Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.11.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911123023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891112302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891112302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-11
- Tag1891-11-23
- Monat1891-11
- Jahr1891
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
. ^ ßl dir Haaptexvedtttoa od«r den im Stad». b«trk und den Vororten errichteten An«, aaoeltelle» abgeholt: vierteljährlich bei zweimaliger täglicher Zustellung io« Ha^ 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^l L.—. Direcle tägliche Kreuzbandseiidung in« Ausland: monatlich 4t !t.—. Tle Mmgen-Ausgabe erscheint täglich '/,71Ihr, die Abend-Ausgabe Wochentag« 5 Uhr. NeLaction und Expedition: IshanneSgaff« 8. Li« Expedition ist ununterbrochen g»- öffnet von früh « bi« Lbeod« 7 Uhr. Filiale«: Ott» Me»«'« S«rti«. («fr» Ha»«). llutderfitölssnaß« 1, L.nt« Lösche. Abend-Ausgabe. eWMr Anzeiger. e Vetitzeile >etio« «strich Inlertioaspret- Vtoroen-Ausgabe: die Kgespalla« sl«L0^.Reclaoieo unter dem Stedaction«» ssgrspaUeul dl)^j, vor den Familie», nachrichter. (Sgeivalteo) «0. Abend-AaSgadr: dir ftgesvaltene 40 R e c I a m e u nntrr dem Siedaetion« <4 ge,palten) IFomiliennachrichten und Anzeigen verlorener (»egenslände lkgrspalten) Li) < Großer» kcbriiten laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ztffrrasatz nach höherem Daris. Srtr«° Beilagen (gesalzt), »ar mit der Morgen-Ausgabe, oha« Postdesörderuag » 60.—, mit Postbesördernng 7V.—. Änvahseschlaß fnr Ivsmltr: Lbeud«Au-gab«: Vormittag« 10 Nhr. Margeo-AuSgab«: Nachmittag« «Uhr. Sonn» und Festtag« früh 9 Uhr. kay«u«>str. 1«, part. und Kömgkplatz 7. Duck and Verlag von E. Pol» in Leipzig. Organ fnr Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Bei den Filialen und AnnadmeUruen ;» «n« halb« Stund« früher. Aoseratc sind siet» an die vrXVttt«n zu richten. ^°39«. Montag den 23. November 1891. 85. Jahrgang Der Tod des Herrn von Gravenrenth. * Uebrr den Tod dcS Freihcrrn von Gravenrenth liegt eine weitere kurze Depesche vor, welche den Ort dcS Ereignisse« ausklärt. In der zuerst veröffentlichten amt lichen Depesche beruhte die Ortsangabe Buka aus einer tele graphischen Bcrstümmelung. Gemeint war Buca oder Bwea, daS bekannte größte Bakwilidors am südlichen Abhange des Kamernngcbietcö, das mit einem Fußmarsch von höchsten- 8 Stunden von Victoria aus erreicht werden kann. Es wird bestätigt, daß es sich um ein Gefecht gegen den Bakwilistamm gehandelt hat, das siegreich ausgefallen ist und in dem aus deutscher Seite außer dem hochverdienten Gravenreutb ledig lich drei Schwarze gefallen sind. Hieraus geht zur Genüge hervor, daß dieses Gefecht mit der eigentlichen Aufgabe Gravcnreuth'S, eine Expedition ins Innere auSzusühren, die zunächst vom südlichen Tbeile des KamcrungebietcS aus den Sannagafluß entlang nach der Iannde-Station geben sollte, nichts zu thun hat. Es wird sich vielmehr lediglich darum gehandelt haben, wie jüngst den Abostamm, so jetzt den Bakwilistamm wegen Ausschreitungen zu züchtigen, die sie sich der deutschen Verwaltung gegenüber zu schulden haben kommen lassen. In Buea lebt bereits seit dem 31. December v. I. un unterbrochen der bekannte Botaniker vr. Preuß, der ursprüng lich der Zintgraff'schcn Expedition zugetheilt war und in Buea die Ausgabe hatte, eine wissenschaftliche Erforschung dcS KamcrungcbieteS vorzunebmen. Aus seiner Feder findet sich im 3. Heft der amtlichen Mittkeilungc» aus den deutschen Schutzgebieten ein eingehender Bericht über die Bnca-Slation, wo gleichzeitig die Baseler Mission eine Station bat. Der etwa 950 m hohe Ort ist gesundheitlich außerordentlich günstig gelegen, und es ist in der Absicht der Gouverneure gewesen, dort jetzt eine Reoonvalesccnten - Station zu errichten und von Victoria aus einen bequemen Weg dorthin zu bahnen. Buca Kat 1500 Einwohner, darunter 600 starke Männer, von denen etwa 400 Flinten besitzen. Ihr Häuptling Kuba gilt als der mächtigste aller Bakwilihäuptlinge. Die Leute sind von ausnehmend großem, muskulösem Körperbau mit starken Schultern und umfangreichem Brustkasten; ein roheS, selbstbewußtes, unabhängiges, von der Cultur sehr wenig berührtes Bolk. Nach den Angaben dcS vr. Preuß sind sie dem Weißen gegenüber dreist und unverschämt im Vertrauen auf ihre Ucberzabl und bereiten ihm fortwährend Aergcr, jedoch haben sie ihn ganz gern in ihrem Dorfe, oder besser gesagt, seinen Tabak und sein Zeug; seine Macht haben sie eben noch nicht kennen gelernt. I)r. Preuß hält Buea für einen so lohnenden Platz zunächst für Vcrsuchsplantagen, wie er nirgendwo im Kamerungebicte gefunden werden kann. Es sind bereits seitens der Colonialabtheilung deS auSwärtigenAmteSVerhanblungen mit einem neuen Führer an Stelle Gravenreulb's begonnen, so daß derselbe voraussichtlich schon mit dem nächsten Pvstschiff anfangs nächsten Monats nach Kamerun sich wird binauSbcgebcn können. Zur Expedition, die etwa 400 bis 500 Leute umfaßt, gehören zur Zeit von Europäern die Prcmier-LicutenantS v. Volkmann und Freiherr v. Stetten, der Assistenzarzt I)r. Richter, der Zahlmeister Scadock, der Unterosficier Gauß und als Expcditionsmeister der Gefreite Held. Ferner sind am 5. dieses MonatS von Hamburg aus noch nachgesandt worden der Seconde - Lieutenant von Brauchitsch vom 6. Grenadier - Regiment und der Büchsenmacher NyliuS. Die Expedition sollte ursprünglich wiederum vom Premier- Lieutenant Morgen gesükrl werden, und dieser bat in der umfassendsten Weise dafür gesorgt, daß sic in jeder Hinsicht, vor Allem was Bewaffnung, Ausrüstung, Lebensmittel, Tausch >vaaren betrifft, aufs Reichlichste und Sachgemäßestc ausge stattet worden ist. Herr Morgen hat sich inzwischen in Berlin verlobt und hat aus die Ausreise Verzicht leisten müssen. Darauf hat sich Herr von Gravenreuth sofort um die Führung beworben. Jetzt hat er leider, noch che der Aufbruch erfolgt ist, zum lebbaflcstcn Bedauern aller Eolonialfreunde eine» vorzeitigen Tod gesunden. Der Sannaga sluß, an welchem Frhr. v. Gravenreutb den Tod gesunden bat, ist der größte Strom des deutschen KamerungebictcS Er durchfließt dasselbe etwa in der Mitte, in der Richtung von Osten nach Westen und scheint oberhalb der Herbert fälle, welche er in den terrassenförmigen KUstcnlantschasten bildet, bis weit i»S Innere bincin schiffbar zu sein. Entdeckt wurde der Lauf des Sannaga in den Jahren 1889 und 1890 durch Lieutenant Morgen aus seiner ersten Expedition inS Hinterland von Kamerun. Damals zog Morgen von der Küstcnstation Kriby aus nach Oste», kreuzte den Njougsluß, welcher südlich des Sannaga mit diesem in gleicher Richtung strömt, und wandte sich dann über die Iaundestation und Ngila (Kaiser WithelmSburg) nordwärts. Hierbei überschritt er den Saunaza und später den großen Nebenfluß Mbam und zog dann den Laus der vereinigten beide» Ströme entlang nach Westen zur Küste zurück. Diesen letzten Thcil des WegeS bat dann Gravenreuth in umgekehrter Richtung gewählt, indem er den Sannaga auswärts marschirtc. 'getheilt worden. Erfahrene Philologen und Pädagogen ver mögen aber sich in diesen bekanntlich aus den Berathungen > der Siebener-Commission hcrvorgcgangencn neuen Lehrplänen nicht zurechtzufinden und baben deshalb, wie verlautet, an höherer Stelle im CultuSministcrium sich Belehrung zu holen versucht, diese aber nichk gefunden, denn auch die technischen Räthe der höchsten Instanz scheinen diese Lehrpläne, die über ihren Kopf hinweg gemacht worden sind, nicht zu verstehen. * Die Münchener „Allgemeine Zeitung" schreibt an der Spitze ihres BlatieS Folgende-: Zu dem in der letzten Zeit viel erörterten Thema: „Luprema lex regis volnntLs" bringt die ,^köln. BolkSztg." folgenden Beitrag: „Nach den hochpolitischen Betrachtungen über das „stark ent wickelte Herrschecgesiihl" Kaiser Wilhelm s II., zu welchen kürzlich dessen Eintrag in das Fremdenbuch der Stadt München den Blättern der verschiedensten Richtungen Anlaß gegeben hat — so wird uns ans München geschrieben — mag die nachstehende Mit- theilung mancherorts stärkerem oder gelinderem Kopsschütteln be» gcgnen: sic hat aber den Vorzug, wohl verbürgt zu sein. Aus dem Münchener Rathhause werden zur Ein- Zeichnung der Besucher zwei Bücher verwahrt, das gewöhnliche Fremdenbuch, in welches jeder Besucher seinen Namen elntragen kan», und das Goldene Buch, das zunächst nur für Le» Gebrauch der bäuerischen Königsfamilie bestimmt ist. Kaiser Wilhelm zeict). uele bei seinem Besuch des Rathhauses im September seinen Namen in das Fremdenbuch ein. Darauf wurde ihm auch ein Blatt des Goldenen Buches zu gleichem Zweck in die Residenz gesandt und zugleich für die Herren des kaiserlichen Gefolges dar Fremden- buch. Auf irgend eine Weise hatte nun der Kaiser mittlerweile in Erfahrung gebracht, wie Prinz.Regent Luitpold eS »licht gern sehen würde, wenn er sich ebenfalls in daS Goldene Buch einschriebe. Als ihn, dann das Blatt aus dem letzteren dargcreicht wurde, lehnte er deshalb die Einzeichnung ab; fügte aber alsbald, gleichsam die Ablehnung entschuldigend, zu seinem Namenszua in dem Fremdenbuch« das viel mißdeutete Wort: „Suprema, Icr rexis volunlas" — zum elastischen Ausdruck der Meinung: „der Prinz-Regent wünscht eS nicht, also schreibe ich meinen Namen nicht i» das Goldene Buch — des Regenten Wunsch Leipzig, 23. November. * AuS Jena wird unS gemeldet: Die Ankunft deS Kaisers in Kahla wird Donnerstag Abend- gegen 5 Uhr erfolgen. Vom Bahnhof aus wird der Kaiser im offenen Wagen durch die Sladt und durch Löbschütz nach Schloß Hummelsbain fahren. Wenn der Sonderzug Sr. Majestät sich der allenburgischen Landesgrenze nähert, werten an geeigneten Stellen, besonders auf den die Leuchtciiburg um gebenden vordersten Bergspitzen größere Freudenseuer an- gezündct werden. Der Thurm der weithin sichtbaren Leuchten- bürg wird durch brennende Pcchkränze erleuchtet sein; von der Saale her wird die Floßgemeinde Kahla den Kcuscr von einem geschmückten und mit Rolhfcuer beleuchteten grüßen. Auch ist eine Beleuchtung der Kcmnatc zu münde in Aussicht genommen. Während der ganzen Fahrt bis Hummelsbain wird Spalier gebildet und mit Kirchen- glockcn aller benachbarten Ortschaften geläutet werden. * AuS Berlin wird gemeldet: Die neuen Lehrplan e für die höheren Schulen sind den Dircctoren derselben m Berlin jetzt unter dem Siegel LcS Amtsgeheimnisses mit- Floß be- zu Orla» ist mir Befehl." So wenigstens wird die Sache in der Umgebung gedeutet. Die Anwendung deS Spruche« würde sich dergestalt in diesem Falle weniger als «ine Aeußerung „stark entwickelten Herrscher- gefühlS' darstelle», denn als solche der Eourloisie." Auf Grund der von unS an zuständiger Stelle eingeholten Informationen sind wir zu der Erklärung ermächtigt, daß die Behauptungen der vorstehenden Corrcspondenz jeder Be gründung entbehren, namentlich beruht die Hiudeutung auf die Allerhöchste Person Sr. kgl. Hoheit deS Prinz-Regenten durchaus auf Erfindung. Wir könne» binzufiigen, daß von dieser Insinuation an hiesiger Allerhöchster Stelle mit äußerstem Mißfallen Kenntniß genommen worden ist. Ebenso ist es selbstverständlich unrichtig, daß daS Goldene Buch zu nächst nur zum Gebrauch der bayerischen KonigSsamilie be stimmt sei. * Das „Berliner Tageblatt" brachte vor einigen Tage» unter der Ucbcrschrift: „Die Wiese bleibt stehen" eine angeblich der „Krcuzzeitung" entnommene Geschichte auS der Zeit, als Kaiser Wilhelm H. noch Prinz Wilhelm und Oberst deS Garde-HusarenregimcntS in Potsdam war. Danach hätte Prinz Wilbelm eine Wiese, die Privaleigentbum eines Bauern war, zum Ererciren dcS Regiments benutzen wollen, sei aber durch den energischen Widerstand des Eigenlhümcrö daran verbindert worden. — Die ganze Geschichte ist, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" mittbeilt, vollständig auS der Luft gegriffen, was wir, um einer Lcgcndenbildung vor zubcugen, hiermit seststcllcn wollen. * Was gegenwärtig die Herzen von Millionen Deutscher bedrückt, das bringt die gut national und conservativ ge sinntc „Schlesische Zeitung" mit folgenden Worten zum Ausdruck: Wenn di« erbitterten Feinde des Begründers der deutschen Ein heit ihrem Haß in letzter Zeit so selten Ausdruck gebe», daß es säst den Anschein gewinnt, al« ob dieser Haß selbst im Schwinden begriffen sei oder wenigstens vor der Sorge um anderweitige Gefahren zurücktrete, so nimmt andererseits die Hingebung und Liebe der weite und patriotische kreise unseres Volkes umsassenden Anhängerschaft des Fürsten BiSinarck immer energischere und Icidenichaftlichere Formen an. Ter Rus nach der Rück- berufung Bismarck's wird unverhohlener als bisher erhoben. Es wird in den Zeitungen und in zahlreichen Broschüren immer ängstlicher aus die nicht wegzuleugnenden Gefahren hingewiesen, welche dem Reiche von außen und im Innern drohen, und der Zweiscl, ob die gegenwärtigen Machthaber die Fähigkeit und Kraft besitzen werden, diesen Gefahren zu begegnen, wird immer rück haltloser geäußert. Man ruft taut nach dem Manne, welcher das Reich begründet und dasselbe gegen eine Welt von Feinden siegreich geschützt hat. Zunächst erhofft man das Erscheinen Bismarck's im Reichstage. I» de» schwierigen Fragen der Handelsverträge, durch deren Abschluß das wirthschastlichc Leben der Nation aus eine lange Reihe von Jahren in eine bestimmte ienkt werden soll, sehnt man sich nach einem festen Leit- slern. lind einen solchen würde man probten politischen Erfahrung Bismarck's scheint eS, als ob es erst jetzt wieder dem deullchen Bolle zum Bewußtsein komme, welchen nationalen Schatz dasselbe noch befitzt. Noch ist es möglich, an daS Genie eines Bismarck zu appellire», wenn wir einst rathlos den über das Vaterland hereinbrcchenden Ereignissen gegenüberstehen sollten. Noch !hat sich der Mund nicht für ewig geschloffen, der bisher immer i» schwerer Stunde das rechte Wort zu finden gewußt hat. Wir unscrericitS hatten eS für unwahrscheinlich, für kaum denkbar, daß der Kaiser den ehemaligen Reichskanzler jemals in seine früheren Acmtcr zurückbenlscn werde. Noch mehr! Wir halten «S nach wie vor nicht einmal für wünschenSwerth. Sähe sich der Kaiser hierzu veranlaßt, so müßte darin ein Beweis dafür erblickt werden, daß außer dem einen Mann kein Anderer im Stande sei, die Geschicke deS Vaterlandes zu leiten. Es löge darin ein Armuthszeugniß für da» jetzige Geschlecht, wie eS trauriger nicht gedacht werden kann. Aber Eine» können und dürfen wir wünichen die Wiederherstellung eine- vertrauensvollen Verhältnisses zwischen dem Kaiser und unserem großen Staatsmann«. Wenn nur die Sonne der kaiser liehen Gnade dem Fürsten Bismarck wieder scheint, dann wird sei» weiser Rath dem Vaterland« nicht mehr fehlen. Wohl hat Fürst Bismarck die Mitte der siebziger Jahre überschritten, wohl mögen im Verkehr mit ihm Rauhheiten und Härten ertragen werden muffen Aber noch ist die weltrrfestk Gestalt deS eisernen Kanzlers ungebrochen, noch ist sein beherrichender Geist nicht ge> trübt. Vielleicht ist auch ihm, dem treuen Diener und Kainps- genoffen unseres verewigten Kaiser» Wilhelm I., die Erreichung eines über da» gewöhnliche Maß weit hinauSgehenden LebenSaller» beschieden. Und hat der Einiger Deutschland« e« nicht verdient, daß ihn» um seiner Größe willen seine rauh« Eigenart uachgesehen »nd auch ein scharfes Urtheil auS seinem Munde ruhig hin- genommen wird? Und so hoffen wir denn, daß die Alle» heilende Zeit, welche selbst den Haß erbitterter Feind« de« großen Kanzler» gemildert dat, auch unvereinbar scheinende Gegensätze versöhnen und daß Fürst Bismarck das Vertrauen und die Werthschätznng seines Monarchen wieder finden werde, dessen Käiserthron er milerrichlet und mir der Krasl seines Genies befestigt hat. * Nach einer Meldung der „SobSke Nowini" soll mit Genehmigung deS preußischen CultuSministerS in den Vor schulen der Lausitz die wendische oder sorbische Volks sprache sowohl in der Religion als auch in anderen Unterrichts fächern cingeführt werden. Bis eine authentische Bestätigung dicker Meldung erfolgt, kann man in ihr wobl einen Beweis für die gesteigerten Hosfuungen erblicken, mit Lenen man sich in gewissen Kreisen trägt. Tie polnische Presse ist denn auch zuerst auf dem Plane, um die den 150,000 Sorben gemachlen Zugeständnisse auch für die 2,5 Millionen Polen in Preußen zu fordern. WaS eö mit den 150 000 Sorben für eine Bewandtniß hat, darüber sind unsere Leser wiederholt unterrichtet worden. Hätte nicht Friedrich Wilhelm IV. seiner Zeit seine Liebhaberei für die srcmdeit Nationalitäten innerhalb der preußischen Monarchie auch den Wenden zugewendet, die Reste wendischer Bevölkerung, die m den preußischen Staat eingesprengt sind, würden längst verschwunden sein. Auch trotz jener Begünstigung ist die wendische Bevölkerung mehr und mehr zurückgcgangen. Bon dem jüngere» Ge schlecht dürsten nur Wenige noch die Wcndensprache ge brauche». An« den Kreisen der wendischen Bevölkerung ist auch niemals der Wunsch laut geworden, daß die alte Sprache durch künstliche Mittel erhalten werden möge. Uni so überraschender würde, wie die „Magdeb. Zeitung" betont, eine Bersügung wie die oben erwähnte sein, überraschend vor Allem für die Herren in Bautzen, die vor ciiugen Iabren, wie eS beißt mit Unterstützung der Panslawisten in Moskau, die slawische Bewegung auch aus die wendischen Kreise Sachsen« und Preußens durch Begründung slawischer Agitations schriften zu übertragen suchten, allerdings ohne Erfolg. Wenn die Regierung selbst sich allerdings zur Einführung dcS wendischen Unterrichts versieben sollte, könnte jener Agitation bald Wind unter die Flügel gebracht werden. * Die „Nationatzeitung" meldet: Das Auswärtige Amt lehnt das Demissionsgesuch des Barons Scnfft von Pilsach in Samoa ab. * Die „Kreuzzcitung" schreibt: DaS Consortium der neuen russischen Anleihe ist in der Auflösung begriffen. Die Verhandlungen, infolgedessen de» deutschen Markt für die russischen Anleihen wieder zu eröffnen, sind gescheitert, da die ReichSregicrung die gewünschte Aendcrung ihres Vcr Haltens gegenüber den Russenwerthen ablchnte. -» * * Höchst anerkennende Aenßcrungen der Wiener Presse über den Grasen Kalnoky sind anläßlich dcS zehnten Jahrestages seiner Ernennung zum Minister dcS Acußcrn zu Die „Presse" führt auS, Graf Kalnoky gehöre zu lenen in sich abgeschlossenen und abgeklärten Individuali täten, welche Alles im Leien mit einer ungewöhnlichen Ruhe und Lbjcclivität anfasscn, die zum größte» Tbeile nur das Ergebnis; reicher Lebenserfahrung und unermüdlicher Selbst- n der durch Tccennien er- inden können. Dann aber dem deutschen Volke bieterifch, daß sich die auswärtige Politik alle» internen Ent wickelungSphasen anbequcme, daß Oesterreich-Ungarn nur Schritt für Schritt vorwärts schreite. Diesen Charakter der Monarchie erkannt und diesem Wesen die poli tische Lebensführung angcpaßt z» haben, bilde daS größte Verdienst des Grafen Kalnoky. Gewiß müsse dem Grasen Julius Andrassy daS große Verdienst zuerkannt werden, daß er die Politik der Monarchie aus ganz neue Grundlage» gestellt, daß er namentlich daS Bündnis; mit Deutschland abgeschlossen hat. Aber dem Grafe» Kalnokn gebühre daS nicht minder große Verdienst, die Erbschaft seines Vorgänger« dauernd gefestigt zu baden. Mit einer ganz seltenen Vorsicht und Kaltblütigkeit habe Graf Kalnoky Tag für Tag ein Körnchen der Macht und deS Ansehens nach dem anderen für die Befestigung der Staates herbcigctragen. Wer daS OScillircn der contincntalcn Strömungen im Laufe der letzten zehn Iabre aus merksam beobachtet Kat, wer eö versteht, daß daS Zuwarten und Unterlassen in der großen Politik scbr oft eine größere Kunst, also auch ein größeres Verdienst ist, als der nervöse Schaffenstrieb und der lärmende Tbaten- drang — der vermag auch die Größe der Verdienste deS Grasen Kalnoky zu beurlheilcn. Alle politischen Kreise müssen den Wunsch hegen: „eS möge dem Grafen Gustav Kalnoky noch lange vergönnt sein, seinem schwierigen Amte vorznsteben und die Erfolge voll und ganz :u genießen, die ein redlicher Wille, ein tüchtiges Herz, ein seltenes staatSmännischeS Talent unermüdlich vorbereitet und dauernd gesichert habe» * Der Besuch deS russischen Ministers dcS AuS wärtigen in Paris wird in England mit einer Ausmerk samkcit beobachtet, die nicht ohne Beimischung von Sorge, aber durch den Rückblick ans die Vergangenheit beruhigt und abgeklärt wird. Ter „Standard", daS Hauptorgan der Ministeriellen, saßt die Reise »ach Paris im Zusammenhänge der Tinge i»S Auge und tommt dabei zu dem Schlüsse, eS sei im Grunde gleicbgiltig, ob ein förmlicher Vertrag zwischen Frankreich und Rußland bereits abgeschlossen sei, oder, Abschluß desselben durch LaS Erscheinen dcS Herrn v. GierS in der französischen Hauptstadt gefördert werde. Es sei genügend, zu wissen, daß Frankreich und Rußland zwar keine gemeinsame» Zwecke, aber doch jeder für sich Pläne hege», die nur durch gegenseitiges Unterstützen zu verwirklichen seien, falls sie überhaupt durchgcsührt werden löiiiitcn. „Daß diese Pläne auSgesührt werten — schreibt der Standard im Weitern — darf man aus guten Gründen bezweifeln, »nd wenn nicht beide Mächte mit so augenfälliger Be harrlichkcit sich zu einem Kampfe rüsteten, der niemals anSbrechen wird, falls sie ihn nicht selbst ihren Nachbarn aufzwingcn, so könnten wir nicht glauben, daß sie sich das Gegn,the»l einreden. Wenn man sich die fortwährenden Vorschübe russischer Truppen gegen die österreichische Grenze zu vergegenwärtigt, so ist eS nicht zu verwundern, daß der Kaiser von Rußland jüngst erklärte, die Leitung der galizischcn Babnen müsse auS strategischen Rücksichten in den Händen der Regierung bleiben. In Russisch-Polen werden unausgesetzt die Besatzungen verstärk». Die deutsche Erwiderung auf diese Taktik liegt in der Erwägung gegeben, ob die ArmcecorpS, die im Kriegsfälle gegen Rußland zur Verwendung kommen würden, mit Zelten auSzurüstcn seien. Ein noch beredsameres Anzeichen für den Eindruck, welchen die russischen Rüstungen in Deutschland machen, findet sich in den Ziffern de« deutschen Budgets. Jedenfalls wird dieser Eindruck nicht durch den Besuch des Herrn von GierS i» Paris und seinen Empfang dort geschwächt werden. Der Heimweg deS russischen Ministers führt über Berlin und neuerdings verlautet, daß er dort kurzen Aufenthalt zu nehmen gedenke. Die Unterlassung einer solchen Unterbrechung seiner Reise würde auch allen großen Nachdruck auf bis Un bchaglichkcit einer Lage setzen, die bereit« so auffällige Bcach tnng gefunden bat. Allerdings liegen auch dringende finanzille Gründe vor, welche es für die russische StaalSweiSheit ratb lich erscheinen lassen, sich für den Augenblick mit Deutsch land auf freundlicheren Fuß zu stellen. Wir räumen ein, daß viel schlimmere und bedenklichere Symptome als die heutigen während der letzten zehn Jahre verschiedentlich auf dem Fcstlande in die Erscheinung getreten sind und daß immer die Wolken sich zerstreut baden und Rüde wieder in die Ge- ninther der Menschen eingezogen ist. Dasselbe mag und wird wabrschcinlich aucb jetzt wieder gcscheben. Mittlerweile nöthigt uns der gesunde Menschenverstand jedoch, dem Rus der Ge- fakr unser Ohr zu leihen, wen» auch dieser Ruf früher.schcn erbobcn worden ist, ohne daß die gehegten Befürchtungen sich erfüllt haben." * Der russische Ministerpräsident von GierS ist gestern Abend II Ukr von Paris abgereist. * Der „Voss. Ztg." geht aus Paris ein Telegramm z», nach welchem die „Patric" die überraschende Meldung bringt, Frcycinet sei regiernngSmüdc und gedenke sich nach seiner Ausnahme in die Akademie, die er als die Krönung seiner Lausbabn ansche, etwa inl Januar zurnckznziehen. Wir werden um Aufnakmc des Nachstehenden ersucht: Gelegentlich einer Notiz im „Tageblatt" über den Bischof Hcuch in Norwegen, daß er verdächtigt worden ist, mit dem Pastor Oste dat durch die Finger zu sehen in Rücksicht auf die politische Lage, bitte ich Sie, darauf aufmerksam zu machen, daß Heuch in den Zeitungen eme Entgegnung ge schrieben bat, worin er unter Anderem (mit gesperrtem Druck) sagt: „Ich bcibeure aus Ehre und Gewissen, daß ich nickt den cntscrntestcn Gedanken daran gehabt habe, daß diese An gelegenheit könnte in Verbindung mit Len Wahlen gesetzt werden." In Birmingham hat das Mitglied deS englischen Parlaments, Cbainbertain, in dem dortigen Raihhause eine längere Ansprache an seine Wähler gehalten, die aus schließlich der Verthcidigiing der Regierung gewidmet war. Chanibcrlain behauptete, die Regierung und ihre Bundes genossen, die liberalen lliiionisten, hätten das Land vor einer großen Gefahr, Irland vor Anarchie geschützt, sowie große Fortschritte aus dem Gebiete der socialen und politischen Rcsorm gemacht. Die Ereignisse der verflossene» zwölf Monate unpatriotischc Politik in Kehre Gladstonc ins Amt auf eine langjährige völlige Stockung in allen inneren Angelegenheiten gefaßt mache». Die Rückkehr der Gladstvncaner an da« Staatöruder würde in Betreff Irlands, sowie der auswärtigen Politik Folgen erzeugen, walchc England für länger als eine Generation zu bedauern Ursache baden werde. Die jetzige Regierung gedenlc neue sociale Reformen zum Besten der Arbeiterklassen unv der Landwirthe, darunter ein Altersversorgungs-System, aus ibr Programm zu setzen; aber alle Reformen würden ver tagt werden, wenn die Gladstoncancr wieder zur Macht ge langten. Die Gladstoncancr mußten Homc-Rute für Irland entweder ablcbncn oder durchsetzen, ehe sie einen Schritt in anderer Richtung thun könnten. ErstcreS würden sie nicht tbu». Letzteres könnten sic nicht thun; deshalb müßte ein Regierungswechsel »ach besten Kräften verbindert werden. * Die Ansprache, welche Prinz Ferdinand, Fürst von Bulgarien, bei der Enthüllung dcS Denkmals für die in der Schlacht von Slivnitza Gefallenen hielt, besagt: Fürst und Vaterland wollten, indem sic dieses Denkmal errichteten, ein sichtbares Zeichen ihrer tiefen Dankbarkeit für die Helten geben, deren Andenken dadurch von Generation zu Generation überliefert werden solle. DaS Beispiel jener tapferen, unvergeßlichen Helden möge allen nacksolgendcu Generationen bc, Erfüllung ihrer Pflicht gegen Vaterland und Thron zur Ermunterung und als Leitstern dienen. * Au« Madrid wird gemeldet: Dem Vernehmen nach ist eine Verständigung zwischen der.Königin und CanovaS dcl Castillo erfolgt und wird das neue Cabiiict wie folgt zusammengesetzt sein: Canovaö: Präsident, Etduayen: Inneres, Hcrzcg von Tctuan: Krieg, Montojo: Marine, LinareS Riva«: Unterricht, jConcka Castcnda: Finanzen. Römer» Robledo: Colonicn und Villavcrde: Justiz. Die Minister leisten beute de» Eid. Camacha erklärte seine Bereitwilligkeit zur Ucbernahme der Dircction der Bank von Spanien. * Auö Konstantinopcl wird geschrieben: Wie immer, wenn sich der Zar in Livadia befindet, wird sich auch diesmal eine speciellc Begrüßungs-Deputation dahin begeben, um den rankrcich und Rußland bcreitS abgeschlossen sei, oder, ob der I Kaiser von Rußland im Namen dcS Sultans willkommen zu ^5^.,..-. -- ---- l-, I da er sich in der Nabe des benachbarten türkischen Reiches befindet. Eö ist dies eine nuninchr schon traditionell gewordene Sitte des kaiserliche» Hose« von ?)ildiz-K>oSk, die dem lebhaften Wunsche des Parischah entsprang, mit semem mächtigen Nachbar in Frieden und Freundschaft zu leben. Man hat vor einiger Zeit wissen wollen, daß d»c Zusammensetzung der diesmaligen Begrüßung«»Deputation eine ganz bcfonderc sein werde, ja man meldete sogar, daß niemand Geringerer, als der Grvßvczicr Dschevad Pascha selbst, an der Spitze derselben stehen werde, und wollte darin natürlich einen neuerlichen Beweis der russophilcn Gesinnung de« neuen türkischen Ministeriums er blicke». Heute ist die rndgüligc Zusammeaseyuog der De-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite