Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189108076
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910807
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910807
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-08
- Tag1891-08-07
- Monat1891-08
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.08.1891
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
? Erscheint täglich früh 6'/, Uhr Ledartion und Lrprdition Johanne-gasse 8. AprtchÜundro drr tirdactiou vormittag- 10—12 Uhr. Nachmittag- 5— 6 Uhr. Dkl»«« -tus-ad» lu>»'i»>Uccr Iv-Iiiiilr,»»« »»-t sich »,k Ned^crioo mchl »erdindlich. «««atz»» »er für »te nSchsts«lgen»r Nummer »efttmmten Inserate an lkvachrntagen di« S Udr Nachmittag», an Tann- und Festtagen früh dt«'/,» Uhr. Zn den Filialen für 2ns.-^n»ahmr: Ott« klemm » Kartim. («lfre» Hatz»), Universität-straß« I« Laut« Lüsche, Katharineustt. 14, part. und KS»lg-platz 7, nur bi« '/,» Uhr. riMM Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. AS. Freitag den 7. August 1891. AbonnementSpreiS . vierteljährlich 4ft, Mk in Alt-Leipzig, incl. Bringerlohu 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nru. 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren lür Extrabetlaaea <in Taaeblalt-Fonnat aesaljt) ahne Postbeiörverung 60 Mk., «tt Postbesürderung 70 Mk. Inlerate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Prei-verzeichuiß. Tabellarischer u.Zissernsatz nach höher« Larii. Uerlamen unter dem Redactton-strlch dl« 4gespalt Zeile bOPs., vor den Famil iennachrichten dt« 6 gespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stet» an di» kxpedtttaa zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praenumernlicko oder durch Post- Nachnahme. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekalmimachultg. Nachdem zufolge unserer Bekanntmachung lo. 3030 vom 26. Juni 1891 der Plan T. B. B. Nr. wegen Abänderung der west« lichen Fluchtlinie der Plagwitzer Straße zwischen Leipzig-Plagwitz und Leipzig-Kleinzschocher vorschrislSmäßig, und zwar vom 29. Juni bi- einschließlich 27. Juli l. I. in unserer Tiesbauverwaltung aus- gelegen hat, Widersprüche gegen denselben aber innerhalb dieser Friu nicht erhoben worden sind, so ist derselbe nunmehr aus Grund 8. 22 de- Regulatives, die neuen städtischen Anbaue und die Re- guiirungen der Straßen betr., vom 1b. November 1867 für fest- gestellt zu erachten. Leipzig, am 1. August 18S1. Ter Rath der Statt Leidzi«. lo. 4119. Or. Tröudlin. Vr. Redlich. Bekanntmachung. Ter Unterzeichnete Verein vereinnahmte in den Monate» Juni und Juli a. e. von Herrn Friedensrichter Freher hier ^l b,00 Sühn« in Sachen: F. W. D.'/.A. Le., von Herrn Friedensrichter Aua. Siebert hier » b,00 Sühne in Sachen: F. W. H.'/.H. N., « b,00 do. do. H. S.7.F. «. S., » 1,00 Meschen! von H. G-, - ' ^ do. do. E. K, do. do. W. G. . 1,00 ^ 18 00. worüber hierdurch dankend quitttrt wird. Leipzig, b. August 1891. Ter Vorstand de« Samariter-Verein«. Schn vor, Schatzmeister. Fabrikverkauf. In Folg« de- Ableben» de- Herrn Fabrikanten Maximilian Schuster, in Firma Michael Schuster juo. hier, soll dessen in hiesigem Ort« gelegene Mrisinginstrumentcn-Fabrik durch unter» zeichnete- Erbschaft-gericht verlauft werden. Kauflustige werden ersucht, zur Erlangung weiterer Au-kuust sich an die Firma Michael Schuster zu». hier zu wende». Markaeoktrchen, de» 4. August 1891. Ta» SSnigltche AmtSgrricht. Herold. Rückwirkungen. Ebenso wie e« einen bestimmten, keineswegs nachabmenS werthen Zeitungsstil giebt, dessen Wesen darin besteht, daß sich der Verfasser über Dinge, die ihm unklar sind, durch möglichst auffallende Fremdworte und tönende Phrasen hinweg- ruhelfen sucht, so haben sich auch weit verbreitete Anschauungen über alle Meldungen von Vorgängen gebildet, welche in die Monate Juli und August, die sogenannte Saure Gurkenzcit, fallen. Es sind ja leider viele Personen im Dienste der Presse thätig. welchen daS verständniß sür ihre hohe Auf gabe gänzlich fehlt und die erfundene Vorgänge mit derselben Sicherheit telegrapbiren und schriftlich melden, wie gewissenlose Händler schlechte Maaren als gute anpreisen und verkaufen, aber unsere Zeit ist so ernst, daß wir eine Saure Gurkenzeit im journalistischen Sinne schon seit einer langen Reihe von Jahren nicht mehr haben. Die Ereignisse entwickeln sich ohne Rücksicht auf Temperatur und Jabrcs zeit, ob die Parlamente tagen und die Minister Dienst thun oder ob dir parlamentarische Arbeit rubt und die Staat- männer dir Bäder und die Gebirge zu ihrer Erholung auf suchen. Ein für die Zukunst Europa- hochwichtiges Ercigniß hat sich in diesen Tagen in Kronstadt, St. Petersburg und Petcr- bof abgespielt, und was sich als Folge daraus ergeben wird, muß die Zukunft lehren. WaS öffentlich zu Tage getreten ist, war eine Auswallung des russischen und dcS französischen Nationalgefühls von emer Gewalt, die kaum einer Steige rung fähig war. ES hat nicht an Bemühungen gefehlt, die Bedeutung Dessen, WaS sich vor aller Welt vollzog, abzuschwächen, den Zaren als eine Art von FricdenScngcj darzustcllen. der nur gezwungen alle diese Erregungen zweier großer Völker über sich ergehen ließ, im Grunde genommen aber unversöhnlicher Gegner des republikanischen Frankreichs sei. Man hat die Miltheilunzen über ein russisch- französisches Bündniß al- eine Blüthe der Sauren Gurkenzeit auszugeben versucht, aber die gesummte politische Lage zeigt sich von dieser Blüthe beeinflußt, und mitten in den Lnker- slrcit der Meinungen fällt eine Veröffentlichung von russischer Seite, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt und den tiefen Ernst der Lage zum allgemeinen Bewußtsein bringt. Der russische „RcaicrunaSbote" bezeichnet da« Festmahl in Peterbof vom 28. Juli als den eigentlichen Mittelpunkt aller Veranstaltungen, durch welche die Russen die Lfsiciere und Mannschaften deS französischen Geschwader- ehren wollten, von diesem Festmahl datirt angeblich die Bewegung des russischen Bolle«, welche sich für Frankreich in so leidcnschaft- l chcr Weise kundgegebcn hat. Diese Behauptung de« russischen amtlichen Organe« iss zwar nicht richtig, denn die Begeisterung der Russen für die Franzosen hatte sich schon fünf Tage zuvor obne jede An regung von oben freiwillig entfaltet, aber die Kundgebung des „Regierungsboten- ist trotzdem sebr beachten-werth, weil sie bestimmt ist. den Kaiser als den eigentlichen Urheber aller Huldigungen sür Frankreich zu verherrlichen. E« wird damit zu erkennen gegeben, daß der Kaiser die verant Wortung sür da«. WaS m Rußland seit dem 23. Juli geschehen ist, vollständig übernimmt, daß er also gerade da« Gegen Weil der Rolle beansprucht, welche ihm übereifrige Frieden- Freunde zugedacht haben. Der „RcgierungSbote" hebt mit besonderem Nachdruck hervor, daß die Worte de- Kaiser« bei dem Festmahl vom 28. Juli alle die großartigen und warmen Kundgebungen de» russischen Volke» sür da- sranzö- fische hervorgerufen haben, welche während der Anwesenheit des französischen Geschwader» vor Kronstadt erfolgt sind, und schließt seine Aeußerung mit der Bemerkung, daß diese Kund gebungen der stillen, aber reellen Macht de» russischen Volke« durch nichts getrübt worden feien. Kaiser Alexander erklärt sich solidarisch mit den Huldi gungen seine-Volke- für Frankreich und gedenkt dabei der stillen, aber reellen Macht de- russischen Volke» Diese Erklärung ist von großem Ernst und von einer nicht zu unterschätzenden Bedeutung si« ->«bt de« Lriukspruch dt« Kaiser« ans da« Wohl de» Präsidenten der französischen Republik und auf das Wohlergehen der französischen Flotte eine ganz andere Trag weite, als sie den Worten des Kaisers ohne solche nach folgende Erklärung zugekoinmen wäre, und nötbigt Europa, dieser amtlichen Aeußerung die ihr gebührende Aufmerk- amkcit zuzuwenden. Sie ist geeignet, alle Berichte über ein angeblich vorhandenes inneres Widerstreben dcS Kaisers, mit der Republik Frankreich in nähere Beziehungen zu treten, als leeres Gerede zu kennzeichnen, und zeigt im Gegentheil daS Bestreben de» russischen Staatsoberhauptes, die Begeisterung Rußlands für Frankreich als daS eigenste Werk des Kaiser- anzupreiscn. Durch de» Artikel dcS „Regierungsboten- bekommt die europäische Lage ein ganz anderes Gesicht, der angebliche Zwiespalt zwischen der panslawistischen Partei in Rußland und dem Kaiser löst sich in ein Gebilde der Einbildungskraft auf, Kaiser Alexander giebt sich als der wärmste und aufrichtigste Freund der fran- ösischcn Republik zu erkennen und zeigt sich bemüht, die Velt davon zu unterrichten, wie sich die Sache in Wahrheit verhält. Wir haben niemals an de» von einem Tbcil der Presse behaupteten Unterschied in der Meinung des russischen Zaren von der Meinung der sogenannten Panslawisten und Franzoscn- reunde geglaubt und aus unserer abweichenden Meinung niemals ein Hehl gemacht, «S dient uns deshalb zur Be ruhigung, dag jetzt der „RegierungSbote", ein anerkanntes amtliches Organ der russischen Regierung, das Wort ergreift, um die volle Uebereinstimmung des Kaisers mit dem russischen Volke i» einer Auffassung der Lage zu bestätigen, die so ganz nach dem Herzen Jgnatiew'S und seiner Gesinnungsgenossen ist, da ja von Parteien in dem despotisch regierte» Rußland nicht Wohl die Rede sein kann. Kriege werden am sichersten vermieden, wenn ihre Kr achen rechtzeitig erkannt werden und wenn man die Kräfte, welche sie herbeifUhrcn wollen, richtig würdigt. Die Kund gebung dcS russischen NegierungSbolen wirkt wie ein Wetter- euchten in dunkler Nacht, sie erhellt weite Strecken in ungeahnter Weise, aber sic muß festgehalten werde», man darf diese bedeutungsvolle Aeußerung nicht wirkungslos verpuffen lassen. Augenblicklich gehen die Wogen der Begeisterung in Rußland und Frankreich hoch, und wenn die Kraft dem Willen entspräche, so würde Europa morgen in ein großes Kriegslage: verwandelt sein. Aber die russische Behäbigkeit kann dem französischen Feuer nicht o schnell folgen, wie es in dessen Natur liegt, eS kommen auch wieder Zeiten, in welchen die Besonnenheit die Oberhand gewinnt. Rußland hat schon früher starke Beweise geliefert sür die Fähigkeit, zu warten und den richtigen Zeitpunct abzupassen für wichtige Actionen. Der Pariser Friede vom 3l. März 1856 wurde durch die im Jahre l870 abgegebene Erklärung Rußlands ausgcstricbcn, daß eS sich an kiesen Vertrag nicht mckr gebunden halte, und Rußland hat auch nach der verunglückten Sendung des Generals Kaulbar« nach Bulgarien erklärt, daß cö warten könne. DaS Ziel, nach welchem Rußland strebt, ist beute dasselbe, wie eS im Jahre I70l war. ES ist diesem Ziele schrittweise immer näher gekommen und wird sich von dieser Politik niemals abbringen lassen, cö sei denn durch Gewalt. Das Streben unserer Zeit ist aber auf die Erhaltung des Friedens gerichtet, dasür sind seit 20 Jahren alle Kräfte eingesetzt worden, und die europäische Frieden-Partei wird sich durch keine Anstrengungen der Gegenpartei von der Er füllung dieser Aufgabe abwenden lassen. * Leipzig, 7. August. * Die unlängst durch die Blätter gegangene, auch von unS gebrachte Mittheilung über die Aussicht LeS bayerischen Antrages auf Wiederzulassung der Redemptoristen enthielt u. A. den Satz, daß dir Annahme, eine derartige Vorlage werde gar nicht bis an den Reichstag gelange», mindestens verfrüht sein dürfe. Dem gegenüber macht die „Schlesische Zeitung- darauf aufmerksam, daß in der Frage der Rückberufung der Redemptoristen der Reichstag überhaupt nicht zuständig ist. I» dem ExpatriirungS gesetz heißt eS: „Die zur Ausführung und zu: Sicherstellung de» Vollzugs diese- Geietze« erforderliche» Baordnungen werde» vom Bundes- rathe erlassen." Auf Grund dieser Bestimmung hat der BundeSratb die Auslösung der Redemptoristen-Niederlassungen beschlossen (Bckanntmachunss vom 20. Mai 1873.) ES ist also nur eine Abänderung dieieS BundeSralbSbeschlusseS nothwendig, um den Redemptoristen die Gründung vou Niederlassungen im Deutschen Reiche zu ermöglichen. * Aus Veranlassung de- deutschen Centralcomits» für die auS Rußland au«gewiesencn Juden hat der preußische Üisenlahnniinister verfügt, daß oicsen Auswanderern bei Be Nutzung der vierten Wagenclaffe auf den preußischen Staat- «isenbabncn diejenige Vergünstigung zu Tbeil werde, die sür die Arbeiterbefvrderungcn, bei denen ein öffentliche» Interesse vorliegt, gewährt wird, also eine Ermäßigung von 25 Proc. deS üblichen Fahrpreise». In diesem Falle durste da« öffent liche Interesse vorzugsweise darin zu erblicken sein, daß der AuSwandercrzug aus gesundheitlichen Rücksichten möglichst schnell von drr russischen Grenze nach den Hafenorten und von da nach den ürerseeischen Endzielen gelenkt werde. * Wie der „Driennik" mittheilt, würde zu dem Em psange der Kaiserin Friedrich in Posen eine Depu tation polnischer Damen au» der Provinz dort eintreffen und Allrrböcbstdersclben ein Bouguct überreichen Auch der polnische Adel würde zahlreich am Empfange theilnehmen. * .Figaro" veröffentlicht Auszüge auS einem vertrau licken Briese, den Fürst Bismarck an «inen Russen geschrieben haben soll. BiSmarck zufolge hätte die deutsche Diplomatie in letzter Zeit drei schwere Fehler begangen: Ersten«, da« Frankreich in Sachen der Berliner Au«slelluna be wiesene Entgegenkommen, daS kläglich mit der lo unglückliche» Reise der Kaiserin Friedrich nach Pari- endete. Die- Entgegenkommen mußte offenbar Deutschland bet Rußland verdächtig machen und diese« befürchten lasse», daß man seine» Einfluß in Frankreich schmälern wolle. Der zweit« Fehler bestand darin, daß der Kaiser selbst und zuerst di« Erneuerung de« Dreibünde« anzeigt«, wa- nothwendig die deutsch-französischen Beziehungen verschlechtern mußte. Endlich ist die demonstrativ« Reis« de- Kaiser« nach London i» Rußland und Frankreich al- eine Herau-sordrrung erschiene» »»d dadurch di« Gegenkundgebuna von Kronstadt hervorgerufen. E» ist möglich, daß BiSmarck solchen Anschauungen, die mit sei»«» svostize» Aeußerunge» aicht i« Widerspruch stehe», irgendwo auch in einem Privatbriefe Au-druck gegeben bat. Eben so möglich ist cs indessen, daß sich der „Figaro" diesen angeblichen BiSinarckbricf auS den Fingern gesogen hat. * Gleich dem „Solei!" ist jetzt auch der „GauloiS" ür das Reichsland verboten worden. . * Eduard Gregr, der Führer der Jungezechen im österreichischen ReichSrathe, hat vor seinen Wählern eine wütbende Rede gehalten, in welcher er eine schärfere Actio» der Jungczechen ankündigte. Er habe im Anfänge auS dem Grunde nicht so schroff die Action eingelcitct, weil er ad- warten wollte, bi- die Regierung Farbe bekenne. Nachdem le nunmehr erklärt, bei den Punctationen zu beharren, so werde von Seiten der Jungczechen jetzt eingeschritten werden. Die passive Opposition müsse ja früher oder später inS Werk gesetzt werden. Hierzu müsse aber da- Volk vorher gestählt werden und besonder- die Mähren und Schlesier müssen hierzu erzogen werden, da sie gegenwärtig nicht wagen, einen olchen dornenvollen Weg zu betreten. „ES wird", schloß der Redner, „vielleicht der Moment kommen, wo Alle- nur vom czechischen Volke abbängt, und diese- wird nur dann Opfer bringen, weiin eS befriedisst sein wird, wenn eS sein StaatS- recht, seine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit haben wird." * Lord Salisbury hat sofort, nachdem W. O'Brien daS Gefängniß von Galway verlassen hatte, dessen Bankerott- rrklärung beantragt. O'Brien hat nämlich einen Verleum- dnngSproceß gegen Lord Salisbury verloren und bis jetzt die 1500 Lstrl. betragenden GcrichlSkvsten nicht bezablt, wird sie auch nicht so bald zahlen können. Sobald O'Brien für bankerott erklärt worden ist, muß er sein Mandat niederlcgen und kann nicht einmal seine Berufung an da« Oberbau- geltend machen. O'Brien hat deshalb rin offene- Schreiben an Lord Salisbury gerichtet, in welchem er auösührt, baß er einen Proceß nur durch technische Spitzfindigkeiten verloren habe. Es würde nicht edel von Lord Salisbury sein, ihn zu ruiniren. Lord Salisbury möge deshalb die Angelegenheit einem Schiedsgericht von irgend welchen drei ParlamcntS- abgeordneten vorlegen. Deren Entscheidung wolle er (O'Brien) ich fügen und sein AeußerslcS thun, um Zahlung zu er möglichen. * Wie die neueste (August) Nummer voa „Free Russia", dem Organ der „Gesellschaft der Freunde russischer Freiheit", mittheilt, ist eS neuerdings gelungen, eine kurze Nachricht aus der Festung Schlüfselvurg am Ladogasee über die dort eingesperrten sogenannte» politischen Verbrecher zu erhallen, deren Loo« in der Henannteo Festung noch furcht barer ist, al« dasjenige der nach Sibirien verschickten. Nach der erwähnten Mittheilung sind von 52 Gefangenen, welche in den letzten acht Jahren nach Schlttsselburg gebracht Worte» sind, 20 oder 40 Proccnt todt. Verschiedene der Uebcrlebcndcn sind wahnsinnig geworden. Unter den Tobten befindet sich Myschki», dessen Rede im Proceß der 193 im Jahre >877 Epoche in der Geschichte der Revolutionaire machte. Todt sind ferner Alexander Michailoff, lange Jabre der thatsäch- jicbe Leiter der Partei, und manche andere junge Leute, welche in der Vollkraft ihrer Jabre in daS Gcsängniß kamen. Myschkin niid Minakoff sind hingerichtet worden, weil sie sich gegen die Gesängnißdiöciplin vergangen hatten, offenbar absichttick', »m ihren unerträglichen Leiden ein Ende zu »lachen Kletochmkoff weigerte sich, Nahrung anzuiiehmcn, und ver> buiigcrte, GraschewSki goß da« Petroleum seiner Lampe aus seine Kleider und seine Matratze, zündele sie au und ver brannte sich selbst. * Der König von Serbien siedelt am 7. d. M. nach Peterhof über und reist am Tage darauf nach Wien rcsp. Jscbl ab. In Oesterreich wird er mit seinem Vater, König Milan, Zusammentreffen. Der Regent Ristilsch und Minister präsident Pasilsch kehren vorder nack, Belgrad zurück, wäbrend der serbische Minister der VolkSausklärung den jungen König fortan aus seiner Reise begleiten wird. König Alexander gedenkt sich später einige Zeit in Pari« studienhalber (hoffenl sich nicht solche, wie sie sein Vater liebt) auszuhalten. * Eine amtliche Depesche de« englischen EonsulS in Futschu (China) bezeichnet die Meldungen über einen bevorstehenden Aufruhr in China al« unbegründet. Die Europäer seien ausreichend geschützt. * Die neuesten, von dem Postdampfer „OxuS" gebrachten Nachrichten auS Tonkin sind geradezu entsetzlich, gräß lich, ein Hohn auf die Gesittung, welche Frankreich dort zu verbreiten vorgiebt. Sie lauten: „Wahrend der letzten vierzehn Tag« sind 80 Gefechte mit den Piraten vorgekommcn, in welchen 139 der tetzter» fielen. In einem einzigen Gesicht, bei Thantrock, wurde eine Band« von 40 Piraten lammt ihrem Führer niedergemacht. In Dukien haben die Ein wohner selbst, auS Rache sür einen ersten Uebersall, eiueu Anführer und seinen Adjutanten festgenommen und erschossen. Ir weiter es kommt, desto scharfer fällt die Ahndung aus. Unsere aus- Beußersle erbitterte» Soldaten sind dahin gekommen, et zu machen wie die Lhinesen. Jedem Todten oder verwundete» wird der Kops abgeschnitten »ad, auf einen Pfahl gespießt, öffentlich ausgestellt. An manchen Orten sind Doppel reihen solcher mit blutigen Kövsen geschmückter BambuS- psähl« aufgestellt worden ES ist dal einzig« Mittel, den Eingeborenen ernstlich Schrecke» »inzujaaen. Freilich thun die Piraten ihrerseit« dasselbe, »nd, da st« weniger ver- mundet« Gefangene erbeuten al» wir, rächen si» sich an unseren Tobten. In Hunghua ginge» sie noch weiter. Sie haben dt« Leichen der während der letzten Käinps« gegen Doc-Hgu gefallenen sranzö'ischen Soldaten au-aegradrn und itznen di« Köpfe abge- schnitten. Bei Thai-Lay haben wir »inen ernstliche» Mißerfolg zu verzeichnen. Die vom Houptmann Booni» geführt« Ablheilung ist von 400 mit Schncllseuerwossen versehenen Piraten überrumpelt worden. Sie mußt« sich zurückziehen und unter dem Schutze etne« Kanonenbootr- über den Fluß setze«. Di» gesammte Truppe hat in guter Ordnung Venlun erreicht, aber dir Piraten haben Thulun genommen, alle Einwohner ermordet, di« Frauen und Kinder aber fortgeführt. Die- Alle« ist tm Norden von Donkin vorgrkommr« während drr Süden seit einiger Zeit sehr rnhtg ist " Die Psablköpfe in Tonkin sind da« Seitenstück zu den ebenso entsetzlichen Menschenschlächtrreien im Senegal- aebiet, welche vor geraumer Zeit allgemeine Entrüstung in Frankreich brrvorgrruscn haben. Au« drm Obigen geht her vor, daß dir Franzosen al« lebte« verzweifelte» Mittel da» Kopfabschneiden angesangen haben; Wohl der brste Beweis, daß ihr« Lag» i» Tonkin aicht« wruigrr al« Zutrauen er weckend genannt werden kann. * Dem „Paix" wird au« Maffauah berichtet, Ra« Alula habe rin« vollständige Niederlage durch Ra« Mau ' a erlitten. Drr Plan einer bundesstaatlichen Zusammrn^assun der aus dein Papiere schon so gut wie fix und fertig war, kommt in der Präzis nicht recht vorwärts. „Im Princip" ware» sämmtliche intcrcssirtcn colonialen Gemeinwesen einig, obald eS aber galt, demselben eine positive staatsrechtliche Form zu geben, stellte eS sich heraus, daß Keiner an die Sache beran will. Ter Vater dcS australischen BundrSgedankenS, Sir Henry Parkeö, hat eS nämlich mit seiner von Hause auS ccnscrvativeu, d. h. staatserbaltenden Gesinnung vereinbar ge- uiideii, sich der socialistischcn Arbeiterpartei zu nähern, um mittelst ihrer Hilfe sich noch länger am Ruder der StaatS- gcschäfte von New South Wales zu behaupten. DaS ist ihm zwar gelungen, aber nur um den Preis von Zugeständnissen an seine neuen „Freunde", welche dem Einfluß der letzteren aus die öffentlichen Angelegenheiten von New South WalcS cmen größeren Spielraum eröffnen, als minder ehrgeizigen Politikern, wie Sir Henry Parkes, gefallen will. Durch sein Pactiren mit den Socialisten nun bat Sir Henry Parke- seinem vorerwähnten LieblingSprojcct selber einen recht zweifelhaften Dienst erwiesen, da jene erklärte Feinde einer bundesstaatlichen Neuordnung der australischen Dinge sind, wäre eS auch nur auS Bcsorgniß, in einem auf umfassendere Grundlage ge- tellten Gemeinwesen nicht die Stellung festhallen zu können, die sie jetzt unter Parke»' Auspicien in dem neusüdwalisische» Particularstaate erobert haben. Jedenfalls müßte eine Unler- tützung dcS Bllndnißgedaiikcnö von dieser Seite durch derart weitgehende Zugeständnisse auf wirlyschastS- und social- wlitischcm Gebiete erkauft werden, wie sie kein dcS Gefühls einer öffeullichcu Verantwortlichkeit bewußter australischer Politiker übernehmen kann. UebriaenS kommen dir Schwierig keiten keineswegs von New South Wale- allein. Auch an dere Colonieu stellen sich auf dir Hinterbeine, nachdem sie eine Rechnung ausgemacht und entdeckt haben, daß die Ver wirklichung des australischen Staatenbunde» ihnen be deutend mehr Kosten verursachen dürfte, als da« Budget, obne Mehrbelastung der Steuerzahler, trägt. Alle« in Allem zeigt sich auch bei dieser Gelegenheit wieder, wie leicht die Gedanken bei einander wohnen, wie hart aber im Raume einander die Sachen stoßen. Der BundeSgedanke dürste sür Australien sobald noch nicht praktisch werden, und wenn man sich erinnert, daß die australische Conföderation den ersten Schritt zur Verwirklichung deS britischen Grsammt- rricheS — Imperiums — bilden sollte, so ist e« klar, daß der weitere Verlauf jener Angelegenheit den diesbezüglichen Strebungen i» gewissem Sinne präjudicirt. «ll«r australische» E»l«»i»lh«sitzu»t»» Euglaad«, Socialpolitisches. * Die im Dienste der Staat-eisenbahnen in Preußen bv« schäftialen Arbeiter werde» auf rund 180 000 beziffert, so hoch be taust sich wenigsten« dt« Zahl der in den Betrieb-, und Werkslatten- krailkeiicassen versicherten Personen. Wie nun aus den alljährlich erstatteten Berichten der Verwaltung zu ersehen, läßt diese sich zwar die Arb eiterwohn ung« frage angelegen sein, doch begegnen wir auch im letzten Jahresbericht noch der doppelt einschränkenden Hs»- fügung, daß die Beschaffung von Brbciterwohnungen erfolgt „nach aßgade der vorhandenen Mittel überall da, wo ein besondere« dienstliches Bedürsniß hierfür anzuerkennen war." Der Bericht für 188990 sagt nu» weiter: Dementsprechend sind Arbeiter» Wohnhäuser thetlS an solchen Orlen hergestellt worden, wo Wohnungen gar nicht oder nur ausnahmsweise zu haben waren, theils auf isolirt gelegene» Bahnhöfen und besonders im Anschluß an größere Werkstätten, wo es im Interesse de-Betriebe- geboten war, jederzeit über eine bestimmte Anzahl von geschulten Arbeitern mit Sicherheit verfügen zu können. Im Bereiche der preußischen Staat-eisenbahn- verwaliung waren am I. April 1890 816 ArbeilerwohnbLuser mit 965 Wohnungen vorhanden. Hiervon entfallen aus die Werkstüttea- arbeiter 296 Häuser mit 922 Wohnungen, während weitere 15 Häuser mit 54 Wohnungen für Werkstätlenarbeiter im laufenden Betritdsjahre tm Bau begriffen sind. Eine größere Anzahl von Arbeiterwohnungen ist vorhanden bei den Werkstätten zu Neu- Münster (18 Häuser mit 36 Wohnungen), Schneidemühl (5 Häuser mit 30 Wohnungen), Nippe- (42 Häuser mit 162 Wohnungen), Speldorf (22 Häuser mit 48 Wohnungen), Osnabrück (12 Häuser mit 24 Wohnungen). Dortmund (28 Häuser mit 105 Wohnungen). Deutzerseld <18 Häuter mit 72 Wohnungen), Betzdorf (10 Häuser mit 40 Wohnungen), Langenberg (1 Hau- mit 30 Woh nungen), Arnsberg (2 Häuser mit 41 Wohnungen), Witten (5 Häuser mit 52 Wohnungen — außerdem i»r Bau befindlich 15 Häuser mit 54 Wohnungen —), Stendal (42 Häuser mit 42 Woh nungen) und Leinhausc» <85 Häuser mit 195 Wohnungen). Die Arbeitercolonie Leinhausen (DirectionSbezirk Hannover) bildet einen selbstständigen Gutsbezirk mit allen kommunalen Einrichtungen. Dieselbe wurde im Berichlsjahre bewohnt von 41 Beamten, 2 Lehrern, 146 Arbeitern und 6 Wittwea. Die Häuser sind einzeln in Gärten gebaut, und ist ledcr Wohnung ein Garten zugetheilt. Tie Gesammt- einwohnerzahl der llolouie belief sich beim Ablauf deS Berichtsjahres aus 854. Der Gottesdienst wird durch den Pfarrer der benachbarten Gemeinde Hainholz in einem dazu bestimmten Anbau de- Schul- hausel abgehaltrn. Schulunterricht wurde an 230 Kinder ertheilt. Ein bereit» im Jahre 1879 mit 60 Mitgliedern begründeter Spar- und HauShaltsvereln ist inzwischen aus 45l Mitglieder an- gewachsen. Derselbe hat einen nicht unerheblichen Umsatz und bietet der Lolonie wesentlich« Lorthrile iu der Beschaffung ihrer Leben-bedürfnisse. Ein von dem Verein zur Einschränkung de« Brannttvcintrinken- eingerichteter Kasse« - Au-schank liefert den Werkstätten-Arbeitern während der Ärbelttzeit zu dem Preis« von 1 Pfennig ft. Liter Kaffee. Drr gleich« Verein hat auch eine Speisewirthschaft eingerichtet, t» welcher zu niedrigen Preisen Miitag-essen verabreicht wird. Abgesehe» von den besonderen Arbeiterwohnhäuser» sind einer nicht unerheblichen Anzahl von Betrieb«-, sowie Werkstätten - Arbeitern Wohnungen in den sonst vorhandenen Dienstgebäude» der Verwaltung über wiesen. Soweit eia Bedürsniß Vorgelegen hat, find in Verbindung mit den Hauptwerkstütten auch besondere Speise- anstalten einaerichtet worden, in welchen die Arbeiter zu billigen Preisen Verpflegung finden. Auch ist sür die Verrichtung besonderer Speiseräume mit Wärmevorrichtungen Sorge getragen, in denen die Werkstättenarbelter die selbst zuberetteteu Speisen ein nehmen und während der Ruhezeiten sich aushalten können. In Bezug aus die Errichtung von Badeanstalten (Dampf-, Wannen- und Douchebäder) für die Beamten und Arbeiter wird daraus bln- grwirsen, daß zunächst schon alle Hauptwerkstättea mit Badeein- richtungen versehen sind. Abgesehe» davon befinden sich solche vor- zug-weise aus größeren Stationea, aus denen durch die umfangreich« Slationirung von Fahrpersonal „rtu besondere- Bedürsniß hierfür vorgelegrn hat". Die Baöeeinrichiungen sind dem Werkstätten-, Loco« motiv-, Zug-, Rangir- und Maschtnenwürterpersonal, sowie bei ärzt- licher Anordnung allen Beamten und Arbeitern tm Allgemeine» unentgeltlich zuaanalich; tm Uebriyen ist eine aerina» Vergütung für di« Benutzung derselden zu entrichten. Aut größeren Stationen, welche von de» »ugehörtgen Ortschaften zu wett entfernt liegen, um dt« Beamten und Arbeiter, sowi« deren Familien aus de» Besuch der Kirche und Schule daselbst verweilen zu können, hat die Benvaltnna thetlS, wie in Leinhausen und Kohlfurth, durch Er- rtchtung eigener Bethäosn »ad Schulen, thrtll durch zeitweise Abhaltung von Aotte-dtrnft, sowi» Einrichtung von Schulunterricht t» bei»^«« daz» hevetchtat» Rä»»lichl»ttr» e»tfi,r«h,»d« Fte-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite