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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.10.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911006014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891100601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891100601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-10
- Tag1891-10-06
- Monat1891-10
- Jahr1891
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JnsertionspreiS Morgen-'tluSgabe: die 6gespaltene Petit« jeile 20^, Reclamen unter dem Redactious- lirich lSgespalteu- !>0-H, vor den Faiuilien- uachrichten (6gespalten) 40 Abend-Ausgabe: die 6gespaltene Petiizeilv 40^Reclamea unter dem Redoctiousstrich (4 geipalten) 1 ^l, Familieunachrichtr» und Anzeigen verlorener Gegenstände <t>gespalten) AI Größere Schristen laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zifsernsatz nach höherem Tarif. tertra-Beilagen (gefalzt), nur mit b^ Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsörderung ütl—, mit Postbesörderung 70.—. ^nnahmkschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen - Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Aunahmesrelleu je eia« halb« Stunde früher. Anserat« sind stets an di« Er-evttioa zu richten. Dienstag den 6. Oktober 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. XVMIM IMM. -Vn^eziebts der euwetrlieüeu UnxWekstitlle, rvelcke in den letzten Untren infolge furcktbnrer (iovitter und verdeereuder Uedvrsctivemmuaxe» >Iio I'rovmreu ^Imeria, Valencia und Toledo beimsucliten, bat dis Xonyxlieks LtLLtnrexierunK vertilgt, bei ihren Oesnudtzciinften und Konsulaten Lubseriptionen r.u eriillnen, um nueb im Auslands Oeletrenbeit ru xedeo, das uubescbreibljebe LIeod der Letroilenen /u uiil>lern. Die Oonsniatshanrlvi Lrüderstr. 4, I. ist eern bereit, 6aben ru obix-em Xvveeb in Lmptavx ra ueiunen, und «erden che Insten der LeitraLeudon in den ge«öbu1iebeo Oesebäktsstuodsn daselbst ausx-eiext «erden. Oeiprig;, 30. September 1891. In Gemäßheit des 8. l der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der Stadtwasserkunst vom 6. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Hermaun Naumann, L.-Plagwitz, Alte Straße Nr. 9, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 3. October 1891. Ter Rath der Stadt Leipzig. X. 6847. I)r. Georgi. Wolfram. In Gemäßheit der 88. 2 und 7 des Regulativs für Gasrohr leitungen und Gasbeleuchtungsanlagen in Privatgrundstücken vom 2. März 1863 machen wir hierdurch bekannt, daß der Schlöffe» meister Herr Richard Wolf, L.-Kleinzschochcr, Plagwitzer Stoße Nr. 61, zur Ilebernabme solcher Arbeiten bei uns sich angeineldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen uachgewiesen hat. Leipzig, den 3. Oclober 189l. Der Rath der Stadt Leipzig. X. 6951. Ör. Georgi. Wolfram. Leklinnlmachung. Vom 1. Oktober d. A. an wird die UniverfitütsktuSerpoliklinik (bisher Nürnberger Straße 55) im neuen Ktndcrkraiikrnhause an der Oslstraße (Platzmannstraße) Rachmittag» 2—8 Uhr stattfinden. Leipzig, 14. September 1891. Königl. UniversitätS-KindcrpaliNinik. Prof. Ilr. Heubner, Director. Gefunden oder als herrenlos angemeldet resp. abgegeben wurden in der Zeit vom 16. bis 30. September 1891 folgende, zum Theil vermuthlich auch von früher verübten Diebstählen hcrrübrcnde Gegenstände: eine silberne Taschenuhr, zwei Meldbetrüge von 8 und 1V .>t, mehrere Portemonnaies mit 8 ./(, 8 .st 1 4 17 /H, 5 10 >4 und geringeren Betrügen, 2 Porte monnaies ohne Inhalt, eine Granatbrochc, ein goldener Herrcnrtng, ein goldenes Medaillon, ei» Ohrring, 2 Arm reife, eine einreihige Korallenkette, eine silberne Uhrkelle, ein blan-weister sog. Bierzipsel, eine Lorgnette, eine Brille, eine silberne Bleistifthülse, einige LeihhauSschcine, rin goldener TajchcnuhrScckcl, ein Taschenmesser, ein Geschäftsbuch, 2 braune Filzhüte, ein schwarzer desgl., 6 Paar Manschetten, ein Droschkenkutscher-Mantel und Hut, einige Schirme und Spazierstöcke, 6 Stück Bierhähne, eine Waschleinc, mehrere Obstkürbe, ein Weinsaß, eine Wagenkapsel, ein Handkoffer, eine Anzahl Schlüffe!, ein Sack Kartoffeln und 2 zweirädrige Handwagen. Die unbekannten Eigentümer dieser Gegenstände werden hier durch aufgefordcrt, sich zur Empfangnahme derselben in unserem Commissariat rechtzeitig zu melden, andernsalls darüber nach 8- 239 des B. G -B. anderweit verfügt werden wird. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche im HI. Quartale 1890 Fundgegenstände bei uns abgegeben haben, auf, diese Gegen- stände zurückzusordern, andernfalls auch hierüber den Rechten gcinäß verfügt werden wird. Leipzig, am 2. October 1891. Ta» Polizeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneid^w Ml Dittistalils-Ltkantttmachttttg. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige:! 1) ein gelbpolirtes Holjkästchen mit 1l»l ,/t 2!» in Gold- und Silberniünze und einem vonpon des erbländ. ritterschaftlichcn Crediwereins über 1 >4 28 sowie ein blauaeslrichcner Blech- kasten von ca. 20 em im Durchmesser, vom 29. bis 30. v. M. Nachts; 2) eine silberne tkylindernhr mit Goldrand, Sccunde und kleinem Dcsect auf dem Zifferblatt, sowie anhängender kurzer klein- gliederigcr Talmitette. am 1. d. M.; 3) ein brauner Hcrbstübrrziclicr mit braunem gestreiften Futter, verdeckter Batterie und Stoffhcnkel, am 29. v. M.; 4) ein Jacket von dunkelbraunem geriesten Stoff mit Pcrl- mutterknöpsen, schwarzem Futter und Stoffhcnkel mit der Firma des Schneiders Heinicke in Reudnitz, am 26. v. M.; 5) ein Maiinsrock von rehbraunem Stoff, roth. und dunkelbraun carrirt, mit schwarzem Futter, Hornknöpsen und Stoffhenkel, am 21. d. M^: 6) ein Spazterftock von Ebenholz mit Elfenbeinkrücke mit silbernem Ring und dem eingravirten Namen ,^lll. deremias", am 29. v. M.: ,) rin Sommernberzirher von schwarzem, gerieftem Kamm garnstoff mit schwarzseidencm Futter, einer Reihe übersponnener knöpfe, Billettüschchen und Sloffhenkel mit der Firma „Lkilipp IIn8e«>88 , am 27. v. M.: 8) ein Jackct von dunkelblauem Stoff mit schwarzem Futter und Perlmutterknöpien, eine dergl. Weste, eine silberne Vhlindernhr mit Secundc und geriefter abgegriffener Rückseite mit Schildchen, am 1. d. M.; 9) ein MaunSrock, ziemlich neu, von dunkelblauem gerieften Kammgarnstoff, mit einer Reihe schwarzer HornknSpse, hellgestreiftem Futter und Sloffhenkel mit der Bezeichnung „kor Ovntlemev", eine Weste UN» Hose von demselben Stoff und ein getragener Frauen»»,Hang von schwarzem Cachcmir, mit Posamenten-, Spitzen- und Perlenbesatz, vom 13. v. bis 1. h. M.: 10) «in 4rüdriger Kinder-<Korb->Wogen mit Btlocipedrädern, dunkelblauem Ausichlag und dergleichen Vorhängen, sowie darin be- findlicher Matratze und Kiffen mit blau- und graugestreistem Ueberzug, vom 25. bi- 26. v. M.; 11) ein kleiner Handwagen, 4rädrig, blaugestrichen, mit Kasten- aufsatz und einem Defect an den Vorderrädern, am 30. v. M. Etwaige Wahrnehmungen über den verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bet unserer iriminal-Bbtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, den b October 1891. Ta« Polizeiamt der Stadt Letpttg. vretschuetdek. Br. Die Pilger-Unruhen in Uom. Am 2. October, dem Jahrestage des PlebiscitS im Kirchen staate, baden, wie unfern Lesern bekannt, drei französische Pilger das vor dem Grabdenkmal Victor Emanucl's im Pantheon in Rom aufliegende Buch besudelt und die Worte eingeschrieben: „Hoch der Papstkönig! Nieder mit Bictor Enianuel! Tod dem König Umberto!" Dieses Bubenstück bat eine unbeschreibliche Aufregung nicht nur in Rom, sondern in ganz Italien erzeugt, und der Unwille der Ita liener hat sich zunächst in Mißhandlungen der französischen Pilger Lust gemacht. Es haben großartige Gcaenkund- gebungcn stattgefundcn, der französische Botschafter dal dem Minister des Innern Nicotera sein Bedauern über den Vor fall auSgedrückl, die französische Regierung hat ein Rund schreiben an die französischen Bischöfe gerichtet, welche« sie aufsordert, sich bis auf Weiteres an Pilgerfahrten nach Rom nicht zu bctbeiligcn. Endlich bat auch die französische Presse das Bubenstück getadelt. DaS alles hat aber keineswegs zenügt, den Eindruck des Geschienen zu verwischen, es macht ich vielmehr das Streben bemerkbar, das Uebcl an der Wurzel zu fassen, damit Wiederholungen von Handlungen gleicher oder ähnlicher Art unmöglich sind. Zn dem Ende hat unter dem Vorsitz Mcnotti Garibaldi'S eine Versammlung von Abgesandten der politischen Vereine Romö und zahlreichen Veteranen beschlossen, die Aufhebung des ersten Artikels der Verfassung, welcher die katholische Religion als Staatsreligion erklärt, und des Garantiegesetzes mit allen gesetzlichen Mitteln anzustreben. Wir haben bereits damals, als der Papst eine große An zabl italienischer Pilger empfing und diesen gegenüber die gesetzlichen Neuerungen der italienischen Regierung, wie das neue Strafgesetz und das Gesetz über die frommen Werke, als Eingriffe in die päpstlichen Rechte bezeichnetc, unsere Ver wunderung darüber auSgedrückt, daß die italienische Negie rung solche offenbare Aufreizungen der italienischen Staats bürger gegen die gesetzlichen Gewalten stillschweigend dulde, und eS bat sich gezeigt, daß solche Duldung den päpstlichen Ucbermuth nur gesteigert hat. Es ist noch in frischer Er innerung, daß der Papst den Umkrei» seine» Machtgebiewö in Rom zu erweitern bemüht war und daß er jede Gelegen heit benutzt hat, seine Lage als eine unwürdige und uner trägliche zu bezeichnen, welche die Wiederherstellung deS Kirchenstaates zur unabweisbaren Notbwcndiakeit macke. Noch am 1. October bat der Papst beim Emvfang der katholischen Jugcndvereine durch den Cardinal Volpini eine Erklärung als Antwort auf die vom Commendatorc Alliata verlesene Adresse erlassen, in welcher die gegenwärtige Lage des Papsttbums unerträglich genannt wird. Was von fremder Hand gegeben und genommen werden könne, verdiene die Bezeichnung Freiheit nickt. ES könnte sich auch bei den stürmischen Wcchselfällen der Zeit ereignen, daß den Gläu bigen sogar das Recht verkümmert werde, zu ihrem Vater zu pilgern. Dieser Fall ist jetzt eingetretcn, aber nicht durch die Schuld der italienischen Regierung, sondern durch die Schuld der Pilger, welche die Nutzanwendung auS den fortgesetzten Klagen deS Papstes über seine unerträgliche Lage gezogen haben und, von ihren aufgeregten Gefühlen geleitet, zu Tbaten übergegangcn sind. So verwerflich die Handlungs weise der drei französischen Pilger ist, so kann sie doch nicht als eine Verirrung angesehen werden, sondern der Student, der Advocat und der Journalist, welche sich zu der empörenden Beleidigung deS italienischen Volkes vereinigten, haben nur daS auSgesübrt, waS Millionen von Anhängern des Papstes wünschen und auf jede Weise zu verwirklichen streben. Wenn eS einen vernünftigen Sinn haben soll, daß die Wieder herstellung der weltlichen Macht deS Papstes auf allen Katholikcnversammlungen als stehender Programmpunct aus genommen ist, dann muß dock auch etwas geschehen, um dieser Forderung deS Papstes Erfüllung zu bringen. Die Anbänger deS Papstes haben eS sich stets angelegen sein lasten, zwei unvereinbare Dinge, Religion und Politik, mit einander zu vermischen, sie können sich also nicht wundern, wenn diese beklagcnSwertbe Bereinigung heterogener Dinge zu Ausschreitungen führt. Daß Cardinal de Lavigerie in Algier die Marseillaise spielen ließ als Anerkennung der französischen Republik durch daS Papstthum, war gewiß keine religiöse, sondern eine ganz unzweifelhaft politische Handlung, und wenn der Papst die ihn besuchenden Pilger auffordert, für die Wiederherstellung des Kirchenstaates tbälig zu sein, so kann die Befriedigung dieses Wunsches nur im Kampfe gegen das Königreich Italien ihren Ausdruck finden. Tie Pilger Michel Truse, Maurice Gregoirc und Eugöne Ckoncary haben nur etwas mehr Muth bewiesen als ihre Mitpilger, als sie daS Andenken deS ManneS beschimpften, welcher den Rest der weltlichen Macht des Papste» vernichtet hat, im Princip sind alle Pilger, die nach Rom wallfahrten, mit ihnen einig. Sie haben den Anfang zur Ausführung dessen gemacht, was der Papst von jeher als seinen innigsten Herzenswunsch erklärt bat. Wozu also die Heuchelei, als ob eS sich um ein vereinzeltes Bubenstück bandelte, an welchem die üorigcn Anhänger des Papstes unschuldig sind? Die Versammlung, welche am 3. Oktober unter dem Vorsitz Menotti Garibaldi'S die erwähnten Beschlüsse gefaßt hat, ist ganz folgerichtig verfahren, indem sie die Abschaffung de« Artikels der Verfassung, welcher die katholische Religion als StaatSreliaion erklärt, fordert. Religion ist Sache dessen, der sich zu ihr bekennt, der Glaube ist nicht staatsbürger licher, sondern wcltbürgerlicher Natur, die Pflichten deS Staats bürgers haben mit den religiösen Anschauungen nichts zu tbun. Die Sache liegt umgekebrt, die StaatSregicrnng ist genölbigt, derjenigen Religion Einfluß auf ihre Maßregeln cinzu- räumen, zu welcher sich die Mehrzabl der Staatsangehörigen bekennt. Im Deutschen Reiche ist der Protestanti-mu- keineSwegS Staatsreligion, sondern c» macht sich nur der Einfluß deS vrotestantischen KaiscrthumS geltend und die Zahl der Bekenner deS Protestantismus. Der Friedericianische Grur , - - rundsatz: „In Meinem Staate kann Jeder nach seiner Fatzon selig werden", ist noch beute der gellende im Deutschen Reiche, und weil er eS ist, deSbalb wird dem KatholiciSmuS ein Grad von Duldsamkeit erwiesen, welcher mit den poli tischen Anmaßungen der Bekenner de» katholischen Glauben» > schwer zu vrreiuoaren ist. Dir Friede uoter den verschiedenen Religionsgesellschasten ist der leitende Grundgedanke für vie Kirwenpolitik des Deutschen Reiches. Auch in Italien hat man versucht, diesen Frieden durch das Garanticgef'ctz aufrecht zu erhalten, aber wie die Er fahrung lehrt, vergeblich. Tie im Vatican herrschende Macht ist ein Pfahl im Fleische Italiens, cs ist nickt möglich, in einem Staate Ruhe und Friede» zu gewährleisten, in welchem zwei Gewalten um die Herrschaft streiten. DaS Garantic- acsetz ist für den Papst nur ein Mittel, um feine politische Macht zum Schaden deS Königs zu mißbrauchen. DaSGarantic- gcsetz bat zur Voraussetzung, daß derPapst sich aus seine Stellung als Oberhaupt der katholischen Kirche beschränkt, aus politische Macht aber Verzicht leistet. Dazu ist aber daS Papst- thum keineswegs bereit, cö ist vielmehr bestrebt, die kirch liche Macht als das Mittel zu benutzen, um feine Herrschaft über die gesammten Bekenner des katholischen Glaubens aus der ganzen Erde auSzudchncn. Die Herrschaft, welche daS Papstthum über die Geister ausübt, genügt ihm nicht, cs will auch die Bestimmung der Wcltpolikik in der Hand haben. Die Meinungen sind darüber gctheitt, ob das besser mit der weltlichen Herrschaft über den Kirchenstaat geschehen kann, oder ohne diese. Die Ueberlicfernng spricht dafür, die Entwickelung der Neuzeit dagegen. Dieser Kampf muß zum Auslragc kommen und die Ereignisse vom 2. October sind die Einleitung dazu. * Leipzig, 6. October. * Es wird nunmehr bestätigt, daß die AbtheilungSchefs der einfcklagcnden preußischen Ministerien bezüglich der von höchster Stelle aus geplanten Schritte zur Hebung der Provinzen Ost- und Westpreußcn, zu welchem Zwecke die verschiedenen Minister Reisen in jene Provinzen unter nommen haben, besondere Berichte erstattet haben, auf Grund deren demnächst Beratungen des StaalSministcriums er folgen würden. * Die „Post" bespricht den gegenwärtigen wahrscheinlichen Aufenthalt Emin Paschas und meint, daß die Möglichkeit vorliegc, daß Emin sich auf englischem Gebiete befinde. Trotz dem hätten die Engländer keinen Grund, beunruhigt zu sein, 8a Emin wahrscheinlicher Weise den Weg durch das englische Gebiet genommen hätte, um den Berg Wfumbiro zu umgehen. * Der preußische Minister der geistlichen, Unter richts- und Medicinalangelegcnhciten hat an die Provinzial- regicrungen folgende allgemeine Verfügung erlassen: „Ich habe die Wahrnehmung gemacht, daß einzelne königliche Regierungen Bewerbungen um Verwendung im Schulaussichtsdicnst unter dem Hinweis ablehnend beschjedcn haben, daß die Besetzung erledigter kreisschutinjvectionen in der Ministerialinslanz erfolge. Tic maßgebende Entscheidung über Ernennung ständiger SchulaulsichtSbeainten muß ich allerdings meiner eigenen Ent schlicßung Vorbehalten. Ick, wünsche aber nicht, daß die könig lichen Regierungen die sich dort meldenden Bewerber an mich verweisen oder von eigenen Vorschlägen für die Be sctzung erledigter Stellen ihrerseits absehcn. Vielmehr lege ich besonderen Werth daraus, daß die Initiative der könig. lichen Regierungen aus diesem Gebiete eine lebhaftere werde. Für die gedeihliche Entwickelung des Unterrichts- und Erziehung-- Wesens in der Volksschule ist es von größter Bedeutung, Laß das verantwortungsvolle Amt deS SchulinspectorS nur in die Hände von besonders zuverlässigen und im Volksschuldienst als hervor- ragend tüchtig erprobten Beamten gelegt wird. Diese Voraussicht wird sich ebensowohl bei seminarisch, wie bei akademisch ge- bildeten Schulmännern erfüllt finden; indessen werden die könig- lichen Regierungen in erster Linie ihr Augenmerk auf die Lehrer an den Lehrerbildungsanstalten, sowie auf die Leiter größerer Volks- und Mittelschulen zu richten haben. Ich erwarte dabei, daß die königlichen Regierungen sich bet den mir zu machenden Vor schlägen für Neubesetzung von Kreis^chulinspectionen in Zukunft nicht auf eine prüfende Auswahl unter de» eingeganaenen Be- Werbungen für die erledigten Stellen beschränken, sondern ohne Rücksicht auf zu erwartende Bacanzen über die für den Schut- aufsichtsdienst besonders geeigneten Persönlichkeiten des Bezirkes schon im Voraus gewissenhaft unterrichtet halten werden. Hierzu werden sowohl die Schulbereisiingen als auch ein mit dem königlichen Provinzial-Schuieollegium dieserhalb dauernd zu unterhaltendes Benehmen hinreichend Gelegenheit bieten." * Ter dculsd,freisinnige Parteitag mHannover ist von ungefähr 3l>0 Thcilnebmern besucht gewesen. Regie rungSratb a. D. Vossart eröffnete denselben vorgestern mit einer Ausführung über den WelfcnfondS, dessen Rückgabe er forderte. Eine dahin gehende Resolution wurde angenommen. Richter sprach gegen den Paßzwang und die Schutzzölle. Bossart verlangte sodann eine anderweite Ordnung der Kreistagswahleil. Professor v. Bar-Göttingen bekämpfte das Trunksuchtsgesctz. Hintzc-Lerlin besprach die Milderung des Paßzwangcs und die zweijährige Dienstzeit und drückte die Hoffnung auS, daß diese freisinnige Forderung bald allge meine Anerkennung finden und die Regierung in ihren For derungen leiten wurde. * Gegen Ende des Jahres wird ein Wechsel an der großbritannischen Botschaft in Berlin stattfinden, der, wie die „Kreuzzeitung" schreibt, allseitig gern gesehen werden dürfte. Der jetzige Militar-AttachS, Oberst Ruffell, kehrt dann nach England zurück, um ein Commando im activcn Heere anzutreten. Sein langjähriger Vorgänger, Oberst Swaine, wird wieder nach Berlin commandirt werden, da der Botschafter Sir Edward Malet aus Befragen erklärt bat, daß diese Wahl dem Kaiser besonder- geneym sein würde. Oberst Swaine war bekanntlich schon lange Jahre pvrsonL grstlZsimL am Berliner Hofe und erfreute sich^ der Gunst der drei deutschen Kaiser in unverändertem Maße. Er verließ seinen Berliner Posten auch nur aus Rücksichten auf sein dienstliches Verhältniß in der Armee, ebenso, beiläufig bemerkt, wir jetzt der Oberst Russell. Dem englischen Reglement gemäß darf nämlich ein Osficier vom Major ab nicht länger als fünf Jabrc ohne Avancement, bez. Commando im activen Heeresvcrband bleiben. Oberst Swaine hat nun dieser Bestimmung als Commandeur des 2. Bataillon- der Rifle Brigade (Schützen) genügt. * AuS Stuttgart, 5. October, liegt folgende- Bulletin vor: 10 Uhr Vormittag. Nachdem der König in der ersten 'V " ' ' ' Hälfte der Nacht mit Unterbrechung Ruhe gefunden hatte, vermehrten sich gegen Morgen di« Beschwerden. Eine weitere Abnahme der Kräfte ist nicht bemerkbar, dagegen sind die örtlichen Entzündungserscheinungen stärker hervorgetreten. * Kaiser Franz Joseph empfing den Bürgermeister von Wien, vr. Prix, dankte denselben yuldvvllft für den Herz lichen Empfang bei seiner Ankunft in Wien und erörterte sodann mit demselben alle zur Zeit zur Verhandlung stehen den communalen Fragen. Gestern Nachmittag sollte eine Kundgebung des Bürgermeister« den Emwohnern den Dank deS Kaisers übermitteln. * Der Statthalter von Böhmen hat die Beloh nung auf die Ermittelung deS Urhebers des Rosenthaler Bombenattentats aus 10 000 Gulden erhöht. * Im Wiener Gemeinderathe wurden Inter pellationen wegen der Fleischtheuerung cingcbracht, in welchen auf den Unmuth und die Beunruhigung der Be völkerung über die zunehmende Vertbeuernng hingewiesen und der Bürgermeister zu energischen Bemühungen bei den maßgebenden Factoren aufgesorderl wird. Nöthigensalls soll auch der Kaiser um Abhilfe angegangen werden. Die plötz liche Steigerung beträgt 5 bis lO Sbrcuzer pro Kilo und sind auch die Vororte durch diese etwa durch mangelnden Auftrieb an Schlachtvieh gar nicht gerechtfertigte Maßregel in Mit leidenschaft gezogen. * Der ungarische Finanzminister Wekcrle wird das Budget für 1892 wahrscheinlich schon in der Mittwochsitzung de« Abgeordnetenhauses cinbringen. Der Boranscklag schließt mit einem unter den obwaltenden Umständen immerhin erheblichen Ueberschuß. DaS „Neue Pcster Journal" veran schlagt den Ueberschuß der Gebahruug im Jahre 1890 gcnübcr dem Voranschlag mit 20 Millionen Gulden. Die chlußrechnung wird, wie gesetzlich vorgeschrieben, vom Minister präsidenten Grafen Szapary gleichfalls in der Mittwoch sitzung vorgelrgt. * Die Rede deS Grasen Szaparyi in der gestrige» Conserenz der Liberalen entwickelte in ibrcm zweiten Thcile daS Programm der Regierung. Es wird darin die Erhaltung des Gleichgewicht« im Staatshaushalt, sowie die Entwicklung des Volkswohlstandes und die Erleichterung deS Verkehr« und Handels betont. Die Regierung halte an ihrer Verwaltungs vorlage fest und wird sie bald auf die TageS-Ordnung setzen. Szaparyi bekämpfte die Politik der UnabbängigkeilSpartei, welche durch auSaesponncne staatsrechtliche Debatten die auf eine ordentliche Entwickelung des Landes gerichtete Thätigkeit der Regierung verhindern wolle, und erklärte als die beste und einzig richtige Politik dir der Regierung, für welch« er die weitere Unterstützung der Partei erbat. * Nach Mittheilungen der Blätter auS Triest fand der Portier deS dortigen bischöflichen Palais gestern im Vorhause einen rauchenden Gegenstand, welchen derselbe als eine Petarde mit rauchender Lunte erkannte. Durch schleunigstes Austrelen der Lunte wurde eine Explosion verhindert. Der Urheber und die Motive zum Attentat sind nicht bekannt. * Bei einem am Sonntag Abend von der Municipalität in Nizza veranstalteten Banket zu Ehren der anläßlich der Enthüllung des Garibaldi-Denkmals anwesenden italienischen und sranzösischen Delegieren wurden mehrere Reden gehalten, in denen hauptsächlich die Gemeinsamkeit der Interessen Frankreichs und Italien- gefeiert wurde. * Das Telegramm des Bürgermeisters von Rom, welches den öffentlichen Protest der Bevölkerung Roms gegen den bekannten Zwischenfall im Pantheon zur Kenntniß des Königs krackte, beantwortete letzterer von Monza aus, indeni er versicherte, er sei für diese Kundgebung der An hänglichkeit erkenntlich. Rom habe bei diesem Anlässe seine tiefe Ergebenheit für das geheiligte vaterländische Andenken bewährt. In den Städten Livorno und Turin demonslrirte gegen den Zwischenfall im Pantheon am Sonntag Nachmittag die Bevölkerung, die Straßen durchziehend unter den Rufen: „Hoch lebe Italien! Hoch Rom! Hoch das unantastbare Italien!" * Die Garibaldi-Feier in Nizza macht in Rom einen guten Eindruck, insbesondere die Versicherung, daß Frankreich niemals für die weltliche Herrschaft cintreten würde. ES wird allgemein anerkannt, daß Nonvier in dieser Hinsicht viel unzweideutiger gesprochen habe, als allgemein erwartet worden sei. — AuS Anlaß der Zwischenfälle im Pantheon werden die Demonstrationen in den größeren Provinzialstädtc» fortgesetzt. * Der gestern in der St. PeterSkirche in Rom ab- achaltcnen Seelenmesse wohnten 1000 Pilger auS Lang res und Limogcö bei. Der Papst, welcher sich in offener Sänfte durch die Reihen der Pilger tragen ließ, wurde mit lebhaften Zurufen begrüßt. Er richtete an einzelne Gruppen Aeußerungen seines besonderen Wohlwollens. * Der dänische Reichstag ist gestern eröffnet Worden. DaS Landsthing und daö Folkething wählten ihre bisherigen Präsidenten wieder. Heute soll daS Budget vor- gclegt werden. * Wie Petersburger Blätter melden, sollen auf Aller höchsten Befehl in dieser Saison keine Hofbällc statt finden und die für dieselben auSgeworscnen Summen zum Besten der Nothleidenden in den von der Mißernte betroffenen Gegenden verwendet werden. * Die finnischen Amtsblätter veröffentlichen den kaiser lichen UkaS, betreffend die Geschäftsordnung der höheren Behörden Finnlands und betreffend die An stellung der Beamten dieser Behörden. Demnach bat der Ministcr-Staat-secrctair zu Finnland die finnischen Gesetzvorlagen, welche die Interessen Rußlands berühren, den russischen Ministern zur Meinungsäußerung mitzutbeilen. Die allerhöchsten Beschlüsse und Gesetzentwürfe, welche Finnland be treffen, sowie die Vorlagen für den Landtag und die Eingaben de» Senat- sind dem Generalgouvernenr in russischer Sprache mitzutbeilen. Al« Beamte deS finnischen StaatSsecrrtariatS und der Kanzlei des Gouverneurs können fortan nur Russen mit Universitätsbildung oder Finnländer mit höherer Bildung, welche der russischen Sprache vollkommen mächtig sind, an gestellt werden. * Die „Times" meldet aus Singapore vom 3. d. M, der Sultan von Bruni aus Borneo habe in einem großen Rathe der Malayen, dem auch der britische Consul bei wohnte, sich geweigert, eine Geldentschädigung für die Besitz ergreifung von Limdang durch den Rajah Brookc zu nehmen und habe sich bitter über den Wertb der englischen Verträge geäußert. Man könnte wohl da» Land rauben, er würde e» nicht verkaufen.
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