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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.10.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911020028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891102002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891102002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-10
- Tag1891-10-20
- Monat1891-10
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Die Longhi'sche Anklageschrift. * In der freisinnigen Presse wird jetzt der Versuch gemacht, das Verdienst an der Beseitigung des Herrn Bongbi von dem Posten de- Vorstantsvorsitzeiitcii im italienischen parla mentarischen EomitS' für die freisinnigen Abgeordneten in Anspruch zu nehme», welche bekanntlich erklärt batten, trotz dcS Auftretens deö Herrn Bonghi seiner Einladung Folge leisten zu wollen. Eie sollen durch diese Erklärung den Rücktritt erleichtert baden, während derselbe sonst als die Wirkung eines von außen her geübten Druckes erschiene» wäre. Die Wabrbeil ist. daß die Freisinnigen sich mit den bekannten Versicherungen Bongbi's in Bezug aus das Verfahren in der Eonserenz zufrieden gegeben batten und daß Herr Bongbi in seiner Stellung nicht weiter an- gefochten sein würde, wenn nicht in Folge des Beschlusses der deutschen Nationalliberalen der italienische Senator Marchese Guerricri-Gonzaga die Sache aufgegrisfen hätte. Wir be greifen übrigens vollkommen, daß die Freisinnigen das Be schämende. welches in der schließlichcn Wendung für sie liegt, zu verdecken suckei», nebinen aber zu ihren Gunsten an, daß ihnen das niignalisicirbare Vorgehen des Herrn Bonghi in seinem ganzen Umsangc gar nicht bekannt gewesen ist. DaS Wesentliche desselben liegt nicht in dem bekannten Briefe an daS „Berl. Tagcbl.", sondern in einem Aufsatze der „Nnova Antologia" vom lii. September 1891, der unter ausdrücklicher Bezugnahme auf de» bevorstehende» FriedenzS- congreß eine Darstellung der gegenwärtigen europäischen Lage giebt, in welcher Deutschland geradezu als daS Grund- übel der ganzen Welt erscheint. Bongbi's auü dem er wähnten Briefe bekanntes Unheil über die Verhältnisse in Elsaß-Lothringen stützt sich vor Allem, wie er selbst er klärt, auf die Schrift: Du «fueRion ä'FIsuoö, xur ckeun lleinnvvü! AuS derselben schöpft er auch seine Meinung über die Neichstagswahlen von 1887; von denjenigen von 1890 hat er keine Ahnung. Und auf Grund solchen Materials kommt Herr Bonghi zu dem Schlüsse, daß die Deutschen sich durch ihre Fehler in Elsaß-Lothringen nicht weniger lächerlich als verhaßt machen, und daß die gewaltsame Verbindung Elsaß-Lothringens mit Deutschland nicht von Dauer sein kann oder wenigstens nicht sein darf. DaS sollten vor Allem die Italiener verstehen, aber das Traurige sei, daß sie durch den unseligen Dreibund gezwungen würden, zu lbun, als ob sie cS nicht verständen. Nach einer licftigen Besehdung des Dreibundes verstcigt sich Herr Bongbi endlick zu folgendem Eomplimciit 'gegen Deutschland: „In Wahrheit gewinnt in all' dieser Entfaltung von Macht mitteln und in dieser Unmöglichkeit, zur Verständigung zu gelangen, Alles, was cS von Tl-icrischci» im Menschen giebt, die Oberhand. Und niemals bat man mehr als jetzt gesehen, wie mächtig die Bestie iui Menschen ist. Ist doch gerade daS Volk, von dem inan glaubte und »och glaubt, daß cs geistig das vorgeschrittenste von allen sei, dasjenige, welches den all.zemeinen Ton nnv daS Schicksal der europäischen Gesellschaft zuin Schlechteren gewendet bat!" In dieser Weise, mit einer über alle Maßen parteiischen und geradezu beleidigenden Anklageschrift gegen Deutschland gedachte Herr Bonghi, der Vorsitzende des einladenden EvmitvS, die interparlamentarische Friedcnsconfcrenz cinzuleiten. Wen» man die Denlschen von der Tbeilnabine an derselben absicht lich hätte ausschließen wolle», batte man cS nicht anders anfangen töniieii. Die Landsleute dcS Herrn Bongbi haben dies sofort begriffen und demgemäß gebandelt. Wir können unmöglich aniiebiiicii, daß unsere Tclitschfreisinnigen die Be- theiligung an einer' von Herr» Bonghi geleiteten Versamm lung nicht ebenso wie die Natioiiallibcralcii abgclcbiit haben würden, wenn ihnen jene Anklageschrift bekannt gewesen wäre. Leipzig, 20. Lclober. * Der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten hat bestimmt, daß znnächst bei allen Schnellzügen das Verbot, die Fakrtartc» auf de» Trittbretern zu durch- lochen und zn prüfen, allgemein und streng zur Durch- sübrung gebracht werde. ^ Tie mannigfachen Abänderungen, Ivelcke die Land- gemciiidcordiiuiig für die sieben preußischen öst lichen Provinzen ini Verlaus der Verhandlungen des Landtags ersabren hat, rufen bei der Durchführung mancherlei Schwierigkeiten bervor, weil die Aciidcriiilgen »ich! überall ganz in daS Snslcm des Gesetzes passen und daher Uneben beiten und selbst Lücken entstanden sind. Bei einige» Punctcn sind solche in dem Maße bervorgetrcten, daß von Provinzialbebördeii ihre Beseitigung durch eine Novelle zur Landgemeindeordnung angeregt ist. Dieser Anregung wird aber keine Folge gegeben, vielmehr wird das zur Durchführung des Gesetzes Erforderliche im Wege der AnSfübrungobejlinlmniigcn ungeordnet werde». Dies gilt insbesondere auch vo» der Beseitigung bcrvortrclender Uu ebcnbeiten und Lucken, zu deren Behebung i>n Wege der An Weisung die Bestimmung, wonach der Minister dcS Innern mit der AnSsührnng innerhalb des NahmenS dcS Gesetzes »nk in de» durch die Bestimmungen desselben gezogene» Schranken betraut ist, die gesetzliche Vollmacht giebt. Er übrigt sich demnach die Beschreitung des WcgcS der Gesetz gcbnng unter dem rechtlichen Gesickilspuiicte, so ist um so mehr davon abziis.ßvn, als damit auch politische Bedenken von Er- beblichkcir verbunden sein würden. * Angesichts des Unfugs, der soeben im fortschrittlichen Parlciinteresse in der freisinnigen Presse mit dem Jubiläum Virchow's unk seiner Verherrlichung nicht mir als Mann der Wissenschaft, sondern auch als Politiker getrieben wurde, verdienen die Worte, mit Vene» der .Kaiser Herr» vo» Helm boltz zn einer hoben Auszeichnung begrüßte, besondere Beachtung Der bobe Herr bebt als eine» Vorzug des große» Gelckricn bervor: „Ihr stets V«n reinsten nnd höchsten Idealen »achstrebentcr Geist ließ in seinem hoben Fluge alle« Getriebe von PatO'k nnv der damit verbundene» Parteiungen weit hinter sich zurück." * Zn den verschiedenen Processen, weiche sich in den letzte» Tagen vor dem Berliner Landgericht geize» die Redaction der „K reuzzcituua" abgespielt haben, könne» wir »och hinzu- sügrn, daß eine öffentliche Klage gegen Frhrn. v. Hammer stein auch wegen Beleidigung des nationalliberalen Abg. v. Eynern durch mckrere Artikel derselben Zeitung erhoben worden ist. In der ersten amtlichen Vernehmung bat nun Herr von Haniinerstcin den Schriftsteller Frcibcrrn v. Ungern- Sternberg als den Verfasser der incriminirten Artikel genannt und daraufhin bat der Abg. v. Evncrn die Staatsanwaltschaft ersucht, die Klage zurückzuiiebnicn. * Der bisherige Verlauf dcS Erfurter Socialisten- tageS bat nichts wenigcr als eine» imposantcil Anblick ge boten. DaS alte unerquickliche Gezänk, das nnS schon auS der socialdemokraliscken Presse bis zum Ucbertruß bekannt ist, die Streitigkeiten über etliche Zeitungsartikel »»k Ver- saimnlunzSretc», gegenseitige Beschimpfungell und Verdäck>- ligungcn, Ausschliejiungs- und MißtralieiiSanträge werde» in ausführlichster Breite vor einem Eongreß vorgclragcn. der nicht nur für die Socialtcmokratic ein höchst bedeutsames Ereigniß karstellcn, sondern auf den nach deren Meinung die Blicke der ganzen Welt gerichtet sein sollten. Wir fürchten, die Welt wirr ihre Blicke enttäuscht zurückzieben, wenn sie noch lange mit Streitigkeiten über einen Artikel des „Vorwärts", über eine Rede des Herrn von Volk mar, über den Inbatl eines Flugblattes, über die Unter stützung eines Parteigenossen mit ei» paar bunkert Mark und tcrgl. gclangwcilt wird. Langeweile und Oete ist die Phy siognomie der ganzen Versammlung. I» die Breite mag die Socialdemokratie iicuerdiuvS gegangen sein, in die Tiefe ist sie »ach diesen Erfurter Leistungen nicht gegangen. Diese Männer, die sich da wie die alten Waschweiber um de» elendesten Tratsch Herumzanke», solle» die Blüthe und die bervorragenk- sten Geister einer weilumstürzeiiden Bewegung sein! Auch wo ein Anlauf genommen wnrte, die Verhandlungen über den niedrige» Bode» der persönlichen Zänkereien zu erbeben, ging der Flug nicht viel mehr in die Höbe. Auch in dem Gerede über die Taktik der Partei, über die parla mentarische» Leistungen, über die Aniheilnahmc an der socialpolitischen gesetzgeberischen Arbeit ist wenig ent halten , was auch nur beim Hineindenkcn i» den socialbemokratische» Gedankenkreis besondere Beachtung be anspruchen könnte. AIS äußerliches Ergebniß des EongresscS ist die Zurückweisung der Opposition, der Sieg der Partei leitung und der parlamentarischen Fraction zu betrachten. Die in neuester Zeit vielgenannten Führer der „Jungen", Wildbcrger, Werner, Auerbach u. A, Katzen ihren Austritt aus der Partei erklärt. Aber den Eindruck, daß damit die Einigkeit der Partei dauernd und innerlich befestigt und gesichert sei, wird Niemand empfangen bade». Alles i» Allem hat noch nie eine in großem Stil angelegte socialistischc Veranstaltung einen so matten und senilen Anblick geboten. * Der Verlauf des socialdemokratischen Partei tages in Erfurt beweist, daß die Führerschaft der Umsturz bewegung mit den gegenwärtigen Verhältnissen sehr zufrieden ist und nichts so febr fürchtet, als eine Umkebr der Politik und die Gefahr, daß die Socialdemokratie zn einem Kampfe um die Macht unter Verhältnissen gezwungen würde, die ihr ungünstig sein und deshalb ihre Niederlage mit Sicherheit herbeisübre» müßten. Darin stimmen, wie die „Ham burger Nachrichten" betonen, Herr Bebel nnd Herr von Vollmar überein, daß es daS größte Unglück für ibre Partei gewesen wäre, wenn Fürst Bismarck am Nudcr geblieben wäre nnd der Socialdemokratie den aus die Dauer doch unausbleiblichen Entscheidungskampf aufgevrnngcli hätte. Es wäre sehr schön nnv würde für den Vaterlands- wie für den Menschenfreund gleich erfreulich sein, wenn sich die nach Bebel s wiederholte» Erklärungen auf Beseitigung der bürger lichen Gesellschaft gerichtete Arbeiterbewegung friedlich durch Reformen paralysiren ließe; aber wer an eine solche Möglich keit glaubt, setzt sich mit allen geschichtlichen Erfahrungen und mit der Meiischennatnr in Widerspruch. Einmal muß gekämpft werden, und daß dieser unvermeidliche Kampf um so unblutiger und für Staat und Gesellschaft um so weniger gefährlich erfolgt, je früher er stattsindet, das bedarf keines Beweises. Uebrigens haben die Reden auf dem Erfurter Parteitag wiederkolt den Beleg dafür geliefert, daß die socialdemokratie keinen gefährlichere» nnv gefürchteter-» Gegner als den Fürsten Bismarck kennt. Diese Tkalsache und die Schluß folgerungen, die auS ihr zu zieben sind, sollte die bürgerliche Gesellschaft ebensowenig wie die staatliche Gesetzgebung ans ve» Augen verlieren. * Nach der „Nat.-Ztg." empfing der Uiitcrstaatssccrctair im RcichSamt des Innern Rotten bürg am Montag Herrn Murphy in Gegenwart von fürs Mitgliedern des Rcichs- gesundbcitSamtes unter Führung dcS Geheimen RegierungS ratbeS Professor Sell, eines der hervorragendsten NahrnngS- mittcl-Ehcmiker der Gegenwart. DaS Resultat der an» gedehnten Eoiifcren; war, daß Herr Murphy dem ReickS- gesuntkeiksamte :i<n> Pfund der veiffchiedenstc» Maissorten zur Verfügung stelle» wird, welche von Seiten der deutschen Behörden selbst entkernt, gemahlen, verbacken nnd aus ibrcn Näbrwcrtb und auf die gesundheitliche Seile dcS Nahrungs mittels geprüft werten solle». * AuS Elberfeld wird geschrieben: Für die Wahlen zur Stad Iver ordneten-Versammlung ist eine be deutungsvolle friedliche Verständigung sämmtlichcr bürgerlichen Parteien zu Stande gekommen. Von dem Gedanken ausgehend, daß nicht durch die Herrschaft cnier einzelnen Partei, sonder» nur durch das einträchtige Zu sammenwirken aller Bürger das Wohl der Stadt gefördert werden lönnc, daß cs bei den Gemciiiderathswablcn weniger aus die politische Stellung deö zu Berufenden als auf dessen bürgerliche Tüchtigkeit ankommc, traten zum ersten Male vor IO Jahren die Vereine der freiconser- vative», der nationalliberalen und der Ecntrmnspartci zu cuici» Wablbünkniß auf der Grundlage zusammen, daß einer jeden Partei eine ihrer Stärke enljprcchcnte Vertretung im Stadt verordnete» Evllegium gebühre D>e Fortschrittspartei, welche damals eine» ausschtaggcdciidcii Eiiistiiß mi Stadlratbc batte, bekämpfte das Bündniß, in der Bürgerschaft fand es aber mehr und mehr Anklang, rer wohltbätige Erfolg blieb nicht aus, und nun ist endlich auch mit der deutsch-freisinnigen Partei, welche vor ^wei Jahren noch mit einem kleinen, auf dem linken Flügel stehende» Tbcil der CentrumSpartei gegen das Eariell kämpfte, die »n Interesse der Wohlfahrt unserer in den nächsten Jahren vor wichtigen Aufgaben stehende» Stadt so erwünschte Berständigung erreicht worden. Nach der ge troffenen und soeben von den einzelnen Parteiversanimlunge» all seitig gebilligten Vereinbarung sollen für die Dauer dcS aus sechs Jahre abgeschlossenen Vertrages der sreiconservaliven Partei als der stärkste» elf Sitze im Stadlratbc gewährt werde», der nationalliberalen nnd der deutschfrcisinnige» Partei je zebn und der EciitruinSpartci fünf. Jede der Parteien bat taü Recht, die ihr znstebcilde Zabl vo» Ealiditatc» selbst ständig zu benennen. Gegen die von den Vorstände» der einzeliien Parteien der Vereinigung vorgeschlagenen Ea» dilaturen slcbl den andern Parteien ein Einspruchsrecht nicht zu; auch findet eine Prüsnng über die politische Richtung der Vorgeschlagenen nicht statt. * Bei dem Streit über Einzelheiten bei der Entlassung VeS Fürsten Bismarck muß, so schreibt die „Rbein Wests. Ztg ", »nterschievcn werten zwischen der Tenkfchrisl, die der Reichskanzler zur Frage der EabiiictSortrc von >852 dem Kaiser;» überreichen zugcsagt batte, unk zwischen dem Entlafsniigsgcsuch. Wenn die „Hamburger Nachrichten" der „Straßburger Post" gegenüber ans die Geschehnisse zwischen de n 15. und 17. Mär; morgens einiges Gewicht legen, so erklärt sicp dies, wie man amicbmen darf, daraus, daß der Kaiser den Eingang der zugesagte» Denkschrift nicht abwartctc, sondern zwischen de», 15». und 17. März wiederholt in daS Haus des Kanzlers schickte und fragen ließ, ob der Fürst „och nicht fertig sei. Dieser ließ seinem Herrn znrücksagen, daß er bei seinen Jahren zur Abfassung Zeit gebrauche. Als der Kaiser die Ablieferung dann stürmischer mit bis zu einem bestimmte» Termin fordern ließ, »abni Fürst Visniarck Bei aiilasfung, im Ministcrratb (l7. Mär; Nachmittags 0 llbr) tar- zulegcn, daß er seiner Meinung nach nicht init der Rücksicht be handelt werde, die er i» Anbetracht seines Alters für sich glaube in Anspruch iiebliien zu dürfe» und daß er in der Art der ihm widerfahrene» Behandlung gewissermaßen eine Auf forderung erkenne» müsse, seine Entlassung zu nehme» Die Minister »ahmen die Eröffnungen des Reichskanzlers zur Kcnnlniß nnv vereinbarten, noch am selben Abend bei Herrn von Bötticher zur Beratbmig eines ciiva geineinschastlicki zu unternehmenden Schrittes ohne de» Fürsten Bismarck zu saminenzutrcten. Inzwischen batte der Kaiser vo» dem, was vorging, >dunde erhalten und sandte ge,ade, als die Minister ihrer Sonderderatluing bei Herr» v. Bötticher versammelt wachen (eine Einigung über einen bestimmten Schritt war noch mast erreicht worden), eine» Äd>ula»ten mit der Aus sorderung an den Minister, jede weitere Bemühung zu unter lassen; feine Einschlüsse bezüglich des Fürste» Bismarck ständen fest. Entweder noch am selben Abend oder am anderen Morgen (18.) schickte der Kaiser dann zu dem Fürsten Bismarck nnd ließ fragen, wo das EntlassmigSgesuch bleibe; er bitte sich dasselbe aus. * Die soeben veröffentlichte deutsche Erii» ina lsta tist i k für das Iakr 1889 läßt erkenne», daß die freudig begrüßte Besserung, welche das Jahr 188.8 hinsichtlich cer Zahl der bestraften Personen gezeigt hatte, nur ganz vorübergehend war. Es sind i»i Jahre 1889 18 979 Personen mehr wegen Vertzrcche» und Vergehe» gegen Reichsgstetzc vcriinheilt worden als 1888. Tie Zahl der Verurlheilten betrug nämlich ini Jahre 1888 650 665, 1889 dagegen .869 042. In de» Vorjahren uv» 1882 Ins >887 waren folgende Ziffer» festgestcllt: 629 968, .8.80 >28, 848 977, 848 «>87, 888 000 und 886 887. Vergleicht man die Zahl der vcr- urtheilten Personen mit der Zahl der sirafinündigc», d. h. über 12 Jahre alle» nicht im Militairdienst hejindlichen Einwohner, so ergiebt sich, daß ans looooo Einwohner entslillen im Jahre >882 1048, 1888 1086, 1884 1077, 188.8 1060, 188»! 1082, 1887 1084, 1888 10.86 und 1889 1102 Vernrtheiltk. Es sind also ini Jahre 1889 unter 100000 Einwohnern 89 Personen mehr verurlheitt als im Jahre >882. Tie sirafinündigc Eivilhcvölkcrung Deutschlands hat seit 1882 »in 6 Procent zugenommcil, während die Zunahme der Bcrurtheiltc» 12 Procent betrug, also gerade noch einmal so hoch war, als die Bevölkerungszilnahme. Berücksichtigt man die Zahl der Handlungen. wegen deren die Verurlheilung erfolgte, so ergeben sich zwar andere größere Zahlen, da vielfach eine Person wegen mehrerer Straslhaten verurthcilt wird, die Zu nahme bleibt aber dieselbe, tritt sogar znni Theil noch etwas stärker hervor: 1882 erfolgte wegen :i89«i.>8 Haiidliiiigen die Verurtheilung, 1886 wegen 400 OU, 1884 wegen 426 4!»0. 1888 wegen 441 248, 1886 wegen 480 666, 1887 wegen 484 7>»i, 1888 wegen 486 689 und >889 wegen 478 710 Handlungen. Aus 100000 slrasinündige Personen kamen 1882 , 26l Slrafthate», 1886 1681, 1888 i:i68, 1889 1418. Wohlverstanden handelt es sich bei dieser ganzen Criininalstatistik immer »ur um Verbrechen vder Vergehen gegen Rcichsgesetze. Tas grvße Heer der wegen Ileberirelnngen Vcrnrlheilten bleibt also außer Betracht. Lvndert man die Vernrthcilien »ach den einzelnen großen Telictsgattungen, so sindet man, daß im Jahre 1889 beionders die Teliete gegen das Vermögen gestiegen sind. I» den Vorjahren feit 1882 hatte unansgeiept eine Abnahme der Verbrechen und Vergehen gegen das Vermögen siail- gcsunden, derart, daß >882 169 664, 1888 nur »och 15-2 682 Per sonen wegen derartiger Delietc verurthcilt wurden. Jetzt ist die Zahl ans 16862t hinausgeichnelll. Ein Zuiaminenhang dieier Zu nahme mit der Steigerung der Lehensmillelpreüe ist unleugbar. 1882 wurden unter ItSlOifO Strafmündigen .868 wegen Verbreche» re. gegen Las Vermögen vernrlinilt, >888 nur noch 4«io, 1889 aber 49.8. Tie Verbäilnißz'ffer iür Diebstahl und Unterschlagung ist im letzten Be richtsjahre vvu 299 am 626 gestiegen, die ßir Betrug und Untreue, die bereits seit 1882 stetig steigt, vo» 49 aus 88. Tie Zahl der wegen Bcrbreche» »nd Vergehe,, gegen die Person Verunhcittcil war, ent gegen der Zahl der wegen Verbrechen und Vergehe» gegen das Berinögen Vernrideilte», vo» 1882 bis 1887 erheblich, und zwar von 107698 aus 167 747 gestiegen. 1888 hatte sich auch hier ein Rückgang, und zwar auf l:i4 6!«9, gezeigt. Jetzl hat »nn wieder eine Steigerung stattgefunden, die aber verbaltnißmäßig viel geringer war, als bei den Delikten gegen das Vermögen; sie beträgl nahezu 8000. Aus lOOOOO Straf,nundige Ismen 1886 411 wegen Teliete gegen die Person Verurlheitt», 1887 4>9, >888 40ö. 1889 416. Tic Zahl von >887 ist aljv noch nicht wieder erreicht; bei der hier beionders in Betracht kommenden »törververletzung ist sie allerdings über- schritten, indem 188«; 262. >887 268, 1888 f;10 und 1889 268 vo» I000,»> Strai'inundigen wegen dieies Ve» gchens begrast wurden. Tic dritte itzalluiig der Vergehen, die gegen Staat, öffentliche Lrdnung und Religion gerichteten, zeigt nur eine geringe Zunahme. Es wurde» hier 1887 «>2 648, >888 61 8«16, 1889 62 817 Perione» verurlheitt, also 189, 186 und >87 aus 100000 Strafniundige. Tie Teliete der vierten Gattung endlich, -ie Verbreche» und Vergehen im Amtc, sind auch nur unerheblich gestiegen. Es sind hier im Jahre 1882 1616. 1884 1698. 1886 1596, 1888 1568 und 1889 1567 Personen verurthcilt. Leider ist auch, wie das ReichSjustizamt inittheitt. für die »encsie Zeit »ine weitere Zunahme der Criminalität zu ermatten Wenigsten» läßt sich zur Zeit bereits festileüen, daß im Jahre 1890 18000 Zähl- karten abgearcheüu Person -unrd mittelst einer Zählkarte gc- zahlt) seitens der Gerichte mehr cingeiandt sind als 1889, und daß wciler im ersten Quartal 189l wieder 1965 Zählkarten mehr ein- liefen als ii» ersten Quartal >890. * Damit in der gcczcmvärtigci, ernsten Zeit der Humor nickst fehle, bringen wir folgende» Bericht über einen in Dort in und adgebalteiicn fogcnamitcn demokratischen Parteitag zum Abdruck: Dortmund, 18. Lciober. Heute fand hierielbst ei» Partei- tag der deinokratüche» Partei statt. Tas Bureau wurde gebildet ans de» Herren Rinkehofs-Bremc». Vorsitzendem, Fr. itramberg- Tvrimund, L. Femmer Herne und R. N h lig-Lcipzig. Ten Bericht des Parlciaiisichußes crsiaiieic Herr Melos-Leipzig, aui dessen Antrag die Parteigenossen i» denjenigen Wahlkreisen, m welchen Qrganiiailone» bestehen, für verpflichtet erklärt wurde», zu cineinAgiialionssoudsBeiträge vv» mindestens 60.« jährlich zu leisten. Herr Uhlig berichtete über die Parieipresie Neben dem Blatte „Der Demokrat", der von Januar ab wieder in Dortmund erscheinen wird, soll i» Leipzig ein Wochenblatt derausgcgeben werden. lieber das Be» balliiiß der dcmokraliichen Partei z» andere» Parteien berichtete Herr Nohii-Tvrimund, weicher es als selbstverständlich erklärte, daß die Parteimitglieder niemals für einen Eoniervalivcn oder Nalivnaliibcraleii eintrclcn können. Im ersten Wahlgange soll die Partei selbstständig vvrgebcn, einem Eandidalen der Volks- pariei gegenüber aber aui eigene Eandioaie» verzichten. Bei Stichwahlen solle» Sveialdenwkran». Freisinnige nnd Ilttramo»- lane unicrßntzt werden, vvrausgesetzl, daß die beide» letzteren sich für sowrlige Aufhetzung der Gelreidezölle erklären: die Ulirainon- lanen tollen auch nur La»» unterstützt werde», wenn die betreffen de» Eandidalen für volle Erhaltung des Wahlrechtes ein- Irete». Tie Beriammlmig erklärte sich hiermit einvenianden. Herr Wangeiin reierirte über die Gelreidezölle, deren sofortige Abschaffung er fordert, lieber das Verhältnis; der Partei zur Bodenreform be richtete Herr ttohn. Nach eingehender Berathung und Besprechung wurde der Gegenstand von der Tagesordnung abgesetzt, weit der selbe erst weiterer »lärmig und Erörterung innerhalb der Partei bedürfe, lieber die Wahl der Richter durch das Volk sprach Herr Melos: die Versammlung biclt die Einiührung und Tnrchsühru»g dieser Maßregel für angebracht und ii» Rahmen der Partei liegend. Als Vorort wnrdc Dortmund gewählt. * In der svcialdcniokralischeil „Tküringcr Tribüne" wird wieder ein „Genosse" festgenagelt, welcher, sich im Znkmistd- staatc wähnend, das Mein nutz Dein verwechselt bat. Ter „Genosse", Namens Mar Büschel, spielte sich als eifriges Mitglied der Partei ans »nk wurde als solches auch geschätzt. Jetzt Kat sich hcranSgesiellt, daß Büschel, der sich von Apolda entfernt Kat, ohne seine Adresse zu hinterlaisen, die Partei und Privatpersonen um namhafte Geldsummen betrogen hat. * Es ist jetzt als sicher anznnehinen, daß dem Reichstage eine Forderung für die Befestigung Helgolands zu- gebcii wird. Die Gcsaimiitkosten sollen sich angeblich ans zehn Millionen Mark belaufen, doch möchten wir für diese Angabe keine Bürgschaft übcrnelnnc»; dagegen kören wir, daß die Begründung dieser Angclcgcubeit dem Reichstage in «Form einer Denkschrift »nlcrbrcitet werten wird. * Der als vcrineintlicher Spion aus der Insel Korsika verhaftete Privatkocenl a» der Universität Jena Iw. Ziehen ist am Freitag in Freiheit gesetzt worden »nt befindet sich aus dem Rückwege nach Dcutschland. * Der König »nd die Königin von Württemberg «zedciikeli i» nicht zu ferner Zeit de:» .Kaiser und der Kaiserin in Berlin einen Besuch abzustalte». Ein bestimmter Termin ist noch nicht in Aussicht genommen, auch wird er nack ter „N. A. Z." kaum vor dem Ablauf der Trauer an- belaumt werden. * Im elften württembcrgischcn ReichStagS- wahlk reise, wo infolge der Ernennung des bisherigen Ber trctcrö Lccmaiin zum Professor eine Neuwahl erforderlich ist, hat die »ationalliberalc Partei Herrn Lecm an» wiederum ausgestellt. Ihm wird »u» von Seiten der Volkspariei der Gutsbesitzer Hartman« von Wackcrölwfc» gcgeiiübergcstclll. Von einer socialdcmokratischen Eandidatur vcrlaulel b>S jetzt »och nichts; doch ist kaum daran zn zweifeln, daß eine solche ausgestellt wird. -ft »ft »ft * Hinter de» Eonlisscn deö österreichischen Abge ordnete »banse S criiencrl sich gegenwärtig das wenig würdige Spiel des Handelns uni Eoiicessioncii, welches wäb- rcnd der Aera Dunajcwski alljährlich das Präludium der Budgetdebatte bildete nnd nicht wenig zu deren oft beklagter HinanSschleppmig i»S schier Endlose beitrug. Allerdings ist cs diesmal mir eine Parlamentssractivii, die polnische, welche dem Ministerium Zugeständnisse für ihre Hcimath- prvvinz aus Kosten der centrale» ReichSgcwalt abznzwingen strebt, während in früheren Jahren Graf Taassc mit jeder der zahtreichcn Fraktionen der kamatigen Majorität seine» spccicllen Pacl machen mußte, um das Budget bewilligt Hu erhalten, nnd insofern ist auch i» dieser Hinsicht imincrhin eine Besserung der Verhältnisse zn verzeichnen. Aber cS ist eine bedauerliche Erscheinung, daß dieses den öster reichischen Parlamentarismus discrcditircndc System des FeilschciiS mit einzelne» Parteigruppen »och nicht gänzlich beseitigt worden ist. Die gegenwärtig schwebende «Forderung der Pole» läßt sich — wen» man will, kann man auch darin einen Fortschritt zum Besser» erblicken — nicht, wie sonst zmiieist, i» Gulden »nd Kreuzern ausrrücken, sondern ist ausgesprochen politischer Natur nnd bedeutet einen weiteren Schritt a»f der ro» den Polen mit zieldewußter Zähigkeit verfolgten Baku zur Herstellung eines selbstständigen polnische» Staates. Scho» jetzt erfreut sich Galizien auf dem Gebiete der Adminislratioii und des Schulwesens eines Ausmaßes vo» Autonomie, welches die Ingercnz der StaatS- regierung auf ein Minimum rcducirl nnd die maßgebende Rolle, welche die galizjschcn Adgcorducleii in der österreichi sche» Rcichsvertreluiig spielen, als eine arge Anomalie er scheinen läßt Nun soll auch aus dem Gebiete des Eisenbahn wesens der Zusammenhang mit rem Gesamiiitreichc beinahe bis zur Loslösung gelockert, die Leitung der galizischen Ver- kchraanstalten in Lemberg coiiccntrirt werden. * Im ungarischen Abgcordncteiihausc warf ani Montag bei der fortgesetzte» Debatte über das fünsiiionalige Bndget- provisorium Graf Apponoi niiler dem Bestalle der Linken dem Iustizuiiiiistcr sein passives Verhallen bei der Berathung der Verwaltuiigsreforiiivorkagc vor, und behauptete ferner, der Minister habe feinen Standpunet bezüglich der Ausfassung de« Ausgleich« vom Iahrc ldv? geändert, seitdem er Munster
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