ich glaube der schönen Otero, das großen Eindruck auf mich gemacht hatte. Als ich nun einmal auf dem Wege von meiner Dienststelle durch die Kaiser-Wilhelm- Straße ging, bemerkte ich im Schaufenster eines Wollwarengeschäftes ein Plakat, das mir durch seine hübsche Zeichnung und Farbengebung auffiel. Angeschmutzt und eingerissen hing es in einer Ecke. Ich überlegte mir bei diesem Anblick, daß es genau ebenso vermutlich allen übrigen Abdrücken gehen würde und daß in kurzer Zeit vielleicht kein einziges Exemplar des hübschen Kunstblattes übrig sein würde. Das brachte mich auf den Gedanken, es vor der völligen Vernichtung zu retten. Also betrat ich den Laden und trug dem Personal die Bitte vor, mir von dem Fabrikanten ein Exemplar zu besorgen. Man hörte mich verwundert an, machte Bemerkungen, aus denen der Verdacht sprach, daß es sich um irgendein Konkurrenzmanöver handele. Schließlich wurde eine Verkäuferin zum Chef ge schickt und dieser bemühte sich selbst in den Laden. Er gewann bald die Über zeugung, daß es sich nicht um einen gefährlichen Konkurrenten, sondern um einen harmlosen Geisteskranken handele, versprach mir die Erfüllung meiner Bitte, und in einigen Tagen konnte ich in der Tat das gewünschte Blatt in Empfang nehmen. Damit war mein Eifer erwacht. Ich fühlte mich zum Retter gefährdeter Kunstgüter berufen. Aus kleineren Lokalen verschaffte ich mir eine Reihe von Ausstellungsplakaten, die vergessen irgendwo an der Wand hingen. In einem Stadtbahnbogen auf dem Gelände der Moabiter Kunstausstellung entdeckte ich mit Hilfe eines Pförtners ältere Berliner Kunstausstellungsplakate, und durch den Kunsthändler Pächter gelangte ich sogar für Geld und gute Worte in den Besitz der Ankündigung, die der junge Ludwig von Hofmann 1893 für eine freie Berliner Kunstausstellung geschaffen hatte, ein schon damals fast vollständig verschwun denes Stück. Das Jahr 1896 vergrößerte meine Sammlung beträchtlich, gab es doch damals eine besonders große Anzahl von in- und ausländischen Ausstellun gen, begannen doch damals Jugend und Simplizissimus ihr Erscheinen, das durch ein Blatt von Zumbusch und die wundervollen Arbeiten Thomas Theodor Heines angekündigt wurde. Hätte nicht so bald nach Beginn meiner Sammlertätigkeit die Plakatbewegung eingesetzt und mir reichere Ernte beschert — wer weiß, ob mein