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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189203192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18920319
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18920319
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-19
- Monat1892-03
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1892
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Dü«tt»» »» Lr-eVitio»: I»tz»»»r«,affr 8. »dlr»edtti^> «st Wochentag« «»»»trrbroche» »HM — ft»» 8 di« >b«d» 7 Uhr. Filiale»: Vst ««,»'« vorti«. («Mr«» »«»»). UuivrrsstitSstrai« 1. > Lo«i» Losthr. stchlri»e,stk. 1«. p«rt. mtz »»»tg«platz ?. Abend, Ausgabe. ewMtr.TUMilü Anzeiger. Organ fiir Politik, LocalgesWte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Insertion-Preis Die 6 gespaltene Petitzeile SO Psg7" Reklamen unter dem Stedactioasstrich («gu- Ipallen) öO-^. vor den Familir»iiachrichte» ch gespalten) 40 sh. Größere Echristrn laut unserem Prei«- Verzeichnis. Tabellarischer und Ztfserosatz »ach höherem Larts. Nrint-Veilaften (geialzts, »ur mit der Mo> ge»« Ausgabe, vdn« Posldesörderu»- >t 60-, mit Poslbesorderung « 70.—. Annahirikschluß för Inserate: Abend-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Margeu-Ausgab«: Nachmittag« «Uhr. Eon», und Festtag« stütz S Uhr Bei dea Filialen und Annahmestelle» je eine halb« Stunde früher. Inserat« st»d stet« »» dt« Erhebtti«i» zu richte». Druck und Verlag vo» L. Pol» tu Leipzig HM. Sonnabend den 19. März 1892. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Erpedition ist morgen Tonntag, den SO. März, Bormittags nnr bis O Uhr geöffnet. Lxptzültlou Ä68 Iseip^ixvr Inxtzblattes. Die Krijis in Berlin. * Wir konnten schon in der heutigen Morgennummer eine Anzahl von Privattelegrammen und anderen Mitteilungen xroffentlichen, wonach endlich in Berlin in Betreff des MischulgesetzentwurseS und der dadurch hervorgernsenen schwierigen und unerfreulichen Lage an Allerhöchster Stelle kii Umschwung zum Besseren eingetreten >st. E« war aber auch die höchste Zeit, daß den ausschweifenden Hoffnungen und Bemühungen der Klerikalen und Stock» konservativen eia energische« Halt zugerufcn wurde, wenn nicht die Besten und Edelsten unserer Nation an der inneren gedeihlichen Entwickelung des Vaterlandes verzweifeln sollten. Bor der Hand gehen die verschiedenen Angaben über den Stand der eingetretrnen Krisis noch ziemlich wirr durcheinander, aber so viel ist gewiß, daß der CultuS- minister Graf von Zedlitz in Folge einer bei Gelegenheit de« am Donnerstag abgehaltenen Kronrathes zu Tage getretenen Willenskundgebung des Kaisers über das Volk-schulgesctz, die dahin grlautet hat, eS bleibe ihm wünschenswert!,, Laß eine Gestaltung de« Gesetzes ermöglicht würde, welche die Mitwirkung der Mittelparteien nicht ausschließe, seine Ent- lasssung eingereicht hat. . Von anderen Seiten, welche gut unterrichtet zu sein behaupten, wird ferner gemeldet, daß auch der Reichskanzler Gras von Caprivi Lemissionirt dab:. Diese Meldung, so wahrscheinlich sie bei der scharfen Stellungnahme deS Ministerpräsidenten für das BolkSschul gesetz auch erscheint, bedarf jedoch noch der Bestätigung. Wir lassen nachstehend eine Reihe von Mittheilungen über die augenblickliche Lage der Dinge folgen. Die .National liberale Eorrespondenz" schreibt: Auf Grund zuverlässiger Informationen glauben wir folgendes SituationSoild entwerfen zu können. Man ist offenbar an einem sehr kritischen Wendepunct in unserer murren politischen Lage angelangt. Gestern und heule, im -roarath und in einem Ministerrath, haben entscheidende Wendungen in der die ganze politische Situation beherrschen de» Frage des Volksschulgesetzes stattgefunden. Nach rcrbürgten Mittheilungcn darf man hoffen, daß die Regierung uus das Volksschulgesetz für diese Session Verzicht leiste» wird, entweder in der Form einer ausdrücklichen Zurück ziehung oder durch Zustimmung zu dem einfachen Liegenblciben m der Commission, wie eS ine vorigen Jahre auch der Fall war. Andererseits ist mindestens von sehr erheblichen Ab- öuderungen, Beschränkung auf ein Dotationsgesetz, wie eS von verschiedenen Seiten längst befürwortet war, und dcrgl. du Rede. Die baldigste Regelung dieses Bestandtbeil« der Vorlage ist allerdings dringend erforderlich, könnte aber gleichwohl in der gegenwärtigen Session schwerlich mehr erreicht worden, man spricht denn auch bereit« von einem baldigen Schluß deS Landtags oder einer Vertagung bis in de» Herbst. Die große Mehrheit des TtaatSininisteriumS war, wie verlautet, gegenüber de» Schwierigkeiten »nd Be denken, die dem Gesetzentwurf von allen Seiten entgegen» getreten, für die Verzichlleistung auf die Durchberathung der Vorlage im gegenwärtigen Augenblick. Im Zusammenhang mit diesen Wendungen bat, wie als feststekcnd betrachtet werden darf, der Eultuöminister Gras Zedlitz seine Entlassung eingereicht; über die Annabme soll a»>ge„blick- lich noch nichts entschieden sei». Es soll mit dem Grasen Zedlitz wegen einer Form der Verzichtleistung auf de» Gesetz entwurf in seiner gegenwärtigen Gestalt verhandelt werden, wonach ihm entweder das fernere Verbleiben aus seinem jetzigen Posten oder die Uebernadme eines andern RessortS ermöglicht würde. Genauere Kenner de« Ministers bezweifeln sehr, ob diese Verhandlungen zum Ziele führen; eS soll im Kronrath ein sehr herbe« Wort deS Kaisers gegen ihn gefallen sein. Noch wcitcrgehente Gerüchte, die auch von einem Rücktrittsgcsnche deö Reichskanzlers und Ministerpräsidenten Gras Eaprivi wissen wollen, taffen wir vorläufig aus sich beruhen. Sehr bezweifelt wird auch wieder, ob eS eine Form geben wird, um den Grasen Zedlitz und die Mehrbeit der übrigen Minister zu gleich im Amt zu erhalten. Heule Abend soll wieder eme Sitzung der VolkSschulcommission stattfinden, deren Verlauf von erheblichem Interesse werden dürste. Graf Zedlitz hat sich für diese Sitzung entschuldigen lassen, wie er auch bei der drillen Etatö - Berathung des Abgeordnetenhauses nicht anwesend war. Wen» sich die angcdenlelc Lösung wirklich vollziehen sollte, was allerdings noch nicht seslstehl, so würde darin eine erfeuliche Wendung in unserer inneren Politik mit weittragenden Eonscgucnzc» zu erblicken sein. Eonservalive »nd Centrum sollen sich in recht niedergeschlagener Slimmung de. finden. * Die ossiciöscn .Berliner Politschen Nchrichten* bringen folgende interessante Darlegung: <Lchon seit einiger Zeit mehrten sich die Anzeichen, daß der Entwurf de« BolkSschulgesetzeS auch in solchen Kreisen auf schwere Bedenken stößt, welche nicht den Parteien angebören die- im Landtage den Entwurf bekämpsl baden. ES ist bekannt, daß auch innerhalb der conservativen Partei und zwar sowohl in ihrer parlamentarischen Vertretung als im Lande zahlreiche Elemente vorhanden sind, welche dem Entwurf in wesentlichen Theilen nicht zustimnien »nd die da durch geschaffene allgemeine politische ösilualion mißbilligen. Diese Strömung hat augenscheinlich in der neuesten Zeit namentlich in den letzten Tagen an Stärke erheblich gewonnen und in den maßgebenden Kreisen den aus der Generaldebatte über den VolksschnlgcsctzcnIwurs entnommenen Eindruck, als ob die ganze eonservalive Partei hinter dem VolkSschulgesctz entwurf stände, verwischt. Ebenso liegen Anzeichen dafür vor. Laß außerhalb Preußens gerade in den Kreisen, welche eine entschiedene deutsche Politik vertreten, die Bcsoraniß Uber die allgemeinen politischen Folgen der durch den Bolksschulgesetzcntwurs geschaffenen Lage wächst. Man befürchtet augenscheinlich, daß daraus nament lich in SUddeutschland eine Wendung dahin cintreten werde, daß in Bayern und vielleicht auch in anderen Bundes staaten ultramontane Ministerien anS Ruder gelangen und dadurch auch für die Einheitlichkeit der inneren NeichS- politik erhebliche Schwierigkeiten erwachsen würden. Es dars angenommen werden, daß auch diese Besürchlnnzcn an maß gebender Stelle mir Nachdruck gellend gemacht worden sind und daß Einwirkunacn dieser Art die ohnehin beliebenden Bedenken über die Richtigkeit der durch das gesetzgeberische Vorgehen in der Volköschulfrage geschaffene» allgemeinen und parteipolitischen Lage wescnllich verstärkt hat. Alle diese Momente zusammen durften ;» dem Entschlüsse geführt haben, von der Wcilervcrsolgung des gesetzgeberischen Planes zur Zeit abznsehc». Ob c« gelingen wird, für diesen Einschluß Formen zu finden, welche die Erfüllung deö Wunsches ermöglichen, daß dieser Entschluß nichl von weiteren und namentlich nicht noch von anderen persönlichen Folgen begleitet sein möge, scheint zur Zeit noch Gegenstand der Erwägung z» sein. In Bezug auf die persönliche Seite steht fest, daß der CuttuSministcr Graf Zedlitz sei» EnllassnngS- aesuch eingcrcichl bat Ob da« weitere Gernchl, daß auch der Reichskanzler die Absicht kund gegeben babe, zurückzutrelen, thatsächlich Unterlage hat, steht noch dahin. Wenn namentlich in parlamentarischen Kreisen aus der Thatsache, daß die heutige Sitzung deS StaatSmiuisteriumS, wie gerade genau jetzt vor zwei Jahren beim Rücktritte des Fürste» BiSinarck, ,m Reicksamt deS Innern staltgefuiidc» habe, eine Bestätigung für das Gerückt von dem Rücktritt des Grafen v. Caprivi erblickt wird, so möchten wir darauf Hinweise», daß dieser bcutige Ministcrralh unter Vorsitz des Ministerpräsidenten stattfand und wohl nur deshalb im ReichSamt deS Inner» abgchallen wurde, weil Herr vo» Boetticher von seiner Hals entzündung noch nicht soweit hcrgcstellt ist, daß er sich der rauben Straßcnlust anssetzen könnte und bei der nun einmal vorhandenen Situation wohl aus seine persönliche Thcilnahmc an der Berathung besonderes Gewicht gelegt sein mochte. * Von parlamcntarischcrSeite wird unö noch ge schrieben: „Wie die große» Schwierigkeiten überwunden werden würden, welche dem weiteren Fortgänge der Berathungen des BolkSschulgesetzeS sich entgcgcnstclle», und ob und welche Personalvcränderungen sic »ach sich ziehen werden, läßl sich mit Sicherheit noch nicht übcrjehcn. An neuesten Thalsachen ist nur zu melden, daß der CultuSminister Gras Zedlitz sich für- die auf heute Abend angesetzte Sitzung der Volksschul- gesetzcommission entschuldigt bat. obwohl Anträge zur DiS cnssion stehen, für welche eine Erklärung der Regiernng durch aus erforderlich sein würde. Auch wird glaubhaft über eine Acußerung des CultuSministerS dabin be richtet, daß er ein Arrangement der Sache fürsehr unwahrscheinlich Halle. Bon parlamentarischen Kreisen sind natürlich Ccnlrum und Conscroative empfindlich berührt. Letztere habe» sich für die Vorlage fester cngagirt, als da« wenigstens einem crbeb- lichen Tbeile der Fraction paßt. Man batte in diese» Kreise» darauf gerechnet, in einem späteren Stadium der VerbanL- lungen diesen Standpunrt zur Geltung bringen z» könne» »nd sieht sich jetzt in der Gefahr, als Echleppirägcr des Cenlrumö zu erscheinen. Anderwärts ist nian in der Bc- nrtheilung der Lage sehr zurückhaltend. Man glaubt zunächst sich streng abwartend verhalten zu solle». Daß Herr von Rauchhaupt gestern zum Kaiser be fohlen worden sein soll, wird bezweiselt; der genannte Parla mentaricr ist erst heute in Berlin eingetroffcn." 86. Jahrgang Der „Magdeburger Zeitung" sind folgende telegra phische Milthcstungcn -»gegangen: * Berlin, l8 März. Die Frage deS VolkSschul- gcsctzcS ist seit dem gestrige» Kronrath sehr brennend geworden. Der Cultnsininister Graf Zedlitz wurde über stimmt, da sich die Mehrheit der Minister für Zurück ziehung des Entwurfs und die Vorlegung nur eines SchuldotationSaesctzeS auösprach. Gras Zedlitz hat in Folge dessen sein EntlassungSgcsuch eingereichl und besteht bis jetzt darauf. In Abaeordnetcnkreiseu hört man von vielen Seilen versichern, daß auch Graf Caprivi seine Entlassung eingcrcichl habe oder cinzureichen fest entschlossen sei, sallS Graf Zedlitz gehen sollte, da er sich mit dem CultuSminister betreffs de« BolkSschulgesetzeS solidarisch suhle Heute Morgen war Ministcrralh bei Herrn v. Boetlickcr, der einen Ausgleich herbeizusührcn sich bemühle. Dieser Ausgleich ist bis jetzt nicht gelungen. Heute Abend ist Sitzung der VolkSschulcommission anacsagt, zu der jedoch der CultuSminister abermals nicht erscheinen wird. Es dürfte daher fraglich sein, ob die Sitzung überhaupt statt- sindet. Nach den gestrigen Erklärungen der Conservativen in der Commission ist an einen irgendwie annehmbaren Aus gleich zwischen den MiiidcrhcitSparlcien und den Conser- valiocn nicht mehr zu denken. Die Spannung in Abgeordurten- kreisen ist groß. Allgemein besteht das Gefühl, daß man vor wichtigen Entscheidungen stc^I. Daß Herr v.Rauch haupt zum Kaiser berufen worden sei, wurde heute von Viele» >n Abrede gestellt. * Berlin, >8. März. Was ich Ihnen heute brieflich als Gerücht meltcle, daß auch Gras Caprivi sein Ent lassung« ge such cingcrcicht habe, bestätigt sich. Auch die „Kreuzzcitung" nimmt davon Notiz. Dasselbe Blatt schreibt: „Mittlerweile scheint die Möglichkeit einer Vertagung deö Landtages nach Beendigung der CommissionSarbcit und Wiederaufnahme der Berathungcn etwa Mitte October in ernste Erwägung »nd damit vielleicht der AuSwcaauö der gegenwärtigen Krisis gesunde» worden zu sein." Wir zwei feln an der Richtigkeit dieser Nachricht der „Krcuzzeituna", die allerdings den Wünschen des Blatte« entsprechen dürfte. * Berlin, t8. März. Die Sitzung deS KronrathS — der über den Welse nsondS berathen hatte — war ge schlossen und gelegentlich einer Untcrdaltung de« Kaisers mit den Ministern bemerkte der Monarch, wie eS ihm wünschenswertb bleibe, daß eine Gestaltung deS Volksschul gesctzcs ermöglicht würde, welche die Mitwirkung der Mittel Parteien nicht auüschlicße. Einige Stunden nach Schluß des Kronraths tras das Entlassungsgesuch des Grase» Zedlitz bei dem Kaiser ein. * Die „Vossische Zeitung" schreibt: Der gestrige Kronrath Hai ungcwLknlich lange gedauert. Die Mn theilungen über die Gegenstände der Berathung gehen weit auseinander. Ans einer Seite beharrt man bei der Be- dauplllng, daß sich der Kronrath mit dem Schulgesetze beschäftigt habe, in Lesse» Schicksal eine Krisis cingetrelen sei. Man bringt damit die angebliche Berufung de« Herrn v. Rauchbaupt znm Kaiser, die Abreise deS Grasen Douglaö, selbst eine vertrauliche Eröffnung an den Grasen Limburg- Stirnm zusammen. In einzelnen Blättern heißt eS, Graf Zedlitz habe sich nach dem Kronrath krank gemeldet. Von anderer Seite wird behauptet, das Staatsministerium habe die Berufung de« Grasen Limburg-Stirum Ws Feuilleton. Schloß Lrleuhof. Roman von O. Bach. Il»err»a verboten. (Fortsetzung.) Zerstreut, sichtbar von irgend einem unangenehmen Ge danken beeinflußt, nickte sie ihm zu, aber für seine lebhafte, nur an sie gerichtete Unterhaltung hatte sie nur wenig Sinn, ibr Ohr fing jede« Wort auf, welches Nora mit dem Grafen Bredow tauschte, den die junge Baronesse Sternau aus jener SoirSc bei Försters kennen gelernt und mit dem die jungen Damen seit jener Zeit häufig zusammengetroffen waren. Hertha litt dabei, sie wußte selbst nicht warum; da- schöne, sie beglückende Bcrhältniß zu Ullrich v. Bredow, das sich nach ihrer ersten Begegnung mit ihm entwickelt hatte, war nicht mehr dasselbe, seit Nora in den LebenSkrciS der Hertha befreundeten Menschen getreten war. Seine zärtliche Theilnahme, die sich in vielen Dingen gezeigt, seine offen an den Tag gelegte Bewunderung für sie, die er ihr in ehrer bietiger Weise darbrachte, war einer gewissen Zurückhaltung gewichen, die sie sich nicht zu enträthseln vermochte, so oft auch ihre Gedanken dabei verweilten. Wie sehnte sie dir Stunden zurück, die sie mit ihm und Förster- verlebt; mit welch' wehmütigem Entzücken rief sic sich jede- seiner Worte, jeden seiner Blicke zurück, die zuerst so warm, mit so zärtlichem Ausdruck an ihr gehangen, jetzt aber oft über sie hinweg zu Nora hinglitten, deren hinreißende Bcredtsamkeit ihn mehr zu fesseln schien, als die ruhige, sanft dahinfließende Unterhaltung, die sie mit ihm in dem schönen Park der FSrster'schcn Villa geführt und die zu ernstem Rachdenken, zu Betrachtungen geführt und ihrem einsamen heben Licht und Farbe verliehen hatten. Herlha'S Gefühl für den jungen, schönen und hochgebildeten Edelmann war ihr noch nicht klar geworden; sie hatte sich ibrer süßen Empfindung überlassen, ohne einen Namen dafür zu suchen. Zum ersten Male in ihrem Leben hatte sie ein Glück empfunden, so schön und gewaltig, wie sie eS nie ge träumt, ,hr ganze« Wesen war davon erfüllt, sie überließ sich willig dem Zauber, den die Nähr Bredow'S auf sic au« übte, denn sie glaubte und hoffte, daß auch sie ihm lieb und Werth sei. Allein plötzlich war e« ander« geworden, etwa- Fremde«, Erkaltende- war zwischen sic und den heimlich »n bewußt geliebten Mann getreten und an Stelle der berückenden Freundlichkeit, die sie wir Sonnenschein erwärmt hatte, trat ihr rm höfliche«, achtungsvolle«, oder kühle« Wesen entgegen, dem sie, wollte sie nicht ihren Mädchcnstolz opfern, dasselbe Betragen in erhöhtem Maße entgegensetzen mußte. Dafür gestaltete sich das Vcrhällniß Nora S zu Bredow zu einem scheinbar innigeren. Er hatte zwar noch kein ent scheidende« Wort mit dem schönen Mädchen getauscht, aber daß er dem berückenden Einfluß Nora'S nicht gewappnet gegen- übersland, schien aus vielen Anzeichen hervorrugehen. Während Hertha in langen, schlaflosen Nächten sich ver gebens den schmerzenden Kopf zermarterte, um einen Grund für daö veränderte Wesen Bredow'S zu entdecken, während ihr armes, junges Herz zusammenzuckle vor Leid und Schmerz, wenn die hohe, schlanke Gestalt des geliebten ManncS mit einer tiefen, aber kühlen Verneigung an ihr vorübcrschritt, um sich neben Nora nicderzulasscn, frohlockte diese, und in stillem Triumphe entwarf sie neue Pläne, die zu ihrem an gestrebten Ziele führen mußten. Daß sich während dieser für Hertha so traurigen Zeit Rudolf Sternau ibr zu nähern suchte, ging anfangs spurlos an ibr vorüber. Der Sinn für die Schönheit und Liebens würdigkeit ihres Vetter« wollte ihr ebenso wenig aufgehen, wie sie an seiner lebhaften, doch oberflächlichen Unterhaltung kein Gefallen finden konnte, allein endlich siegle ihr Trotz, ihr tief beleidigtes Gefühl über das Mißbehagen, welches Rudolf ihr eingefloßt. Sie ließ sich, um Graf Bredow ihre Oual nicht zu verrathen, die sehr offen zu Tage tretenden Hul digungen des jungen Verwandten gefallen; sie war in Bredow'S Gegenwart freundlich ru Rudolf, so schwer es ihr auch wurde, und arbeitete dadurch Nora in die Hände, welche die Karten geschickt gemischt hatte. Daß sich Rudolf weder der Liebe, noch des Vertrauens HerthwS rühmen konnte, daß sie, wenn sie ini engen Familienkreise zusammen waren, jede Annäherung Rudols'S eisig zurlickwicS, G^f Bredow nicht; er war in die feine Schlinge gegangen, die ihm Nora gelegt, und wenn er auch schwer und bitter darunter gelitten halte, baß er sich in Hertha'S Empfindung für ibn geirrt, daß die schönen seelen- vollcn Augen des jungen Mädchen« gelogen, wenn sie bei seinem Anblick freudig ausgelcuchtet und eine nnr dem liebenden Herzen verständliche Sprache gesprochen, so war er doch zu sehr Mann, um seine herbe Enttäuschung zu ver rathen. Daß in der Thal in Rudols'S Herzen ein leidenschaftliches Gefühl für Hertha aufgeflammt war, gestand sich dieser nicht ein; er mußte ja, um Nora'S und seines VaterS willen, gute Miene zum dosen Spiele machen und um Hertha'S Gunst werben, so fest er auch wußte, ^aß ihm da- gesteckte Ziel unerreichbar war. Allein zu seinem geheimen Entsetzen fühlte er. daß eS gefährlich ist, mit dem Feuer zu spielen, und eine Leidenschaft, die man heuchelt, zur Wahrheit werden kann, wenn da» Mädchen, dem sie gezeigt wird, jung, schön, unschuldig und, was bei Männern von der Art Rudols'S schwer in die Waagschale fällt, kübl und unnahbar bleibt und ibre keusche Jungfräulichkeit nichts von den Stürmen ahnt, die sie unbewußt in der Seele eines heiß begehrenden, an leichte Siege gewöhnten Mannes anfacht. Welch gewagtes Spiet Rudolf Sternau begonnen, gestand er fick selbst nicht ein; sein grenzenloser Leichtsinn, seine Charakterlosigkeit verhinderten eS, die Gefahr zu setzen, die ibm, Hertha und einer Dritten drohte, wenn eS ihm gelang, die Liebe der holden Cousine zu erringen und dadurch dem vom Vater in Aussicht genommene» Ziele naher zu rücke». Jedenfalls suchte er die Kelte, die er sich selbst angelegt, zu locker», wenn es ihm auch unmöglich wurde, sie ganz adzustrcife». Die heutige Begegnung mit der reizenden Sängerin gab der Baronesse Sternau viel zu denken; sie behielt den Bruder scharf im Auge und cs gelang ihm nicht, so viel freie Zeit zu gewinnen, als er bedurft batte, um Felicien in dem weit- läusigcn Garten aufzusuchen und ihr die nötbigen Commeittare für sein Wesen zu geben oder irgend eine Geschichte zu erfinden, die das ausacflammtr Mißtrauen gegen iyn, daS er in ihren Augen gelesen, wieder einschläfrrte. Nora gelobte sich, die junge Dame nichl aus ihrer Erinnerung verliere» zu wollen; bei ihr fand sie wohl den Faden, der sic aus dem Labyrinthe führte und ihr eine Erklärung gab sur Rudols'S unbegreifliches Zögern, bei einer für ihn und die ganze Sternau'sche Familie so überaus wichtigen Frage, die nach Nora'S innerster lleberzeugung nicht nur in Betreff der finanziellen Verhältnisse, sondern auch noch in anderer Beziehung zur Zufriedenheit Aller gelöst werden mußte. Hertha'S Geschick sollte unzertrennbar mit der Familie Sternau verknüpft werden, ihre Ehre identisch sein mit der ibrer Verwandtenj erst dann konnte Nora wieder frei athmcn, erst dann aus die Verwirklichung ihrer geheimen Wünsche bauen, erst dann boffen, daß auch die Schatten weiche» würde», die sich auf den Geist der Mutier gelegt und Nora eine Gefahr zeigten, die ihr und de» Ihrigen drohte ES galt also vor allen Dingen, sich Klarheit über Rudols'S Vcrhältniß zu der jungen Italienerin zu verschaffen, die ihr heute plötzlich, wie eine Offenbarung, erschienen war. Jetzt, wo sich die Sphinx entschleiert batte, sollte eS Nora nicht mehr schwer werden, daS Schicksal deS Bruders in die Bahnen zu lenken, die sic ihm anweisen mußte. Der Abend, den die kleine Gesellschaft im zoologischen Garten verlebte, verlies rasch, aber nicht recht befriedigend. Außer Else und Banmann, die ganz in einander ausgingen und von dem nahen Zeitpunkte schwärmten, der ihnen eine ewige Verbindung in Au-sickt stellte, war Jeder zu sehr mit den eigenen Gedanken beschäftigt, um unbefangen heiter sein zu können. Nora'S rascher, intriguantrr Geist batte im Fluge sich cincii Plan zurecht gerückt, der sie in die Nähe der intcressaiilen Fremdcn führen sollte; Rudolf fühlte sich bewegt und gedrückt durch die Anwesenbeit FelicicnS, deren leiden- schasttichcS Tcmpcrameiit er sürchten mußte, wenn sie eine Aknuiig vo» den Bezietzungen bekam, die er, gegen Recht »nd Gewisse», niit Hertha anzuknüpsen bemüht war. Graf Bredow suckle de» Schmerz zu betäuben, den er empfand, wenn Rudolf seine verwandtschaftliche» Rechte an Hertha in einer ihn und sein Empfinden verletzenden Weise geltend inachle, »nd Hcrtba litt tausend Qualen bei der Annäherung de« jungen Maniics an Nora, die ihr, nachdem er sie selbst ausgezeichnet batte, unerklärlich war. Ein Man» wie Bredow durfte nach ihrer Meinung eigentlich keinen Gefallen an einem Mädchen wie Nora finden; er mußte an de» seelischen Gehalt größere Ansprüche stellen; er mußte das echte Gold, das in einem edlen, wahrhaftigen Frauenherze» verborgen ruht, von dem Scheingolde »u unter scheiden wissen; vor allen Dingen aber mußte er selbst die Wahrkrit über alles Andere stellen und ihr sagen, was ihn ihr cittsremdct hatte. Zerstreut, unruhig überließ sich Hertba ibren quälenden Gedanken; sie batte >a Niemanden, dem sie ihr Weh anver trauen konnte, Niemanden, der sie verstand. In Bredow hatte sie getzofft, einen Freund, einen Rath- qetzer gesunden zu haben; in ihm, der ihr beim ersten Sehen Vertrauen eingeflößt, dem ibr Herz die ersten, schönsten Blütbcn cntgcgengedracht, den sic, in diesem Momente fühlte sie eS, mit namenloser Pein liebte, mit deni ganzen Fener eine« unenlweiblen Herzens, dem sie aber entsagen mußte, weil er ihr Gefühl nicht theilte, sondern sich eine Andere ge wählt batte. Auch in die ferne Vergangenheit schweiften jetzt ihre Ge danken, und dabei tauchte die freundliche Gestalt des Pfarrer« Riedel auf, den sie, seit er in Berlin lebte, nur selten sah und sprach, da sein Wirkungskreis säst seine ganze Zeit in Anspruch nahm, und seine Stellung dem alten Sternau gegenüber ihm nicht erlaubte, ohne stichhaltigen Grund dessen Haus zu betreten, so sehr ihn auch sein für Hertha besorgte« Herz dortbin zog. Daß sie in jeder Lage aus seine Theilnahme und Hilse rechnen konnte, wußte Hertha; bei ihm hatte sic Verständniß für ihre kindlichen Leiden und Freuden gesunden; er hatte die Zweifel zu lösen gesucht, die bei religiösen Fragen den beranreisenden Geist beschäftigten; seine »iilden, humanen, vom Geiste der echten Liebe durchwehten Anschauungen hatten sich aus sie übertragen. Wie vor die Seele gezaubert, stand das Bild de« ernsten, dabei doch nie finsteren Mannes da, während sie den banalen Worten Rudols'S zerstreut zuhörte und ihre brennenden Augen Nora und Bredow folgten, die eine kurze Promenad« durch
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