02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920226027
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-26
- Monat1892-02
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1340 leimte, wie der ..Mein. Cour." berichtet, Herr Bork jede Förderung dieser Wünsche ab, da er mit der GcsetzeSvorlagc, einige kleine Abänderungen ausgenommen, vollkommen rin- vcrslandeu sei. und wüusche, daß sie zum Heil de- Vater landes zur Einführung gelangen möge. Hm weiteren Ver laus seines Schreiben- gicbt er der Ansicht Ausdruck, daß die Petenten, wen» sie das Gesetz studirl und die Rede» des Reichskanzlers und des CultusministcrS gelesen, wohl auch anderer Ansicht sein und diese Vorlage nicht bekämpfen würden. Diese Stellungnahme bat den Austritt des Abg. Bork aus der nationalliberalen Fraction zur Folge gehabt. * Der „Allgem. Zeitung" wird berichtet: „E- gilt als sicher, daß eine WelfensondS-Vorlage noch in dieser Session dem Landtage zugeht Wie verlautet, solle» die Zinsen der beschlagnahmten 10 Millionen Thaler dem Herzog von Cumbcrland gegen entsprechende Zusicherungen wieder zngewandt werden." * Der Antrag Preußens über den Gesetzentwurf wegen Abänderung von Bestimmungen des Strafgesetzbuches, teS GerichtS-VcrsassungSgesetzcS und deS Gesetzes über die unter Ausschluß der Oesfentlichkeit stattfintcnden Gerichts verhandlungen wird vom BunkeSrath an den Reichstag gelange» und zu den Gegenständen geboren, die in der jetzigen Tagung deS Reichstag» zur Verabschiedung gelangen werden. ES betrifft diese Angelegenheit die Abstellungen verschiedener Unzuträglichkeilen, die sich namentlich in dem viel genannten Proceß Heintzc geltend gemacht batten und deren Äcndcrung an allerhöchster Stelle als ein dringendes Bedürfniß anerkannt worden ist. * Bei dem Fürstbischof Kopp sollen 221 Gesuche aus Oberschlesien mit 60 000 Unterschriften behufs Vermittelung der Einführung de» polnischen Sprachunterrichts in der Volksschule eingegangen sein. t. * . * Ueber die Versuche zur Bildung eines EabinetS läßt sick die „Vossische Zeitung" aus Paris schreiben: Abgeschreckt durch die feindseligen Betrachtungen der radlcalen Blätter und durch eine Unterredung mit Floquet, erklärte Bourgeois Rouvier, er könne in sei» Cabinet nicht eintretrn. Er sägte hinzu, 'einer Ueberzeugung nach könne ein Ministerium Nouvier keine Mehrheit in der Kammer vereinigen. Mindestens 80 Radikale würden niemals für ein solches Ministerium stimmen, das sich also uns die Rechte stützen mußte, und da könne er nicht mitthun. Frey einet nahm nach einer Besprechung mit Bourgeois röensalls sein schon gegebenes Versprechen zurück. Wenn Las Cabinet kein Gefangener der Rechten sein wolle, müsse es sich in ein» mühselige Unthätigkeit einschließen, um es mit keiner Gruppe der republikanischen Mehrheit zu verderben. Das gehe aber auf die Dauer nicht. Bei dieser Sachlage erklärte auch Ri bot, er könne mit einer uneinigen Mehrheit in der Kammer nach außen hin weder '.rast noch Gewicht entfalten, und er rieth Rouvier, seine» Versuch uuszugeben. Wenn Rouvier heute seinen Auftrag i» Carnot's Hände zurücklegt, muh dieser den Gedanken einer Fortsetzung des alten Cabinets unter neuer Firma fallen lassen und ein wirklich neue» Ministerium bilden. Die Radlcalen erwarten jetzt, daß Carnot sich an sie wende» werde. * Die demokratische Linke de» französischen Scnatö beschloß eine Resolution, in der sie erklärt, die französische Republik könne keinerlei auswärtige Intervention in ihre innere Politik zulaffen; demzufolge spreche die demokratische Linke den Wunsch auS, die gegenwärtige CabinetSkrisc möge im Sinne de» Triumphes de» weltlichen Geiste« gegen die Uebergriffe des KlerikaliSmu» gelöst werden. * Die Pariser Polizei fährt in ihren Haus suchungen bei den dortigen Anarchisten fort. Es wurden wieder SO Kartätschen gefunden. Man glaubt, daß eine Anzahl Kartätschen nach Spanien gebracht seien. — Nach der „Köln. Ztg." wurden in letzter Zeit auch vielfach Spreng- masch inen und zu Sprengzwecken bestimmte Maschinentheile bei Anarchisten abgefaßt, die in ihren Versammlungen die Propaganda durch die That, insbesondere durch Bomben, neuerd,ng» nachdrücklich empfehlen. * Die italienische Kammer hat da» erste der Finanz gesetze, nämlich da», wonach die Stempel- und sonstigen Ge bühren bei den Strafgerichten um 10 bi» 15 Proc. erhöht werden sollen, mit 118 gegen 95 Stimmen angenommen. — Rudini erklärte auf eine Anfrage de« Abg. Pugliese, daß Italien von dem Rechte der Erniedrigung de» Wein; olleö von und nach Oesterreich Gebrauch machen werde. Dock» sei der Augenblick dazu noch nicht gekommen. Zuerst müßten die Verhandlungen mit der Schweiz zu Ende geführt werden. * Für die Zunahme revolutionärer Umtriebe in Rußland pflegen von dem Zaren und seinen einflußreichen Rathgebern nicht die Mißgriffe seiner Politik und daS Selbst- herrscherthum, sondern einzelne Beamte verantwortlich gemacht zu werden, welche al» Sündenböcke büßen müssen. So bat auch der Gouverneur Vwn Pultawa, Fürst Golitzin, den Ab schied erhalten. Man bringt seine Entlassung mit der jüngsten Entdeckung einer nihilistischen Geheimdruckerei und der Aus breitung der revolutionairen Bewegung in Pultawa in Ver bindung. Nachfolger Golitzin'» ist Tatischtscheff, der bisherige Bicegouverneur von IekaterinoSlaw. * Die Angelegenheit wegen Lieferung schlechten Mehl» ür die Petersburger Muuicipalität bat vorgestern damit ibrcn Abschluß gefunden, daß die Stadtverordneten ein TadelSvotum gegen die Stadträthe Niemann und IablonSki beschlossen Bon einer Verweisung der betreffenden Stadt räthe vor da« Gericht wurde abgesehen, da di« Mitglieder des Stadtamte« das für da« schlechte Mehl verausgabte Geld ersetzt hatten. Der Mehllieferant Puchert befindet sich noch in Untersuchung — Nach emer amtlichen Bekanntmachung ollen in der russischen Festung«artillerir neue sckmellfeuernde PositionS-Stablgeschlltze mit einem Kaliber von 5? Millimeter cingeführt werken. * Mehrere einslußreiche Zankowi sten, unter ihnen vr. Pomianow in Sofia und Vr. Ivan Gueschow in Philippopel, richteten kürzlich an Stambulow Schreiben, in denen sic anerkennen, daß die Zankow'sche Politik fehl gehe und sich für die heute in Bulgarien durch Stambulow verfolgte Politik aussprechen. In Folge dessen empfing sowohl der EabinctSchcf als Prinz Ferdinand mehrere Male die ge nannten Zankowisten, und cS wird versickert, daß Pomianow, eine der geacktetste» und vermögendsten Persönlichkeiten Bul garien», demnächst als Justizminister in da« Cabinet eintrete. * Das Befinden de» bulgarischen Agenten vr. Vulkovich war nach der Operation, bei welcher die Verletzung der Ein geweide vernäht wurde, im Allgemeine» ein besnedigendeS. Immerhin ist eine Lebensgefahr nicht ausgeschlossen, weil die Folgen der Operation nicht abzusehcn sind. * Wie das „Narodny dnevnik" meldet, verlautet in den Kreisen der serbischen Radikalen, die Regierung wolle nach der Votirung der Budgets die Skupschtina auflösen, um so einer weiteren Spaltung der radicalen Partei vorzubcugen. * Nach einer Meldung der „Polit. Corresp." aus Belgrad betonte der Kriegsminister im Ministerratbe die Dringlichkeit einer baldmöglichen Ausrüstung mit kleincalibrigen Gewehren. * AuS Fez über Tanger eingelaufene Nachrichten melden, daß der Sultan angesichts der von den Franzosen in Figuig angenommenen Haltung einen seiner Minister zu ent senden beabsichtigt, um eine Conferen; mit den Vertretern der fremden Mächte über diese Angelegenheiten berbeizufükren. ES verlautet auch, daß Sberif de Wazzan, ein französischer Schützling, für sein Vaterland die benachbarten Stämme zu anncctiren sucht. Nächst der algerischen Grenze bei Am Seffra fand der Sherif aufrührerische Häuptlinge. Stimmen zur Rede des Kaisers. * ES kann unmöglich unsere Aufgabe sein, die Preßstimmen zu sammeln, welche über die jüngste Rede des Kaisers sich äußern, wenn auch im Allgemeinen besonders die Berliner Presse sich sehr zurückhält. Wir setzen nur einige hierher: Der „Berliner Börsenzeitung" wird von parlamentarischer Seite geschrieben: Die Rede des Kaisers beherrscht selbstverständlich das all gemeine Interesse ausichließlich. Wie bei den früheren politisch- programniatischcu Kundgebungen des Monarchen wird es auch dies mal der öffentlichen Meinung schwer salleu, einen Standpunct für die Beurtheiluiig zu gewinnen. Denn dir Entwickelung mag gehen, wohin sie will, immer wird der gesunde Kern der politischen Be- thätigung im Reiche und in Preutzen zu wahren und zu schützen, d. h. die Person des Monarchen aus aller Discussion fernzuhalten sein. Das Ziel muß also auch in einer Debatte, die den politischen Kreisen im Lande aufgedrängt wird, dabin gerichtet bleiben, die Krone möglichst wieder aus der Diskussion zu entfernen. Dir Regierung ist nun sreilich nur insofern für die von allerhöchster Stelle gesprochenen Worte verantwortlich zu machen, als die Veröffentlichung dieser Worte im „Reichs-Anzeiger" nicht ohne Genehmigung der Regierung erfolgt sein kann. An Stelle der verantwortliche» Gegenzeichnung muß eben diese, nach der Verfassung freilich nicht greifbare Genehmigung der Veröffentlichung treten. Die Regierung wird aber auch tonst guten Grund haben, in Erwägung zu nedinen, ob eine, über die Bedürfnisse und Ueberzeugungen unserer Zeit hinausgehendc Vor stellung von den. Umfang der KönigSrechic und der Königsmachl den leitenden Gedanken der weitere» inneren Entwickelung geben soll oder ob dieser Vorstellung geziemende Aufklärungen entgegen- geslellt werden sollen. Andererseits ist ja der Regierung zuzugeden, daß die versassungsmäßig den, Hcrrscherwillen gezogene» Schranken ihatsächlich nirgends überschritten wurden, daß es also bisher stets bei der Verkündigung »euer Theorien von dem Ver- hättnlß der Krone im constitutioiiellen Staate sein Bewenden hatte. Indessen ist die Tboljache, daß die Verkündigung sich doch in kurz bemessenen Zeiträumen immer wiederholt, wohl geeignet, in Betracht zu ziehen und auszusprechen, daß innerhalb lener verfassungsmäßigen Schranken beute kein Fürst mehr in der Lage ist, ausschließlich nach eigene» Ideen dein gelammten Staate, ja dem gesamniten nationalen Culturlebeii die Richtung zu be stimmen. Der Versuch dazu würde sich überdauvt nur durch die Vorstellung einer unmittelbaren göttlichen Inspiration erklären lassen. Sind wir bei Friedrich Wilhelm IV. dieser Vorstellung begegnet, der eben das Kind einer anderen, vom Absolutismus durchaus erfüllteu Zeit war, so sind doch seither die conslitutionellen Forme» so erfreulich eingebürgert und eingesührt, daß eS sich verbleiet, in einen gewissen Passus der gestrigen Rede des Kaisers eine solche Vorstellung hineinzudeuteln. Jni Uebrigen versieht eS sich von selbst, daß Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierung und Volk oder auch zwischen Fürst und Volk noch nicht ohne Weitere- den Vorwurf der Nörgelei begründen. Friedrich Wilhelm lll. hat die» in solenner Weise anerkannt, indem er mehreren, iu einem gewissen Sinne oppositionell gerichteten Notablen höhere Ordens- auszetchnungeu verlieh, «it der Erklärung, daß er die srrtmüthige Aeußeruug einer »» höchst« Stell» nicht geweilte» Meinung b«. sonder» tz» ehren Ursache Halle. Unmöglich kann auch der Kais« willens gewesen leim di« Bewegung gegen da» geviitz'schr Schulze,etz zu kcitiitreu, wo a »o» «örgtern und Mäktera gesprochen, nachdem er eben «st in wahrhaft fürstlicher Erhabenheit de» Unterzeichnern der Hallenser UntversitätSadrrsse seine Achtung bezeugt Hai, ganz im Siuae Friedrich Wilhelm's III. Wodm so»ir di« ad,älligrn Bemerkungen über dos Nörgeln »nd Mäkeln ziele», muß also dahingestellt bleiben. Unter dem früheren Regiment ist der Aus druck Nörgler nur für die kleinlichen und kurzsichtigen BekriMer großer, weitaurschauender und bekannter Ideen und Uoteraeh- mungea gebräuchlich gewesen. Dazu ist gegenwärtig die Veran- laffung nicht gegeben. Daß die Freude am nationalen Dasein bis vor Kurzem eine lebhaftere gewesen, kann freilich nicht deswillen werden. Tie Frage aber, ob sich die öffentlich« Empfindung aus nichtigen Gründen geändert hat, könnte nur aus dem Wege einer polilischen Polemik erörtert wrrdea, die sich hier selbstver ständlich verbietet. Die Anschauung, daß das Hebet durch eine Auswanderung, weiche die Bevölkerung nicht iu srh r erheblichem Maße herabdrückte, beseitigt werden könnte, vermögen wir nicht zu theilen. Die „Kölnische Zeitung" schreibt: Die Siede des Kaisers bildet natürlich heute den Beeunpunct des öffentliche» Interesses. Denn sie eröffnet die Aussicht auf einen ge waltigen Machtkampf einer versinkenden Zeilrichtung gegen die herrschende Weltanschauung und Lebensauffassung der deutschen Nation; sie richtet damit an alle unabhängigen liberalen Männer die energische Aufforderung, öffentlich Zeugniß abzulegen von ihrer freie» Gesinnung. Wenn jema>S Soion s staalSmännijche Aus- sasstmg berechtigt war, daß in kritischen Zeiten jeder Bürger das Recht habe. Partei zu ergreifen, so gilt sie für unsere Zeit, in der unsere heiligsten Güter, die Freiheit unsere» Denken«, die Weiterentwicklung oder die Zurückjchraubung unserer Lultur, aus dem Spiele stehen. In diesem Kampfe finden sich die Kreise, die in opsermüthigem Ringen dem Gedanken unserer nationalen Einheit zum Durchbruch verholsen habeu, in der Opposition, und um die Regierung jchaaren sich die Elemente, die schmollend abseits standen, als daran gearbeitet wurde, der deutschen Schmach und Zer- risjenheit ein Ende zu machen. Wenn es im Ernst zu diesem Kampfe kommt, den wir mit rücksichtsloser Entschiedenheit aussechten werden, und wenn in dieser Krisis die Conservaliven eine falsche Stellung einnehmen, so wird der Ausgang bezeichnet sein durch die gänzliche Vernichtung des politische» Einflusses des preußischen Junkerlhums. Wer versuchen wollte, dem rollenden Rad der auistrebenden Cultur- entwickelung in die Speichen zu fallen, wird dabei sicherlich zu Schaden kommen. Wenn unsere Gegner ihrer Sache ebenso sicher sind als wir, wenn sie dasselbe ernste und patriotische Bestreben haben, einen zerrüttenden tzonflict zu vermeiden, so mögen sie sich den Gedanken der Landtagsauslösung zu eigen machen; wir werden uns dann bei dem Philipp, der Wahlschlachl Wiedersehen. Sir Francis Drake suchte voin Stillen Ocean aus, der aller Welt wohlbekannt war, eine inneramerikanischr Durchfahrt nach dem Atlantischen Meer und er sah die Sonne im Osten über der Atlantis ausgehea; er stieß bei seinen Beiiiühungen aus ein himmelhoch ragendes Gebirge, die Durchfahrt aber fand er nicht, wenn er auch das längst schon bekannte Meer des Ostens von der FelShöhe erblickte. Eine moderne Reaktion, die ja mit den Bestrebungen der Entdecker wenig gemein hat, würde auch auf rin Hochgebirge treffen, das den Durchgang verwehrt, aus das Hochgebirge der deutschen Bildung und des un- abhängigen deutschen Charakters. Die „Vossische Zeitung" sagt in einem Artikel: Man soll dem Worte nicht eine Bedeutung geben, wie sie dem Sprecher selbst unerwünscht wäre. Der Kaiser kann nicht gemeint haben, daß alle Mißvergnügten oder Nörgler auswandern sollen; denn gerade jetzt liegt ein Gesetzentwurf dem Reichstage vor, der die Auswanderung zu erschweren bestimmt ist. Es ist traurig genug, daß schon im vorigen Jahre 93145 Deutsche den Staub von den Füßen geschüttelt und Unterkommen im Auslände gejucht haben. Der Alte Fritz ließ sich jeden Colonisten mit zweihundert Thalern und mehr verschreiben, und er sagte: „Ich will »bsolumonr, daß so regiert werde, daß dir Leute ins Land kommen und nicht hinaus lausen." Das ist die Politik der Hohenzollern, und wie der „Allnrte von Roßbach undDennewitz" sich unendliche Mühe um Preußen gegeben hat und man annehmen kann, „daß er dies nicht für nichts geihan bat", so dars man auch annehmen, daß der Große Friedrich, der Philosoph von Sanssouci, der eigentliche Schöpfer von Preußens Größe, nicht umsonst gelebt, gewirkt und geschrieben hat. Ten Gefallen können die Mißvergnügten, wie weit man auch ihre Grenze stecke, jeweiligen Ministern nicht thnn, auszuwandern, sie können es vielfach schon darum nicht, weil sie mit ihrem Besitz, mit ihren Fideicommissen wie Gras Limburg-Stirum und Gra Mirbach, an das Vaterland gebunden sind, und vor Allem, weit die Liebe zur Heimalk, das lebendige Gefühl für Preußens Wohl und Wehe sie a» die Scholle fesselt. Die deutsche Nation in allen ihren Parteien und Schichten kann dem Baterlande und dem Kaiser nicht besser dienen, al-s durch rückhaltlose, charakterfeste und würdige Ber- trelung ihrer geprüften Ileberzeugungen. Sie wird damit ihre Pflicht sicherer erfüllen, als durch blinde Unterwürfigkeit unter den Willen der wechsejnden Rathgeber der Krone. * Die Reden des Kaisers bei den Festmahlen des Brandcnbnrgischen ProvinziallandtagcS baden auch in den früheren Iakren ein gewisses Aufsehen erregt E Am 5. März 1890, von welchem Tage ein ofsicieller Be richt über die Rede nicht vorhanden ist, sagte der Kaiser, wie damals unwidersprochen berichtet wurde: „Die Söhue Brandenburgs Wien von jeher die beste Stütze der Monarchie gewesen, und Sr hoffe, daß sie die« auch bleiben werden. Wenn Er Männer brauche, die Ihm an seinem Werke miihcisen sollen, o sei Er gewiß, daß Er dieselben iu Brandenburg nabe Wer Ihn unterstützen wolle, dem reiche Er die Hand, wer nicht mit Ihm sei, den zerschmettere Er." Am 20. Februar 1891 sagte er: „Ich weiß sehr wohl, daß in der Jetztzeit es versucht wird, die Gemürher zu ängstigen. Es schleicht der Geist des Ungehor- sams durch das Land: gehüllt i» schillernd versührerüches Gewand, versucht er, die Gemüther Meines Volkes und die Mir ergebenen Männer zu verwirren; eines Lceaus von Druckerschwärze und Papier bedient er sich, um die Wege zu verschleiern, die klar zu Tage liegen und liegen müssen für Jedermann, der Mich und Meine Prineipien kennt. Ich lasse Mich dadurch nicht beirren Es mag Meinem Herzen wohl wehe thnn, zu sehen, wie verkannt die Ziele ind, dir Ich verfolge; aber Ich hege das Vertrauen, daß alle Tie- jenigen, die monarchisch gesonnen sind, die es gut mit Mir meinen, und daß vor allen Dingen die brandenbiirgijcheo Männer nicht einen Augenblick wankend geworden sind und nie gezweifelt haben an dein, was Ich tbat." „Sie wissen, daß Ich Meine ganze Stellung und Meine Ausgabe als eine Mir vom Himmel gesetzte aufsaffe, daß Ich im Austrage eine- Höheren bandle, dem Ich später einmal Rechenschaft adzu- legen berufen bin. Deshalb kann Ich Sie versichern, daß kein Abend und kein Morgen vergeht ohne ein Gebet für Mein Volk und spe- ciell ein Gedenken an Meine Mark Brandenburg. Nun, Brandenburger! Ihr Markgraf spricht zu Ihnen, folgen Sie ihm durch Tick und Dünn ans allen den Wegen, die er Sie führen wird! Sic können versichert sein, es ist zum Heil und zur Große unseres Vaterlandes." Das ist derselbe Gekankenzang, der auck in einem Trinl- pruch vor Mitgliedern deS Rheinischen Provinziallandtags Rin Ausdruck kam: stier sagte der Kaiser am 24. Mai 1891: „Einer nur ist Herr im Lande, und da» bin Ich; keinen anderen werde Ich neben mir dulden!" Ernennungen, Versetzungen rc. Im öffentlichen Dienste. Departement »es tkuItoS und öffentlichen Unterrichts Erledigt: die 2. ständige Lehrerstclle z» Beiersdorf. Collatvr: das K. Ministerium des Cultns und öffentlichen Unterrichts Ein kommen: 1000 -/« Gehalt, 120 Wohnu»g-geld und 72 für Ueberslunden. Bewerbungsgejuche, welchen man auch das Reiie- zengniß und das Zeugniß über die musikalische Prüfung beizusügen hat, sind bis z»m 2. März an den König!. Bczirksschulinivector Zimmler in Löbau einzureichen; — die 2. nändige Lehrerstelle in Schönsels. llollator: das König!. Ministerium des CultuS und öffentlichen Unterrichts. Einkommen: 1000 -st Sehalt, 140 .6 Wohnunasentichädiguiig und 36 ./» für Fonbildnngsjchulunlerricht. Gesuche sind bis zum 9. Mürz bei dem Königl. Bezirksschulinspector in Zwickau, Schulralh Lotste, einzurcichen; — eine ständige Lehrer- stelle an der Stadtschule zu L unzenau. Collatvr: die oberste Schul behörde. Einkommen: 1200 ./i einschließlich 150 Wohnungsgeld. Das Geholt steigt nach der vorläufig bis zum Jahre 1893 beschlossenen Gehaltsstafsel von 5 zu 5 Jahren, ausschließlich der Wohnungs- entichädigling, um 100 sl bis zu einer Höbe von 1800 >4. Besuche sind bi» zum 12. März dS. Is. bei dem Königl. Bezirksschulinjpecwr l)r. Böhme in Rochlitz einzureichen — Zn beietzen: Tie Kirchschul- stelle zu Mockau. Collatvr: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1100 .< inet. 200 Logisgetd, vom Schuldienste und 600.« vom Kirchendienste. TaS Schilldiensteinkommen steigt durch dreijährige Zulagen von je !50 -sl bis 1550 .« und dann durch vierjährige Zulagen von je 150 ./i bis 2300 incl. Logisgeld. Gesuche sind bis zum 4. März bei bei» Königt. Bezlrksjchiilinipector Schulralh 11r. Kühn in Leipzig einzureichen; — zu Ostern, unter zu erhoffender Genehmigung der obersten Schulbehörde, die neubegründcle dritte ständige Lehrcrstelle zu Göppersdorf bei Burgstädt. Collator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1000 Gehalt und 150 Mark Wohniingsenlschädigung. Gejuche sind bis zum 19. März bei dem Königl. Bezirksschulinspeclor vr. Böhme in Rochlitz einzureichen. XII. (Lönigl. sachs.) Ärmee-Lorps. Dresden, 25. Februar. Der König hat nachstehend aus- gesübrte Personal-Veränderungen in der Armee genehmigt: A 8rnr»«un«en, Beförderungen m»d Versetzungen im aktiven vcerr. Freiherr von Hausen, Hauptm. und Comp.-Ehes vom 5. Jns- Regt. Nr. 104, mit der Erlaubniß z»m Forttragen seiner bisherigen Uniform, in dos 9. Inf.-Regt. Nr. 133 versetzt. Clou», charakterij. Hauptm. vom 5. Inf.-Regt. Nr. 104, zum elatSmäß. Hauptm. und Eomp.-Cbef mit Pat. vom Tage der Charakteris. ernannt. Frhr. v. Omvteda, Pr.-Ltnt. vom 3. Inf.-Regt. Nr. 102, in das 4. Ins.- Regt. Nr. 103, Frhr. v. Könneritz, Pr.-Ltnt. vom Schützen-lFüs. ' Regt. Nr. 108, in da» 5. Jns.-Regt. Nr. 104, Heide mit der Erlaubniß zuni Forttragrn ihrer bisherigen Uniform, — rerjetzt. v. Minkwitz, Sec.-Llnt. vom Schützen-lFüj.-Regt. Nr. 108, Lorenz, Sec.-Lt. vom 3. Inf.-Regt. Nr. 102, — z» Pr-Ltnts., Leng nick, Port-Fähnrich vom II. Jns.-Regt. Nr. >39, zum Sec.-Ltttt., — befördert. Seeg er, charakteris. Port.-Fähnrim vom 9. Jas-Regt. Nr. 13.1, Landgraf, Unleroff. von demselben Regt., Feuerherrd, charakteris. Port^Fähnrich vom 2. Ulanen-Regt. Nr. 18, — zu Pori.-Fähnrichs Du bist ihr Ideal; eß ist seltsam» daß Ihr seit den zwei Jahren, die sie hier m der Stadt weilt, niemals zusammen getroffen seid." „Und wo wohnt sie? Lebt sie bei jener entsetzlichen Frau, die de» Kinde» Jugend vergiftet?" „Weitere Mittyeilungen kann ich Dir durchaus nicht machen, ich weiß nicht», al» daß sie allerdings mit einer älteren Frau zusammrnlebt, ob diese aber jene von Dir ge meinte Person ist " „Wo wohnt Kordel Nachmann?" „Hier hast Du ihre Karte. Du triffst sie jetzt schwerlich zu Hause, eher in den Nachmittagsstunden." Mit der Bewegung eines Automaten nahm Jakob die kleine, elegante Karte entgegen und schob sie, ohne einen Blick darauf zu werfen, in die Brusttasche seine» Rocke». Gleich zeitig erhob er sich. „Ich will gehen, Han», denn ich würde in meiner gegen wärtigen Stimmung dock ein zu schlechter Gesellschafter für Dich sein. Deine Nachrichten haben mich förmlich über wältigt. Ich muß in» Freie hinan», an die Luft, um mich wieder zurechtzufinden. Ich kann Dir nur noch sagen, daß ich mich in dieser Stunde unsagbar glücklich fühle." Nachdem Jakob gegangen war, brauchte der junge Maler einige Zeit, sich von dem soeben Gehörten und Erlebten zu erholen. Soiange der Bruder ihm gegenüber gesessen, und er bei besten Anblick gefühlt, wie schwer derselbe gelitten, batte er nur da» Bedürfniß gehabt, ihn zu trösten und z» beruhigen. Nun derselbe gegangen war, kamen ikm plötzlich andere Gedanken, dir ihn in eine äußerst unbehagliche Stim mung versetzten. Eu vergegenwärtigte sich den Augenblick, in welchem Jakob seinem Bilde gegenüber getreten war und Kordel Nachmann erkannt batte. Welchen Eindruck mußte der Anblick de» KinderportraitS auf ihn gemacht haben! Er war noch hier ganz außer sich gewesen. Dann hatte er in Erfahrung gebracht, daß sie nicht tobt war, sondern noch lebte, und nun — nun — was würde nun werde»? Dir Antwort auf diese Frage lag nickt allzu fern. DaS Blut schoß dem jungen Maler heiß in's Gesicht, indem er daran dachte. Kordel Nachmaua hatte von seinem Bruder gesprochen, in diesem Augenblick erst wußte er, mit welcher Begeisterung. Er glaubte, sie vor sich zu sehen, mit leicht gcrötbeten Wangen, die Augen in köstlichem Glanze schimmernd, wie sie idm von jener Stunde erzählt, in welcher Jakob sie in der balbtnnklen Flur gefunden und dann fortgeführt batte, sie, die halb vor Hunger und Frost Erstarrte, um sie zu erwärmen und mit Sprffe und Trank »u erquicken, zu seiner gütigen Mutter. War er denn blind gewesen? Mit übereinander geschlagenen Armen durchkreuzte Han» Brenner raschen Schritte« den eleganten Salon, der seit einigen L«ß«» sei» Stol, und seine Freud» war. In diesem Augen blick sah er nicht- mehr von all' dem Glanz und all' der Pracht, die ihn umgab. Seine Seele war mit anderen Dingen beschäftigt, und daß sie eS war, reizte und erbitterte den ver wöhnten Günstling deS Glücke-, da- ihn förmlich auf den Händen getragen. Im Geist verfolgte er den Weg, den jetzt sein Bruder nehmen würde. Er sah ihn da» trauliche Zimmer betreten, in welchem Kordelia HelmS, die gefeierte junge Künstlerin, ihn eine- TagcS als den Bruder Jakob Brenner s cinpfanaen. HanS verheblte fick nickt mcbr, daß dieser Titel seine Ein laßkarte zu ihrer Abgeschiedenheit von dem Treiben der Welt gewesen, und wie Krallen schlug eS in sein Herz. Stunden vergingen, cbe HanS Brenner daran dachte, daß man ihn in den Salon- des Herrn von RödelS- beim als den Helden deS Tage» erwartete, und er konnte sich eines Gefühls de- Unbehagen» nicht er wehren. Ihm fehlte jede Lust, vielleicht zum ersten Male in seinem Leben, sich in ein gesellige» Treiben zu mischen und seine Gedanken zu zerstreuen. Aber er konnte nicht zu Hause bleiben, er durfte nicht leichtsinnig die Gunst der vornehme» Welt aus'S Spiel setzen, denn noch bedurfte er ihrer zu sehr, noch konnte er sie nicht entbehren. „Herr Han» Brenner!" „Fräulein Brenner!" Die einzige Tochter deS reichen Fabrikanten! Da» war sie. Er hatte viel von ihr gehört, sie sollte eine etwa- excen- trische kleine Person sein. Den Eindruck machte sie dem jungen Maler nicht. I» ihrem seinen Gesicht war etwa» unendlich Kindliches, Gutes, Vertrauenerweckendes. Wenn sie escentrisch war. konnte sie eS nur im GuteSlbun sein. HanS Brenner unterhielt sich lange und lebhaft mit ihr, er fand sie liebenswürdig, geistvoll, schön, Eigenschaften, die ihr Niemand in der Gesellschaft zucrkennen wollte, die man ihr eher absprach, »nd er bedauerte, als er sie von anderer Seite so sehr in Anspruch genommen sab, daß er sich von ihr zurück- zieben mußte. Nichtsdestoweniger war e» ihm, als bade er während keS ganzen Gespräche- mit dieser vielbrgrhrtrn jungen Dame nickt eine» Augenblick vergessen, wa» seine Seeie bedrückte, die Vorstellung von der Begegnung seine- Bruders mit Kordel Nachmann. In Folge dessen zeigte er an diesem Abend ein Fehlen seiner liebenSmArdigsten Eigenschaften, waS alsbald, nicht zu seinem Vortheil, bemerkt wurde. Die Gesellschaft zeigte sich geneigt, den jungen Künstler auf den Händen zu tragen, aber er entstammte immerbin einem Kreise, der weitab von ihrer Sphäre lag, und so wünschte man wenigsten» eine dankbare Anerkennung de« Vorzuges, den man ibm zu Tbcil werden ließ. Leider zeigte Han» Brenner hierfür kein Ber» ständniß, wie e« den Anschein hatte. Er fühlte sich und wünscht« da« der Welt >u zeiaen. »Dir Manier «ine» Emporkömmlings!" wie eine alte Excellcnz flüsterte. So verließ er vorzeitig den Salon deS Herrn von Rödel-Heim. Die Vorstellung, welche sich HanS Brenner von einer Be gegnung zwischen seinem Bruder und Kordel gemacht, entsprach der Wirklichkeit nicht ganz. Klopfenden Herzens hatte sich Jakob in die Wohnung der jungen Schauspielerin begeben, aber dock nicht von stürmischer Hoffnung beflügelt. Zuerst waren ihm die Miltheilungen des Bruder» wie ein Traum gewesen. Er hatte nicht an die Wahrheit derselben glauben können. Bald aber hatte er die Ueberzeugung gewonnen, indem er sich jedes von dem Bruder gesprochene Wort wieder vergegenwärtigte, daß cs sich um einen Jrrtdum nicht bandeln könne. Kordel Nackmann gerettet, nicht verdorben, gestorben, wie er so manche» Mal in seines Herzen-Bitterkeit gedacht! War eS denn möglich? Und zwei Jahre sollte sie schon wieder mit ikm in den Mauern dieser Stadt geweilt baden, während der Gedanke an sie nickt wenig dazu beitrug, jede Hoffnung auf ein Besserwerde» in ihm zu ersticken? Er aber hatte nichts von ihr gewußt, denn wen» er auch gelegent lich in den Zeitungen von Kordclia HelmS gelesen, wie hätte ibm nur ein Gedanke kommen können, daß diese mit Kordclia Nackmann identisch sein könne! Er stieg die Trevpenstufen. welche zu ihrer Wohnung führten, hinan. Er sah den Namen „Kordelia Helm»" aus blitzendem kleinen Messingschild an der Thür, daneben den Klingelzug. Seine Hand zitterte, al» sie sich darnach aus- streckte; er athmctc tief und schwer. Nun ging ein Glockenton durch da» Hau». Eine alle Frau kam und öffnete. Jakob » Hand zitterte, al- er seine Karte abgab. Unmittelbar darauf aber, nachdem die Frau in einer Scitenthllr verschwunden war, wurde diese wieder ausgerissen, und, von Licht übersluthet, stand ihm eine junge Fraucngestalt von seltener Schönbeit gegenüber. Zwei Augen blickten ibn an, nicht die angst- und schmerzerfüllten Augen Kordel Nachmann'S und doch die ihren, aber strahlend vor Glück, leuchtend in unnennbarer Freude. „Endlich! Wie lange habe ich auf diesen Augenblick ge wartet!" Eine süße Stimme sprach diese Worte, zwei Ncine, Weiche Hände erfaßten die seinen, um ihn in da« trauliche Zimmer ru fübren, in welchem die einstige Neine Bettlerin nun ihre Tage verbrachte. Kein Zweifel! Kordel Nachmann war eS, die ihm gegenül ersiand, die, seine Hände in den ihren haltend, ihm mit feuchtschittimcrndcm Blick in die Augen sah. „Kordel — ist e» möglich, wirklich?" Mühsam rangen sich die Worte von seinen Lippen. Sie aber jauchzte auf: „Kordel, Gott sei Tank, daß ich e» noch bin." „Und warum kamst Du nicht früher zu mir?" fragte er wieder. Sie atbmrte auf, nun war dir Angst von ihr aenommeu, daß er ihr entfremdet sein könne. Er nannte sie: „Kordel — Du! War'S nickt gerade wie in den Kindertagen, in welchen er für sie gestoblcn, sie »u seiner Mutter gebracht? Heiß ergoß sich das Blut in iyr Gefickt bis unter daS glänzende wellenförmige Haar, welche» die Stirn umrahmte. „Ich fürchtete mich, Jakob", kam eS leise über ihre Lippen. „Du haltest mir zum Abschied gesagt, ich solle gut bleiben; ich war nicht gut geblieben, obgleich ich'» wollte und gerade darum von Frau Greve sortzelaufen war. Ich wollte sterben, ich war in« Wasser gegangen, damit sie mick nicht zum Bösen verführen sollte, aber ich wußte nicht, daß ich dadurch eine noch viel größere Sünde beging." „Also doch! Unglückseliges Kind! Wer bat Dick gerettet?" „Der Fährschisser bei S. hat mich herausgezogen, durch einen Mann aufmerksam gemacht, der meinen Sprung in die Tiefe mit angesehen. Doch davon später, Jakob! Laß unS nickt in dieser Stunde jener furchtbaren Zeit gedenken!" Er bätte gern Alle« gewußt, aber er sab Kordes» lieb liches Gesicht bei der bloßen Erinnerung erbleichen, sab ihre Augen einen Ausdruck annehmen, der, trotz der langen Jahre, welche dazwischen lagen, seitdem er ihn zuletzt gesehen, unvcr- esscn bei ihm geblieben und noch im gegenwärtigen Augen lick ihn zu erschrecken im Stande war. So fragte er nicht mehr, sondern fügte sich ihrem Willen, von der Gegenwart und von den Dingen zu sprechen, die jetzt ihre Seele be schäftigten und sie voffnlinzSfreudig in die Zukunft blicken ließen ES war eine Stunde verheißungsvollen GlückeS, wie sic nur wenigen gottbegnadeten Menschenkindern im Leben zu Theil werden mag, die Beide genossen. Der Raum, in welchem sie sick befanden, war klein, aber Jakob glaubte nie im Leben rin Zimmer betreten z» vaben, dessen Einrichtung so einfach und wohnlich zugleich gewesen, da» so für den Sinn und Charakter seiner Bewohnerin hätte sprechen können Kordel'« Kleidung war schlicht, obne jedweden Schmuck als eine rothe Korallenbroche zum Schluß des schmale» Spitzcn- büodchen», welches au» dem braunen Kleide bervorsah. Der junge Mann war förmlich überwältigt von dem, WaS er am heutigen Tage erlebt, e- war wie Friede über ihn ge kommen, wie endloser Friede. Er selbst sprach wenig, er ließ Kordel erzählen. Ihre Stimme batte etwa» unendlich Weiches, um Herzen Sprechende-, und sie klang seinen Obren wie die östlichste Musik. Bisweilen schloß er die Augen und er atbmrte tief und schwer. War e» nicht ein Traum, ein köst licher Traum, den er jetzt träumte? Aber die Wirklichkeit war schöner al« rin Traum. Da» dunkle Gespenst der Ver gangeaheit war von ihm gewichen, Kordel Nachmann lebte, und nie mebr durste die Erinnerung an sie ihn jäb aus schrecken, obgleich auch in seinem Herzen da» Verlangen nack Glück, wenn auch nur wie eia unbestimmte» Sehnen, lebendig wurde.
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