02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.09.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910909029
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891090902
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- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-09
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.7» B s z— »o !bo Ü— c- A L t.— t- st— st— >.— stS0 >10 >40 ),k-0 iäo » X70 W l.vv stlv H« i - »«» Abonnement-Preis t» d»r Hauptexpedttton oder den im Stadt» b«»irk und den Vororten errichteten Au», gabestellen ab geholt: vierteljährlich4.50, vei »weimoliaer täglicher Zustellung in« Haut >l 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertel,ährlich ü.—. Direct» tägliche Kreuzbandseudung in« Ausland: monatlich 9.—. Di« Morgen-AuSgabe erscheint täglich 6 Uhr, di» Abend-AuSgabe Wochentag« b Uhr. Nedarlion und Expedition: J«hanne-,asse 8. Die Expedition ist ununterbrochen ge öffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: Ott« Klemm » Sortim. («llfre» Hahn), UniversitätSstraße 1, Louis Lösche, Katharinenstr. 14, pari, und KSnigsplatz 7. Druck und Verlag von ik. Polz in Leipzig. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Drgan fiir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr JnsertlonSprel- Morgen» Ausgabe: die 6 gespalten« Vetit» »eile LO^j, Reclamen unter dem Redactiont» strich (4gespalten) 50^, vor den Familieu- nachrichten (6 gespalten) 40-L. Abend-AuSgabe: die Ogespaltcne Petitzeilr 40-^, Reklamen unter dein RedaetionSstrich k-t ge,palte») 1 Familicnnachrichken und Anzeigen verlorener Gegenstände liigrspalteu) 20 -ä. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib. TabeUarilciur und Ziffernjatz uach höherem Tarif. Nxtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschlnß für Inserate: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: NacknnittagS 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Vei de» Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Inserate find stet« an dic 8rpeditton zu richten. 25S. Mittwoch- den 9. September 1891. 85. Jahrgang. Oesterreichs Wehrkraft. Ueber die stattgehabtcn österreichischen Manöver ist noch kein abschließendes Unheil in die Ocffenllichkeit gelangt, allein was die Theilnnheile anbetriffk, so ist man wobt iin Ganzen mit den Erfolgen zufrieden. Fachmännische Nrlbeile lasten sich über Manöver nur von leitender Stelle aus abacbc», »nd was diese anbclrisst, so hüllt sich diese Stelle in Oesterreich wie in Deutschland in Schweigen. Allein die verschiedenen militairisch geschulten Berichterstatter haben immerhin eine» Einblick in einen Theil des Getriebes gehabt und sie sind denn auch mit den Leistungen der Truppen zufrieden. Dic Leistungen im Frieden sind gute, eine andere Frage ist, ob dic Leistungen der österreichischen Armee im Kriege gute sein werden. Wenn wir sagen österreichische Armee, so meinen wir die Gcsammtheit der Wehrkraft, ihre Gcsainmtlcistung. Bon der Tapferkeit, von guter Führung im Einzelfallc sind wir völlig überzeugt, indessen damit ist cs jetzt nicht mehr gethan. Gerade die Erfahrungen, welche man jetzt wieder im Waldviertel mit dem rauchlosen Pulver gemacht hat, drängen mehr denn je dahin, dic Armee als ein Ganzes aufzufassen, dessen einzelne Theile Zusammen arbeiten. Der Erfolg dcS Kriegs liegt zwar in letzter Linie in dem Sieg in der Feldschlacht, allein um diesen Sieg zu er langen, bedarf es großer Vorbereitungen, bedarf eS einer großen Umsicht, die den Frieden benutzt, um die Rüstung zum entscheidenden Schlage zu vollenden. Und hier drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob denn auch Alles in der österreichischen Armee in jeder Richtung vorbereitet ist, ob die Truppenkörper sich in der Ausrüstung be finden, die zwar den Sieg noch nicht gewiß macht, die aber eine Vorbedingung des Sieges ist. Rach Dem, was bisher gethan worden ist, kann man kühnlich behaupten, daß die österreichische Armee viel, sehr viel an sich gearbeitet bat, und daß sie in einem Kriege ohne Zweifel sehr Tüchtiges leisten wird; ist ihr außerdem noch König Zufall hold, so wird sic auch den Sieg an ihre glorreichen Fahnen knüpfen. Auf den Zufall ist aber nicht immer zu rechnen, und ein gedenk des Sprichwortes, daß ein Sperling in der Hand besser als ein» Taube auf dem Dache ist, erheben sich in der österreichischen Armee selbst Stimmen, welche auf eine durch greifend« Verbesserung dringen. Eine solche gewichtige Stimme findet sich in der bei Seidel und Sohn in Wien erschienenen Broschüre „Die gegenwärtige Lage Europas und das KriegS- bndgct Oesterreich-UngarnS", von der wir schon mehrfach ge sprochen haben und welche in der Thal großes Aufsehen macht. Man schreibt die Autorschaft dem Obersten Pilrcich zu, meint aber, daß die Auslassungen der Schrift mit den Gedanken der höchsten militairiscben Kreise sich decken. Die russische Presse hat deshalb wobl auch triumpbirend aus die durch dic Schrift ausgcdccklcn Mängel bingewiesen. Auf- gedeckt ist eigentlich nicht da« passende Wort, denn wen» eS sich um gebeime Schäden gebandelt bätle, so hätte sich gewiß kein Militair gefunden, dieselben öffentlich zu be sprechen; die Broschüre sagt dem Kenner etwas Bekanntes, sie ist aber auch nicht für Kenner berechnet, sondern sie soll im Volke wirken, daß dieses feine Abgeordneten instruirt, den Forderungen des Kriegsministers entgegenzukommen, um Alles gethan zu haben, daS Vaterland in erfolgreichen Verthcidigungs- zuftand zu setze». Henke steht in einem Kriege Volk gegen Volt, aber nicht das Volk mit seinen Sym pathien und Antipathien, mit seiner ungestümen Natur- kraft, sondern das geschulte, daS militairisch organisirte Volk, kurz die Volksarmee. Die Volksarmee, die bis ins Kleinste vorbereitet ist und die nur darauf wartet den Schlag auSzuführen, zu dem sie schon seit Jahren sich gerüstet, die Hand erhoben hat. „Nie noch", so sagt der Verfasser, „haben zweckmäßige militairischc Institutionen, innerer Gehalt, inuthige Entschlossenheit und zähe Ausdauer eines Heeres Triumphe mit so verblüffender Raschheit gefeiert, als cs aus deutscher Seite 1870/71 geschah. Bewundcrnswertb ist die Opserwilligkeit der französischen Nation und unvergleichlich ihr Mutb im Widerstande; aber diese heroischen Eigenschaften vermögen nimmermehr den in der vorher gehende» Friedens- Periode nicht behobenen Mangel zweckmäßiger Gestaltung der Wehrkraft wettzuniachen." In allen Staaten wird diese Rüstung mit Eifer betrieben, neue Gewehre und andere Waffenauörüstunz cingefübrt und ein ganz besonderes Gewicht auf die Gestaltung der Ncservc- sormationen gelegt. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, weist der Verfasser aus den aus Sparsamkcitsrücksichten aufgetrnngcnen Mangel an Berufsofsiciercn und an länger dienenden Untcrossiciercn, sowie auf den zu geringen FriedenS-Präsenzstanb an Mann schaften in der Infanterie, den er eingebend erläutert »nd zu dessen Hebung er Vorschläge macht, hin. Dic Eavalleric ist »umerifch im Vergleiche mit den anderen Waffengattungen zu schwach; doch erscheint eine nennciiöwcrthe Vermehrung deS FriedcnsstandeS dieser kostspieligen Waffe aus finanziellen Gründen von vornherein ausgeschlossen. Um so »othwcndiger ist es, auf die Erhaltung ihrer Güte und ihrer Schlag fertigkeit vorzudenkc». ES müssen für dic Rcserve-Escadrone» schon im Frieden die Osficiere und wenigstens ein kleiner Stamm an Unter- officiercn und Mannschaft (Cadre) verfügbar sein, und cs müßte vorgesorgt werden, daß dieser Eabre theil« durch vor übergehende Zuweisung der für den gedachten Zweck aus- zubildenden Leute des Präsenzstandes der EScadroncn, lhcilS durch Einziehung von Reservisten und Pferden zur Waffcn- üdung wenigstens in der Zeit der größeren Truppenübungen einen entsprechenden Stand annebmen und die Hebungen mit der Infanterie derjenigen Truppe» - Division, bei welcher die Reserve EScadron im Kriegsfälle eingctheilt wird, mit machen könne. Ueber die Artillerie findet er wenig zu klagen, doch müsse erwogen werden, ob die Dotirung der Landwrbr-Divistonen mit Artillerie ausreichend sei. Unzweisehaft sei, daß dic Armee zu wenig Pioniere bez KriegSbrückenmaterial habe. Ein Hauptgewicht ist aus dic Verpflegung der Truppen zu legen und hier dürste eine ausführlichere Wiedergabe der Gedanken des Verfassers angebracht sein, umsomehr, al« da- Interesse hierfür durch die im nächsten Jahre in unserer Stadt stattsindcnde Ausstellung geweckt ist. Der Ver fasser sagt: „DaS Verpfleg-- und Trainwcsen birgt gegenwärtig Probleme, über deren Lösung bei den Mafscuhecren kaum eine richlifze Vorstellung zu gewinne» ist. Betreffs dcS Fleisches waren bisbcr Armee», die so zu sagen andauernd in Bewegung blieben, wobl nur ganz vorübergehend in Verlegenheit. Wenn man die unbezahlte Regnisitivn tbunlichst vernieidct, also Scblachttbicrc kaust und sehr gute Preise macht, so könnte man sich in dieser Beziehung besonderer Sorgen cnlschlagen und »nr Maßnahme» treffe», welche die Eolonnen in die Lage setzen, unler besonderen Umständen rechtzeitig Schlachtvieh von rückwärts an sich zu ziehen. Es kommt aber daS Gewicht der beutigen Massenhccre in Betracht. Die vielen Eolonnen, ihre große Tiefe, ihr nahes Aiicinanterrllcken, schließlich ihr Zusamiiicnballcn bcbnfs der Gefechte und Schlachte», sind die Umstände, welche die Sache sofort in bedenklichem Lichte erscheinen lassen, namentlich dann, wenn der Gegner de» OperationSranm schon durchzogen bat. Sollen die Armcc-Eolonnen in Bewegung bleiben, so tann man unmöglich aus einen regelmäßigen, derart gestalteten Nach trieb von Schlachttbiercn reflcctircn, daß diese allmälig von der Oncue der Eolonne zu deren Tete gelangen; kenn die Dhiere würden daS Marschtempo der Eolonne bestimmen — und nur Haut und Knochen kämen vorne an. So erübrigt nur, in größtem Maßstabc auf die Ver pflegung mit Fleisch-Eonscrvcn zu greifen und sich darauf gefaßt zu machen, daß sie in gewisse» Fälle», auch längere Zeit hindurch, daS einzige AuSklinftsmittcl sein dürften. Illoch schwieriger wird sich die Verpflegung mit frischem Brod gestalten. Die Tiefe der Eolonnen und der Umstand, daß schon 6 bis 8 Tage altes Brod kaum mehr zu genießen ist, daß das Brod frisch erzeugt, auf offene Wagen verladen und nicht durchweg unter entsprechendem Schutz gegen die Witterung tranSportirt werde» kan», lassen cs ganz vergeblich erscheinen, aus einen regelmäßigen Brvdnachschnb zu rechnen. Die Tete der Eolonnen wird sich ab »nd zu selbst helfen können, ihre Oncue vermag öfter Brod von den Feld» bäckereien zu beziehen, ihre Mitte wird einmal da, daS das andere Mal dort participircn können, und so dürft« e- wohl erreicht werden, daß sich der Mann hier und da an einem Laib Eonimißbrod wird ergötzen können; — aber, ix» Großen und Ganzen ist auch in dieser Beziehung dnt> nur auf Conscrven-(Zwieback-) Verpflegung zu rechnen. Gesellt man zu Fleisch- und Brod-Eonscrvcn noch etwa solche au« Gemüsen und den Artikel Reis, so ist das Mcnn der Kriegsvcrpflkgung auf Tage, Wochen, Monate binaus festgesetzt, während deren nur ab und zu ein zähes Stück Rindfleisch, ein altes Eommißbrod und ein Branntwein niederer Oualität, etwa vielleicht hier und da noch Thce mit Rum oder Kaffee etwas Abwechslung bringen wird. ES müßten daher Eonserven zur Verfügung sieben, welche in Bezug deS NährwcrtbcS, de« andauernden Genusses, des geringen Gewichte« und der raschen Masscnerzeugung den KriegSverhältnisscn besser entsprechen als die bisherigen. Es müßten die schweren, nur aus Ebanssccn brauchbaren Pro viantwagen, so wie cS in Deutschland und Rußland bereits geschehen ist, durch leichte Wagen ersetzt werde», deren Eon struction den Bodenverhältnissen der östliche» Kriegsschauplätze angepaßt ist. ES niüßlen genügende Quantitäten von Feld bahn Material verfügbar sein, und diesbezüglich eine citt sprechende Organisation geschaffen werden." Soweit die Broschüre. Man wird ihren Ausführungen jedenfalls mit dem ganzen Ernst begegnen, den dic Materie, die sie behandelt, erheischt, und man wird annchmc» dürfen, daß sie in Oesterreich eine Wendung herbeifllhrcn und vor Allem die Kricgspräscnzzisfer von 800 uuo crböhen wirk. Aber auch für Deutschland sind ihre Ausführungen von Be deutung und eine Lehre für die Parteien, die sich gegenüber den Forderungen des Kriegsministers auf dem verneinenden Slanvpuncl befinden. Leipzig, 9. September. * Die freundliche, ja begeisterte Aufnahme, welche der Kaiser bei seiner Inspectionsreisc in Bayern, namentlich in der Hauptstadt des Landes gesunden hat, wird allenthalben in Deutschland höchste Genugthnung kervvrrusc». Es war in jüngster Zeit durch einige bayerische und norddeutsche Blätter eine etwas unfreundliche Stimmung gegangen. Alan konnte fast fürchten, die alten Geister eines unb-rcchliglen ParticulariSmuS wieder aufleben zu sehen, und cS ist von hübe» und drüben manches gereizte Wort gefallen. Tie Aufnahme, die unser junger Kaiser gefunden, beweist, daß das bayerische Volk, unbeschadet seiner staatlichen Selbstständigkeit, die Niemand antastel, seine »iiacsehciic Stellung im Nahmen des Deutschen Reichs wcrthschätzl und dem obersten Vertreter dieses Reichs mit Verehrung und Vertrauen ciitgegenkommt. Tie hochernslen Zeile», in denen wir leben, die schweren Gefahre», die jeden Tag über uns hcrcinbrechen können, müssen vor Allem in unfern eigenen Reiben den Entschluß zu einem unbczwciselbarcn machen, jedem Feind des Vaterlandes mit geschlossener Kraft ciitgegc» zutrcten. Jetzt am wenigsten wäre dic Zeit, alte Stammes- gegeiisätzc wieder verschärfen zu wollen Die« Gefühl wird gleichmäßig im Norden unk Süden unter allen patriotische» Männer» herrschen. Hat cS doch soeben auch in dem benach barten und verbündete» Oesterreich einen hedenlniigsvetle» Ausdruck gesunden. Um wie viel mehr müssen wir Deutsche es uns aiigelegen sein lassen, keinen Zweifel an der Festigten des Reichs und den« enggefchlossenen Zusammcnslcbcn alter seiner Glieder aujkommen ru lassen. In dieser Hinsicht wird allem Anschein »ach die Reise unseres Kaisers von erfreu licher Wirkung sein. * „Ausbau der RcichSverfassung in freiheitlichem Sinn-." — da- ist ein Begehren, welches in den letzten Tagen in Deutschland wieder einmal >n deutsch-freisinnigen Blättern laut geworden ist. So unter Anderm in der „Breslauer Morgenzeitung", in der wir lesen: Die Verfassung deS Deutschen Reiches, wie sie vor 20 Jahren geworden ist, stellt nicht das Werk dar, mit dem sich daS deuljche Volk sür ewige Zeiten zufrieden geben wird; »nd noch viel weniger gilt dies sür die preußisch« Bcrsajfung. Tie össeniiichen Ein richtungen , in deren Rahmen sich daS Leben dcS deutschen Volkes entwickelt, sind unzulänglich und harre» der bessernden Hand. Die Stellung der Krone ist nach allen Seiten bin befestigt, während das Parlament jedem Angriff »nd Truck preisgegebe» ijl. Man vergleiche nur das fragwürdige Mas; der Unverletzlichkeit, weiches unsere» Volksvertretern zugestanden wvrde» ist, mit der sicheren Positiv», die ei» Minister einniinmt. So lange nick» die Verautwvrilichkett der vom Monarchen dermene» Münster durch teste Forme» umschriebe» und außer Frage gestellt ist, Imde» wir die erste Staffel eines conslitulioncUe» Staates »och nicht crllvmincii. Der heutige Zustand unserer Versasjuiigs-Einrichluiige» muß ein uiiiiatürticher genannt werden, und alles Unnaliirüche iälll zu- samme», mag man die Stützen »och so kunstvoll grnppiren. Vv» Tauer »nd siegreich gegen äußere wie innere Feinde wird nur die Siaalsversassnng sein, dic dein Volke giebt, was des Volkes ist. Wer dieses Verhältnis; zn verwirklichen sucht, handelt nicht rcvol»- tionair, sonder» staatserbaiteud. Man kann angesichts de« Vorstehenden nur an daS Wort denken: „Nichts gelernt, nicht« vergessen." Tic deutsch freisinnige Partei verschließt sich der Thalsache, daß die deutsche Ncichsvcrfassung ei» unter außerordentlichen Müh seligkeiten und unter gegenseitigen Eompromisscn zn Stande gebrachtes Werk ist, an dem zu rütteln noch jüngst Fürst Bismarck mit eindringlichen Worten gewarnt bat. Die jenigen, welche in der Verfassung des Reiches zn wenig „VvlkSsreibcit" finden, sollten bedenken, daß in großen Votts- sschichtcn man entgegengesetzter Anschauung ist und zum Bei spiel durch die Zustände, welche das allgemeine Wahlrecht herbcigcführt hak, durchaus nicht sehr erfreut ist. * Tic „Natioiialliberale Corrcspondenz" schreibt Folgende«: „Tie „Nationalzeitung" hält cö für nolh- wcndig, nnS eine» Verweis wegen unserer angeblichen ein seitigen Vertretung dcS agrarischen StandpnncteS in der Zollfrage zu crthcileu. Wir müssen diesen Vorwurf znrückweisc». Wir sind nur nach Kräften wiederholt dem osienllichcn Unfug cntgcgcngclrctcn, der andanernd mit dem „Nolhstank" getrieben wird, und haben unserer Ansicht Aus druck gegeben, daß die Negierung mit ihrer Haltung in der Frage der Suspcnfion der Gctrcitczöllc das Richtige getroffen hat. Wir habe» dagegen stet« dic Handelsverträge mit ihrer Herabsetzung der Geircidezölle befürwortet und der weitver breiteten Abneigung gegen dieselbe» cntgegenzntrclcngesucht. Wir glauben, unü mit alledem in Ucbercinstimmung mit der großen M Krbeit tcr naiionallibcralcnPartei imReich zn befinden. Die „Nationalzcitung" möge dock, einmal ihre Blicke von Berlin nach Sachten, Süd- und Westdeutschland, wo die Partei noch de» festesten Boden bat, lenken. Jedenfalls glauben wir den agrarischen Standpiinet noch lange nicht so einseitig vertreten zn habe», wie das genannte Blatt den entgegengesetzten." Wir lönncn für nnscrenThcil nur bemerken, daß die „Ralional- liberalc Eorresponden;" mit ihrem gemäßigten Standpnnct in Betreff der Schntzzollfragc ohne Zweifel dic in der national- liberalen Partei vorherrschenden Anschauungen weil besser und richtiger zum Ausdruck gebracht hat, als dies dic in solchen Fragen öfters betcnllich hin- und hcrschwankcnde „National-Zcitung" gethan hat. * Der »ach Berlin einbcrnsenc Deutsche Schrift- stcllervcrbant wird fick an erster Stelle mit der Beschluß fassung über den Entwurf eines VcrlagSgesctzcs befassen, welches der mit Ausarbeitung dcS Bürgerlichen Gesetzbuches beschäftigten Eommisfion überreicht werde» soll. Nach dem für die Ausarbeitung dieses fcstgcstclllc» Plane soll bekanntlich daS Verlagsrecht leinen Tkcil des Bürgerlichen Gesetzbuches bilden, sondern dem HandelSgesctzbnch angefügt werden. Diese Absicht hat in inicressirlcii Kreisen starken Widerspruch hcrvor- aerufcn und dcrTcuiicheTchriflstcUcrvcrband ernannte im vorige» Jahre eine vorzugsweise ans Juristen bestehende Eommissivn mit dem Aufträge, einen Gesetzentwurf über daS Verlagsrecht anSznarbcilcn und der diesjährigen VcrbandSvcrlamnilung vorzulegcn. Die Eoiiimission hat im Juni dieses IahrcS zu Leipzig unter dein Vorsitze dcS NechlSanwallcs l>i. Robert Keil aus Weimar getagt und den von Rechtsanwalt IR. Fuld in Mainz auSgcarbeitcle» Gesetzentwurf tnrch- beratben ; dabei wurden dic Wünsche dcsBörsciivereiiis deutscher Buchhändler, welcher ebenfalls durch eine Eommisfion einen Gesetzentwurs batte auSarbeilen lassen, nach Möglichkeit be rücksichtigt. Wird der scrliggestelltc und inzwischen veröffent lichte Entwurf seitens dcS Verbandes, wie zu erwarten, an- gcnomincn, so ist hierdurch die Erfüllung eines seil langer Zeit von Schriftstellern und Buchbändlcrn gehegten Wunsches um ein gutes Stück gefördert. Es darf Wohl die Erwartung ausgesprochen werten, daß dic Eotification des Verlags rechtes nicht bis zu der noch gar nicht abzuscbcnte» llm- arbcitung teö HaiidclSgcsctzbuchcs verschoben werde, da in der That ein nicht zn bestreitendes Bedürfnis! Vorbauten ist, daß die auf diesem Gebiete vorhandene Rechlsiinstchcrbett beseitigt werke. Hierzu bedarf cs aber des Erlasses eines VerlagSgesctzcS. Ob man dies dem Bürgerlichen Gesetzbuch«: ciiisügcii oder, was richtiger erscheinen will, als Sondergcsctz erlassen will, ist ziemlich glcichgiltig. * Der „Hamb. Eorr." bringt in seiner bentizc» Morgen- AuSgabe einen Artikel „Deutschlands Machtstellung und die politische Lage", worin constalirt wird, daß man in neuerer Zeit i» immer weitere» Kreisen der Anssassnng begegne, Deutschland nehme nicht mehr in dem Maße die lcttcnte Stelle in der europäische» Politik ei», wie zur Zeit de« Fürsten Bismarck. Dem gegenüber schreibt der „Hamb. Eorr." u. A.: „Mer z» denken vermochte, bat von dem Ablebe» des Gründers des Tcukiche» Reiches und dem Au ,l eider i iner l attpisächlichsien Veraiber aus der Siaalsieitmig einen Rück chiag auf die Stellung Deutschlands in Europa erwarten inüfie». Das Vertrauen »nd das Ansehen, welches der greise Herrscher weit über die Greinen Trut'ch- lands hinaus genoß, »ind Las mit Furcht gemischie PreNige, dessen die Leitung der auswärttgeu Angelegenheiten Lurch Leu Fürsten Bismarck sich crsreule, konnte nicht als Eric auf die Rach- svigcr Übergabe». Soweit die Stellung Deutschland-:' unter den Staaten Europas aus solchen persönliche» Mouieme» be- ruht«, war das alte Fundament verloren und es miißle ein neues erst gelegt werde». Erwägungen dieser Art waren sur ,eden rntiig Uriheilenbe» «nabweiobar »nd es mußte cm um so stärkerer Rück schlag erwartet werden, al» die VormachlSsiellung TeulschiaiidS naturgemäß von de»,eiligen Machten, weiche, wie Franlreich, Ruß land und auch Großbritannien, selbst de» Anspruch aus eine suh lende Stellung unter den Staate» Europas erhebe», schwer cinpsundcn wurde." Der „Hamb, Eorr." steht in dem Ruse ein Blatt zu sein, i:> welchem Berliner ofsieiöse Anschauungen zum Ausdrücke gelangen. Wenn von einem solchen Organe zujzestande» wird, daß Jeder, der zu denken vermocht habe, eine Schädigung der deutschen Interessen ans dem wichtigen Gebiete der aus wärligc» Angelegenheiten von der Beseitigung deö Fürsten BiSmarck habe erwarten müsse», so wird sich Niemand wundern dürfe», wenn das kcnlschc Volk sich die Frage ausS Nene und dringend vorlegt, weshalb die Entlassung des Fürsten dennoch erfolgen mußte, resp. welches die Grünte waren, vor denen die Rücksicht ans das Prestige dcS Reichs nach außen zurück- lrclcn mußte. * Die „Allgemeine Zeitung" macht auf einen Punct auf merksam, der nach ihrer Ansicht sehr dazu angctban ist, mit einiger Anfmcrtsamlcil behandelt zu werde». Dicö ist eine gewisse Spezialität der militair-politischcn Schrist- sicllcrci. Im Laufe de« Jahres erscheinen in den größeren telitscheiiZeitniige» zahllose Betrachtungen über das militairischc Verhältnis; Deutschlands zn seinen Nachbarn und dieser Nachbarn zu uns. Wenngleich ein Theil dieser Arbeiten bedeutungslos ist, so trägt er doch dazu bei, dic öffentliche Meinung im eigenen Lande zu bennruhigeu, der deS Aus landes gegenüber nnS Deutsche aber al« böchst »nsricd- fcrlige Leute darzustcllen, die fortwährend auf die Befehdung ibrcr Nachbarn sinnen. Sind es aber gute Arbeiten, so bieten sie nick't selten dem vorausgesetzten Gegner recktt werlb- vollcs Material und dienen weit mehr zur Belehrung der Franzosen »nd Russen als zu der dcS deutschen PnblicnmS. WUnicht eine der Nachbarmächie eine deutsche Kritik der von ihr vorgeschlagcncn militairischen Maßnahmen, so braucht sie die Sache nur in die Presse zu bringe» und darf sicher fei», in längstens vierzehn Tagen in deutschen militainschcn und politischen Blättern die gediegensten Arbeiten zn lesen, in denen alle Fehler der beabsichtigten Maßregel mit größter Zuverlässigkeit nachgewiesen werden. Wir meinen, fv sagt die „AUaemcine Zeitung", man sollte in Deutschland nach dieser Richtung hin vorsichtiger werden. Wir Deutschen haben keinen Grund, unsere Nachbarn auf ihre Fehler auf merksam zu machen und ihnen dic Mittel zur Beseitigung an die Hand zu geben; wir haben aus Gegenliebe in dieser Bc- zicbuna schwerlich zn rechne». * Tie „National Zeitung" veröffentlicht einige Auszüge eines ausführliche» Berichts, welchen der Evmmandant teS auf der ostasiatischen Station befindlichen Kanonen bootes „Iltis", Eorvetten-Capikam Ascher, über die Un ruhen an der chinesischen Küste an daS Neichsmarine- amt gerichtet hat. Am Schluffe desselben spricht Ecrvctten- Eapitain Ascher die Hoffnung aus, das; sür die Zukunft, so lange Kanonenboote anwesend sind, an der chinesischen Küste Unruhen nicht zu erwarten wären. * In Hannover scheinen dic Haussuchungen, welche kürzlich wegen der welsisckcn Vereine vorgenvmmcn wurden, nicht nnwefeniliche Ergebnisse geliefert zu haben. Ncncrdi»gs sind aus Grund derselben gerichtliche Vernehmungen einer Anzahl Bürger angeorknct worden, um sestzustcUc», ob die zahlreichen Wclsenvercine der Stadl untereinander in Verbindung siche». Ter „Magdcb. Zeitung" zufolge wurde fcstgestellk, daß der Elub „Hannvvera" den Zweck habe, in geselliger Vereinigung die welsischc Gesinnung zu liegen und zu pflege». Denselben Zweck verfolgen 30 bis lo Welsen- clubs der Stadt. Unter dem Mamcl der Pflege der Gcmüthlichkeil kommen die VercinSmilglieder zusammen; die Gemütblichlett aber besteht in „althannovcrschcr" Mnsik, in Absingung von Wclscnliedcrn, in Ausbringung von Welfen- lriilksprüchen und Verlesung ».'elfischer Geschichtödarstellungen :r. Tic Verbindung der ElnbS wird einfach dadurch hcrgestellt, das; an fast jedem Tage irgendein Elub eine „gemüthliche" Zusammenkunft abhält und die Agitatoren von Elub zn Elub wandern, oder daß ein Ausflug gemacht wird, wobei die Agitation sich so leicht betreiben läßt. Dem genannten Blatt zufolge soll dem prcnsischen Landtag eine Vorlage bezüglich deö Welfe nfonds zngchcn und sei zu erwarten, daß die Re gicrung über dic Umtriebe der Wclsenparlci bei dieser Ge lcgcnbcil Mitthcilnngcn machen werde. Es heißt, daß il>r dazu ein ziemlich umfangreiches Material zur Verfügung steht. * Die Münchener „Allgemeine Zeitung" begleitet den Abdruck eines Artikels der „Hamburger Nachrichten" über die Dardanellcnfragc mit einigen Bemerkungen, worin u. A. gesagt wird: „Tie russischen Beziehungen der „Hamburger Nachrichten" sind erheblich älter, als die erst nach dem I. April IckOO ausgenommenen Beziehungen zum Fürsten Bismarck. Auf den erste«» beruhien u. A. dic Angriffe gegen den Grasen Waldcrsee, die j. Z. so viel Aussehen machte»". Dic „Allgemeine Zeitung" ist, so bemerken daraus die „Hamburger Nachrichten", falsch unterrichtet; dic „Hamburger Nachrichten" haben zu keiner Zeit irgendwelche russische Beziehungen unterhalten, stehe» auch jetzt nicht in solchen und müssen sich jede derartige Unterstellung anfS Ernstlichsle verbitten. Wir treibe» stets nur deutsche, nicnials ausländischc Politik, rnssifche so wenig wie englische oder österreichische. Wen» wir gelegentlich russische Ansprüche vertreten babcn, so geschah es nicht, weil wir russische Be »iehungrn habe», sondern weil wir die erstercii berechtigt fanden und weil wir der Ansicht sink, daß wer »ach seinen Kräften die unnöthigc Verschlechterung der deutsch russischen Bczitt'ungen zn hindern sucht, dem Deutschen Reiche einen Dienst erweist, also deutsch patriotisch bandelt. Ebenso un richtig wie die Unterstellung, das; die „Hamburger Nach richten" in russischen Beziehungen ständen, ist natürlich die daran gclni'ipstc Behauptung, die Waldcrsee Artikel unseres Blattes hätte» auf diesen Beziehungen beruht. Es bindert n»S jetzt nichts mehr, ?n sagen, das; die damaligen Artikel Berliner militairischen Ursprung« waren. * In Main; sind i» der letzten Zeit mehrere Ez resse von MilitairS vorgclommcn. Der bekannteste dieser Erecsse ist die Mißhandlung des Architekten Hcyl. Seitdem sind »och andere ähnliche vorgckomiiicn. dic allerdings, da die Ercetcntcn nicht Osficiere, sondern Gemeine waren, nicht so viel Aussehen erregt haben. Der Gouverneur der Festung, General der Infanterie von Reibnitz, hat, in der richtigen Empfindung, daß solche Vorfälle da« gute Verhältnis; zwischen Bürgerschaft und Militair trübe» müssen, einen Anlaß, der sich ihm dieser Tage bot (es war LaS Jubiläum der Mainzer Industrichalle), ü !
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