt, gleichzeitig auch Verpflichtungen übernimmt. Während der langen FriedcnSperiode, welche für Schweden- Norwegen bereits langer als drei Viertel deS Jahrhunderts antauert, babc aber das norwegische Volk die Vorsorge für de» wehrhaften Schutz dcö Landes etwas vernachlässigt; er (der König) hoffe nun. daS norwegische Volk werde sich immer mehr von der Crkenntniß durchdringen lassen, welche hervor ragende strategische Bedeutung Chriitiansand für das ganz« Land besitze. Es erscheine als unerläßlich, daß die Wehrkraft de« Landes, insbesondere die Küstenvertheidigung, verstärkt werde. „Wir danken Gott — sagte der König znm Schluffe — für den Frieden; sollte aber ein Krieg ausbrcchen, so werden die Norweger Schulter an Schulter mit den Schweden kämpfen." Die Rede dcö Monarchen wurde in Norwegen mit Beifall ausgenommen. Hoffentlich wird diese Kund gebung dazu bcctrage», größere Kreise der norwegischen Bevölkerung für de» Gcdaulcu der Neuorganisirung und Erweiterung deö norwegischen Heerwesen« zu gewinnen. * Nitzau'S telegraphische» Bureau ist ermächtigt, alle Gerüchte über den beabsichtigten Verlauf der dänisch-west- indischen Inseln al» vollständig unbegründet zu erkläre». * AuS San Francisco, 28. Juli, meldet da» „Bureau Reuter": „Die hiesigen Zollbeamten haben erfahren, daß große Mengen Waffen und Munition in Hcuballen versteckt für die chilenische Congrcßpartci von hier abgegangea ind. Unter Anderem hatte der „HounSlow", welcher ain 8. Juli von hier nach Jgigue segelte, eine ganze Waffen ladung an Bord. Tausende von Gewehren und 3 000 000 Patronen sollen in der letzten Zeit von San Francisco »ach Chile befördert worden sein." Neues Theater. Leipzig, 2. August. Bon den Stücken, welche die Firma Schöilthan-KaLelburg der deutschen Bühne schenkte, behaupten sich tic „Goldfische" al» »leisten in der Gunst des PublicnmS. Es herrscht darin ein frischer, munterer Ton und wen» auch manche Verwickelungen »nd Lösungen nur sür den äußerlichen Csscct znsainmcngekünstclt sind, so finden sich doch auch einzelne Situationen von echter Komik, namcnttich alle diejenigen, deren Held Herr Wolf von Pöch- laar-Lcnzbcrg ist. Diese Rolle hat neuerdings Herr Mitter- wurzcr seinem Gastspiclrcpertoire einvrrtcibt und gestern hier zum ersten Mate gespielt. Er gab uns ein recht ergötz liches Bild von dem verschuldeten Edelmann, der anfangs als Ehestistcr auftritt und später als Ehccandidat, beide Male mit entschiedenem Unglück, obschon am Schluß noch ei» günstiger Fahrwind scin Schifflein in Len ersehnten Hafen leitet. Tie Beflissenheit, in Herrn Stetlendors der Josepbinc von Pöchlaar einen Freier zuzusührcn, durch den sie ihr Ver mögen verliert, brachte er in einer Menge recht komischer Nuanccn zur Anschauung; auch seine eigene Werbung uni Frau Mathilde von Koßwitz, seine ansangliche Niederlage, wie seinen endlichen Sieg mit Hilse de» seiner Arme beraubten HcrmcS führte er uns in spaßhafter Weise vor. Herr Mittcrwnrzcr ist ein begabter Lustspieldarsteller, er hat Humor und schasst dabei wirkliche Charaklerköpse. So fand er auch gestern lebhaften Beifall. Es wurde im Ganzen recht flott gespielt: Frl. Immisch (Joscphinc von Pöchlaar) ist stets trefflich in den Scenen, in denen Empfindung und Asicct zur Geltung kommen; aber ihre Salondamen sind oft zu nervös, zu beweglich; sie haben zu wenig Halt und Haltung. Die Künstlerin nimmt da« Tempo bisweilen so rasch, daß man Mühe hat, dem Wortlaut zu folge». Herr Nieper (Erich) spielte besonder« die Schlutz- sccnc des dritte» ActcS, die auch zu den Glanzpunkten der Darstellung dcö Frl. Jmmisch gcbörte, mit vieler Lebendig keit, wie überbaupt der junge Ossicicr und Cavalier von ibm mit guter Repräsentation und in einem durchweg frischen Ton gegeben wurde. Daß Herr Hartmanu auch für naive Rolle» daS Zeug besitzt, bewies gestern sein HauS Roland. Herr Grcincr gab den alten Obersten Joachim von Felsen, nnb zwar in eigenartiger 'Auffassung, recht nach der üblichen Militairschablene. Der Ctcltcndorf de» Herrn Mattbacs ist ein kleines CabinclSstück. Tie übrigen Rollen sind schon früher besprochen. Am Freilag hat sich Herr Adolf Müller als Lehr in dem Schauspiel „Schuldig" von Richard Boß von »nscrcm Publicum verabschiedet. Wir haben diese Nolle seinerzeit schon nach Verdienst gewürdigt und wohnten dcs- balb der^Frcitag Vorstellung nicht bei, wir erfahren indeß, daß die Syiiipalhicn, welche unser Publicum sür den Künstler bcgt, sich in lebhaftester Weise in zahlreichen Hervorrusungen und Kranzspenden äußerten. Wir haben in Herrn Adolf Müller während seine» Wirkens an unserer Bühne einen ebenso begabten wie strebsamen Darsteller kennen lernen, der größeren 'Ausgaben de» CbaraktersacdS, wenn er sie auch selten vorsiibrte, vollständig gewachsen war, vor allem aber in seinen komischen Rollen unser Publicum oft erbeitert bat. Seine MaSken waren stets charakteristisch und seine Gestalten originell, aus dem Geiste der Dichtung herauSgeschaffen; frei von jeder Faniilicnäbnlichkeit. Herr Adolf Müller wird am Hamburger Tbalia-Tbcater einen breiten Spielraum finden für Darstellung alter und neuer Lustspielcharaktere; doch fürchten wir, daß dort srio« schöne Begabung für die Tragödie brach liege» wird. Rudolf don Sottschall.
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