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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.03.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920314024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892031402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892031402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-14
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», »« -aapwMedttlon Mr tze» «» Stadt. tz«tck «d d»» Larart»» rrricht»tr» Na«. Mr>«»d,r»»lt: vtertel«kdr»ch^l«ck1h bei iMimaliaer täglicher Zustelluag t»1 -«ii« ^ L^O. Lurck dl» Poft bezogen skr Deutschland «nd vesterrelch: vtericliübrllch » 4.—. Direct» täglich« Keenzbandsenda»« «n» »all«»: «anaNtch Dir »°rg»»«ll«g,b, «schKnt »«glich'/,? Uhr. di» «benb^usgab» «oetzenwg» b Uh^ Ne^artis, >»» LrpedUu»: A»tza»n»««aG« 8. LirlMditio» tftSochrntag« annnierbroche» ge»ff«t »o» früh 8 dt« Abend» 7 Uhr. FUittle«: vtt» Kl»«»'« Gart»«. iAisre» Hatz»), Abend-Ausgabe. nMgtr.TllgMM Anzeiger. Jnsertio«SpreiS Die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfgh vteclamen unter dem RedactionSstrlch ««»» ipalien- üO^z, vor drn staiiiillruaachrichta» >t»geipalt«a) 40-4- GrSbrrc Tchriilen lau» unsere» Vkrts« verjeichuiß. Labellartscher »»d Atsserasatz »ach YYtzerem Larts. Extra-Lrllagen (gesalzt), a»r mit »« Morgen-A „«gäbe, ohn« PostbesSrder»»« >t 60.—, mit PostdesSrdernng 70.—« Amiatnneschlut fiir Insernle: Abend-AuSgad«: Vormittag« IO Uhr. Morg, n-Au-gab«: Nachmittag« «Uhr. Sonn- und Festtag» früh S Uhr. Lei dra Ftllalrn und Annahnieftellen j» et»« haibr Stund« früh«. Änserate sin» stet» an di« z» richtr». La»«« Lös»«. kkatharstienftr. 1«, pari, «ck K«»t,«platz 7. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. Druck und Verlag von <k. P olz in Lelpzl« 135. Montag den 14. März 1892. 80. Jahrgang Leipzig, 14. März. * Der von Preußen rrmuthigte UltramontaniSmuS geht auf der ganzen deutschen Linie vor. Freitag wurde ge meldet» daß die badischen Klerikalen einen auf »»beschränkte Lu-dehnung de« MönchthumS abzielenden Antrag in der Karlsruher Kammer eingebracht, nun erfährt man von ultra- montanen Äntriguen am Sterbelager dcS GroßherzogS von Hessen, Iutriguen, welche die Verdrängung de« liberalen «taatSministerS Finger durch den ultramontanen Provinzial- director von Gagero zum Zweck haben. Aehnlickie Meldungen sind vorau-gcaangrn und werden folgen, und nirgend« mehr herrscht die feste Zuversicht, daß die klerikalen Anstürme werde» mrückgewiesen werden können. Man wird den preußischen Centrum-mann vr. Lieber nicht der Phantasterei beschuldigen können, weil er in Freiburg i/B. die Hoffnung ausgesprochen, die einzelstaatlicken Minister würden bald nachpseifen iniissen, wa« Gras Caprivi ihnen vorpfeise. E» liegt eine vernichtende Kritik de« neuen CurseS in der Thatfache, daß der bi« in die innersten Fasern prrußenfeindliche UltramontaniSmuS ein Intereffe daran gewonnen hat, der Verstärkung de« preußischen Einflnffe« im übrigen Deutschland Vorschub zu leisten. Er hat aber die richtige Einsicht, daß e« sich hier uni einen Pyrrhussieg Preußen« handelt. In der vergangene Woche abgehaltrnen Sitzung de« LandeSauSschuffr« der badischen Nationallibrralen ist e« klar zu Tage getreten, welche schweren Besorgnisse der Liberalismus im Süden an die neue preußische Politik knüpft und zwar nicht nur vom liberalen Standpunkte. Die zahlreichen demokratischen Ele mente Süddeutschland«, deren liberale Ueberzengiingen ihrer Antipathie gegen da» Reich kaum die Waagschale halten, werden die Reaktion willig in den Sauf nehmen, wenn sie unter Umständen in« Land kommt, die ihnen die Möglichkeit geben, dem Volke mit dem Hinwei-'auf den preußischen Segen mit der Reaktion zugleich den ReichSgedankcn verhaßt zu machen. Ter preußische Ministerpräsident wird bald die Er sahrung machen, daß er sich schwer gegen den deutschen Reichs kanzler vergangen hat. * Wie der .Politischen Correspondenz" aus Berlin ge meldet wird, befindet sich der Gouverneur de» ostafrikanischen Gebiet«, Herr von Soden, augenblicklich in Tanga, um dort mit vr. Peter« und einem englischen Commiffar sich über die Grenzregulirung zu verständigen. Al» technischer Beirath ist Herrn Peter» vr. Vogel beigegeben worden. * Die Deutsch« Reich»- und frriconservative Partei feiert am Sk. d. M. ihr füiisuudzwaiizigjährigeS Bestehen durch ein gemeinschaftliche« Mittagsmahl im Kaiser hof in Berlin. Eine große Anzahl von früheren Mitgliedern der Partei im Reichstag und Landtag hat, der „Post" zu folge, bereit» ihr Erscheinen zugesagt. * Au» Altenburg wird un» geschrieben: Die Land- tagSwahlen sind nunmehr im Ostkreise beendet. Im dritte» Bezirke find dir früheren Abgeordneten Rentner Kröber in Kauerudorf, Gutsbesitzer Schneider in Schömbach, Gast- dof-besiyer Kühn in Garbisdorf, Amt-vorsteber Kresse in Lehma und Zimmermeister Helbig in Langenleuba-Niedcrbain wieder gewählt worden. Demnach sind aus dem platten Lande dir Socialdemokraten, welche als ihre Kandidaten den Bäcker Mehlhorn in Großenstein und den Bauunternehmer Nitzschr in Kauerndorf aufgestellt hatten, vollständig unter legen, und e« find auch im obigen Bezirke nur Männer ge wählt worden, w«lch« auf dem Boden de» zwischen National liberalen und Conservativen geschloffenen CartelS stehen. Im Westkreise werden die Wahlen morgen ebenfalls zu Ende gehen. * AuS Karlsruhe wird geschrieben: Sonntag, 13. März, vollendet der Führer der datischen nationalliberalcn Partei, Karl Eckhard, sein siebzigstes Lebensjahr. Seit mehr als vierzig Jahren im politischen Lebend stehend, ist Eckhard für die Grundsätze des Liberalismus mit ebenso zäher Ausdauer, wie mit einer von aufrickiligstcr Empfindung getragenen Be geisterung cingctreten; in den Zeiten des Kampses und der Bcdrängniß, wie in den Tagen, da es galt, daS siegreich Errungene lebensvoll auSziigestallen und für spätere Zeilen auSzudauen, hat Eckhard a» tcr Spitze der badischen liberalen Partei seine ganze Kraft, sein ernstes Wolle» und seine glänzende Befähigung für die Erreichung des allen freiheitlich gesinnten badischen Patrioten gleich bohren Ziele« eingesetzt, und wenn cs gelang, unserem Hciiuatblante weit hinaus über seine Grenzen überall in dculscken Landen de» Ehrenname» eines wahrhaft freiheitlichen Staates zu gewinnen, wenn eS möglich war, die hochherzigen Plane unseres crbabenen Landes fürsten in gesetzliche Formen zu bringen, so darf Karl Eckhard das Zenzniß für sich in Anspruch nehmen, in der vordersten Reihe der um da« Land wohlverdienten Männer gearbeitet zu haben. * Heute ist ein Jahr seit dem Tode des EentrumSsührcrS Windthorst verflossen. Die Gelder, welche nach seinem Tode auf einen Ansruf des Bischofs von HildeSheim hin gesammelt wurden, betragen dem „Wests. Merk." zufolge reichlich tOO OOl) DaS ist eine ganz hübsche Summe, die aber dock nur, so viel wir wissen, etwa den dritten Theil dessen auSmacht, wa» man zusammenbringen wollte. » * «- * Einem osficiösen Wiener Blatte zufolge beabsichtigt Finanzminister Steinbach alle Zahlungen deS Staates, auch die Auszahlung der Beamtengehalte, den Postsparkassen zu übertragen. Ferner soll die Steurrzablung im Wege de« Check- und Clearingverkehr» der Postsparkassen gestattet werden. Beide Beifügungen ständen im engen Zusammenhänge mit der geplanten Emsiihrung der Goldwährung und hätten den Zweck, die Circulation von Baargelv einzuschräuken. * Die Wahlreform-Vorlage, welche die Negierung im böhmischen Landtage eingcbracht hat, ist für die Deutschen überaus ungünstig; wie sich aus dcui jetzt voll ständig vorliegenden Entwürfe ergicb», würden die Deutschen dir Majorität auch in der letzten Curie, in der sic dieselbe noch besitzen, in jener der Städte und Handelskammern, an die Czechen verlieren und bezüglich der Tbcilnabmc an der vom LandcSanSschusse besorgten LandcSvcrwaltung wie bezüglich der AuSschußwahlen auf die Gnade der Czechen angewiesen sein. C« ist daher selbstverständlich, daß der Erledigung dieser Vorlage die dcS Curiengescyeö vorangchen muß, welches nalionale Eurien schafft und jeder derselben ein bestimmtes Maß von Rechten betreffs der Vertretung im LandeSauS- schnß re. sickert. — Nach Meldungen der czcchischen Provinz- blätler herrscht in den leitenden Kreisen der Iungczechcn eine Bewegung bchuss Annäherung an den Adel und die Alt- czcchen, nachdem daS Haupthindcrniß, die Punetatioue», be seitigt, zu dem Zwecke, um die Notbwendigkeit der „drei- beinigen Majorität" im ReichSrathe zu beseitigen, den Einfluß der deutschen Linken einzudämmen und die Ziele der Ezechen mit Hilfe de- Adel» und seiner Bcrbündcten zu erreichen. * Ludwig Kossuth, der bekanntlich in Turin lebt, ist cit einigen Tagen von katarrhalischem Husten befallen. * Mindestens -100 000 Bergleute sind am Sonnabend Abend in England in den «uSstand cingetreteu Ungc- ähr 10 000 Koblengräber sind in Nordwale» ansstandig. In der Grafschaft Nottingbamsbire baden sämmtlichc Berg leute die Arbeit iiiedergcle'ak. 20 000 kündigte» aus vierzehn Tage. So bald die abgeschlossenen LiefcrnngSeonIractc ersnlll siiid, werden sie die Arbeit einstellen. In allen Kohlengruben wird von nächster Woche ad die Arbeit ruhen, nur einige Maschinenarbeitcr werden snr die durchaus »otb- wendigen Arbeiten thätig bleiben Die Vorrätbe in den Hanptkobleiicenlrc» sind bereit« erschöpf». Biele Kohlenberg werke von Süd Aorlsbire haben den Betrieb eingestellt Man kann noch nicht sagen, ob der AuSsland eine Woche oder vierzehn Tage anbalten werde. In den Meetings der Arbeiter von Turham herrscht keine Aufregung. I» vcr- chicdcnen Koblenccntrcn wurde beschlossen, Stand zu Hallen und keine Lobnvcrkürzung aiizunchmen. 3300 Bergleute von Bristol und Umgegend sind ausständig. Der Preis der Kohlen ist um 2 i>Ii. 0 und 1 rl. die Tonne gestiegen. Man erwartet, daß manche Fabriken geschlossen werte». In Liverpool sagen die Kohlenhändler, die Nachfrage für de» Hausbedarf ruhe völlig, dagegen ßei die Nachfrage nach Kohlen sür Fabrikbclricbe unk die Schifffahrt unmögtich zu befriedigen. Die Koblengräber von Bolton und Umgegend verließen die Schächte, ungefähr 8000 Mann an der Zahl. Die Hanpleiseiiwerkc in der Gegend sind still gelegt, weil sie nicht de» erhöhten KohlenprciS zahlen. Man hat Grund, z» befürchten, daß unverzüglich die ArbeilSslörungen in den Docks sich wiederholen werden. * Man schreibt der „Politischen Correspondenz" aus Athen, 7. Marz: Zur Stunde ist daS Ministerium complct. Durch die Einbeziehung de« bisherigen Chefs der Etaatö- RcchnnngSconlrolc, Herrn Deunezi«, als Finanzminister, und de» gewesenen Dcpnrirlc», Gesandten in Rom und General- SecrelairS im Ministerium dcS Aeußern, Herrn McletopouloS, al» Leiter dieses Ministeriums, hat das Cabinel alle Partei- farbr abgcstrcift und charakterisirt sich als reincö GcschäflS- minislerium. Als solches kann eS aber unlcr de» gegebenen parlamentaaischenVerhältnissen anfeine Mehrheit nicht rechnen, daher ist die Anflösnng der Kammer beschlossene Sache Di« Neuwablen werden dann unmittelbar erfolgen. Hiermit wird zunächst dem Wunsche der Partei Trikupis entsprochen, welcher eS zwar nicht silr räthlich erachtete, in die durch Delhanni'S Änrz entstandene Bresche zu springen, aber von den neutral geleiteten Neuwahlen sich einen Erfolg verspricht. Dasselbe scheint aber auch bei Herrn Dclyaiinis der Fall zu sein, wiewohl Biele behaupten, daß die Wähler c« sich wohl überlegen werden, einem Manne ihre Stimme zu geben, von dem sic wissen, daß der König ihn nicht neben sich dulden werde. Indessen wäre es sehr gewagt, sich heute auf Prognosen einzuiassen. Die Partei DelyaiiniS befindet sich in vollster Gährung; jedem einzelnen ihrer Mitglieder ist eS zunächst darum zu thun, sei» Mandat zu rette», be ziehungsweise wieder zu erhalten. Daß die weilten Anhänger Dclyannis' zum Abfall bereit wären, falls innen Borthcil winkt, beweist die Absendung jener sonderbare» Deputation an drn König, welche letzterem die unerhörte Znmnthung stellte, statt des gegenwärtige» ein anderesCabinet zu ernennen, welchem sic dann Gefolgschaft leiste» würden. Daß der König ihnen indirect eine Lehre über politischen Anstand crtheilte und sic im Uebrigen ganz unverrichteter Sache ziehen ließ, ändert nickt« an der Tbaiiache, daß eine große Gruppe der drlyannistischrn Mehrheit zum Abfall bereit war. Andere, etwa S bi» 8, lud überdies zu Trikupis übergegangen. Heute siebt e« noch o auS, als ob eine geschlossene dclyannistische Partei be stände, aber eine über Nacht anstauchendc Verlockung kann sie wieder sprengen. Lbne Zweifel wrrd offen und hinter den Conlisscn bieran gearbeitet werden Da aber unmöglich alle Delyaniiisten in das lrilupislische Lager übergehen werden, muß man mit der Eventualität einer neuen Partei rechnen. Alles ist aber noch unklar und verworren und e» steht nur o viel fest, daß das Eingreifen de« König- den Grund zu einer neuen Gestaltung der Dinge legen kann. * In der der Versammlung der Brüsseler Association Conservatrice erklärte Woeste im Namen der Kammer- mchrbeit, daß die Reckte da« Referendum vor die Con stituante verweisen, dort aber dagegen stimmen werde. * Ein in Paris aus Santiago von gestern eingczangrne« Telegramm melket die nunmehr erfolgte Constituirung des neuen Ministeriums. Dasselbe setzt sich wie folgt zusammen: Präsidium und Inneres Eduards Matte, Aus wärtiges Gaöprad Toro, Finanzen Augusti Eduard«, Krieg und Marine Louis BarroS Borgogno, Orffentliche Arbeiten Iongö RicSco. * Einem Telegramm auS BuenoS-AyreS von gestern zufolge wurde Francisco Uribwin zum Finanzmioister ernannt. Zocialdemokratisches. -ns- Leipzig, 14. März. Die socialdemokralische LandtagS- sractio» beruf: eine Laiidesvrrsammlunq der Socialdemo, traten Sachsens aus Dienstag, den 10. April (3. Osterseiertag), im tjlaslhos „Zur Zeche" bei Hohensteiu-Ernsllhal rin. Di« Tages ordnung behandelt folgende PuncI«: 1) Die Presse, 2) Organisation und Agitation, 3> Verschiedenes. Au« ledei» ReichStaglwahlkrei« werden die „Genossen" in üffeutlicher Versammlung 3 Delegtrte wählen. -ne- Leipzig. 14. März. Der Verein Leipziger Buch» druckergehitsen hat in seiner letzten Versammlung beschlossen, den 1. Mai durch die Veranstaltung ctaer Geldsauimtung für di« fett dem Streik „AuSgesperrten" za feiern. 6. II. Die „Märtyrer de« Socialistengesr-es". Di« „Obpolition" der Socialdemokrati« hatte vor längerer Zeit an- gekündigt, das; sie mit „E'OhnUiingeii" über dieirntaen Personen, welche 1877/78 an der „Parlcifutterkrippe" in Berlin jähen, heran», rücken würde». Jetzt haben sie zum Theil diese Enthüllunaen ge geben und e« Wille interessant, zu erfahren, wa« die „offlcteue" Locialdeniokratie anf diese im „Socialist" erhobenen Veschuldianngen antworten wird. Von den damaligen Führern und Leitern, die namentlich in Berlin an der Parteifutirrkrippe sahen, ist anr einer wieder »ach Berlin znrllckgekehrl, der wenigsten» äußerlich seine (khrendasiigkeit bewahrt hat, eS ist dies Herr Auer. Di« meiste« her damaligen Führer »nd Acamle» haben es indessen vorgezogtn, au» gewissen dunklen Gründen nicht wieder nach Berlin zurückzukehren. Ein Vahlteikli in Leipzig hielt e« beispielsweise für zweckmäßig, mit dem an« dem Parlcifoiid» erhaltenen Geld« nach Amerika zu verduften, die Liebe soll ihn dahin gezogen haben. Naskow kommt nicht wieder, weit keine Beamten, dt« sich so gnt aus doppelte Buchführung verstehe», gebraucht werden. Fritzsch«, welcher in Amerika weilt, mochte zwar gerne wiederkommrn, ihm ist aber abgewinkt worden; eS könnt« ja den deutsch»« Ligarreiiarbeitern euisallen, Ausschluß darüber zu verlangrn, wohin di« 10 000 -Al geflossen sind, welche die Beiverkschast vor IMS Feuillotsn. Schloß (trlenhof. 8j Roman von O. Lach. Aegdrna »erletm. (Fortsetzung.) Eine Wolke de» Mißmuth» legte sich auf die Weiße, reine Stirn der jungen Dame, al» ihr Begleiter, sein Pferd dichter an da» ihre drängend, meinte: „Ich hoffe, Hertha, daß Du meinen Rath befolgen und beute nicht, wie beim letzten Rennen, Dich öffentlich mit Deiner sogenannten Freundin zeigen wirst. Du hast Rücksichten zu nehmen, und letzt, wo Nora, die etwa» exclusiv ist, beimkehrt, könnte e» leicht zu Differenzen führen, wenn sie Dich mit Leuten, die nicht in unsere Kreise gehören, intim befreundet fände." Sie hatten inzwischen da» Tempelhofer Feld erreicht; da» Gewühl «nd Gewoge der Zuschauer, der Truppen, der auf »nd nieder fahrenden Eau,pagen, denen von den berittenen Schutzmannschaften die Platze angewiesen wurden, verhinderten im Augenblicke di« Antwort der jungen Dame. Sie mnßte ihre ganze Reitkunst anwenden, um fick Raum zu schaffen; erst al« sie ihn gefunden, erst als sie inmitten der zahlreichen Equipagen eine elegant bespannte Chaise entdeckt, m der sich zwei Damen, wie es schien, Mutter und Tochter, befanden, mit denen sie einen vertraulichen Gruß getauscht, während ibr Begleiter nur flüchtig den Cvlinderhnt lüftete, wendete sie sich mit einem kühlen, etwa» abweisenden Lächeln zu ihrem Großonkel Baron Strrnau, und ihre mächtigen blauen Augen voll und ernst zu chm erhebeod, meinte sic ruhia: „Meine und Nora » Ansichten «erden, fürchte ich, in vielen Dingen auleinandergehen, Onkel, wie ja auch wir in unseren An schauungen difsrrirrn. Ich dränge Euch dir meinige» nicht aus, aber in meinen Ab» und Zuneigungen lasse ich mich nicht beeinflusse». Du kennst mich za darin. Da» Heldbrrg'schr Blut fließt eben auch in meinen Adern", lachte sie leise aus. „Ah — steh', wie schön und glänzend die« Bild hier ist", untrrbrack sie sich, „verkümmern wir un» da« interessante Sckauspirl nicht durch unnütze Betrachtungen." Sir warf geschickt ihr Pferd herum, ohne die Miß stimmung zu beachte», dre sich in dem faltenreichen Antlitz de» älteren Herrn »»«prägte, obgleich er sich zu einem be>- stimmendru Lächeln zwang. Dir schmrtternden Fanfare» ertönten, rin wilde« Durch einander begann; die hohen «nd höchsten Herrschaften wurden mit donnernden Hoch« begrüßt; Baronesse Hrrtba v. Born- stedt und Baron Sternan reihte» sich der kaiserlichen Suite a»! die Equipage», auch jene, in drurn die beiden Hertha befreundete» Damen saßen, rollten der Stadt zu, die Parade war aus; am Halleschen Thore wendete sich die innge Reiterin mit ihrem Begleiter link-, ohne zu bemerken, daß zwei Herren zu Pferde, der ältere in preußischer Artillerie-Uniform, der lüngere, eine auffallend schöne Männergestalt, in elegantem Civilanzuae, ihnen in angemessener Entfernung folgten. „Sie kennen die junge Dame, Herr Major?" fragte der Herr im Civilanzuge. „Sie erinnert mich lebhaft an einen mir Werth gewordenen Freund, den ich auf meiner Reise in Indien, die ich mit Lord Durham, einem Vetter meiner Mutter, unternommen, kennen und schätzen gelernt babc. Sie würden mich verbinden, Herr Major, wenn Sie mir etwas Nähere» über die junge Dame und ihren Begleiter mittheilen würden." „Wa» ich weiß, sollen Sie erfahren, Herr Gras", entgcg- nete Major v. Schleiden höflich. „Daß die junge Dame reizend ist, sehen Sie so gut wie ick, ebenso, daß sie superb zu Pferde sitzt", scherzte er; „ich wünschte, mein Sohn könnte da» Pferd so regieren, wie e« die zierlichen Hände der Baroncß Bornstedt verstehen." „Ab — Bornstedt!" — siel Graf Bredow lebhaft rin, „also ist diese» holde junge Mädchen wahrscheinlich dir Tochter meines Freundes; ihr Großvater war ein Graf Hcldberg." „Der vor ungefähr acht Jahren in Folge eines Unfalls oder eine« Verbrechen« plötzlich starb", ergänzte der Major, ^vie Detail« sind mir unbekannt und ich stehe dem Baron Sternau nicht nahe Henug, um ihn darnach zu fragen, wenn ich auch gesellschaftlich oft mit ihm und seinen Angehörigen zusammengetroffen bin, seit sie ihr Domicil nach Berlin ver legt haben. Die junge Baronesse interessirt mich lebhaft durch ihr reizendes Grsichtcheu, deren lebhafte», veränderliches Mienenspiel Güte, Klugheit, aber auch eine gewisse Willens kraft verräth, die man sonst nicht bei siebzehoiährigen Damen findet." Sie waren kurz hinter Hertha und Sternau, die sehr schweigsam nebeneinander ritten, in dir Frirdrich-Wilhclm- straßr ringebogen, von der sich die Rauchstraße abzwcigt, in welcher dir Sckernau'schr Villa liegt. Aus einen leichten Schlag mit der Pritsche öffnete sich da« Gitterthor; die jung« Dame glitt araziö» vom Pferde und verabschiedete sich mit einem kurze» Gruß von ihrem Begleiter. Die Schleppe de» ReitkleidcS zusammenraffend, überschritt sie rasch die Schwelle de» Vestibül», in dem sie rin paar Minuten auf der mit rothem Sammet überzogenen Bank Rast hielt, ebe sie die marmornen Ttusrn, die in ihre in der Bel-Etage befindlichen Gemächer führten, hinausstieg Major v. Schleiden hatte im Vorbeireitrn einen böslichen Gruß mit Strrnau gewechselt, während Gras Bredow seine leuchtenden blauen Augen über die durch Rouleaux ver hängten Neuster der Billa schweifen ließ. Als sie ans der Hörweite de« BaronS waren, meinte der Major heiter: „Wo die junge Dame wohnt, haben Sie jetzt gesehen. Sternau Kat eine gute Wahl getroffen; das Besitz- thum, da- er von einem unserer größten BanqnierS erworben, entspricht auch den luxuriösesten Bedürfnissen und bat, aller dings nur in den Augen der SternauS, den einen Fehler, daß eS inmitten anderer Villen liegt. Sehen Sie dort da« reizende HauS, in Backsteinen auf- gesnhrt, besten weitläufiger Park an den herrlichen Garten der Sternau'schen Villa stößt, gekört einem Banquicr, der vor zehn Jahren nur über ein paar Tausend Tbaler ver füge» konnte, jetzt aber über Millionen gebietet und nicht nur in der baut«: tinanvo, sondern auch in den Kreisen der Blntaristokratie eine Rolle spielt. Die Tochter de« BanqnierS Förster, ein reizende« Kind von achtzehn Jahren, verkehrt in den feinsten Cirkcln, und Baronesse Hertka von Bornstedt hat in der lieblichen Nachbarin die beste Freundin gefunden, wie mir meine Tochter mit einem kleinen Naserümpfen erzählt hat", setzte er lachend hinzu. „Ja, ja, Gras, die Damen pflegen noch exclusiver zu sein als wir Männer." „Besonder» die jungen und schönen Damen, die einander naturgemäß befebden", lächle der junge Mann aus. „Tolerant sind die Frauen meist nur gegen interessante Männer, welche Sinn sür ihre Reize haben. Ich kann auch nicht gerade behaupten, daß ich «io besondere« Faible sür die Damen der Geldaristokratie hege, da- savvir vivi-s, das die erste Erziehung giebt und der ganzen Persönlichkeit den Stempel aufdrückl, feblt ihnen oft, allein Eigenschaften des Herzen» und de» Gemüth» wiegen ja schwerer, al» äußere Eigenschaften. Ah — wie ich sehe, haben wir bereit« Ihre Wohnung erreickt, Herr Major. Ihren Dame» meine Empfehlung. Glauben Sie. daß e» schwer ist, bei dem Baron Sternau einaesührt zu werden?" „Sehr gesellig ist man gerade nicht bei Sternau»", ent- gegnete der Major, nachdem er vom Pferde gestiegen und dem herbeigeeilten Stallknecht die Zügel ,»geworfen batte. „Die Baronin ist leidend, aber wenn Tie e» wünschen, mache ich Sie mit Sternau im Casino bekannt, wo er vielfach verkehrt." „Hat der Baron keine eigenen Kinder?" fragte Graf Bredow, ehe er fick zum Weilerreiten anschickte. -Zwei, einen Sohn und eine Tochter. Habe aber noch nicht da« Vergnügen der persönlichen Bekanntschaft gebabt, da der Sohn m Pari-, die Tochter in Wien bei Verwandten lebt, seit die Eltern nack Berlin übersicdelt sind, und Baroneß Bornstedt al» erwachsene junge Dame in die Gesellschaft ein- gesübrt worden ist. Wie meine Tochter Regine erzählt, wird die Baronesse Nora Strrnau jetzt bei drn Eltern erwarte» Haben wir heute nicht wi, zwei Weiber zusammen geklatscht, anstatt uns über strategische und militairische Zwecke zu unterhalten? Za, was vermögen nicht so eia paar schöne blaue Mädchcnaugen, die unter einer weißen Stirn unschuldig und lebensfroh hervorlenchlen." „Mir kamen sic ein wenig ernst und nachdenklich vor", meinte Bredow rasch. „Aber Tie haben Recht, Herr Major; iliiscre Unterhaltung hätten auch rin paar alte nrugirrige Weiber führen können. DaS nächste Mal finden Sie mich bei der Sache." Die beiden Herren drückten einander herzlich die Hände: Gras Ullrich v. Bredow lüstete seinen Hut, der Major griff grüßend an seinen Helm, indem er die Schwelle seine« Hauses i» den „Zelten" überschritt, wahrend der junge Mann davonritt. Unterdessen hatte Hertha v. Bornstedt ibr Reitkleid mit einem leichten Soniinercostüm vertauscht; die lichtblonden Haare fielen, in seltener Fülle aufgelöst, über den Rücken; der scharfe Ritt hatte die Wangen mit einer zarten Röthe bedeckt, und wen» auch die schlanke Gestalt, daS vergeistigte Antlitz nicht mcbr dem Kinde Hertha glich, daS wir >m An fänge unserer Erzählung kennen gelernt, so erinnerten doch einzelne Züge, der belle, leuchtende Blick der selten schönen Augen an daö liebliche kleine Mädchen, da«, jetzt zur herrlichen Jungfrau erblüht, in das wirkliche Leven em- getrete» war. Man mußte dem Baron Sternau das Zeuaniß geben, daß er als Vormund Hertha'S bisher seine Pflicht gethan. Die besten Lehrer und Erzieher waren ihr gehalten worden; der Umgang mit Pfarrer Riedel, der Hertha'S Religions unterricht geleitet, wurde in keiner Weise beschränkt, obgleick der Baro» mit dem geistlichen Herrn fast nie zusammentras und eine Begegnung mit ihm vermied. Als Nora au« dem Pensionate zu den Ellern zurückkehrle und ihre Launen au Hertha auSlassen wollte, fand sie an den Eltern Widersacher. Das junge Mädchen nahm, nachdem eS eine kurze Zeit aus Schloß Erlciibof geweilt, voll Entzücken eine Einladung einer entfernten Verwandten, die in Wien lebte, an, ohne aber bisher da« ersehnte Glück, eine glänzende Hrirath schließen zu können, erreickt zu haben. Rudolf Sternau batte nur vorübergehend die Eltern be sucht, ohne dabei Hertha, die ihm scheu auS dem Wege ging, ... . .. ^ , . , . ^ ^ Attach« der zu beachten; seit zwei Jahren befand er preußischen Gesandtschaft in Pari». Sternau war ein stiller Mann geworden. Trug er auch, wenn er fremden Menschen gcgenüberstand, sein Haupt hoch; suchte er auch noch, wie ehemals, der Gestalt die vornehm ruhige Haltung zu geben, die ibn au-zezcichnct hatte, so sank er dock zusammen, sobald er sich unbeachtet wußte. Die Züge waren schlaff, die einst so kalten Augen flackerten unruhig hin und her; um den Mund, um die Stirn lagerten tief»
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