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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.08.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189108285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910828
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910828
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-08
- Tag1891-08-28
- Monat1891-08
- Jahr1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.08.1891
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Ke-artion und Lrprdition JohanseSgasj« 8. Sprechkondr» der Urdaciio» vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5— 6 Uhr. Hltt d« NLLßad« n»gk1a»drrr «Lcht sich d»e Atedacrivu Ltcht vcrdmt^ch. Auuah«« tzcr für dt« nächstfolgende Nu»»er hrfti»»ten Inserate an Wochentagen b»S 8 Uhr Nachmittag», au Sonn- und Krsttagen früh bi» ,9 Ntzr. Zu deu Filialen für Zns.-Zmiatime: Ltt« Sie»«'» Lortim. (Alfred Hahn). Uaiversitätsstrabe 1, Louis Lösche, -atharfneristr. 14, pari, und KöaigSpIotz 7. nur bi» '/.» Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Abonnementspreis vierteljährlich 4>/, Mk. In Alt-Leipzig, incl. Bringerloha5 Mk., dnrch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Neu. 20 Pst Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-fhormal gesalzt) ohne Postbesörderuug 60 Mk„ mit Posldesördernng 70 Mt. Iuftrate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut uns. Preisverzeichnist. Tabellarijcher u.Ziffernsatz nach tzöherm Larist Nrrlamrn unter dem RedactiouSstrich die tgespalk Zeile öOPf., vor den Famil iennachrtchteir die Ogespalten» Zeile 40 Pf. Inierale sind stets au die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuumeramlo oder durch Post« Nachnahme. ^ 2t«. Freitag den 28. August 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die Lieferung der zu den nächstjährigen städtischen Schleußen- bauten erforderlichen Schleudensteine soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen für diese Lieferung liegen in unserer Tiesbau- Verwaltung, Rathhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Skr. 14, aus und können daselbst eingescheu oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 75 -H. welche eventuell iu Briefmarken einzusenden sind, entnommen werden. Bezügliche Angebot« sind versiegelt und mit der Aufschrift: .Zftesrrung vo» Schlcutzrilfteiuen im Zähre 1892" versehen ebendaselbst, und zwar bi» zum 12. September d. I., Nachmittag» 5 Uhr einzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig, deu 27. August 1891. D«s Raths der Stadt Leipzig I«. 4571. Stratzenbau-Teputation. Bekanntmachung. Die Lieferung der zu den nächstjährigen städtischen Schlcuszcit- bauten erforderlichen Silndsttin-Schieutzcnsohlstücke soll au eine» Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen für diese Lieferung liegen in unserer Tiefbau- Berwaltung, Rathhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingesehen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 75 welche eventuell in Briefmarken einzusenden sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Lieferung von«aiidstein-Tchlrunensohlstülkc i»> Zaine 1892" versehen ebendaselbst, und zwar bis zum 12. September ds. Js. Nachmittags 5 Uhr eiuzureichen. Der Rath behält sich das Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig, den 27. August 1891. De» RathS der Stadt Leipzig le. 4571. Straj;cildau-Tcp»tatio». Erstatteter Anzeige zufolge ist das für Anna Lcrtha Müller aus Naunhof vom dasigen Stadtrath am 15. Februar 1889 aus gestellt gewescue Dienstbuch in Verlust gercithen. Wir bitten dasselbe im Ausfindungsiaüe an uns ahzullefern. Leipzig, am 28. August 1891. Das Polizeiamt der Stadt Leipzig. Hl. 4290. Brerschneider. P. Des Aedanfestes wegen bleibt die Tasse Mittwoch, am 2. Septembrr dies. ZhrS., Leipjia-Rcudnip, Grenzstraße 2, au: 27. August 1891. Eparcaße iu der Parochie Schöueseid zu Reudnitz. Robert Lieberi, Directvr. Bekanntmachung. Der Holzhändler Friedrich Hermann Pctcr von tzlostrr- lauSnitz bat am 12. April dieses JahrcS seine Wohnung verlassen, ist aber nicht wieder dahin zurückgerehrt. Peter ist 50 Jahre alt, bartlos, von mittlerer Statur und war bei seinem Weggänge bekleidet mit einem grauwollenen Unterhemd, einem Barchen theiud, grauen Strümpfen, hellbraunen, wollenen Unterhosen, einem hellbraunen carrirten Jaquet - Anzug, einer braunen Stoffmühe mit großem Schild und rindsledernen Halb- stiefrlu; kein- der Kleidungsstücke ist mit einem Abzeichen versehen. Es wird ersucht, über den Verbleib des p. Pelcr, welcher über dies eine alte Tylinderuhr, eine Tabakspfeife mit Beuicl und ein Taschenmesser bei sich führte und nach anher gelangler Mitlhcilung zuletzt in der Zeit vom 12.—14. April d. I. aus den Bahnhöfen zn Trossen und Weißensel-, sowie in Halle a. S. gesehen worden ist, an de» AbwesenheitSvormund, Gemeindevorsteher Karl Dämm- rich tu Klosterlausnitz, oder di« »uterzttchnttr Behörde Auskunft «langen zu taffe». Erseabätz, d« 2b. August 1891. Herzogliches Amtsgericht. Ulrich. Die Zustände in Bußland. Die Zeugnisse dafür, daß in großen Gebieten Rußlands wirklich ein schwerer Nolhstand besteht, der sich im Laufe dcS WinterS wahrscheinlich bis zur HnngerSnoth steigern wird, mehren sich m einem solchen Umfange, daß ihre Richtigkeit nicht mehr bezweifelt werden kann. Als daS Ausfuhrverbot für Roggen erlassen wurde, überwog die Meinung, daß die Maßregel politischer Natur sei und sich wesentlich gegen Deutschland und Oesterreich-Ungarn richte. Selbst ein Lheil der russischen Blätter äußerte sich über daS Verbot in einer Weise, daß die Freude über den Schaden, welcher Deutsch land dadurch erwachsen werde, dem Urthcil über den Ernst der Maßregel Eintrag that. Noch vor Kurzem äußerten sich zahlreiche Stimmen aus dem Handelsstande dahin, daß dem Verbot nur eine kurze Dauer bestimmt sei, und daß es binnen spätestens drei Monaten wieder aufgehoben werden würde. Jetzt ist man in Rußland darüber einig, daß die Maß regel viel zu spät ergriffen wurde, und daß sie vor alle» Dingen sofort m Kraft treten mußte. Die Landbevölkerung hat sich vielfach der RoggenauSftibr in den letzten Tagen widersetzt, die Leute haben sich aus die Schienen geworfen, um die Fortschaffung von Getreide, wa» im Lande selbst so nöthig gebraucht wird, zu verhindern, und eS haben zahl reiche Verhaftungen stattgefunden, um dem Wortlaut dcS Erlasses Achtung zu vrrschaffe». Alle auS Rußland vor liegenden Nachrichten stimmen damit überein, daß die Lage sehr bedenklich sei, und daß mau dem Winter mit großen Besorgnissen entgegcnscbe. WaS sind die Ursachen dieser schwer wiegenden Ver kennung der wirklichen Sachlage? Sie liegen klar zu Tage Trotz aller Centralisation arbeitet die russische RegierungS- maslbiueric nur sehr mangelhaft. Es ist für die Minister sehr schwer, von ihren Unterbeamten und a»S den Gemeinde Vertretungen ein richtiges Bild der wahren Sachlage zu gewinnen. Ucberall zeigt sich da« Streben, die Wahrheit zu verschleiern, die Dinge ander- uud besser erscheinen zu lassen, als sie sind. Die Leute wollen immer nur Gute- berichten, sie scheuen sich vor der Schilderung von Noth und Elend, weil sie daniit an den höheren Stellen keinen guten Eindruck machen. Es ist derselbe Geist, welcher iu wüsten und verwabrlosten Gegenden dcS Reiches, sobald der Zar ihnen einen Besuch zugedacht hat, plötzlich Chaus seen herstrllt, Dörfer zur Augenweide de« Selbstherrscher« di« »ach seiner EolsersiurH wuder verschwinden, überhaupt die Täuschung von Wohlstand und Gedeihen zu erwecken sucht, wäbrend Jammer und tiefste Armnth dem Lande eigen sind. Es ist der Geist der Lüge nnd der Unauf richtigkeit, welcher die Zustände in Rußland seit unvordenk licher Zeit beherrscht und welcher auch wirkliches Vertrauen bei den Freunden Rußlands nicht auskommc» läßt. Rußland bat der Welt in den letzten Woche» das Schau spiel eines Landes gegeben, das von Gesundheit strotzt, und dessen Souvcrain es schwer wird, den Ueberschuß an Kraft, über welchen die Bevölkerung verfügt, vor un- zeitigem Gebrauch zu schützen. Tic Russen haben sich beim Empfang der Franzosen in einer Weise gcbcrdcl, als ob der Kaiser nur zu winken brauche, um dem ver derblichsten Kriege, der je Europa verwüstet Kat, zum Auöbruch zu vcrbelsen. Jetzt kommt die Nachwirkung dieses Rausches, Rußland sängt an, sich mit seinen eigenen Angelegenheiten zu beschäftigen und findet dabei, daß in einer Reibe von Regierungsbezirken da« bleiche Gespenst des HungerS drohend die Knockenband erbebt. DaS sind Gegensätze, wie sic nur in einer Despotie möglich sind, wo der Wille deS Herrschers alles ist, daS Wohl des Volkes nichts. Man bat sich in Rußland lange besonnen, bevor man daS RoggcnauSsuhrvcrbot erließ, obwohl cö nicht an Zeichen dafür fcbltc, daß Rußland seinen Roggen selber sebr nölbig brauche, weil eS dccb auf Frank reich leinen guten Eindruck machen würde, wenn der so sebr begehrte und eifrig umworbene Verbündete sich als ein Schwerkranker erweise, welcher der sorgfältigste» Pflege bedürfe, um wieder zu genesen. Rußland und Frankreich Kaden gcwetlcisert in dem gegenseitigen Lobe ihrer Armeen, und der Vorsitzende des GcueralralhcS der uiilcrcn Seine bat cs sogar für angemessen erachtet, an ein Wort des russischen MililairallachöS General FrcdcrickS zu erinnern, was dieser im Jabre >888 gesprochen Kat nnd welches eine Aufforderung an Frankreich enibält, den Frieden zu brechen. Rußland würde dann schon folgen. Solche Erregungen des VolksgcisteS setzen Gesundheit voraus, wer seine Kräfte nach außen bin zur Geltung bringen will, muß Ueberschus; daran haben, sonst läuft er Gefahr, schon im ersten Anlauf zu ermüden und sich in eine viel schlechtere Lage zu versetzen, als die war, in welcher er sich unter der Herrschaft des Friedens befand. Die Franzosen, welche das Geschwader unter Admiral Gervais nach Kronstadt sandle», hatten offenbar keine Ahnung von den Schwierigkeiten, mit welche» Rußland im Innern zu kämpfen hak, sonst würde die Begeisterung doch wesentlich matter ausgefallen sein. Die Franzosen sind in dieser Be ziehung eigentbiimlichc Leute, sie sind zwar sehr liebenswürdig und entgegenkommend, aber im enischeidenden Augenblick ver gessen sic niemals, ibre Interessen wahrzunehmen, und sie würden sich nicht entschließen, ein Bündniß einzngchcn, WaS ihnen nickt gewisse Gegenleistungen sicherte. Ein Reich, i» welchem HnngerSnolh besteht, ist lein wünschciiSwerthcr Bundesgenosse in einem Kriege, bei welchen! cs sich um Sein oder Nichtsein bandelt. Vor allen Dingen muß die Ver pflegung der Truppen sicher gestellt sein, bevor inan sich auf ein so ernstes Unlernehmen cinlassen kann, wie eS ein euro päischer Krieg, selbst unter den günstigsten Umständen für de» Angreifer, immer ist. Die Engländer sind außerordentlich praktische Leute, und sie werden gewiß keine Gelegenheit außer Acht lassen, wo sie ihre praktische Befähigung beweisen können. Lord Salisbury erklärt in seinem Organ, der „Morniug Post", daß bei dem Austausch internationaler Höflichkeiten in Portsmouth die Politik keine leitende Rolle gespielt habe, und daß die herz liche Freundschaft, welche England mit dem Dreibund ver binde, nach wie vor sortbestchc. DaS entspricht genau der augenblicklichen Lage. Die Gefahr eines Krieges ist durch den Nolhstand in einem beträchtlichen Thcile Rußlands vorläufig zurückgedrängk. Rußland würde gegen sein eigenes Interesse handeln, wenn eS zur Noth im Innern auch noch eine auswärtige Verwickelung ge sellen wollte, eS wird vielmehr alle Kräfte anstrcngen, um der Schwierigkeiten im Innern Herr zu werden. Hnngersnotb nnd Krieg können nur dann mit ein ander in Wechselwirkung treten, wenn der von Hungers- notb gedrängte Feind hoffen kann, im Lager des Feindes Abhilfe der eigenen Noth zu finden. Wenn aber überall nur für daS unerläßliche Bediirsniß Mittel vorhanden sind, dann kann der Krieg selbst für de» Sieger keine Verbesserung der Lage bringen. Die Verhältnisse, welche im llOjäbrigcn Kriege bestanden, finden ans die Gegenwart keine Anlvendung. Damals waren die einander bekämpfenden Heere verschwindend klein im Vergleich mit Lenen, welche heute ins Feld gestellt werden. Heute unternimmt man keinen Krieg, wenn die Verpflegung de- Heeres nicht sicher gestellt werden kann. Leipzig, 28. August. * In Moltkc'S eben erschienener Geschichte deS deutsch-französischen Krieges findet sich folgende Be merkung: „Schmer zu versieben ist, weöhatb wir Deutsche den zweiten September feiern, an welchem nichts Denk würdiges geschah, als WaS unausbleibliche Folge war des wirklichen RuhmcSlagcS der Armee, des ersten September." Tie Thatsache, welche der große Feldherr hier hcrvorbcbt, ist überaus bezeichnend für da« Wese» der Srdanfcier, für den Sinn, welchen daS deutsche Volk mit derselben verbunden bat. Nicht einem einzelnen RuhmeStage der Armee sollte die Nationalfeier gelten — batte alsdann doch manche andere Waffenlhat dieses Krieges mindestens daS gleiche Anrecht! — sondern io erster Linie ein Fest der Freude über DaS, „was unausbleibliche Folge war über die endlich errungene Einheit Deutschlands, über die nunmcbr gesicherte Grundlage einer ungestörten nationalen Entwickelung wollte man begeben. Nicht auS Jrrthum, sondern mit vollem Vorbedacht hat deshalb daS deutsche Volk den zweiten September zu seinem Nationalfeiertage erkoren, getreu den Empfindungen, welche unter dem un mittelbaren Eindrücke deS weltgeschichtlichen Ereignisse« von Sedan durch alle deutschen Gaue gingen. Wobl stand man in patriotischem Stolze staunend und dankbar vor den un vergleichlichen Thatcn einer genialen Kriegsührung, eine« daS ganze deutsche Heer beseelenden HelreimwthS; aber WaS alles Andere überwog, daS war da« Gefübl, daß mit dem Zusammenbruch der französischen Kaisermacht baS letzte große Hinderniß, welche- der Errichtung eine« festgefügten deutschen . Nationalstaates rntgegeustaud, »dgiltig brsrrt^t war. D» » versehe». vollendeten Ausdruck fand dieser Zusammenbruch mit der Capitulation, mit der Gefangennahme Napoleon s ^ind seiner Armee, kurz mit den Vorgängen des zweiten September. Nickt ein cileles Triumpdgesühl ob der Ueberiviudung des mächtigen Gegners, sondern die Genugtbuung über die glor reiche Verwirklichung deS Traumes von der Wicterauf- richtung eines Deutschen Reiches bat in jenen Scptcmbcr- tagen die Gcmüther beherrscht. Der weitere Verlaus des Kriege- hat diese Ueberzeugung nicht erschüttern alle die Opfer, welche damals noch gebracht werden mußten, bat das deutsche Volk nur unter dem Gesichlspunete der Sickerung der Errungenschaft von Sedan betrachtet. In diesem Sinne ist die Wahl dcS 2. September zu verstehen. Und wie wir seinerzeit die französische Herausforderung angenommen haben, nicht aus Ruhmsucht oder Läutcrgier, sonder» weil wir uns das erste Recht eines großen Volke«, das Reckt zu leben, erstreiten und sickern mußte», so ist auch unsere Gcdächtnitzfeier niemals daraus ausgegangen. kriege risckc Gelüste zu entflamme», sondern nur den Entschluß zu bekunden, daß wir das schwer Errungene nnd was zu seiner Sicherung unerläßlich war, unser altes Reichsgebiet Elsaß Lothringen, in alle Zukunft wahren wollen Niemals war eS angebrachter, an diese Bedeutung der Sedanseier zu er innern, als gerade beute. Wir verlangen nichts Anderes, als zu leben, wie es einem großen Volke gebührt, als innerhalb der gesicherten Grenzen unseres Reiches der Werke ausbauender Enltur ;n pflege». Wir wollen ehrlich Len Frieden, aber webe Dem, der ihn uns stört! * Ein die GebaltSverbältnissc der Lebrer an drn höheren Schule» behandelnder Artikel der „Nordd. Allg. Zlg.", offenbar ossiciöscn Ursprungs, mackt den Zweifeln und den in den Kreisen der zunächst Bctbeiligtcn ent standenen Acsorgnisscn rin Ende. Tie „Nordd. Allgem. Ztg." geht über den Kreis der Lehrer an den staatlichen schulen, von denen bisher mir oder dock in allererster Reihe die Rete war, hinaus und stellt auch den Lebrcrn an den städti schen böbercii Schulen eine Besserstellung in Aussicht. Plan kann das gewiß nur mit Genuathunng begrüßen, denn die Gchallöver- hältnisse der städtischen Lehrer liegen vielfach noch ungünsligcr alS diejenigen der staatliche». Lbne Zweifel steht r,e Frage bctr. der städtischen Lehrer in engem Zusammenhänge mit der Neuregelung des Communalstcuerweseiis und die erstcre wird daher wobl nicht cber in Angriff genommen werden, als bis die letztere znm Abschluß gebracht ist. Ta das aber immerhin noch ziemlich lange dauern kann, so darf man wobl annebmcii, daß die Regelung der staatlichen Lchrergebältcr nicht bis zu diesem Punctc hinauSgeschoben werde» wird, wozu ja auck ein zwingender Grund nicht vorliegt. UebrigcnS verlautet, das; eine Erhöhung de« Schulgeldes ü, den höheren preußischen schulen in Aussicht genommen ist. * Aus München wird gemeldet: Die Hand clSvertragö Eonferenzcn befinden sich noch im Stadium der ersten Lesung der Vertragsentwürfe und nehmen ihren ruhigen, durch keinerlei Zwischenfall gestörten Fortgang. Am Dienstag Rachmiltag fand eine Äerathnng der deutschen mit den italienischen Bevollmächtigten statt. Mittwoch Nachmittag treten die österreichisch ungarischen uird die italienischen Tele girlcn zu einer Ccnscrcnz zusammen. * Zu den Mittbeilungen über die Absichten deS Ministers v. Tbrelen betreffs Resorm der Personentarisr auf den Eisenbahnen bemerkt der „Berl. Actionair": „Nach unjeren zuverlässigen Informalioucn beruhen diese säiunib Ischen Angaben lediglich ans Bcrinuthungen, denen alle Grundlagen mangeln. Nachdem di« Einführung de« unter der Berwallung des Herrn v. Maybach in Aussicht genommenen ResormtariseS für den Personenverkehr an der Finanzlage des Staates gescheitert ist, verbietet cs sich von selbst, daß der gegenwärtige Herr Minister der öffentlichen Arbeiten noch weitergeyende Erinäßigungen vor- schlägt. Welcher Art aber die Vorschläge sein werden, uin die Tansreforinsrage zu lösen, darüber sind bisher noch keinerlei Entscheidungen getroffen worden, und nur um Vorschläge kann es sich überhauvt handeln, da die Finanzverwaltung jetzt wie früher in der Frage rin sehr gewichtige» Wort initzusprechen hat." * Für die NcichStagsnachwabl im Wahlkreise Stolp Lauenburg an Stelle deS Obervräsidenten von Putlkamer stellten die Freisinnigen D au-Hohenstein als Candidatcn auf. * Eine Berliner Zuschrift de« Pcster Lloyd, von der daS Blatt bemerkt, daß sie die Auffassung maßgebender Polo tischer Kreise wiedergcbe, wendet sich scharf gegen die sran zösischcn Lügen über das Befinden Sr. Majestät dcS Kaisers nnd führt dann auS, eS lasse sich kaum verkennen, daß die öffentliche Meinung in Paris sich nach den russische» Fest tagen nicht allein in den Hoffnungen auf Revanche, sondern auch in der gegenwärtigen Staatsform Frankreichs und in der Propaganda für die republikanischen Idee» ungemein gestärkt füble; während in Rußland der Geschmack au republikanischen Dingen zugcnommen zu haben scheine, sei die Achtung der Republikaner in Frankreich vor den alten Monarchien gesunken. * Wie auS Hamburg berichtet wird, arbeiten die Socialdemokraten in der jüngst von ihnen selbst ge gründeten Tabakfabrik (Genossenschaft) neun uud eine halbe Stunde täglich. * Der „Reich-anzeiger" veröffentlicht den vom BundeS- rath angenommenen Gesetzentwurf, betreffend die Be kämpfung des Mißbrauchs geistiger Getränke Danach soll die Conccsston zum GastwirtbschastSbctrieb und Kleinbandcl mit Spiritus einmal vom BedürfnißnackweiS und sodann von dem Leumund deS Nachsuchcudcn abhängig sein. Der Kleinhandel darf Spiritus nur in Mengen vo» >!, Liter und darüber abgeben. In Gasiwirlhschaslcn muß Vorsorge getroffen sein, daß auch Speisen und andere als geistige Getränke verabreicht werden. OrtSpolizei- lich kann der Ausschank von Branntwein vor 8 Ubr Morge iS verboten werden. Jungen Leuten unter 16 Jahren, sofern sie sich nicht unter Aussicht Großjähriger befinden, darf Branntwein überhaupt nicht verabreicht Werren, cbenscwcnig allen offensichtlich Betrunkenen und solchen Per sonen, die nach Kenntuiß de« WirthS innerhalb der letzten drei Jabre wegen ärgernißerregender Trunkenheit al« ge wohnheitsmäßige Trinker rechtskräftig verurtbeilt worden Auch auf Borg darf Branntwein zum Genuß aus der Stelle niest verabreicht werden, ausgenommen bei Mahlzeiten regel mäßiger Gäste u s. w Trunkenbolde, die der Familie zur List fallen ober ihre Pflichten gegen die Familie verabsäumen^ k tnaen entmündigt werben. Aus alle Uebertretungen sind an- rhnliche Geldstrafen, für gewohnheitsmäßige Trunkenbolde Haststrafen vorgesehen. Der Gesetzentwurf ist mit einer au statistischem Material überau« reichhaltigen Begründung * Die Aachener Zeitung schreibt: „Wie uuS mitgethcilt wird, befindet sich Herr Rctaclcur Fuöangel noch immer in VaalS und beabsichtigt einstweilen noch nicht, die Gesängniß- 'lrase aiizulrelcn. Er macht tagtäglich weite Spaziergänge, die seiner Gesundheit gedeihlich sind." Herr Fusangcl ist ürwabr ein tapferer Mann. * In der Auseinandersetzung zwischen Conservativcn und Conservalivei, in Bade» nimmt beute auch die „Krcuz- zeitung" Stellung, natürlich zu Gunsten der extreme» Rich tung der „Badischen Landpost", welche deu Dculschsreisinnigeu und Demokraten das bämiscke Vergnüge», am Ceutrumö- wagen Vorspaniidicnsle zu leisten, nicht allein übcrlaffcn will. Es stebt der „Krcuzzciluug" besonders anmuthig zu Gefickt, wenn sie „fürchtet", daß Frbr. v. Gölcr sich über die badischen Ratioiiallibcralen einer Täuschung hiiiaebc. (Auch in Bezug auf die sächsischen LandtagSwahlcn bcmübt sich die „Krenzzcituug" auf Grund von hämischen Bemerkungen gegen die Natioiiallideraleu das Halidinhandgebcil der Ordnungö- parteicn zu stören. Wir erwarten vom „Vaterland", dem Organ des conservativcn LandesvercinS. daß cö Herrn von Haiumerstein in gebührender Weise zurückweisen und begreif lich machen wird, sich nicht in Dinge zu mischen, die ihn doch eigentlich nichts angchcn. Die Redaktion.) « * lieber das schreckliche Unglück, welches die kleine und arme Tirolcrgemcinde Kollinann getroffen bat, geben noch sorwäbrend eine Menge von Berichten durch die Blatter, die fick selbstredend zunächst mit dem verbängiiißvollen Ratur- ercigiitß und seinen Folgen beschäftigen. Einige Mitlbeilungcn Ihuil aber noch anderer Momente Erwähnung, welche eine Besprechung der Sache auch an diesem Orte rechtfertigen. Ten Fremden, welche theils der Katastrophe beiwohnte», theils sofort nach den ersten Meldungen an die Stätte dev Zerstörung und des Elenos eilten, siel nämlich, so wird den „Münchener Neuesten Nachrichten" geschrieben, die fast fatalistisch zu nennende Art und Weise aus, wv- nit die hart getroffene Bevölkerung KotUiia»»« den iürchlerlichcn Mubrgang binnabm. Ter Schrecken läbmt .'ckaniitlick viele» Leuten förmlich die Glieder und die Be- iinillng, so daß sic in Len ersten Minuten der Angst und Ber- wirrung sich und anderen nickt zu ralbcn noch zu helfen wissen. Doch baS war eü nicht allein, was sich auch in Kollmann geltend machte; bei sehr vielen, wenn nickt bei den meisten, kam vielmehr eine durchaus willenlose Ergebenheit in die Fügung einer bökereu, überirdischen Macht zum entschiedenen Ausdruck, eine Ergebenheit, welche in manchen Fällen die Selbsthilfe geradezu auSschloß. An der Spitze dieser Blindergcbcncn stand der Pfarrer eines Nachbar orte«. Augenzeugen de« Unglücks erzähl«» als nur zu charakteristisch Folgendes: „Die Wogen daher trieben Menschen, Lieb. Mcräthe und andere Gegenstände. Einige besonnene Menschen bestüriutcn den Psarrer, er möge doch seinen Einstich geltend macken und irgend etwas unterneinne», daß sich eine Netrnngs-- und Vergungoard, ,t vrgani- sircn lasse. Allein der Geigliche antwortete nur: „La Hilst nichts mehr; das ist Gotte« höherer Wille und das Einzige, was ich thu» kann, ist, daß ich die Unglück liche» segne!!" Dieser Auffassung deS Pfarrers vom wcrklbätigcn Cbrislen- tbum entspricht eö auch, daß, wie verbürgt Wirt, eine Bäuerin ihre Kinder in der Wohnstube in den bcrcinbrcchcndcu Wasscr- nnd Schmntzfluthen ertrinken ließ, während sic selbst aus den Kiiiccu lag und unausgesetzt rief: „Heilige Maria! Hilf uud retle meine Kinder!" Das Unglück erschien den Bewohnern von Kollmann als eine Strafe GottcS. die man vcrdicut habe uud daher ergeben hiilnehmen müsse. Hierüber erzählt man sich, daß die Gemeinde längere Zeit mit einem ihr uicht genehmen Caplanc i» Streit lag, so daß er schließlich den Ort verließ. Drei Tage später kamen Unwetter und Unter gang, und jetzt heißt es, der Himmel habe die Beleidigungen, die man einem seiner Geweihten angelhan, rächen wollen. Ist Derartiges uicht geradezu haarsträubend? Woher aber kommt, sagen wir es unumwunden heraus, diese kolossale Verdummung deS TirolcrvolkeS, daS doch in anderen Dinge» zu beweisen versteht, daß c« offenen Kopfes ist? Wer denkt hierbei »ichk an die Schulverbältnisse Tirols, welche nirgend sonst in Oesterreich so tief im Argen liegen? Uud wer läßt diese Schulvcrhältnissc trotz alledem unbeküm mert sortbcslebcn? Die Energielosigkeit der Regierung zu Wie», die eS nicht durchzusetzen weiß, daß da« vorzügliche Reichsschulgesey endlich einmal auch in Tirol zur Em- und Durchsükruug gelaugt. * Mit Hochrufen auf die internationale Socialdemokratie und die sociale Revolution hat sich die zu Brüssel tagende Versammlung der Vertreter der verschiedenen Socia liste»- gruppen der Welt getrennt und damit denjenigen ihrer Mitglieder ein kleines BcruhigungSuiittel verabfolgt, denen die Debatten uud Beschlüsse einen zn zahmen Charakter trugen und die dicserhalb befürchten zu müssen glaubten, daß der rcvo lutionaire Charakter der socialiftischen Bewegung nicht genug betont oder anerkannt werde. Mit den Hochrufen auf die sociale Revolution ist den Stürmern und Drängern in der Partei daS nüthwendigc Zugeständniß ge macht worden, und so konnten denn die Verhand lnngcn unter dem Eindrücke geschlossen werden, daß die Einigkeit unter den Vertretern dcS arbeitenden Volkes über allen Zweifel erhaben sei. Aeußcrlich ist dieser Eindruck auch hervoracrnfcn worden und die Massen der Arbeiter, die über den Verlaus der Eoiigrcßverhandluiigc» nur einseitig gefärbte Berichte lesen, werden auch wirklich davon fest über zeugt sein unv meine», daß sowohl ini Großen und Ganzen, wie anck in den einzelnen Fragen die Repräsentanten der ZukunstSgesellschast eines Herzens und einer Gesinnung seien. In der Thal ist eS aber mit dieser Einigkeit nicht weit bcr. Einig sind die Delegieren nur in dem Haß gegen die bestehende staatliche und gesellschaftliche Ordnung und in der Ucbcrzcu.zuug, daß Alles, was besteht, zum Untergänge reif ist; uneinig da gegen sind sie über die Mittel, durch deren Anwendung der Uebcrqang der gegenwärtigen Gesellschaft in die svcialistische herbeigesührl werden soll, und über die Taktik, mit der sie der Heuligen Ordnung gegenüber zu treten baden. In hef tiger Weise befehden sich die einzelnen Gruppen, und die Leidenschaftlichkeit, mit der sie sich gegenseitig anklagrn, bleibt nicht viel hinter dem Ungestüm und dem wütbcnden Haß zurück, der in den Verhandlungen gegenüber der jetzige» Gesellschaft zum Ausdruck kam. Bei dieser tiefgehenden, nur äußerlich und künstlich verdeckten Spaltung konnte vou den Verhandlungen des CougresseS uicht viel erwartet werden; da» thatsachliche Ergebniß hat ftlbst, wie die „Magded. Ztg.' ganz richtig »«tost, di« brjch«»de»K«» Erwartung»
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