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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920226027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892022602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892022602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-26
- Monat1892-02
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Nanftädter Ltemweg l . ^ ^ Lchumui.ratze.5 per- Lvestvlatt 3Ä perr u. IMlNUU, . »i lanlr« Y-rkstratz- !»« iE-- v-rr u. Colonialwaarenhandlung. Colonialwaarenhandlung. Arndtstraste 35 Herr L. O. Llttel, Colonialwaarenhandlung. Beethovenstraste 1 Herr Hieoü. Roter, Colonialwaarenhandlung. Brühl 80 (Ecke Goethestrage) Herr Rerm. 1le88ke, Colonialwaarenhandlung. Frankfurter Ttraste 11 Herr Krn8t Hro8, Colonialwaarenhandlung. Löhrstraste 15 Herr tAnnrü Retrer, Colonialwaarenhandlung. Marfchnerstraste 0 Herr Raul 8ekrelder, Drogengeschäft. Nürnberger Straße 45 Herr Ll. L. 41dreel»t, Colonialwaarenhandlung. ^ Zeitzer Straße 35 Herr V. Lüster, Cigarrcnhandlung. , Eiienbahnstraffe 5. in Anger-Crottendorf Herr Rodert Krelner, Zwcinaundorfer Strafe 18. in Neustadt Herr r. ' Zschochersche Straße 7n. - Arm. Pkeker, H-rmmmft.atz. I. - P,»,w.tz S-" l. » MeuvtNtz -vcr ..'7,. ^ VT-,Miiit.-Iitieickält. Leivriaer Colonialwaarenhandlung. - Gohlis Herr Hl. Rrltrsede. Mittelstraße 5. » Lindenau Herr Rü. R. Hüller, Wettiner Straße 51. Herr üv'ruü? >Veder, Mützengeschäft. Leipziger Straße 6. in Thonberg Herr R. RUvtsed, Neitzenhainer Straße 58. ZUM 85jährigen Gedenktag der Gründung der nationalliberaleu Partei. i. X. 1,. 6. Am 28. Februar 1867 hat sich die national- liberale Fraclion des Reichstags unter dem Vorsitz des Herrn von Bennigsen constiluirt. Es traten derselben vorerst 53 Mitglieder bei, denen in den nächsten Tagen noch mehrere folgten, so daß die Fraclion alsdann aus 7l Mitgliedern be stand. Der 28. Februar ist damit als der eigentliche Geburts tag der Partei, wenigstens in ihrer parlamentarischen Ver tretung, zu betrachten, nachdem im Lande, in Halle, in Hannover, in Mecklenburg und anderwärts schon in den vorangegangenen Monaten Parteibildungen von landschaftlich beschränktem Umsang unter dem nationalliberalen Namen staltarfunden und im preußischen Abgeordnetenhaus am 17. November 1866 eine „nationale Fraktion" unter den nach- berigeo Führern der nationalliberalen Partei (Hammackcr, LaSker, Twesten, von Unruh u. A.) sich gebildet hatte. Bon den 71 Mitgliedern, welche anfangs die nationalliberale Fraktion drS Norddeutsch«, constituirrndkn Reichstags bildeten, ist dermalen nur noch der Abg. v. Bennigsen parlamentarisch ihätig, mit kurzer Unterbrechung andauernd seit jener Zeit. Die nationallibcrale Partei kann sich rühmen, von allen heute bestehenden die älteste zu sein Am l2. Juni l867 verein barte die nationallibcrale Partei ihr erstes Programm. Das selbe rechtfertigte die Antheilnahme der Partei an dem Ver- safsung«- und Einigunz-werk, erwähnte die in den neuen Landc«theilen Preußen- zu befriedigenden Bedürfnisse und die befreienden Aufgaben der Bundesgesetzgebung auf allen Gebieten. Ja dem am 3l. August l867 gewählten ersten ordentlichen Norddeutschen Reichstag zählte die nationalliberale Partei 85 Mitglieder, wozu durch die ZollparlamentS-Wahlen von 1868 eine größere Anzahl von Süddeutschen binzutraten. Tie ReickStagSwaklen von I87l ergaben für die Partei 150, >874: 151. 1877: 126, 1878: 97, I88l: 45, 1884: 50. 1887: 98, 1890: 4l Mit glieder. Ter numerische Rückgang der parlamentarischen Ver tretung war namentlich durch die am 30. August 1880 voll zogeue Absplitterung der „Secessionistcn" veranlaßt, welche bas liberale und vesondcrS das sreihäntlerische Princip infolge der um jene Zeit cingetretcncn schutzzöllnerischen Richtung unserer Zollpolitik schärfer betonen zu müssen glaubten. Tie Anregung zu einer neuen Neorganifation und einem frischen Aufschwung der Partei ging kann von dem am 29. Mai 188l in Berlin abgebaltenen Parteitag au», welcher u. A. die Bereitwilligkeit zur Unterstützung der Locial- reform und die Ausscheidung der Fragen der Zoll- und Handels politik von dem Parteiprogramm auSsprach. Dir von süddeutschen Führer» der Partei auSgedende Heidelberger Erklärung vom 23. März 1884, welche der Berliner Partei tag vom >8. Mai 1884 gutbicß, führte die Reorganisation und Befestigung der Partei weiter, ebenso wie zahlreiche i» den nächsten Jadren nachfolgende große Parteiveriaminlungen und Kundgebungen der verschiedenste» Art. Tie Thalsache, daß trotz der gegenwärtigen verhält»ißmäßig geringe» Vcr- treterzadl im Reichstag die nativnalliberale Partei noch bei den längsten RcichslagSwahlen 1 177 807 Stimmen aus brachte und nur vom Ceutrum und den Socialtemokraten um ein Weniges übertrofsen wurde, beweist, daß die Partei auch heute noch den breitesten Boden im Volke einnimmt. Im preußischen Abgeordnetenhaus und 'N andern d-Nischen LaudeSvc.lretungen bat sie sich noch beständiger a s ausschlaggebenden Höhr erhallen. Leivziq. 26 Februar. * Der BundcSratb bat ,n seiner gestrigen A<?ung unter dem Vorsitze des Herrn SlaatSsecrctairS v. Bötticher den Ausschuß Bericht über eine Eingabe des Gc,cha,tSauSschusscS des deutschen AcrzlevereinS Bunde», betreffend die ärztlichen PrüsungSvorschrislen. dem Herrn Reichskanzler uberw>e,cn sodann den AuSschuß-Berickten über den Antrag Preußens, betreffend den Gesetzentwurf wegen Abänderung von Beitim- munaen de- Strafgesetzbuchs, de« GerichtSverfaisungS-GeictzkS und teS Gesetzes vom 5. April 1888 über die unter AuS- scklnß der Lcffcntlichkeit statlfindcnten Gerichtsverhandlungen zugestimmt. Ter Antrag Braunschweig», betretend den G^sb entwurs wegen Ahänderung des tz. 184 de- «trasgesetzbuch«, wurde zurückgezogen. . * Dem BunreSratbe ist ein Aulrag zugegangen, der die Gebiete, für welche die Bestimmung de- H 34 Ziffer 1 de« Invalidität«- und AlterSversicherung-gesetzeS bezüglich deS Rubens de« Anspruchs auf Invaliden- und Alters rente ausgeschloffen sein soll, zu erweitern bestimmt ist. Tic Bestimmung des tz. 34 Ziffer 4 soll auch für die öster reichischen Bezirlsbauptmannschasten Bischofteiniy, Dachau und Plan außer Kraft gesetzt werden. * Nachdem der letzte deutsche Handwerkertag sich fast einmüthig für die Ausdehnung der Unfallversicherung auf da« Handwerk ausgesprochen Kat, wird diese Frage, besunkcn hat, der Lösung entgegengefübrt werten Ucber die Ausführung des Planes bat da« NcichS-VersicherungSamt schon vor einigen Jahre» eine längere Tcnkschrist auSgeardeitet. Darin sind die Schwierigkeiten, welche sich bei der Unterstellung de« Handwerk« unter die UnsallversicherungSpslicht bemerkbar machen, nicht verkannt. Um dieselben zu überwinden, ist e« natür lich, daß die Unfallversicherungs-Organisation sich beim Hand werk anders gestalten muß al« beim Groggewerbc Man wird namentlich aus eine Verringerung der Ausgaben für die Ver waltung und ferner, wenn angängig, für die NcservcsondS Bedacht nehmen müssen, um die Belastung des Handwerk- möglichst leicht zu gestalten. Immerhin wird daS Handwerk für die Unfallversicherung Opfer bringen müssen, dafür dann aber auck die Gewähr haben, daß c« beim Bezüge von Arbeite krästen nicht schlechter gestellt ist als da« Großgewerbe. * Die nativnalliberale Fraktion des preußi schen Abgeordnetenhauses hat ihren Borstand ge wählt. Derselbe besteht aus den Herren v. Benda, 1>r. v. Euny, vr. EnnccceruS, v. Eynerii, Francke, 1)r. v. Gneist, I)r. Hammacher, Hobrccht, Holiermann, Sevffardt. Vorsitzender ist Herr HobreHl, Stellvertreter Herr v Benda. — Auch die Wahlcommission der nationalliberalen Fraclion (zur Vorbereitung von Eommissions und anderen Wahlen) ist neugewählt; sic besteht au« den Herren Holiermann, Knebel, Or. Oetker, Olten«, v Schenckendorff, Scysfardt, Schmieding, Tannen. Vorsitzender ist Herr Seyffardt. * Aus Biedenkopf in Hessen-Nassau war eine Eingabe gegen das Volksschulgesctz an das Abgeordnetenhaus und mit einem Begleitschreiben auch an den Vertreter deö dor- , tigcn Wahlkreises, den nationalliberalen Abgeordneten Land- > gcrichtSrath Bork, eingeschickt. In seinem Antwortschreiben Fsuilleton. Die Dennhardtsbrü-er. ns Socialer Roman von A. Lütetsburg. «»«ddiuck »erdile». (Fortsetzung.) Arme Kordel! Armes kleine« Ding! Mit den Jabren war die Erinnerung an sie in den Hintergrund gedrängt worden. Zwar hatte er noch manches Mal wachend und im Tranm ihre großen, traurigen Augen auf sich gerichtet gesehen, aber nach und nach gedachte Jakob doch der kleinen Jugendgespielin seltener, und vielleicht würde die Zeit nicht mehr fern gewesen sein, in welcher ihr Bild völlig verblaßt zurückgetreten wäre, wenn der Gedanke an sie nicht durch den unerwarteten Anblick ihre« Portrait» so plötzlich wieder lebendig geworden wäre. Aber was wußte Han«, sein Bruder, von ihr? Jakob batte keine Ahnung davon, daß er sie jemals wiedergesehen haben könne nach dem Tage, an welchem ein herzloser Mensch da» kleine, hungernde Geschöpf von der Schwelle seine« Hause« gestoßen, daß e« taumelnd ,n den breiten Rinnstein gestürzt war. Konnte da« Bildniß ausschließlich seiner Phantasie ent sprungen sein? Er verneinte diese Frage. Dabei fühlte er sich von einer nicht zu beherrschenden Aufregung ergriffen. Er mußte zu dem Bruder, diesen befragen Zwar zögerte sein Fuß. Zwischen Han- und ihm war irgend etwa«, da« jede An- näberung ausschloß. E« war eine seltsame Eigenschaft Jakob'«, die er allen Bevorzugungen ,um Trotz, welche er in Folge seine« Fleiße« und seiner angestrengten Thätigkeit er fahren, nicht ablegrn konnte, daß ei in sich noch immer den Arbeiter der Brenner'scben Fabrik sah, während er den Bruder al« hoch üver sich siebend betrachtete. Han« Brenner war allerdings ein Mann geworden, dessen äußere Erscheinung ihn in die Reibe von Menschen stellte, denen er. seiner früheren Umgebung nach zu urtbeilen, nicht hätte angeboren können. Er hatte sich selbst al« einen ungewöhnlichen Menschen betrachten gelernt. Die Mutter, der Lehrherr, endlich Derjenige, der ihn heimlich die langen Jahre unterstützt und ihm die Mittel, sich ausschließlich seinen künstlerischen Neigungen zu widmen, in reichlichem Maße ge währt hatte, näprten in ihm da« Gefühl. Jakob schien e« immer, al« ob er nicht mehr zu Han« paffe, oder vielmehr, als »b derselbe sich durch seinen Anblick in eine Zeit zurück- Msitzt fßhl«, <m welch« zu dmkrn für beide Thrile nicht an genehm sein konnte. So hatte er den Bruder niemals be lästigt, eia Jeder mußte seinen eigenen Weg verfolgen. Aber er mußte ihn doch nach Kordel Nacbmann fragen. ES war gewiß eine seltsame Idee. Sic war ja todt. Er hatte eine« Tage- ihrer Leiche gcgenübergcstandcn! Entsetzlich! Er konnte in derselben zwar nicht mehr die kleine Kordel erkennen, aber doch war chm niemals ein Gedanke gekommen, daß sie e« vielleicht nicht gewesen sei. Gegen Abend lenkte er seine Schritte der Wobnunst de« Bruders zu. Derselbe bewohnte ein elegantes Quartier in einer der vornehmen Straßen, er hatte ja schon seit etwa zwei Jahren seine gesammlen Arbeiten zu guten Preisen verkauft. Als Jakob die breite Treppe zum ersten Stockwerk Hinanstieg, hatte er daS Gefühl eines aufrichtibcn Schmerze- daß er nicht leichteren Herzen- zu seinem einzigen Bruder gehen könne. Er fand Hans dabeim, in seinem Atelier. Für einen Ansänger waren die Räume, welche er bewohnte, jedenfalls außerordentlich elegant ringcricdlet. Aber Jakob dachte nicht daran, zu fragen, woher der Glanz und die Pracht komme, eS dünkte ihn für den Bruder natürlich, zudem wußte er, daß derselbe einen reichen Gönner batte. Seine Sache wäre eS freilich nicht gewesen» Geschenke rntgegenzunehmen, aber bei dem Bruder war eS etwas Anderes. Han» empfing den Bruder freundlich und schien wirklich erfreut, ibn zu seben. In der Tbat! Jakob war eine vor nehme Erscheinung, ein Mann, dessen er sich auch in seinen Bekanntenkreisen nicht zu schämen brauchte. AuS dem menschenfeindlichen Philosophen war ein brauchbarer Mensch geworden, wie eS schon die äußere Erscheinung desselben zeigte. Er war tadellos gekleidet, von dem kleidsamen Hut bi» zu den Handschuhen und Stiefeletten. Nichts ließ an ihm den Mann aus der vornehmen Gesellschaft verkennen. Jakob fühlte sich durch dir Begegnung minder befriedigt, er war beklommen beim Anblick de« Glanze« und der Pracht, die Hans umgab. „Warum kommst Du so selten, Jakob?" begann der Maler mit Wärme. Er glaubte eine Verlegenheit in dem Wesen seine- Bruder- zu bemerken, und wenn diese Tbat- sachr auch nach der einen Seite hin seiner Eitelkeit schmeichelte, so war er doch nach der anderen hin zu gutmüthcg, um sich nicht peinlich davon berührt zu fühlen „Och denke. Du bist zu beschäftigt, Han«, und mir fehlt e« ja auch nicht an Arbeit," gab Jakob ruhig zurück, indem er der stummen Einladung seine« Bruder«, sich zu setzen, folgte. „Mich treibt etwa« Besondere« zu Dir. — Du wirst Dich Wundern, aber —" Seine Gesichtsfarbe verdunkelte sich, während er sprach, und es hatte den Anschein, al« befinde er sich in peinlicher Verlegenheit, al« suche er nach Worten. „Ich war bei Mcrgener", fuhr er nun mit sichtlicher Anstrengung fort. „Ah!" machte der junge Künstler, indem er ven hübschen blonden Schnurrbart strich, wäbrcnd seine Augen Heller aus- leucbteten. „Die Bilder gesallen Dir — nicht wahr? Es sind keine großartigen Sujet», aber sie finden ihre Bewunderer. Welches von beiden Dingern sagt Dir am meisten zu?" Ich kann da« nicht sagen. HanS, ich sah nur da« eine." Natürlich waren sie wieder umstellt. Kann mir daS schon denken. So ist nun da« Publicum, in solchen Fällen ist e« gar nicht zu halten. Du hättest da« Anseben aber auch billiger haben können, wenn Dn nach brüderlicher Art Dich nur ein einzige« Mal in mein Atelier bemüht hättest. Wir werden Beide zusammen zu Mcrgener gehen, morgen srüh, vor Oeffnnng des Saale«." O nein, da« war cs nicht. Ich würde wohl Platz ge funden haben, die Bilder zu betrachten, obgleich e« sehr llbersüllt war. „Etwas Andere« sübrt mich der. Ich möchte wissen, ob — wie —" Er stockte, sägte dann aber plötzlich, wie einem raschen Entschluß folgend, hinzu: „Ist die kleine Bettlerin ein Gebilde Deiner Phantasie?" Hans blickte den Bruder verwundert an. Die Frage überraschte ibn. „Wie man « nehmen will Nicht wahr, ähnlich ist Kordel Nacbmann? Du hast sie wieder erkannt?" Jakob atbmete tief und schwer, sein Gesicht war bleich vor innerer Erreguna. „Ja, äbnlicd ist sie. So erblicktest Du sic zuletzt?" „Als Vettelmädchen, allerdings. Dock würde sie als solcke« sckwcrlick in meiner Erinnerung basten geblieben sein. Erst neulich, al- ich sie wicdersah, wurde sie mit Allgewalt in mir lebendig. Lie ist doch ein herrliche» Geschöpf. Mich wundert nicht mcbr, daß sic mich als Knaben noch eine Zr,t lang so lebhaft beschäftigte. Ich habe mit Künstler- äugen acseben. Schon das Kind war eine vollendete Schön- heit. ES freut in.ck beinahe, daß da« Bild einen so großen Eindruck auf Dich gemacht hat. Aber wa« ist Dir. Jakob > Du siebst nicht gut aus." , " ». i" der Tbat regungslos, bleich wie der Tod. m,t wc,tausger,ffenkn Augen da. Nun athmele er lies aut .'"ne Wangen zurück. 1 em Mißverstandniß, ein Jrrthum zu Grunde lieaen Wie hatte er sickiso überwältiarn lassen können? ^ „Deine Worte erschreckten mich, HanS. Du weißt. Kordel Nachmann ist lange todt?" -">„c,«°roei dru?Bruder* ^ Staunen«, der Verwunderung an „Seit wann?" Ä'-ff!nd,w"^"' ^ man hat ihr. L..ch. „Davon weiß ich wahrlich nicht«, und jedenfalls bist Du mit Deiner Meinung in einem großen Jrrthum besangen, denn Kordel Nachmann lebt. Noch vor vierzehn Tage habe ich mit ihr gesprochen. Sit ist bei K ... . engagirt." Wieder holte Jakob Brenner tief und schwer Atbem. Ihm war'-, als drehe sich die Welt mit ihm im Kreise. War e« denn möglich, konnte e« denn möglich sein? Kordel Nachmann lebte! Er erhob sich von seinem Sitze „Hans, ich hoffe. Du machst Dir keinen furchtbaren Scherz mit mir", rang e» sich mühsam von seinen Lippen. „Es wäre eine Sünde, die Du niemals verantworte» könntest. Ich weiß, Du hast nicht« von jenen Dingen er fahren, die mich eine« Tage« in den Verdacht gebracht, ei» Mörder zu sein. Mein Bciicbmen mag Dir seltsaui erscheinen, darum bin ich Dir eine Erklärung schuldig." Und mit stockender Stimme, anfangs unklar und unsicher, erzählte Jakob von seinem letzten Zusammentreffen mit Kordel und den Folgen desselben. Er erzählte von seiner Eonsron tation mit ihrer angeblichen Leiche, von all den Dingen, die ibn eine- Tages an Allem, selbst an Gott verzweifeln ließen. Als er geendet, schwieg er scheinbar vollständig erschöpft, seine Lider senkten fick über seine Augen herab. Wortlos, gleichsam erstarrt von dem soeben Gekörten, saß ibm der Bruder gegenüber, nicht wagend, die eingelretene Pause zu unterbrechen. Von all' den Dingen hatte er keine Adnung aebabk, niemals war der Ernst de« Lebens in einer ähnlich furchtbaren Weise an ibn herangetreten. Man hatte ihn mit Allem verschont, um Schmer; und Kummer von seinem jungen Haupt« fern zu halten. Ueberwältigt von Mitgefühl trat er cm den Bruder heran, der sich wieder aus den verlassenen Sitz niedergelassen, und indem er mit seiner Hand durch dessen Haar fuhr, sagte er in treuherzigem Tone, der ihm noch nicht im Gewühl der Welt abhanden gekommen war und der, wie Tdautropsen aus halb von der Sonnenhitze ver dorrte- Gra», in Jakob « Herz fiel: „Armer KerlI Was hast Du ertragen! Davon wußte ich nicht» Es wäre doch vielleicht besser gewesen, Jbr hättet mir nicht Alles verborgen. Gottlob, daß all' diese« Furchtbare üderstanden ist", fügte er schon wieder mit leichterer Stimme hinzu. „Kordel Nachmann aber lebt wirklich, und wenn Du c« willst, begleite ich Dich noch in dieser Stunde zu ihr. Hast Du nicht von der entzückenden Kordelia Helm« gehört, die tei K. . . . alle Abende da« Hau« füllt und ihre Zuschauer förmlich begeistert?" „Nein, nein, ick weiß nicht« von ihr. Und sie? Du meinst, sie könnte mit Kordel Nachmann identisch sein? „Sir könnte e« nicht nur, sie ist e«. Noch vor vierzehn -t-agen sprach ich mit ihr von Dir, ich war sogar eifersüchtig auf die Art und Weise, wie sie Deiner gedachte. Ich glaube.
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