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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.01.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-01-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920107026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892010702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892010702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-01
- Tag1892-01-07
- Monat1892-01
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Ist das löOjädrige Bestehen einer Zeitung in den Händen derselben Familie schon an sich ein Ercigniß, so gewinnt dasselbe an Bedeutung, wenn die Entwickelung der Zeitung in si> enger Verbindung mit der vaterländischen Geschichte steht. Die Gründung der Zeitung unmittelbar nach der Besitzergreifung Schlesien« durch Meinen großen Ahnen, den König Friedrich II., zu desi'e» ersten Regierungshandlungen in der neuen Provinz die Ertheilung des bezüglichen Privilegs gehörte, und in der Folge die Dheilnahme an der großen vaterländischen Bewegung im Frühjahr 1813, wofür besonders die Nummer vom 20. März jenes JahreS mit der erste» Veröffentlichung der hochbedentscine» Kundgebunge» des in Gott ruhenden Königs Friedrich Wilhelm III. Majestät: des „Aufrufs an Mein Volk", der Proklamation „an Mein Krieg-Heer" und der „Urkunde der Stiftung des eisernen Kreuzes" ein beredtes Zeugniß oblegt, sind die denkwürdigsten Momente und neben Anderem ein Beweis dafür, wie die Zeitung in guten und böse» Tagen allezeit treu zu König und Vaterland gestanden bat. Indem Ich die inhaltsreiche Festschrift gern annehme, kann Ich es mir nicht versagen, mit Meinem Glückwünsche zu dem denkwürdigen Jubiläum der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß Ihr Unternehmen jcrnerhin gedeihen und die gleiche vaterländische Ge- sinnung auch in Zukunft betbätigen möge. Berlin, den 4. Januar 1892. gez. Wilhelm, R. * Wolfs« Telcgraphenbureau meldet: „In den aus ländischen Blättern tauchte wiederholt die Notiz auf, Kaiser Wilhelm beabsichtige, zur goldenen Hochzeit de- dänischen Königspaares nach Kopenhagen zu reisen. Diese Nachricht ist unbegründet, auch haben wegen dieses Besuches keinerlei diplomatische Verhandlungen staikgefunken." * Die commandirenden Generale der sämmtlichen Armeecorhs haben im Lause der letzten Tage sämmtlich Berlin wieder verlassen, u», in ihre Garnisonen zurück zu kehren. Am Montag Nachmittag hatte noch ihnen zu Ebrcn Beim Kaiserpaare im königlichen Schlosse ein größeres inilitairische« Essen stattgefunden. In Vertretung de« com- stnandirendcn Generals dcö 12. (königlich sächsischen) ÄrmeecorpS General-FeldmarschallS Prinzen Georg von Sachsen war der GcnrraUieutenant Edler v. d. Planitz, für den commandirenden General des l. bayerischen Armeccorps Generals der Cavallerie Prinzen Leopold von Bayern der Generaliieutenant Ritter v. Orff, Eommandeur der 2. königlich bayerischen Division, und für den eomniandircnden General des 10. Armeecorps General der Insanleric Bronsart v. Schellendorsf der Com- mandeur der 19. Division Gcnerallientcnant v. Leltow-Vor- beckH. zurNcujabrsgratulativn auS Dresden, München und Hannover nach Berlin gekommen. * Die Börsenantrag», welche vom Centrum und den konservativen Parteien einerseits und den Nationallibcralcn andererseits Anfang December im Reichstage eingcbracht wurden, sind bisher noch nicht zur Verhandlung gekom men. Es wird ihnen aber wegen ihrer Wichtigkeit und ihrer Unterstützung durch eine große Mehrheit des Reichstages ohne Zweifel die Priorität vor andern Anträge» zucrkannt werden, so daß sie bei erster Gelegenheit nach Wiederaufnahme der Sitzungen auf die Tagesordnung kommen werden. Auf einen unmittel baren gesetzgeberischen Erfolg wird dabei freilich nicht zu rechnen sein. Bei dem m Rede stehenden Gegenstand kommen so viele schwierige juristische und winhschaftliche Er wägunge» i» Betracht, daß inan nicht gleich mit bestimmt formulirtcn Vorschlägen zur Reform allgemein anerkannter Uebelslände hervortrcten kann. DaS ist weder in den Initiativ anträgen aus dem Reichstag gesck'eben, »och wird man e« von der Regierung erwarten dürfen. Man dosfl aber von der letzteren die Zusage zu erhalten, den Gegenstand ungesäumt sorgfältigster Prüfung unterziehen und die Ergeb nisse derselbe» zur Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs ver wenden zu wollen, welcher den Entartungen und krankhaften Auswüchsen des Börsenverkehrs in schärferer Weise als e« bisher möglich gewesen, entgegcnzutrcten bestimmt ist. Ein solches Gesetz wird allerdings gründlicher Vorbereitung be dürfen und man wird dasselbe jedensalls erst in der nächsten ReichStagSscssion erwarten können. Die Anregungen im Reichstag werten ihren Zweck erfüllt habe», wen» sie die ernste Vorbereitung einer gesetzgeberischen Reform auf diesem Gebiet sichern. * Tie „Post- bringt folgende sensationelle Notiz: Za Schlesien geht, wie uns mitgetbeilt wird, daS Gerücht, daß gegen den Landtagsabgeordneten Grafen Limburg-Slirum, der, früher UnterstaatSsecretair und lange Zeit vertretender Leiter im Auswärtigen Amte, als Gesandter zur Disposition gestellt Worten ist. eine DiScipli naruntcrsuchung eingeleitel worden sei. Es bandle sich dabei um einen Artikel gegen die Handelsverträge, den Graf Limburg, jetzt einer der Führer der conservaNven Partei im Abgeordnetcn- bause, am 14. December vorigen JahreS unter Nennung seines NamenS in der „Kreuzzeilung- veröffentlicht hat. Wir haben den Artikel in Nr. 3l5 des vorigen ZabrgangS in der Revue der Presse angezogen. Graf Limburg erörterte darin zwei Fragen: 1) Stand eine solche Notblage der deutschen Export-Industrie wirklich bevor, daß man. um sie abzu- webren, der Landwirtbschast schwere Opfer znmnthcn mußte? 2) Erheischte die allgemeine politische Lage Concessionen auf handelspolitischem Gebiete, um damit politische Bündnisse zu festigen? Der Artikel verneinte beide Fragen und schloß: Wenn die conservative Partei einsehen könnte, daß da« der Land- wirtbichosl angesonnene Opfer wirklich zum Wohie des Stao e« nothwendig ist, so würde eS gebracht werbe» ohne Murren. Aoer das unnöthiger Weste prrisqegeben zu sehen, wofür die eonservativ» Partei jahrelang mit aller Energie gekämpft hat, muß das bittere Gefühl hervorbringen, weiche- entsteht, wenn man für loyale und treue Unterstützung ungerechte Behandlung erfährt. Die Nachricht von der Einleitung der Untersuchung wird u»S von vcrtrauenswerther Seite als „verbürgt" mitgetbeilt. Wir haben allen Anlaß, an dem guten Glauben des Ein senders nicht zu zweifeln, können aber doch mit dem Aus druck unserer Hoffnung nicht zurückhalten, daß sich die Nach richt nicht bestätigen möge. * Die socialdemokratische Heypresse fängt schon jetzt an, ihr aus taktischen Gründen angefertigtes NothstandS- gemälde durch Nachrichten über Arbeiterentlassungen zu „bereichern". Sie sollte doch den Teufel nicht an die Wand malen. Tbatsache ist, daß zahlreiche Betriebe schon jetzt »nr unter Opfern seitens der Arbeitgeber fortgesührt werden, sowie daß die auf Parteicomniando von den Arbeiter» bejubelten Handelsverträge die deutsche In dustrie mit schwerer Schädigung bedrohen. Die letztere wird alle an leitender Stelle ausgespcicherte Intelligenz. Energie und GeschäsiS-Gewandtbeit anfbieten müssen, um mit einem blauen Auge davon zu komme». Von der aufreibenden GeisieSthätigkeit der auf ihren erponirlen Posten nck ab- »inbcnden Arbeitgeber merkt daS GroS der Arbeiter natür lich »ick'tS. ES strebt unbekümmert nin die Gunst oder Un gunst der Zeiten, nur immerfort nach Erhöhung der Löhne bei gleichzeitiger quantitativer Verringerung und qualitativer Verschlechterung der Arbeitsleistung. Die Stunde könnte eher schlagen, als die Arbeiter- sich träumen lassen, wo sie erkennen werden, daß auch die Baume socialdeniokratischcr Begehrlich keit nicht in den Himmel wachsen. * In den letzten zwei Iabren bat der Allgemeine Deutsche Schulvcrcin zu Berlin, der die Nolh solcher deutschen Gemeinden im Auslände, die in ihrem BolkSthum durch slawische und romanische Bolksstämme schwer bedroht sind, zu lindern sucht, eine Verringerung sowohl seiner Zweigvercinc als auch seiner Mitglicverzahl erfahre» Die Zahl der Ortsgruppen hat sich von 400 auf 356, die der Mitglieder von 40 000 auf etwa 35 000 vermindert. In jüngster Zeit sucht nun die Ccntralleikung des Vereins diesen Rückgang zum Stillstand zu bringen Zwei Wanderrcdner haben daS westlicke und nordwcitlichc Deutschland bereist, um eingegangene Ortsgruppen wieder zu beleben und eine Anzahl neuer Ortsgruppen zu gründen. Die Tbätigkcit dieser Wanderretncr bat insofern Erfolg gehabt, als eS gelungen ist, in Cuxhafen, Harburg, Hannover, Essen, Hage», Gock, Wesel und Bückeburg neue Zweigvereine zu errichten, in Crefeld, Düsseldorf. Cleve. Barmen, Hamm, Iserlohn, Minden, Münster, Bochum, Dortmund und anderen Orten die Gründung neuer Ortsgruppen vorzuberciten, so daß der frühere Stand von 400 Ortsgruppen bald wieder erreicht sein dürfte Um den Zweigvercinen öfter über die Auf gaben und die Arbeiten des Deutschen SchulvereinS Bericht er statten zu können, wird seit dem l. October l89l ein monatlich einmal erscheinende- Blatt: „Für daS Deutsch thum im AuSlande" in einer Auflage von 5000 Exemplaren herauSgezeben und unentgeltlich versendet In diesem neuen Organe dürfen die auswärtigen Deutschen jederzeit Be schwerden über Verkümmerung oder Bedrohung ihre« nationalen Wesens Vorbringen, wenn diese kurzgesaßt oder sachlich begründet sind. Dem gleichen Zwecke wie dieses Organ dient auch daS deutschnationale Jahrbuch von K. Pröll. * Die durch die kaiserlichen Erlasse vom 4. Februar l890 angeregte Einrichtung von Arbeiter-Ausschüssen bildet bekanntlich eine viclumstrittenc Frage. Die Gesetzgebung deS Reich- ist angesichts der in dieser Hinsicht auch in Kreisen von notorischer Arbeitersreundlickkeit bestehende» Meinungs verschiedenheiten nicht daz» übcrgegangcn, die allgemeine Einführung der Einrichtung anzuordnen. Die letzte Novelle zur Gewerbeordnung begnügt sich vielmehr damit, die sacultativ gcdachtenArbciterauSschüsse mit gewissen Befugnissen, namentlich in Bezug aus die Feststellung der Arbeitsordnung, auSzustatten und so deren Einführung wenigstens indirect zu fördern. Bei der preußischen Bergvrrwaltung, deren llebergang an daS Handelsministerium wesentlich zu dem Zwecke erfolgt ist, die Berg- und Hüttcnbetriebe in der Richtung der arbeiter- freundlichen Tendenzen der kaiserlichen Erlasse vom 4. Februar 1890 zu Musteranstaltcn zu mache», sind bekanntlich Arbeiter- auSschusse alsbald cingcsührt worden. Indessen waren keineswegs alle fiScalischcn Verwaltungen diesem Beispiele ge folgt. Insbesondere hatte die preußische Eisenbahnver- waltung auS ähnlichen Gründen, wie sie den RcichStagS- abgeordnelc» Freiherrn von Stumm ungeachtet seiner in der Praxis bewährten arbeitersreundlichcn Gesinnung zu einem ablehnenden Verhalten gegenüber den ArbeiteranSscküsse» de stimme», bisher von der Einrichtung von ArdeitcrauSschüffcn abscken zu müssen geglaubt. Eine erneute Prüfung der Frage scheint indessen jetzt zu einem abweichenden Beschlüsse sinnen zu wollen. Durch die inzwischen gesammelten Er fahrungen senkt sich die Waagschale zu Gunsten der Ein führung der ArbeiterauSschüffe und eS dürste daher ge gründete Aussicht vorhanden sein, daß die Eisendabnver- waltung in naher Zeit auf diesem Gebiete dem Vorgänge der Bergvcrwaltung nachsolgt. So schreiben die „Berliner Politischen Nachrichten". Wir befürchten für unseren Tbeil, daß die Arbeiteran-schüsse ein verfehltes socialpolitisches Experiment bleibe» werden. * Wie die „N.-L. C" hört, wird die Frage des Ber liner DonibaueS auch in dieser Session wieder drn preußische» Landtag beschäftigen. Es ist nämlick, dem Ber nehmen iiack, in den nächsten Etat eine größere Forderung für diesen Zweck als erste Rate eingestellt. Die ganze Bausummc soll aus etwa 10 Millionen Mark veranschlagt sein und in jährlichen Rate» gefordert werden. Die neuen Pläne sind wieder von Professor Raschdorff entworfen, welcher seinen früheren Plan, der bedeutend höhere Mittel in An spruch nahm und der bekanntlich im vreußiscken Landtage auch auS diesem Grunde aus starken Widerspruch gestoßen sein würde, entsprechend abgeändrrl hat. * Bon der ReichStagSwahl in HildeSbeim liegen jetzt die Mittbeilungen bi- aus wenige Ortschaften, die nichts Wesentliches mehr andern können, vor. Die letzte Nachricht lautete: Für Sander (nationalliberal) l0 64l, für Bauer- Meister (Centrum) 82l4 Stimmen. Herr Saude» ist also mit einer Mehrheit von etwa 2500 Stimmen gewählt. Bei der Hauptwahl am l8. December erhielten: «ander 0626, Baucrineister 5944, Bertram jSociald.) 4598,Oehlman» lAntis i >813, Ouensel isreis.) 1085 Stimmen BemcrkenSwertb ist, daß trotz des Beschlusses der nickstbetbeiligtcn Parteien, fick der Abstimmung zu enthalten oder für den nationalliberalcn Candidaten cinzntrctcn, der CenlrumScandidat einen Zuwachs von über 2000 Stimmen erhallen hat. Man wird nicht seist gehen, wenn man darin socialdemokratischc Stimmen erblickt. Es wird aus zuverlässigster Ouellc versichert, socialdemokratischc Stimmen seien für den ultrainoiitan-welsischrn Candidaten direct für einen bestimmten Preis gekauft worden Man kann daraus ermesse», wie empfindlich den vereinigten Ultramontaucn und Welfen diese Niederlage sein muß. * Herr Richter meint i» der „Freisinnigen Zeitung": „Wir glauden nicht, daß in dieser Session des Reichstags die Jesuiten frage überhaupt zu irgend einer Erörterung kommen wird." Den Freisinnnigen ist diese Erörterung nämlick sehr unbequem: sie kommen in eine arge Verlegen heit zwischen ihren Wablverpflichtungen gegen daS Centn»» und der Stimmung ihrer protestantischen Wähler. * Gestern habe» in Frankfurt a M die Ersatz Wahl- männerwablen für das durch den Rücktritt des Herrn von Hergenbalin lnationallibcral) erledigte Mandat zum Ab ge ordneten ha »sc stallgesunden. ES waren 159 Wahl- inännerwahlcil vorzuuelmie», von denen 74 demokratisch frei sinnig, 7!» »ationallibcral auSgefallcn sein sollen. Doch soll die F«r»rHets«i. Das geflügelte Rad. 4j Roman von Hermann Heinrich. Nachdruck Lkrbolm. lFortsetzmig.) „CS ist natürlich, daß da« Bestreben der betheiligten Kreise von jeder dadin gegangen ist. eine Vorrichtung zu er finden, welche die Kuppelung der Wagen auf eine für den Arbeiter ungefährliche Weise bewirkt. Selbstkuppelung oder Teitcnkuppelung sind daher die Aufgaben gewesen, auf welche das Interesse der Bahnbcamtc» und der Scharfsinn der Mechaniker sick seit Jahrzehnten gerichtet haben. So fand vor einigen Jahre» in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ein Wettbewerb statt, und bald darauf folgte England mit einer PrciSbcwerbung aus diesem Gebiete Als Ergcbniß wurden vcn den Preisrichtern zwei erste Preise von 2000 .F, zwei zweite Preise von lOOO und zwei drille Preise von 500 .<S gezahlt. In Deutschland hat schon im Jahre >875 eine Prcisbcwerbung stattgesunden, bei welcher mehrere Erfin dungen durch dcdeulenke Preise ausgezeichnet wurden. Seit dieser Zeit ist der Eifer der Mechaniker nicht müde geworden. TaS Berliner Patentamt allein bat etwa 300 Patente für Kuppelungen ertbcilt Wohlgemerkt, Erfindungen sind sehr diele vorhanden, die Erfindung hat noch Keiner gemacht. Tenn mit einem complicirlen Mechanismus, wie ihn die meisten Eonstruclioncii ausweisen, ist dem Uebcl nickt abgebolsen. Tic Kuppelung, welche wir brauchen können, muß die höchste Einfachheit mit der höchsten Brauchbarkeit verbinden. Bis jetzt ist noch keine Erfindung dieser Forderung gereckt geworden, unk die sachverständigen Kreise neigen sich langst der Ansicht zu, daß die Erfindung überbaupt nicht zu machen ist." „Wie?" ries Amalie „So sollen also die Arbeiter nack wie vor zwischen den Schienen >br Leben auss Spiel setzen? Ter Schmerzensschrei von tausend Verunglückten soll jährlich zum H'iumcl ausslcigen, daS Jammern armer Willive» und Waisen soll einsam verhalle», ohne daß i>i> die Saäw der Menschlichkeit damit etwas gewonnen wäre?" Ter Ingenieur zuckte die Achsel». „Wir werte» eS nicht ändern." „Nein. Herr Dorner", fuhr Amalie mit Begeisterung fort, „mit diesem traurigen Ergcbniß dürfen wir uns ruckt be ruhigen! Was baden die Erfinder in den letzten Jahrzehnten der staunenden Menschheit nicht Alle« vor Augen gestellt. Al« Narren hätte man Diejenigen verlacht, die uns vor dreißig Jahren davon erzählt hätten. Dem menschlichen Geiste ist sacht« tuunögtichl Ied« menschliche Arbeit steht mir hoch. Aber am höchsten stebt meinem Herzen Derjenige, der durch seine Tbätigkcit das Leiden der Menschheit vermindert. Herr Dorner, Sie sind Ingenieur. Wenn eS Ihnen gelänge, daS scheinbar.Unmögliche! Alles wollte ich thun, um einem solchen Manne meine Hochachtung, meine herzliche Ergeben heit zu beweisen. Und wenn er Werth darauf legte, meine Liebe zu besitzen, es wäre mein Glück, mein Stolz, sein Weib zu beigen!" Dorner war wie elektrisirt. Nie war ihm Amalie schöner, begehrcnswcrther erschienen als in diesem Augenblicke idealer Erregung. Der sonnige Blick ihrer dunklen Augen erfüllte sein Herz mit begehrlicher Gluth. „Gnädige Frau, diese Bedingung gehe ich ein!" Er ergriff ihre Hand. „Ist eS Ihr fester Ensckluß, seiner Zeit dieses Wort einzulöscn?" „Unscre Freunde hier sind Zeugen!" Dorner neigte sich und küßte Amalien« Hand. „Fortan kenne ich nur ein Streben und ein Ziel. Und dann der Preis!" Seit Robert s Tode war Gustav Rollmann in ein stilles Sinnen versunken. Er sann, wo er ging und stand. Wenn Karlchen sich ihm liebkosend »äderte, so umarmte und küßte er Wohl daS Kind, aber seine Seele war nicht dabei. Trud chen'« Fragen beantwortete er entweder gar nicht oder in verkehrter Weise, und wenn Trudchen ihn auf den Unsinn aufmerksam machte, so that er, als ob er aus einem Traume erwacke. Fast nur mechanisch kam Gustav den Forderungen de« TagcS nach. Die Außenwelt hatte kein Interesse mehr für ibn, sein ganze« Sein war auf das innere, geistige Leben gerichtet. Was Trudchen bei dieser vollkommenen Veränderung ihres Mannes noch einigermaßen beruhigte, war die Wahr nchmung, daß dies keine Wirkung des Schmerze- uni den dabingcrafften Freund war. So mächtig dieser Schmerz bei Gustav anfänglich gewesen, so schnell schien er ihn überwunden zu haben DaS stille Sinnen war sogar mit einer gewissen Heiterkeit verbunden, die in leise hingesummten Melodien zum Ausdruck kam, und zuweilen sab Trudchen in drn Augen ihre- Manne« etwa« leuchten, wa« sie vorher nie beobachtet halte und wa- wie ein Glanz au- einer anderen Welt ihr Auge traf. Im klebrigen war Gustav sanft und liebevoll, ja zuweilen zärtlich Trudchen Kälte sich dabei beruhigen können, wenn ihr praktischer Sinn nicht zuweilen aus den Getanlcn gekommen wäre, wa« Gustav Wohl bei dieser Zerstreutheit eigentlich in der Werkslätte anfangen möge Nach einer Wocke schien Gustav zu einem Ergcbniß gekommen zu sein Er errichtete in seiner Wohnung eine kleine Werkbank, stellte einen Schraubstock aus und versah sich mit einer Menge von Handwerkszeug, da« zur Bearbeitung te« Eisen« dient .Wa« willst Du thu»r* fragte Trudchau Gustav stand einen Moment, als müsse er sich die Frage erst zum Bewußtsein bringen. Dann lächelte er fast ver legen, und er erwiderte: „Laß da«, Kinding! Davon verstehst Du nichts." „Davon verstehst Du nicht»!" wiederholte Trudchen ärgerlich. „DaS hast Du mir nun schon ein paar Mal gesagt." „ES ist so, Mutting, ich kann nicht dafür." „So erkläre eö mir doch!" TaS gehl nicht so ohne Modell. Warte, bis Alles fertig ist! Dann will ich Dir eS erklären!" „Gustav, ich begreife Dich nicht", cntgcgnete Trudchen mit verhaltenem Acrgcr und ging dann ihrer Bcschäfti- nach. ach einigen Tagen brachte Gustav zwei kleine viereckige Kasten mit nach Hause, die er bei einem Tischler bestellt batte. Nun fing er an zu hämmern und zu seilen bis in die späte Nacht hinein Nachdem er eS einige Abende so getrieben hatte, stellte sich ihm Trudchen in energischer Weise entgegen. „Es ist jetzt eine halbe Stunde über zehn llbr", sagte sie „Taß Du mir meine Wohnung zur Werkstättc machst, will ich mir noch gefallen lasse» Aber das lasse ich mir nicht bieten, daß Du mich eine» Abend wie alle Abend um meine Nachtruhe bringst. Wer den ganzen Tag arbeitet, der muß Nachts schlafen; das weiß jeder vernünftige Mensch. Du kommst jetzt ins Bett!" Der große, starke Mann sab verblüfft auf seine kleine Frau hinab. Die energische Sprache schüchterte ibn ein „Ja doch, Trudchen", entgegnete er. „Wer wird denn auch gleich so heftig sein!" „Aber habe ich nickt Recht?" sagte Trudchen sanfter. „Freilich hast Du Recht. Ich gehe zu Bett." Er ging ins Bett, aber einschlasen konnte er nickt. Er hörte die Ul>r elf und zwölf schlagen Warum mußte ihn seine Frau auch mitten in der Arbeit stören, sodaß ihm nun die Gedanken keine Ruhe ließen! Trudchen war, beruhig» durch ihren schnellen Sieg, bald in tiefen Schlaf gesunken Gustav horchte auf die tiefen Atbemziigc und dachte: Wen» ich leise ausstcbe, so merkt sie nichts. Von nute» heraus klang da« Rumoren der ^ügc. E« erinnerte Gustav an jene schreckliche Nackt, in welcher Robert um« Leben gekommen war, und an seine große Aufgabe Jede Stunde Vcrsäumniß konnte einem Menschen da« Leben kosten. Durste er sich in seiner Pflicht durch La« Gerede eine« schwachen, unverständigen Weibe« beirren lassen? Leise stand er auf, zündete die Lampe an und setzte sich zur Arbeit Er sann und sann. Die stille Tbätigkeit de« Denken« konnte keinen Menschen stören. E« sann sich niemals schöner »l« in der ruhigen, stockfinsteren Lackt. Die sich Gedanke an Gedanke fügte, wie klar der Gegenstand seinem Geiste er schien! Durchsichtig wie Glas wurde ihm, was noch un bekannt und dunkel war. Er sab daS Werk bereits fertig vor sich. Es zuckte ihm in allen Fingern. Wenn er jetzt Hand anlcgen dürfte, wenn ibn jenes Weib nicht — Er sah sich nach Trudchen uni. Ihre ruhigen Athcinzüac verricthen einen ungestörten Schlaf. „Sic schlaft wie ein Murmeltbier", dachte er. „Sic wird nicht gleich auswachen von dem Bischen Feilen und Hämmern" Und er begann weiter zu arbeiten, erst leise und vorsichtig, dann schneller und heftiger, und bald hatte er seine Umgebung vollständig vergessen. Sein Blut pocktc, seine Augen glühte», der Schweiß stand ihm auf der Stirn. „Aber Gustav!" Er fuhr zusammen und wankte sich um. Da saß seine Frau aufgcrichtet im Bett und sah ihn mit zum Weinen verzogenen Gesicht vorwurfsvoll an. „Gustav, bist Du denn nickt klug? Du wirst mich nock ganz und gar unglücklich machen!" Der weicke, weinerliche Ton ging ihm ans Herz. Es war ihm wirklich zu Mutbc, als ob er bei einem große» Unrecht ertappt worden wäre. „Nimm'S nickt übel, Kinding". sagte er. „Ich konnte mir nicht helfen. Es trieb mich auS dem Bette" „Aber bist Du denn ein kleines, unverständige» Kind? Schäme Dich, Du großer Mensch, Deine Frau und Dein Kind so zu behandeln!" Gustav schämte sich wirklich. „Sei nur gut! Es wird ja nicht lange mehr dauern, dann bin ich mit dem Krempel fertig!" Er löschte die Lampe au» und legte sich nieder. Trudchen sing a», ernstliche Sorge um ihren Man» zu tragen. Wie gerne hätte sic sich einmal bei Anna tüchtig ausgcklagt; aber diese batte die Ellern ihre» unglücklichen Bräutigams »ach Pommer» begleitet „Es wäre grausam, die alte» Leute jetzt allein z» lassen. Ick will wenigstens einen Monat bei ihnen sein", so batte sic gesagt. Der schrift licke Meinungsaustausch lag Trukchen fern So gewandt die Alt eiterfrauc» häufig mit der Zunge sink, so unbeholfen sind sie mit der Feder Und tan» die Sacke gleich bi» nack Pommern au-schreien? Rein, so schlimm war eS schließlich dock noch nickt Anna hätte ja denken müssen, eS brennt So trug Trudchen ihren stillen Äerger in der Hoffnung, daß eS sich nur um eine vorübergehende Laune ihres Mannes handele und daß er doch bald wieder zur Vernunft kommen würde Rach einigen Tagen batte Gustav die beiden Kasten mit Eisenbeschlag und Rädern versehen. Zwei kleine Eisenbahn- Wage» standen fertig da.
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