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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1891
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911020015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891102001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891102001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-10
- Tag1891-10-20
- Monat1891-10
- Jahr1891
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Abend.Ausgabe: die Kgespaltene Petitzeile 40 ^ R e c l a m e u unter deui Redartiousfrrrch lsgespasteu) 1 Familieunachrichten uud Anzeigen verlorener Gegenstand« l6g»spalteu> 20^. Größere Schriften laut onserrm Prris- verzeichntß. Tabellarischer uud Zifferusap »ach höherem Tarif. Sptra-Veilagen (gesalzt), nur mit Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderuug >l 60c—, mit Postdesördernng ^ 70-—- Ällnahmeschtub für Zuserale: Abead-Bnsgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Siachmittogs 4 Uhr. 6oua- und Festtags ftüh 9 Uhr. Bet de» Filialen und Aunadmeftellen je eia» halb« Stunde früher. Auserat« sind stets an dir ExPedtttoa zu richten. Dienstag den 20. October 1891. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die in den neuen Ttadtthetlc» Thonberg, Neureudnitz. Teller- daiisrn, Volkmarüdors, Nenschoneselv, Neustadt, Eutritzsch, vlohlts, LtuScnau, Plagwift, kleliizichocher, Cchlentzig, Connewitz und Lößnig untergcbrachtcu Ziehkinder bctr. Freitag» den 23. Oktober 18V1, vou Nachmittags 2 Uhr ad soll in, Kaisersaalc der Ccntralhalle zu Leipzig die ärztliche Untersuchung aller in den obcngcnannken Vor orten bei lrcmdrn Leuten gegen ein festgesetztes Ziehgeld uurergebrachten, noch nicht schulpflichtigen autzrr- rhcltche» »tinder ftaltsiuöcn. Die Ziehmütter, welche in der Lage sein müssen, über Namen, Geburtsort und Alter der außerehelichen Eltern, sowie des Kindes selbst, bezüglich der Eltern auch über bereu Stand Auskunft zu geben, werden hierdurch ausgefordert, jene Kinder am eingangs- erwähutea Tage dem Ziehkinderarzte, Herrn vr. weck. Taub«, unter Vorzeigung des Eoutrolbuches vorzuslcllen. Uncntschuldtgte» Autzrnbleiben verwirkt neben einer Ordnungsstrafe unnachsichtlich die Berechtigung zum Halten von Zichklnvern. Leipzig, deu 17. October 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armen Äwt.) k. IVd. Xo. 2324. Hentschel. Hsr. Gesucht wird der Schmied Friedrich Nobert kahl geboren am 27. April 1858 ln Prittitz bei Weißenseis, welcher zur Fürsorge für sciue iu Waijeupstege befindlichen drei Kinder auzuhalten ist. Leipzig, deu 12. October 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. A. L. IV». 3035. (Armenamt.) Heatschel. Hr. Vermietung. In den nachgenanuten, der Stadtgemeind« Leipzig gehörigen Grundstücken sind folgende MIcthräum- gegen viertel- bez. halb- jährige Kündigung anderweit zu vcrmietheu: 1) Markt Nr. t — Rathhaus — das uach dem Markte heraus gelegen« Berkaussgewölb« Nr. 5. 2) Markt Nr. I — NathhanS — das uach dem Naschmarkt zu gelegene VerkausSgcwülbe Nr. 25. 3) Markt Nr. 1 — NathhanS — das an der Ecke deS Salz- gätzchenS und dem3ia>chmarkte gelegene Verkaussgewölbc Nr. 30. 4) Naschmarkt Nr. 4 — Altes Börsrngebäudc - das nach dem Salzgäßchen herausgelegeu« Verkaujsgewölbe Nr. II mit Niederlagsraum. 5) Salzgäsjchcn Nr. 2 eine tu der 1. Etage gelegene geräumige Wohnung mit Zubehör. 6) Nctchüstrahe Nr. 1 eine tu der 3. Etage gelegene größere Wohnung mit Zubehör. 7) Reichsstratze Nr. 0 eia Hausstand mit aagrenzender Kammer. 8) RcichSstratze Nr. i) eine iu der 3. Etage gelegen« kleine Wohnung mit Zubehör. 9) UnivrrfttätSstratze Nr. 22 eine in der 3. Etage LeS Hinter- gebäudes gelegene kleine Wohnung. 10) MarschaUftratzc Nr. 3 iu Lelz>zt»-Rcndnttz dl« io der 3. Etage links gelegene, neu vorgerichtete Wohnung. 11) Marschallstrahe Nr. 2 in Lehpzip-Rendnttz eine in der 4. Etage gelegene Wohnnna. 12) Schulstratze Nr. ll tn Leipzig-Thonberg eine Im Par- terre gelegene^ besonders für riueu Tischler oder Glaser passende Werkstatt mit Lagerplatz. 13) Alte Vornaische Straße Nr. 5 ln Leipzig-Lößnig eine Parterrewohnung mit Zubehör. Werkstatt uud Garle». 14) Hauptstraße Nr. 60 — Alte Schule — in Vcipzig- Klciuzjchocher dir in der 1. Eloge rechts gelegene Wohnung. Die Mielhräum« untrr Nr. 5, 8—12 und 14 sind sofort, die- jenigen uuter 13 vom I. Januar k. I. uud alle übrigen vom 1. April k. Js. ab zu vermiethen. Mielhgesuche werden aus d«m Nathhous«, 1. Etage, Zimmer Nr. 8, eutgegengeuommen. Leipzig, den 16. October 1891. Der R«th her Stadt Leipzig. I». 4651. vr. Georgt. Krnmbiegel. Gefunden oder al« herrenlos angemeldel resp. abgegeben wurden in der Zeit vom 1. bis 15. October 1891 folgende, zum Theil vermuthlich auch von früher verübten Diebstählen verrührende Gegenstände: eine vergoldete Thltnder-Remontoir-Uhr mit Kette, ein goldenes Medaillon, bereits im Juli gesunden, 2 (Erld- deträge von je IV Mart, »in solcher von 6 Mark mit 2 Lrthhausichctnen, Portemonnaies mit 15 Mark und 7 Mart 70 Pf., letzteres bereits tm September gefunden, sowie mit geringeren Beträgen, eine Handtasche mit div. Inhalt und einem Portemonnaie mit 6 Mark 10 Pf., ein goldener Klemmer. eine alt» goldeae Brache, 2 goldene Mage, ein Armreif, ein Granatstern, Theil einer Nadel, 3 verschiedene Brillen, ein Erinnerungskrenz vom Jahre 1866, ein Elgarren-Etvi, ein LeihhauSichein, ein leasten mit Zauber- Artikeln, mehrere Schirme und Spazierstöcke, ein Paar Glacshondichuhe, eine Knabenmütze von blauem Sammet, ein weißieidene« Halstuch, 2 schwarz» Schärpen und 2 Tasel- tülber. ein Damen-Strohhut, 2 Filzhüte, eine Spitzen- Prlernie, 2 Paar neue Kinderschuhe; eine Weste, ein Jacket und 7 verschiedene Kuabenhemdeu; 5 Kinderhemdchen, ein« weiße Woffelbelidecke, ein Stück rothe« Inlettzeug, eine große schwarzlederne Reise-Handtasche, 2 neue eiserne Kleiderhalter, eia Winkelmaß, mehrere Schlüssel, eine Fleischeriäge, 3 ver schiedene Hundemaulkörb«, eine Pferdedecke, eine Wogenplane, eine Wagenkapsel, eia Ortscheit, ein« Peitsch«, rin 2 rädriger Handwagen. Di« unbekannten Eigenthümer dieser Gegenstände werden hier durch aufgefordert, sich zur Empfangnahme derselben in unserem llommissartat rechtzeitig zu melden, andernfalls darüber nach tz. 239 deS B. G -B. anderweit verfügt werden wird. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welch« Im III. Quartale 1890 Funvgegenständ« bei uns abgegeben haben, aus, dies« Gegen, stände zurückznsordern, andrrnsalls auch hierüber de» Rechten gemäß »rrsügt werden wird. Leipzig, de» 16. Oktober 1891. »«0 Polt^tamt her Stadt Leipzig. Bretfchneider. Ml. Gesucht wird der am 4. März 1853 in Leipzig geborene Steindrncker Heinrich August Alfred Hüttner, welcher zur Fürsorge für seine Familie anzuhaltcn ist. Leipzig, am 12. October 1891. Trr Rath der Stadt Leipzig. (Aruiru-Amt.) B. IV, 792x2746. Hentschel. Dolge. Diebstahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) zwei Dolchmeffcr lein eiujchnciüigcs mil Rchkronenhest und ein zweljchneiLigeS mil Ebcnlio!zgrifi> und -1 Taschciimrsser (2 so- genannte Schwebenmesscr und 2 Taschenmesser mit den Abbildungen der 3 Kaiser! vom 14. bis 15. d. M., initlclst Einbruchs; 2) eine silberne tthrkrtte, 3strangig, mil Schieber und gol- dcnein viereckigen Medaillon niit cingravirtein Nitterkopf und mehreren Blutsteincn, voin ll. bis 13. -. M.; 3> rin goldener Tauirining, gerieft, mit schwarzer Emaille und tleinem runden weißen Stein, in verschiedenen Farben schimmernd, vom 8. bis 9. d. M.; 4) ein Siegelring mit Amethyst und darin cingravirtem Nömer- kopf, am 22. vor. M.; 5) ein kurzer Paletot von grauem gerieften Stoff, mit ge- streistem Hellen Futter und einem Henkel mit der Bezeichnung „Deutsche Mode", ei» langer Paletot von grauem gerieften Stoff, mit einer Reihe Knöpfe und dcllivollenem Futter, ein ebensolcher von blauem geriesten Stoff, mit dunklem Futter und rin Jackrt- anzug von graucarrirlem kammgarnstojs mit schwarzem Kutter, vom 14. bis lb. d. M.; 6) ei» Somincrübcrzichrr von dunkelblauem gestreiften Stoff, mit grauem weiß- und roihgestreisten Schooß- und schwarz-, gelb» und weißgestreistem Aermelsutter, am ll. d. M.; 7) rin Lommer Überzieher von schwarzem gestreiften Stoff, mit dunklem Futter und einer Reihe Horuknöpse mit verdeckter Batterie, vom >4. bis 15. d. M.; 8) rin Tonlincrübrrzirbcr von schwarzem mit braunen Fäden durchmirkte» Stoff, mit einer Reihe üderivonnener Knöpft mit verdeckter Batterie und schwarzem Wollallasfutler, vom 7. bis 11. d. M.: 9) ein Hrrbstüberzirher von grauem Stoff, mit grauem Futter und Lederhenkel mit der Bezeichnung: „ftvvcm, Berlin", am 27. vor. M.; 10) ein Tamcn-Winteruiantrl» neu, von schwarzem Stoff, mit 2 Reihen übersponncner knüpfe, Posamentendejatz und sogen. HerkuleS-Borde, am 11. d. M.; I I) <ck. 6 Meter schwarzes englische» Tuch, am 12. d. LT'; 12) ein Spiegel mit Nußbaumrapmeii und geschliffenem GlaS, 1'/, m hoch und 1',, m breit, ein Waschtisch, doppeltkilrig, mit Sch'oß, marmorirter Holzplatte und nußbaiunartigem Anstrich, vom 8. bis lO. d. M.; 13) ein Kinderwagen zum Schieben, mit braunem Korb, grauem eiserne» Gestell, braunen Borhängen und schwarzer Wachs- leinewandplane, voin 13. bi» 14. d. M.: 14) ein Vallrn mit rotbem gestreiften Leinrnzeug. signirt: „Oebr (V. 754" am 6. d. Nt.: 15) rin großer Kasten-Wagen, vierrädrig, mit der Firma „(7ebr Beiebe, Plagwiy-Letpzig", ca. 3 w lang und 2 m hoch, am 12. d. M. Etivaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Criminal-Mtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 19. October 1891. Das Polizeiamt der Stadt Leipzig. Bretjchneider. Br. Lexii!v8V6rein Ver»>»ii»iullui»tr «kv»> 20. s»«1«1»Or I8VI, Adeock» 6 Obe Im 8a»ls 6sr I. UUr»,'er«kdu1>!. Tagssorck nung: Bericht Ilbar den ckiossLüri^en deutschen Aerrto- tux in äVeiinur. Bericht der slir die »us>värt!xs Xmgele^eubeit . viedvrxesetrten tloinmissiov. Avtr»«; sine» blit^Iied«: „lLino >'orm kür Bdrensseriehts r.n sciiLllav". Vereins» mrelegenksiten. Xranheocusseuhrs^vn. I)r. lleurlci. v. voUmar's ttede in Erfurt. Ter Parteitag der Socialdemokraten in Lrsurt brachte während der ersten SitzungStag: nur uncrguickliche Streitig keiten zwischen Alten und Jungen, welche bewiesen, daß die Einigkeit im socialdemokratischen Lager viel zu wünschen übrig lasse, und diese Verhandlungen baden auch den Eindruck gemacht, daß die Lerurtkeilung der Jungen durch ein Schieds gericht den Streit keineswegs beenden wird. Den Jungen gebt die Entwickelung der Partei nicht schnell genug, dagegen erscheint sie dem Genossen d. Vollmar zu schnell und außer dem wünscht dieser die nationalen Bestrebungen zu schonen, weil der nationale Gedanke der schlimmste Feind deS SocialiS- muS sei. Zwischen diesen beiden Extremen nimmt Bebel einen vermittelnden Standpunct ein und vertheidigt die bis herige Taktik, welche als Ziel die Zerstörung der heutigen Gesellschaft systematisch und schrittweise verfolgt. Dieser Streit über die Taktik der Partei ist nicht ohne Interesse, weil er die ganze innere Hohlheit des bisher aus- gcrichteten socialdemokratischen Gebäudes zeigt. Tie Alien und die Jungen streiten über das Zeitmaß der Bewegung, durch welche die Zerstörung deS bestehenden Staate« bewirkt werden soll, ohne zu wissen, waS sie an seine Stelle seben sollen, denn die Frage nach dem Programm ist eine offene. Weder Bebel noch Liebknecht wissen zu sagen, wie der soeialdemokratische ZukunftSstaat auSsehen wird. Nur so viel ist sicher, daß die Socialdemokraten in diesem Staate die Herrschast haben, daß die Macht des Capi tal« aus daS Proletariat übergehen wird. Im Vergleich mil dieser Cardinalfrage bat die gesammte zukünftige Organisation mit Milizsystem, Rechtsprechung durch daS Volk, Gemeinsamkeit deS Grundbesitzes, Aushebung deS Erbrechte-, Arbeitölbeilung nur nebensächliche Bedeutung, die offene Frage bleibt stets die, wie die Macht des Capital- gebrochen werden soll. DaS wäre nur Lenkbar, wenn die Ge- sammtheit im Allcinbesiy de« Geldes wäre und alle Mit glieder deS socialistischcn Staates von der Centralstelle au- mil den Mitteln zur Befriedigung ibrer Bcdürsniffe auS- arstattet würden. Ob unter solchen Umständen da« Geld al« Temschmitttl überhaupt noch einen Werth hätte, »uh bezweifelt werden, weil selbst durch den beschränkten Besitz von Geld immer Unterschiede der Staatsbürger geschaffen würden, die Sparsamen würden Geld ansainmcln, die Verschwender würden mil dem, waö sic erhalten, nickt auSkommcn. v. Vollmar stellt sich auf einen ganz andern Standpunct als die übrigen Genossen, ihm gilt das Programm so lange al« wcrthloS, bevor nickt eine feste Grundlage für die Be wegung geschaffen ist. Als diese Grundlage gilt ibm die politische Macht und diese hofft er im Gegensatz zu den Zungen durch den Parlamentarismus zn gewinnen, v. Vollmar ist ein praktischer Socialist, er will de» Massen nicht durch unerfüllbare Versprechungen Achtung cinslößen und sie zum Eintritt in die soeialdemokratische Partei veranlassen, sondern er will erst den Boden schaffen, auf welchem daS socialistische CtaatSgebilde ausgcrichtct werden soll. v. Vollmar will damit die Brücke bauen, welche die soeialdemokratische Partei mil den übrigen Parteien verbindet, während die Genossen sich außerhalb de« ParleigctriebeS bewegen, die Jungen sogar den Parlamentarismus verwerfen, an dessen Stelle sie die Agitation und die Gewalt setzen »vollen. ES ist un« niemals zweifelhaft gewesen, daß sich v. Vollmar damit aus der Gcmciuschast mit den übrigen Eocial- dcmokratcn loslöst, und deshalb hat auch der Parteitag die Haftung von VoUmar's mißbilligt, aber der Parteitag hat sich darauf beschränkt, die Ansichten, welche von Vollmar in seinen beiden Münchner Reden ausgedrückt hat, als nicht mit den scinigen übereinstimmend zu erklären, im Uebrigen hat er die Zusammengehörigkeit mit dem Genossen v. Vollmar nicht abgelcbnt. Diese Lösung der Streitfrage ist mehr höflich als wahr, denn die Partei gesteht durch die Entscheidung, welche sie getroffen hat, zu, daß ihr an der Person v. Vollmar s mehr ge legen ist, als an seinen Ansichten. Der Beschluß bedeutet eine Ab dankung Bcbel'S und Liebknecht'« zu Gunsten v. VoUmar's, und dieser ist heute das eigentliche Haupt der socialdemokratischcn Partei. Keiner der Redner bat versucht, v. Vollmar zu widerlegen, die Hauptfrage, wie sich die Partei dem ZukunslS- krie^c gegenüber zu stellen habe, ist unerörtert geblieben, v. Vollmar ist in dieser Bczicbung mil großer Offenheit zu Werke gegangen, er bat sich rückhaltlos zur Friedens- Partei bekannt und die Art uud Weise, in welcher Bebel den Weltkrieg als unvermeidlich bezeichnet, als da« Mittel ver- urlheilt, diesen Krieg im In- und ÄuSlande populair zu macken. Es bat unter deu Theilnehiuern de« Parteitage« große Bewegung bervorfferuscn, al« v. Vollmar die „BolkS- tribüne" beschuldigte, daß sie den Drei-tind nur deshalb bekämpfe, weil sic einen Weltkrieg für dringend wümcbenS- werth erachte, diese Bewegung war also ein Zeichen dafür, daß die Vertreter der Sceialdemokratie sich über die Tragweite einer solchen Agitalion noch keine Ncchenschasl gegeben hatten. Es schein! danach, daß innerhalb der Partei denn doch die nationalen Empfindungen noch nicht ihre Geltung ver loren baden. Wir möchten die Rede Bollmar'S als eine Kundgebung deS nationalen Gewissen« innerhalb der Socialdemokratie bezeichnen. Er hat auf die Gefahr hingcwicsen, welche ein siegreiches Rußland der Svcialdemokratie bringen müsse, und ihm erscheint die Erstarkung deS nationalen Gedankens im Falle eines Weltkrieges als ein Hinderniß für die Ausbreitung socialistischcr Ideen. Diese Meinungsäußerung hat eine Er widerung von Seiten teö Genossen Tolle (Dortmund) ber- vorgcrnscn, welcher sagte, daß die Socialistcn den Feind allerdings vertreiben würden, wenn er ins Land käme, aber nur im Partei-Interesse. Diese Aeußerung ist ein neuer Beweis für die Unklarheit, welche in den Köpfen der Svcial- deinckraten herrscht, denn WaS kann der Stärkung der be stehenden staatlichen Verhältnisse mehr dienen als ein sieg reicher Krieg'? v. Vollmar ist consequcnt, er will die Russen bekämpfen, weil sie als Sieger der Socialdcmokratie den Garaus machen würden. Wir lassen die Nichtigkeit dieser Behauptung unentschieden, denn Rußland hat, gleichviel, ob Sieger oder Besiegter, mit dem Nihilismus so sehr zu kämpfen, daß eS noch gar nicht scstslcbt, ob Rußland nicht im Falle eines .Kriege« die Kräfte entfesseln wird, die jetzt nur mit Aufbietung aller Mittel im Zaume zu halten sind, v. Vollmar will auch das Fell deS Bären nicht ver kaufen, bevor er erlegt ist. er will erst eine Grund lage schaffen für die weitere Ausbreitung der Eocial- demokratic, statt die Genossen mit leeren Vc-sprechunzen abzuspeiscn. Ihm erscheint der Normalarbrilstag als das nächste Ziel aus socialistischem Gebiete, und wir glaube», daß diese Auffassung der Bewegung die richtige ist, aber darin weichen wir von Herrn v. VoUmar's Ansicht ab. daß wir dieses Ziel als keineswegs nabe be trachten. Der achtstündige NormalarbcitStag würde eine Umwälzung aus dem Gebiete der Fabrikarbeit entfesseln, deren folgen nickt zu bestimmen sind, nur so viel ist sicher, daß der Zusammenhang von Capital und Arbeit dann erst in ungeahntem Maße zn Tage kommen würde. Die Industrie ist kein Gebilde, was nach Theorien eingerichtet ist und auf recht erhalten werden kann, sondern sie ist gegründet auf bestimmte praktische tbatsächlicbe Verhältnisse, welche nickt willkürlich verändert werden können. Wenn der Eapitalist sich nickt mehr zu balle» vermag, dann gebt auch der Ar beiter zu Grunde, Lieft Wahrheit ist zwar nickt socialislisch, aber ihre Folge» treffen das Proletariat, dessen Sieg die Führer der Soccaldemokratie so überzeugt verkünden. * Leipzig, 20. October. * Der infolge des Todes deS Königs Karl von Württem berg verschobene Besuch deS Königs von Rumänien am Berliner Hofe wird voraussichtlich binnen kürzester Zeit stattfinden. Der König kommt mit größerem Gefolge und in Begleitung diplomatischer Deratber. Allgemein wird behauptet, daß dieser Besuch einen überwiegend politischen Charakter hat. * Ter .RcichSanzciaer" veröffentlicht ein kaiserliche- Telegramm an den Professor von Helmholtz mit der Ernennung desselben zum Wirklichen Geheimen Rath mit dem Prädicat Excellenz. DaS Telegramm besagt: Ihr stets auf die reinsten und höchsten Ideale gerichteter Fleiß ließ in seinem hohen Fluge alle« Getriebe von Politik und die damit verbundenen Partrulogen weit hinter sich zurück. Ich und mein Volk sind stolz darauf einen solch bedeutenden Mann den Unsrigcn zu nennen. Ich habe den Geburtstag meines heißgeliebten unvergeßlichen Vaters zu dieser Anerkennung gewählt, Wohl wissend, wie hoch er Sie schätzte und ein wie ergebener Freund und treuer Untertban Sie demselben ge wesen sind. Möge Gott Ihr theureS Leben noch lange zum Wohle Deutschlands und der gesammten Welt erbalten. Der „ReichSanzciger" veröffentlicht ferner den allcruntcr- thänigstcn Dank Helmholtz', welcher die Auszeichnung im Augenblicke der Abreise nach Frankfurt a. M. erhielt. * Tie „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" ist ermächtigt, die Erzählung eines schleSwigschen Blattes über die Ablehnung eines deutschen Ordens durch den dänischen Premierminister Estrupp in allen Details von Anfang bis Ende als unwahr zu bezeichnen. Estrupp babe sich Deutsck- land gegenüber stets correct benommen. Er sei ein viel zn vornehmer und scingcbildeter Staatsmann, als daß er einer solche» Handlungsweise verdächtigt werden könne. * Wicderbolr ist schon darauf hingcwicsen, daß auS dem gesammten Osten der preußische» Monarchie zahlreiche Leute nach den Jndustriebezirken de« Westens ausmandrrn. Auch in Masuren findet eine solche Auswanderung statt. Andererseits erkält Masuren wieder Zuzug durch sächsische Familien. Es sind daS, wie der „Gesellige" berichtet, Besitzer, die ihre wenigen Morgen in der Hcimath thcuer verkauft haben, um in Masuren, wo die Grundstücke vielfach nur einen sehr geringen Werth haben, in den Besitz von großen Wirtbschaftcn zu gelangen. So sind namentlich in den in der Nähe der Grenze gelegenen Ortschaften, wo die ArbeilSkräste noch nickt so knapp sind, mehr als die Hälsle der Bewobner zugewandert. Durch sachkundige Land- und Gartenwirtbschaft sind beruntergekommenc Besitzungen zu wabren Musterwirthschasten geworden. Auch die eingeborene masurische Bevölkerung alimt die WirlhschastSwcise der An siedler mehr und mebr nach. * Bei Gelegenheit deS Festessens nach dem national- liberalen Parteitage in Eisenach wurden nach den HockS aus Kaiser Wilkelm (I)r. Pieschcl), das Vaterland lProfessor Meyer) und Fürst Bismarck (I)r. Osan) solgcuce BcgrüßungStelcgramme abgcschickt: An den Fürsten Bismarck. „Die in Eisenach zum Parteitage versammelten Vertreter der nattonalliberalen Partei Thüringens gedenken mit treuer Dankbar keit Eu«r Durchlaucht in einem donnernden Lebehoch!" Au den Lberpräsidenten v. Bennigsen. „Dem verehrten Führer der nationalliberalen Partei sendet am Schlüsse eines erinnerungsreichen Bierteljahrhunderts der zum Parteitage in Eisenach versammelten Vertreter der Thüringischen NationaUiberalen Gruß und Dank!" * In der „Freisinnigen Zeitung" wird nunmehr „von eine m freisinnige »Reich Stagsabgeordneten", vermuthlick von Herrn E. Richter selbst, tcr widerspänstige Abg. Harmening feierlich in Acht und Bann gcthan. In jener Zuschrift heißt eS: „Wir finden die Kritik deS College» Ile. Harmening der „Freisinnigen Zeitung" gegenüber und seine scharfen Auslassungen für höchst ungehörig, Leun er sowohl wie jeder andere College muß die hohe Bedeutung diese- Organs ganz besonders schätzen. Mit großer Dank barkeit haben wir seinerzeit die Beleuchtung dcrFlürschcimschen Lehre enlgcgengcnvmmen, denn von Mund zu Mund raunte man sich damals in Thüringen zu: Kann I)r. Harmening in der freisinnigen Partei bleiben, wenn er sich auf den Standpunct socialistischer Verstaatlichungsideen stellt? Die Artikel der „Freisinnigen Zeitung" haben die gewünschte Aufklärung gebracht, nach dem Vorgesallenen aber kann I)r. Harmening nicht mehr io den Rahmen der Partei und ihres Programms paffen. . . . Nicht die »freisinnige Zeitung" als solche haben wir zu schützen, sondern die durch fte zum Naren Ausdruck gebrachten Principien der gesammten freisinnigen Wählerschaft und ihrer Vertreter. Herr I)r. Harmening wird sich zunächft seinen Wählern gegenüber zu verantworten haben, wie sie seine Fahrt in das neue Fahrwasser bcurthcilcu; unsere Ansicht darüber ist vollständig geklärt. Wir bedauern, einen geistreichen College» verloren u haben, welcher Wohl nur zu bald in dem Strudel uner- Ullbarcr Theorien untergeben und auf dem trüben Boden socialistischer Wahngebilde ankommcn muß. . . ." * Man schreibt der „Nat.-Zta." aus Westfalen, daß die bevorstehende Ernennung des Nachfolgers für den in den Ruhestand tretenden Oberberghauptmaun I)r. Huyssen in den bcrgbautreibenden .(Kreisen den Gegenstand lebhafter Er Lrlcrungcn bildet. Vor allen Dingen kommt eS bei der Wahl des betreffenden Beamten daraus an, daß derselbe nicht nur für eine umsichtige allgemeine Leitung der im Besitze des Staates befindlichen Montanwerke volle Gewähr bietet, sondern auch auf socialpolitischem Gebiete den neueren Standpunct der Regierung mit überzeugungStrcucm Ver ständnisse zu vertreten und in die Thal zu über setzen versteht. Nach ver letzteren Richtung ist eS bi« jetzt der staatlichen Verwaltung nicht gelungen, aus ihren Werken die von der Saalsregierung öffentlich angekündiztcn Einrichtungen überall durchzuführen. Noch weniger erwie« sich die Autorität der Bergbehörden als ausreichend, um auf die Besitzer der Privalgruben einen erfolgreichen Einfluß bezüglich der tbat- sächlichcn Behandlung der Arbeiterfrage auSzuüben. Bei der Besetzung der Stelle des Lberberghauptmannö dürste eS die größte Beachtung finden, ob der zu ernennende Beamte die augebeuteten Eigenschaften besitzt. Wir wollen boffen, Laß die Staatsregierung diesmal eine glückliche Hand zeigt. — Der .NeickSanzeiaer" veröffentlicht nunmehr die Ernennung teS bisherigen OberbergamtSdirectorS Freund in Breslau zum Oberberghauptmaun und Ministerialdirector im Handelsministerium. * Vom socialdemokratischen Parteitag inErfur wird unS geschrieben: Die Debatte über den wichtigsten Punct der Tagesordnung, „Taktik der Partei", ist geschlossen und e« wird nunmehr die bestellte Neunercommission, welcher weder FractionSmitaliedcr, noch Vorstandsmitglieder, noch Anhänger der Opposition angeboren dursten, zu entscheiden haben, ob die Taktik der Partei und die bisherige Leitung derselben ihre Schuldigkeit getban haben oder ob die von der Opposition ins Feld geführten Angriffe zu Recht bestehen. Wie die Commission entscheiden wird, ist Keinem der Dele-, girlen zweifelhaft. Man wird nicht die Opposition al< solche,
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