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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920204023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892020402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892020402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-04
- Monat1892-02
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Nach längerer Debatte, in welcher mannigfache xrincipielle und praktische Bedenken gellend gemacht, auch dasVor- bandensein eines Verstoßes gegen das ReichS-GerichtSversaffungS- gesetz bebauptet wurde, beschloß man, die Vorlage der Justiz commission zu überweisen. Alödann wurde mit der zweiten EtatSberathung und zwar dem Etat des Finaiizministers fort gefahren. Be, der Position: Botenmeistcr u. dergl. hatte die Budgetcommission folgende Resolution beantragt: „Die königl. Staatsregierung zu ersuchen, in Zukunft dem Etat eine Nachweisung über die Regelung der Altersstufen für das Auf- 'leigcn im Gehalt anzufugen, wenn und soweit eine Aende- rung in dieser Regelung eintrelen soll, und zwar alsdann unter Hervorhebung der Verschiedenheit gegenüber der Nachweisung ;iim Etat l8S2/93 bczw. gegenüber den später beschlossenen Aenderungcn." Diese Resolution, mit der sich auchder mebr- malS in die Debatte eingreifende Finanzminister Miguel ein- rerstanden erklärte, wurde nach einiger Erörterung mit großer Mehrbeil angenommen. Der Rest des OrdinariumS und der Etat der Verwaltung der indireclen Steuern wurden ohne Debatte angenommen. Heule: Fortsetzung der zweiten ElatSberathung (Ministerium deS Innern). *Tic ossiciösen „Berliner Politischen Nachrichten" schreiben: Wenn in der Presse die in den letzten Tagen adgchallenen Sitzungen de« StaatSministeriumS mit dem Boiksschulgesetze in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden, so dürfte eine solche Annahme den lbatsächlichcn Verhältnissen nicht entsprechen. Die königliche Staatsrcgierung hat zur Zeit keine Veranlassung, sich mit dem VolkSschutgejetzenlwurs zu beschäftigen. Derselbe ist verfassungsmäßig der Beschlußfassung de« Landtages unterbreitet und zunächst hat dieser das Wort. Aus die thörichlen Insinuationen ciazelner Blätter einzugchen, welche eine Zurückziehung deS Gesetz- eulwurses oder gar eine Auflösung des Abgeordnetenhauses ver> langten, liegt doch sicherlich für die StaatSregicrung keine Beo onlassung vor. Die Sonnabendsitzung war nichts Anderes ol der Eriatz für die der Taufe im Hohenzollernhause wegen nusgesallene regelmäßige Sonntagssitzung. Aber auch sonst erhellt schon an« dem Vergleiche mit den dem Landtage angekündigten und den diesem gemachten Vorlagen, daß wichtige und dringliche BerathungSgegenstände für das Staatsministerium in reichem Umfange vorhanden sind. Daß in manchen Fällen auch eine Verständigung nicht ollzuleicht ist, wurde bezüglich des sogen. Secundairbahngesetzes, mit weichem u. a. das Staatsministerium sich in Lea letzten Sitzungen beschäftigt haben soll, bereit- erwähnt. Neben den gesetzgeberischen Ausgabe» liegen aber auch solche organisatorischer Art ezug aus eine vom Herrenhause aus Antrag de- ' > Resolution, betreffend eine zweckmätztgere gar nicht eingeben. Diejenige einer konservativen Versammlung >n Bielefeld ist die einzige, wovon die Blätter jener Richtung zehren müssen. Und auch diese Zustimmung hat die Berech tigung des Geistlichen, dem Lehrer ohne Weiteres den Religionsunterricht zu nehme», und daS absolute Einspruchs recht des Bertrcters der Kirche bei der SeminaradgangS- wüfung entschieden verworfen. UnS wird aus den ver- chiedensten Gegenden berichtet, daß sich an den Protestkund- lcbungen gegen die Vorlage zahlreich entschieden rechtsstehende Männer betbeiligen und daß die Stiinmung im Lande auch in conservativen Kreisen vielsach eine sehr abgeneigte ist. Die Vertreter dieser Richtung im Abgeordnetenhaus«: werden davon zu erzählen wissen. Mögen sie vorläufig noch einig in ihrer Bewunderung dieses Gesetzentwurfs sein, ihre Wähler >nd es keineswegs. * Zur dritten Berathung des Krankend ersicherungS- gesetzes sind jetzt die ziemlich umfangreichen Eomprvmiß- an träge der Herren Gutfleisch, Merbach, Möller, von der Schulenburg Beetzendorf, v Slrombcck, also von Vertretern aller großen Parteien mit Ausnahme der Socialdeniokraten, erschienen. Man wird nunmehr auf Grundlage dieser An träge einer raschen Erledigung des Gesetzentwurfs entgegen setzen dürfen, voraussichtlich bereits in nächster Woche. * Gegen die „Kölnische Zeitung" poleiiiisirend schreiben die „Hamb. Nachrichten" über die auswärtige Politik Bis marcks : Bei der Beendigung deS französischen Krieges glaubte Niemand an einen zwanzigjährigen Frieden; Jeder erwartete längstens in zehn Jahren einen Krieg und zwar nicht gegen Frankreich allein. Wenn der Frieden so lange bestanden hat, so ist dies wesentlich dem geschickten Vorgehen Bisinarck'ö zu verdanken, in dessen Leistungen zur Erhaltung deS Friedens speciell die Behandlung der Karolinenfrage und deren Bei legung durch den Papst in den Augen der europäischen Diplo matie und der Eingeweihten eine bedeutende Rolle gespielt hat. * Wie ein Privaltelegramm der „National-Zeitung" meldet, wurde in Kiel ein Techniker der Germaniawerft ver haftet, weil er in dem Verdacht steht, Schisssbaupläne verrathcn zu haben. * Die „National-Zeitung" sagt, falls Bennigsen aus dem Staatsdienst ausscheide, werde ihm das durch den Tod des Abgeordneten Mithoff erledigte Landtagsmandat an> geboten werden. « * « * DaS österreichische Abgeordnetenhaus «tk»n den Antrag des Antisemiten Lueger an, die Regierung solle aufgefordert werden, dem Parlamente die Acten darüber vorzulegen, weshalb die Untersuchung gegen das „Neue Wiener Tagblatt", das im letzten December durch Verbreitung beunruhigender Nachrichten eine Börsen panik hcrvorgcrufen Halle, eingestellt worden sei. — Die im Abgeordnetenkause begonnene Debatte über die Einführung einer Börsensteuer war durchaus belanglos. DaS Haupt interrsse der gestrigen Sitzung nahm die Haltung des Ab jeordneten von P lener in Anspruch, dem seine Partei rcunde zujubeln und seine Gegner alle Anerkennung zollen. * Jetzt, wo fast sämmlliche Reichstagswahlen in Ungarn vollzogen sind, läßt sich constatiren/daß die liberale Mchrbeit nur einen gänzlich unbedeutenden numerischen . , , „ Verlust erlitten und daß daS Krästeverhältniß der Parteien kundgebungen zu dem Zrdlitz'schen Volksschulgesetzentwurf > überhaupt keine wesentliche Veränderung erfahren hat. Der vor. So wird in Grasen Fronkenber Organisation der Behörden für Wasjerwirthschast in der bezüglichen Zusammenstellung der Entschließungen der StaatSregicrung milge. lheilt, daß Erörterungen über diese Organisation und die Prüfung der bei dem Wasserbau beobachteten Methoden stattsinden, aber noch nicht zum Abschluß gebracht sind. Man wird in der Annahme kaum sehlgehen, daß auch diese Fragen der Wasscrwirthschast das Staats- Ministerium zur Zeit beschäftigen. * Aus conservativen Kreisen wollen kleine Zuwachs, welche» die Apponvi-Partei zu verzeichne» hat und dessen sie sich so übermäßig freu», tonnlc nur dadurch Bedeutung gewinnen, daß diese Partei fast im A»S sterben begriffen war, so daß sic nur durch die Verstärkung ibrer schwachen Mitgliederzahl um ein Viertel in den Stand gesetzt wird/ den Kampf weiterznfübrcn. Wenn Gras Apponyi sich dadurch angesichts der Stärke der liberalen Partei zu der kühnen Behauptung hinrciße» läßt, daß bloS eine Partei dazu berufen erscheine, die Grundlage einer gesunden Majorität zu bilden, so ist dies einfach aus dem bekannte» sebr imprcssionablen Charakter des FübrcrS der National-Partci zu erklären. Es ist nicht abzusebcn, auf welche tbatsächlichen Voraussetzungen GrasApponyi daS von ihm ausgesprochene stolze Wort stützt. Wo ist ein Anzeichen dafür Vorständen, daß die Regierung oder die liberale Partei die Waffen strecke» oder den Grafen Apponyi zu Hilfe rufen will? Kein ernster Mensch spricht von einer derartigen Eveiilualikät, und nirgends ist die geringste Neigung zu einer solche» Wendung wabrznncstuien. Wen» Graf Apponyi nichtsdestoweniger sich darin gefällt, einen diktatorischen Ton anzuschlagc», so vcrrath er damit zur Unzeit Gesühle, die seit Langem in seiner Brust schlummern, ohne daß er dadurch aus die wirkliche Gestaltung der Dinge Einfluß nehmen würde. * In Lemberg hat ein altruthcnischer Parteitag unter großer Betsteiligung aus Ostgalizien stattgcfundcn. Be schlossen wurde ein gemeinsames Vorgebe» aller rutbenischcn Fraclioncn bei den bekannten Forderungen in Schule und Verwaltung und Aendcrung des Wahlsystems. Namentlich sollen dircclc Wahlen in den Landgemeinden eingesührt werden. Der Vorsitzende betonte, daß auch die Altruthcncn keine russeiisreuntliche Partei seien, sondern den österreichischen Staatögcdaiiken Hochhalten. Ter Hauptredner Dobrzanski sagte, die junzrutbcniscke» Ausgleichsmacher seien in Ver legenheit, weil die Regierung ihre Zusagen nicht erfüllt habe. * Die Mißbräuche, die gegenwärtig aller Orten in Rußland beim Ankauf.von Getreide zum Besten der noth- leideiitcii Landbevölkerung zu Tage treten, baben geradezu beängstigende Dimensionen angenomnien. Besonder- schlimm ging eS in Pensa zu. wo von einem Consortium dortiger Gctrcidebändler an die Semstwo Roggen geliefert wurde, der nur 43 Proc. Körner aufzuwcise» batte. DaS Gespenst des Hungertyphus, den man bis zu diesem Augenblicke noch weg zulengnen bestrebt gewesen, nimmt im NolhstankSgebiet Hand gruslicke Gestalt an. In der Gouvernenientsstadt Ssamara ist die Epidemie sogar schon unter den Gefanasiicn des ört lichen Gefängnisses auSgebrochen. Der „Daily Graphic" vom 30. Januar veröffentlicht ein Schriftstück über die HungcrSnotk, daS von einer Semstwo (Landschafts-Versammlung) anSgebe» soll, einen Aufruf an die wohlhabenden Elafscn der Bevölke rung. Der Ausruf kommt zu dem Schluffe, Minister und Gouverneure hätten Rußland an den Rank des Abgrundes gebracht, nur durch die Zusammenberufling gewählter Re Präsentanten deS Landes und die freie Erörterung der gegen wärtigen Lage könne Rußland gerettet werden. — Daß eine Semstwo den Mutb baden sollte, eine solche Sprache zu führen, ist allerdings nicht reckt glaublich. * Der „Temps" empfängt die Nachricht, daß die Be wohner von Dabomey in französische- Gebiet nördlich von Groß Popo einbrachen und 3000 Sclaven machten. Die Bevölkerung flüchtete auf deutsches Gebiet. * Tie nunmehr in Fluß geratbene belgische Ver- assungSrevision steigert die Schrosfbcit der dortigen Partcigcgeiisätze zusehends. Taö Ministerium Beernacrt hat für sein Revisionsprograiniii mebr Widerspruch als Aner kennung seitens der liberalen Kaminerminorität geerntet, und die socialrcvolutionärcn Schürer des Haffes gegen Alle-, waS in Belgien anderen Anschauungen als den extremst communistischen, atbeistiscben und republikanischen Tendenzen buldigt, schöpfen ä'iscbeii Mutb, da sic sehen, daß die VcrsasiungSrcvisicn den Zwiespalt zwischen den herrschende» Richtungen erweitert und verliest, stall ihn zu Überdrucken und auszufüllen. Den Eardinalpunel der ganzen Bewegung bildet bekanntlich die Forderung sofortiger Einführung des allgemeinen Stimm rechts, deren Gewährnng im vollen, uneingeschränkten Umfange den Schwerpunkt innerer Entwickelung aus den höheren und mittlere» Gcscllschaftöclasscn plötzlich und ohne jedweden llcbcrgang in das Proletariat verlegen müßte. Das sehen auch die Liberalen ein, und wenn sic ihrerseits gegen daS Ministerium und dessen Anhänger noch so sehr daS Rauhe herauStcbren, so tragen sie hinwiederum doch gegründete Bedenken, die VersasiungSrevision so weil auSzudebiie», als der sociaidemokraliscke Mob unter Androhung von Straßen krawallen verlangt. * Ueber die Rede Salisburh'S in Exeter erkält die „Vossische Zeitung" folgenden Bericht: Lord Salisbury wohnte am Dienstag einer großen Union!« stischen Kundgebung i» Exeter bei und hielt eine längere Rebe, welche ja)t alle Gebiete der Politik berührte. Nach einem gefühlvollen Hinweis auf das Mißgeschick, von welchem das königliche HauS betroffen wurde, zollte er dem ver storbenen Khcdive einen glänzende» Tribut der Achtung. Durch den frühen Tod deS ttkedivcs habe England einen treue» -Freund verloren, der stets bereit gewesen wäre, in treuem verstündnißvollen Geiste die geschulte Ersahrung und die Geschicklichkeit, welche England zu seiner Versügung zu stellen im Stande gewesen, entgegenzunehnieii. DaS Ergebniß sei die Erholung Egnplcns von finanziellen und socialen Leiden gewesen; diese Erholung sei säst beispiellos und der Vermischung türkischer Ausdauer »nd Entschlossenheit mit englischer geschulter Einsicht und Krast zuzuschreibe». „Wir haben irden Grund, zu hoffen, daß sein Nachsolger alle seine weisen Ueber- lieserungen aussühren werde, und daß die Bortheile, die Egypten au» dieser Politik erwachsen, in der Zukunst nicht minder groß sein werden, wie sie in der Vergangenheit gewesen sind." Zu der inneren Politik übergehend, beklagte Lord Salie- pnry die Taktik der Opposition, welche sich über ihren Hvmerule- Klan in Schweigen hülle und thatsächlich kein Programm habe; die Regierung dagegen wünsch«, daß alle da» Wohl der Arbeiter- classen betr. Fragen reislich erwogen würden. Der sreie Schul» unterricht werde viel zur Hebung der ländlichen Arbeiter beitragen, von den cinpsohlencn Dorfrcüyen verspreche er sich nicht viel. Eine hoffnungsvollere Maßregel zur Linderung der Leiden der Landkreise wäre Ehainberlain'S Altereversorgungspla n, wenn er aus eine ge sunde Grundlage gestellt werden könnte, um ein Bollwerk gegen rc- volutionaire Neuerungen zu bilden. Ferner müßten zahlreiche kleine Bauerngrundbeiitzer geschaffen werden, indes) ohne Zwang. Irland bleibe die brennende Tagessrage. Uni das Schicksal Irland« würden sich nicht allein die nächsten Neuwahlen zum Parlament, sondern vielleicht auch die folgenden drehen. Ten jüngsten Ersatzwahlen messe er keine Bedeutung bet, die nächsten Neuwahleu würden nicht entscheidend sein uno nur daS Ansangsstadium eines langwierigen Kampfes bilden. Dem Oberhause würde es obliegen, die Union zwischen Großbritannien gcwissenhast aufrecht zu erhalten, Homerule in Irland müsse unvermeidlich zur Trennung der Insel von dem übrigen Reiche führen. Lord Salisbury entwarf sodann ein Feirittetsi,. Die schöne Polyrena von Freiberg. bj Historisch« Novelle von Adolf Lippold. ir»ädrn« »erdete». (Fortsetzung.) Kaum aber hatte sich die Thür hinter Günther geschloffen, so warf der Ankömmling Mantel und Baret von sich. Ein Ausruf deS Erstaunens entschlüpfte dem Munde Georg'S, denn vor ihm stand in der Tracht eines Troßbuben, die langen Haare künstlich durch rin Netz oben gehalten — Polyxena und trat zögernd aus ihn zu. „Polyxena!" rief Georg erstaunt und befremdet au-, in dem er unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. „Ja — ich bin eS — Polyxena — welche nicht vermochte sich ein Leben ohne Euch zu denken", flüsterte sie, indeß ein unheimliches Feuer in ihren Augen loderte. „Polyxena — die ihre Ketten sprengte, die Alles von sich warf, um Euch zu folgen, die Eure zu sein — und wäre eS nur für wenige «stunden!" setzte sie heiß, aber zugleich tieftraurig hinzu. „Mein Gott — Geliebte! — Was thatet Ihr? Ihr verließet Euren Gatten?" Polyxena nickte: „Ihr sagt es — ich verließ ihn — ich erfuhr, daß Ihr beute hierher reistet, und folgte Euch. Niemand hat mich bisher erkannt außer Euch — Niemand wird mich weiter erkennen. Als Euer Diener will ich Euch folgen in Noth und Gefabr, vielleicht — will's Gott — selbst m den Tod! — Und Ihr? — Habt Ihr keine andere Begrüßung für mich?" fragte sic bitter. Da vermochte der Jüngling seinen so lange zurück gedrängten Gefühlen nicht länger zu gebieten, wortlos öffnete er seine Arme, und mit einem Ausruf wilder Freude stürzte Polyxena an seine Brust. „So sei es denn, wie Ihr wollt, Polvxena! Gott ist mein Zeuge, daß ich redlich kämpfte, meiner Liebe zu Euch zu gebieten, aber Euch jetzt zurückzuweise», nachdem Ibr mir Alle- geopfert babt, dies vermag ich nickt. Ihr sollt mich begleiten, und schon morgen mit dem Frühesten wollen wir reiten, aber von Wien aus will ich Eurem Gatten offen und ehrlich Alles mitlbeilen, vielleicht gelingt eS un-, durch den bciligen Vater in Rom eine Trennung Eurer Ehe zu er langen, sonst — ich gelobe e« bei Gott und allen Heiligen — sollt Ibr meine Schwester sein und nur al» solch« will ich Euch betrachten, bis einst der Tod Herrn Andrea- Böhme abruft und Ihr dann gänzlich frei seid. — Dann aber — sollt Ihr mein rcchtmätzigeS eheliche« Gemabl werden. Für jetzt und bi- dahin betrachtet Euch al< in der Obhut Eure- Vruder« I" Ein Zug von Enttäuschung, dem aber alsbald eine leichcnhafte Bläffe folgte, flog über Polyxena's Angesicht; ibr Haupt sank ermattet auf Georg'S Schulter und der Junker trug die vor Erschöpfung zusammcndrechende Gestalt der Ge liebten schnell zu dem hinter dem massiven Eichentisch stehen den Ruhebett. „Du bist erschöpft und wirst der Speise und des Trankes bedürfen, sowie der Ruhe", rief Georg, und als Polyxena nickte, rief er den alten Günther herbei, indem er beschloß, den getreuen Diener ins Vertrauen zu ziehen. In wenig Minuten krackte derselbe den kaum fortgeräumtcn Imbiß, »nd Georg betrachtete erfreut die Geliebte, als dieselbe einige Listen Speise und etwas Wein zu sich nahm. Günther machte freilich große Augen, als er Polyxena erkannte Als er aber sab, wie glücklich sein Junker war, da fiel cS ihm nicht ein, irgend welche Einwendungen zu machen. Er betrachtete daS Ganze als einen echten Cavalierstreich und gelobte dafür u sorgen, daß Polyxena als Edelknabe verkleidet und von einem Andern erkannt mit reisen sollte. Hatte doch keiner der übrigen Knechte, selbst Hans nicht, Polyrena jemals gesehen, und um so weniger war also bei Polyxena's kräftiger Gestalt eine Entdeckung zu befürchten. War man erst in Wien, so konnte Georg leicht ein Unterkommen für Polyxena erlangen und ihr gestatten, als seine Schwester wieder weibliche Tracht an- rulegen; auch kam es in jenen Zeiten oft genug vor, daß Frauen und Schwestern in männlicher Tracht ihren Ange hörigen auf weiteren Reisen folgten, da sie in letzterer weniger Aufmerksamkeit erregten und bequemer zu Pferde saßen als in den damals üblichen langen Frauengcwändern. Nachdem sich Polyxena etwas gestärkt hatte, führte sie Günther in ein kleine- Stübchen, wo ein Bett bereit stand; er empfahl ihr, sich schnell schlafen zu legen, da man am andern Morgen einen scharfen Ritt, daS steil abfallende Gebirge nach Böbmcn binab, vor sich habe, und schied mit einem herzlichen Gute- Nackt-Gruße von der jungen Frau. Polyxena blieb allein »nd kleidete sich langsam aus. Sie löschte die Lampe »nd legte sich zu Bett, aber die ersehnte und ihrem erschöpften Körper so notbwendige Ruhe wollte nicht kommen. Bei dem kleinsten Geräusch fuhr sie ersckreckt zusammen, und erst nach Stunden sank sic in einen unruhigen, von wilden Traumbildern gestörten Schlaf. * * * Noch lagen die Morgcnnebcl aus den Höben de- Gebirge« und störten jede Fernsicht, die ausgehende Sonne vermochte dieselben nur mit einem salilcn malten Schein zu durch- dringen, auf Blättern und Gräsern »nd in den Nadeln der Fichten und Tannen lagen die Tropfen de« MorgenthaueS; der abtretende Nachwächter im Städtlein Lauenstcin verkündete mit ermattendrc, schleppender Stimme die vierte Morgenstunde, als auf der steilen Straße nach Schloß und Stadt zu ein einsamer Reiter in möglichst schneller Gangart seines sichtbar ermüdeten und abgetriebenen Rosseö dahcrkam. Weißer Schaum bedeckte die Flanken deS kcnckenden Pferdes, aber ohne Erbarmen trieb der Reiter dasselbe immer und immer wieder an, bis er daS Schloß erreichte und ohne Weiteres über die bereits niedergelassene Zugbrücke in den Schloßhof ritt. Er sprang von dem schäumenden Pferde und war eben im Begriff, sich fragend an einen der herbeieilenden Knechte zu wenden, als in der zum Herrenhaus führenden Thür Günther schon gestiefelt und gespornt und zum Aufbruch fertig erschien und mit freudigem Ausruf auf den düster dreinschaucnden Ankömmling zueilte. „Grüß Gott, Elans! rief Günther, dem Reiter die Hand bietend und ibn dann in das Hans geleitend, indeß einer der Knechte auf seinen Wink das erschöpfte Thier zur sorgsamen Pflege übernahm. „Könnt' eS mir denken, daß Ihr kommen würdet, denn Elans faßte krampfhaft den Arm des Sprechenden. „So ist sie da — nicht wahr?" riej er erregt aus. „Freilich ist sie da — batte es langst gemerkt, wie die Sachen standen, und mein Junker hing gar arg den Kopf, jetzt aber " „Wo ist sie — führt mich zu ihr — sofort, ich bitte Euch!" „WaS habt Ihr nur, ElauS? Hoffentlich werdet Ihr es dem jungen Blut nicht verdenke», daß es seinem Herzen mehr folgte als seinem Verstände. — Seid kein Griesgram! " „Wo ist sie — ich muß sie sofort sprechen — ich bitte Euch, führt mich zu ihr!" „So kommt — sie nimmt mit Herrn Georg eben den Morgen-Imbiß ein, denn schon in einer Stunde gedenken wir zu reiten." Günther schritt voran die Stiege hinauf und öffnete oben die Thür des Gemache-, in welchem Polyxena mit dem Junker am Tische saß. Als die junge Frau den bercintretcnden Claus erblickte, wurde ihr ohnebin sckon so blasses Gesicht noch bleicher, der zitternde» Hand entfiel das Messer und indem sie sich erhob, streckte sie wie abwebrend, dem Ankömmling Schweigen ge bietend oder um solche« siebend, die Hand gegen den Alien aus. „Ha!" rief derselbe empört, „so ist mein Ahnen doch richtig gewesen — Ihr seid hier — hier nach Eurer un geheuer» Frevelthat — hier — bei Eurem Geliebten — der —" „Schweigt, ElauS", gebot Junker Georg. „Wobl habt Ihr Recht z» zürnen, daß Polyxena ihren Mann verließ, um mir für die Zukunft zu folgen, aber nicht als meine Geliebte soll die« geschehen, sondern so lange, bi- entweder der Spruch des Papstes oder der Tod de« Herrn Andrea- Böhme jene un selige Ehe gelöst hat, als meine Schwester: nie werde ich ihre Ehre antasten, bis Polyxena mein mir rechtmäßig angetrautr- Weib ist. Wohl war auch ich, als Polyxena gestern Abend o plötzlich hier erschien, anfangs ungehalten über den von ihr gelhancn Schritt, aber — sie verließ ihren Mann au« Liebe zu mir — an mir ist eS also jetzt auch sie zu schützen!" „Ol Herr!" rief der Alte verzweifelt, indeß die Thräncn über lein gefurchtes Angesicht rollten und Polyxena vernichtet auf ihren Sitz zurücksank und das Antlitz in ihren Händen verbarg. „Ihr seid fürwahr ein edler, braver Mann — aber — diese Verlorene verniöget selbst Ihr nicht mehr ru schützen. Wobl verließ sic Euch zu Liebe ihre» Galten, aber wenn Ihr binrcitcn wollt nach Frciberg, so könnt Ihr sehen, daß sic selbst freiwillig ihren Ebebund für jetzt und ewig zerriß, den» in seinem Scklasgemach liegt Herr Andreas Böhme todt in seinem Blute und in der Todeö- wuiide mitten in seinem Herzen steckt der Dolch jenes un seligen WeibeS, das ich einst aus meinen Armen trug, daS ich behütete in unwandelbarer Treue und väterlicher Lcebe und daS nun verflucht ist sür jetzt und »»»icrdarl" Polyxena war auf ihre Knie gesunken, ihr Haar batte sich gelöst und siel über ibr gebeugtes Angesicht. Ter Junker aber schwankte bei den Worten des Alten so heftig, daß der ent setzte Günther besorgt hcrbcisprang, um seinen Herrn zu stützen. „Polyxena", flüsterte wie abwesend Georg mit bleichen: Munde, „sprich — cS kann nicht sein — der Alte lügt — nicht wahr, er lügt — oder ein Anderer brauchte Deine Waffe! — Sprich nur ein einziges Wort — sprich — ich bitte Dich bei unserer Liebe!" DaS >unge Weib erhob sich mit äußerster Krastanstrcngung und warf die Haare über die Sckulter zurück. Ihr Auge blickte thränenloS starr, aber entschlossen auf Georg. „ElauS spricht die Wahrheit", sagte sic dumpf, „ich habe ihn gclödtet!" Wie vernichtet brach der junge starke Mann bei diesen Worten zusammen und sank zurück auf seinen Sessel. „Höre mich, Geliebter!" fuhr Polyxena mit erst zitternder, dann aber fester Stimme fort. „Gott ist mein Zeuge, daß ich die blutige Tbat nicht wollte. — Mein Vater bereitete sich einst, als meine Mutter starb, ein Gift, welches er zu nehmen beschloß, falls auch ich ihm, wie es in den ersten Stunden und Tagen nach meiner Geburt den Ansckein batte, durch den Tod entrissen werden sollte. Dieses Gist wirkte jedock nur dann tödtlich, wenn man den ganzen Inhalt deS FläsckchenS aus einmal genoß, dagegen wcrkten einig« Tropfen davon in den Wein getban einsckläfernd, ebne beim Erwachen andere Folgen als ciwa Kopfschmerz zu hinterlassen. Ich babc eS oft mit angesehen, wie mein Vater, wenn ihn der Schlaf mied, selbst Einiges davon in seinen Abcndtrunk mischte und dann die gewünschte Rübe fand. Vorgestern Abend gab ick beim Abendtisch Herrn Bödme einige Tropfen aus dem Fläscktein, welches mein Vater wohl beschloffen hatte, vor seinem Tode zu vernichten, woraa
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