02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18910922027
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-09
- Tag1891-09-22
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Organ fiir Politik, Localgeschichte, Kandels- nnd Geschäftsverkehr. en) 50-^, vor den Familien» !ten l6 gespalten) 40 >b«: die 6 gespalten» Petitzeilr > e n unter dem Redactiontstrich Jnsertion-prei- INoroen.Ausgabe: di« Sgespalten» Nettt» »eile 20-E. RecIsmen unter dem Redaktion», strich <4 geipalten) 50-^, vor den Familien» »achrichten (' Abend-AuSgabe: 40/E, Rrclamen I <4 gespalten) I ^1, Familiennachrichten und Anzeigen verlorener Gegenstände (kgespalten) 20-^. Gröbere Schriften laut unserem PreiS- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), nur mir der Morgen. Ausgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderuug 70.—. Annahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Mo rg« „»Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn» und Festtag- früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine kalbe Stunde früher. Inserate sind stets an die Expedition zu richten. ^ 283. Dienstag den 22. September 1891. 85. Jahrgang. Jur Lage in Ostasrika. * Die „Norddeutsche Allgemeine Heilung" stellt in ihrer Nummer vom 20. September fest, das! Herr v. Sode», der Gouverneur von Ostafrika, die alleinige Verantwortung siir die Entsendung der Expedition Zelewsti trage, während die militairische Leitung in der Hand de« Coinniantantcn der Schutztruppe gelegen habe. Es wird damit auf eine bündige Weise eine durch den Grafen Pfeil, Milglied dcS Colonial- ratheS, verbreitete Ansicht bei Seite geschoben, wonach die Expedition „vcrmutblich nur ans dem Wunsch nach mehr kriegerischer Thätigkcit entsprungen sei", denn vom Freihcrrn v. Soden ist anö seiner Kameruner Per Wallung her bekannt, daß er mit den DuallaS, welche oft genug unruhig waren, in Frieden auSzukommcn suchte, was ihm auch vortrefflich gelang. Aber dieses Zugeständnis ist auch insofern interessant, weil eö zeigt, daß Freiherr v. Soden die Verhältnisse nicht vollkommen richtig bcurtbeilie, als er die Erlaubniß zum Marsch der Expedition gegen die Masiti gab. 'r Wenn man auch Herrn von Sodcn'S Verwalluiigsialeulc alle Anerkennung zollen muß, so bat er doch alö Civil- gouverncur keine kriegerischen Erfahrungen gehabt, kennt über dies die Verhältnisse in Ostasrika noch nickt genügend, um vollkommen frei in seinen Entschließungen zu sein. Daß er eine Verminderung der Schutzlruppe nickt wünschte, ist ibi» als große» Verdienst anzurechnc», de»» cS gab im vorige» Jahre eine sehr lebhafte Strömung, von ForschungSrciscndcn nnd Leuten ausgehend, welche das Land flüchtig durchreist hatten nnd behaupteten, daß Wissmann's Thätigkcit sehr leicht, die Nieder werfung des Aufstandes ei» Kinderspiel gewesen sei. Diese Anschauung wurde von „berühmten" Afrika,eisenden sogar an maßgebenden Stellen immer und immer wiederholt nnd wenn sich nicht dort allmälig ein gewisses Mißtraue» gegen diese Afrikareisenden — wie auch die Zusammensetzung tcS Colo- nialrathcS zeigt — eingcschlichcn hätte, so würde die Schntz- truppe am l. April vermindert worden sein. Aber cS lässt sich nicht leugnen, daß Herrn von Soden die Erfahrung Wissmann's fehlte, welche nur durch langjährige Praxis und Kenntniß der Leute erworben werden kann. Der Premierlieutcnant v. ZclewSki war gewiß ein tüchtiger und allgemein beliebter Ossicier, dem nichts ferner lag, als nach Schlachten und dem Ruhme des Afrikareiscnden zu geizen, aber er hatte kein Glück. Wissmanii war dies wohl bekannt. Bei Dunda machte ZelewSti eine erfolglose Re cognoScirung und I)r. Schmidt mußle erst die Voma des Feindes aufsinden, bei Mlembule vertief er sich ebenfalls und cS ist sicher, daß Wissmann ibn zu einer großen Expedition in das Innere so leicht nicht hätte abgcben lassen, am wenigsten mit jungen Officieren ohne längere afrikanische Praxis. Denn er wußte wohl zu unterscheiden zwischen Officieren, welche sehr gute StationSchefS, und denen, welche ErpeditionSführer sind; wer sich die Liste der StalionSckcsS daraus ansieht, wirb nach einem Ucberblick über die Geschichte der letzten beiden Jahre bald das Richtige beranssinden. ES rächt sich hier auch der Schritt, welcher im Interesse des Dienstes unternommen wurde, als die Lssiciere der Sckntz- truppe, welch: nicht Officiere der Armee gewesen waren, mit einer oder zwei Ausnahmen (zu denen auch A.Leue, dcrStalionS- ches von Dar-eS-Salaam gehörte» aus der Schutzlruppe enllassen wurden. ES waren darunter sehr brauchbare Leute, die jahrelang in Afrika gewesen und mit der KampfeSwcise der Eingeborenen vollkommen vertraut waren. Aber leider bat das re-ck tnpe System, welches bei der Neuordnung der Schntztruppc maß gebend war, mit denselben aufgeräumt. Wenn man sich doch einmal erst klar machen wollte, daß eS bei den colonialen Verhältnissen nicht darauf ankommc, ob die Officiere taktisch und wissenschaftlich aiiSgebiltct sind, oder die Kriegsschule besucht haben, sondern daß es sich im Wesentlichen um das Engagement energischer und tbatkräfliger Männer handelt, deren Leistungsfähigkeit erprobt ist. Dies bezieht sich auch aus die Civilverwaltung in Ostafrika. Es ist früher dem Herrn Major v. Wissmann der Vor Wurf gemacht worden, daß er mit seinen Mitteln nicht haus hältcrisch umgegangen sei und eine gute Rechnungslegung vermißt werde. Die Schuld daran liegt aber nickt an ihm, sondern an der Stelle, welche ihm seiner Zeit die nötbigen RechnnngSbcamten, um welche er ersuchte, nickt milgab Mit seinen Beamten hat er alles Mögliche geleistet Heute sind bereits ein Dutzend Gouvernements-Beamte in Ostafrika, und cS ist auch gar nickt abzuscbcn, wo dirö enden wird. Der Beamtenapparat wird dort sehr aus gedehnt und leider sind die Beamten, mit Ausnahme der beim Zoll Angestellten, wieder Leute, die wenig oder gar keine Erfahrung in colonialen Sachen habe». Aber da nun einmal AllcS auf das Reinlichste abgemacht werden soll, so kann man natürlich nur Leute gebrauche», welche ihre Sporen im Bureaudienstc erworben habe». Aus diese Weise Werren Wir viel Lehrgeld bezahlen müssen. ES ist sicher, wie die „Hamburger Nachrichten" sebr richtig betonen, zu bedauern, daß man Wissmann, der doch am meisten Anspruch auf diese Stellung gehabt bat, nicht zu:n Gouverneur bestimmte in der Auffassung, daß die Zeit der Diktatur vorbei sei und die geregelte Verwaltung zu beginnen bade und Wissmann seinem ganze» Temperament nach dafür nicht passe. Sein Temperament hat ikm allerdings wohl einen schlimmen Streich gespielt, besonders als er nach Berlin kam und die Abgrenzung mit England erfuhr — wofür ihn übrigens jeder Eolonialfrcund bochsckätzcn wird, da anderen „berühmten" Afrikanern die Aussicht auf Anstellung im Staatsdienst wich tiger war, als eine offene Aussprache — nnd als er sich in einen Streit über die evangelische MissionSmclhode einließ, welcher ihm an hober Stelle sehr verübelt wurde. Aber wer Wissman im Verkehr mit den Arabern und Eingeborenen gesehen hat, der versteht dessen Genialität zu würdigen und gerade bei kritischen Zeiten, wie sic jetzt in Ostasrika sind Freiherr v. Soden ist bei den Arabern nicht beliebt. Ob diese durch die Steuermaßrcgeln oder sonst etwas verletzt wurden, wissen wir nicht, nehmen cS aber an. Dagegen war Wissmann infolge seines unvergleichlichen Geschickes, mit den Eingeborenen zu verkehren und sie die bittersten Pillen verschlucken zu lassen, ganz unschätzbar Er ist ein^Neister in der Leitung der SchauriS; wenn seine jungen Ossiciere langst mißmuthig drcinsahcn, behielt er noch seinen Humor und herzliche Urbanität. ES wäre ganz einfach gewesen, ihm die nötbigen VerwaltungSbeamten an die Seile zu stellen. Jetzt scheint cS nun ;» spät, seine Stellung zu ändern und man wird ihn auf andere Weise ausbrauchen, wahrschein lich um die Karawanenstraße nach Mpwapwa zu säubern, vielleicht in Verbindung mit I>i-. Schmidt oder cinein anderen der bedeutenderen Officiere. Wir zweifeln nicht im Geringsten aran, daß er sich dieser Aufgabe mit dem größten Geschick entledige» wird, aber im Grunde bedauern wir eS dock, daß er sich ans solchen KricgSzügen herumplacken muß, wo seiner ganz andere Aufgaben narren uizd andere barren sollten. Wenn ihm ans diesem Zuge etwas Menschliches passircn sollte, so würde unser Schmerz darüber sehr groß sei», daß einer unserer ersten Afrikareiscnden im besten Sinne des Wortes, für den leine Stelle zu hoch ist, in dieser Weise hat aveiilurircn müssen. Leipziss, 22. September. * Der Kaiser hat daS vierte ArmcecorpS durch folgenden Erlaß anSznzcichncn gcrnbl: Ich habe bei de» diesjährigen Herbslübimge» sämmlliche Truppcn- thcilc des 4. Arineccorps und der bei ihm besonders gebildelen Eaval- leric-Tivisioii sowohl bei der Parade wie bei den Feldiimnöoer» aus einer Höhe der Ausbildung gesunden, die Mich in hohem Grade be friedigt. Es ist die wärmste Anerkennung, die Ich zunächst Ihne» und sodann säiniiitlichen Generalen, Eoniiiiandruicii und Lisicicren hierdurch aussvrcche. Ich ersuche Sie. indem Ich Mir die jpecielle BcuNhkiliing über die Feldmanövcr noch Vorbehalte, dies unter Bc- kaiintiuachung der in der Anlage befindlichen Gnadcnbeweise und Bkiörderungen zur Kenntniß des ArmcerorpS zu bringen und auch de» lliiicrosficiereii und Mannschaften Meine Anerkennung ihrer Haltung und Leistungen zu erkennen zu geben. Besonders haben Sie den Officieren, Untcrosficieren und Mannschaften der unter Ihrem Befehl zufaiimieugezogencn Reserve-Di vision anszusprecheii, das, dielelbe in ihren Leistungen nach allen Richtungen hin Meinen Erwartungen voll entsprochen bat. Ihnen selbst wünsche Ich Meine Anerkennung und Meinen königlichen Tank dadurch zu beihätigcn, daß ich ihnen das beifolgende Grogkreuz des Rothen Adler-Ordens mit Eichenlaub und Schwertern am Ringe verleihe. Ich scheide von dem Arnieecorps mit der Zu versicht, daß dasselbe unter so bewährter Führung den Standpunet der gewonnenen Ausbildung srfihalleii wird. Mühlhausen i. Th-, den 19. Sepicmber 1891. gcz. Wilhelm. * Die „Post" thcilt aus cinein eigenhändige» Briefe Einin Paschas mit, derselbe sei Mitte Mai am Südwest- uscr des Albert Edward SecS angckommc». DaS an eine Verwandte gerichtete Schreiben enthalte nur wcni>>e Zeile», darin die Mitihcilnng, daß es ihm nicht schleckt gebe, seine Leute befänden sich ebenfalls in guter Verfassung. Emin schreibt sodann, daß eS jc^-t mit de» Verbindungen alle sei. Danach dürfte» in den nächsten Monaten leine Nachrichten von Emin Pascha eintrcsicn. * Die im ReichSgcsundbeitSantte stattgebabte Eonfcrcn; über ein Gesetz, betreffend den Verkehr mit Wein, ist nach dreitägiger angestrengter Arbeit geschlossen worden. Zu derselbe» waren zehn Sachverständige geladen, darunter aus de» parlamentarischen Kreisen die Reichöiagsahgeordnctcn Iw. Bürllin nnd Herr v. Bulach. Tie Ergebnisse der Eonfercnz sollen streng vertraulich behandelt werden. Doch hören wir, daß alle Aussicht vorhanden ist, eö werde dem Reichstage demnächst ein discutablcr Gesetzentwurf vorgclegt werden * Die „Berliner Politischen Nachrichten" schreiben zu dem Gesetzentwurf über die Bekämpfung dcö Mißbrauchs geistiger Getränke: Es liegen zwei weitere Gutachten vor, eines vom Gaslwirlhs- verband Berlins und das andere vom Verein deutscher Irrenärzte. Es ist selbstverständlich, daß den GasNvirihen jede Bestimmung un- angenehm ist, welche de» Eonsum ihres Hauptvcrkaussarlikcls be schränk:, nnd der Beschluß des genannten Verbandes aus Verwerfung des Entwurfs in Aanfch und Bvge» wird deshalb nirgends über rascht habe». Man kann sogar mit ziemlicher Gewißheit Voraussage», daß lämrntliche Gaslwirthsvcreinigungen sich ebenso ausjprechen werden, und schon deshalb kann ihr Gutachten ans die Beur- tbeilung der Frage der Belämpsung der Trunksucht keine» Einfluß haben. Der Verein deutscher Irrenärzte hat die Vorlegung dcS neuen Gesetzentwurfs mit Freude begrüßt, aber ähnlich wie der Juristentog die strafrechtliche Verfolgung der Trunksucht verworfen. Es scheint überhaupt, als ob sich die eigentliche Opposition gegen de» Entwurf lediglich gegen die Bestimmung desselben richtet, in welcher die Bestrafung der Aergcrniß erregenden bezw. der gcwohn- keitsinäßigcn Trunkenheit ausgesprochen wird. Es ist das ja inio- scrn erirculich, als der Entwurf »och eine ganz« Anzahl anderer Vorschriften enthält und demnach diese in allen Kreisen mit Ausnahme der nninittelbar interessirtcn Anklang zu finden scheinen. Nur sollten Diejenigen, welche den 8. 18 verwerten wollen, bedenke», daß sie damit nicht tüegner des ganzen Gesetzentwurfs sind. In dieser Beziehung wird der Beschluß des Vereins deutscher Irrenärzte, der zivar die strafrechtliche Verfolgung der Trnnkiuchl tadelt, im Ilebrigc» aber den Entwurf srcudig begrüßt, aufklärend wirken können. Wenn inan nun die Einwände betrachtet, welche gegen den 8- 18 des Ent wurfs geltend gemacht werden, so sind sie in der Hauptsache zweierlei Art. Einmal wird gegen die strairechlüche Verfolgung der Trunksucht das Recht des Individuums auf persönliche Freiheit gellend gemacht. Gewiß wird dieses Recht überall anerkannt werde», aber da »un einmal das Rousseau'jchc Frciheilsideal sich nicht verwirklichen läßt, seine Realisirnng im Interesse unseres jetzige» Ciilturslandes auch wenig wünschenswcrth erscheint, so ist schon gegenwärtig die Frei heit des Einzelnen in gar vielen Pnncten zum Heile der Gesamint- hcit eingeschränkt. Niemand leugnet, daß die vvrgeschlagene Straf- bcstiminung eine neue Einschränkung bedeutet, wir bchuupten nur, daß dieselbe im Interesse der Gesammtheit wänichenswerth, ja sür eine gedeihliche Wciiereniwlckclnng der Gesellschast nolhwendig ist. Auch soll ja die Freiheit des Trinkens keine Einbuße erleide», sondern nur die des Betrinkens, und sür diese werden sich vom sittlichen TtanLpuncte aus doch nur gar wenige Gründe geltend machen lassen. Sodann glaubt inan gegen das Gesetz eingenommen sein zu sollen, weil cs ein Elasjengesetz sei. Man behauptet nicht, daß der Richter cko )uro gezwungen sein werde, mit zweierlei Maß zu messen, wohl ober, Laß ck« tuet» der Wohlhabende straffrei aus- gehen werde, weil er den Trunkeuheitszustand verberge» könne und in der Trunkenheit kein Aergerniß zu erregen brauche. Ist es »un zwar ein sonderbares Beginne», gegen ein Gesetz de» Einwurs geltend zu machen, daß eine seiner Vorschriften aus Einzelfiille nicht zutrcsse» loerde, so darf doch zugegeben werde», daß dein neuen Entwurf in seiner Gesammtheit der Üharakler eines Elasten- gesetzes anhastet. Das liegt aber an der Materie, welche er zu regeln bestimmt ist. Die Mißstände, denen er entgegentretc» will, sind hauptsächlich Folgen des übermäßigen Schnapsgenusjes, und da Schnaps überwiegend in den minder wohlhabenden Bevölkerung«- kreiscn consnmirt wird, so wird ein Trunksuchtsgeletzentwurf seiner Natur nach immer in erster Reihe an die Letzteren gerichtet sein müssen. DaS ist aber kein Fehler, sondern ein Vorzug des neuen GesetzentwursS. Gerade deshalb wird er zur Hebung »»scrcs Volkes i» materieller und moralischer Beziehung außerordentlich beitragen. Auch die gesammte» Arbeiterversicherungsgesetzc sind Elassengesetze, ihre segensreichen Wirkungen werden aber jetzt schon fast überall anerkannt. * Dem „Berliner Tageblatt" wird anS Zanzibar, 21. September, 11 Uhr 5 Min. Vorm, tclcgrapbirt: Krcnzlcr, Eommandant einer Abtheilung der deutschen Schutzlruppe, bat fick mit Truppen von Tanga inS Innere begeben, wo ein Aufstand der WadigoS auSgebrochcn ist. — Pxice, ein Ossicier der deutschen Schutzlruppe, begab sich mit einer An zahl von ausgewählten Zulu-Soldaten inS Innere und zwar auf dem Wege von Saadani nach Mpwapwa. * Eine der erfreulichsten Wahrnehmungen der letzten Wochen ist, so schreibt die „Nat.-Lib. Eorr.", gewesen, daß gegenüber dem Ernste der europäischen Lage die Presse aller Parteien in Deutschland, mit Ausnahme der social- demokratischen, im Großen und Ganzen eine cinmüthige, patriotische und würdige Haltung gezeigt hat. Um so bcdancr licher ist cS, wenn sich die „Kreuzzeittiiig" folgenden Ansspruch gestatten zu können meint: „Tie Erfurter Rete dcS .Kaisers bat einer Anzahl von Blättern, darunter auch nalionaUiberalen, Anlaß geboten, sich nach Frankreich hin in gewisser Weise zu entschuldigen, wenn dies auch nicht ganz in dem de- und wchmütbigen Tone geschehen ist, wie wir cS sonst wobl gewohnt sind." Die besondere Hervorhebung der nationalliberalen Blätter läßt keinen Zweifel darüber, was mit dem Ausfall eigentlich beabsichtigt ist. Nack echter Tcnunciantenart werden diese Blätter und Das, was sic gesagt haben, nicht näher bezeichnet; die Unbestimmtheit der Anschul digung ist notbwendig, um den Schatten auf die ganze Partei fallen zu lassen. Wir würden eS unter unserer Würde halten, wenn wir die nationalliberale Partei und ihre Presse gegen irgend welchen Vorwurf mangelnder Wahrung unserer nationalen Ehre vertheidigen wollten ; eS genügt der Hinweis auf ihre Geschichte. Was aber die heutige Lage anlangt, so hat die nationalliberale Partei früher als irgend eine andere aus der nach Tausende» zählenden Versammlung zu Worin« am 30. August d. I. bewiese», wie sehr sie den Ernst der selben bc.'.-iffcn hat, und der Ton, welcher dort gegenüber den unberechtigten Hoffnungen und Bestrebungen unserer westlichen Nachbarn angeschlagen worden, hat an patriotischer Entschiedenheit wahrlich nichts zu wünschen gelassen. Derartige Tbatsachcn ftiiiimcii allerdings nicht zu dem Zwecke der „Krenzzeitiing", die Nationalliberalen an höchster Stelle um jeden Preis zu diScredilircu. Wir besorgen nicht, daß diese vom Slandpnnctc des beschränktesten Parteibaffcs mit allen Mitteln der Vcrlcumdniig betriebene Maulwurssarbeit von Erfolg sei» könnte. Aber an die Führer der konservativen Partei möchlcn wir die Frage richte», ob sie, zumal unter den angenblicklichc» Zeitiiinständcn, dies Treiben de« Blattes, welches trotz Allem und Allem noch inimer als das Haupt vrga» der conscrvativen Partei in Tenlschland gilt, sür er sprießlich halten. * Am 23. September feiert' die deutsche Nation die hundertjährige Wiederkehr des GcbnrtSlagö von Theodor Körner. Dem Gedenktag dieses Sängers und Freiheits kämpfers hat sich zum voraus eine ungewöhnlich lebhafte Tbeilnabnic der weitesten Kreise des Volkes zugewcndel, und das mit vollem Recht. Theodor Körner ist eine der edelsten Verkörperungen deutschen Wesen« nnd deutscher Tugend in ansprechendster und ritterlichster Erscheinung. Ihm ging daS Vaterland und sein deutsches Volk über Alles in der Welt; ihnen bat er in vollendetster, selbstlosester Hingebung seine Leier und sein Schwert geweiht; fiir sie bat er sein Herzblut gelassen im schönsten Tod, im Kamps um die Freiheit der vaterländische» Erde. Wir wollen hier des Weiteren nickt, weder auf die schriftstellerische, noch aus die national-patriotische Bedeutung Körner's, der stets zu den edelsten Vlükbcn der großen Befreiungskriege gezählt werden wird, Hinweise». Sein Name ist dem deutschen Volke so tief ins Herz geschrieben, daß eö eines PancgyricuS nicht bedarf. In unserer Zeit, wo das Vaterland so hohe Anforderungen an die Hingebung und den Opsermuth jedes Bürgers stellt und wir jederzeit auf »och weit höhere Anforderungen ge rüstet sein müssen, mögen unS die herrlichen Gestalten unserer nationalen Geschichte, wie Theodor Körner, ein leuchtende« Vorbild sein, dem wir, Jeder an seinem Platz und in seinem Wirkungskreis, nachstreben wollen. * Der Minister für Landwirtbschaft hat, wie die „A. N.-C" erfährt, die Aufmerksamkeit der landwirtb- schaftlichcn Centralvcreine aus die im Jahre 1893 in Ehicago stattsinsciidc Weltausstellung gelenkt und dieselben ersnckt, zu erwägen, ob es raihsam sein möchte, die Land- wirthschast zur Beschickung der bcregten Ausstellung auszu- fordcrn. Wenn auch hierfür, so führt der Minister au«, im Allgemeine» ein landwirthschafllicheS Interesse nickt anzn- licbmen ist, so lönntc ein solches doch für einzelne Spcciali- tälen, als Zuchtvieh, Saatgut, Wein, Apparate, Maschinen re., bestehen. * Die officiellc Anerkennung der provisorischen Regierung in Ehilc seitens teS Deutschen Reiches ist unmittelbar nach dem Vorgang der Vereinigten Staaten erfolgt. Die übrigen Staaten haben dieselbe erst später ausgesprochen. Man scheint an maßgebender Stelle in Berlin die Wirren in Chile sür beendet anzuschcn. Er freulich ist cS, zu hören, daß unsere Landsleute in chilenischen Diensten durch dieselben nicht geschädigt sind. Die Lehrer, die vor einigen Jahren nach Chile gegangen waren, haben berichlel, daß ihnen auch während dcS Kriege« ihre Gehälter regelmäßig und obne Abzug auSgezahll worden seien. Es ist daher anzuiiebine», daß auch die Entschädigung der de» Kausleuten deutscher Nationalität zugesügtcn Nachtheile Schwierigkeiten nicht bereiten wird. Die Mission der deutschen Geschwader an der chilenischen Küste wird unter diesem Umständen wohl bald zu Ende gehen, umso mehr, als die anhaltende Gährung in China und die offenbare Ohnmacht der dortigen Regierung, den Unruhen in wirk samer Weise entgegenziitretcn, die Versammlung einer größeren Floltenmacht anck deutscherseits an der chinesischen Küste wünschenSwerlb e.sckffittu lassen. * In den „Hamburger Nachrichten" lesen wir folgenden Artikel über den StaatSminister und Präsidenten des RcichS- amlcS dcS Innern Herr» von Bötticher: Verschiedene Zeitungen machen darauf aufmerksam, daß der Slaatssccreiair von Bötticher seit II Jahren Staaisinimslcr und Präsident des Reichsamts deS Innern sei. Sie erwähnen dabei nichl das Ressort, sür welches der damalige Lberpräsidcnt von Schleswig-Holstein inS Slaatsininistenum berufen wurde; cs war dasselbe wie das von Delbrück und von Hofinan». In Folge der Eriiennnng des Ministerpräsidenten zom Bundes kanzler halte sich bald die geschäftliche Nothwendigkrit er- geben, der Politik deS Ministerpräsidenten einen Vertreter im Slaatsministerimn auch für die Fälle zu sichern, wo er selbst den Sitzungen nicht beiwohnte. Diese Vertretung wurde zuerst dein Minister von Delbrück übertragen, dessen Aufgabe im SMats- miiiifieriuin cs war, die Ansichten des abwesenden Minisle» präsidenden, der als Bundeskanzler sein Vorgesetzter war, im Staalsnimislerüiiii zu vertreten. Dieses Stellvertreters»» wurde »ach Delbrück s Ausscheide» den, Minister von Hoimann und, »ach dessen Uebergana i» de» Rcichsdiensl, im Elsafi, dem Lber- prüsidente» von Boetticher übertragen. Das Ressort dieses Ministers war darnach ans die Wahrnehmung der Politik des abwesenden Ministervräsidenlen im Slaatsininistenum und in etwaigen Imme- diatvortrogen beschränkt. Delbrück hat es niemals anders auf- gesaßt nnd vertrat bei Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm nnd dem abwesenden Bundeskanzler nicht die eigene Ansicht, sondern die des Letztere» als dessen Mandatar, schon weil der Minislcrprosident im Reichsdiensle der direclc Vorgesetzte des damaligen „Präsidenten des ReichskanzlcrnmtS" war. Durch die Ernennung des Herrn von Poetischer zum Viceprüsidenten des SlaatsininisleriuiiiS wurde in dieser Beziehung nichts geändert, da der Viceprüsident deS Etaats- miinsteriiims eine andere Politik nicht verfolgen kan», als die des Ministerpräsidenten, den er in Behiiibcrungssälle» vertritt. Meiniingsvcrschicdcnheite» find bei einer derartigen Vertretung praltiich nicht möglich, und wo sie theoretisch slallsinden, würde das Präsidium doch immer nur im Sinne des Präsidenten und nicht Le» Viceprüsidcnte» aehandhabt werden kvnnen; Zwiespältigkeit in dem selben ist geschäftlich nicht zulässig. Tie Stellung des Ministers von Boetticher war also jederzeit und nach allen Seiten hin eine solche, welche ihm in erster Linie die Vertretung des Minister. Präsidenten und der Politik desselben zur Pflicht machte; ein anderes Restort hatte er weder im preußischen Ministerium »och im Rcichs- dicnste; in letzterem war er der Untergebene und im erstere» der Mandatar des Reichskanzlers. * Durch den Tod des Abg. Freiherrn von Hake (Welse) ist der ReichSlagSwahlkreiS HildeShcim erledigt. Der Wahlkreis war mit Ausnahme der lausenden Legislaturperiode und derjenigen von 1881—84, wo Welfen das Mandat inne hatten, stets nationalliberal vertreten, vier Mal durch den Abg. Römer, zwei Mal durch den Abg. Struckmann. Bei den vorjährigen Wahlen wurden 8129 nationalliberale 0801 welsischc, 5,457 sociaiteinokratische und 1584 deutsch- freisinnige Stimmen abgegeben, in der Stichwahl siegte der wclsiscke Candidat, hauptsächlich durch socialdcmokratische Unterstützung, mit 12 650 gegen 10 552 nationalliberale Stimmen. Die Aussichten, den Wahlkreis den Welsen zu cnlreißcn, liegen keineswegs ungünstig. * Durch Allerhöchste CabinelSordrc, datirt Müblbauscn, 19. September, ist dein Generalstabsarzt und Cbcf deS Mili- tair-TanitätSwcscnS I>r. von Colcr der Rang als Gcneral- lieutenant verliehen worden. Dem verdienstvollen »nd erfolg reichen, auch im AuSlandc, wie man wiederholt zu constatircn vermochte, in ehrenvollster Weise gewürdigten Wirken dcS obersten Leiters des Sanitätswesens unseres HeercS ist mit dieser Rangerhöhung eine außerordentlich gnädige Anerkennung zu Theil geworden, welche in der Armee, namentlich aber im SanitätScorpS allseitig mit Freuden begrüßt werden wird. * DaS „Central- und Bezirks-Amtsblatt" in Straß- burg bringt folgende Verordnung: Der Paßzwangs- pslicht-Vervrdnung vom 22. Mai 1888 unterliegen vom l. Oktober nur noch activc Militairpcrsonc», ehemalige Sssiciere, sowie Zöglinge von Mititairschulcn dcS Auslandes, ferner Personen, welche die deutsche Staatsangehörigkeit vor Erfüllung ihrer Militairpflicht verloren und daü 45. Lebens jahr nicht überschritte» habe». Tic Erthcilung der Paßvisa erfolgt kostenfrei. Ausländer, welche sich im Reicksland über 24 Stunden aushallen, sind zur Meldung bei der Polizei verpflichtet, widrigenfalls sie auSgcwiescn werden. — Die „Straßburger Corrcspondcnz" bemerkt hierzu: Tie Ein führung de« PaßzwangeS im Jahre 1888 sei eine politische Nolhwcndigkeit gewesen. Nachdem eine mehr als dreijährige Durchführung die Erwarlnng rechtfertige, der Eindruck werde ein nachhaltiger sein, halte die Regierung, vertrauend dem gesunden Sinne des überwiegenden Theiles der Bevölkerung, den Zeitpunkt sür gekommen, ohne Beeinträchtigung der eigenen Interessen gegenüber der Mehrzahl der da« Land betretenden Fremden aus den Paßzwang verzichten z» können. Alle Vernünftigen, auch die Einheimischen, billigten die Aiisrechterhaltung der Paßmaßrcgel» gegenüber fremden Militairpersoncn und solchen, welche sich der Wehrpflicht ent zogen Kälten. * Tie „Neuesten Nachrichten" melden aus Straß bürg die Verhaftung von zwei französischen Spionen, angeblich Wcinreiscndcn, die keine Pässe bei sich führten. * Ter österreichische Ministcrratb stimmte einer Er höhung des Militairbudgets um 7'/, Mill. Fl. zu. * » * * Die heutigen Pariser Morgenblätter sprechen sich höchst anerkennend über die Aushebung des Paß- zwangeS für Elsaß-Lothringen aus. * AnS Paris wird vom 2l. September gemeldet: Die Boulevards zeigen bei der heutige» drittmaligcn Ausführung des „Lohcngrin" bis jetzt ihren all täglichen Anblick Aus dem Play vor der Großen Oper batten zwei Municipalgardisten zu Pferde und etwa ein Dutzend Schutzleute zu Fuß. — Al« der Vor bang im Opern banse hochgezogcn wurde, erhob sich ein Mann im Orchesterraum und verlangte das Spiele» der Marseillaise. Das gesammte Publicum wies ihn zur Ruhe. Die Ouvertüre wurde ohne Störung zu Ende gespielt und mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Bei Beginn des ersten Actes wurde die Ausführung durch den R»s de« Journalisten Marais: „Nieder mit der deutsche» Musik!" unterbrochen Marais wurde sofort aus dem Theater entfernt, die Ausführung nahm daraus ihren Fortgang. — Der trittcAct der Oper wurde, nur von einem cinnialigen Beifall unterhrochcii, in lautlosem Schweigen angchört. Zum Schluß
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