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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920316018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892031601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892031601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-16
- Monat1892-03
- Jahr1892
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in der Hoapt«kp»ditto» oder de» t» Stadd- dezirk und de» Vororte» errichtete» Aus gabestellen ad geh alt: vtrrttljädrllch bei zweimaliger lägliä>«r Zustellung ins -au« >» öchy. Durch die Post bezogen für Deutschland u»d Oesterreich: vtrrteliäbrlich L—. Direct» täglich» Sreazdendsendung i»« «ustaud: awnatllch ^l . Di» Morgen-Ausgab« »scheint täglich'/,7 Uhch di« Abend-Ausgabe Wochentags b Uhr. Lrdiution »u- Lrpe-itisa: Jahanarsgassr 8. UeErpedittou ist Wo, »sg»«t »»» früh /Male»: ttt» «»»»'« Eartt«. (Ulfratz HahuX Universitätssttaß« 1. Laut» Lösche, ikcharinenftr. Ich Part, «ch königspletz V. Morgen-Ausgabe. 'chmer.Tageblatt Anzeiger. LMu för Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GesMsverkehr. J«sertio«Sprei- Die 6 gespaltene Petitzeile SO Pfg/> Reklame» unter dem R«dactio»sstrich (4>a» spalten) bO>4, vor den Famtlie»»achrichte» (dgrjpalteu) 40^. Größere Lchriste» laut unsere» PreiS- verzeichntß. Tabellarischer und Mll«utatz »ach höherem Tarif. Ertra-Vellage« (gefalzt), »»r mit der Moi gen-Ausgabe, ohne Poftbefördernng SO.—, mit Postbesürderuag ^ 70.—. Annahmeschlkß str 2»serate: Nbead-Lusgab«: vormittag» 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh S Uhr. Bei de« Filialen und Annahmestelle» je eine halb« Stund« früher. 8«ler«tr si»d stet« an dt» IgPsdUt»« z» richte». Druck und Verlag »an E. Pol« in Leipzig ^-138. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanutmachim-. Tie Ueberwölbung der Rietzschk« von der Töllnitzer Straße in Leipzig-Gohlis bis zur Einmündung in die Pleiße soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau- Verwaltung, Raihhaus, 2. Stockwerk, Zimmer Nr. 23, aus und können daselbst eingeschen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von SO -g, welche auch in Briesmarkrn eingrsrndet werden können, entnommen werden. Den unberücksichtigt gebliebenen, aber rechtzeitig ausgetretenen Bewerbern wird diese Gebühr wieder zurückerstatlet, wenn dieselbe innerhalb 8 Tagen nach Bekanntmachung der erfolgten Vergebung zurückverlangt wird. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „ltrbrrwöldung der Rtetzschke in Leip,«g-«ol,lts" versehen ebendaselbst, und zwar bis zum 25. dieses Monat- 'Bachmiltags 5 Uhr einzureichen. Ter Rath behült sich da- Recht vor, sämmtltch« Angebote abzulehnen. Leipzig, den 1s. März 1892. Des Raths der Stadt Leipzig Io. 1>52. Straßenbau-Deputation. Bekanntmachung. Tas 2. Stück de« diesjährigen Gesetz- und Verordnungs blattes für das Königreich Sachsen ist bet uns «ingegangen und wird bi« zum 3 t. d. MtS. auf dem NattztzNNSsaate znr Einsicht- nähme öffentlich aushängeu. Dasselbe enthält: Nr. 6. Bekanntmachung, di« fünfte Auslage des Lehrbuchs der Geburtshilfe für Hebammen betr., vom 14. Januar 1892. Nr. 7. Berordnung, die Enteignung von Grundetgenthum für den Bau riues Anschlußgleises im Spreethal« an die Eisenbahnlinie Bautzen - Kümgswartha betreffend, vom 30. Januar 1892. Nr. 8. Decret wegen Bestätigung der Benosienschastsordnung der Genossenschaft für Berichtigung des Lheninitzslusses in den Fluren Altchemnitz, Markersdorf, Helbersdorf, Kappel und Stadt Chemnitz, vom 4. Februar 1892. Nr. 9. Bekanntmachung, Abänderung des Privatlaaer- und d«S Conten-Regulativs betr., vom 9. Februar 1992. Nr. 10. Gesetz, dt« Aufhebung der Befreiung der Geistlicher» uud Lehrer von persönlichen Anlage», zu kirchenjwecken betr., vom 12. Februar 1892. Nr. 11. Berordnung zu Ausführung des Gesetzes vom 12. Februar 1892, die Aufhebung her Befreiung der Geistlichen uud Lehrer von persönlichen Anlagen zu Atrchenzweckei» betr., vom 12. Februar 1892. Nr. 12. Gesetz, die Bergschiedsgerichte betr., vom 5. März 1892. Leipzig, am 14. März 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. I>r. Lröudltu. Krumbiegel. Bekanntmachung. Die Leuchtkraft d«S städtischen Leuchtgase» betrug in der Zeit vom 7. bis 13. diese- Monats im Argaadbrenner bei 150 Litern stündlichem Tousum das 18Z fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenhöhe. Tas specisische Gewicht stellt sich im Mittel auf 0,435. Leipzig, am 15. März 1892. De» RathS Deputation zu den Gasanstalten. Oeüentlieke Uan^etstetn'LiiklAll. - vis ^nwsläuug von Aauälnugnlsbrlluxeu, veleb» ieomuienile Osten» in dis krvd- oder Kaokmlttagnaurse der l-edrliiix» adtliellung vwtrsten eoUoo, erbittet »ick der Vuterveiekuete in der Zeit eow 1s. dl» mit 17. Rllrr, rormlttag» evn 11 dt, 12'/, Hbr, vomSgllcd unter psrevirlrcker Vorstellung der ^u- rumeldeuden dureb ibrs Herren krinripalo. Da» lotete 8cbul- reugvi« oder die vensuriiet« d« LodlUen iet bei diaeer Ovlegeo- beir rorrulogvu. IVilkrsnd der gedeedten Zeit eeerdso »ued Xoweldungen kür den eiizfiUirlgeo keekvelesenaebektllelien Cnrsus evtgegvn- gevomwev, an welchem «ob ll«u»dl»»ng»1«brll»xe detkeiligen üövoeo, die im Semtro dos Zeugnisses kür di« leissovsedektUobv Leftldiguog »um LuzjLdrig-vreiieilUgoudieoste «od. vnterricbt 10 Stunden vüobentbcb. Bebulgeld SO veipsig, iw ^edrunr 1892. Onrl VeUrnn», virootor. Mittwoch den 16. Mürz 1892. 88. Jahrgang Der Verzicht Milan's. Wenn der Zweifel, ob ein Land sich selbst zu regieren iin Stande sei, irgendwo Berechtigung hat, so ist da« in Serbien der Fall. Seit dem unglücklichen Kriege gegen Bulgarien fällt da- Land aus einer Krisi« iu dir andere, und heiiloS sind die Verhältnisse seit dem Rücktritt Milan'» geworden. Wir lassen cS dahm gestellt, ob der weibliche oder männliche Tbeil des KonigSpaareS an dem ehelichen Zwist die größere Schuld trägt, unschuldig daran ist keiner von Beiden, aber kein noch so schlimmer Familienzwist rechtfertigt die Handlungsweise Milan «, er hätte unbedingt auf dem Platz« auSbarren müssen der ihm angewiesen war, gleichviel wie die Verhältnisse be schaffen waren, ein König, brr noch zurrchanug-sähig ist, hat nicht da« Recht, die Rcgicruug-sorgen auf d,e Schultern einer Regentschaft abzuwälzra, hluter welcher rin unmündiger Knabe als Rechtsnachfolger des König» steht. DaS beißt, da« Vaterland dem Ungefähr von Wcchselfällen preisgeben, »nd diese find denn auch nicht auSgeblieben. Bald erschien Milan, bald Natalie in Belgrad, um die Verwirrung zu vergrößern, uud nachdem die Königin-Mutter endlich da» Feld geräumt hat, kommt der Verzicht Milan'« auf da- serbische LtaatSbüraerrecht al» neuer Streitgegenstand. Alle Verzicht- leislungen Milan'» auf bisherige Rechte stellen sich al- Kauf geschäfte dar. Um seinen zerrütteten BermögenSvrrhältnissen auf- zubelsen, scheut er vor keinem noch so erniedrigenden Schritte zurück, das Schauspiel, welch«« er der Welt girbt al» Vaterlands loser Bettler ohne Unterkommen» ist beschämend für ihn selbst, entwürdigend für die Dynastie und schädlich für Serbien Man bemitleidet den unmündigen König, der seiner natllr lichen Stütze entbehrt, obwohl er nicht verwaist ist, und legt sich die Frage vor» wa« au« einem Lande werden soll» ,n welchem da« Lusche» der Krou« systematisch in den Staub getreten wird. Ei» König, der sich iu Spielbädrrn herum- treibt, bei «ine« nächtlichen Straßrnepceß in Pari« Prügel bchenunt, per fich nn>itüch n» Pie Erwerbung der Staats- angcbörigkeit in Ungarn bemüht und mit der Regentschaft in Serbien wegen einer AdfinLungösummc in Unterhandlung teht, obgleich sein Sohn König von Serbien ist, baust durch eine Aufführung so große Schmach aus da« Land, das er einst regiert, daß sie nie wieder gut gemacht werden kann. Und rin Land, in welchem solche unerträgliche Zustände Kerrschen, wird von Rußland als vollständig lebensfähig er achtet, kein Wort übelwollender Kritik wird darüber laut, im Gegentheil zeigt sichrer Zar erfreut über daS rnge Band, welches Rußland init Serbien verknüpft, wäkrend keine Ge- lcgenbeit versäumt wird, um die angebliche Anarchie in Bulgarien in der schärfsten Weise zu verurtbeilen und daS baldige Ende der dortigen Wirtbschaft in Aussicht zu stelle». Aui 2. Juli erfüllen sich drei Jahre seit dem Tage, an welchem der Sohn Milan's zum König von Serbien gesalbt wurde, eS ist also erst die Hälfte des Zeitraums verstriche», welcher noch an der Großjabrigkeit des jungen König« seblt. Sein erstes öffentliches Auftreten bei seiner vorjährigen Rund reise in Wien und St. Petersburg hat für den Nachfolger Milan's ein günstiges Vorurtheil erweckt, aber zugleich volle« gckit über die Schwierigkeiten verbreitet, mit welchen Serbien während der Minderjährigkeit de« Königs zu kämpfen bat. ES hat sich gezeigt, daß die Zuneigung Rußland» für Ser bien nicht stark genug ist, um dem jungen König die Auf nahme ani russischen Hose zu verbürge», auf die er nach seiner Stellung Anspruch machen darf, andererseits hat Kaiser Franz Josef dein Träger der serbischen KöuigSkrone die väterliche Aufmerksamkeit geschenkt, welche einen tiefen, wohlthuenden Eindruck auf da« jugendliche Geinülh de« König« machen mußte. In Rußland wird die Unterwerfung Serbiens unter den Willen de» Zaren al» so selbstverständlich betrachtet, daß man c« gar nicht der Mühe Werth hielt, der Person de« Königs irgend welche Rücksicht zu widmen, das Kaiserpaar verreiste während der Anwesenheit des jungen Königs in St. Petersburg. Da- durfte nicht geschehe», und wenn der König auch erst zwölf Jahre alt gewesen wäre, statt vierzehn, die königliche Wurde uud ihre Ansprüche werden von der Zahl der Jahrr nur wenig berührt. Natürlich bat König Milan in Oesterreich an persönlicher Achtung seit seinem Rücktritt von der Regierung Serbien» große Einbuße erlitten, denn dieses Ercianiß ist unter Umstande» zeschehen, welche e» nicht als eine Folge der Notbwrndigkeil, wndern als Wirkung der Geldverlegenheiten Milan's er- cheinen ließen. Alle die vermeintlichen Schwierigkeiten im Kampfe mit den widerstrebenden Parteien hatten ihre Wurzel n der Unmöglichkeit für Milan, mit den ihm zur Ber- ügung stehenden Summen auszukommen. Die Scheidungs- Angelegenheit ist auch weit über Gebühr beachtet worden, ie wäre wahrscheinlich ohne große Aufregung verlausen, wenn nicht der Bankerott Milan's einer Eoulisse bedurft hätte, um dahinter Schutz zu suche». Der radikale Club hat »echt, wenn er sich weigert, dem Verschwender Milan auch nur noch einen Groschen zu bewilligen für den Verzicht auf Rechte, die in den Augen Milan's keinen moralischen, sondern nur einen Geldwerth haben. Ein solche» Feilschen um daS Staats bürgerrecht eine» landflüchtigcn Königs hat in der Thal etwas so Würdelose-, daß man eS nur in der Ordnung finden muß, wenn die Skupschtina die Mittel für die Er füllung de« zwischen Milan und der Regentschaft geschlossenen Vertrages verweigert. Welchen Werth kann c- nach dem, wa» geschehen ist, für Serbien haben, ob König Milan noch 'taatSbürgerliche Rechte im Lande genießt oder nicht'? Einr Rolle kann er dort niemals wieder spielen, eS sei denn eine traurige, dafür hat er selbst in ausgiebigster Weise gesorgt. Die Vorgänge in Serbien haben an sich »nr geringe Be deutung, aber sie sind lehrreich in grundsätzlicher Beziehung Sie zeigen, daß beute die persönlichen Eigenschaften und Handlungen von Männern, welche an der Spitze der Staaten sieben, keineswegs gleichgiltig sind, sondern daß der Ansvruch vorwaltct, daß Jeder in seinem Kreise und auf dem Platze, an welchem er steht, seine Schuldigkeit thue. In den Zeiten des Absolutismus gaben persönliche Eigenschaften der Herr scher den Ausschlag für da» Wohlbefinden der Staaten, die tüchtigen und guten Herrscher habe» den Gang der Entwickelung der ihrer Obhut anvertrauten Länder wescnl lich bestimmt, aber der VcrfassungSstaat hat dem persön lichen Einfluß de« Herrscher« Schranken gezogen, die er nicht gefahrlos LberlchreUeu kann, und seine Einwirkung auf den Gang der Entwickelung lediglich von seiner Tüchtig keit zur Führung der NegicrungSgeschäfte abhängig macht. Die Frage, ob persönliche oder parlamentarische Re gieruog, ist nicht ohne Rücksicht auf die Person des Staats oberhaupte« zu entscheiden, selbst in den freiesten Ländern bleibt der Initiative des StaatSobrrbauptrS zur Bctbätigung seiner persönlichen Eigenschaften hinreichender Spielraum, und wenn dieser Antrieb von der höchsten Stelle aus fehlt, so wird dieser Mangel sehr lebhaft gefühlt. Die Balkanstaaten sind in dieser Beziehung wertbvollcS Material, man kann daran» lernen, wie weit der persön liche Einfluß de» Staatsoberhauptes in verfafsungSstaaten reicht und welche Bedeutung die Volksvertretung ohne solchen Anstoß von obenher hat. In Bulgarien ist der Drang nach politischer Unabhängigkeit so groß, daß er alle ihm von Außen bereiteten Schwierigkeiten siegreich überwindet, der von Europa nicht anerkannte gewählte Fürst de- Lande» kann nur seinen guten Willen zeigen, die ihm obliegenden Pflichten zu erfüllen, seine Person hat aus den Ganz der Entwickelung nur sehr geringen Einfluß. In Serbien liegen die Verbält- nisse umgekehrt, dort würde ein tüchtiger zielbewußter Herrscher, welcher alle die ihm unentbehrlichen Eigen schäften besitzt, leicht Ordnung schaffen können, aber an einem solchen fehlt eS leider. In der Regentschaft streitet seit dem Rücktritt Milan'» die Hinneigung zu Rußland mit der z« Oesterreich-Ungarn, die Bevölkerung entbehrt der Führung, deren sic bedarf, um da« Richtige und de», Lande Heilsame zu treffen, der Kampf der Parteien gruppirt sich in der Hauptsache um die Personen de« ehemaligen Königs und dessen Gemahlin, die Interessen de« Lande- kommen erst in zweiter Linie in Betracht. E« giebt BrrfaffungSstaaten eigentlichen Sinne und solche, die e« nur der Form nach f rm . sind zu diesen gehört Serbien. Diese» Land kann nur unter einem tücktigen Regenten den Platz auSsüllea, der ihm ein geräumt ist, «ndernfall» ist e< der Spielball auswärtiger Mächt«, »is heute. Leipzig, 16. März. * Der Etaatssccrctair im Reichsamt deö Innern, StaatS- ministrr v. Bötticher, ist an einem Halsleiden — Angina — heftig erkrankt. Da- Leiden kommt um so ungelegener, als cö sein lebhafter Wunsch war, in der dritten Berathung der Ikrankencassen-Novelle die Vertretung der Regierung zu Uberncbmen, welche nunmebr dem UnterstaatSsecrctair l>r. von Rottcnburg anbeimsällt. ES bleibt zu hoffen, daß die Hcr- tcllung teS StaatSsecretairS bis Ende dieser Woche erfolgt nnd da« geplante Fest de» StaatSsecretairS, zu welchem zahl reiche Einladungen ergangen sind, keine Störung erleidet. — ES wird bestätigt, daß zu den Gegenständen, welche der Reichstag noch erledigen wird, daS Weingesetz gehören soll; die Regierung legt aus da« Zustandekommen desselben bc- ondcrcn Werth und hofft, daß sich die Parteien im Reichs tage über daS Gesetz verständigen werden. * Es bestätigt sich, daß die in letzter Zeit eiiigcleitcten Anklagen wegen MajestätSbeleidigungcn obne Wissen deS JuslizministerS staltfanden und weder seine noch de« Reichs kanzlers Billigung gefunden haben. Die Vorlage über den WelsensondS dürfte nahezu einstimmige Annahme finken. * ES erhält sich da« Gerücht, daß der jetzige KriegS- minister v. Kal tenborn-Stacha», der sich auch zur parlamentarischen Vertretung seines RcssortS wenig eignet, nicht lange mehr aus seinem Posten bleiben werde. Als sein Nachfolger wird Grncrallicutenant v. Blume genannt. * Was die Gedankenlosigkeit des Herrn Lieb knecht den deutschen Arbeitern nachgerade znmuthet, ist wirklich ein „Gipfel". Da werden sie aufgcfordert, den eng lischen Bergarbeitern in dem großen AuSstand ihre Unter- tützuiig zu leihen. Dieweil hat doch der „Vorwärts" im /citarNkel vom 8. März breitspurig dargelegl, daß der eng lische Streik nichts weiter als ein Manöver zur Erzielung höherer Koblenpreisc ist, wobei die Untcrnebmrr lheil« offen, thcilS insgeheim im Einverstäudniß mit den Arbeitern handeln. Daß die Unterstützung der Streikenden in England nicht finanziell geschehen kann, siebt der „Vorwärts" wohl ein. Die Taschen der socialdemokratischen Arbeiter sind derart bei dem letzte» AuSstand der Buchdrucker geplündert worden, baß sich die Partei ruiniren würde, wen« sie heute für englische Arbeiter Un.erstützuagsgclkcr verlangte Die Unterstützung oll also durch — Verweigerung der Ueberschichten in den deutschen Koblengruben bewirkt werden. Das fehlte nur noch ; als die deutschen Bergarbeiter streikten und in Folge dessen die deutsche Eisenindustrie ihre Production einzuschränken an ing, arbeiteten die Bergleute in England »lit doppelter An trengung, um für sich und für die englische Eisenindustrie daraus den greifbar uabe liegenden Prosit zu ziehen. Wenn aber die Production in England zu stocken beginnt, soll unser deutscher Arbeiter jeden daraus möglichen Bortheil entbehren. Er wird sich den Fall wohl überlegen. * Die ungarische Adreßdebatt«, welche sich bisher ziemlich langweilig absvielte, brachte neucrdinaS eine interessante Kundgebung. Der eyemalige Ministerpräsident Koloma» TiSza ergriff zum ersten Male seit seinem Sturze daS Wort, und wie auS Pest gemeldet wird, folgte daS Ab gcordnetcnkauS seinen Ausführungen mit gespannter Auf merksamkeit. Die unmittelbare Veranlassung der Rede war, daß letzthin ein oppositioneller Abgeordnete sagte, man müsse Klarheit schaffen, wer Führer der Majorität sei, ob Szapary oder TiSza.' Daraus erwiderte TiSza, eS könne gar kein Zweifel bestehen, daß der Führer de- Parlaments nnd der Majorität nur derjenige sei, welcher die Verantwortung für die Politik trägt, also der Ministerpräsident. So habe er eS gehalten, al» er an der Spitze de» Eabinets stand, und so halte eS jetzt Szapary. Im weiteren Verlauf seiner Rede war TiSza vornehmlich bestrebt nachzuweisen, daß der Ausgleich von 1867 in derselben Form, wie er geschaffen, aufrecht erhalten bleiben müsse. Diese Grundlage diene Ungarns Interesse am Besten. Selbst dann jedoch, wenn die« nicht der Fall wäre, dürste Ungarn nicht eigenmächtig den Ausgleich ändern, weil sonst auch die österreichische Gesetz gebung den Ausgleich zum Nachtheil Ungarn» eigenmächtig andern könnte. Die Rede wurde auch von der Opposition aufmerksani angehört. Die Adreßdebatte dürfte in den nächsten Tagen noch ziemlich lebbast werden, da namentlich Gra Apponyi sich zu einer großen Rede vorbereitet. So viel ist jedoch gewiß, daß die Opposition bei diesem Anlasse keine Obstruction beabsichtigt. * In Alben täuscht sich Niemand darüber, daß die jüngste Krise yorläufig nur durch ein Provisorium abge jchtossen ward, welches nicht leicht durch normale und dauernde Verhältnisse zu ersetzen sein wird. So lange diese« Provisorium besteht und eine Klärung der Lage nicht angebabnt ist, muß auch mit der Möglichkeit neuer ernster Zwischenfälle gerechnet werden. Die Mitglieder des CabmietS Ko n sla nto puloS scheinen di« Situation nüchtern zu beurtheilen und zeigen wenig Neigung zu politischen oder finanziellen Tbaten, welche vielleicht nur die Stellung eine- anderen, in einiger Zeit zu berufenden Ministeriums vortheilhaster gestalten würden. Au dem finanziellen Gebiete beschränkt man sich auf Nothbehelse. Die Anleihe, über welche jetzt mit Athener Capitalistenkreisen verhandelt wird, kann nur zur Deckung de» dringenden momentanen Bedürfnisse« genügen; eine größere Anleihe wäre in Folge der verworrenen, wenig Vertrauen einflößenden Ge- sammtlage nur unter Bedingungen abzuschließen, vor welchen die Regierung zurückscheut; dieselbe überlaßt daher einst weilen der Zukunft oder dem nächsten Eabinrt die Be antwortung der Frage, wie im Staatshaushalte Ordnung zu schaffen sei. DaS neu auSgrarbeitete Budget, welche« der Kammer nach deren Wiederzusammentritte zugchen soll, wird wohl in einzelnen Ressort« bedeutendere Ersparungen auf weisen, doch wird hierdurch allein noch keineswegs ein reelle« Gleichgewicht in den StaatSsinanzen zu erzielen sein. In politischer Richtung möchte die jetzige Negierung allem Anscheine nach je eher desto lieber eine Entscheidung über ihre Lebensfähigkeit provociren. In ministeriellen Kreisen glaubt man nicht, daß sich in der Kammer eine verläßliche und genügend starke Partei zur Unterstützung de« CabinetS zusammenfinden werde, und der Gedanke, durch Neuwahlen eine klare parlamentarische Situation zu schaffen' findet daher im Schooß« der Regieruag zahlreich« Anhänger. Allem Aa- chcine nach wird aber diese Absicht von König Geora selbst »ekämpft, welcher hofft, daß sich ohne Appell an das Volk in der jetzigen Kammer eine trikupistiscbc Mehrheit ergeben werde. In Folge diese« Gegensatzes ist da» Einvernehmen wiscben dem Monarchen und dem gegenwärtigen Ministerium ein vollkommen ungetrübte«. Die Regierung verfügt gegen wärtig über eine Partei von 30 Deputirten. * Serbien hat endlich naä» monatclauger Krise rin cucs Ministerium, selbstverständlich wieder unter dem Präsidium von Paschitsch, erhalten. Es wird der »Boff. Ztg." gemeldet: Belgrad, 14. Mdrz. Nachdem der Wiedereintritt von vultsch und Taujchanowitich aus «chlvierigkeiten Meß, genehmigte soeben di« Regenischasl definitiv folgende Ministerltste: Paschttsch, Prä- idium und Acub>re«: Lwelozar Milosavljewttsch. Inneres; »r. Patsch», Finanzen; der frühere Gouverneur de« König« Vllerander und jetzige Präsident deS StaatSrath» vr. Dolitsch, Handel und Bolkswirlhschast; Nikolitsch, Unterricht; der bisherig« Minister des Aeuhern Gjorgjewttsch, Justiz: Oberst Welimi- owitsch, Krieg, und dessen Bruder Jttrem Wellmtrowttsch, Baiiten. Gleichzeitig mit dieser Liste wird daS morgige Amtsblatt die Ernennung von Tauschanoivttsch zum Dirrctor derMouopol« veröffentlichen. Das Ministerium bleibt wie bisher ein radikales. Ls schelden au« dem bisherige» Cavinel der Minister des Innern, Giaia, Justiz- minister Gerjchitich und »riegsmllnster Oberst Praporychetowirslti. Neu besetzt wurde» das bi-ber von Paschitsch mit verwaltete Finanz ressort durch den gegenwärtigen Unterbündler bet he» Handels- veriragSverhandlungen in Wie», Monopoldtrector Or. Patschn nnd da« gleichsam unbesetzt gewesene Handelsministerium durch I)r. Dokitsch. Neu im Labinet sind außerdem MilosovljkwÜsch und Oberst Welimiroiottsch. * An« Yokohama wird über St. Francisco gemeldet, daß die ParlamentSwablcn in Japan beendet seien unv daß dieselben den Regierungsorganen zufolge eine Mehrheit von 20 Stimmen für dir Regierung ergeben hätten. Es ei während der Wahlen mehrfach zu Ruhestörungen ge kommen, dabei seien mehrere Personen getödtet worden, eine größere Anzahl sei verwundet. Die Anarchisten an der Arbeit. lü Berlin, 15. März. Die deutschen Anarchisten in London überschütte» jetzt Deutschland mit revolutionairrn Flugblättern und Zeitungen; sie leisten in dieser Hinsicht mehr, atS jemals die vsficielle Socialdemokratie unter dem Aus nahmegesetz fertig gebracht. Zum Beweise dafür, daß die Anarchisten jenseits de» Canals Narren sind, wenn auch unter Umständen gefährliche, bringen wir einen Auszug auS dem Or^an der Gruppe „Autonomie", und zwar au» dem Leitartikel der jüngsten Nummer. Derselbe hat folgenden Wortlaut: „Greift sie aus, dies« Parasiten, bängt sie an den Laternenpfahl, sprengt sie schockweise mit Dynamit in die „>ust! Plündert ihre Magazine und Läden, denn Ihr habt nicht allein da« Recht, sondern auch die Pflicht, denn e» ist ja Alles Eure Arbeit. Zerstört Gefängnisse und Kirchen, die Zwingburgen deS GestteS, erwürgt aber auch alle Demagogen, die Euch um die Früchte Eure« Kampfe« betrügen wollen, die Euch erst vorfaseln, die rechte Zeit sei noch nicht gekommen und Euch nachher mit Stimmkasten- und anderem Humbug wieder in Ketten schlagen wollen —, fleckt Eure elenden, von allen möglichen Krankheiten durchseuchten Hütten in Brand und nehmt Wohnung in den gesünderen BourgeoiS- wobnungen! Zerstört jede Autorität, jedes Führrrthum und schießt Jeden nieder, der e« Waal, irgend «in Gesetz oder der gleichen aufzustellen! Wenn Ihr da« thut, dann werdet Ihr frei werden!" In demselben Artikel wird noch der Rath erlheilt, in Zukunft beim Ausbruch von Krawallen Flugschriften in Tausenden von Exemplaren zu verbreiten, in welchen zum Widerstand gegen die Hüter der Ordnung, gegen dir Schutz leute ,c. und zur Bcwaffnuiig aller Unterdrückten aufgesordrrt wird. Mit Revolvern und Sprengstoffen solle der Polizei und dem Militair entgegengetreten werden. In Breslau und Hamburg sollen, glaubwürdigen Nach richten zufolge, eine erhebliche Anzahl Anarchisten verhaftet worden sein. pädagogische Gesellschaft. In der Sitzung vom 11. Mürz sprach Herr Reicheubach über das Stottern und sein« Heilung. Davon ansgehend, daß jetzt im Zeitalter der allgemeinen Volksschule und der großen Oeffentlichkeit des gesellschasllichen, geschäftlichen und ponttschen Lebens der fließende Gebrauch der Sprach« und di« Beherrschung derselben unumgänglich »ötliig sei, kennzeichnet« der Herr Vortragende die verschiedenen Erscheinungen de« Stottern- nach Ihrem schwerere» und leichteren Auftreten und wendete fich sodann zur Beantwortung der Frage: WaS ist Stottern? hierbet di» Ansichten der Aerzte Schultbeß, Rullter, Serre, Colombat, Lee, Merkel, LoSn, Wyuecken, Klencke, Hunt, des Lehrer» Gutzmann, des Besitzer« einer Sprach- beilanstalt Denbardt einer Untersuchung uaterzleheud und da« Werk de« Professors Kußmaul „Die Sprache und ihre Störungen" empfehlend. Zu verwundern ist «S nicht, daß bet diesen verschiedenen Ansichten über da« Wesen de- Stotterns sehr häufig da» Stottern mit anderen Sprachfehlern, z. B. dem Stammeln, verwechselt wird und die statistischen Angaben über dt« Verbreitung und Hüufiakeit des Stotterns so verschieden au-sallen. Al- Ursachen de- Stottern« sah man früher die zu breite, lang« od«r klumpige Zuge an, die Engländerin Leigh, die Aerzte Malebouchr und Bans- i»a»n glaubten in der zu tiefe» Lage der Zunge di« Ursache entdeckt zu haben; doch können weder dl« Zunge noch die Zähne, auch nicht die falsche Resptratioa verbunden mtt flacher Toraxbtlduag für da» Stottern verantwortlich gemacht werden, eben so wenig Blutarmath, Tarmrelzungen, Scrophuloie, Schwäch« des Willens. Ban An gehörigen ihm zugesührter Schüler wadea dem Herrn Vortragenden die verschiedensten Ursachen angegeben, wie Krankheiten, Fall und Stoß, starke GemüthSbewegunge», auch Vererbung; die Vererbung«, lheorie scheint wie erfunden, die Anklagen de» schuldigen Gewissen« bei versäumter Erziehung zu betäuben. Die erst« Ursache kann nach Ansicht des Herrn Vortragenden, «in dem Gedächtnisse ganz oder thril- wetse entschwunden«« Wort sein, oder ein Wort, dessen Arnrnlatto» an die Sprachorgan« ungewöhnlich« Anforderungen stellt. Der Erwachsene umschreibt da< fehlend« Wort oder gesteht sein, Verlegenheit et»; das Kind wird von seiner Umgebung unvorsichtiger Weis« verlacht oder auS- gescholten, merkt sich nicht blos da« fehlende Wort, sondern auch die mit der verunglückten Aussprache verbundenen Einzelheiten, wird Furcht vor Wiederholung haben und der Gedanke, stottern »u können, wird zur Furcht, stottern «u müssen. Dies« Furcht verursacht dann auch da« Stettrr» bet solchen Worten, die vorher ganz grlänfig go- sprach«, wnrden; g«cht ist >« «uh. we»
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