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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920224025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892022402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892022402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-24
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Locial-olitischer. «Achten »t Arbeit»» »et rtz«ri«,er Weber - T»»ft«« Gotha, 21. Februar. Die Bemühungen de- hiesige» Comitös zur Uitnslützuog der nothleidenden HauSweberei haben einen ansehnUchen Erfolg zu verzeichnen Gegen 17 000sind au« allen Gauen Deutschland« zusammengeslossen, ja selbst au« dem Au-lande sind freundliche Gaben dem Cassirer de« ComitSS übersandt worden, -licht nar wohlhabende Leute, bei denen dir Linke nicht z» sehe» braucht, wo« di« Rechte thut, haben sich an den Sammlungen lebhaft betheiligt, nein auch solche, di« den Groschen dreimal umdrehen inüsseu, eh« sie ihn au« der Hand geben, haben ihrem herzlichen Mit gefühle sür die armen Weber durch reichlich« Spenden wirksamen Aus druck verliehen. Die Schilderung, welche das ComitS von den traurigen Verhältnissen der thüringischen HauSweberri in seinem Ausrufe ver- össeullicht hat, hat sich in jeder Hinsicht als zutreffend erwiesen. Auch au andern» Orten, so z. B in der Grafschaft Hohnstein sRegirrung«- bntrk Erfurt), in dem -reise Heiligenstadt und anderwärts, von den schlesische» Webern ganz zu schweigen, hat man allerseits da« dringende Bedarfi»h anerkannt, daß der Hauiweberei aufgeholfen werden müsse. Dort ist e« nicht die private Wohlthütigkeit allein, die sich in den Dienst jener leidenden Hausindustrie gestellt hat, auch die preußische Regierung hat die Nothwendigkeit einer nachhaltigen Brr- besseruug der Weberverhältnisse erkannt und ihre Maßregeln darnach getroffen. Die thüringischen Hausweber, zu deren Unterstützung das hiesige Lomils zusaminengetreten ist, sind der allgemeinen Theilnahme durchaus würdig: es sind in hohem Grade verständige und be- scheiden« Leute. Keiner von denen, die wir gesprochen haben, hat einen augeudlicklichen pekuniären Bortheil für sich auS den Sammlungen erwartet, alle verlangen nur nach allgemein nützlichen Maßnahmen, die ihren Verhältnissen eine dauernde Besserung in Aussicht zu stellen im Stande sind. Selten ist na» ein solche- Gemeingefüdl, ein so lebhafte- Berständ- »iß für die allein zweckmäßigen Hülfsmittel in größeren Bolkskreisen entgegen getreten als unter diesen armen thü ringischen Hauswebern. Man wolle sich nur daran erinnern, daß ihr wöchentlicher Verdienst bei einer täglichen 14« bi- Ibstüa- Lige» Arbeitszeit, wenn Frauen und Kinder das Spulen besorgen, da« kärglich« Sümmchen von S—7 .ckl ausmacht. WaS sind aber 5 oder 7 unter den heutigen Verhältnissen für eine ganze Familie, auch wenn sie nur aus 3 oder 4 Köpfen besteht? Manch Anderer, »er sein behagliches Auskommen hatte, wird in diesem Winter die Roth der Zeit an seinem Geldbeutel verspürt haben. Und trotzdem verlangen die wackere» Hausweber keine Unlersttzung, die ihre äugen- dlicklichen Bedürfnisse befriedige, sondern sie harren geduldig auf die Maßregeln, die das ComftS zur dauernden Abhilfe der Webernoth vorbereitet hat. Und welch« sind dies? Das ComitS ist von der allgemein anerkannten Ansicht aus- gegaugen, daß die Hansweberei vor ihrem völligen Untergange nicht mchr bewahrt werden kann, daß daher das junge Geschlecht diesem Industriezweige entzogen und anderen Handwerken zugesührt werden muffe. Diesem Ziele soll ein kleiner Grundstock dienen, zu dessen Errichtung die durch di« öffentliche Sammlung ausgebrachlcn Mittel herangezogen werden sollen. Besähiatcu jungen Leuten, von denen man annehmen darf, daß sie inSkünstige höheren An Iprüchen werden genügen können, soll der Besuch einer Webe schule ermöglicht werden. Die ältere» Leute, die nicht mehr die Gaslicität besitzen, sich in einem anderen Gewerbe zu vervollkommnen, muffen natürlich bet ihrem bisherigen Berufe bleiben oder sich dem verwandten, aber lohnenderen Berufe der Seilerei zuwenden, zu dem» Einsübrungdas Loinits einen bewährten Fachmann gewonnen hat. Denjenigen Weber», die bislang ihre Webstühle nur zur Miethe hatten, sollen die Webstühle gekauft werden; allen Webern aber sollen für ihre Stühle maschinelle Verbesserungen, insbesondere Regulatoren beschafft werden. Dies ist zuin Thcile bereits geschehen. Die Gurt- web« sollen künftig die Herstellung der geringeren Gurte aufaeben uid nur die besseren Sorten sabriciren. In Menteroda, Klein- Keula, Nazza u. s. w. bleibt die bisherige Industrie (Leinwand, halbwollene Zeuge) bestehen. Endlich ist die Einführung der Beeren. Obstzucht und die Fabrikation von Beerenweinen vorgesehen, wozu sich in dankenswerthem Entgegenkommen ein anerkannt tüchtiger Fachmann erboten hat. Um nun die Erzeugnisse der Weberei und Seilerei, sowie der Beerenweinbereitung möglichst lohnend zu verwerthrn, hat das Counts die Errichtung einer eingetragenen Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht vorbereitet, mittelst deren die Erzeuger in uninittelbare Beziehungen zu den Handeltreibenden gebracht werden sollen. In Gotha soll eine Geschäftsstelle eingerichtet werden, welche die fertigen Erzeugnisse in Empfang nimmt und an die i» Betracht kommenden Geschäfte abfetzt. (Inhaber von solchen Geschäften, die mit der be- regten Genossenschaft in geschäftliche Beziehungen treten wollen, löuuen schon jetzt von dem Cassirer des ComitLS, Herrn Kausmann Krübel in Gotha, Auskunft erhalten.) LuS alledem ist ersichtlich, daß es sich für das ConiitS nicht darum handelte, der Nolhlage der Hausweber durch Bertheilung von baaren Unterstützungen eine vorübergehende Abhilfe zu schassen, sondern Laß es von vornherein daraus ausgegangen »st, «ine nach- haltiae, dauernde Besserung zu erwirken. Freilich mit dem Ertrage der Sammlungen allein lassen sich die löblichen Absichten deS Comilss nicht verwirklichen. Wenn die gothaische Regierung nicht dazu düst, dann wird man sich aus die Errichtung eines kleinen Grund stocks sür die Kinder der Weber, aus den Ankauf von Webstüdlen und auf Beschaffung maschineller Verbesserungen beschränken müsse«. Damit wäre aber noch nicht die Hälfte dessen gethan, was geschehen muß, damit ein» beständige offene Wunde endlich vernarbe Bei der Bereitwilligkeit indessen, mit der die gothaische Regierung alle guten Zwecke zu fördern beflissen ist, darf man nicht daran zweifeln, daß auch sie helfend eingreisen wird, damit auch der andere Theil Ln Absichten de« ComitLS in Erfüllung gehe, denn sie ist ja, wie Luiel Bräsig sagt, eigentlich die nächste dazu. * Wie bekannt, sind dem Bunde-rathe Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen aus Steinkohlenbergioerken, Zink und Bleierzbergwerken und aus den Kokereien im Regierung-- bezirk Oppeln zur Beschlußsaffung zugegangc». Tie Beschäftigung von Frauen hat bekanntlich in der obcrschlesischen Montan-Indusirie eine weite Ausdehnung genominen und zwar in der Weise, daß eine zroße Anzahl derselbe» auch bei Nacht arbeitet. Fast alle sind aller- )ings über 1k Jahre alt. Es »väre nun in hohem Maße bedenklich, wenn die Bestimmung der Gewerbeordnungsuovellc vom I Juni 1891, wonach die Beschäftigung von Arbeiterinnen während der Nacht verboten ist, sür die oberschlesische Montau-Industrie ohne Weiteres zur Durchführung gelangen sollte. Tie Arbeiterinnen würde» dort ihre Beschäftigung verlieren und nicht leicht eine andere wieder erhalten. Um der daraus mit Nothwendigkeit hervorgehenden Calamität vor- zubeugen, sind die dem Bundesrathe zugegangenen Bestimmungen ausgrarbeitet, welche einen llebrrgang in die neuen Verhältnisse hrrbeizuführen bezwecken. Danach dürfen bis zum 1. April 1897 Arbeiterinnen im Regierungsbezirk Oppeln auf Steinkohlen bergwerken: beim Hin- und Zurücksahren der Förßerwagen zwischen Schacht und Ausstürzvorrichtungen, bei Bedienung der Scparation-- vorrichtungen und Waschen, beim Verladen der Steinkohle, aus Zink- und Bleierzbergwerken: bei Bedienung derAufbereitungsanslolten beim Transport der Erze zum Zweck der Um- und Verladung, aus Kokereien: beim Anfahren der Kohlen zu den Lesen, beim Ein- stampsrn der Kohlen, bei Bedienung der SeparationSvorrichtungen, beim Füllen, Verladen und Umladen, sowie Transport der Koke-, beim Stellen der Meiler auch fernerhin zur Nachtzeit unter be stimmten festgesetzten Bedingungen beschäftigt werden. Aus Stein kohlenbergwerken und Zink- und Bleierzbergwerken, deren Betrieb aus eine doppelte tägliche Arbeitsschicht eingerichtet ist, sollen die Be stimmungen der Gewerbe-Ordnung über Verbot der Nachtarbeit, Maximalarbeitstag und Mittagspause für alle über 16 Jahre alte Arbeiterinnen, welch, mit den vorher ausgejührten Arbeiten be- schäsligt werden, unter gewissen Maßgaben bis zum 1. April 1902 anßer Anwendung treten. Sorialdemokratisches. 0. X. In Folge zahlreicher Vorgänge der letzten Leit (Ver haftungen von Anarchisten in Berlin und Aachen, die Vorgänge in Königsberg und im Weiteren die in England, Frankreich und Spanien) ist die allgemeine Aufmerksamkeit wieder auf den Anarchismus ge lenkt worden. Zunächst muß unbestritten zugegeben werden, daß die anarchistische Bewegung in Berlin ganz bedeutend zu- genommen hat; von de» unabhängigen Sorialisten dürste sich eine ganze Anzahl dem Anarchismus zugewandt haben; innere Streitigkeiten und Eifersüchteleien sollen auch schon seit Langem in dem Heerlager der „Unabhängigen" auf der Tagesordnung gewesen sein. Welchen.Umfang die anarchistische Bewegung angenommen hat, dafür dürfte wohl ani besten die Thatsache sprechen, daß aus einen Ausruf der unabhängigen Socialislen sofort 400 für die Anarchisten einliesen, und diese Summe dürfte heute weit überholt sein. Die Zahl der Anarchisten in Berlin anzugeben, ist natürlich un möglich; jedoch kann wohl behauptet werden, daß dieselben im Süd- osten Berlins ziemlich beträchtlich vorhanden sind. Tie Organisation ist die Gruppenbildung, wie solche unter dem Socialislengesey in einer sehr großen Anzahl Städte (u. a. Hamburg, Magdeburg, Elberfeld, Frankfurt a. M., Mainz) zweifellos bestanden hat. In Berlin ist diese Gruppenbildung zum Theil nach dem Fall des Socialistengesetzes nicht aufgelöst worden, namentlich im X. und 80. Berlins wurde dieselbe beibehalten und slellenweis erweitert; jedoch dürsten zu einer anarchistischen Gruppe nicht mehr als 11—12 Per sonen vereint sein. Von den anarchistischen Blättern hat die „Londoner Autonomie" die lveiteste Verbreitung, die Most'jchen Blätter dürsten nur in sehr geringer Anzahl aus Amerika »ach Deutschland kommen, und die anarchistische „Revoltö" hat naturgemäß nur ganz vereinzelte Leser Beziedungen der Berliner Anarchisten sollen nach Rußland hin und nach England existircn, die Fäden »ach dem elfteren Lande hin sollen über Oesterreich, noch dem zweiten Laude über Belgien gehen. Daß sich in den Reihen der Anarchisten un endlich viel verworfenes Gesindel befindet, ist zwci'ellos, und schon darum sind dieselben von dem grüßte» Mißtrauen erfüllt, das Schick sal des von ihnen als Heros geschätzten Joh. Neve könnte auch ihnen bevorstehen; aber die Thatsache läßt sich nicht au» der Welt schaffen, daß die anarchistische Bewegung augenblicklich ziemlich lebhaft und umfangreich ist. — Braunschweig, 23. Februar. Eine Versammlung von etwa 1000 beschäftigungslosen Arbeitern wurde heute wegen aufreizender Reden polizeilich aufgelöst. Siebe» Personen, welche den Polizeibcamten thatjächlichen Widerstand entgegengesetzt hatten, wurden verhaftet. --- London, 23. Februar. Ein socialistisch-anarchistisches Manifest in deutscher Sprache ist von den hiesigen Anarchisten in größerer Auslage gedruckt und »ach Deutschland und der Schweiz zum Zwecke der Agitation gesandt worden. In dem Flugblatt werden die „Arbeitsbrüder und-Schwestern" ausgefordert, die Krone, den Altar und den Geldsack umzuslürzen. Lriegervereinsweseil. * Leipzig, 22. Februar. Endlich ist das letzte Hinderniß ge fallen, das sich bisher der Vereinigung aller Kriegervereinsvrrdänöe der einzelnen deutschen Staaten zu einen» große» Reichskrieqe» verbände entgegcngestellt hatte. Diese bereits seit 15 Jahren geplante Bereinigung scheiterte bisher daran, daß eine große Anzahl äußer- preußischer Kriegervercine corporative Mitglieder des zum größten Theil aus preußischen Vereinen bestehenden großen deutschen Krieger- bundes waren und die betreffenden Landesverbände vor weiteren Schritten in der Einigungsfrage da- Verlangen stellten, daß diese Vereine au» den, deutschen Kriegcrbunde aiistreten und nur ihrem betreffenden Landesverband ausschließlich angekören sollten. Lange »vrigerteu sich diese Vereine, trotz der wiederholten Ans- orderung de» Vorstandes deS Deutschen Kriegrrbundes, diesem Per- langen »achzukomine», weil ihnen einmal die Verbindung mit deni Deutsche» Kriegerbundc eine sehr liebgewordcue war und weil andererseits auch nicht »uwesentliche peeuniäre Opfer sür die a»S- cheidenden Vereine mit dem Ausscheiden verknüpft waren. In letzterer Beziehung war es besonders das Ansgebe» der Ansprüche an die bedeutenden UntcrslützungScassc» des Teutleben KriegerbundeS. Erst als der Bundesvorstand in bestimmter Weise das Ausscheiden als ei» patriotisches Opfer sür das große Ganze bezeichnele und zugleich Len ausscheidenden Vereine» die Auszahlung des aus jede» von ihnen fallenden Tkeils des Bundesvermögens zusicherte, traten die betreffenden Vereine dieser Frage näher. Dennoch wurde es den Bezirksvorstände» schwer, die einzelnen Vereine von der Nothwendigkeit dieses Schrittes z» überzeugen und mehrere dieser Vereine weigerte» sich lange Zeit mit großer Entschiedenheit, in diese Trennung zu willige». In, Königreich Sachsen waren es drei Bezirke, Leipzig, Glauchau und Zittau mit 18 Vereinen und rund 3000 Mitglieder, die, gleichzeitig Sachsens Miliiairvereins- bund und Lein Deutschen Kriegerbundc angedörig, hierbei in Frage kamen. Die Bezirke Leipzig und Glauchau i'chiede» nach längerem Verhandeln mil Lein Bundesvorstände ii» vergangenen Jahre aus dem Deutschen Kriegerbundc aus und erhielten hierbei ihren nicht unbeträchtlichen Anthcil aus dein Buiidrsvermöge». Viel schwerer fiel es den Vereine» des Zittauer Bezirks, diesem Schritte nachzusolgen, da in Zittau vor 20 Jahren die Wiege des Deutschen Kriegerbundes tcnid. Ans den Zittauer Vereinen ist der Gedanke der große» Ver einigung aller deutschen Nriegervereine hcrvorgegangcn und that- kräslig sind die dortige» Komerade» für diese Idee cingetretc», die eine ungeahnte Verwirklichung sand. Zittau dars mit vollem Rechte als die Geburtsställe des mächtigen und Achtung gebietenden Deulschen Kriegerbundes bezeichnet werde», der über 1,000 Vereine mit weil über 'Million Mitglieder uiniaßl, zahlreiche und gut sundirtc Unlerstützungscasseii besitzt, ei» Waisenhaus sür Soldatenwaisen ein- gerichtet hat, in dem gegen 100 Kinder verpflegt und erzogen werden, und der außerdem über ein bedeutendes Stammvermögen von weit über Million Mark verfügt. Sehr begreiflich ist eS hiernach, daß cs de» Zittauer Kameraden sehr schwer siel von diesem Bunde, der durch ihre Anregung ins Leben gerufen wurde und für dessen Weitercntwickelinig sie stets mit allen Kräften einiraten, sich loszulüsen. Nach langem und chwerem Kampfe zwischen der Liebe und Ankänglichkeit zum Deutsche» Kriegerbundc und der im Interesse der Gesammivcrcinigniig aller deutschen Kriegervcrbände von ihnen geforderten patriotischen Opser- willigkeit baden sich die Ziltaucr Vereine endlich zu diesem schweren Opfer entschlossen und vor Kurzem ihren Austritt aus dem Deutschen Knegerbuude vollzogen. Mit ihrem Austritt gehört nun kein Mililairverein des Königreichs Sachsen und deS sächsischen Militair- vereinsbundeS dem Detttschen Kriegerbundc mehr an, und CacliieiiS Mitilairvereinsbund ist nunmehr Gelegenheit gegeben, der Aus führung seiner Zusicherung des Anichlusics an den Deutsche» Rcichs- kriegerverband, wenn kein sächsischer Verein mehr dem deutschen Kriegerbundc angehürt, näher zu trete». Das Hinderniß ist beseitigt, möge nun auch der in Aussicht gestellte Anschluß und die Bereinigung aller deutschen Kriegerverbände recht bald zur Thatsache werden. Lentralverein für das gesummte Buchgewerbe. Die am jüngste» Sonnabend Abend im Bnchhändlerhause unter Vorsitz deS Herrn O>. Oscar von Hase abgebaltene fünfte ordentliche Generalversaminlung des Centralvereius für das gesammte Buchgewerbe ließ durch die ausführlichen Milthei- lungen, welche der Vorsitzende über die geschäftliche Thätigkeit des Centralvereins erstattete, eine» umsaffenden Einblick in die ersprieß liche Wirtjainkeit dieier Institution zu. Ter Geschäftsbericht gedachte zunächst des Uebereinkommens mit dem Börsenvercin der deutschen Buchhändler betreffs der Uebrr- nahme der jährlichen NciiigkeitSausslellung, in welcher sür 1891 die in Büchern, Karte» und Kunstblättern bestehende» Beiträge von 604 Verlegern zu verzeichnen waren. Ter Herr Vorsitzende constalirle weiter mit beiouderer Freude, welche Beliebtheit diese jährliche N e u i g k e i t s - A n s st e l l u ng beim Publicum von fern und nah gewonnen habe. Während sie früher nur 8—Iv Tage gedauert habe, nehme sie jetzt ebenso viel Monate sür sich in Ansvruch, wobei die jede Woche etwas Ncues, namentlich Kunstblätter unter Glas und Ratniicn, bringende» Specialaiisstellungc» ergänzend einlreten. Ter fortwährend steigende Besuch drückt sich ziffer- mäßig dadurch aus, Laß die Frequenz der Besucher 188!«: 4820, 1890: 7853 »Nd 1891: 8116 betrug. In allen Reisehandbücher» hat denn auch das Buchgewerbe-Museum seinen Platz gesunden: auch das Hausbuch weist eine große Anzahl von Besuchern aus Ländern der allen und neuen Well aus. Das Buchgewerbe-Museum hat sich weseiillich vergrößert; es wurde nicht nur die Königl. Bibliographische Sammlung niit einer Anzahl von schönen Truck- und Prachlwerke», besonders auS dem 17. und 18. Jahrhundert, bereichert, sondern es nahm auch die Sammlung ganz bedeutend an Einzelblüttern und neuen Druckwerken zu, bedacht mit Gaben von Regierungs- und städtischen Anstalten, Verlegern und Privaten. Tie Gesammt- zahl der Büchergaben beläuft sich jetzt aus 4041 Nummer», worunter ost einzelne Nummern mit kostbaren, oft bände reichen Werke». Beispielsweise ist darunter das großartige, von der General-Direktion der Königlichen Kunstsammlungen gestiftete, »eit 1731 sortgcsührte Galeriewerk in 150 großen Stichen, von Le» bedeutendsten Künstlern, dann Las groß artige von der Reichsdruckerei in Benin unternommene Repro- ductionswerk: „Kupferstiche und Holzschnitte alter Meister in Nach- bildungen", welches in Verbindung mit den vordem schon heraus- gegcbenen Mappenwcrken von Initialen, Vignetten und älteren Buchschristen, sowie der Sammlung von 300 Blatt beul scher nnd ilalieinfcher Buchschriile» des 15 Jahrhunderts allein ias: e Museum sür bucügewerblichc Lehranstalten und Vereine lildn Hierzu trete» kostbare und umsangreiche Kartenwerle von Tie:riö Reimer, Justus Perthes :e., leruer die Prechtleislungeii der Geien schast sür Kunst und Wissen'chafl. Hansslängl, Keller, Gilbers uns Anderer. Das königliche Miinslerinm des Innern in Trceden lisletr eine Anzahl englischer, bei der königliche» Krei'shaiip'.inmiu chai» hier ansdcwahri gewesener Werke, meist engiischen Ursprünge -Inch ei» großer Zuwachs an Einzelblatlcrn ist zu verzeichnen. Welchen Nutzen sic bringen, das hat sich erst längst wieder erwiesen, als sic bei einer Reibe von Vorlesungen, welche ter V'.icl'tiandinng Gehilscii-Vereiu hier vcranslaltcl Halle, zur Erleulerung der Voi träge diente». Aus Allein aber wird ersichtlich, daß das Buch gtwerbcmustuin sich eines gute» Gedeihens erfreut, daß im Kreise der Gewerbsgeuosse» ein warmes Herz und ein offener Sinn vor- Hände» sind für die bereits erlaugle, aber noch mehr der Zukunft angehörende Bedeutung Vieler ersten und wichtigsten Gründung de§ Ceutiaivereins sür das gkiamiule Buchgewerbe. Tas gcsainmle Buchgewerbe ist gewöhnt, de» Bölienvcreiii der Teutfchen Buch Händler als Herrscher iin Reiche des Buchhandels zu belrnchlen. ii.i Einklang damit hal man sich gewöhnt, den Ceiilralverein als eine Art von Kultusministerium dieses Reiches anzufehen. Anerkenn»»- ür fei» Wirken im Buchhandel erkämpfend, verfolgt der Central verein sür das gefommle Buchgewerbe in feinem Teuljchen Buch gewcrbe-Muieum ein nationales, die allgemeinste Uulcrslützung ver dienendes Ziel. Diese Unterstützung wird ihm denn auch durch das Entgegen kommen der königl. Regierung i» erfreulichster Weise zu Tbcil. nicht minder von anderen ihm wohlwollenden Seile». So isl dem. an einein recht süglichcn Vorwärtskomnieii der höchst ersprießlich wirkenden Inllittiliou nicht zu zweifeln. Es sei dann einrr weiteren Angelegenheit gedacht. Im Jahre 189', aßte die hiesige Typographische Gesellschaft, welche feil Jahren eine rege Thäligkcit fürdie Förderung und lechuifche Ausbildung ihrer größten- theils ans lüngcren fttcbiamen Gklstlsen befiel enden Milgliedcr entwickelt, den Plan, einen Lehrgang sür Sullehre niid Lrnamcnljcichnk», ver bunden niit praktischem Ciuwerse» von AeeiLeiizarbeilc» ins Leben zn rufe». Ties inachle in dem Ccnlralvcrci», welcher der Sache eine größere Fcsligkeil verliehen haben wollte, tc» Wunich rege, den Plan durch die königl. Kunslaladciiiie ausgcführt zu sehen. Dem stumm das königl. Ministerium auch zu und beschicd, daß ei» CurstiS sü. tlipographischc- Zeichnen sür reifere Typographen versuchsweise ein gerichtet werde» solle. Es isl damit eine Einrichtung zur weiteren Nutzbarmachung der königl. Kunstakademie sür die graphische» Künste und Gewerbe ins Leben getrelen, der hoffentlich bald wichtigere folgen werden. Eine weitere Angelegenheit, welche sür die richtige Aussassun' der Stellung des CcMralvcrcins im buchgewerblichen Staate sprich! ist die beabstchligte buchgewerbliehc Eollceliv-AussleUung in Chicago, zu deren Turchinhrung und eifrigster Unterstützung sich der Ccnlra verein bereit erklärt bat. Es steht zu erwarte», daß aus dies Initiative Hst» der deulsche und der Leipziger Buchbandel durch ein, umsangreiche Bclhciligung das Werk fördern und glanzvoll gestalte! Helsen werden. Bei den »ach Erstattung des Berichts vorgkiioliinieiicii Wahlen erdiellen die Mitglieder des gtjchaslssuhreiidc» Ausschusses, di, Herren vr. Oscar von Hase zBrcstkops Sr Härtel), Heinrich Jlinsch (Ferd. Flinsch) und E. A. Seemann das Mandat. Bor Schluß der Versainnilnng gedachte noch der Vorsitzende Herr l)r. von Hase in ehrenden Worten der großen Verdienste welche sich der Heimgegangene Herr Geheimrath Proscssor Or. Za rucke, der Vorsitzende der akademischen Commission, um den Centralverein sür LaS gesammte Buchgewerbe erworben hol —w. Gemälde-Ausstellung der Kunsthandlung vvn Klug. LlZeger ju». (Thomaskirchhos, Steckner's Durchgang). Die Wegcr'sche Kunsthandlung sorgt in ihren Auslagen fortdauernd sür Abwechselung: auch neuerdings hat sie wieder eine Reihe guter Gemälde ausgestellt. Besonders sällt ins Auge ein hübsches Oelbild vo» Franz Schreher in Dresden, ein anziehendes römische: Campagna-Motiv darstellend. .Xgun Olaucki» betitelt, zeigt es im Vordergründe die imponirenden Reste der Claudi'schen Wasserleitung, während wir in weiter nebelhafter Ferne die ewige Stadt erblicken Auguslsonnige Tagesstiiiiinuna breitet sich über das Bild, da- durch geschickte Behandlung der Lustpcrspective eine überraschende Tiese erhalten hat. lieber diesem Gemälde finden wir ein Aquarell vo» hohem malerischen Reiz, ein Motiv aus der Grimsel, von Professor Je n n y - Hamburg. Von G r a b' s - Düsseldorf „Saßnitz' bat daneben Platz gesunden, ein Stück grau leuchtender Lstscespiegel mit ini Abendschein erglänzender Strandstaffage. Rocßler-Münchcn, einer unserer gesuchtesten Genrcmaler, bekundet in seinem „Landsknecht" und „Mutterglück" wieder die glücklich Wahl seiner Motive und die gemüthvolle Behandlung derselben Weiter erwähnen wir eine „Winterlandschast" von Georgius Leipzig, eine Schneclandschaft mit Wildstaffage in warmer Abend slimniung. Unter dem Schreyer'schen Bilde bemerken wir eine von Wolfs-Düsseldorf in Aquarell ungemein frisch ausgesührte Land schast „Rheinebenc bei Düsseldorf"; in einem nach dem Vordergrund sich wendenden Flußlause spiegelt sich eine stattliche Baumgruppe. während rechts der Blick sich in einer dusligen, vom Avendhimmet be leuchteten Ferne verliert. Auch Aug. Wegerzuu. selbst hat wiederbe achtenswerlhc Werke ausgestellt, von Lenen wir besonders das nach Photographie in Pastell gemalte Portrait des Componisten Bülow hervorheben wollen, ferner zwei nach Photographien gemalte Kreide bilder. Auch sonst weist die Auslage noch zahlreiche Neuheiten in Photographie», Stichen, Emailbildern, Lopien in Aquarell re. au), die wir der Aufmerksamkeit des kunstliebenden Publicums gern empfehlen. 0. 9. Antworten auf die an ihn gestellten Kreuz- und Querfragen lauteten so bestimmt, so offen und ehrlich, so ohne jeden Widerspruch, daß eS kaum möglich war, das Verhör mit ibm sortmsetzen. So wurde er entlassen, doch nicht ohne die Mahnung empfangen zu haben, sich aus dem Pfade der Tugend zu erhalten. Still und ernst verließ Jakob Brenner das Polizei-Bureau, wie Bergeslast laaes aus seinem Herzen. Jede- absichtliche und unabsichtliche Wort deS CommissarS hatte ibn in tiefster Seele getroffen; daS mit ihm vorgenommene Verhör schien all' die düstern Gedanken, welchen Jakob sich seit seiner frühesten Jugend bingcgeben, zu bestätigen. Es war eben nutzlos, weiter darüber nachzusinnen; wa- er beute in Er fahrung gebracht, wußte er lange: Jeder unselige Unfall im Lebe» konnte ihn in den Augen der Well zum Verbrecher stempeln. Er langte nach vrrbältnißmäßig kurzer Zeit wieder in der Fabrik an. Seine Kameraden hatten die Thür seit seinem Fortgange kaum aus den Augen gelassen, und als sie Brenner so bald wieder eintreten sahen, machte sich in den meisten Gesichtern der Arbeiter eine Enttäuschung bemerkbar. Nur die Züge deS Werkmeister- Grünwald, der Jakob'S Rückkehr mit großer Ungeduld erwartet, erhellten sich, er batte gewisse Befürchtungen nicht unter drücken können; der welterfabrene Mann wußte, welchen Einfluß der einstige Aufenthalt de- jungen Mannes „Am Demibardt" auf die Verstärkung eines etwaigen Ver dachtes auSüben würde. Er näherte sich aber Jakob nicht, um ihn etwa über den AuSzang de- Vrrbör- zu befragen, sondern wartete die Mittagszeit ab und erinnerte ibn dann nur an daS von ihm gegebene Versprechen, ihn am Abend in seiner Häuslichkeit zu besuchen. Jakob sagte, daß er sein Versprechen nicht vergessen habe, er werde gern kommen. Damit sprach er die volle Wabrbeit. In seinem Herzen war ein Gefühl unbeschränkter Dankbarkeit sür den Mann, der ihn nun schon eine Weile über den Wogen de« Leben-, die ihn zu verschlingen gedroht, hockaehalten Er batte da» Bedürfniß, Trost zu empfangen, den Sturm seine- Innern zu beschwichtigen, der ihn ost sinnlos vor Schmerz machte. In der Mittagsstunde ging Jakob nicht, wie sonst, zum Essen, sondern eilte zu seiner Mutter, sie zu beruhigen und ihr za sagen, daß die Angelegenheit i re vollständige Erledigung gesunden, ferner, daß sie ihn am Abend nicht erwarten solle, weil er denselben bei dem Werkmeister Grünwald verbringen würde. Frau Hedwig war beruhigt, nur konnte sie eine Besorgniß über da« Au-sehen ihre- Dohne- nicht unterdrücken. Jakob sah au», al- habe er eine lange Krankheit überstanden, so bleich und verfallen. Der Tag verging dem jungen Mann noch in qualvollster Unruhe, unablässig pockte und hämmerte cs in seiner Brust, als wolle das Herz zerspringen. Erst in dem behaglich durch wärmten Gemache des Werkmeisters wurde idm leichter, ein leises Roth kebrte in seine bleichen, hageren Wangen zurück, als er die Tochter seines gütigen Freundes mit wolilihuendcr Sorge um sich bemüht sab. Ein Blick des aufrichtigsten, herzlichsten Mitgefühls auS Irenen - Augen, dem er begegnet war, trieb daS Blut schneller durck seine Adern. Es gab wirklich Menschen, die ibm freundlich gesinnt waren, obgleich er nichts getban, sich eine solche Gesinnung zu erwerben. Unter lebhaftem Gespräch über allerlei Dinge, die weit von den Gegenständen entfernt waren, welche den jungen Mann unablässig beunruhigten und quälten, wurde daS Abendessen eingenommen. Im Lscn flackerte ein behagliches Feuer, welches ab und zu von einem durch den Schornstein berabsahrenken Windstoß zu bellerem Aufflackern entfacht wurde. Auf einem Seitcntische stand ein blanker Messing- kessel, in welchem daS Wasser allerlei M-lotien summte, erst leiser, dann lauter, aber scheinbar nur, »in die Traulich keit deS Raumes zu erhöhen. Ohne jedwede Geschäftigkeit einer Hausfrau, die nickt selten unbehaglich wirkt, sorgte Irene in einer Weise für den jungen Gast ihres Vaters, die wobltbucnd berühren mußte. Jakob Brenner vergaß in dieser Umgebung beinahe, was ihn gestern und heule so schwer bedrückt, in ibm war ein Gefühl, daS ibn ent schlossener in die Zukunft blicken ließ Die Erinnerung an die Lehren de« Werkmeisters übte eine stählende Wirkung aus ihn auS. Seit diesem Tage war Jakob noch öfter Gast in ter Grünwald'schen Wohnung. An Sonntagen machte er auch mit dem Werkmeister und dessen Tochter Spaziergänge. ES war ein ungewöhnlich kalter Winter geworden, aber die sonnenhellen Tage machten den Frost weniger empfindlich, mochten auch die Eisblumen Morgens noch so dick an den Fenstern sein, sie glitzerten im rotbgoldenen Sonnenlicht und machten kaum den Eindruck von star.er Winterkälte. Jakob fühlte sich leichter und srobcr als seit langer Zeit. Die Gedanken an die einzige Unterredung, welche er mit seinem Onkel Karl Brenner gebabt, drückten ibn nickt mehr zu Boden, denn er batte demselben gegenüber feste Stellung genommen. Entschlossen, dem Manne nichts zu danken, rbe nickt daS Dunkel der Bergangenbeit sich erhellt, arbeitete er eifriger und angestrengter, als je zuvor, um sich die ibm ;u- gcwendrte Theilnahme zu verdienen. Sein Wochenlobn war erhöht worden, er batte jetzt seine Beschäftigung unter den älteren Gesellen und litt hier auch weniger unter der offenen »nd versteckten Feindschaft jüngerer Kameraden. Mit den Gefühlen, die er für den Fabrikberrn kurze Zeit gehegt, und die weit von denjenigen entfernt waren, welche die Pflicht gegen seinen Later ihm auferlegte, war er bald fertig geworden. Er hatte sich durch die glatte Außenseite eines Mannes täuschen lassen, der doch kein Herz in der Brust batte, selbst wenn er nicht ganz so schuldig war, wie die Mutter ihn gebalten. Auch der Gedanke an Kordel Nachmann betrübte ibn noch und in schleckten und käßlicken Träumen sah er daS Kind oft vor sich, wie eS mit seinen großen Augen ihn bilseflebend an- blicktc. Bon dem Kinde war keine Spur mehr aufgefimtcn worden, trotz aller angestclltcn Nachforschungen. Zuin Glück kalte Jakob keine Ahnung, daß er noch immer der Gegenstand aufmerksamer Beobachtung von Seiten der Polizei war, da Frau Greve bei ihrer Behauptung, Jakob Brenner habe das Kind beseitigt, verharrte. Weihnachten niit seinem Lichterglanz und Tannendust war v"rüber, und bald daraus trat Tbauwettcr ei» Der Schnee, welcher ungewöhnlich hoch gelegen, verwandelte sich in eine schwärzlich-grauc Masse, durch welche Menschen, Wagen »nd Thierc sich nur iiiit Mühe biiitnrcharbcite» konnten, da cö unmöglich war. den Schmutz schnell zu beseitige». Auch daS Eis schmolz, krachend zerbarst die feste Decke des Stromes und in tollem Wirbel, sich überstürzend, aus- thürmcnd, dann wieder sich auScinandcrwälzcnd, ging es stromabwärts. Die Schisser batten z» bergen, sic mußten unablässig tbätig sei», an'S Land zu ziehe», »m Kähne und Flöße festzuballcii. Und bei dieser Gelegenheit war oberhalb der Statt ein schlimmer Fund gemacht worden. Tie Eisschollen batte» die Leiche eines Kindes an'S Land gedrückt, in einem grauenhaften Zustande. Tiese Nachricht ging durch die Zeitungen, und einer der Ersten, welcher davon hörte, war Jakob Brenner. Abermals mußte er seinen Weg aus die Polizei nehmen, dieses Mal nicht allein, sondern in Begleitung eines Polizcibeamten. WaS er empfunden, als man ikn in später Abcndslu.ite auö dem Hause seiner Mutter abbolte, läßt sich schwer beschreiben Halb bewußtlos war er dem Beamten aus die Polizei gefolgt. Hier angclangt, batte er abermals ein stundenlanges Verhör zu besteben, trotzte», er nichts auSsagen konnte, als was er früher bereits erwähnt hatte Er machte jedock durch seine ganze Art dem Polizcicommissar den Eindruck eines Schuldigen. Zitternd stand er da, sich sichtlich nur mit Anstrengung ans den oüßen erkaltend. Sein Gefickt war leichenblaß, kalte Schweiß tropfen standen vor seiner Stirn, er süblte sich wiederbolt einer Obnmacht nabe und gab seine Antworten nur mit leiser und unsicherer Stimme. Der ersabrcne Beamte nahm diese äußeren Zeichen sür Schuldbcwußtsein und glaubte, mit doppelter Schärfe gegen Brenner vorgeben zu müssen, weil er ibn bei dem ersten Berbör mit so leichter Mühe zu der Ueberzcugung von seiner Unschuld gekrackt. In dem letzten Augenblick, als Jakob der Meinung war, daß nun da« Verhör wohl beendet sei, langte der Eommissar unter den Tisch und blitzschnell hielt er dem jungen Mann ein blau und roth carrirteS Tuch unter die Augen. Die plötzliche Bewegung war cS, die den furchtbar er regten Brenner erschreckte, nickt der Anblick de- Tuckes selbst Aber er taumelte förmlich zurück, und seine Augen, welche einen verglasten Ausdruck angenommen, starrten unverwandl auf das Tuck. „Kennen Sie daS Tuch, Brenner?" lautete die rasche Frage des EcmmissarS. Er gab keine Antwort, sondern machte nur eine schluckende Bewegung, kein Wort wollte über seine Lippen, auch dann nichi. als die a» ibn gerichtete Frage wictcrboll wurde. „Ick will Antwort", donnerte die Sriiumc des Beamte» „Ich — ich kenne cs. Ick babc solche Tücker." „Ab! Wein gaben Sie eins davon?" „Kordel Nachniann", kam cS heiser von seinen Lippen Sein Gefickt war jetzt erdfahl, während die Mienen de- Eommissarö sich mcbr und »lehr erhellte». Er balle berei!:- dic Hoffnung aufgegcbcii, kiesen verstockten Sünder zu irgend einer Acußer»»g zn bewege». „Bei welcher Gelegenheit?" fragte er weiter. „Damals, alS ick sic in der Hausflur gesunden. Sic srcr, »nd ich batte nicht« weiter, was ich ihr zum Schutz geben konnte." Die Worte waren in gleichmäßigem Tenc gesprochen, die Stimme tcö junge» Mannes balle eine» blecherne» Klau.:. „Sie sind wabrlich nickt um Ausflüchte verlegen", sag!: der Beamte höhnisch. „DaS Weitere wird sich sinken. Eiuft weile» sind Sic i» Untersuchungshaft. Ich sage Jbncn mi. noch, daß ein offenes Gcständniß Ihre Lage allein ver bessern kann " Jakob Brenner wurde von rincni Polizcibeamten in eine Zelle sür Untcrs»chu»gSgesange»c gcsübrt. Er war jetzt i.i der Tbat »»empfindlich sür jeden schmerz, überhaupt sür jedes Gesübt. Er batte sogar die Fähigkeit de« Denkens vc. lorcn. Als er zum Bewußtsein seiner Lage erwachte, dämmerte graue« Morgenlickt durch das vergitterte Fenster seine» Zelle, er wußte aber nicht, ob er gelchlasen oder sich wachend i» einem bewußtlosen Zustande bcsiinke» balle Ter Polizcibeamtc zweifelte nicht an der Sckuld deS jungen ManncS. Wenn nach seiner Meinung nock eine Unsickerdeit in Bezug aus Schuld oder Unschuld Brenner s Vorgelegen, so iiiiißlc diese schwinde» bei der Eonfronlaiion des Gefangenen mit der Kindcslcichc. Bein» Anblick derselben war Jalob Brenner bewußtlos zusammengeslinken, man Halle ihn ohn mächtig in die Zelle zurückbringen müssen. (Fortsetzung folgt.)
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