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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920223023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892022302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892022302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-23
- Monat1892-02
- Jahr1892
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Abonnementspreis hi der Hanptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten AuS- ^bestellen ad geholt: vierteljährlich ^44.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Pau» ü.üO. Durch die Post bezogen für Teutschlaad und Oesterreich: vlerteljuhrlich >l 6.—. Direct» tägliche ltreuzbandsendung in» Aullaad: monatlich ^4 . TieMoegen-AuSgab« erscheint täglichV,7 Uhr, die Abend-AuLgab« Wochentag« 5 Uhr. NtLaction and Erptditioa: Johaunesgaffr 8. rie Skvedition ist Wochentag« ununterbrochen ,«öffnet von früh 8 btt Abend« 7 Uhr. Fili-lea: ktt» Slr«« s Lorti«. (Alfred dehn), UuiversitLt-straßr 1, «-ui» 8»sche. lkatharineustr. 14. part. »nd Ktnigtplatz 7. Abend-Ausgabe aMerIlMblatl Anzeiger. Lrga« für Politik,Localgeschichte, tzMels-nndGeschSftsmkehr. ^-S8. Amtlicher Theil. Lekaunlmachung. Die diesjährige «rdcnUtchc Generalversammlung der NeichS- denkantheilScigner (8- 18 des Statuts der Sietchsbank vom 2l. Mai 1875 — Reichsgesetzblatt S. 203) wird hierdurch auf Mittwnch, den v. Mar; d. I., Vormittags 1t', Uhr berufen, um den Berwaltungsbericht nebs: der Bilanz und Gewinn berechnung für das Jahr 1891 zu empfangen und die für den Centralausschuß nöthigen Wahlen vorzunehmen (8. 21 a. a. O.). Zur Theilnahme ist jeder männliche und verfügungsfähige An- ibeilseigner berechtigt, welcher durch eine spätestens am Tage vor der Generalversammlung im Archiv der Reichsbank, Jägerstrabe Nr. 34/36 Hierselbst, während der Gcschästsstunde» abzuhebende Be scheinigung nachweist, daß und mit wie vielen Antheilen er in den Stammbüchern der Reichsbank als Eigner eingetragen ist. Die Versammlung findet im Reichsbankgebäude, Jägerstrabe Nr. 34. 36 bierselbst statt. Berlin, den 19. Februar 18S2. Der Reichskanzler. In Vertretung: von Boetticher. Sprechverkehr mit Freiberg (Sachsen). Tie Theilnehmer der Stadt-Fernsprecheinrichtungen in Leipzig und in Markranstädt werden vom I. März ab gegen Entrichtung einer Gebühr von 1 Mark für das gewöhnliche Gespräch bis zur Tauer von 3 Minuten zuin Sprechverkehr mit den Theilnehmer» der Stadt-Fernsprecheinrichtung in Aretberg (Lachsen) zugelassen. Verzeichnisse der Theilnehmer an der Stadt-Fernsprecheinrichtung in Freiberg (Lachsen) sind bei dem Kaiserlichen Stadt-Fernsprech- amte in Leipzig käuflich zu haben. Leipzig, 21. Februar 1892. Der Kaiserliche Lber-Postdirector. Walter. Jnsertionspreis Die 6gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter demRedactionssrrlch <4ge spalten- 50-H, vor den Fautiliennachrichlen (b gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsatz »ach höherem Tarif. Elstra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Mo»gen-Ausgabe, ohn- Postbesörderung » 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. Annahmeschlnß für Inserate: Abend-AuSgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh 9 Uhr. Bei den Ftliaien und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Inserate sind stet« an di» Ortzedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig Dienstag den 23. Februar 1892. 8«. Jahrgang Leipzig, 23. Februar. * Dem Reichstag sind zwei Gesetzentwürfe über den Verratb militairischer Geheimnisse und über Ver hängung des Belagerungszustandes über Elsaß Lothringen im Fall der Kriegsgefahr zugegangcn. Ter erste Gesetzentwurf enthält eine Reihe harter Straf bestimmungen in Ergänzung de- Strafgesetzbuchs, der zweite verstärkt die vollziehende Gewalt der Militairbehörden im Kriegsfall und steht auch in gewissem Zusammenhang mit dem bekannten Tictalurparagrapben. Ein augenblicklicher besonderer Anlaß liegt für beide Gesetzentwürfe nicht vor. * Die Niederlage, die der Reich -kanzler am 17. d. im Reichstag erlitten, wird auch von der frciconscrvativen .Post" als solche gekennzeichnet, leider mit dem Beisatz, cs sei wenig Hoffnung, daß die Regierung etwas daraus lernen werde. DaS Blatt schreibt: „Um den norddeutschen Mit gliedern des Ccntrumö ihren gouvernementalen, den bayerischen ibren bayerischen Standpuncl zu wahren und doch ein Aus- eiiianderaehen der Partei zu verhüten, wurde (im CenIrumS- antrag Gagern) der Ausweg der clausula Havarie«. gewählt. Allein der monströse Gedankt, den Dualismus des Straf verfahrens im Reichsheere zu verewigen, fand die wohl- rer stnte Ablehnung, zu welcher insbesondere auch die Reichs Partei daS Ihrige beitrug. So spaltete sich denn das Ccntrum im entscheidenden Augenblick, und die bayerische Hälfte half der freisinnig-nationalliberalen von dem Reichskanzler so eifrig bekämpften Resolution Richter-Buhl aus Einführung des bayerischen Militairstraf- verfährenS zum Siege. Es ist dies ein erster kleiner Hinweis für die Regierung, wie zuverlässig die Partei- zusammenstcUung ist, auf welche sic sich neuerdings mehr und mehr stützen zu wollen scheint. Wenn daS gescheht, während das Volksschulgesetz noch zur Berathung siebt, so eröffnet sich eine erbauliche Aussicht auf die Zeit, in welcher daS Ecntrum nichts mebr zu erstreben und daher nicht mehr so dringenden Anlaß wie jetzt hat, sich mit der Regierung gut zu stellen, während andererseits die Parteigruppirungen, welche die naturgemäße Stütze jeder nationalen Reichspolitik bilden, durch die innere Politik der Regierung geschieden und schwer zu einem festen Zusammenwirken zu einigen sein werden. So deutlich die Mahnung ist, so wird sie doch schwerlich nach Gebühr beachtet werden. DaS zweite parteipolitische Moment von Bedeutung liegt in der Ablehnung des Versuchs, mittelst der mit der Sache in losestem Zu sammenhang stehenden dritten Resolution der Budget commission des Reichstag« (Hebung des religiösen Sinne«) dein Volksschulgesetz Vorspann bereiten zu lasfen. Auch hier warf die Reichsparlei ihre Stimmen entscheidend in die Waagschale und verwandelte damit den Plan in sein direktes Gegentheil. Dies ist die eine Seite der Sache. Die andere liegt darin, daß durch diese Abstimmung Allen, die sehen wollen, klar vor Augen geführt wird, daß es ohne die Reichspartei keine conservativ-klerikalc Mehrheit giebt, daß, wenn diese mit der linken Seite stimmt, auch wenn das Centrum und Deutsckconservativc geschloffen zusammen stehen, jener der Sieg zufällt. Diese entscheidende Stellung der Reichspartei fallt um so mehr ins Gewicht angesichts der entschiedenen Bekämpfung desVolkssckulgesetzcntwurfs durch die freiconservative Fraction aus der Linie, welche früher auch Negierung und Deutschconservative für die richtige hielten." * DaS von der.Freuzzeitung" verbreitete Gerückt, Fürst Bismarck werde bei Berathung des Volksschulgesctz- entwurfeS im Herrenhaus erscheinen, bat bis jetzt nirgends Bestätigung gesunden und man wird deshalb gut tbun, jenem Gerücht entschiedene Zweifel entgezenzusetze». WaS das persönliche Befinden des Fürsten anlangt. welche« in dieser Frage »it in erster Linie ausschlaggebend sein dürfte, so finken wir in der Kieler „Nord-Ostsee-Zeitung" vom 19. d. M. die Eindrücke eine- Besuchs beim Fürsten Bismarck folgendermaßen wicdergegebcn: „Ter Vollendung des 77. Jahres entgeaengehend, ist der Fürst das Bild körperlicher und geistiger Rüstigkeit. Aus seinen Spazier- gangen führt er, wcitansschreitend, den Knolenslock nicht als Stütze bei sich, sondern bcnlitzt ihn, von den Ellbvgengelenken ge- halten, als Geradehalter. Dem Erfinder de« „schnell alternden Reichskanzlers" lvon ehedem) kann versichert werde», daß eher von einem in der gegenwärtigen „Erholung" von Len Strapazen des Dienstes schnell nch verjüngenden BiSmarck die Rede sein kann. So verleugnet er auch nach Temperament und Srlininung und nach der Tiesgeistigkeit seiner Unterhaltung in nichts sein lebensvolles, mächtiges Naturell, tturz, den „frommen" Wünschen derer, die ihm die sogen. Ruhe des Greisenalters wünsche», schlägt er ein Schnippchen; denn, Gott sei Dank, Bismarck wird nicht alt. Wer, zumal in der wachsenden Wirrnis, der Politik des neuen LurseS, an der Zuversicht festhält, daß in der Stunde der Noth „sein Rath und seine Thatkrost, seine Treue und Hingebung uns nicht fehlen werden", dem freut sich das Herz, wenn er diesen Siebenundsiebziger hoch aufgerichtet und sein weißes Jupitcrhaupt nach wie vor mit dem überwältigenden Ausdruck geisliger Uebermacht n ^ Zwie- Feuer leuchtenden Augen vor sich »b f g L„ Kiedrichs- gesprächs wurde di- Frage beru>>". °b 'ein R°, ° "^^eu- r»h wirklich "n d«fin.,.ves em Utg-g^ yenugthnung nngen der Presie. dw seinen ans, ^ Aemter erstreben bürgenden Ehrgeiz die Rückkehr „.acht, stellt der läßt und zum Compab '"»er Pn-ßaufi ^ Eärlig veränderte Fürst, vielleicht auch »n Hinblick a g ^^ inißzuver- Bedeutung ministerieller A'^ung - ^.jguiig, dahin zurück»». ZMWWW werden kann, ist von den e.nz-ln-n Bunk-suaa n v-na', ausgeübt worden. Namentlich hat sich tadc, e n un - rwiickcn Preußen einerseits und den süddeutschen Gunterstaaten andererseits hcrauSgcbildet. Preußen behalt heijpiclSweijeAngc- hör,ae and-rerBu.,k-Sstaa.-n, di- in Preußen wegen w.-de,rh°l-n Betteln« bestraft sind, während Bauern preußische staats ang hörige, die in Bauern wegen Bettel»« bestraft )md auswe,,t. Um eine einheitliche Regelung der d ^ a- araphcn herbciznführen, sind schon oster Versuae zur » I skelluns, einer Auslegung desselben gemacht w°rden Jed > sind die Versuche bisher stets gescheitert. Die ^taatSrech lcbrer sind gleichfalls in der in Rede stehenden Angelegenheit aetbcil.' r rknsickt. De». Vernehmen, nach sollen nun neuer dings »vierer Schritte unternommen sein, um aus einer Heiden Anschauungen in etwas nachgebcnder Grundlage eine einheit liche Praxis herbeizusühren. -Durch die Mandatsniederlegung des klerikalen Abge ordneten Domcapitular Vr. Franz ist der Reichstags- Wahlkreis Großstrelitz-Kosel c^Rg^' Der Wahlkreis gekört zu den festesten «itzen des rum«. Nur 1871—74 war er freiconservativ, sonst stet« klerikal, seit 1877 ununterbrochen durch Vr. Franz vertreten. Gegen- candidatcn wurden feitdcin kaum wieder ausgestellt oder brachten cs nur aus wenige bundert Stimmen. Herr Dr. Franz gehörte zum linken Flügel de« EcntrumS; das immer weiter- gebende Abrücken seiner Partei in die conservativ-gouvernc. mentale Richtung mag ihm wobl die Fortsetzung seiner parla mentarischen Tbäligkcit verleidet haben. Als Anzeichen der Gährung in der EentrumSpartei fft sicherlich auck diese MantatSnicdcrlegung anszufassen. wenn sich gleich klerikale Blätter bemübcn. den Entschluß lediglich aus amtSgeschast- lichen Beweggründen zu erklären. - Der Abg. Graf Limbnrg-Stirum hat wegen seiner Vernrtheilung Berufung an das Gesammtministerimn ein- gercicht. * In Sachen des Grafen Limbnrg-Stirum dringt die „Kreuzztg.", die zugleich meldet, daß der Graf wahr scheinlich Berufung cinleaen werde, einen Auszug anS dem Urt keile des DiS ciplinargcrick tS. Es beißt darin: Die aiisreizenden Angriffe gegen die innere Politik der Regierung und die Herabsetzung der auswärtigen Politik derselben in dem Artikel (des Grafen ,n der „Krcuzztgi'') rechtfertigen die thatsächllche Feststellung eines dem Angeschuldigten zur Last fallenden Dienst- Vergehens. Hinsichllich der Strafabmessung sei zwar zu erwägen, daß der Angcschuldigte zu dem Artikel nicht durch systematische Oppo sition gegen die Regierung getrieben worden sei, deren Politik ec init Erfolg unterstützt habe, vielmehr sei anzunehmen, daß er durch Ueberschätzung des FractionSinteresseS in der vorliegen den Frage der Handelsverträge dazu veranlaßt worden sei. In dessen sei doch die Schärfe und Oessentlichkeit seine» Auftretens in seiner hohen dienstliche» Stellung so weitreichend und wirkend, daß eine bloße Ordnungsstrafe (Warnung oder Verweis) ihrer Zuläng- lichkeit und Angemessenheit nach nicht in Frage kommen könne. Der Gegensatz, >» welchen sich der Angeschuldlgte durch seine oppo- sitionelle öffentliche Demonstration und Agitation schnlddaster Weise seinem Edcf, dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten perjün- lich gegenüber gestellt habe, schließe jede Möglichkeit einer ander- wciten Verwendung desselben im Staatsdienst und namentlich i»i Ressort der auswärtigen Angelegenheiten völlig aus. Deshalb habe nur auf Dienstentlassung erkannt werden können. * Die Angaben über Gerüchte bezüglich des Inhalts der Mission des LandesdircctorS der Provinz Hannover an den Herzog v Enmderland werden jetzt mit mebr oder minder großer Bestimmtbeit ganz oder tkeilweise in Abrede gestellt. Die Art, in welcher die Berichtigung erfolgt, läßt annehmcn, daß die erwähnten Gerüchte mebr thatsäckliche Grundlage hatten, als vielfach angenommen wurde. Man wird nickt irren, wenn man annimmt, daß die Sendung de« Freiherr» von Hammerstein-Loxten erfolglos geblieben ist. Man darf nun begierig sein, wie sich die WelfensondSfrage gestalten wird. Wie verlautet, wirk diese Angelegenheit demnächst das Staatsministcrium beschäftigen. * Die „Ereseldcr Ztg." schreibt: Die Erefelder Industrie wird nun doch auf der amerikanischen Weltausstellung vertreten sein. Wir erfahren von zuverlässiger Seile, daß infolge einer Anfrage an den Vorsitzende» der Handelskammer Herrn Karl Königs eine ministerielle Erklärung im Laufe dieser Wecke hierher gelangt ist, nach welcher der Kaiser dringend wünscht, daß die Beschickung der AuSslclliiiig in Ebicago turck die niederrheinischeSeiden- undSammctinrustric geschehe. ES soll denn erfreulicherweise auch bereits eine Anzahl hiesiger großerSammel Fabrikanten der Beschickung der WellauSstellung näher getreten sein, unter Hintansetzung aller cnlgegenstehciiden Gründe, da sie in der Erfüllung de« die Industrie ehrenden, persönlichen Wunsches des Kaisers die Bethätigniig einer pa triotischen Pflicht erblicken. Die Firma Wm. Schroeder L Eo. hat inzwischen auch, im Gegensätze zu ihren früheren Ab sichten» den Entschluß gefaßt, diese amerikanische Weltaus stellung zu beschicken, wodurch für die bicsige Scidcnstofffabrik, bei den vielseitigen und hervorragenden Leistungen dieses HauscS, eine glänzende Vertretung gesichert ist. Voraussicht lich werden unter solchen Umständen auch noch andere Sloff- sabrikantrn sich bereit finden, gewisse Speeialitäten zur Ver vollständigung des Bilde« unserer Industrie auszustellcn. * In den der Negierung nahestehenden Blättern war bestritten worden, daß von der Regierung in Posen den Lebrcrn jede skundgebimg gegen das Schulgesetz untersagt worden sei. Die Tbatsacke ist aber dock richtig; die Weisung ist den Lehrern nur nicht schriftlich, sondern mündlich durck den Krcisschulinspector zugegangen. Danach soll schon eine Abstimmung der Lehrer gegen daS Gesetz in einer össenllichc» Versammlung für unstatthaft erklärt worden sein. Tic Weisung gebt also noch über die andern OrtS ergangene» hinaus, da dort nur die Agitation gegen daS Gesetz untersagt worden war. " In einem den „Hamburger Nachrichten" von parla mentarischer Seite aus Berlin zugehenden Artikel wird die parlamentarische Lage und deren fortwährende Le Feuilleton. Die Dennhar-tsbrü-er. 8> Socialer Roman von A, Lütetsburg. rr»e>dttick »ertöte». (Fortsetzung.) „Wie leid mir das thut", tönte es mit schmerzlichem Be dauern an Zakob'S Ohr. „So jung noch und schon so viel erfahren!" Jakob Brenner erschauerte unter diesen Worten. Seine .echte Hand griff nach der Stelle, wo er daS Gefühl batte, als wolle das Herz aufbörcn zu schlagen, ihm war'S, al« stecke daS Blut in seinen Adern. War das die Stimme eines Mannes, der erbarmungslos Glück und Ehre eines BrnderS zertreten, der dessen Weib und Kinder fluchbeladen durch die Welt gehen ließ, während er mit einem einzigen Worte die Lchande von ihnen hinwegnehmen konnte? „Ich meine, man hätte Ihnen daS nicht sagen sollen", fuhr Herr Brenner in gleichem Tone fort. „Da Sie aber dech von den Verhältnissen unterrichtet zu sein scheinen und. wie ich anzunchmen Ursache habe, nicht in einer Weise, die Sic meine Person mit vorurtheilSlosen Blicken betrachten lasten dürste, so möchte ich meine Frage, warum Sie trotz dem als Arbeiter in meine Fabrik eintraten, wiederholen. Sagen Sie die volle Wahrheit." „Ich lüge nicht," gab Jakob stolz zurück. „Ich wollte Sie seken — Sie kennen lernen." „Zu welchem Zweck?" „Um mir mein eigenes Urtheil bilden zu können." Das Gesicht de« Fabrikhrrrn erhellte sich. - Mann, Ihre Mutter — die ich indessen um «»arei»lageii 1 «. nFim bochschätze, vielleicht gerade um diachsolge^Eit willen, mit welcher sie sich den Glauben an den l.ea bewahrte und die Unterstützung des jenigen zurückwies, den sie als den Urheber ihre« Unglücks ansab — kann Sie mich nur Haffen und als rin Muster menschlicher Verworfenheit betrachten gelehrt haben. Zweifelten Cie etwa an dieser völligen Verworfenheit?" Ja dieser Frage lag ein Ausdruck der höchsten Verwunde, runz. sie fand indessen keine Beantwortung. Jakob wollte nicht zugesteben, daß ein solcher Zweifel in ihm gewesen, und Herr Brenner glaubte, diese« Schweigen zu verstehen. DaS Verhalten de- jungen Manne« machte auf ihn den günstigsten Eindruck. ^»-,Ich will nicht weiter in Sie dringen, Brenner, Sie , ehrlicher Maun geantwortet; ich über- «echf«. ». ....st Zukunft. Haben Tie mit Jemandem von unseren verwandtschaftlichen Beziehungen gesprochen?" „Nein", klang eS herbe zurück. „Sie haben nickt nöthig, über diesen Punct zu schweigen, ich gebe Ihnen vielmehr anheim, Nachdruck darauf zu legen, daß ich Ihr Onkel bin, wenn wieder einer der Arbeiter wagen sollte. Sie zu kränken und zu verletzen. Wenn Sie überdies Wünsche haben, so werden Sic mich jederzeit bereit finden, dieselben, soweit es in meinen Kräften steht, zu erfüllen. Ich hahe gesehen und erfahren, daß Sic ein tüchtiger Arbeiter sind, vielleicht erscheint Ihnen eine weitere geistige Aus bildung noch wünschenöwertb — Sie werden in mir einen treue» Beschützer und Förderer Ihrer Zukunft finden. Und nun gehen Sie." Jakob verbeugte sich und verließ daS Privatcabinet des Fabrikbcrrn, dessen GesichtSzllge sich sogleich erhellten, als er allein war. Dieser kalbe Knabe zeigte mebr Gerechtigkeit« sinn, als alle Freunde unk Bekannte, als alle Menschen, mit denen er jemals in Berührung getreten war. Vielleicht — vielleicht — Ei» bitteres Lächeln umspielte seinen Mund, er wagte nicht anSzudenken. Der Menschen Härte und Ungerechtigkeit war auch an dem reichen, vielbeneideten Manne nicht vorüber- gcgangen. Wie ein Träumender war Jakob Brenner an seine Arbeit zurückgckebrt, förmlich überwältigt von der letzten Stunde. Er wurde mit neugierigen Blicken in dem ArbeitSsaal empfangen, aber er batte keine Augen für sie, und für sein Aussehen fand man keine Deutung. Es war ein ernstes, wie immer, keinesfalls aber sab er niedergedrückt auS. Tie Mittagsglocke ertönte, ihr Klang wirkte vielleicht zum ersten Mal förmlich erlösend auf Jakob. Indem er aber sein Handwerkszeug nicderlegte, dachte er daran, daß diese Mittags stunde ihm nickt Zeit gebe, sich mit fick selber zu beschäftigen; er mußte für seinen Schützling, die kleine Kordel Nachmann, Schritte thnn. Er batte daS Kind über seine eigenen An gelegenheiten vergessen. Nun glaubte er, dessen dunkle Augen mit leisem Vorwurf aus sich gerichtet zu sehen. In Gedanken hatte er eine Verpflichtung gegen daS Kind übernommen und war fest entschlossen, diese treu zu erfüllen. Die Augen sollten nie mehr den Ausdruck von Angst und Furcht tragen, den er in ibncn gesehen. Jakob hatte um die Erlaubnis gebeten, vielleicht eine Stunde später an die Arbeit zurückkcbrcn zu dürfen. Sie war ibm bereitwillig gegeben worden, und so machte er sich unvcrweilt auf den Weg in eine Gegend der mächtigen Stadt, die allein noch an die ehemalige Anlage derselben durch Enge der Straßen. Schmutz und Dunkelbeit erinnerte. Frau Grevc'S Wohnung war bald gesunden. Sie war in einem Hinterhaus« zu ebener Erde gelegen. Jakob Brenner lannic ric maliiiiilwiciicn non- gur genug au» einer iruocici Zeit. Die Lust, welche ihn hier umgab, legte sich sörmliö beengend aus seine Brust, und die Erinnerung an eine schlimm Vergangenheit überfluthete ihn. Er schüttelte sic ab und ho! den Kopf. DaS Gefühl, auf dem Wege zu sein, vielleicht eii Menschenleben vor dem Untergang zu schützen, hatte etwa unendlich Erbebendes für ihn. So betrat er den steingcpflastcrten Raum, in welchem Frai Grevc nicht wohnte, sondern banste. Durch die vor Schmutz er blindeten Fenster drängte sich nur mühsam ein TLmmcrlich: welches eS fast zur Unmöglichkeit machte, beim Eintritt eine: Uebcrblick zu gewinnen. DaS Auge mußte sich erst an da Halbdunkel gewöhnen. WaS es dann sab, war wenig und ei »nbebaglichcö Gefühl erregend, nicht ein Gefühl des Mitlcidt sondern dcö Grauens. Der Raum mit seinen rauchgeschwärzte Wänden, deren ursprüngliche Farbe keineswegs mehr zu c> kennen war, mit der herabbängenden Decke, unter welcher dick Balken sich binzogen, enthielt außer drei niedrigen Schemel nur noch einen Block, welcher scheinbar die Stelle eines Tische vertrat, denn auf demselben lag noch ein Stück Brot und ei brauner, irdener Kaffectopf, dessen Inhalt sich zun, Theil a> die Erde ergossen hatte. In einer Ecke lag ein großer Haufe Stroh, mit verschiedenen Lumpen und Kleidungsstücken bedeck »nd auf dcmselbe» saßen zwei Kinder, kleine Iammcrgestalte mit bleichen Gesichtern und kohlen Wangen, aus den Auge derselbeN-stierte der Hunger in seiner furchtbaren Gestalt. Ein Schauer durchricjclte Jakob Brenner. „Wo ist Frau Greve?" fragte er, näher tretend. Die Kinder starrten ihn mit verständnißloscm AuSdru an, ohne Antwort zu geben. Er wiederholte seine Frage „Die Mutter kommt", sagte jetzt eine dünne Stimme, m einem angstvollen Blick in der Richtung nach der THUre , Diese öffnete sich, und ein Weib erschien aus der Schwell ein Weib, das den Stempel der Sünde und de« Verbrechen an der Stirn trug. Unter buschigen rotben Brauen hcrvc glanzten verschwommen ein Paar kleine Augen, von dem man niemals sagen konnte, wohin sie blickten. Da« rolh aufgedunsene Gesicht mit der unförmliche» Nase war vo einem zerlumpten, buntfarbenen Tuche umhüllt, unter welche: auch noch ein Thc.l der struppigen rothen Haare hcrvorsa L>- große, starkknochige, hagere Gestalt war nur dürftig b !!i2en°^ ^ruck einer Notl Obr. was wollt Ihr?" fragte sie. indem j Jakob Brenner Mißtrauisch von allen Seiten betrachte, Besuch " ' ^ versehen. Bettelleute kriegen kein. wußte nicht, wa« er ans diese «nspraö e Agntn tollte, er hatte sich eine Rede einstudirt, dir i: dessen diesem Weibe gegenüber gewiß ganz unangebracht wa Sie sah wirklich nicht aus, als ob sie gesonnen sei, irgend eine Erleichterung ihres Daseins cntgegcnzunehnien. „Nein, ich habe mich nicht versehen, ich wollte zu Frau Greve." sagte er etwas unsicher. „Die bin ich, aber außer mir mag cs noch Wohl ein paar Dutzend gleichen Namens geben. WaS wollt Ihr?" Indem sie so sprach, hatte sie eine Flasche und ein Brod aus ihrem Armkorb kervorgeholt und beides auf den Block »icdergclcgt. „Sie baben außer diesen Kindern noch ein Pflegekind, Frau Greve?" fragte Jakob, um einen Anfang zu macken „Pflegekind? Hab' genug mit meinen Rangen zu thun." „Ich meine die kleine Kordel Nachmann." „Kordel Nachma»»? Ach wa«, mein Kind ist eS. Wißt Ihr 'was vo» dem Racker? Forlgelauscn ist sie." ^ Jakob Brenner war erschrocken über den Ausdruck in dem häßliche» Gesicht dieses Weibes, das ,bn jetzt lauernd zu bc trachten schien. Er batte da« Gefühl, als dürfe er den Aufenthalt Kordel« nicht verratben, gleichzeitig fühlte er einen liefen Schmerz, als er dieses Weib sagen hörte, daß Kordel ihr Kind sei. „Forlgelauscn, Frau Greve? So macht sic Euch viel Unruhe?" „Was kümmerl'S Euch? Macht keine Umwege — Ihr legt Euch auf's Lauer» und AuSborchc», sagt gerade berauo, was Ihr wollt. Scheint mir auch nicht einer von der vor nehmen Sippschaft zu sein, die uns arme Teufel alissaugc» und ansbeutcln, wißt wobl auch, wie d^r Hunger Ihm. Darum ballel mich nicht lange auf. Wir baden Hunger und Durst." Sie langte nach dem Brod und schnitt zwei Stücke davon ab, um sic den Kindern zu geben, welche die Gabe mit zitternden Händchen in Empfang nahmen, während Jakob nach einem neuen AnknüpfungSpunct suckle, die Unterhaltung in Gang zu brinaen. „Ihr seid sehr schlechter Laune, Frau Greve, und da denke ich mir, e« ist besser, ich sage Euch beute »icktS von meinem Anliegen", begann er endlich wieder. „Ich meinte es wirklich gut mit Euch." „Wirklich ? So! Gut mit mir? Soll ick Euch etwa« sagen ? Ich sab nie im Leben einen Menschen, der so log, wie Ihr. Gut mit mir!" „Nun, wie Ihr wollt. Sagen wir den»; ick meine es gut mit einem von Euren Kindern", sagte Jakob ungeduldig. „Na — nu? Wollt Ihr mich zum Narren haben? Dazu sucht Euch Jemand ander- auS. Macht, daß Ibr scrtkommt." , Sie batte sich mit in die Hüften gestemmten Fäusten vor >bn dingestellt. Er hielt aber furchtlos ikrcr drohenden Hal tung Stand. „Ich denke nicht daran, Euch zum Narren zu haben, sondern
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