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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.02.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920211017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892021101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892021101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-11
- Monat1892-02
- Jahr1892
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ff, der Ha«ptegpedttüm oder de» im Stadt bezirk «ad de» Boroetr» errichtete« A«S- bestellen abgeholt: vierteljährlich^4.50, bei zweimaliger täglicher Zn stell«», in« H«»« dchL D»rch dir Post bezogen für Terlschlaad «ad Oesterreich: viertel,ährt ich . Dtrect» täglich« »renztmndseadnag «»» »«»l««d: ««atlich . I it Viorgra-Ansgab« erscheint täglich'/»? Uhr. »i, »be«d»>»rgMb« Wochentag« k Uhr. Ledarlion und Lrpeditts«: J»tzo»«r»g«ffr 8. rielkrmditioa iß ^öffnet von Filiale»: ktt» »lr««'>» Tortt«. (Alfred H«H,X Morgen-Ausgabe. WMer.TlVMait Anzeiger. Jnsertionspreis Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Rebactionsstrich läge« (halten) bOsj, vor de» stamilienuachrichteit (0 gespalten) 40 ij- Größere Schriiten laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zifferasatz nach höherem Tarif. Krtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postbesörderung M—, mtt Postdesörderung ^l 70.—. ^unahmeschluß für Inserate: Abend-AuSgabe: Vormittags lO Uhr. Marge «-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halb« Stunde früher. Inserate s>«d sict« an die Expedition zu richte». r,«t» Lüsche. lki>ch»ri»e»str. Pit. «ch Kü«tg»platz 7. Organ fnr Politik, Localgeschichte, Handels- »nd Geschäftsverkehr. Druck und Verlag von L. P olz i» Leipzig ^»75. Donnerstag den 11. Februar 1892. 8«. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekanutmachuu-. Lin au« einer Stiftung von Heinrich Wiederkehrer» sonst Probft genannt, vom Jahre lütt herrithrende« Stipendium für Ltudirend« auf hiesiger Universität im Betrage von 31 »I 79 ^ jährlich soll von Ostern ds«. I«. an auf zwei Jahre vergeben werden. Hierbei sind nacheinander zu berücksichtigen: 1) Wtederkehrer'schr Verwandte au« WillandtSheim, Jphofen oder Ochsenfurt, 2) dergleichen au« dem BiSthum Würzburg, >) Studtrend« au« den Ländern, deren Angehörige die ehe- malige Bayerische oder Meißnische Nation aus hiesiger Uni versität bildete». Wir fordern diejenigen Herren Studireuden, welche sich in einer der gedachten Eigenschaften um diese« Stipendium beiverben wollen, aus, ihre Gesuche sammt den erforderlichen Bescheinigungen bi« zum gl. März d. I. schriftlich bei un« einzureichcn. Später eingehende Gesuche müssen für diesmal unberücksichtigt bleibe». Leipzig, den 8. Februar 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. LrSndltu. Wagner. Lekauutmachung. Die zur Zeit von Herrn Carl Friedrich Dtttrich, hier, Süd- »ratze Nr. 28, gehaltenen Hupe'fchen Apparate dürfen vorbehält- lich jederzeitiae» Widerrufs von jetzt ab zu der nach 8 8 de« Nequlativs, die Einrichtung und Reinhaltung der pneumatischen Merdruckapparatr betreffend, vom 14. Juni 1881, vorgeschriebenen Taoipfrrintgungetl der Bterrohrleitungea im hiesigen Stadtbezirk verwendet werden. Auch sind genannter Herr Dittrich, sowie der Maschinenbauer Herr Larl Anton Dittrich zur Vornahme gütiger Einträge in die nach angezogener Bestimmung von den Inhabern solcher Bierdruck, apparatc zu führenden Revisionsbücher ermächtigt und in Pflicht genommen worden. Leipzig, den 8. Februar 1892. Der Aath der Stadt Leip^ VM. 583. vr. Tründlt». «trich. Ausschreibung. Für den Erweiterungsbau der Turnhalle» bei der VI. Bürger- Md der VI. Bezirksschule sollen «. die Manrerarbeite« und d die Zimmerarbeiten vergebe« werden. Die Bedingungen und Arbeit-Verzeichnisse können bei unserem Ballamte — Hochbau-Verwaltung — Rathhaus, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 7, gegen Erlegung bei ». von 2 >il — -H, bei d. von 1 .Al 50 H entnommen und ebendaselbst auch die Zeichnungen eingesehen werden. Diese Gebühren werden den rechtzeitig aufgetretenen, aber unbe> räch'ichligt gebliebenen Bewerbern zurückaegeben werden, fall« sie solche persönlich innerhalb 8 Tagen nach der erfolgten Bekannt machnng der Vergebung zurückfordern. Die Angebote sind verschlossen und mit der Aufschrift: „Turnhallen — VI. Bürger- nnd VI. veztrksfchule — Maurerarbeiten, bez. Zimmerarbeiten", bi« zum 18. Februar d. I., Vormittags 10 Uhr an obengenannter Stelle einzureichcn. Die Auswahl unter den Bewerbern und die Ablehnung stimmt sicher Angebote behalten wir un« vor. Leipzig, den 6. Februar 1892. Der Aath der Stadt Leipzig. Lol vr. Tröndlin. siohse. In Gemäßheit de« 8.1 der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der Stadtwasserkunst vom 6. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Nlempnermeister Herr Hermann Grnnert, L-Lonneivitz. Brandstraße Nr. 18, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei un« sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen nachgewiesen hat. Leipzig, den 8. Februar 1892. Der Aath der Stadt Leipzig. X. 587. vr. Tröndlin. Wolfram Nuhhohauction. Freitag, de« 12. Februar d. I«., sollen von Bormittag« 9 Uhr an dir a»s dem Mittelwaldschlagr Abth. 17» im Connewttzer »ediere ausbereiteten Nutzhölzer, ol«: ca. 34 Eichen-Kl-tze von 19—1 IScmMittenst.u. 2—11,5wLä«ge, 52 Hainbuchen-Alötze - 25-47 - 2—8^ - - 21 Ahorn- - - 20—35 - - 2H—7 » 75 Eschen- » « 20-48 - - S—11H - - 80 Nüster«- - » 20-58 - - » 3—11 - - 39 Ellern. » » 17—47 - - 4—12 - - 4 Linde»« » » 29-37 - - * 4—3,5 - - Stockholzauction. Mittwoch, den 17. Februar d. I. sollen von Vormittag« ihr an auf dem dieSiährigrn Schlage im Nokenthale ca. 200 Hansen Stockbolz Wurzelhäuten) unte» den bei der Auktion öffentlich aushängenden Bedingungen und egen sofortige Bezahlung an Ort und Stelle metslhietend v«r- auft werden. Zusammenkunft: ans dem Schlage zwischen dem Fahr- und dem Dammweg nach Gohli«. . Fei sowie >135 Eschen-, 10 Rüstern- nnd 8 Ahorn^chtrrhölzer. »ater den bei der Auktion öffentlich ausbäageaden Bedingungen »ad der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend ver> ka»N werden. Zusammenkunft: au» dem Mittelwaldschlage au der neuen Linie hinter der Stadtwasserkunst bei Lonnewitz. Leipzig, am 2. Februar 1892. De« Aath« Forftbeputation. Holz-Auction ans Zwenkauer Staat»forktre»ier. Im Barth'Ichen Gafthose zu Gunborf sollen Montag, ben 22. Februar Vs«. I« von Vormittags Ich Uhr an '»lgende im Ebrenberger Salbe, in den Parcellen „Bienitz und tkiiützich" iAbtheilnagen 45 und 59) anfbrrritele Autz- und Brenn Hölzer, al«: 44 Stück sichten« und kieferne Klötzer von 13—20 cm Oberstärke 5 m Länge, 080 - ficht. Terbstangeu von 8— 9 cm Unterstärke, t 8—13 Ivoo . . . . 10—12 . - r Meter «OO » » » » ig—iä » » s Länge, 17 rw weiche Vrrnnknüppel und Aeste, 140 - weich»« Abraumreisig nmslbietnid arae» sofortige Bezahlung und unter den vor Beginn der Auktion bekannt z» machenden Bedingungen versteigert werden. A»«kunft erthetll Herr Forstafseffor Srntzsch in Böhlitz- bhrniberg. »»«tgl. Forstrettterverwalt, Forftrentamt Surze». Heidrtch. 1t»n» Zwenkau »ub »Snigl. am L. Februar 1892 Geißler. Leipzig, am 3. Februar 1892. De» Aath» Forftbeputation. Realgymnasium. Dien«»«,, de» 1«. Februar 1892. vormittag« 8 Uhr Leipzig, am 6. Februar 1892. VIenol, Rector. Lebet über Len Lolksschulgesehentwurf. Bebel hat vor einer zahlreich besuchten Volksversammlung in der Brauerei Tivoli in Berlin am Montag die Stellung der Socialtemokralie zu dem VolkSschulgesctzcntwurf dar gelegt. Seine Auseinandersetzungen enthalten die Antwovl auf die Tendenz te« Entwurfs, welcher nach dem Wille» einer Urheber zur Bekämpfung der Socialdcmvkratie dienen soll. Die liberale Partei erwartet bckannllich diese Wirkung von dem Gesetzentwürfe nicht, sondern ist über zeugt, daß die Annahme und Einführung eines solchen Gesetzes die allcrschlimmsten Folgen nach sich ziehen, insbesondere den konfessionellen Frieden gefährden werde. Bebel stimmt zwar dieser Auffassung bei, ohne ihr aber irgend welchen Einfluß auf die Haltung seiner Partei einzuräumen, für ihn hat der Streit nur die Bedeutung, ihn zur Steigerung des Selbstbcwußlseinö der Socialdcmokraten zu vcrwerthen. Ihm gilt die Socialdcmvkratie als die aufac- siärteste Partei, ohne sie wäre die Entwickelung der Mensch heit heute »ock in den Kinderschuhen, durch die Einführung der öcialistischcn Lehren in die Familie habe die heutige Gene ration das Gepräge erhalten, die Jugend wachse in die Socialdemokratie hmein, di« Partei beherrsche die ganze Grsetz- grkmog und sei weit mächtiger, als viele ihrer Anhänger glauben. Diese Anschauungen sind sehr lehrreich für die vreußische Regierung, denn sie zeigen ihr die Kehrseite ihrer Bestrebungen zur Reform der Volksschule. Graf Zedlitz will den Schwer punkt der religiöse» Erziehung der Heranwachsenden Genera tion in die Volksschule verlegen. Darauf antwortet Bebel, daß die in der Familie herrschenden Gedanken das Ueber- gewicht behalten werden, die Bemühungen der Schule, diesen Gedanken entgegen zu wirken, könnten nur Verwirrung stiften, die aber natürlich in socialistischcn Kreisen am wenigsten zu spüren sein werde, weil die Macht der ocialistischen Lehre zu groß sei, um durch die Religion be kämpft werden zu können. Diese Auffassung ist unzweifelhaft alsch, die Religion ist allerdings ein wertbvolles Schutzmittel gegen die socialistischen Irrlehren, weil sie eine feste sitt liche Grundlage für daS Leben schafft und die idealen Güter deö LedcnS als die höchsten betrachtet. Der SvcialiSmuS e»t> behrt des sittlichen Haltes, er will seinen Bckcnnern an geblich den Himmel auf Erden bereiten, aber nicht durch redliche Arbeit, sondern durch Beraubung der Besitzenden. Die fortwährende Agitation zur Erhöhung des Lohnes und Ver minderung der Arbeitszeit beruht nicht aus der Forderung der Gerechtigkeit, sondern sic ist eine andere Form des Faust- rechtS, sie stellt die Macht der Zahl der Macht des Eapitals gegenüber und bringt dadurch die Ordnung von Staat nnd Gesellschaft in Gefahr. Der Achtstunden Arbeitstag gilt den Socialisten auch nur als eine UebergaiigSstufe zum Schlaraffen leben, für welches eine zweistündige Arbeitszeit als ausreichend anerkannt wird. Bebel sagt: Die Schule ist eine weltliche Einrichtung und soll lediglich gute Staatsbürger erziehen, er sagt aber nicht, wie ein guter Staatsbürger beschaffen sein soll, er beschränkt sich vielmebr darauf, die Religion als Privatsache zu er klären und deutet nur in der Resolution, welche er der Versammlung zur Annahme empfahl, an, um waS cS seiner Partei eigentlich zu tbun ist. In der Resolution heißt cS: „Die Auffassung, daß ein Schulgesetz nach dem Entwurf mit seiner streng religiösen und konfessionellen Grundlage als wirksames Mittel zur Bekämpfung der Socialdemokratie zu verwenden sei, erachtet die Versammlung als naiv und absurd und als einen Beweis dafür, daß man gegnerischer seit- keine Ahnung hat von den Grundursachen, welche die Socialdemokratie hervorriefen nnd ihre Weiterentwickelung und schlicßlichen Sieg bedingen". Auch die wissenschaftliche Höhe, aus welcher die Socialdemokratie steht, wird von Bebel wieder zur Geltung gekrackt, denn er will sich auf den wissenschaftlichen Nachweis beschränke», daß die Conservativcn und Liberalen ThörichtcS lehren, wenn sic behaupten, baß Moral ohne Religion ein Unding sei. ES ist sehr schwer, mit den Socialdcmokraten über eine so tiefe Frage zu streiten, aber bas wollen wir wenigstens nicht verschweigen, daß nur ein sittlich sehr hoch stehender Mensch sich von confessioncllen Schranken vollständig srei- machen kann, ohne sich selbst dabei zu verlieren. Wenn Voltaire und Spinoza Atheisten waren, so waren sie rS in einem ganz anderen Sinne, wie die Socialdemokraten von beute. Ein Mensch, welcher denkt, kann nicht leugnen, daß eine Welt ordnung besteht, welche unabänderlichen Gesehen unterworfen ist, e» ist ihm auch klar, daß der menschliche Geist nicht auSreicht, um den Urquell alles Lebens zu ergründen, »nd schon aus diesen Grnndanschauungen ergeben sich mit Noth- wendigkeit religiöse Empfindungen, wenn sie auch mit den Lehren der einzelnen Religion- Gesellschaften nicht Ubereinzu- stimmrn brauchen. DaS ist dieselbe Religion, wie sic unS in tcr Erzählung Nathan« von den drei Ringen, im Gespräch Faust'- mit Gretchen über das Wesen GottcS und in dem sLchiller'schen Distichon entgegen tritt, welche- von dem Wrrthc der ver schiedet»» Eonfessionrn handelt. „Welche Religion ich bc kenne? Keine von allen, die du mir nennst. — Und warum keine? AuS Religion." Die Socialdemokratie gebt über diese tiefsten Fragen de- menschlichen WescnS mit souveraincr Verachtung hinweg, kür sie ist die Unsterblichkeit der Seele einfach Unsinn, weil sie sich noch nie die Mühe gegeben bat, über die Gründe nackzudenken, welche sich dafür und dagegen anführen kaffen. Die Mitglieder dieser Partei stehen auch wissenschaftlich viel zu bo<h, als daß sic sich mit beuten bc affe» sollten, die diesen Grünten ihre Anfmerksamkeit ge lben« haben. Die Religion der Socialreinokratcn ist die Moral Sardanapal'S: „Iß »nt trink und sei fröhlich, denn alles Andere ist doch nichts wertb." Diese rein inatcrialistische Weltanschauung, mit geistigen Waffen zu bekämpfe», ist gewiß eine tcr Mühe wcrlbc Aus gabe, denn dir socialistische Lehre kann aus die Dauer doch nur unschädlich gemacht werden, wen» man ihre Unhaltbar keit gemeinverständlich beweist. Moralisch ist die Lehre aa"l icker nicht, denn sie beruht darauf, daß den Besitzenden DaS, was sic haben, genommen werten muß, um die Besitzlosen damit auSzustaltcn. Wenn daS moralisch ist, dann kann man den Socialdcmokraten Moral zuaesteben, anderenfalls nicht. Aber auch für DaS, was man LcdenSgtück nennt, bat die Socialdcmokratic kein Vcrstäiibniß, denn ihre Losung lautet: „Wenig Arbeit »nd viel Vergnüge»." Ja. wenn daS ohne die Verletzung wohlerworbener Rechte Anderer erreicht werden könnte, dann wäre es sehr schön und cS ließe sich auch da. gegen nichts einwcndcii, aber wir lebe» nicht mehr in dem „kindlichen Alter der Welt, da die Völker sich jugend lich freuten, wo sie liebten und weiter nichlS tbaten, weit die Erde alles von selber hcrgab". Wir lebe» in einem Zeit alter, i» welchem Jeder die höchste Kraft anspanncii muß, um die Mittel zniii Leben zu erwerbe», bis auf eine» kleinen Procentsay, der mit äußeren GlückSgütern gesegnet ist. Vielleicht kommen wir mit der Zeit dabin, der Eapital- ansammlung eine Grenze zu ziehe», aber das ist es nicht, waü die Socialtcmokrarc» wolle», sic sind so kindlich, zu glauben, ober so rasfinirt, diesen Glauben zu heucheln, baß rS möglich wäre, eine Ordnung von Staat und Gesellschaft auszurichtcn, in welcher Jeder gut und bequem leben kan» Wenn eine Partei, die solchen Unsinn glaubt, aus ihre Rcligiviislosig eit Werth legt und sie mit dem Nimbus der Wisscn- chastlichkeit umgeben will, so zeugt taS nur für ihre GcistcSarmulh und für ihren gänzlichen Mangel au Urtbeilskraft. Auf sie sinket im vollsten Maße das Wort Sckillcr'S Anwendung: „Web' Denen, die dem ewig Blinden des LicktteS HimmelSsackel leib», sic strahlt ihm inchl, sic kann nur zünden nnd äschert Städt' und Länder ein." Die Herren Bcbel und Genossen haben durch ibrc Agitationen für die Socialdemokratie eine schwere Verantwortung auf sich ge laden, die sie durch keine Sühne jemals wieder gut machen können. Wir sind grundsätzliche Geaner de« preußischen Volksschul gesetzciitwurfs, aber mit de» AblebnungSgründcu der Social demokralic haben wir nichts gemein. Der Elasscnstaat, welchen die Socialdcmokraten verwerfen, wird im Lauf der Zeit eine andere Gestalt anncbmen, verschwinden wird er niemals, weil die Gleichheit der Menschen ein Phantasie zebilde ist, waS auch durch formelle Bildung nicht zur Wahr !)eit werden kann. * Leipzig 11. Februar. * Die Kaiserin ist, wie der „Rcichöanzeigcr" schreibt, an einem leichten Jnsluc nzaansall ertrankt und für die nächsten Tage an daS Zimmer gefesselt. Dennoch findet heute Donnerstag im Königsschlossc der angesagtc Ball statt. * Zn einer Erörterung über den im Reichstag verhandelte» Antrag Bar wegen der AuSlieferungöverträge wird in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" bemerkt: Ein Bedürfnis, dafür, die Auslieferung von verurthciltcn und angeschuldigtcn Personen an auswärtige Regierungen durch ei» Reichsgesey einheitlich zu regeln, hat sich bis jetzt weder beim Aus- wärtigcn Amt noch bei der Reichs-Juslizverwallung hcrausgestellt. Auch sind Wünsche und Anregungen zu einer solchen Regelung bisher noch in keinen« einzigen Falle weder a» das erstere, noch an die letztere herangetreten. Auch hierdurch muß das Bedenken ver- stärkt werden, ob eS richtig sei, eine so schwierige, verwickelte und i» ihrer Regelung außerordentlich weit anssehende Materie der gesetzlichen Neuregelung zu unterziehe». Durch die vom Reich erzwungene Kündigung der bestehenden Particularverträge würde im Verhältnis; zu mehreren, gerade für unseren deutschen Ausliefe, rungsverkchr besonders wichtige» Staaten, wie z. B. Frankreich und den Niederlande», ein vollständig verlragSloser Zustand herbei- gesührt werden, und zwar, ohne daß wir irgend eine Gewähr habe» würden, ob es gelingen möchle, diese Lücken durch einen Vertrag des Reiches in irgend wir absehbarer Zeit wieder auSzusüllen. Wir könnte» also tn eine Lage komme», wo wir dann überhaupt einen vollständig verttagslosen Zustand hätten, über den wir nicht dtnauS- koimnen könnten, und bei dem doch die Rechtspflege in ihre» Interessen erheblichen Schaden leiden würde. — Betrachtet man den gegen wärtigen Zustand, so entspricht derselbe in Wirklichkeit dem Ver- langen, welcher in dem Antrag von Bar als ein berechtiges er- scheinen könnte. Tenn immer wird das Reich, durch welches alle Auslirserungssachcn gehen — mit Ausnahme ganz vereinzelter Fälle, in denen der einzelne deutsche Staat, der einen geordneten Aus. licseruiigsvertrog mit dem Auslände abgeschlossen hat, eine diplo matische Vertretung ln dem betreffende» Reiche hat —, in den Aus- lieferungssachen die Rechte der Deutschen wahrnchmc». Schon der diplomalischen Vermittelung halber müsse» olle diese Sache» durch das Auswärtige Amt gehe», und sie werden dort sachgemäß und jedesmal ualer Zuziehung der Rcichs-Juslizverwaltung bearbeitet und erledigt. . * Wie man officio- aus Berlin meldet, steht die Re gierung den Bestrebungen, die angesichts der Einbringung des Volksschulgesetze« im Schooße des Landtages auf getauchten streitigen Principicnfragen durch Einschränkuna der Vorlage aus ein SchuldotationS-Gesetz zu umgeben, vollständig fern nnd „ist durchaus nicht auf deren Zustimmung zu einem solchen Plane zu rechnen." * Ein erfreuliches Zeichen für die Ausbreitung der deutschen Sprache in den RcichSlanden darf in dem Umstande erblickt werden, daß der Gebrauch der französische» Sprache im amtlichen Verkehr von Jahr zu Jahr eingcschränlt werden kann. NaH einer soeben ergangenen Verfügung des Ministeriums in «traßburg kommt mit Ende Juni 1892 wiederum in 74 Gemeinden Elsaß Lothringen-, die sich au drei Bezirke vertheilen, der DiSpcnS von der deutschen GeschäftSsprachc in Wegfall» soweit er nicht bereit« durch neuere allgemeine Anordnungen, wie z. B. jene über Führung der Standesregister, unwirksam gemacht worden ist. Es mögen alsdann etwa 300 Gemeinten (auf >790) verbleibe», denen noch zum Tbeil der Gebrauch de- Französischen für locale Angelegenheiten und für Eorrespondenzcn mit Behörden gestattet sein Wirt. Bei der ursprünglichen Regelung der «achc zählte man 430 „dispciisirtc- Gemeinten. * Der Allczecke Zucker wurde von der Handelskammer in Prag zum RcichSralhSabgeordneten gewählt. Die Deutschen enthielten sich tcr Wahl. * Im englische» Parlament stellte Rcdward ei» Amendement zur Adresse des Unterhauses in Antwort aus die Thronrede der Königin und forderte eine Amnestie für die irischen politische» Gefangenen. Man ist gespannt, welche Stellung die Antiparncllilcn zu diesem Amendement einnekmcu werden. Das liberale Unierhauömitglicd Harccurt wird dagegen opponircn. * Wie man aus St. Petersburg melket, bat die Eommunalvcrwaltung von Kiew ihren diesjährigen Vor anscblag mit einem Anstalt von 105 099 Rubel abschließcn müssen, welcher ausschließlich ans bcn durch die Ausweisung ircmder Juden verursachten Einnahmen-Entgang zurückzu führen ist. Diese Ziffer stelle übrigens, wie cingewcible Kreise versichern, den tbalsächlichcii Abgang nur annähernd dar, da mit Bestimnttheit »och ein wcilcrer nambasler Rück gang der Eommunaleinnahmcn von Kiew vorausznseheil sci. Auch andere größere Stätte Russlands werden i» Folge der Jiidenausweisungen beträchtliche Einbußen in ihren Einnahmen zu erleiden haben. * Man schreibt der „P. C" aus St. Petersburg, Februar: Verläßliche Berichte aus Moskau stimmen darin überein, daß die Siellung des Gloßfürsten Serge! Alexandrvwitsch als General-Gouverneur in Moskau völlig unballbar geworden sci. Es gilt dort als ausgemacht, daß der Großiurst innerhalb weniger - Woeben „aus Gesundheitsrücksichten" eine längere Reift i»§ Ausland unternehmen und aus seinen Posten nicht mehr zurückkehre» werde. Es ist eine unleugbare Lbatsache, daß schon die Nachricht von der beabsichligien Ernennung des Grostsürstrn zuin General-Gouverneur von der Bevölkerung Moskaus im Allgemeinen, sowie auch von der dortigen Geistlichkeit mit ziemlichem llnbebagen ausgenommen wurde, »ainenllich da man voraussche» z» können glauble, daß die oberste Verwaltung des General-Gvuvcrnci»ents in Wirklichkeit nicht in den Händen des für eine derartige Stellung »ich! vorbereitete» Groß fürsten, sondern in denjenigen eines von ihm begünstigte« Functio- nairs liegen werde. Diese Stimmung wurde aber dem Kaiser vcr- beinilicht und durch de» Verlaut der bisherigen Amtsperiode de» Groß- sürslen bedeulend verschärft. Nur allzu bald »ack, dem Amtsantritte des Großfürsten ergaben sich Reihungen zwilchen deinseiben und her vorragenden Persönlichkeiten Moskaus. Zunächst kam es zu einem Lonslictr mit dein dortigen Metropoliten, indem der Großfürst, ohne sich mit dem Letzteren ins Einvernehmen zu setze», Versetzungen von Priestern der verschiedenen Kirchen Moskaus voriiahm, rin Vor gehen, gegen welches der Metropolit in elncr Audienz bei dem Groß- iiirste» energischen Einspruch erhob. Die Folge war eine Beschwerde LeS Großfürsten beim Zaren, welcher die Versetzung de« Metro politen nach Kiew verfügte. Tie Maßregelung dieses Kircheiisürsten verfehlte nickst, in Moskau große llnziisliedenbeit bervorzurnsen. Es wurde auch allgemein bciiicr», daß der Metropolit in seiner Ab schicdsrcde mit keinem Wort der kaiserlichen Familie gedachte. Bald »ach diesem Zwischenfall stieß der Großfürst mit dem Bürger meister Moskau», Herrn v. Alerejew, ziilamme» und zwar wegen der folgenden Angelegenheit: Als die Equipage des Großfürsten eines Tage» bei einer Fahrt durch die jvgenaiiiile Cbinejeiisiadt (kitaigorod) in Moskau, in welcher, als dem eigentlichen Handels viertel, ein starker Verkehr von Fahrzeugen aller Art besteht, durch einen Zug von >ni! Waaren bedeckte» Wagen anfgehatten wurde, gerieth der Großfürst in lebhafte» Zorn, ließ sofort den Polizeichcf zu sich bescheiden und erthcilte ihm den Befehl, die Fahrt von Lastwagen durch die Ebinesensiadl zu verbieten, Bürger meister Alexcjew begab sich zu dem Großfürsten, um ihm ver ständlich zu machen, daß das Verbot mit Rücksicht ans die Handels-Interessen der Stadt völlig undurchführbar sei. Ter Groß sörsl beharrte jedoch auf seiner Forderung und Herr Alerejew verabschiedete sich mit der Erklärung, daß er sich leider gcnöthigt sehe, eine Beschwerde gegen das Borgehen de» General-Gouverneurs beim Minister de» Innern, Herrn Durnowo, einzureichen. Dies geschah denn auch, allein Herr Durnowo wagte längere Zeit nicht, de», Kaiser über die Angelegenheit Bericht zu erstatten. Ter Kaiser erfuhr jedoch von dein Geschehenen von anderer Seile und ertheilte dem Großfürsten einen scharfen Verweis. Das von ibin ungeordnete Verbot wurde sofort aufgedobcn. ES bat auch seither nicht an Evnfltcten gefehlt, und das Benehmen des Großsürsicn scheint über haupt nicht geeignet gewesen zu sein, ihm bei den Bewohnern Moskaus Popularität zu erwerben. Da der Zar seit dein letzt erwähnten Falle über das Walten de» Großfürsten »nd über dis demselben gegenüber herrschende Stimmung unterrichtet ist, hält man cs nun auch in verschiedenen St. Petersburger Kreisen für sehr wahrscheinlich, daß der Großfürst den General-Gouverneurposten in Bälde verlassen werde. * AuS Paris wird geschrieben: Zu den Klage» Uber die Bertheuerung der nothwendiasten Verbrauch» gegenstände, namentlich aber der Nahrungsmittel, gesellt sich nun ein weiterer Vorwurf gegen den neuen Zolltarif, dcr diesmal hauptsächlich von den srauzösiscbcn Ausfuhrhäuser» auSgeht. Diese befinden sich nämlich in völliger Unklarheit darüber, welchen EingangSsteucrn von nun ab die von ihnen auSgesübrlen Artikel in den verschiedenen Ländern unterliegen werden, und c» scheint ihnen bisher nur sehr unvollkommen gelungen zu sein, sich von dcr Zollgesetzgebung dcr ankeren Länder, soweit sie aus Frankreich Bezug bat, ein richtiges Bild zu machen. Leicht ist es ja allerdings nicht, denn die Verträge der letzten Monate haben alle bisher gel tenden Bestimmungen Uber den Hausen geworfen und namentlich dort, wo taS McistbcgUnstigungSrecht rück wirkend gütig wird, eine überaus verwickelte Lage geschaffen, aus dcr Niemand sich ohne große Mühe zurechlsintc» kann, am allerwenigsten aber die Franzosen, die i» dcr Kenntnis; dcS Auslandes niemals Meister waren. Die sranrösische Negierung bat alle Hände voll zu tbun, um die zahllosen eingehenden Anfragen zu beantworten, nnd eS scheint, daß durch diese auch nickt immer nnbedingleKlarheit geschafft wirk. Besonders schwer empfinden aber die französischen Exporteure, daß mit dcr gegenwärtigen Lage vielen Ländern gegenüber dnrchauS nichts Endgilligeö und Dauernde» geschaffen ist und daß die jetzt geltenden Sätze nach einigen Monaten wieder um geworfen werde» können. Der Handel entbehrt infolge dessen dcr so unbedingt nöthigen Stetigkeit und c» wird fast iin möglich, ans längere Zeit bin Abschlüsse rn machen und irgend wie wcitau-schentc Geschäfte einzugene». Angesicht» dieser Sachlage zeigen sich die Freihändler scbr rükrig unk tkun alles Mögliche, um die Unzufriedenheit über den neue» Zolltarif zu steigern und eine starke Bewegung gegen ihn i»S Werk zu scyen. Es heißt, daß man sofort nach Zusammen-
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