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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920125025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892012502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892012502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-01
- Tag1892-01-25
- Monat1892-01
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Jeder slmimberechtigle Wähler ha, sein Wahlrecht in eigener Person ausznüben und einen Stimmzettel abzugeben, aus welchem 0 Gemeindeglieder, weiche Leipzig-Anger^krotlendorf angehüren und mindestens 30 Jahre all sind, nach Bor- und Zunainen, Stand und Berus genau bezeichnet sied. Die Wähler haben ihr Augenmerk aus Bltiiioov von gut«»» NNiike, b««i»l» rt«u» «>» rt u11 te I»«»» 8tn>», Llantotst Lr- zu richten. Leipzig-Anger-Crottendorf, am 24. Januar 1892. Der Wahl-Ausschutz. Diak. Flor, Vorsitz. Leipzig, 25. Januar. * Am Sonntag Abend 8 Uhr trafen, wie bereits in einem Theil der Auflage der Morgeiuiuuiiiier gemeldet, der König und die Königin von Württemberg auf dem Anhalter Bahnhöfe in Berlin ein und wurden von Sr. Majestät dem Kaiser, dem Prinzen Albrecht von Preußen, dem Erb- großherzog von Baden und anderen Prinzen deutscher Fürsten häuser empfangen. Sr. Majestät, welcher bereits »ni 7^/« Ubr aus dem Bahnhöfe cinaetroffen war, trug Generals-Uniform mit dem Bande deS Ordens der Württembergischen äkrone. Auf dem Perron hatte als Ehrenwache eine Schwadron de« Leib-Garde-Husarcn-Reginient» mit Standarte und Musik Aufstellung genommen. Außerdem waren zum lämpsangc erschienen: General-Oberst von Pape, General reu Meerscheidt-Hüllessem, die General-Adjutanten, die Offieiere des Hauptquartiers, die Flügel-Adjutanten, Staats- uiwifter von Mittnacht, StaatSsecretair des Auswärtigen Äarschall v. Bieberstein, die Herren der württcnibergischen Gesandtschaft, der russische Generalmajor v. Kutusow, der Polizei-Präsident von Berlin Freiherr v. Richthofrn und zahl reich« Offieiere. Als der Lug hielt, intonirte die Musik den Parademarsch. Se Majestät der Kaiser trat auf den dem Salonwagen entsteigenden König von Württemberg zu und beide Monarchen umarmten sich herzlich mehrere Male. Der Kaiser begrüßte alsdann die Königin mit Handkuß und ge leitete dieselbe sofort nach dem Empfangssalon, an dessen Thür Ihre königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Karl die Königin herzlichst bewillkommnete. Nachdem der Kaiser zum Könige, tvclcker inzwischen vom Prinzen Albrcckt bewillkommnet worden war, zurückgekchrt, schritten die Monarchen unter den Klängen deS „Heil Dir im Siegerkranz" die Front der Ehrenwache ab. Hierauf folgte die Borstellung der Generalität und der Herren des Gefolges, alSdanu der Vorbeimarsch der Ehrenwache. Aus dem Platze vor dem Bahnhofe, dessen angrenzende Gebäude vielfach illuminirt Hallen, Halle sich eine zahlreiche Menschen menge versammelt, welche die Allerhöchsten Herrschaften bei der Abfahrt vom Bahnhofe mit jubelnden Zurufen begrüßte. Bor und hinter dem Wage» der Majestäten ritten je eine halb« Schwadron der Garde-Kürassiere. Die Truppen der Garnison bildeten Spalier auf den« Wege zum Schlosse. Hier begrüßte Ihre Majestät die Kaiserin die hohen Gäste, später jolgre ein Diner zu Ehren derselben. * lieber die Besichtigung der Bauarbeitcn am Nord- Ostsec-Eanal durch den Kaiser wird ans Kiel noch gemeldet: Der Kaiser war in Begleitung des Prinzen Heinrich kinausgefabrcn, verließ bei Levensau de» Wagen und ging mit dem Prinzen, geleitet von dem Vorsitzenden der Eana!- coinniissiott, Geheime» Rcgierungsralh Loewe, sowie dem Abtheilungsbaumeistcr Hartman» die Banstrccke des Eanals nach Knoop zu entlang. In ProjcnSdvrf verweilte der Kaiser längere Zeit, um das Terrain hier mit Rücksicht darauf näher in Augenschein zu nehmen, daß hier beim Dnrchslich deö ca. 30 m de» Eanai überböhcndcn Hiigellerrains eme feste eiserne Bogendrücke zur ilebersiihrnng der Kiel-FlenSburger und der neu zu crbaucnden Friedrichsortcr Eisenbahn erbaut werden soll. Ein daraus bezügliches Projcct ist bekannilich aus Grund einer vor längerer Zeit schon gegebenen Anregung des Kaisers auSgcarbeilet worden, und cs würde zur Folge haben, daß, allerdings unter Aufwendung besonderer Kosten, hier ein Schifffabrishinderniß, die sür die Ucbersiihrung der vorgenannten Eisenbahnlinie sonst erforderliche Drehbrücke, vermieden wird. Die feste Brücke soll nämlich, ebenso wie die Hochbrücke bei Grünlhal, auf der westlichen Hälfte deö Eanals in einer lichten Höhe von 42 Pieter über dem Wasscr- svicgel des Eanals erbaut werden, so daßKriegs schisse mit Botlsch ifftakelage, wen» sie die oberste Stenge streichen, die Brücke in voller Fahrt passircn können. Nachdem der Kaiser die Umgebung des Eanals, das neue Bett und die Pumpstation eingehend besichtigt, begab er sich mit seiner Begleitung zu Wage» »ach Holtenau, stieg hier auS und besichtigte unter Führung des BauinspcckvrS Sympher die Eanalarbeitcn an der HafeniiiUndung, insbesondere den Bau der große» Doppclschlcnßeu. Hier ist man, nachdem die Bctonschüllung für die Mauern beendet, mit dein Aussühren der mehrere Meter starken Futtermauern ans der Hälfte der Schleußcnlänge schon bis zu einem Drittel der Mauerköhc fortgeschritten. Außer den Srbleußen nahm der Kaiser noch eine Maschinenwcrkstatt in Augenschein, und fuhr dann mittelst Dampspinasse nach Kiel. * In den verschiedenen Mittkeilungen in Betreff der Abstimmung über den BolkSschulgesetz-Entwurf inner halb des preußischen StaatSininistcriums, kann die „Post" aus sonst sehr unterrichteter Quelle melden, baß die beide» Minister, die gegen den Entwurf stimmten, dir Herren von Boetticher und Thielen waren. * In der Budgetcommissioil des Reichstages stellte Abg. Richter ani Sonnabend Vormittag einige An fragen an die Militairverwaltung in Betreff des sogenannten Eaprivibrodes. Es wurde hieraus die Auskunft gegeben, daß fortgesetzt die Ernährung des Heeres stattsinde mit Brod, zusammengesetzt aus >/, Weizen und 2-, Roggen. Beim Weizen seien bisher 8 Proc. Kleie auSgcschieden worden. Die Ausscheidung solle demnächst auf 5 Proc. beschränkt werden. Beim Roggen werden 15 Proc. Kleie ausgrschieden. Das Mischbrot» bade sich als wohlschmeckend bewährt, werde aber nicht auf solche GeschmackSverändcrung hinwirken, daß nachher beim Billigwcrden deö Roggens die Rückkehr zu dcm reinen Roggc»hrod ausgeschlossen erscheint. Mit Mischbrot, von Mais sind nur vereinzelte Versuche gemacht worden. Der Verwendung deS Maiübrodö in der Militairverwaltung stellt sich der Umstand entgegen, daß eS an Entkeimungsmaschinen fehlt. Tie im Mais verbleibenden Keime aber machen das Brod ans die Dauer ranzig. Weiterhin ist die Gefahr einer Verbreitung der PcUagrakranIhcil durch Maisernährung zuni Gegenstand näherer Untersuchung für die Medicinalabtheiluiig des Kricgsniinisteriuinö gemacht worden. Ans die Frage, in wie fern Anläufe im Anstande stattgefunden liaben, wurde von der Militairverwallnttg erwidert, daß die Ankäufe im Auslande sich ans einen Gelcgeuheirskaut von l lo.ooo Eenlncrn amerika nischen Weizens beschränken. Pia» sei dazu übergegangen, weil in diese!» Jahre die senckteBeschasfenheil des inländischen Getreides die gerade für die Militairverwaltung wichtige Dauerhaftig keit in Frage stelle. Die MiUlairverwalluiig habe auch mit Rücksicht ans die diesjährige Beschaffenheit des Getreides mit einem Mindergewicht vorlieb nehmen müssen, welches hinter de», sollst vorgeschriebe»«» Noriualgcwichl für Getreide zurück bleibe. Zu der Frage, ob die dircctcii Ankäufe bei Prodn- ecntcn i» diesem Iabre höhere Preise sür die Militairvcr Wallung ergeben habe», als bei dein Ankaus an Börsenplätzen, sind Berechnungen nicht ausgestellt worden. * lieber das Verhalten der preußischen Regierung bei der vorläufigen Erörterung des Volksschul geietzcS im Ab- geordnetenhause anläßlich der ElatSberalhung bemerkt die „Nalionallibcrale Eorrespondcnz": „Allem gegenüber wußte der Ministerpräsident Graf Eaprivi nichts zu sagen, a!S einige belanglose Redensarten über die Unmöglichleit der Regierung eines monarchischeu Staates, sich ausschließlich aus einzelne Parteien zu stützen, und die Versicherung, er nehme das Gute (!) da, wo er cS finde. Und der EulluS- »linistcr Gras Zedlitz führte nur wieder seine Behaup tungen ins Feld, daß er einfach die Verfassung aussühre und das gesetzgeberisch sestlege, waü seit hundert Jahren Hebung in Preußen gewesen sei. Der Minister bat offenbar selbst gar keine Ahnung von der verbängniß- volleii Tragweite seines Geseyenkwurfs für da« gesanunlc Eultur- und pclitisckc Leben. Unterstützung hat er eigentlich nur beim Eentrum gesunde», das ist bezeichnend genug, und auch Herr von Hüne wußte nur mit der ab gestandenen Redensart zu arbeiten, daß die liberale Welt anschauung das Ebristentbum aus, der Schule hinausdrängen wolle und dieselbe der Svcialdeckokratie au-lirsere. Wenn unausgesetzt, so jetzt eben wieder bei der Hildesheimer Reichs tagswahl, widerwärtige Abmachungen zwischen Ultramonlancn und Socialdemokraten fcstgesteUt werden, sollten die Herren vom Eentrum doch in diesem Puncte sebr vorsichtig sein. Die erste vorläufige Verhandlung über daö Volksschulgesetz ist ohne Zweifel eine schwere Niederlage des Eultuölmnistcrö. Der weitere Verlauf wird seine Sache schwerlich verbessern. * Tie Freisprechung deö „Kladderadatsch" von der Anklage wegen Verspottung von Einrichtungen und Ge bräucken der katholische» Kirche („heiliger Rock" in Trier) haben wir bereits telegraphisch gemeldet. Die Anklage richtete sich auf das Personal des .„Kladderadatsch" dis zum Maschinen meister. Die Angeklagten bestritten die Absicht einer Verspottung der Einrichtungen der katholischen Lbirche und betonten, daß sie nur den Zweck verfolgten, das Jahrmarktstreiben in Trier zu geißeln. Der Staatsanwalt fübrte aus, baß die Ver ehrung von Reliquien zu den allgemeine» Einrichtungen einer Kirche gebörte, welche vor der Beschimpfung durch das Straf gcsctzbuch geschützt werden müßten. Auch der Maschinen nieister, welcher zugab, das Bild vor der Vervielfältigung gesehen rn haben, »iiisse die Tragweite desselben erkannt habe». Wer seinen Arm und seine Kraft für eine strafbare Handlung hergebe, mache sich der Beikilfe schuldig Der -Ltaatsaiiwalt beantragte gegen den Redacteur eine Wocke, gc.^n den Zeichner 5 Tage und gegen den Maschinenmeister 5 Tage Gefängnis!. Der Vertheidizcr Rechtsanwalt Sello bestritt die Möglichkeit eines Dolus seitens deö Maschinen meisters. Die Angeklagten bätlcn nur den Betrug und die Ausbeulung, .welche in Trier Orgien gefeiert baden, geißeln wolle». Nach der Ansicht des Staatsanwalts müßte auch jedes Eoinmersbuch mit dcm Liede von der Freifrau von Droste Vischcring unter Anklage gestellt werden. Retiier »abm aus die umfangreiche Literatur über de» heiligen Rock in Trier und dessen Verehrung Bezug. Angeklagter Trojan bezeichnete es als die Pflicht der Presse, die schnöde Habsucht und den Aberglauben zu geißeln. Tie Frei sprechung seitens des Gerichtshofs erfolgte, weil es nicht zur Ueberzcnguiig deö Gerichtshofs gelangt war, daß die An geklagten das Bewußtsein gehabt haben, durch die Artikel und das Bild öffentliche Einrichtungen und Gebräuche der katholische» Kirche zu beschimpfe», ihr Einwand, wonach sie nur die jahrmarktsähiilichcii Zustände geißeln wollte», viel mehr nicht widerlegt erscheine. * Aus Altenburg wird uns vom 23. Januar geschrieben: In einer zahlreich besuchlen Versammlung des hiesige» Reichs- Vereins sprach gestern unser Reichstagsabgeortiieter Iwan Baumbach über seine Tbäligkcit im Reichstage. Nachdem der Redner seine Stellung zu wichligcn Beschlüssen deö Reichs tages der vorigen Legislaturperiode gekennzeichnet balle, führte er aus, daß er nicht für Verlängerung der Wahlperiode von drei ans fünf Jahre gestimmt habe, weil er darin eine Ver fassungsänderung sähe. Er sei auch gegen daö active und passive Wablreck't der Franc», weil sonst die Ehe leite» und die keulschc Familie zu Grunde gerichtet werde. Bei der Bcrathnng der Handelsverträge habe er für dieselben und damit für die Herabsetzung der Zölle gestimmt Außerdem erwähnte der Vortragende die Gold- und Silberwäkrung, das Icsiiilcngcsetz, das Krankeneasscngcsetz, die Gcwcrbcordiing. das Patent- unk Muslerschutzgesey, die Vcrinchrung der Marine, die Handwerkskammern, den Ausbau der Innungen, die Invalidität«- und Altersversicherung, daö Socialistengesetz und die Etatbcratbmigcn für Heer und Flotte. An den Vor trag knüpfte sich ein reger Meinungsaustausch, an welchem sich auch der Führer der hiesigen Socialdemokratcn beiheiligte. Da aber eine Discussio» vom Einbcrufer der Versammlung nicht aiigcincldct worden war, so fand sich der überwachende Pvlizeibeamlc bewogen, schließlich die Versammlung auszulösen. * Aus München wird uns vom 24. Januar geschrieben: Ein weil über Bayerns Grenzen hinaus bekannter Fübrcr und wackerer Streiter der »alionallibcralen Partei in Bayern »nv besonders der Landeshauptstadt, Herr Bankkircctor i»r. von Schanß, stierte vorgestern seine» 00. Geburtstag. Auö diesem Anlässe war eine Feslfeier im East Luitpold ver- Fenillrtsn. Vas geflügelte Rad. Roman von Hermann Heinrich. iNcupdrmI deriolm. (Schluß.) Ihre ganze Seele war in Erregung und ihre gespannte Aufmerksamkeit auf daS gerichtet, waö die nächste Zukunst bringen sollte. Anna kehrte mit Frau Rollmann zuerst zurück. Trudchen batte sich schnell ein Sonntagskleid anziehcn wollen, aber da Anna drängte, so begnügte sie sich damit, eine glänzend weiße Latzschürze anzulcgcn. So stand sie erwartungsvoll vor der vornehmen Frau, verlegen ihre Schürze streichend. „Kommen Sie. liebe Frau Rollmann", sagte Amalie freundlich, ihr die Hand reichend. „Ick möchte Ihnen etwa- zeigen. Sehen Sir dieses Spielzeug, wie gefällt es Ihnen?" „Ach Gustav, das ist ja Tein Modell!" rief Trudchen verwundert. „Erkennen Sie cS bestimmt?" fragte Amalie. „Gnädige Frau, sollte ich da- nicht kennen!" antwortete Trudchen. „Es hat mir manche unruhige Nackt gemacht. Und waS eS gekostet hat! Gegen hundert Mark haben wir bezablt und fünszig wiederbekoiiiiiien. Aber ich will nichts mehr jagen. Ich und mein Mann, wir baden Frieden ge macht, und deshalb soll die Vergangenheit begraben sein. Hoffentlich wirb ilm, das Modell nicht jetzt noch Ungelegen heilen machen." Obgleich die Sache sehr ernst war, konnte sich Amalie doch eine- Lächelns üocr die Befürchtung der Frau RoUman» nicht erwehren. ..Seien Sic ganz ohne Sorge, liebe Frau!" sagte sie, und nachdem sic Frau RoUmann sür die Bemühung gedankt und deren Dank sür die srcundlichc Hilst i» der Roth cntgezenaenommen hatte, entließ sie die fleißige Frau, die bei ihrem Geschäft unentbehrlich war. Rach kurzer Zeit traf der Doctor »nt Libauer ein. Der Doctor hatte sich in eine Droschke geworfen und drin Idutscher doppeltes Fahrgeld versprochen, wenn er innerhalb einer Viertelstunde da» Hans in der Leipziger Straße erreiche Libauer, in der Meinung, ein gutes Geschäft mache» z können, war drin Doctor sofort gefolgt, und iui Fluge waren bnde zu Krau vo» Breidenbach geeilt. Libauer verneigte sich tief vor der vvriirhnien Frau, während n Gustav gnädig zunickte, dann nahm er auf die Einladung der Frau von Breidenbach Platz. „Herr Libauer", begann sie, „ich bedarf Ihre« fach männischen Gutachten» in emer für mich sehr intereffanten Ingitageahait." „Ich stehe gern zu Diensten, gnädige Frau", entgegnete der Patentanwalt. „Bitte, betrachten Sic dieses Modell und sagen Sie mir, ob eS Ihne» bekannt ist!" Libauer erkannte das Modell auf den ersten Blick, aber er betrachtete es doch mit prüfenden Blicken von allen Seiten. Endlich sagte er: „Ja, gnädige Frau, ich kenne cs. Es ist da« Modell einer Sclbstkuppeluiia." „Ist Ihnen der Erfinder derselben bekannt?" „Er ist mir bekannt, und ich hoffe, nicht gegen die ge schäftliche DiScretion zu verstoßen, wenn ich erkläre, daß ich daS Modell vo» Herrn Rollman» gekauft habe." „Und Herr Rollinann ist der Erfinder?" „Ein Urtheil hierüber entzieht sich der Machtbcfugniß eines Patentanwalts, gnädige Frau", entgegnete Libauer vor sichtig „Aber ich bestätige gern, daß Rollmann »ach meiner moralischen Uebrrzruauiig der Erfinder sein dürfte, und daß jedenfalls die Patentschrift auf seinen Namen lautete." Amalie nickte. „Sie haben das Patent wieder verkauft. Ist Ihnen der Name LeS Käufers noch gegenwärtig?" „Ein tüchtiger Geschäftsmann, «»eine Gnädigste, vergißt niemals einen Man», mit dem er geschäftlich verbunden ge west» ist." Libauer sagte es mit einem selbstbewußten Lächeln und fuhr fort: „UcberdieS dürsten meine Geschäftsbücher darüber unzweifelhafte Auskunft ertheilcn." „Nun, wie beißt der Käufer?" Libauer machte ein sehr ernstes Gesicht. „Die Beantwortung dieser Frage verbietet mir die geschäftliche Discrction. Ich hoff«, gnädige Frau haben von der geschäftlichen Discrction einen zu Koben Begriff, um aus der Beantwortung dieser Frage zu bestehen." „Ich bestehe nicht daraus", entgegnete Amalie. „DaS Ge körte genügt mir. Sind Sie bereit, Herr Libauer, mir Ihr Gutachten bezüglich diese« Modells und der Urheberschaft Herrn RoUmann'ö schriftlich zu geben?" „Sebr gern." „Bitte, setze» Sie sich an diesen Schreibtisch. Hier ist Papier, und hier auf dieses Blatt schreiben Sie mir gesälligst Ihre Liquidation." Libauer setzte sich und schrieb und überreichte die beiden Blätter der Frau von Breidenbach. Amalie dankte, bezaülte das geschäftliche Gutachten deS Patentanwalts mit fünfzig Mark und entließ den sich tief verneigenden Inhaber des technische» und Patentbnreaus mit einem gnädigen Kopfnicken. „Und ou». meine lieben Freunde", sagte sie zu den An wesende», „danke ich Ihnen allen herzlich, für die wichtigen Dienste, die Sie mir geleistet baden Wie lieb mir Ibre Anwesenheit ist, bedarf keiner Betbcuerung; dennoch muß ich Sie bitten, mich für die nächsten Stunden allein zu lasten. In meinem Kopse hämmert eS, ich brauche Rübe, Sammlung. Eine schwere Aufgabe steht mir noch bevor. Aber ich werbe sie lösen, und dann: Auf ein fröhliche« Wiedersehen!" Freudig glänzte ihr Auge, als sie sich rum Doctor wandte und ihm die Hand reichte, die dieser an seine Lippen führte. Anna entließ sie mit einer herzlichen Umarmung und Gustav mit einem freundlichen Händedruck. Sie preßte die Hände gegen ihre pvckende» Schläfen und ging erregt im Zimmer auf und ab. Die Kräfte verließe» sie fast, aber heute durfte sie nicht schwach sein. Sie mußte daö entscheidende Wort sprechen. Uebcr die Art und Weist ikrcö Vorgehens war sic bald im Klaren. Sie wollte ihn nicht Wiedersehen, die Erniedrigung, ibm seinen schändlichen Betrug Auge in Auge Vorhalte» zu müssen, wollte sic sich ersparen. Torner wollte wie gewöhnlich Nachmittags um vier zum Mittagbrod ihr Gast sei». Ihr Brief mußte ibm zuvor kommen. Sic setzte sich und schrieb. Klar und ent schieden sprach sie cS aus, daß sie ibre Verlobung als einen Irrthum, die Hoffnung, mit ihm glücklich zu sein, als eine trügerische erkannt habe, indem sic zugleich die Unredlichkeit seiner Handlungsweise andcutcte und ihn bat, vo» jeder wei teren Annäherung Abstand zu nehmen. DaS Weitere würde in den nächsten Tagen von ihr veranlaßt werde». Wenn Amalie glaubte, nunmehr mit Dorner ganz fertig zu sein, so hatte sic sich abermals i» seinem Charakter ge- täuscht. Für ihn stand Alles aus dem Spiele, und er war, von jedem Zartgefühl und jeder Rücksichtnahme weit entfernt, fest riitschlofscn, sich den Besitz Amalien'« um jeden Preis zu sicher». Etwa eine Stunde mochte vergangen sein, seitdem Amalie ihren Brief durck einen Ticnstman» an den Ingenieur be fördert hatte, als sie plötzlich Dorner'S laute Stimme auf dcm Eorridor vernahm. Sic fuhr zusammen, ihr Busen wogte und ihr Athen, ging schneller. Der letzte schwere Kampf sollte ihr also nicht erspart bleiben. Nun, Dorner mochte kommen, er sollte sic gewappnet finden. Dorner trat ins Boudoir so sicher und selbstbewußt wie ein Fürst, der sein Reich betritt. Sie empfing ihn hochaus- gerichtet und mit düsterem Blick. „Aber Amalie!" ries er im Tone sanften Vorwurfs, ibre» Brief in der Hand haltend, „waö sind das wieder sür Launen! Schäme Dich, mir, Deinem Bräutigam vor Gott und aller Well solche Dinge zu sagen! Oder ist cS vielleicht eine Mystifikation? Hat dieser Brief mit Deinem Herzen etwas zu thun?" „Ich habe ihn geschrieben", sagte Amalst, „und ich hätte wohl gewünscht, Sic hätten mir die Erniedrigung einer per sönlichen Auseinandersetzung erspart." „WaS ist das?" sagte Torner befremdet. „Ist daS meine Amalie, die mir sonst mit offenen Armen rntgcgeiiaefloqen kam und deren Mund nur Worte innigster Liede für mich hatte? Amalie, Kind, ich erkenne Dich nickt wieder!" Amalie wandte sich verächtlich ab. „Spielen Sic Ihr falsches Spiel nicht weiter! Gehen Cie!" „Und Du memsr im Ernst, daß ich fähig wäre, wein ganzes Lcbeiisglück einer Laune zu opfern? Nein, Amalie, da kennst Du Deinen William schlecht Einen so kostbaren Besitz giebt ein Mann von meinem Charakter so leichten Kaufes nicht preis." „Ich warne Sie vor jedem Widerstande. Ich habe Mittel in den Hände», denselben auf einmal nicderzuschlagen. Schonen Sie mich und sich, indem Sie mich verlassen, uni niemals wiedcrzukchren!" Der Ingenieur bewabrte mit Mühe seine Ruhe. „Amalie, daS ist nicht die Stimme Deines Herzens. Ich bin verleumdet worden. Gestehe cö, Doctor Kemnitz war hier. Er ist der Feind, der Unkraut zwischen Weizen gesät hat." „Er war hier", bestätigte Amalie, „aber Doctor Kemnitz hat so wenig mit bei» bösen Feinde gemein, wie Sie selbst mit einem gute» Engel." „Ack!" sagte Dorner mit einer verächtlichen Hand bewegung, uud dann, in einen elegischen Ton verfallend, fuhr er fort: „O Amalie, welche Unruhe habe ich schon Deinetwegen empfunden! Tantalusqualen sind es, die ich an Deiner Seite ausgcstandc» habe. Ich genoß den Anblick des höchste» Kleinods, ohne eS doch ganz besitzen zu können, jeden Augen blick in Gefahr, mich desselben beraubt zu sehen. Tcni Doctor Kemnitz, diesem ästhetischen Schönfärber, bade ich nie getraut Ich wußte, daß er mir mein Glück mißgönnt und daraus sinnt, mich um dasselbe z» betrüge». Aber Amalie, laß uns fest stehen, jetzt und für alle Zeit! Ich will Alles vergesst». Sieh, wie ich diesen Brief zerreiße, so sei Alle« vernichte!, was feindlich zwischen uns steht!" Er zerriß den Brief in kleine Stücke, warf sie aus den Boden und ging mit ausgcbreiteten Armen aus sic zu. Amalie trat entsetzt einen Schritt zurück. „Heuchler, hinweg au« meinen Augen!" Dorner'S erkünstelte Ruhe war dahin. Er stampfte mit dem Fuße auf und knirschte mit den Zähnen. „Jetzt aus einem andern Ton!" ries er. „Gcberde Dick, wie Du willst, ich gebe Dich nicht frei. Ich habe ein Reckt aus Deine Hand, und kein Mensch und kein Gott soll mir dieses Recht streitig machen." „Und woraus gründen Sie Ihren Anspruch?" „Aus unser jahrelanges und aller Well bekanntes Bcr hältniß. Ich bin nickt der Mann, bcr sich vor aller Welt beschimpfen läßt. Ich gründe eS aus Dein mir freiwillig gegebenes Wort. Ich werde Dick vor der Schmach eines schimpflichen Wortbruchs bewahren!" „Gut", entgegnete Amalie mit blitzenden Augen. „Aber vielleicht entsinnen Sic sich, daß ich mein Dort von einer Bedingung abhängig machte." Dorner erbleichte, aber trotzig entgegnete er: „Ich habe sie erfüllt." „Erfüllt, indem Sie mir ein Spielzeug — lausten." „Wohl ein Spielzeug! Aber daß die Erfindung nicht
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