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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.01.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920112020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892011202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892011202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-01
- Tag1892-01-12
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t« «f c«i,» »rlaxsv Lllsr» 'Welt. ^ -n» >L^ I2I«> 10030 13«.- ios,lv 102.1b 107.1b V7.V2 , S.SL^ 111 2L 207L0 ISS.Ld 347,— 47».- 2V3 — 213,— 117.SL »3« S7.SS I01>, 12', 10S-, «4-, «3-« 1» V2», 31'^ 73>. 32-, Abonnement-prelS k der Hauptexvedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgrholt: vierteljährlich.«4.50. bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- « 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertel,äbrlich 6 —. Direkte tägliche Kreuzbandjenüung ins Ausland: monatlich 9.—. Tie Morgen-AuSgabe erscheint täglich '/»7 Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentags 5 Uhr. Rt-arlion und Expedition: 2«hanne»gafie 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochev geösfnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filialen: ktt« Mt««'S Sortim. tkllfred Hahn), UniversüätSstrahe 1, L-ntS LSsche, Katharinenstr. 14, pari, und ASnigSplatz 7. Abend-Ausgabe Tagtblall Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Jnfertlon-Prel- Die 6 gespaltene Petitzeile L0 Pfg. Reclame» unter dem RedacttonSstrich (4-»> spalten) 50 »j, vor den Aamilirnnachrichtr» s6gejpalten) 40^. Größere Schriften laut unjerem PreiS- verzeichniß. Tabellarischer und Zisfernjatz nach höherem Tarif. tsptra-Beilagen sgesalzt). nur mit der Morgen-AuSgabe. ohne Poslbesörderung X 60—, mit Poslbesörderung 70.—. ^nnalnnklchlnk für Inserate: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morge n»Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr Vei den Filialen und Annahinestellen je eine halbe Stunde früher. Inserate sind stets an dir Grtzehtttsn zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig ^°2«. Dienstag den 12. Januar 1892. 8«. Jahrgang Leipzig, 12. Januar. * Während zunächst angenommen worden war, daß Seine Majestät der Kaiser beim NeujabrScmpfange keine politischen Aeußerungen getkan bade, meldet man jetzt der j.Schles. Ztg", der .Kaiser habe die Generale in einer längeren, mehr als halbstündigen Audienz empfangen, die zinen lebhaften Ebaraktcr angenommen habe. Da außer den Generalen Niemand, selbst nicht eine bedienende Persönlichkeit zugegen gewesen sei, so habe auch keiner außer ihnen Kcnntniß von Dem, was geredet worden sei; aber da« stebe fest, daß der Kaiser in scbr nachdrücklicher und angeregter Weise ge sprochen habe. * Mit Bezug aus die Vereidigung dcS neuernannten Erzbischofs von Posen-Gnesen durch den Kaiser wird darauf bingewielen, daß die Vereidigung katholischer Bischöfe auch in den nachstehenden srüberen Fällen durch den Monarchen erfolgt sei: 1842 beim Erzbischof von Köln, von Geissel, 184.'» beim Fürstbischof von BreSIau, Freiherr» von Diepenbrock, und 1888 beim Erzbischof von Köln, 1>r. Melcher«, sowie beim Erzbischof von Posen Gnescn, Grasen Ledochowski. — I>r. Stablcwski, der gestern früh in Berlin cingetrofsen ist, wird voraussichtlich morgen vom Kaiser empfangen werden. * Zur Ernennung de« Erzbischofs Stablewski wird der „Magdeb. Ztg" an« Berlin geschrieben: „Der ReichstagSabgcordnete v. KoSzielSki, der morgen zu Ehren des jetzigen Erzbischof« Stablcwski ein Festmahl gicbt, bat um die Ernennung Stablcwski'« das Hauptver- dienst; er bat dazu da« durch seine vorjährige Tbätigkeit als Berichterstatter der Budgelcommission über den Marine- ctat gewonnene Vertrauen ansgeiiutzt Die Annahme, daß der Fürstbischof von BreSIau llr. Kopp die Ernennung Stablcwski'« durchgesetzt bätte, ist irrtbümlich. Nachdem sich im Spätsommer die preußische Regierung nach sebr langen Verhandlungen entschlossen batte, ihre Zustimmung zu der Wahl eine« polnischen Priesters zu geben, war e« der Herr v, Kosziclski, der seinen ganzen Einstuß für seinen Freund EtablewSki geltend machte nnd seine Ernennung durchsetzte." * Die „Köln. Z." schreibt: „Die Officiösen stellen die Möglichkeit i» Aussicht, daß an der Spitze der Provinz Posen ein Pole stehen könne. Dunkle Gerüchte diese« In haltes liefen bereits um, Herr v. KoszielSki, so hieß es, solle möglicherweise Oberpräsibcnt werben; sollten sie mehr sein als pbantasievolle Hoffnungen polnischer Patrioten?" * In Bezug auf das Trunksuchtsgcsetz, oder wie eS richtiger bezeichnet ist, „Gesetz, betreffend die Bekämpfung der Trunksucht", finden augenblicklich im RcichSamt des Innern noch Äerathungen statt, welche einige in der letzten Plenar sitzung deS BundeSratkS in Vorschlag gekommene Abände rungen der Ausschubanträge zum Gegenstände haben. Die Berathungen dürften im Lause der nächsten Tage beendet werden, so daß der Gesetzentwurf in der am Donnerstag statt- findcudcn Plenarsitzung dcS BundcSratb« wird erledigt werden und alsbald an den Reichstag gelangen können. * Tic Vorarbeiten über die Abänderung der Bestimmungen, betr. den Unter stütznngS Wohnsitz, sind zwar noch nickt abgeschlossen, doch soweit gefördert, daß ohne Zweifel die Vorlage dem Reichstage noch so zeitig zugehcn wird, daß sic, auch wenn die Session zu Ostern geschloffen werden sollte, jedenfalls würde zur Verabschiedung gelangen können. Tie „Berliner Politischen Nachrichten" schreiben: „Wäh rend der im Jahre 1884 geplante, in letzter Stunde aber sistirtc Entwurf eines VolkSschnlgesyeS sick» aus die Regelung der äußeren Verhältnisse der Volksschule nnd der Lehrer beschränkte, mithin da« darstellte, wa- gemeiniglich als SchuldotationSgesetz oder in der »eueren GesetzeSspracke als Gesetz über die Unterhaltung der Volksschule bezeichnet wirb, erweiterte der vorjährige Entwurf den gesetzgeberischen Rahmen, indem er alle Verhältnisse der öffentlichen Volks schule zu regeln und demgemäß insbesondere auch die Bestim mungen der ersten beiden Absätze des Art. 24 der Verfassung über den consessioncllcn Eharaktcr der Sckulc und dir Leitung de« Religionsunterrichts durch die ReligionSgesellscbastcn zu verwirklichen unternahm. Das Privatschulwesen war aber nicht berücksichtigt. Bei den Verhandlungen im Ab- geortnelenbause sowie in der Presse ist dies vielfach al« eine erhebliche Lücke bezeichnet und aus praktischen sowie grund sätzlichen Erwägungen bemängelt worden Letztere gingen im Wesentlichen davon aus, daß die Bestimmungen der Artikel 2l bi« 25 der Verfassung ein Ganze» bilden, unter sich im festen und untrennbaren Zusammenhänge sieben, cS mithin der Absicht und dem Sinne der Verfassung nicht entsprechen würde, einen Tbeil derselben zu acluellem Recht zu mache», während der andere ans Grund dcS Artikel« I l2 der Verfassung suspcndirt bliebe. DaS Gewicht dieser Einwendungen ist bei der Vorbereitung des jetzigen Entwurfs nicht verkannt worden. Die Vorlage, welche be reits ini Eabinet liegen und daher zweifelsohne deni Land tage bald nach seinem Zusammentritt vorgelegt werden dürste, stellt sich demgemäß auch die Ausgabe, den Grundsatz des Artikels 22 der Verfassung gesetzlich auSzugestalten und damit zu actuellcm Rech.e zu machen. Nach dem gedachten Ver fassungssatze steht eS Jedem frei, Unterricht zu erthcilen oder UntcrrichtSanstaiten zu gründen, wenn er seine sittliche, wissen schaftliche und technische Befähigung den betreffenden Staats behörden nachgewiescn hat. Dieser Bcrsaffungssatz proclamirt, abweichend von der jetzigen, aus der EabineiSordrr vom 10. Juni >884 nnd der ministcricUcn Anweisung vom 31. December 1839 beruhenden Ordnung des Privat- schulwcsen« auf der Grundlage der EoncessionSpslicht, den Grundsatz wenn auch bedingter UnterrichtSfrei- heit. DaS neue Schulgesetz unternimmt c«, diesem Gruikd- satz gerecht zu werden und zugleich die »otbwendigen Sicher heitsmaßregeln gegen den Mißbrauch dieses Rechtes fest- zulege»." Durch die vorstehenden officiösen Darlegungen werden die Befürchtungen Derjenigen gerechtfertigt, welche sich dcS Argwohns nicht entschlagen konnten, daß die so auf fällige regierungsfreundliche Haltung der CentrumSpartci gegenüber dem „neuen EurS" durch ein bedenkliches Ent gegenkommen der preußischen StaalSregicrung aus dem Ge biete dcö VolkSschuiwesenS bedingt sein werde. * Bemcrkenswerth ist die Haltung der „freisinnigen" Presse in der Limburg'schcn Angelegenheit. Sie kann an« guten Gründen die Maßregelung eine« Abgeordneten nicht billigen; da der Abgeordnete aber zufällig ein Eonservativer und ein Freund BiSmack'S ist, so drückt sic sich um den Fall so vorsichtig als möglich herum, findet „zwei Seilen" daran und sucht vor Allem den Fürsten BiSmarck in die Sache hincinzuzichcn. So schreibt die „Frcis. Ztg": „Die ganze Sache hat offenbar zwei Seiten. Die DiSciplinarmaß- regel verletzt die öffentliche Meinung. Aber nicht minder ist eS ein Aergerniß. daß ^bll. Grasen Lmlbnrg'Stirnin, f^'daueiid c Man hätte ,kn langlt vcr kie-> Entlassung weder ein anderes Amt '''Z-'n ' ' 2',Gabler. in eiinnrcichen. ES ver ctzk d>e , 2ti>»in die,er freigebigen We.se w.e eS dem F„>Uck Graf Limburg-Slirnm ist "" Abgcordncteiiuau , seine», Rücktritt vom M.n'ttcr.um , batte, durch welche er sich gegen daS ^ ^ hatte erhob sich Gras Sttrum. ...» z» erkl. cn, rag »ich» eine Sr»r von slaatSmaiiniichcm ^>n > "" ee Taa aeleat. Als .mck» der Auslösung des Reichstag- wegen der' Sepkcnnatssragc Fürst B>s»iarct d.iS 2 in, Abgeordiicteubause eine brchpostt„che G ' ' stellte crslch bei de»,GrasenStirum eincRede.dnrch wein e d»I unumwunden zu: eine Stunde vor dem 7 d r O.tz g batte er den Grafen zu sich m die Wohnung beste I »"> genau vorgeschriebe», m welcher Weist er '"'erpellirt zu s"N wünschte Ob der Artikel, den Gras Lttru», '» d.e ba, setze» lasse», auch „> Friedricl.Srub durchgesebe» Worte» »'. , kg»» ,ch nicht wisse»." (Natürlich kann er c« mch w„,c > > c 'i es aber hiermit aiigevcutet haben!' - D.e Bcboidc sin d" Verfahre,, erster Instanz gegen den Grate» ."»bnig ^in» » ist. wie die „Schics. Z " »utthc.l., der D'S.tt-lu.arbo i Bkrl.» der a»S einem Präsidenten und I" Mitglieder» bcstcbt. von denen wenigstens 4 dem Kammcrgericht zu entnckmcn lind. Der Präsident ist zur Zeit der UnterstaatSsecretair im Finanz ministerium. Mcinccke. Gegen die Entscheidung kan» Bcrusung a» da« StaatSmmisterium eingelegt werde», welches »aa» dem Vortrag zioeier vom Vorsitzenden z» crncnncndcr Reserenlc» beschließt. — WaS da« Versabrcn gegen den Grasen bimburg- Stirum anbelangt, so wird au« BreSlau gemeldet: „ES ist Thatsachc, da« Gras Caprivi an den Grase n Limburg- Stirum rin Schreiben gerichtet hat mi, der Anfrage, ob cr der Verfasser dcS Artikels in der „Kreuzzeilung" st> «»d ob cr sich bewußt gewesen, daß cr sich damit gegen die DiSciplin vergangen habe. Gras Limburg antwortete, daß er gewnstt, wa« er gethan, dem angedrohtc» Vcrsahrc» aber mit gutem Gewisse» entgegensebe. Gerüchtweise verlautet, das; bereit« eine diSciplinarischc Vernehmung ftattgesuiidc» habe." * Die Eoncessioncn, welche die preußische Regierung den Polen in de» Provinzen Posen und Westpreutzen in der Sprackensragc bewilligt hat, haben den Lilhancrn im äußersten Nordostcn der Provinz Ostpreußen Mutb gemacht, an daS Eultusniinisterium eine Petition zu richten »nd darin uni Ertheilnng dcS Religionsunterricht« in der lithauische» Sprache zu bitte». Ferner verlangt man, daß auf den Lebrerseminaren zu Karalene und Ragnit und in der Präparandcnanstalt zu Pillkalle» die lithauische Sprache in solchem Umfange gelebrt werde, daß jeder Lebrer später im Stande ist, de» Religionsunterricht in dieser Sprache zu ertbeilen, daß in dem Sprachgebiete der Lilbaner nur solche Superintendenten »nd Schulinspectoren angestellt werden sollen, die der liibamscheii Sprache mächtig sind, und daß den lilbauisch.» Knltcr» der Elebranch ihrer Muttersprache überall gestaltet werde. Die Unterzeichner der Petition führe» für ihre Fordernngen fast dieselben Gründe an, die von den Polen vs, genug anSgcsprvchkn Worten sind: die Erteilung des Religionsunterrichtes in der de,»scheu Sprache habe die Jugend de» Ettern, der Religiosität und Gott entfremdet und die Familienbanre gelockert DaS geistige, samiliaire und wirtbschastlichc Leben der Litbancr werde unter solchen Verhältnissen mcbr und mehr zu Grunde gerichtet Man »volle zwar gern die deutsche Sprache erlernen, aber auch die Muttersprache nicht von sich werfe» u. s. s. Wie die Wende», so sind auch die Lilbaner heute schon ein zweisprachiges Voll, das auf dem Wege der völligen Gcrmaniilrung ist In den Kreise» Darkebmeii »nd Gumbinnen ist die lithäniiche Sprache bereits erloschen, in de» Kreisen Goldapp. Stallupönen „nt Insterburg sind nur »och spärliche Ueberrestc der Lilbaner vorhanden In den Kreisen Pillkalleii unk Ragnit verminderte sich die Zahl der Litbaurr von ;!«> >»'«« im Iabre^ I88j ans 2t "00 im Jahre 1890. Nur in de» Kreise» Tilsit, Niederung, Heibelrug, Memel »nd Labia», die dem Verkehr zum Thcil noch entrückt sind, bat ei» Rückgang de« lithauische» VollSibum» nicht stattgefundc» Im Ganzen leben in Ostpreußen etwa 120 ooo evangelische Litbancr, die bisher mit dem deutschen Unlcrrichlc in de» Schule» so zufrieden waren, daß keine Klage laut wurde. E« würde interessant sei» z» erfahre», wer die Petition um größere Bcliicksichtignng der lithauische» Sprache i» den Schule» versaßt und zur Unterzeichnung bcrumgesandt bat. 'Wahrscheinlich ist die Bittschrift von polnischer Seite oder von einigen litbanischcn Schriftsteller», die den Verdeutschung« proecß anshaltcn inöchten, veranlaßt worden. DaS lithauische Voll wird sehr geringen Antbeil an der Petition haben. Vielleicht bekomme» nun auch die prcnßischeii Wenden, die Masuren in Ostpreußen, die Polen Obcrschlcsiens »nt die Danen im nördliche» Schleswig Lust, um Zurückrräiigung der deutschen Sprache in Schule und Kirche zu bitten. * Am 9. Januar hat in Neuwied bekanntlich eine Sitzung der AnSsühruiigS-Eommission der Antisclavcrei Lotterie staltgcfiinde», in welcher Mitthcilung über die im Gange befindlichen Unternehmungen gemacht »nd beschlossen wurde, Bergrath Busse den Auftrag zu ertbeilen. sich Namens derEommission »ach Kairo zu begeben, um milMajor v.Miss man» wegen des Transports de« in Saadani befindlichen Dampfers zn verhandeln. * Zu dem deutschsreisinnige» Diätenantrag, der heute auf der Tagesordnung de« Reichstags steht, dürste cS nicht ohne Interesse sein, an die Vorgänge im constituirenden Reichstag des Norddeutschen Bundes z» erinnern: Art. 29 de« VerfassungSentwurss, welcher die Versagung der Diäten bczw. sonstige» Entschädigungen für die Reichstag« abgeordnetcn aussprach, stieß aus heftige» Widerstand. Man bezeichne» diese Bestimmung als einen indirekten EensuS schlimmster Art, welcher daS allgemeine Wahlrecht völlig illusorisch mache Dagegen wnrdr von anderer Seite betont, daß cS wünschenSwertl, sei, vorzugsweise die besitzenden Elasten in das parlamentarische Leben bineinzuzicben, und daß daS Beispiel Englands, sowie das abschreckende Beispiel Frankreich« entschiede» für da» Princip der Diätenlosigkrit spreche. Indessen, trotzdem auch BiSmarck die Bitte aus gesprochen batte, die Diätensragc nicht auf die Spitze zu - UV2. s -La, ö » 0 7 i 3 i » 4 » L 3 1 7 N«: 2 77 r W » 11 r»»r«- «Bi»». SIS» »r I» «»»IL- -.Ly, «So», »4«I, »cd Feuilleton. Das geflügelte Rad. 8j Roman von Hermann Heinrich. N«»rnia »krdolcn. (Fortsetzung.) DaS ganze Bild war von der bellen Hcrbstsonne beleuchtet und von einem duftig blauen Himmel über wölbt. Und ganz unten, am Fuße der Häuserreihe, in welcher Gustav wohnte, zog sich ein Streifen woblgepflegter Gärten hin, in denen die Hausbesitzer ihre müßigen Stunden mit Obstcultur und Blumenzucht binbrachlcn. Das Gärtchen da unten mit de» Hellen Kieswegen und regelmäßig be schnittenen Burbaumanlagen lachte freundlich zu ihm bcrauf.und sein scharfes Auge erkannte die voll blühenden Lcvkoycn und Rosen, die fruchtbeladenen Aeste der Bäume und die Zwerg- obstbäumc, die mit Früchten fast überreich bedeckt waren. Der all: Herr im schwarze» Käppchen, der da ruhigen Sckritte« auf den Kieswegen umherspazierte, war cr nicht seine« rubigen und beschränkte» Glückes wegen zu beneiden? Ein Stich ging durch Gustav « Herz, als er daran dachte, daß seine Frau mit dem Kinde allein im Thiergarten umbergche, während cr, der Gatte und Vater, zu Hause bleibe und über etwas Unfaßbarem brüte. Die Herrlichkeit da draußen war auch für ihn gemacht. Ein Thor, wer die Gaben der Natur »crschmäbt. Schnell zog er sich an und eilte die Treppen hinunter, um die Seinigcn im Thiergarten aufzusuchen und womöglich den Rest dcS Tage« in ihrcr^ Gesellschaft zu verleben. Auf dem Hose begegnete ihm der Titchler, der mehrere starke und glatt bearbeitete Holztbeile trug. Ein Lehrbursche, in gleicher Weise beladen, folgte ihm. „Gut. daß ich Sic noch treffe, Herr Rollmann", sagte der Tischler. „Wir bringen das Gerüst und wollen cS gwich ausscyen." ES war da» Gestell für die neue Kuppelung, deren Modell Gustav in natürlicher Größe ausstcllcn wollte. Er batte die Bestellung bei dem Tischler vor längerer Zeit gemacht und wieder vergessen Jetzt blieb ibm nichts weiter übrig, als die gelieferte Arbeit auch anzunehmen Er führte die Tischler dinaus in seine Wodnung und in einer kalben Stunde war da« Gerüst aufgesetzt. Dasselbe stellte die Hinteren Tbeilr zweier Eisenbahnwagen bis zu den Puffer» dar. Natürlich war Alle« ganz «mfach und gleichsam nur augedrutet. Gustav nabm die Kuppelung au« dem Kasten und hing sie an. Jever sab jetzt, was das S«q»««siell4» sollte. Nachdem der Tischler mit seinem Gehilfen weggegangen war, saß Gustav sinnend vor dem Gerüst. Er dachte nicht mehr daran, auSzugehen ; eine magische Gewalt dielt ihn fest. „Hier hängt die Kuppelung, hier ist der Haken", sagte er sich. „Hebt nllan die Kuppelung nicht an der Oese, sondern an dem Hinteren Thcile empor, so sinkt die bewegliche Oese herunter und kann in den Haken nickt eingehängt werden. Sollen aber Menschenhände nicht im Spiele sein, soll da« ganze durch einen Hebel aus gehoben werden, so kann bcrAngriff-punct nur hier hinten liegen, da« ist klar. Die ganze Ausgabe besteht also darin, durch eine Vorrichtung, die Oese unbeweglich zu macken, daß sic durch einen Hebel steif aufgehoben und cingebän^t werden kann. Wie ist dies zu machen? Diese Frage beschäftigte ibn unab lässig. Ideen stiegen auf und wurden verworfen. Ein Ge danke verdrängte den anderen. Und obgleich er zu keinem bestimmten Ergebnisse kommen konnte, fühlte er sich bock bei dieser Arbeit unendlich glücklich. DaS war e«, wozu seine innerste Natur ihn trieb. Sinnend ging er auf und ad, sinnend trat cr an« Fenster und blickte hinab. Da ging immer noch der Greis mit dem schwarzen Sammelkäppchen zwischen seinen Rosen, Lcvkoycn und Obstbänmen umber. Wie klein und nichtig ihm jetzt da« Männchen erschien! Nein, der war nicht zu beneiden. Wieder saß Gustav an seinem Gerüst, als Trudchcn'S und Karchen'S Schritte ihn in seinem Sinnen störten. Eine unerklärliche Unruhe hatte die Krau aus dem Thiergarten nach Hause getrieben. Athemlo« vom schnellen Treppensteigen trat sie ein und blieb wie erstarrt sieben. Einen Augenblick wußte sie nicht, was sie thun sollte. Sie wollte sprechen, aber die Worte blieben ihr in der Keble stecken. Mit stechenden Augen sah sie ihren Mann an, ihr Gesicht wurde kupferrotb vor Zorn. Plötzlich stürzte sie sich wie wahnsinnig auf da» Gerüst. Wütbend rüttelte sie an den Pfosten, riß sie auseinander und schleuderte sic in die Stube. Man hörte nichts als ein Krachen und Poltern und da« Stöhnen und Knirschen des wüthendcn WeibeS. Ta fühlte sie sich plötzlich am Arm gepackt, so heftig, daß sie ansschric vor Schmerz. Sie sah empor in ein Gesicht, daS nicht mebr da« Gesicht ihre» Manne« war. Ein Zorn flammte >br au» den Augen entgegen, vor dem sie zusammenschaudertc. Dir Gutmütbigkcit de» Kinde« war verschwunden, der Riese hielt sic gepackt, der durch seinen Zorn entsetzliche, durch seine Kraft furchtbare. „Gustav!" rief sie flebead, aber er dörte cS nicht. Tie Wulb de« lies beleidigten Manne» kannte keine Grenzen. Wie eine Puppe hob er sie mit beiden Armen koch empor, daß sie sich plötzlich der Decke nab« sab. Er schüttelte sie. daß ihr die Glieder knackten, und warf sie dann wie einen Lumpen zu Boden. Karlchrn stand zitternd dabei:^.Bat«r, Mutter!" rief er, ohne gehört zu werden. Jetzt, da er die Mutter regungslos an der Erde liegen sab, eilte er schreiend auf sie zu, warf sich auf sic nnd umschloß sie mit seinen Aermchen. „Mutter, Mutter, tobt!" Sie regte sich nnd richtete sich langsam ans. Ihre Hände hielt sie wie schützend über dem Knabe». Sic sah Gustav mit einem Blicke an, in welchem Angst nnd Trauer um die Rerrschast rangen. Die Thränen strömten ihr llber'S Gesicht. _!ie schleppte sich zur Seite, setzte sich auf eine niedrige Ritsche und drückte laut schluchzend den Knaben an ihre Brust. Seit diesem Tage war Trudchen'S Widerstand gebrochen. Amalie von Breidenbach saß in ihrem Boudoir und las. E« war ein Werk von I4r. Kemnitz, welches ihre Aufmerksam keit gefesselt hielt. „Die Grabornameittik der alten Römer" war der Titel des Buche«, welche« ei» reiche« Material in geistvoller nnd scharfsichtiger Bearbeitung bot. Mit so über zeugender Schärfe »nd Klarbeit konnte nur ei» Forscher schreiben, der Alles selbst gesehen und bis ins Kleinste hinein studirt halte, nnd vor dessen Scharfblick und EombinationS- gabe die geheimsten Beziehungen sich enthüllten Der Götter- alaubc und das Leben des Volkes wurden lebendig vor dem Auge des Leser«, und manche Stellen der römischen Schrift steller erhielten ein neues und überraschende» Licht. DaS Exemplar, welches Amalie in der Hand kielt, hatte ihr der Verfasser gewidmet. Die lateinischen Eitate au« den alten Schriftstellern waren mit kleiner Schrift am Rande übersetzt, eine Liebenswürdigkeit de« DoctorS, für welche ibm Amalie besonders dankbar war. Sie wußte c« kaum, wie tbeuer ihr l)r. Kemnitz nach nnd nach geworden war, nnd daß die Freude, mit welcher sie seine Werke »nd Aufsätze «lehr durch da« Interesse an der Person deS VerfasterS. wie durch daS Interesse an dem wisscnschasllichcn Gegenstände und der Behandlung desselben begründet war Gerade da« einfache, anspruchslose Wesen de« Freunde« machte ihn ibrem Herzen angenehm, während seine geistige Bedeutung die Achtung vor demselben stetig vergrößerte ^Herr Ingenieur Dorncr". meldete plötzlich die Dienerin. Amalie mußte sich a»S der Welk, in welche da- Buch sie 'b- sie der Gegenwart gerecht werden konnte. „Wer?" fragte sie. 'trr Ingenieur Dorner " h. ick lasse bitten Er ist natürlich willkommen" »»L, L, "Ln"" Dorner trat ein. Er strahlte von Iugendsrisckc und Schönheit aber sein Gesicht konnte de» Aergcr über Amalie»« unterdrücken. „Wieder der unglückselige Hand"sa'h. ^ * °Auch IN d?r „Ich grüße Sie, meine Gnädigste Gewiß wieder die Grabornamentik der alten Römer. Wahrhaftig! Nun, da ist es ein Verdienst, Sie aus eine Viertelstunde der lebendigen Gegenwart zurückzugeben." „O welch ein Bnchl" rief Amalie aufspringend. „Wunder bar ist eS. durch diese Darstellung da« Alterthum vor sich aufleben zn lassen." „DaS Buch muß in der Thal vortrefflich sein, da c» in so bobcm Grade Ibr Interesse erregt, gnädiae Frau." „O gewiß! Haben Sic es noch nicht gelesen!" „Noch nicht!" „DaS ist ein Unrecht, lieber Herr Dorner, das Sic »ui dadurch gut machen könne», daß Sie schleunig daS Versäumte nachbolen." Dorncr lächelte überlegen. „Ein Unrecht, da« vielleicht schon gesühnt ist." „Gesühnt, wodurch?" Dorner ließ sich aus einen niedrigen Sessel nieder unt sab Amalie schalkhaft und mit jenem Lächeln seiner glanzenden Augen an, daS noch immer den Weg in da« Herz der Frauen gefunken hatte. „Sie stellten mir einst eine große und schöne Aufgabe, gnädige Fra». Während Sic sich durch l>r. Kemnitz in da« Alterst»»» versetze» ließen und entzückt seinen Offen barnnacn lauschten, habe ich diese Aufgabe gelöst" „Ah!" rief Amalie überrascht, „ist Ihnen die Erfindung geglückt?" „Geglückt? Nein! Aber gelungen ist sic mir Meiner angestrengten Arbeit bei Tag und Nacht, im Winter und im Sommer ist c- endlich gelungen, die Kuppelung zu erfinden." „O welche freudige Botschaft! Haben Sic das Modell mitgebracht?" „Ich habe eS im Vorzimmer niedersctzcn lasse». Ick hole cS sogleich." Er ging hinaus, und Amalie folgte ihm i» großer Spannung. Dorner lehrte mit dem Modell zurück Zwei lunstvoU gearbeitete Eisenbahnwagen waren eS. die er aus den Tisch vor Amalie setzte Er legte die Schiene» zurecht, ließ die Wagen daraus lause» und zeigte, wie dieselben beim Zn sanimenstoße sich selbst verbanden und durch den Druck aus eine Feder an der Seite wieder entkuppelt werden tonnten. Amalie schlug i» die Hände. „O wie schön, wie schon!" „Damit ist nun jede Gefahr beseitigt", erklärte Dorner „Die Arbeiter bade» hierbei kaum mebr etwas zu Ihn», kein Menschenleben ist mebr gesäbrdct, keine unglückliche Wittwe wird mit ihren Kindern den Mann, keine Braut ihren Bräutigam mebr beklagen!" Die Erinnerung an Anna und ihren Robert erfaßte Amalie mit aller Macht. Thränen traten ihr in die Augen; mit sreudiger Rührung reichte sie Dorner dik, Hand und,
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