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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.03.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920323024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892032302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892032302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-23
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tz,tz» -«pteMedttto» oä«r d«« t» ktad»- »«kr «d de» Vororte» errichtet», >»«. Aißslsn »bge holt: vtertelsShrllch ^44^«, üUetinolioer täglicher Zustellung t»« >l b^O. Durch dt» Post bezog«, für Le»tichi«»d „d Oesterreich: viertel,ährllch o H.—. Dtr«ct» täglich« Kreuzbaadjeadung ch« k»«ta»t: «oaatUch ^4 » —. Abend-Ausgabe. Ot, Wtorge^«,»gob« «sch^t täglich'/,? Uhr, die Abeud-Uuägod« Woche»t»g« b Uhr. Uedactioa »uZ Lr»e»itio>: Iotzo»»e«,«Ht 8. Hg UrPedttio» ist Woche,!»g« ,»»,t»rbroch»» von früh S bi» Abend« 7 Uhr. Filiale«: UchMerTageblaü Jnsertto«Sprer» Die 6 gespaltene Petttzeile 20 Necl amen unter dem Redacttonsstrich («>»' spalten) bt)>^, vor den FamtUeauachrichtr» (bgejpalten) 40/^. , Gröbere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Zissernjatz »ach höherem Laris. trptra-vktlagrn (gesalzt), uur mit d« Alarmen - Ausgabe. ohne Postbefördernng ./i 60.—, mit Poslbesörderung 70. -. Äanatlmeschlub für Inserate: «beud-Bu-gabe: vormittag» 10 Uhr. Morge»«Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. Sonn« und Festtag» früh 9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je et»e halb« Stunde früher. Inserate siud stet» an di« Ertzebttt«» zu richte«. vtt« ««»»'« Lorti«. (Slftetz Hatz«), llniversitLtSstraß» Ö L,»t« As««. chUtz-riienstr. 14, p«t. «tz K«»ig»pl«tz 7. Organ fSr Politik, Localgeschichte, Handels- und GeWMerkeh^^ Druck und Verlag von L. Pol» k> Lekpzl« ' 151. Mittwoch den 23. Mär; 1892. - 8t». Jahrgang Zur Lnßs in Lerlin. * Die Losung der Krisis ist nunmehr in der Weise be schlossene Sache, daß Graf Caprivi Reichskanzler und mehrere in der Regel gut unterrichtete Berliner Blätter. Nur über dir Personalfragen steht die cndgiltige Entscheidung de« Kaiser» immer noch a»S, doch wird bestimmt versichert, daß sie unmittelbar bevorstehe. Es wird allerdings auch di« allerhöchste Leit, daß diese Entscheidung erfolgt, denn die allgemeine Spannung ist auf dem Gipfelpunkt angelangt und die parlamentarischen Verhandlungen werden durch die jetzige Ungewißheit in empfindlicher Weise beeinträchtigt. * Die Lösung der MinisterkrisiS hat seit gestern, so schreibt dir .Nationall. Corr", keine weiteren Fortschritte gemacht, soll aber unmittelbar bevorstehen. Sachlich steht so viel sest, daß Gras Caprivi sein Amt als Reichskanzler und Minister des Auswärtigen bribebält, daS preußische Minister präsidium aber niederlegt. Die Perfonenfrage für das letztere Amt und für die Nachfolge in der Leitung des CultuS- ministeriumS ist im Augenblick noch nicht erledigt. Wir hören heute aus anscheinend guter Quelle, daß Graf Botho Eulenburg, Oberpräsident in Cassel, zum Eintritt in daS reorganisiere Ministerium bestimmt sei. Graf Eulenburg ist hier eingetroffen. Wie schwierig eS ist, zuverlässig über diese Vorgänge unterrichtet zu sein, be weist der Umstand, daß da» „Wölfi sche Telegraphen-Bureau", welches aus RegierungSquellcn zu schöpfen beansprucht, un mittelbar hintereinander die Meldungen brachte, die Trennung zwischen den Aemtern des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten sei fallen gelösten worden und sie sei jetzt doch gesichert. — lieber die ferneren Consequcnze» der jüngsten Vorgänge kann man sich im Augenblick nur Combinationen hmgeben, deren Werth dahingestellt bleiben muß. Reichstag und AbgeordueteuhauS stehen nahe vor dem Abschluß ihrer Tbä- tigkeit; beidenParlamenten liegen keine großen politischenEntschei- dungen mehr ob. ES ist auch gut, daß die nothwendigen Geschäfte jetzt rasch zu Ende geführt werden, damit einige Beruhigung und Klärung sich einstellrn kann. Im nächsten Herbst werden wir dann weiter sehen. Mit einer vollständigen Lahmlegung der Reichsmaschine durch Abschwenken de« CentrumS in eine principielle Opposition lasten wir uns nicht bange machen. ES ist doch zu viel seitdem vorgegangen und die Stimmung der Wähler hat zu große Wandlungen erfahren, als daß die Partei einfach wieder in die Stellung der siebziger Jahre einrücken könnte. Und wenn sie es versuchen sollte, so könnten auch , die parlamentarischen Grundverhältniffe der siebziger Jahre wiederkehrrn. Die Einsicht, daß der Neichswagen stecken zu bleiben droht, könnte merkwürdige Wandlungen hervorbringen. "Die ofüciösen „Berliner PolitischenNachrichten schreiben: Unbestimmt ist noch immer dir Signatur der politiischen Lage. Formell ist noch nicht einmal die Demission des Grafen Zedlitz erledigt. Sachlich schwebt sowohl die Frage seine» Ersatzes sowie Alles, wa« aus die Reichskanzlers und ihre Trennung von dem und zwar namentlich in Bezug auf das letztgedachte Amt. Von diesen dürfte vorweg die Combination bezüglich des Fürsten Radolin, als der thatsächlichcn Unterlage entbehrend, auSscheiden. Bezüglich dcS Vicepräsidenten deS Staatsministeriums Herrn von Börtlicher ist zu bemerken, daß er da- Amt als StaatSsecretair im Reichsamte des Innern, in dem er den» Reichskanzler unterstellt ist, als Ministerpräsident nicht füglich beibehalten könnte, daß aber gewichtige Gründe sachlicher und persönlicher Natur gegen einen Personenwechsel an dieser Stelle sprechen. Neben dem Fürsten Stolbcrg-Wcrnigerode wird neuerdings auch der frühere Minister des Innern, Oberpräsitcnt Graf Botho Eulcnburg in Cassel als Candidat für den Ministcr- präsidentenposte» genannt. * Von parlamentarischer Seite wird unö aus Berlin geschrieben: Die Ministerkrise gilt beute endlich als keigelegt, wenigstens wird in parlamentarischen Kreisen auf allen Seite» übereinstimmend behauptet, daß Graf Caprivi im Amte bleibt und daß daS Entlassungsgesuch de» Grasen Zedlitz vom Kaiser angenommen worden sei. Aber auch nur über diese beiden Puncte herrscht Uebereinstimmung. Für die Nachfolge des Grafen Zedlitz werden noch immer die ver schiedensten Namen genannt. Thatsächlich ist der Ober- Präsident der Rhcinprovinr, Herr Nasse, in Berlin an gekommen, aber mehrfach wird behauptet, daß er auS per sönlichen, nicht politischen Gründen keine Neigung habe, ein Ministerportefeuille anzunrhmen. Mit einer gewissen Sicher- beit wurde heute auch der Name des StaatSsecretair» im chsjustizamt, vr. Bosse, al« künftiger CultuSminister ge nannt. Wir enthalten un« jeder Voraussage, da auch die „best unterrichtete»" Politiker und Parlamentarier sich ledig lich in Bcrmnthungcn und Combinalionen ergehen und die Betbeiligtcn, sowie den Verhältnissen unmittelbar nahe stehende Personen sich in undurchdringliche« Schweigen hüllen. Wenn eS nun als sicher bezeichnet wird, daß Graf Caprivi als Reichskanzler im Amte bleibt und daß er diesen Entschluß gefaßt hat in Folge dringende» Wunsches des Kaisers und dringender Vorstellungen seitens seiner College» im Staat-Ministerium, so herrscht doch über die Bedingungen, von welchen er sein Verbleibe» im Amte abhängig gemacht, noch immer Unklarhe-it. DaS officiöse Wölfi sche Bureau bat sich innerhalb 12 Stunden selbst dementirt — daS giebt eben auch ein Bild der unklaren Lage. Gras Caprivi soll Reichskanzler bleiben, dem preußischen StaalSministeriüm auch ferner als Minister der auswärtigen Angelcgenbeiten angeboren, aber daS Amt als preußischer Ministerpräsident aufgeben. Die Schwierigkeiten einer solche» Einrichtung werden von keiner Seite verkannt, und Gra Caprivi giebt sich wohl schwerlich einer Täuschung darüber hin, daß er selbst an Autorität dem Reichstage und der politischen Welt gegenüber eine Einbuße erlitte. Andererseits erscheint auch, nachdem wir ein Reich und einen Reichskanzler haben, die bloße Stellung eines preußischen Ministerprasi deuten, zumal ohne daß dieser ein Ressort hat, wenig de deutend. Es wird sogar versichert, daß weder der Finanz minister vr. Miguel, noch auch Herr von Boetticher geneigt Stellung de« Reichskanzlers und ihre Trennung von dem seien, diese Bürde auf sich zu nehmen. Die Stelle würde Amte eine« preußischen Ministerpräsidenten Bezug hat. Die mehr eine Repräscntationsslellnng als rin Amt bedeuten, und Personeneomoinativnen mehren sich infolge dessen naturgemäß I man ist sehr gespannt, zu erfahren, wer sich entschließen wird hier in die Bresche M tretem ^^^^^'ueste Meldung des preußischen Minist-rium uunu H„bertusstock. folgen soll nach der Ruckkebr dcS ^ ^>es dcS gehen die Meinungen ebensaa« «uSr. . d ^ ^ Mittag CivilcabmetS. Herr v .Lucanus >,i ^ „Reichs- „ack, Berlin zurückgekcbrt zn-mMen ist dir Spannung Anzeiger" u.itgebrachl zu ^ 'en, In'w'sch n ' . ^rtent- und Erregung m parlamentan^ liche, und den Gegen ande» ^,^^°m gl-?chzc.ng Reich«- allen drei Parlanienlen — es tage» v . ' " . tag, Abgeordnetenhaus und Thcil. Die BÄwßf'Ä L, SL 5» als Aufcnibalt angcrathen wegen dcS günstigen Emstustc d!r Kiesernadelluft. Ganz unbegründet .,t daS ^n cht daß eS sich um eine» nervösen Zustand handle. Erst g jt.rn bat sich der Kaiser die Bücksstinten Nachkommen lassen, da er der 9agd obliegen will. U-brigenS beabsichtigt der Kaiser »och etwa acht Tage in HubertuSstock zu bleiben. Kommenden Sonnabend sollte ein große« Diner "r österreichischen Botschaft stattfinden. Aus Wunsch deS Kaisers sind d,e Ei>>- ladnngen hinanSgcschobcn worden, da Se. Mazestat erklärt hat, an demselben theilnehmen zu wollen. wird gemeldet: „Der »Der „Kölnischen Zeitung- Wird ger Kaiser hat dieEntlassungsurkunde de« ^''""«Ministers Grafen Zedlitz bereits vollzogen. General Graf Eapr.v^ bat sich entschlossen, seine Aemter al« deutscher Reichs kanzler und preußischer Minister der auswärtigen Angelegenheiten beirubehalteu, dagegen den Borsitz ,m preußischen StaatSministrrium auszugcben. Er behalt au diese Weise die Führung der preußischen Stimmen „n Bundes rath, kann sich aber von den ausschließlichen preußische» Angelegenheiten mebr als bisher zurückhalten, wodurch auch seine übermäßige Arbeitslast vermindert wird. Zunächst bandelt eS sich »un um die Ernennung eines preußischen Ministerpräsidenten. Einen entsprechenden Vorschlag soll Gras Caprivi dem Kaiser schon unterbreitet haben Ter Ministerpräsident wird voraussichtlich nur den Vorsitz >m Ministerium, nicht aber ein besonderes MinisterporlescuiUe führen. Erst nach seiner Ernennung kan» die Frage, wer der Nachfolger deS Grasen Zedlitz werden soll, gelöst werden. Die bisherigen Pcrsonenbenennungeu beruhen nach wie vor lediglich auf Combinationen oder persönlichen Wünschen. Minister Vr. v. Boetticher konnte für den Vorsitz des StaatsministcriumS nicht in Betracht kommen, weil er im Hauptamte StaatSsecretair des Reichsamts dcS Iuncr» und als solcher Untergebener deS Reichskanzlers ,st" * Der „Magdeburger Zeitung- sind folgend« tele graphisch« Meldungen zugcaangeii: Berlin, 22. März. ES bestätigt sich, was ich Ihnen gestern schon meldete, daß die Lösung der Krisis dahin er- olgt, daß eine Trennung des preußstchcn MinisterpräsidiumS vo» der Reichökanzlcrschast erfolgt. Gras Caprivi behält die letztere und das Amt eines preußische» Minister« des Aus wärtigen bei, legt dagegen das Ministcrpräsidium nieder. Wer hier sei» Nachfolger wird, ist noch nicht entschieden. Eine Zeit lang war diese Lösung der Krisis wegen der schon gestern hervorgehobcucn, ihr anhaftenden Schwierigkeiten wcifelhaft geworden. Obgleich diese keineswegs zu leugnen ind, bat mau sich aber doch schließlich dafür entschlossen. Berlin, 22. März. Aus der Unzahl von Männern, die als Nachfolger des Grafe» Zedlitz genannt werden, kommen nur drei erustbast iu Betracht: der Oberpräsident der Rhein» provin; Nasse, der lange Zeit Unterstaatssccretair im CultuS- ininisterium unter dem Minister v. Goßler war, der jetzige StaatSsecretair im Reichsjustizamt vr. Bosse und der Ober- präsidcut von Hesse» Nassau Gras Botho von Eulenburg. Letzterer ist hier anwesend und bat heute nach verschiedenen Richtungen hin Besprechungen mit höheren Staatsbeamten und potitischeii Freunden gepflogen. Dies hat nun nicht ver hindert, daß gleichzeitig von der Berufung deS StaatS- sccreiairs Vr. Bosse mit besonderer Betonung die Rede war. Dieser befindet sich genau seit einem Jahre an der Spitze des ReichSjustizamics und seine hervorragende Tbäiigkeit bestand in der Leitung, und wie man sagen muß, glücklichen Förderung der außerordenlicben ReicyS- commissto» für das Bürgerliche Gesetzbuch. Möglich ist c«, daß die Rücksicht darauf seine Erhaltung an seiner jetzigen Stelle besonders wiinscheiiswerth macht. StaatSsecretair vr. Bosse gehört der streng kirchlichen Richtung an. DaS Verbleibe» dcS Grasen Caprivi aus dem Posten des Reichs kanzlers soll vom Kaiser unter dem Hinweis auf die aus wärtige Politik verlangt worden sein. Ob es sich dabei um eine vorläufige oder eine endgiltige Entschließung des Grafen Caprivi handelt, ist noch nicht zu übersehen. So viel steht sest, daß der Gras entschiede» abgelebnt hat, die Geschäfte des preußischen Ministerpräsidenten weiter zu sühren. In welcher Weise ein Ausgleich dahin zu treffen ist, das bildet jetzt den Gegenstand der Verhandluugen an zustehender Stelle. Einstweilen wird der Vicepräfidcnt des StaatsministeriumS» Staatöminisler von Bötticher, die Geschäfte des Staat«» Ministeriums leiten. * „Kreuzzeituna" schreibt: In verschiedenen Blättern wird unsere gestrige Meldung Graf Caprivi werde fortan allein die Stellung als Reichskanzler beibebalten, dagegen von dem Präsidium dcS preußischen Ministeriums zuruck- Ireteu, bezweifelt. Wir kalte» sie unsererseits ausrecht. Graf Caprivi hat auf den Appell Sr. Majestät des Kaisers an seinen RoyaliSmuS und Patriotismus ein so schwere« Opfer gebracht, iiiteni er vorläufig, wenn auch in beschränktem Maße, im Amt bleibt, daß man ihm persönlich die höchste An- erkeiinuug schuldet. Wer an seiner Stelle preußischer Minister präsident werden wird, ist noch nncutschieden. Wenn von einzelnen Blätter» behauptet wurde, für den Fall, daß keiner der augenblicklichen Minisler dazu auSersebcn sei, müsse wegen dcS betreffenden Gehaltes ein Nachtragöetat an das Ab geordnetenhaus kommen, so ist da- nicht zutreffend. DaS Gehalt sür den Ministerpräsidenten ist im Etat längst fest- Feuilleton. Schloß Erlenhof. 13j Roman von O. Bach. N««»n>e «ekdeee». (Fortsetzung.) Xlv. Fräulein Schirmer hatte über den Besuch Nora'S kein Wort geäußert, so sehr eS sie auch beschäftigte; auch al« Rudolf zu Frlicien kam und e« ihm gelang, die kleine finstere Wolke von der Stirn der jungen Frau zu verscheuchen, dir seit dem Besuche Nora'S darauf gelegen, gab sie ihren Ge- tanken keinen Ausdruck, — allein als nach mehreren Tagen die Baronesse Sternau wiederkam, als sie dir Gesellschafterin ibrer Schwägerin durch einen hochmüthigrn Blick und ein lühle« Wort zum Verlassen de« Zimmer« veranlaßte, flog ein sonderbare« Lächeln über die blaffen Lippen de« Mädchen« Nora bätte wohl einen anderen Ton gegen die Gesellschafterin ihrer Schwägerin angeschlagen, wenn sie eine Ahnung von den Gedanken gehabt, welche die Brust de« Fräulein» be stürmten und eS dazu zwangen, mit »urückgehaltenem Athem der Unterhaltung zu lauschen, die Frlicie mit der Baronesse begonnen hatte. Kräulria Sebirmer war der französischen Sprache, deren sich die jungen Damen bedienten, vollständig mächtig, und so entgingen ihr nur die ganz leise geflüsterten Worte Nora'S, während ihr dir Antworten FeliccrnS dir nöthigen Com- mentare gaben. DaS Mienenspiel Paula'S verricth deutlich, wa- in ihrer Seele vorging; die blauen, sonst ziemlich matten und sanften Äugen blitzten von Zeit zu Zeit unmuthig auf; um den Mund schwebte rin sonderbarer Ausdruck. Bei dem Aufdruck Nora'S, der eine Viertelstunde später erfolgte, verließ sie geräuschlos den innegehabten Platz, um sich am Fenster niederzulasten, und als die Baronesse mit einem frostigen Gruß an ihr vorüberschritt, von Frlicie be gleitet, neigte sie artig dea Kopf, ohne jedoch «in Wort deS Abschieds zu sprechen. .Schaff« doch die unangenehme Person ab", flüsterte Nora Frlicien zu, al« sie ihr die Hand zum Abschiede reichte, „ich t-nu solche unbedeutende Visagen in meiner Nabe nickt leiden. E« giebt ja genug intelligente und hübsche Mädchen hier in Berlin, dir m»t Freuden eine solche Stellung riancbmrn und -»«füllen. Ich werde eine Wahl für Dich treffen; diese« Rädchen paßt ja gar nicht für Dich - »Sie ist gut und treu ", entargnete Kelicie harmlos, „daS Iwßere spielt ja tzri uoS knne No«; übrigen« kam, ich meine Gesellschafterin nicht häßlich finden. Lasse sie mir nur, bis meine Verhältnisse geordnet sind." „Wie Du willst, Kleine. Ware ich Rudolf, dann spräche ich rin Machtwort. Die Langweiligkeit steckt an und ein Mann verzeiht uns Frauen eher alle- Andere, al« Lang weiligkeit." Sie nickte ihr noch einmal zu, dann hüpfte sie die Treppe hinunter, um in dir sie erwartende Droschke zu steigen, deren re sich stets zu ihren Besuchen bei Felicicn bediente. In dem Augenblicke, wo sie sich in die Polster drücken wollte, fielen ihre Blicke aus Brcdow, der Arm in Arm mit Lieutenant Banmann den Linden zuschritt. Der Graf lüftete höflich seinen Hut; Baumann griff an seine Mütze, während er überrascht die Nummer deS Hauses betrachtete, aus dem die Baronesse Sternau getreten war. Dicjunge Dame blickte crrölhend den beiden hochgewach- scnen Männergestalten nach. Die Begegnung war ihr nicht angenehm. Banmann wußte, wer in dem Hause wohnte; Combinationen konnten leicht zur Entdeckung der Wahrheit sühren; Frlicie mußte also gezwungen werden, sobald als möglich Berlin zu verlassen, wenn eS Nora nicht gelang, ihre Pläne zur Acttzfübrung zu bringen. „Wissen Sie, Herr Graf, wer dort in dem Hause wohnt?" fragte Banmann nachdenklich. Graf Brrdow schüttelte den Kopf. „Ich dm noch unbekannt in Berlin", entgegncte er leicht hin, „ist eS eine interessante Persönlichkeit?" „Hm — e« kommt auf den Begriff an", lachte der junge Mann, indem er seinen Schnurrbart strich. „Ehe ich in den Rosenbanden der Liebe lag. die ja jetzt in wenigen Wochen zur süßen Kette werden, wäre e« mir sehr interessant gewesen, dir niedliche Dame, die dort wohnt, näher kennen zu lerne», jetzt darf ,ch nur Augen und Ohren für Eine haben. Else ,ft der reine Othello", plauderte er fort, „ick möchte wissen, wa« Baronesse Nora dort gesucht und gewollt hat." „So sagen Sie dock, bei wem, Do» Juan?" meinte Bredow munter, „ich sage e« Ihrer Braut nicht wieder, wenn Sie hier die Spur eine« Edelwildes gefunden, daS Ihnen allerdings nicht mehr in die Schußweite kommen darf. Nicht wahr. Sie heirathrn daS hübsche Mädchen doch auS wirklicher Liebe?" Baumann blickt« den Frager lebhaft an; seine guten blaue» Augen blitzten freudig auf, als er beiter erwiderte: „AuS reiner, echter Liebe. Ich könnte mir mein Leben ol»ne Else nicht mehr denken, und wenn ich mir auch den Sinn für Alles, wa» schön ist, bewahrt habe, gehört doch mein ganzes Herz meinem Bräutchen. Sie müßten Else erst so genau kennen, wir ich sie kenne, um zu begreifen, wie herzig und lieb La» Mädchen ist." »Sir sind zu beneiden, vaumann", klang e« etwa« ge preßt von den Lippen deS Edelmanns; „ich kann mir kein größeres irdisches Glück denken, al- ein Mädchen, da« man liebt und hochschätzt, als Weib umarme» zu dürfen, den Lebensweg gemeinsam mit einem solchen Wese» zu gehe», ganz eins zu sein mit einem zweiten Ich." „Ein Glück, dessen auch Sie thcilhastig werden können", entgegncte Banmann lebhaft, indem er einen fragenden Blick in daS recht ernst gewordene Antlitz warf. „Wollen Sie nur, Graf; ich kenne zwei schöne junge Damen, die nur zu gern den ihnen angeborenen Beruf an ibrer Seite erfüllen würde». Soll ick sie erst nennen, oder wissen Sic die Namen auch ohne inich?- Ueber da« männlich schöne Antlitz Bredow'S flog eine leichte Bläffe. „Ich Halle eö nicht für reckt, wenn junge Damen, die u»S fern stehen, den Unterhaltungöstoff siir Männer bilden", meinte er rasch, „ein solckeS Gespräch niiiimt oft ohne unseren Willen einen leichtfertigen Charakter an; allein zwischen uns Beiden ist dies ja nicht zu befürchte», denn sowohl Sie als auch ich haben nicht nur Achtung vor den beiden Ungenannten, sondern vor dem ganzen Geschlecht, und darum ist eS mir lieb, daß ich einmal Gelegenheit finde, über Etwa« mit Ihnen zu sprechen, was mich seit Wochen beschäftigt. Ihre Else ist die beste Freundin der Baronesse Bornstcdt; hat Hertha ihr die Neigung für Rudolf Sternau anvertraut? Ist eS beschlossene Sache, daß sie seine Ge mahlin wird?" Banmann zog die Schultern ein wenig herauf; den Rest seiner C'garrc wegwerfend, entgegncte er: ..Wenn ich Hertha Bornstcdt hieße, nähme ich Rudolf Sternau nicht plm Manne, und soviel ich weiß, hat sie auch meiner Braut noch keine Silbe von zener Liebe verralhen Allerdings habe ich etwas davon lauten gehört, daß eine Familicnbe»timmunq, die auf eme He,rath zwischen den beiden entfernten Verwandten hinauslallst, existirt, aber, mein verehrter Herr Graf, ich müßte nicht so genau in dem Buche der Liebe gelesen — n,ckt so gründlickt Herzen-studirn gemacht haben, wenn ich n.ck darauf schworen könnte, daß die Baronesse den Baron nicht .m Geringsten liebt: wen» sie ihn heiralhet, dann folgt sie eben nur einem Fannlienzwanae." ° " b«r That daß Hertha ihren Vetter nicht ^ bredow lebhaft. „Aber Baronesse Nora de- s»->» l - -A?' Baronesse Noral" Baumaun strich sich lachend sein Schnurrbartchen „Gefällt Ihnen da- schöne Mädchen M.A' *A S'« «s stck als Ihre Gemahlin, als die zukünftige Mutter Ibrer Kinder denken könnten? Baronesse Nora" fuhr er mit luchter Ironie kort, „ist eine Sphuir die un» macken ^'hstl aufgiebt; sie ist eine« ;enn problu malischen Wesen, d,e da» Hern eme» leidenschaftlichen Manne« in Flamme» setzen können, ohne dabei das Herz zu erwärmen. Wenn ich in der That, wie Sie vorhin scherzend meinten, ein Don Juan wäre, dann würde ich mir Nora Sternau zu ineiner Donna Iuana wählen, aber zu meiner Lebensgefährtin machte ich sie nie, denn sic ist glühend und doch kalt. Pardon, Herr Graf, wenn ich in Betreff der Baronesse Sterna« vielleicht Ihr Empfinden verletzt haben sollte." Bredow strick sich gedankenvoll über feine» Vollbart; seine schöne» blauen Augen leuchteten, ein heiterer Ausdruck belebte fein Gesicht. „Ich danke Ihnen, Banmann, für das mir geschenkte Vertrauen", entgegncte er herzlich, seine Hand sreundschaft- lich auf den Arm des jungen OsficierS legend, „ich erwidere cs, indem ich Ihnen da« Geständniß mache, daß Sie mir eine» Stein von der Brust gewälzt habe», denn mein Urtheil über Nora, daö mit dem Ihren übcrcinstimmt, kam mir stet» wie eine Ungerechtigkeit vor. Der Einfluß, den daS schöne und begabte Mädchen aus mich auSübt, kämpfte bisher noch immer mit dem ungünstigen Borurtbcil, da« eS in mir er zeugt und mich bclonderS in Betreff Hertba'S noch immer zweifeln ließ; allein ihre ausgesprochene Ansicht beweist mir, daß ich nicht Unrecht habe, wenn ich den Worten de« Mäd chens dort nickt unbedingt Glauben schenke, wo eS sich um Hertha handelt. Wollen Sie mir einen Dienst erweisen?" fügte er schnell hinzu. „Zehn, wenn es in meiner Macht steht", entgegncte Bau» mann herzlich. „Gut, so bitten Sie Ihr Fräulein Braut, daß sie Hertha'« Vertraue» zu gewinnen sucht. Ich möchte eS wissen, ob sie Sternau liebt, ob sie »hm gern angchören würde, oder ob Nora gelogen hat." „Gelogen hat", klang eS lustig wie ein Echo über Bau- mann'ö Lippen, „ich möchte daraus weite», und daS „Warum?" Herr Graf? Nora ist bald vicrundzwanzig Jahre: der Zenith der Schönheit ist erreicht; ihr eigenes Vermögen ist nur klein» die Stcrnaus sind keine reichen Edcllculr; wenn sie nicht bald eine glänzende Partie macht, dann sinken die Actien ihrer Hoffnungen. Sie, Herr Gras, schließen allb Vorzüge rin, di« ein bcirathsbedürsliacs Mädchcnbrrz begchrenßwrrth findet. Hertha ist eine gefäbrliche Concurrcntin, so lange sie frei ist, ergo muß sie den Bruder heirathe», don grä, m»I To combinirc ich, Herr Gras; möglicherweise grundfalsch, aber auf jeden Fall soll mein schlaues und dabei gütige« Mädchen dir Fühlhörner ein wenig auSstrecken, um da« Grheimniß einer schüchternen Menschenscele zu ergründen. Wir hoffen Sie, Herr Graf, bald in der Villa Förster will kommen heißen zu können." Er griff grüßend an seine Mütze, bändeschüttelnd trennte» sich die beiden jungen Männer, da die Weg« sich schied«» » * »
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