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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.10.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911005012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891100501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891100501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-10
- Tag1891-10-05
- Monat1891-10
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Abend-Ausgabe: die 6gespaltene Petitzeile 40^ Reklamen unter dem Stedactwnsstrich s4 gespalten) 1 Familtennachrichleu uud Anzeigen verlorener Gegenstände itigespalteu) 20>H. Gröbere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichnib. Tabellarischer und Zlfferujatz nach höherem Tarif. Eptr«-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderuug 70.—. Znnatimeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Bei dru Filialen und Annahmestellen je rin« halbe Stunde früher. Inserate sind stets an di« Expedition zu richte». Montag den 5. October 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Herzliche Litte! Was in allen kirchlich gesinnten Kreisen unserer Landeskirche längst schon lebhaner Wunsch gewesen, nunmehr, mitten zwischen Ostern und Pfingsten, ist eS offenkundige Thatsache geworden: Leipzig-Bolkmarsdorf, bisher Thctl der m otzen Par »chic Lchünrfrld, ist an, I. Mai u. e. zur selbststaiidlgcn Kirchrn- gemctnde crbobc» worden. Eine der erste« und wichtigsten Vornahmen der Parochie Leipzig. VolkmarSdorf mit ihren 17 000 Seelen war der Bau einrr Kirche. Am 2. Juli ist derselbe in lebendiger Hoffnung aus ferneres ge- fegnetes Gelingen begonnen worden; am N. August fand die feie» liche Grundsteinleginig statt. Mit uurrmüdticheni Eifer hat sich Bolkmarsdorf seit 7 Jahren aus kleinen Anfängen durch alle Schwierigkeiten hindurch gearbeitet. Hohe und höchste Behörde», Berriuc, Familien, Einzelne sind in hochherzigster Weise für das Werk des Kircheubaucs helscud und fördernd eingctrrtc». Die Mruiriiidc selbst hat »ach Kräften in fast alle» ihren Gliedern das Möglichste grtüa». So sind wir mit Gotte- Hiise zu dem erfreulichen Ziel gekommen, daß außer dem Bauplatz etwa 100 000 sür den Bau zur Verfügung stehen. Di« Ausführung wird »u» zwar durchaus einfach ge- halten werden, jedoch bei der durch die Seelenzahl bedingten Größe der Kirche ist es immerhin noch nöthig, eine gleiche Summe als Anleihe auszunehmen Um aber jede Ucbcrfchreitung und Un zufriedenheit erregende Belastung unseres als arm bcknuutr» StadttheilrS zu vrrmeidcn, wenden wir uns besonders unter Hinweis aus Beschaffung der innere» Ausstattung der Kirche bittend an unsere Brüder und Schwestern der Altstadt: „Sehrt an die kirchliche Aoth, i» der »»irre motze iveuirtnde nur zu lange schon gestanden! Habt rin warmes Herz, eine offene Hand sür die neu angeschlosscnr» Glieder im kirchcnlosen Oste»! Erbarmet Euch nu» hrlset i» rechter Christrnlirbe Altnr und Kanzel, Tausftei» und Orgel, Vlockea und Fenster mit anjchasfen!" So bitten wir in sestem Gotlverlrauen! O, möchte.unsere dringende Bitte Aller Herzen ersoffen! Möchte Alt-Leipzig in gewohnter Hochherzigkeit auch gegen UN», die angenommcne« Kinder, treue Mutterliebe Üben zu Gottes Ehre uud zum Segen deS ganze» Gemein wesens! Unser Bot« wird in diese» Tagen tu Gotte» Namen an di« Thüre» amd Herzen klopfen, möge er freundlich« Aus- nähme finden. Für jede Gab« «in aufrichtiges „Vergelt'» Gott!" Leipzig-BolkiimrSdors, Michaeli 1891. Der Kirchenvorstand: Ter Kirchcnbaiiverein: k. Weichsel. Oberlehrer Recht. Leklillnlmachlllly. Die Entschädigung für die vom 17. bis 18., resp IN. Sep tember d Is. srüh in der Albert-, Hospital-, Kathartnrn- und Thalftratzc einquartiert gewesenen Truppen vom Königl. 8. Insantrric-Vegimcnt Nr. l<>7 kann i» den nächsten 8 Tagen bei unserem Ouartieramte, Naschmarkt Sir. 2, ün Erdgeschoß links, Zimmer Nr. 30 (altes Polizcigebäude), erhoben werden. Der daS Quartierbillet Vorweisende gilt aiS znr Empfangnahme berechtigt. Leipzig, am 2. October 189l. Der Rath der Stadt Leipzig. X./1I. 13727. I)r. Georgi. Lamprecht. Oett'entliclio ürni(jol8lettian8taIt. Anmeldungen ruia Lintritto in dis I.ebrlliig^ndtlielluug reerdon I>Iev8tug, «Ion ii., unck Silttnocli, Sen 7. Oetoder, r«n 11—12 Obe Vormittage entgegongcnommcn. 6nko»dmeprl1kuax: Donnerstag;, den 8. October, krüb 7 Udr. Oarl »vllruiii, Director. ZN den Llindtagswalilen. * Der Vorstand des Nationalliberalen Verein» für da» Königreich Sachsen bat folgenden Wahlaufruf an die Partei genossen im Lande erlassen: Am 13. Oclober finden die Ergänzungswahlen sür die Zweite Kammer statt. Der Vorstand de» Nationallibcralcn Verein» für da» Königreich Sachsen hat sich bisher jeder Ei»w"chu»g in die Wahlbewezung der einzelnen Kreise, soweit emc solche nicht ausdrücklich gewünscht ward, enthalten, glaubt aber jetzt einige Worte an die Parteigenossen richten zu sollen, tbcils um sie zu möglichster Beschleunigung der etwa noch nöthigen Vor bereitungen für die Wahlen (Bildung von Ausschüssen, Sammlung von Fonds u. dgl.) recht dringend zu malme», theilS um seine Ansichten über die Stellung unserer Partei zu den anderen Parteien und über das danach zu bemesscndc Verhalten unserer Parteigenossen bei den Wahlen offen darzulcgen. Die nationallibcrale Partei hat sogleich bei ihrem Ein tritt in die Zweite Kammer auf dem Landtage von 1809 bis 1870 e» als ihre Aufgabe betrachtet, auf eine möglichst stetige, aber ruhige, allmäligc, den praktischen Bedürfnissen weder vorauseilende, noch hinter ihnen zurückbleibende Fortbildung unserer staatlichen, wirthschaftlichen, socialen Zustände hinzu- arbeiten. Von diesem Standpunctc aus hat sie an der An regung und Zustandebrmgung der großen Reformgesetze der fiebriger Jahre über das Schulwesen, die Selbstverwaltung ui Gemeinde. Bezirk und Kreis, die Einkommcnster a. A. m. einen wesentlichen Antbeil genommen. Ter gleichen Richtung ist sie seitdem immerfort treu geblieben und wird sie auch ferner treu bleiben. Bei dieser ihrer Haltung glaubt sie sowohl den Conser- vativen, wie der allen sächsischen Fortschrittspartei insoweit nicht allzu fern zu stehen, als einerseits der echte Eonserva- tiSmuS cs nicht bloS mit der Erhaltung deS noch lebens fähigen Alten, sondern ebenso mit der rechtzeitigen Beseitigung deS sür unhaltbar Erkannten zu tbun hat, als andererseits die sächsische Fortschrittspartei noch bei den letzten Landtags- Wahlen 1889 sich zu demselben Grundsatz einer gemäßigten, praktischen Reformpolitik bekannte. Mit diesen beiden Parteien wird daher eine Verständigung und ein Zusammengehen mög lich sein. Von den weiter links stehenden Parteien trennt unS die Maßlosigkeit wenigstens vieler ihrer Forderungen, sei eS, daß solche gegen langbewäbrte Bestimmungen unserer Verfassung verstoßen, wie daS Verlangen der Deutschsreisinnigen nach Einführung de« Einkammersystem« und jährlicher Finanz- periodcn, also auch jährlicher Landtage, und folglich einer alljährlich sich wiederholenden Wahlagitation, sei es, daß sie die Grundlagen bänslicher Zucht und Sitte, diese« un veräußerlichen ErbtheilS unseres deutschen Volles zu unter graben droben, wie die von den Socialdcmokratcn geforderte gänzliche Abschaffung — nicht bloße Reform — der Gcsinde- ordnung. Vor Allem ist cs diese letztere Partei, die erklärte Feindin unserer ganzen Staats- und Gesellschaftsordnung, und das von ihr versuchte immer weitere Eindringen in unfern Land tag, wogegen unsere Partei, Schulter an Schulter mit allen übrigen Ordnungsparteien, entschieden Front zu macken bat. Wo cS diesen Kampf gilt, da muß jede andere Rücksicht schweigen. Ans Eines sei dabei noch aufmerksam gemacht. Unser sächsisches LandtagSwahlgesctz kennt keine Stichwahlen; eö läßt schon beim ersten Wahlgange jede Majorität, auck eine relative, gelte», sobald sie nur »icbr als ein Drittel aller abgegebenen iLtiinmen beträgt. Eine Spaltung der Ordnungsparteic» im ersten Wahlgange würde daher hier nicht, wie bei den ReichS- tagSwahlen, in der Stichwahl wieder gutzumachen sein, viel mehr möchte leicht ein socialdrmokratischer Candidat auch mit nur mäßiger Stimmenzahl jedem einzelnen von zwei OrdnuiigScandidatcn obsiegen. Vermeide man daher von vornherein eine solche Spaltung! Im klebrigen können wir nur immer und immer von Neuem die Mahnung wiederholen: Thue am Wahltage Jeder seine Pflicht! Denke Keiner: „Auf Deine, eines Einzelnen, Stimme kommt es nicht an!" Von einer einzigen oder einigen wenigen Stimmen hängt oft der Ausfall einer Wahl ab, und für den ungünstigen Ansfall einrr solchen sind Die verantwortlich, welche versäumt haben, ihr« Pflicht zu thunl Leipzig, 5. Oktober. * Der Kaiser erfreut sich inRominten des besten Wohl seins. Nähere Nachrichten über die weiteren Ncisediöpositionen deS Monarchen liegen noch nicht vor. * Der ReichSt-a ist bekanntlich bi« zum 10. November vertagt; nach dieser Frist liegt e« in der Bcfugniß de« Prä sidenten, die Sitzungen zu einem beliebigen Tag wieder an- zuberanmen. Wie wir hören, wird beabsichtigt, den Reichs tag in den nächsten Tagen nach dem 10. November wieder ciznubcrusen. * Von der Einberufung des Colonialraths, welche sür diese» Monat in Aussicht gestellt wurde, ist den Mit gliedern noch nichts bekannt. * Eine derjenigen Vorlagen, deren Erledigung dem Reichstage »och aus dem vorigen Tagungsabschnitte ob liegt, ist die Krankcncassrnnovelle. Sie hat die erste Lesung im Plenum passirl und ist in einer besonders zu diesem Zweck gewählten Commission eingehend vorberalhcn worden. Es sind auch die verschiedensten Aeiiderungen an der Vorlage der verbündete» Regierungen vorgcnommen worden, jedoch kann vorausgesagl werden, daß nicht alle ohne Widerspruch im Plenum bleiben werden. ES scheint sogar, als würden sich recht ausgedehnte Debatten an die Novelle knüpfe», schon deshalb, weil die Strcitpunctc, um welche es sich dabei handelt, recht mannigfacher Art sind. Der Hauptgegcn- sland der Erörterungen wird natürlich die Stellung der freien Hilfscassen bilden, die bckannllick in der Novelle einer drei fachen Aendcrnng betreffs An- und Abmeldepflicht, Gewährung von freiem Arzt und freier Arznei sowie Berechnung des KranlengcldeS unterworfen werden soll. Aber auch andere Puncte dürften einer eingcbenden Diöcussio» unterzogen werden. So die Frage der Nichtgewährung des Unterstützungs anspruchs nach Austritt auS der Casse an contractbrüchige Versicherte, die Bildung von Krankencassenvcrdäudcn, welche durch die Cvinmissivnsbcschlüsse geradezu verhindert werden wurde, die Aerzte- und Apothckenwahl, die Ordnung der facul- taliven Aushebung der dreitägigen Carenzzeit, die Festsetzung gleichmäßiger Grundsätze sür die Berechnung deS ortsüblichen Tagelobncs u. in. a. Es ist auch wahrscheinlich, daß bei der Erörlerung des socialdcmokratischen Antrages auf Verstaat lichung der Apotbekcn die ganze Apothckenfrage wieder aus- gcrolll wird. Jedenfalls ersieht man ans dieser kurzen Aus zählung, daß cs an einer Reichhaltigkeit de« bei der Krankcn- cassennovcllc zu behandelnden Stoffes nicht fehlen wird. Dem Vernehmen »ach haben übrigens bereits verschiedene der größeren wirthschaftlichen Bereinigungen Stellung zu de» einzelnen Commissionöhcschlüssen genommen und ihre Ansichten darüber in Petitionen an den Bundesrath und Reichstag nicdergelcgt, so daß der letztere in der Lage ist, schon bei seinem Wlederzusammentritt die in der Praxis herrschenden Anschauungen kennen zu lernen. * Dic„Gerinania" berichtet übcrdie neuesten Vorgänge in Rom, wo eine Anzahl französischer Pilger für eine »ncrbörle Gemeinheit, Rohheit und Unverschämtheit die ge bührende Züchtigung empfangen haben, unter der Ueberschrist: „Ein empörender Scandal >» Rom", ruft nach der Polizei und meint, diese Vorfälle bewiesen von Neuem, wie heiß der Loden sei, auf welchem der Papst zu leben gezwungen ist. Andere Leute werden aus diesen Vorfällen ersehen, dis zu welchem Grad der Ueberhcbung und deS Fanatismus nachgerade die ultramon tane Agitation die Köpfe verwirrt. Tie valicanische» Blätter, welche in jüngster Zeit so viel von sich reden machten, können daraus zugleich einen Vorgeschmack bekommen, wie es hcr- gcben wird, wenn einmal die „glorreiche weltpolitische Idee" deS PapstthumS. die Wiederherstellung deS Kirchenstaats durch französische Hilfe, auS dem DunstkreiS von ZeitungSgewäsch heraustreten und ernstliche Gestalt annehmcn sollte. * Die „Münchner Allgemeine Zeitung" schreibt: Der im heutigen Morgenblatt mitgetheilte Artikel der „Hamburger Nachrichten" veranlaßt »nS, soweit darin von der Cab inetS- ordre von 1852 die Rede ist, auf einen Berliner Artikel der „Straßb. Post" vom 25. August d. I. zurückzukcmmcn, welcher, anknüpscnd a» unsere damaligen Mitkhcilungen über die Entlassung de« Fürsten Bismarck, behauptet batte: „Nach unserer, au« guter Quelle stammenden Kenntnis der Ver- hältniffe dreht« sich, wie da« seiner Zeit a» dieser Stelle bereit« aagedeutet wordea, die Entlassung ttu wesentlichen ma di« Aus» frischung der Eabinetsordre durch Fürst Bismarck, »ach welcher der Kaiser »lil de» übrigen Mitglieder» de« Staatriiiinisleriuins nie ohne vorherige Zustimmung des Ministerpräsidenten sollte über politische Fragen verhandeln können. Ter Kaiser nahm demgegenüber sür sich da« Recht in Anspruch, über gewisse Frage» sich auch »och aus anderer Seite als nur bei dem Ministerpräsi denten Rath zu holen, und er verlangte in Folge dessen von Bismarck die Zurücknahme der ohne sein Vorwiffen wieder hervor- ezogenen veraltete» Labinetsordre. Als der Kaiser we ge» dieser hm zugejagten Zur ücknahineordre zum dritten Mal sandle — das erste Verlangen hatte er persönlich gestellt —, erklärte Fürst BiSmarck, wenn der Kaiser auf seinem Willen bestünde, werde er sein Abschiedsgesuch einreichen. Der Kaiser iialnn diese Alternative sür boare Münze und forderte nun das Abschiedsgesuch, das auch die kaiserliche Bewilligung fand. Dieses sehr wichtige Vorstudium wird in der Darstellung der „Allg. Zig." übergangen. Hiermit stimmt übrigens auch der Wortlaut der Eutlagungsordre selbst überein, in welcher der Kaiser von mißlungenen Versuchen spricht, den Kanzler znrückziihatten." Die im Vorstehenden wicdergeaebenen Behauptungen der „Straßb. Post" sind irrig. Fürst Bismarck hat — »ach einer jeden Zweifel oder Widerspruch auSschlicßenden Information — niemals die Zusage gegeben, die besagte Ordre auS der Welt schaffen zu helfen. Die Stellung eines sür die Gesammtpolitik verantwortlichen Ministerpräsidenten müßte, nach preußischen Verhältnissen, unmöglich werden, wenn eine Anordnung, wie die durch jene Orde geschaffene, außer Kraft treten sollte. AuS diesem Grunde ist sie denn auch nach dem Rücktritte deS Fürsten BiSmarck unverändert in Geltung geblieben und keiner seiner Amtsnachfolger könnte darauf verzichten. Dem Verfasser deS Artikels der „Straßburger Post" ist der Inhalt jener Ordre un geachtet ihrer vielfachen Veröffentlichung wohl nicht im Ge- dächtniß gewesen. Ihr Inhalt gehl durchaus nickt dahin, daß „der Kaiser (der König) mit den übrigen Mitgliedern des StaatSministeriuniS nie ohne vorherige Zustimmung deS Ministerpräsidenten sollte über politische Fragen verhandeln können", sondern nur dahin, daß die Minister, wenn sie politische Anregungen beim Könige beabsichtigten, den Minister präsidenten davon benachrichtigen sollten, und daß dieser be rechtigt sein soll, dcni Vortrage seines College« bcizuwohnen. Das Recht deS Königs, bei Divergciizen zwischen seinen Ministern zu entscheiden, war durch die Ordre von 1852 nie mals beeinträchtigt. — Im übrigen ist eS eine zu den That- sachen in direktem Widerspruch stehende Angabe >e»cS Artikels, wenn derselbe von einer „zugesagten Zurücknahme" der Ordre spricht. Eine solche Zurücknabmcordre ist, wie wir authentisch wissen, niemals weder zugcsagt, noch entworfen worden, noch wegen dieser vom Kaiser „zum dritten Male" (oder auch nur zum ersten Male) dem Fürsten BiSmarck eine Aufforderung gestellt oder übersandt worden. Auch was die „Straßb. Post" weiter anfübrt „von mißlungenen Versuchen, den Kanzler zuriickzuhaltcn", entspricht den tbatsächlichen Vor gängen nicht; es haben solche Versuche nickt stattgefundcn. Zum Schluß noch eine Bemerkung: Der Artikel der „Straßb. Post" schließt: „Im Uebrigen wäre es in hohem Grade wiinschenswertb, wenn die fortgesetzten Beunruhigungen der öffentlichen Meinung, wie sie durch fene Auseinandersetzungen erzeugt werben, endlich eingestellt würden." Aebnlich äußerte sich jüngst bei einem andere» Anlaß die „Nationalztg." Wir thcilen diesen Wunsch vollkommen, nur muß er an die richtige Adresse gerichtet werden. Diese „Beunruhigungen der öffent lichen Meinung" sind ausschließlich hervorgerusen worden durch die angeblichen Mitthcilungen de- Grafen Münster an den Pariser „Timcö"-Cvrrespondcntcn, unwahre oder entstellte Behauptungen, die unvermeidlich zu einer Richtigstellung fuhren mußten. Die „Straßburger Post" constatirt ja selbst in der Einleitung ihre« Artikels: „Hr. Blowitz beharrt allen Dementis gegenüber dabei, daß die Unterredung über den Rücktritt deS Fürsten BiSmarck mit dem Grasen Münster, welche er am 30. Juni in der „Timeö" veröffentlichte, authentisch sei." Die fortgesetzte Beunruhigung fällt somit doch nur denjenigen Personen zur Last, welche durch unwahre Mittheilnngen und Entstellung der Thatsacken in aggressiver Form die Initiative zu diesen Bcunrubigungcn ergreifen und damit Berichtigungen provociren. Nicht die Abwehr und Nothwehr, sondern die Veranlassung zu solcher ist zu beklagen. * Ueber Emin Pascha wird geschrieben: Die letzten Nachrichten über Emin Pascha zeigen den letzteren in einer nicht unbedenklichen Situation. Er ist demnach vom West- nfer des Victoria-Nvanza zum Albert-Nyanza gezogen und soll sich bereits aus dem Wcstufer deS letzteren, also >n seiner alten Provinz befinden. Er hätte demnach mit seiner auf Kosten deS Reiches ausgerüsteten Expedition daS englische Gebiet durchschritten, welches er auch wiederum zur Rückreise benutzen müßte, falls eine solche von ihm überbaust beabsichtigt ist. Wie erinnerlich, hat Emin sich dahin geäußert, daß die von ihm in seiner alten Provinz zurückgelassenen Elsenbcinvorräthe bei weitem hinreichend seien, um die Kosten seiner Expedition u decken und noch einen erheblichen Gewinn in sickern. Er ckeint in der Thal da« Wagniß, sich in den Besitz dieses Elfen beins zu setzen, unternommen zu haben, selbstredend ohne Kenntnis; der Vorgesetzten Instanzen, welche sein Beginnen nicht hätten billigen können. Daß er etwa beabsichtigen sollte, sich in seiner allen Provinz wieder scstzusetzen, ist schwer glaublich; jedenfalls dürste seine Lage eine nicht gesahr- lose sein. * Zu der Ernennung des Capitain Rüdiger zum Stell vertreter des Gouverneurs von Deutsch-Ostasrika, Frriherrn von Soden, wird der „Börsen-Zeitung" mitgetbeilt, Frei herr von Soden erfreue sich nach wie vor des vollsten Ver trauens unserer leitenden Kreise, an seinen Rücktritt sei nicht zu denken. Jedoch sei seine Arbeitslast allmählig eine so große geworden, daß eine Entlastung in« Auge gefaßt werden mußte. Auch habe eS sich als dringlich herauSgestellt, Vorsorge zu treffen, in den Fällen der Behinderung deS Gouverneur« durch Krankheit u. s. w. eine Person zur Stelle zu haben, der raS nöthige Prestige innewohne. Capitain Rüdiger sei aus dem Grunde erwählt worden, weil er längere Zeit in Afrika verweilte und die dortigen Verhältnisse wohl kenne. Die „Börsen-Zeitung" füg» dieser Mittheilung hinzu, daß man in der nächsten Zeit verschiedene revrgamsatorffche Maß regeln in Ostafrika werde erwarten können. * Die Verhandlungen der preußische- Regierung mit den vormals reichsunmitstelbaren Familien wegen der Entschädigung für die Aushebung deS StcuerprivilegiumS sollen einen günstigen Fortgang nehmen, und eS ist deshalb zu hoffen, dem preußischen Landtage werde bereit» in der nächsten Session ein diesbezüglicher Gesetzentwurf vor- gclegt werden können. Wie der Finanzmiuister in der Com mission des Herrenhauses erklärt hat, wird ein solcher Gesetzentwurf den Landtag in der nächsten Tagung be schäftigen, gleichviel ob eine Einigung zu Stande kommt oder nicht. * AuS Erfurt wird gemeldet: In hiesiger Gegend soll ein Dorfschulze, den Stock in der Hand, mit Hilfe des Gemcindedieners, socialdcmokratische Sendlinge zum Dorf hinausaejagt haben. Auf eine Beschwerde derselben an den Landrath antwortete dieser: „Erfurt, 2t. September 189l Aus die Beschwerde vom 22. August d. I. erwidere ich Ew. Wohlgeboren ergebenst, daß ick keine Veranlassung habe, gegen den Schulzen Bach zu Bindersleben und den Gemcindediener Rudolf daselbst einzuschreilen, da sie sich keiner Handlung schuldig gemacht haben, welche diöciplinarisch n ahnden wäre. Die Berechtigung, sich der Colportage ocialdemokratischer Preßerzeugniste zu erwehreu, ist ein Aus fluß des Hausrechts der Gemeinde, welche« ich ihr nicht beeinträchtige» kann. Der königliche Landrath Müffling." * Der preußische Landwirthschastsminister v. Hrydenhat dieser Tage im Cenlralvcrein für Litthaucn und Masuren einige benierkenSwerthc Aeußerungen gelhan: DaS amtliche Blatt deS Vereins berichtet, der Minister habe zur kräftigen, selbstthäligen Entwickelung der Landwirthschast ermahnt und hinzugcfügt, dieser Weg führe sicherer zum Zicl^als die Hoffnung auf »ngemessciie Staatsbilse. Schon am 23. Mai hatte Herr von Heyden im Centralverein west- preußischer Landwirthe erklärt, man gehe fehl, Abhilfe auf alle Beschwerden von der Negierung zu hoffen: „Am weitesten kommt man, wenn mau aus sich selbst baut, denn selbst ist der Mann!" * Die Ergebnisse der Berathungen der Sachver- ständigcn-EomMission, welche vor Kurzem hier über den Gesetzentwurf, betreffend den Verkehr mit Wein stattgcfunden haben, werden jetzt einer näheren Prüfung unterzogen. Bekanntlich wird diese ganze Angelegenheit mit großer Geheimhaltung behandelt; glcickwobl verlautet, daß die großen Schwierigkeiten, die trotz aller Bemübnngen dem Zustandekommen eines Gesetzentwurfes cntgegengetretc» waren, auch Lurch die letzten Beratbungen keine wesentliche Ver minderung erfahren hätten. * Aus Eisenach wird uns zu unserer Mittkeilung über den dort abzubaltenden Nationallideralen Parteitag sür Thüringen geschrieben, daß von allgemeinstem Jmercsse der von I>r. Ha»S Blum-Leipzig angeküiidigte Vortrag sein wird. Dieser genaue Kenner der Eocialdemo- kratie und ihrer Bestrebungen wird sich über daS sogenannte neue Programm der Socialdemokratie verbreiten, welches die Hauptgrundlage der Verhandlungen deS ain >0. October in Erfurt zusainmeutretendcu socialtemokratischen Parteitages bilden Wirt. * Das Gesammtcrgebniß der badischen Land tagswahle» liegt jetzt vor. ES sind danach t l National- libe»ale, 4 Freisinnige und Demokraten, l l Ultramontane, 2 Socialdeniokraten und 1 Cvnservativer gewählt worden. Die Zweite Kammer wird sonach mit dem verbliebenen Bestand auS 32 Nationalliberalen, 21 Ultraniontanen, 0 Freisinnigen und Demokraten, 2 Socialisten und 2 Conscrvativcn bestehen. Die Nationalliberalen haben also immer noch eine Mehr heit, freilich nur noch von einer einzigen Stimme. Ob in Folge des ungünstigen Ausfalls der Wahlen eine Recon struction des Ministeriums stattsinden wird, darüber lauten die Angaben »nv Vermuthunaen widersprechend. Jedenfalls könnte es sich nur um neue Personen, nickt um eine wesentlich neue politische Richtung hanteln. Die Oppo sition Wacker-Dreesbach-Bcuedev-Stockborner wird dock selbst nicht etwa beanspruchen, ein Ministerium auS ibrcr Mitte zu stellen, selbst wenn sie den zur Majorität erforderlichen einen Sitz noch davongetragen batte. * Die „Germania" hat noch nicht gewagt, mit einem einzigen Wort die Thatsache zu bestreiten, daß die Ultra montanen in Mannheim Mann für Mann sür den socialdemokratischen Candidaten zum badischen Land tag gestimmt und besten Sieg dadurch herbeigcführt haben. Aber sie fährt fort, diesen Sieg zu „bedauern". * Das „Ritzau'sche Bureau" meldet: Die Ankunft des russischen Kaisers, der Kaiserin und der kaiserlichen Familie, sowie des Königs, der Königin und der königlichen Familie von Griechenland wird Dienstag am königlichen Hofe in Fredcnsborg erwartet. Die Landung wird, wie ver lautet, im Humlebäk oder Helsingör erfolgen. * Die Versammlung derAnbängcr Gladstone's, welche am 1. d. M. in Newcastlc-on-Tyne zu einem Congreß behufs Feststellung ihres Parteiprogramms für den nächstjährigen ParlamcntSwahlselvzug zusammcn- getreten sind, wird von der öffentlichen Meinung, sowie auch von der Presse Großbritanniens, olme Unterschied des politischen GesinnungSstandpuncteS, als das Ereigniß des Tages behandelt. Unter den Fragen, zu welchen eine entschie dene Stcllungnabnic des LiberaliöniusGladstonc'scher Observanz unumgänglich erscheint, stehen das irische Homcrule, der Acht stundentag und die auswärtige Politik deSRcicheS obenan. Wenn conservative, also gegnerische, Parteistiinmen noch bis vor Kurzem sich in der Unterstellung gefiele», daß die Gladstoneaner daS Homcruleproblem über Bord werfen oder doch wenigstens in das Hintertreffen verweisen würden, so zeigte schon die nculiche Rede Sir William Harcourt'S, daß die Conservativcn sich auf unrichtiger Spur befinden, und daß die Gladstoneaner unter allen Umständen entschlossen sind, den Wahlkamps im nächsten Jahre aus demselben Terrain zu erneuern, wo sie 1886 eine sozerschmetternde Niederlage erlitten. Sir rechnen eben mit dem Wechsel der Zeiten und Gesinnungen und zeigen sich von einer äußerlich unerschütterlichen Siegesacwtßheit. Glad- slone selber ließ sich am Freitag zu den Programmpuncten betreff« Egyptens uud de« achtstündigen Arbeitstages ver nehmen in einer Weise, welche weder die Regierungsparteien noch die Arbeiter befriedigen dürfte: erstere nicht, weil Eladstone kein Hehl au< srmer Opposition -egen di« rgyptische
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