nam", „Anna Karenina", an Gogols „Der Revisor" u. a. Daß Stanislawski schon im Jahre 1906 mit seinen Gastspielen des Moskauer Künstlertheaters, mit Tschechows „Onkel Wanja" und „Drei Schwestern", mit der berühmten Auffüh rung von Gorkis „Nachtasyl“, Berlin und Europa erobert hat, dürfte bekannt sein. Damit öffnete Stanislawski das russische Theater der Begeisterung aller Völker. Das sowjetische Theater arbeitet heute, um mit dem bekannten Berliner Dra maturgen und Kunstkritiker Ihering zu sprechen, „ohne die dramaturgischen Raffinements des westlichen Theaters, ohne Finessen und ohne Tricks. Ge wonnen wird dadurch etwas Wesentliches: die Substanz. Das Theater behält als stoffliche und epische Grundlage seine Beziehungen zum Volk und zur unendlichen Weite des Landes. Wir müssen also das Epos wieder als festes Fundament des Dramas erkennen, als den Untergrund, auf dem es sich erhebt, als die Stoffzufuhr, die es nötig hat." Damit ist eigentlich auch schon das dritte Gegenargument gegeben: Genau so wenig, wie wir uns einen Shakespeare, einen Shaw, einen Moliere, einen Lope de Vega, einen Goldoni usw. aus dem Repertoire der deutschen Bühnen wegdenken können, ebenso wenig können wir verzichten auf einen Ostrowski, Gogol, Tschechow, Tolstoi oder Gorki. Kunst muß weltoffen sein. Sie soll nicht die nationalen Grundlagen verachten, sondern sie so formen und gestalten, daß sie wieder zur ganzen Welt sprechen. Weltoffen ist eine Bühnenkunst, die durch die Menschlichkeit ihrer Ideen zu allen spricht. Das Meißner Stadttheater brachte mit den seit 1945 aufgeführten russischen und sowjetischen Werken einen weiteren Beweis für die von ihm eingeschlagene fortschrittliche Linie: „Wirbelsturm" (Tscheglow), „Maschenka" (Afinogenow), „Die russische Frage“ (Simonow), „Pension Butterpilz“ (Katajew), „Die Insel des Friedens“ (Petrow), „Moskauer Charakter" (Sofronow), „Der fremde Schatten" (Simonow), „Oberst Kusmin“ (Gebrüder Tur und Scheinin), „Der steinerne Gast" (Puschkin), „Wassa Schelesnowa" (Gorki) und „Der Wald" (Ostrowski). Ebenso wie wir wollen und wünschen, daß unsere Ideen, unsere Ziele, unser Streben im Spiegel der Kunst anderen Völkern erkennbar werden, damit diese uns kennen und verstehen lernen, ebenso müssen wir bereit sein, die Kunst anderer Völker aufzunehmen, um zur Verständigung mit ihnen zu kommen, ihr Wesen und ihr Sein zu begreifen. So wird die Kunst zur Brücke zwischen allen Menschen, die guten Willens sind. Hannes Döbbelin Oberspielleiter des Schauspiels