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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.10.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911026026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891102602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891102602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-10
- Tag1891-10-26
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JnsertionSprei- Morgen «Ausgabe: dt« 6 gespalten« V«tt>- »eile L0^> Neclamen unter dem Redaktion!» strich (4gejpalten> 50^, vor den Familieu- Nachrichten (6 gespalten) 40 Abend-Ausgabe: die Kgespaltene Petitzev» 40^, Reklamen unter dem Redactionsfmch <4geipalten) 1 ^l, Familiennachrichten und Anzeigen verlorener Gegenstände lkgespalten) 90 Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Srtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe . ohne Postbesörderuog M.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschluß für Juserale: Abend «Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morg«»«Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn« und Festtags früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Inserate sind stets an die Ertzevittna zu richten. Mi. Montag den 26. October 1891. 85. Jahrgang. Leipzig, 26. October. Die Wiedereinführung des Befähigungs nachweises im Baugewerbe ist bei einer bezüglichen Rundfrage seitens des Reichskanzlers von der großen Mehrheit der Regierungen abgelchnt worden. So bat »ach einer dem Allgemeinen bäuerischen Handwerkertag in Weiden gemachten Mittheilung UnlerstaatSsecretair von Nottenburg der hier abgehaltenen Handwcrkcrconferenz erklärt: Seit Aufhebung des Befähigungsnachweises sei ein Rückgang in den Leistungen bei der Ausführung von Staatsbanken über haupt nicht cingctrctcii, bei Privalbauten im Allgemeinen auch nicht. Bei den letzteren mache sich vielfach die Speculationö- wuth als ein Grund minderwerthiger Leistungen geltend. Zn der Rechtsprechung sei eine bedauerliche Unsicherheit hinsichtlich der Frage nach der civil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Bauunternehmer eingetreten. Ferner hat Herr v. Rotten burg bestätigt, daß zur Zeit Erwägungen über die Organi sation des gesummten Handwerks durch Hand- Werkerkammern schwebten. * ES ist allgemein aufgefallen, so wird aus Berlin ge schrieben, daß der Abschluß der Vorarbeiten für den Reichs- hauShaltS-Etat sich in diesem Jahre so verzögert. Da kaum vier Wochen uns von dem Wiederbeginn der ReickS- tagSarbeilen trennen, so wird bezweifelt, ob eS möglich sein wird, nach der bisher gehegten Absicht, den Etat gleich bei dem Wiederbeginn der Arbeiten vollständig vorzuleaen. Es heißt, daß die umfangreichen Vorbereitungen für den Militair- und Marine Etat die Verzögerung veranlaßt hätten. Diese zuletzt gedachten Verarbeiten wären noch nicht einmal ab- gescklosfcn, und daker auch die Angaben über Mcbrforterungen im Mililair Etat mit Vorsicht aufzuncbmen. Nack Lage der Dinge wird die Etatsberathung im Reichstage vor Weibnachten nicht viel über die erste Lesung und den Beginn der Arbeiten der Vudgctcommission hinaus gefördert werben können. * Die „Hamburger Nachrichten" führen zu der in neuerer Zeit viel besprochenen Frage „Immunität und Ver fassung" folgendes aus: Tie Tendenz aller dieser Vorschriften ist eben in ihrem Endziel nicht, den Mitgliedern des Reichstages eine Rechtswohlthat zu erweisen, sondern die ungestörte Thätigkeit eines für daS Ver- fassungSleben des Reiches so wichtigen Organes, wie es der Reichstag ist, zu sichern. Aus diesem Zweck der betreffenden Bestimmungen, zu denen auch die des Art. 31 Abs. 1 gehören, erhellt, daß eine Anwendung der Jinmunitätsbestünmungen aus eine mehrere Monate umfassende Vertagung, in der keine ungestörte Thätigkeit des Reichstages zu schützen ist, materiell nicht zu rechtfertigen ist: sie würde ein Privileg der Abgeordneten begründen, das sich mit der Strafrechtspflege des Landes so wenig vertrüge, wie mit der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze. Außerdem ist aus der Genehmigung des Reichstages, welche Art. 31 Abs. 1 bei gerichtlichen Maßregeln gegen Reichstags« abgeordnete erfordert, zu schließen, daß der Gesetzgeber nur die wirkliche Sitzungsperiode im Auge gehabt hat, wo das Haus versammelt ist und arbeitet. Denn wenn der Reichstag nicht ver« sammelt ist, kann er auch keine Genehmigung ertheilen oder versagen. Es liegt also in der ganzen Frage ein Widerspruch insofern vor, als staatsrechtlich unter Sitzungsperiode etwas Anderes verstanden wird, als der Artikel 31 Abs. 1 meint. Zur Beseitigung dieses Widerspruches giebt es zwei Mittel, entweder Aenderung des Wort lautes des Artikel 31 Abs. 1 oder Bermeidung von Vertagungen im staatsrechtlichen Sinne. Letztere werden sich einschränkcn, aber nicht beseitigen lassen. Es giebt Fälle, wo an der Aufrechthaltung der Continultät der Verhandlungen mittelst Vertagung viel gelegen sein kann. Vielleicht ließe sich aber auch schon mit einer bloßen authentischen Interpretation des Begriffs Sitzungsperiode, welche dessen Geltung auf die Zeit der wirklichen Tagung beschränkte, der Ucdclstand beheben. *Ein Dclegirter des preußischen EisenbahnMinisters bat sich nach Königsberg begeben, um im Aufträge des Ministers mit den dortigen Behörden und den in Betracht kommenden Eorporationen über Fragen Bcratkung zu pflege», welche die wirthschaftliche Förderung der Provinz zum Ziele Kaden, so weit eben das Reffort des Verkehrsministers davon berührt wird. * Es giebt keine gewissenlosere Unwahrheit als die, daß die Noth der Menschen sich in dem letzten Jahrhundert vermehrt habe, was angeblich eine Folge des Capitalis- mns fein soll. Die Wahrheit ist die, daß, während sich das Wohlbefinden Aller gehoben bat, das Bewußtsein von dem, was uns zu weiterer Vermehrung des Wohlbehagens fehlt, ein immer ausgedrcitetcrcS geworden ist. Nur ein sorgfältiges Studium der Wirthschaftsgeschichte kann uns eine Vorstellung von der kläglichen Lage des Lebens verschaffen, in welchem die Massen dabin vegctirten. Wenn es richtig ist, daß seit dem Anfänge des vorigen Jahrhunderts der Verbrauch an Brodsrüchten von 472 auf 720 Liter für den Kopf der Be völkerung gestiegen ist (von Sckerzer, daS wirthschaftliche Leben der Völker, Seite 10), so läßt sich daS doch nur dadurch erklären, daß zu jener Zeit der Hunger eine stehende Erscheinung war und daß die Klagen der Hungernden nur darum verhallten, weil sie keinen Resonanzboden fanden. Der Verbrauch an Kleidungsstoffen ist im Lause dieses Jahrhunderts auf das zwanzigfache gestiegen; daraus cbt hervor, daß eine große Mehrzabl der Menschen vor undert Jahren sich nicht gegen die Einflüsse der Witterung ausreichend schützen und den dringlichsten Geboten der Rein lichkeit nicht gehorchen konnte. Die Zustände der Wohnungen sind besser geworden; für Licht und Wärme wird in einer Weise gesorgt, von deren Möglichkeit man früher keine Ahnung hatte. Tausende von Kranken, die früher hoffnungslos hätten dahin sieche» müsse», finden jetzt nicht allein eine sorgfältige Verpflegung, sondern in scbr zahlreichen Fällen auch Heilung. Zur Ansdildung des Geistes wird jetzt dem Arbeiter für wenig Geld so viel gereicht, wie cS sich früher ei» gut ge stellter Bürger kaum anschaffcn konnte. Diese Auszählung ließe sich noch viel weiter auSdehnen. * Recht erbauliche Anstände scheinen indem Wahlkreis Hildes beim in politischer Beziehung zu herrschen. Es wurde schon mitgetbeilt, daß die Conservative» des Wahl kreises dcni »ationalliberalen Eandidatcn einen selbstständigen Candidaten gegenüberzustellc» drohten, falls der national- liberale Candidat nicht gewisse conservative Bedingungen erfülle. Wahrscheinlich von dem Erwägen geleitet, die politische Unterstützung der Conservativen in diesem Wahlkreise nicht zu verlieren, ward seitens der National- liberale» von der Candidatur des Landtagsabgeordneten Sander-Elbe abgesehen und die Candidatur deS AmtS- rathS Sander-Himmelsthür aufgestellt, welch letzterer Herr, wenn auch zur nationallibcralcn Partei gebörend, doch als Freund der Schutzzollpolitik den conservative» Wählern genehm sein konnte. Was geschickt aber? Anstatt den nationalliberalen Candidaten zu unterstützen oder ihn doch wenigstens nicht durch eine vollständig aussichtslose eigene conservative Candidalur zu bekämpfen, wird jetzt den comcr- vativcn Wählern angcrathen, falls kein eigener Candidat ausgestellt werde, ihre Stimmen dem Candidaten der deutsch- socialen (antisemitischen) Partei deS Herrn Liebermann von Sonnenberg zu geben. Wie übrigens die Conservativen HildcSbcims in nationaler Beziehung denken, geht aus dem Umstande hervor, daß die „Kreuzzeilung" ganz offen gesteht, viele conservative Wähler hätten bei der letzten Wahl ihre Stimmen dem welsischen Candidaten gegeben. Wir batten also ganz recht, wenn wir bei einer früheren Gelegen heit behaupteten, die Drohungen der Conservative» gegenüber den Nationalliberalen bildeten zugleich einen Wink an die Welfen, einen den Conservativen genehmen Mann aufzu stellen, für den dann die conservativen Stimmen zu haben seien. Nicht anders wie die Conservativcn machen es übrigens die Teutschfreisinnigen. Auch sie stellen einen eigenen Candidaten auf; ebenso die Socialdemokraten, so daß wir jedenfalls im Wahlkreis Hildesheim fünf Candidaten, einen nationalliberalen, einen freisinnigen, einen welsischen, einen antisemitischen und einen socialdemokratischen haben Werken. Unter gewissen Umständen kommt noch ein sechster, nämlich ein conservativcr Candidat, hii"u. Da ist eS wirklich schwer, keine Satire zu schreiben. Wir spotten über unsere frühere politische Zerrissenheit nach außen hin, wir sehen aber den Balken in unseren eigenen Augen nicht, denn unsere innere Zerrissenheit, unsere inner-politische Kleinstaaterei und Kirchthumspolilik ist weit größer als in früherer Zeit. * Zum Vertreter der Universität Heidelberg in der Ersten badischen Kammer ist Geb. Hosrath Georg Meyer, der frühere nationalliberale Reichstagsabgeordnete, gewählt worden: Kirchenratb HauSralh verzichtete zu Gunsten des selben auf eine Wiederwahl. — Nack einer Meldung der „Kreuzzeilung" aus Thorn hat die AnsicdelnngScom- mission aus dem dortigen Concurse Weinschenk Las Ritter gut Lulkau für 615 000 gekauft. * Wie man aus Lüttich berichtet, bat die dort kürzlich erfolgte Wahl des wenig bekannten Professors Galopin zum Universitäts-Rector für die nächsten drei Jahre große Uevcr- raschung und in liberalen Kreisen Unwillen hcrvorgerufen. Allgemein war nämlich die Erwartung verbreitet, daß der berühmte National-Ockonom und Freidenker Professor I)r. Emile de Laveleyc zum Rector ernannt werde. Allein die Regierung und ihre klerikalen Freunde wußten cö noch in der letzten Stunde zu hinter- treibcn, daß einem Manne von so großen Verdiensten wie Lavelcye, dessen Ruhm weit über die Grenzen seines engeren Vaterlandes hinausreicht, die höchste akademische Würde über tragen werde, und zwar nur aus dem Grunde, weil dieser Mann liberal und Protestant ist. Lavelcye, welcher einer alten hochangesehcncn katholischen Familie angchört und dessen Bruder noch gegenwärtig eine hohe Stellung am belgischen Hofe in nnmiltclbarer Nähe des Königs einnimmt, ist näm lich vor einigen Jahren mit Frau und Kindern zum Pro testantismus ubergetrcten. * Die französische Regierung wird, wie bereits in einem Theile der heutigen Morgenausgabe gemeldet, da vor Ablauf der Handelsverträge keine genügende Frist zu auf dem neuen Zollregime basirenden Ver handlungen übrig bleibt, von dem Parlamente demnächst die Autorisation verlangen, mit den fremden Staaten provi sorische Handelsbeziehungen festzustcllen. Belgien, die Nieder lande, die Schweiz, Spanien, Portugal und Skandinavien sollen bis Ende des JahreS 1892 die Begünstigungen des neuen Minimaltarifs genießen, falls sie Frankreich während derselben Zeit ihren ermäßigten Zolltarif bewilligen. Die meistbegünstigten Nationen, Deutschland, Oesterreich, Türkei, Rußland, England, Griechenland und Mexiko, wür den consequenter Weise gleichfalls bis Ende 1892 des Mini- mallarifs theilhaftig, auf Rumänien, Italien und die Ver einigten Staaten würde der Maximaltarif angewcndet werden, wobei oo ip8« alle Aufnahmebedingungen, wie Differentialzölle gegen Italien, wegfallen würden. — Bei der heurigen Ersatzwahl eines Senators im Gironde-Departe ment wurde der Republikaner Monis gewählt. * Die Angelegenheit des Erzbischofs von Aix wird immer mehr ein politisches Ereigniß ersten Ranges, welches auf die Entwickelung der inneren politischen Situation in Frankreich einen wesentlichen Einfluß ausübc» muß und auch ganz geeignet erscheint, die auswärtige Politik Frank reichs zu berühren. Durch die Schildcrhcbung der Bischöfe wird zuvörderst den Radikalen die Gelegenheit geboten, ihre Opposition gegen die versöhnliche Tendenz der gegen wärtigen Regierung zu verstärken, um dadurch zu erreichen, daß dieselbe darauf verzichtet und ihre antiklerikalen Gesinnungen, welche alle französischen Republikaner stets an die Spitze ihres politischen Programms gestellt baden, wieder scharfer bervortreten läßt oder andernfalls ein günstiges Terrain zu finden, um die gemäßigten Republikaner bei der Bevölkerung zu verdächtigen und daraus für das radicale Programm Capital zu schlagen. Die Radikalen werden des halb auch nicht ermangeln, das Eisen zu schmieden, so lange es heiß ist und schon die eben begonnene Budgetdebatte dazu benutzen, um zu Hetzen und die Kluft zu erweitern, welche sich aus- Neue zwischen den gemäßigten Republikanern und den Klerikalen ausgethan bat. Die Initiative zu der Besprechung der Angelegenheit in der Kammer werden wahr scheinlich die Klerikalen ergreife», da dem bekannten conservativen Publicistcn Delafoffc, der alljährlich über den Etat des auswär tigen Amtes eine lange Rede hält, dieAbsicht zugcschricbcnwird,am Montag oder Dienstag, wenn nach Beendigung der General debatte dirjer Etat an die Reibe kommt, von dem Minister des Aeußercn Aufklärungen „über den Stand der französisch- italienischen Beziehungen in Folge der letzten Zwischenfälle" zu verlausten. Der radicale Leader für auswärtige Politik Pichon will dann den Standpunct der radicale» Partei in Bezug'auf dicBcziehungen derRepublikfzu der „Kirche" feststellen. Diese erste Debatte über die Angelegenheit des Erzbischofs von Aix würbe sich noch interessanter gestalten, wenn eS sich bestätige» sollte, was beute die „Corrcsponvance Nationale", daS officielle Organ deS Grafe» von Paris, versickert, daß der Papst an den streitbaren Erzbischof ein Schreiben gerichtet habe, um denselben wegen seines energischen Protestes gegen das Rundschreiben des CultuSministerS zu beglückwünschen. Herr Gouthe- Soulard habe dieses päpstliche Schreiben erbalten, bevor die Regierung seine gerichtliche Verfolgung beschlossen hatte, „so daß", wie das royalistischc Organ binzufüat, „wenn, waS wahrscheinlich, die Veröffentlichung dieses Briefes erfolgt, der Zwischenfall dadurch außerordentlich verwickelt würde und der gouvcrncmentale „dumme Streich" Folgen nach sich ziehen könnte, welche unsere Minister nicht vvrauSgesehen haben." * Ucker die Ermordung deS französischen Afrika- fvrsckcrs Crampel, welcher, wie bekannt, von dem Ubanghi (Nebenfluß des Conao) nach dem Tschad-See verbringen wollte, liegen jetzt nähere Ausschlüsse vor. Crampel wurde in schmäh lichster, verrätherischester Weise von den Mohammedanern zu El-Ku» (achter Grab nördlich) ermordet. Er befand sich seit einem Monat in diesem Dorfe, wo man ihn unter trüge rischen Vorwände» zurückbietl, wabrscheinlich weil inan Befehle des Sultans von Wadai erwartete. Nickis ahnend, erging sich Crampel im Torfe, als er überfallen und gestochen und ihm dann mit Flintenschüssen der GarauS gemacht wurde. Er batte nur neun Soldaten aus dem Senegal- Gebiet und einen Tuareg bei sich, die zu Gefangenen gemacht wurden. Ter zweite Tbeil seiner Truppe unter kein Befehle BiScarrat'S befand sich ungefähr lOO km rückwärts; sie wurde» in M'Poko nicdergcmacht. Die von Ncbvut befehligte Nachhut, welche die Kranken bei sich hatte, rettete sich »ach Bangui, als sie diese Niedermetzelungen erfahren hatte.^ Alle Vorräthc fielen den Mohammedanern in die Hände. Es be fanden sich darunter 30 000 Patronen, 30 Hinterlader, 500 kg Pulver, 40 Vorderlader, 60 000 Kapseln. * AuS Rom wird vom 24. October gemeldet: Der Ministerpräsident di Rudini hat nach einer heute Nach mittag statlgehabten Conferenz mit dem deutschen Botschafter Graf Solms de» Ministerrath auf morgen zu einer dringenden Sitzung einberufen. * Der „Offervatore Romano" schreibt: Durch die An nahme des Vorsitzes auf dem parlamentarischen Friedenscongreß seitens Biancheri's habe der Congreß Len Charakter eines internationalen Parlaments gewonnen; von da bis zur Gründung eines internationalen Schieds gerichts sei der Schritt nicht sehr groß. Rom würbe der natürliche Sitz desselben sein, doch nur daö Rom der Kirche und des Papstthums. * Zwischen Franzosen und Spaniern ist eine immer hin beachtenswerthe Spannung eingetreten, und erslerc lausen Gefahr, ein gutes Stück der Sympathien einzubllßcn, welche ihnen bisher seitens der spanischen Bevölkerunst cntgegen- gebracht wurden. Der „Jmparcial" führte kürzlich in einem längeren Artikel aus, daß Frankreich geradezu verblendet sei, indem cS in leichtsinnigster Weise seine natürlichen Bundesgenossen von sich stoße. Tie Annexion von Tunis werde für Frankreich nie entfernt den Schaden auswiesten, den ihm der Anschluß Italiens an den Dreibund zugefügt bade, und das jetzige Vorgehen Frankreichs gegen Marokko treibe auch Spanien in eine gegnerische Stellung gegen die französische Republik. Die Völker Spa niens und Italiens erkennten neidlos die kulturelle Vormacht stellung Frankreichs unter den romanischen Völkern an und würden jederzeit ein inniges Freundschaftsbündnis; mit Frank reich ausrichtig begrüßen, nur dürfe sich letzteres nicht herans- nehmen, die ihm dargebrachten Sympatbieen durch offenkundige Verletzungen der politischen nnd wirthschaftliche» Ledensinteressen der romanischen Schwestcrnatioiien zu entgelten. Aber leider scheine den Franzosen ein durch Unterwürfigkeit und Verleugnung der eigenen freiheitlichen Grundsätze erbetteltes Bündniß mit dem MoSkowiterreichc werthvoller zu sein, als das durch die Gleichheit der Raffe und des Glaubens gebotene Bündniß mit den übrigen Romanen. Wenn deshalb auch in Spanien eine Erkaltung gegenüber Frankreich Platz greifen würde, so trage daS spanische Volk hieran keine Schuld. — So schrieb der liberal-republikanische „Jmparcial", der stets eine über triebene Franzoscnfrcundlichkeit zur Schau trug, vor etwa zehn Tagen; heute aber, wo infolge der stärkeren sckutz- zöllnerischen Richtung in Frankreich die Einfuhr spanischer Weine nach dort aufs Acußerste bedroht wurde, ist die Sprache der spanischen Presse gegen Frankreich eine noch weit heftigere geworden. Wir wiesen, so schreibt die „Kreuzzeilung", auf diese Eventualität schon vor zwei Wochen hin und glaubten, unsere leitenden Kreise auf die Gelegenheit, unser Verhältnis; zu Spanien zu einem engeren zu gestalten, aufmerksam machen zu müssen. Und wenn wir auch nicht glauben, daß hier sofort greifbare Resultate zu er zielen sind, so würde eine geschickte Diplomatie doch ihre Wege durch die Benutzung solcher Fälle vorbereitcn können. Und gerade bei den vorliegenden Fragen sehen wir nicht ein, warum nicht Deutschland den bedrängten Spaniern seine hilfreicheHand bieten könnte. Wenn Marokko in die Interessensphäre Spaniens einbezogen wird, so ist dies für Deutschland weit werth voller, als wenn sich Frankreich und England dieses Land (heilen, da wir a» der Aufrechterhaltung deS Gleichgewichts im Mittclmcer und in Afrika ein Interesse baden. Wenn wir südlich von Kamerun! die Spanier als Grenznachbarn erhielten, so würde dies für uns auch werlbvollcr sein, als wenn Frankreich das umstrittene Gebiet am Rio Muni besetzt. Und endlich würde eine stärkere Einfuhr spanischer Weine nach Deutschland weniger beben klick sein, als eine solche von italienischer Seite, da die spanischen Süßweine im südlichen und westlichen Deutschland, wo man niir herbe Weine liebt, doch niemals Eingang finden würden und sie sich zum Verschneiden nicht eignen Ein größerer Verbrauch deS billigen spanischen Weines würde deshalb nur in Norddcutschland unter den mittleren Elasten der Bevölkerung Platz greisen, die bis jetzt überhaupt nur wenig Wein genießen. Auch wird man nicht stanz außer Acht zu lassen haben, daß die spanischen Weine zu ibrer Erhaltung eines Zusatzes von Sprit bedürfen, der schon seit Jahren hauptsächlich aus Deutschland nach Spanien eingesührt wird. — Jedenfalls könnte dir Aufwerfung dieser Fragen bei der augenblicklichen Stimmung in Spanien von großer Bedeutung sein, nur muß man das Eisen schmieden, so lange cs warm ist. * Differenzen zwischen den Vereinigten Staaten und Cbile sind den letzten Nachrichten zufolge nicht un wahrscheinlich. Das Marinedeparlcmeiit bat den Bericht des CapitainS Echlcy über den Zusammenstos; zwischen den amerikanischen und chilenische» Matrosen erhalten, welcher vom amerikanischen Cabincl in Bcrathung gezogen wird. Wahrscheinlich wird der Gesandte Egan beauftragt werden, unverzüglich Genugthnung nnd Entschädigung zu verlangen. Präsident Harrison soll sich dabin geäußert baden, daß er solche Vorgänge von keiner Nation mebr rubig binnchmen werde. Vier mächtige amerikanische Kriegsschiffe werden in Valparaiso eintreffen, um de» Forderungen der Vereinigten Staaten Nachdruck zu geben. Capitain Schley sagt, cS sei den amerikanischen Ofsiciercn in Cbile unmöglich, ans Land »u geben ohne Beleidigungen anSgesetzt zu sein, und eS sei jchwcr, die Lfficiere zurückzubalten, so erbost seien sie über die ihnen zu Tbeil werdende Behandlung. * Einem New-Dorker Telegramme aus Valparaiso vom 23. d. zufolge ist der Capitain des „Baltimore" an diesem Tage mit dem Resultate der in Angelegenheit des Zusammenstoßes amerikanischer und chilenischer Matrosen eingeleitcicn Untersuchung nach Santiago ab- gcrcist. Der amerikanische Bericht, der Ucberfall sei von Seiten der chilenischen Matrosen ebne Provokation seitens der amerikanischen Matrosen erfolgt, und seien letztere unbewaffnet gewesen. Ter amcrikanischeGcsandte Egan wird die Angclegenkeit der Junta verlegen, vor Erbalt der von Washington erwarteten Instructionen jedoch hier kein formelles SatiSfactionsbegebren stellen. — Die Regierung von Cbile verweigert den in der amerikanischen Legation befindlichen Flüchtlingen daS freie Geleite. — Die Minister tcS Innern und der Finanzen bade», da ibre Partei — die Conservativcn — bei den Wahlen unterlegen, ibre Demission gegeben. * AuS BucnoS-AircS werden große militairische Rüstungen gemeldet. Die Negierung kaufte 60 000Mauser- gcwehrc an nnd läßt ein großes Panzerschiff^bauen. Als Grund hierfür wird die Gefahr eines Conflicteü mit Chile angegeben, sowie di» Absicht der Regierung, sich für die Präsidentenwahl zu sichern. * Dem „Hamburgischcn Correspondcnten" wird auS Berlin gemeldet: Die chinesische Angelegenheit nimmt daS öffent liche Interesse in hohem Grade ui Anspruch. Europa und Amerika haben die größten gemeinsamen Interessen in China und werden selbstverständlich auch gemeinsame Schritte nnler- iicbmen. Aber auch andere Staaten haben Sonderintcrcssen in China. Die Aussprache zwischen de» europäischen Cabineten werde wohl zu bestimmte» Abmachungen führe». Gegenüber der Behauptung, daß dies bereits geschehe» sei, könne fest- gestellt werden, daß dies bis heule noch nicht erfolgte. Socialdemokratische Opposition. Die Vorarbeiten zur Gründung des Vereins der socialdemokra« tischen Opposition machen große Fortschritte und i» kurzer Zeit dürfte derselbe das Licht der Welt erblicken. Aus dem IV. und VI. Wahlkreise werden in recht stattlicher Anzahl die „Genossen" dem neuen Verein beitretcn, nnd zwar sollen dies überwiegend solche sein, die während des Socialisiciigcsetzcs in der inneren Orga« nisation hervorragend thätig gewesen sind. Immer mehr stellt sich heraus, daß der „Vorwärts" in der tendenziösesten Weise die Berichte über den Parteitag gefärbt hat. Von der Berliner Resolution in Erfurt, wonach der Partei tag den Berliner Genossen Verhaltungsmaßregeln be züglich der Opposition geben sollte, haben die bezahlten und nicht bezahlten Freunde des Herrn Bebel ein Geschrei gemacht, so daß Jeder glauben mußte, alle Berliner Delegirten hätten diesen Antrag unterzeichnet. Nun kommt heraus, daß diese Resolution nur von 5, sage fünf Delegirten unter zeichnet worden ist. Berlin Halle unseres Wissens 15, Delegirte nach Erfurt geschickt; freiwillig hat natürlich der „Vorwärts" eine Berichtigung nicht gebracht, er ist erst darauf aufmerksam gemacht worden. Aus Stadt und Land. Leipzig, 26. October. Der Fürst Heinrich von Reuß j. L. passirte gestern auf der Durchreise von Thallwitz bei Wurzen nach Gera unsere Stadt. — Der diesige Roller'sche Stenographen-Verein eröffne» am Dienstag voriger Woche einen UnterrichtScurius und nahmen an demselben 29 Personen theil, so daß sich der Verein veranlaßt sah, für die Damen am vergangenen Frei tag einen besonderen CursnS zu beginnen. — Eine Nähmaschinenprobe findet als erste hauS- wirtbschastliche Vorführung am Mittwoch und Sonntag Nachmittag in der bedeutend vergrößerten dauernden Gewerbe-AuSstellung an der Promenade, gegenüber der neuen Börse, statt. Da die Ausstellung auch sonst des Schönen und Sehenöwertbcn so vieles bietet, wollen wir nicht unterlassen, unsere Hausfrauen besonders darauf auf merksam zu machen. H Leipzig, 26. October. Der 5 Ubr 55 Minuten Nach mittags auf dem Bayerischen Bahnbose fällige Schnell zug von München fiel gestern infolge einer Entgleisung der Maschine eines Güterzugs in der Nabe von Schwandorf in Bayern aus Die Passagiere dieses Zuges trafen mit dem Schnellzuge 8 Uhr Abends hier ein. —* Die Angehörigen deS Schneiders Friedrich August List, Neureudniy, Dorotbeenstraße 56 wohnhaft, dessen plötzliches Verschwinden wir neulich unseren Lesern gemeldet batten, haben Nachricht über seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort erhalten und erledigt sich somit für uns diese Angelcgenbeit. —* Auf dem Ncumarkt gerietben in vergangener Nacht zwei Personen in Streit, der schließlich in Thätlickkeiten ausartete. Dabei wurde einer der Bctheiligten, ein Bnch- handlungSgehilfe aus Rühling, von seinem Gegner so heftig zu Boden geworfen, daß er den rechten Unterschenkel brach und mittelst Krankenwagens dem Krankenhause zugefübrt werden mußte. —* Gegenwärtig treiben in unserer Stadt drei Gauner ihr Unwesen, vor deue» hiermit unsere Geschäftsleute dringend
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