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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920405025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892040502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892040502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-05
- Monat1892-04
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Julerate sind stet« a, dft Oxpedttta» zu richte»». Druck »nd Verlag von L. Pol, st» Leipzig 175 » Politische Tagesschau. * Leipzig. 5. April. Unmittelbar nach Schluß der Reichstagssession klonte» wir, daß in der letzten Sitzung die ablehnende brltuna der verbündeten Regierungen gegen die von dem pause beschlossene Fassung des Gesetzentwurfs, betreffend die Unterstützung von Familien der zu Friedens» Übungen einberufeuen Mannschaften, einen üblen Eindruck habe Hervorrufen müssen. Heute kommt die .Mivnalliberale Korrespondenz- aus diesen Vorgang zurück, mkcm sie auSsührt: „Der Gesetzentwurf, der bereits gegen Schluß des zweiten Abschnitt« der Session eingcbracht worden, hatte in der ursprünglichen Vorlage vorgeschlagen, die Unter stützungen im Fall der Bedürftigkeit sollten mindestens betragen für die Ehefrau 20 in den Sommer-, 30 in den Wintermonale«, für jede der sonst untcrstUtzuiigsberechtigtcn Personen 10 täglich. Die Hälfte dieser Beträge sollte aus ReichSmitteln bestritten werden, die andere Halste den durch da« Gesetz über die Kricgsleistunge» vom 13. Juni 1873 gebildeten Lieferungsverbändcii zufallen. Die Budget commission, welcher der Gesetzentwurf überwiesen wurde, nahm wesentliche Abänderungen vor: Die tägliche Unterstützung wurde bedeutend erhöht und im Anschluß an die socialpolitische Gesetzgebung der Maßstab dcS ortsüblichen Tagelohns eingcsllhrt, so daß für die Ebcsrau 3V Prvcent, für die sonst unterstützungSberech- tigten Personen 10 Procent dieses Tagelohns, im Ganzen aber nicht mehr als 00 Procent gezahlt werden sollen. Unterstützungen sollen die Familien, um den Schein de« Almosens zu vermeiden, nicht bloS im Falle der Be dürftigkeit, sondern allgemein „auf Verlangen- er halten, also ohne daß die individuelle» Verhältnisse der Familien >n Betracht gezogen werden dürfen. Sodann wurde beschlossen, die Mittel für die Unterstützung voll ständig aus der ReichScasse zu enlnebmcn, sowie die Hilfe auch auf die Familien der Ersatzrcscrvisten während der zweiten und dritten Uebung derselben auS- zudehnen. Der Reichstag hat diese Anträge fast ein stimmig angenommen. Der Aufwand des Reich« wurde nach dem RegicrnngSentwurf auf jährlich 270000 Mark, nach den RcichStagSbeschlüssen auf l>/, bis 2 Millionen Mark berechnet. Die Regierung hatte schon in der ^Commission erklärt, eine Aufwendung von dieser Höhe belaste das Reich allzu stark, zumal dann auch ein ebenso hohes Unterstiitziingssystem im Mobilmachungsfall gefordert werden würde, was unübersehbare finanzielle Folgen habe. Im Reichstag wurde entschieden bestritten, daß die Conseguen; zwinge, dir gleichen Unterstützungen für die Kriegszcit zu gewähren. Zur Herbeiführung einer Verständigung hatte die Regierung nicht« getkan, aber auch bei der letzte» Beratbung erklärte Herr v. Boelticher, er müsse an seiner Befürchtung sestbalten, daß die Negierungen dem Gesetz in dieser Fassung nicht zustimmcn würden; in diesem Fall würde im nächsten Iabr ein »euer, ans einer mittleren Linie sich haltender Entwurf vorgelcgt werden. Nachdem der Reichstag nahezu rin- mürhig die von der Regierung vorgeschlagcnen Unter-! stützungen für zu niedrig befunden und für die Com- > Dienstag den missionSanträae sich entschieden hatte, machte diese Er klärung einen sehr ungünstigen Eindruck Die Verweigerung dieser verbLltuißmäßig geringfügige» Ausgabe und dir für andere Zwecke geforderten Riesensummen rnscn eigrn- tbümliche Betrachtungen hervor. Man darf gespannt sein, ob der BundeSratb den Gesetzentwurf wirklich ab- lebnen oder sich noch eines Besseren besinnen wird". Wir hoffen, daß diese und ähnliche Kundgebungen nicht ohne Eindruck auf die verbündeten Regierungen bleiben. Diese können sich unmöglich darüber täuschen, daß sie in der nächsten ReichStagSsession noch mit der Verstimmung zu rechnen baden werden, die sich infolge so mancher Vorgänge, auf die wir heute nicht weiter einzngeben brauche», fast allen Parteien bemächtigt hat, und die in der chronische» Bcschluß- unsLhigkcit des Hauses einen charakteristischen Ausdruck fand. Diese Mißstimmung kann nur wachsen, wenn der BundeS- rath sich ablchnenv auck> gegen solche Beschlüsse dcS HauseS verhält, die fast mit Einstimmigkeil gefaßt worden sind. Auch über die „Gährung im Centrnm" bringt das nationalliberale Parteiorgan heute einen Artikel, der sich hauptsächlich ans die Kundgebungen der klerikalen Presse gründet. Der Artikel lautet: ,,Die ultramontaue Presse übcrbietet sich in Versicherungen, wie einig und unüberwiiidlich ihre Partei nach der große» Niederlage in Preußen dasiehe. Dergleichen Prahlereien sind immer verdächtig. Wie gewöhnlich sind sic auch im vor. liegenden Falle bestimmt, die wirklich« Lage j» verhüllen. Tie Wahrheit tst, daß rs uni die innere Einheit im deutschen NltramontaniöniiiS niemals kritischer gestanden hat, al- in diesem Augeiiblick«. Es ist ja auch nur zu begreiflich, Lasi jene schon an sich nicht zu unlerichatzciidc Richtung, welche mit den etwas vlumpcn Ainidaebuiigen einer vrrlranens- scligen Loyalität, wie sie die gegenwärtige Führung des Centn»»« bald nach Windthorst's Tode i» Scene zu zu setzen begann, von vornherein »tat einverstanden war. durch den AuSgang der votksschiilaiigelegenhcit eine bedeutende Stärkung erfahren hat Ter andercn Richtung, welche Haupt- sächlich durch den Oiiafen Ballestrem repräsentirt wird, er. wächst daran- «ine nicht geringr Gefahr. Schon im letzten Herbst ist «S ihr nicht icichl gefallen, die sehr bösartige Opposition der Bonner „Rrichszcitung" und einiger süd- deutscher Organe zum Schlveigrn zu bringen, obgleich damaiS dem Lentrum der Himmel voller Geige» hing. Jetzt wird der aristokratisch-opportunisiiiche Flügel um eine unangenehme Temüthigung innerhalb der Partei nicht deruuikvmmen. Wat man der Führung vor- wirft, tst, daß sie iu dem Wahne, bei» Sieg in der Lchulgesetfragt so gut wie errungen zu baden, von den alten Positionen de- CenirumS eine nach der andern ausgegeben und dadurch die schlietzliche Niederlage noch uni Biele« verschlimmert habe. Besonder« die Zurückziehung des Iesuilenanlrags wird getadelt, und zwar um so mehr, als nicht einmal das erreicht worden, was inan als Minimal- Wirkung de« Antrag» erwartet hatte, nämlich dir Wieder- »ulassung der Redemptoristen. Es gewährt einen säst komischen Anblick, wie die ossicielle LentrumSpresse über die Verlegenheiten dieser Situation hinwegzukonunen sucht. So führt die „Germania" in demselben Artikel den 'Nachweis, wie weis« die Zurückziehung de« Jesuitcnaiilrag» gewesen sei, und kündet zugleich an, daß der Antrag in der nächsten Session wieder «ingebracht und mit aller Energie verfochten werden solle. Nach der bisherigen Geschichte der Tragikomödie des JesuitenantroaS kann diese Drohung nur erheiternd wirken. Aber e« ist ja möglich, daß, wenn die gegenwärtige Unzufriedenheit unter der uttra- 5. April 18S2. moataneu Gefolgschaft «ehr zur Entwickelung gelaugt, auch dir Führung sich zu einer cilllchitden oppositionellen Haltung beauemkii und auch endlich einmal in den lauern Apsel der Jesuit,ndebatte beißen muß. Kommt eS dahin, so kann et uns mir recht sein." Von der Richtigkeit des letzteren Satze- wird auch da« Centrum überzeugt sein. Gerade deshalb aber wird man auf dir Drohungen der „Germania" und der übrigen heißspornigen Organe der Partei nicht allzu viel zu geben brauchen. Auch die gestern mitgetbeilte Mabnung de« vatikanischen Corre- spondentcn der „Polit. Corr." legt der gekämmten CentrurnS- Partei Betrachtungen nahe, die im Gegensatz zu dem Drängen der oppositionellen Elemente stehen. Man wird daher am Besten thun, der CentrnmSpartci gegenüber lediglich den Standpunct de« rudigen Beobachters einzunebincn und vor läufig keinerlei Conibinationen auf die Haltung desselben zu gründen. Schon als die Meldungen au« Petersburg kamen, daß über die Handelspolitik Rußland« neuerdings amtliche comiuisiarische Erwägungen angeordnct seien, vermulhcten wir eine — russische Anleihe in Sicht. Man hat ja auch gerade auf diesem Gebiete binreickende Erfahrung. Es soll zugegeben werden, daß manche allarmirende Nachricht über russische Truppenbewegungen an der poliiisch-galizischen Grenze unlauteren Ursprungs und Zweckes sind und mehr für die Börse als für die Diplomatie zu bedeute» haben. Un bestreitbar ist aber auch, daß die geflissentliche Be zeugung wohlwollender Gesinnung russsscherseit« weniger auf die dauernde Beziehung der Staate» und Völker, sondern regelmäßig zunächst aus unseren Geldbeutel berechnet ist. So war cS, wie sich jetzt hcrauSstcllt, auch mit der Berufung einer Commission zur Prüfung der russischen Handelspolitik. Das Mittet ist neu, der Zweck der alte. Man stellt uns diesmal ei» Entgegenkommen auf wirth- schaflSpolilischein Gebiete iu Aussicht und läßt eS in Aussicht sieben, bis — der Mohr seine Schuldigkeit getl>an hat. Darauf biueinzusallen, baden wir Deutschen wcnigcr Ursache, als je zuvor. Immerhin mag eS erwähnt werden, daß rin Berliner Börsenblatt, da« sonst radikale, politische Bahnen wandelt, die vollendete Harmlosigkeit heuchelt. E- meint, man solle doch der etwaigen Anleihe Rußland« nicht in einem Augenblick, da ein russisch-deutscher Handelsvertrag in Frage steht, so übelwollend entgezentreten. Du ahnungs voller . . . .k Der Vorsitzende des conservativcn LandeSverrinS im Königreich Sachsen, der Reichstag«- »nd LandtagS- abgeortiicle Freiherr von Friesen-Rotha. hat in einem dieser Tage in Großenhain gehaltenen Vortrag die „Ge- sichtSpuncte für ein rcvidirteS conservativeSPro gramm" entwickelt. Danach sollen künftig die Bestrebungen der conservativcn Partei besonder- auf folgende Puncte ge richtet werden: 1) die Beseitigung de« römischen Rechls, 2) dir Ersetzung desselben durch ein deutsch-nationale« Recht, 3) die allgemeine Reform unserer gesammten Gesetzgebung aus Grund diese« deutsch-nationalen Recht«, 4^ Zulassung von nur Deutschen, welche einer bestimmten christlichen Confcssion an geboren, zu dem Ainte eines Richter« und eine« Rechts anwalt«, demnach 5) Ausschluß aller Juden von diesen Aemlern. Die wirthschaftliche Entwicklung des deutschen Volkes unterstellte Herr von Friesen einer ausführlichen Aus einandersetzung und wie« er hierbei hin ») in Bezug auf da« 88. Jahrgang Großkapital, daß Vorkehrungen zu treffen wären, um den Staat, die Regierung und die bürgerliche Gesellschaft gegen den Mißbrauch cencentrirter Geltmächie zu schützen, die Börsen und den Geschäftsverkehr an denselben der staatlichen Aufsicht zu unterstellen und dem Mißbrauch de« Zeitgeschäft« vorzubcugcn; b) in Bezug aus die Arbeiterkreise, daß Zucht und Ordnung in denselben wieder herznstellcn, dir Autorität krS Arbeitgebers und Dienstherr» zu sichern und da» Arbeiter-personal mehr und mebr wieder seßhaft zu machen sei; c) in Bezug auf dir Landwirtbschaft, daß dieselbe gegen die Gefahr der Concurrenz de« billiger produc,renden Au-landeS, sowie der Ausbeutung und Aussaugung durch das Groß kapital geschützt, der immer medr anwachsenden Vcrschuldoug de« Grundbesitze- gesteuert, zu diesem Zwecke die Ausnahme von Darlehen auf Grundstücke nur in Form tilgbarer Renten gestattet und da« Erbrecht am Grundbesitz einer eingehenden Revision unterworfen werde, und ck) iu Bezug auf das Hand werk. daß dasselbe gegen die Großindustrie und die Groß- capitalmacht geschützt, durch ein geordnete« Crcditwesen der Ausbeutung durch den Wucher vorgebeugt und da« Verhält» niß zwischen Meister, Gesellen und Lehrlingen besser geregelt werde. . Wir bezweifeln zunächst, daß der conservative Laud«»- vercin mit allen diesen GesichtSpnncten sich einverstanden er klärt, und halten e« daher für verfrüht, unsererseits aus die selben einzugche». DaS Organ de« Herrn Sonneman», die „Frank furter Zeitung" ereifert sich gegen den „reactionairen" sächsischen Landtag, weil er e< gewagt bat, die Social» demokraten von den Eomniission-beratbungen fern zu halten, was angeblich einen, „parlamentarischen Boykott" glcichkomme, und ferner, weil die Zweite sächsische Kammer ihre Zustimmung zur gerichtlichen Verfolgung derjenigen Blätter gegeben hat, welche die Kammer in der stärksten Weise beleidigt haben. Wir glauben ganz gern, daß diese» Vorgehn» de« sächsischen Landtages gegen die Socialdrmokratie der „Frankfurter Zeitung" einige Beschwerden bereitet, wir können ihr jedoch versichern, daß die große Mehrheit der sächsischen Bevölkerung damit völlig einverstanden ist. E» gewinnt immer mehr den Anschein, al« »b seiten« der europäischen Regierungen rin gemeinsame« Bor« gehen gegen den Anarchi«mn« io Vorbereitung begriffe« ist. So findet in Italien, wie au« Rom berichtet wrrd, der Gedanke, daß etwa« geschehen solle, um aus internatio nalem Wege für den Sckmtz gegen die anarchistischen Gefahren vorzusorgcn, immer mehr Anbänger. Man bat Ursache, ao- zunebmcn, daß, wenn der „Popolo Romano", wie er die« dieser Tage getkan, mit dem Vorschläge hervortrat, e« solle eine internationale Confercnz zur Beratdung geeigneter Mittel zur Bekämpfung de« anarchistischen Treiben« eioberusrn werden, er sich zum Dolmetsch eine» in maßgebenden Kreisen gebegten Wunsche- gemacht babe. Mau glaubt, daß nach Allem, was in der letzte» Zeit vorgesallen, Frcnikreich einer bezüglichen Anregung gern Folge geben würde. In Be stätigung der letzteren Annahme wird au« Pari« grmeldet, daß in den Conferenzcn der Minister mit den Vertretern der Mächte über eine eventuelle Acnderung der Asylgesetze infolge der Anarchistcnattcntate die französische Regierung stcb bereit gezeigt haben soll, alle Dynamitattentate al« go- meine Verbrechen zu behandeln und den Beranlasseru keinen FeuiUatsir. Moderne Junggesellen. ts Roman von B. W. Zell. Nachdruck «krSate». (Fortsetzung.) Bürglin hielt c« für gerathcn, auf den bedenklichen Doppelsinn dieses „interessant" nicht weiter einrugehen. Auch schelte eS ihn. im Vorüberschreiten die einzelnen Gruppen „aber zu mustern, hier und da einem Bekannten au« Künstler- lreisen zuzunicken und nebenbei festzustellen, daß außer ihm leine der bekannten Finanzgrößen anwesend. Plötzlich blieb »r überrascht sieben und vcranlaßte durch einen leisen AuSruf cund den Major, einen Blick in einen kleinen Nebenraum zu «erst», dessen Eingang durch einen Vorhang nur bald ver- büllt war. Dort saß in einem bequemen Sessel, augenschein lich in behaglichster Laune, der Ministerialrath und plauderte oiit einein reizenden Geschöpf, da« vor ihm auf einem nieder» iroßscbemel kauerte und eifrig erzählte. Kurze- braune« Mock umgab den feinen Kopf de« jungen Mädchen« und ittlenvolle dunkle Augen strahlten voll KindeSreinbeit und siugendübermutb in einem rosig zarten Gesicht. Es war FranziSca von Rathenow. Neben ibr saß ein andere«, cdenso junge« Mädchen, dessen dicke blonde Zöpfe jetzt beim Sitzen den Boden streiften und in deren blauen Augen Schelmerei und Iugendsreude ebenso keck aufblitztea wie in eenen der Gefährtin. Rose Blangenet war aber auch die beste und liebste Freundin Franzi«; beide Mädchen waren eben nocb in jenem beneidenSwerthen Alter, in dem man schwärmerische Gelübde der Freundschaft auStauscht und bereit ist. darauf zu schwören, daß Freundschaft höher stehe als hiebe — eine Wellauffassung, zu der die meisten Menschen acut» einem Irrlaus von zwanzig bi« dreißig Jahren wieder zurückkedren. Es gekörte indrß noch eine vierte Person zu dieser Grupp«, bi« im Ganzen ein bübsckeS Genrebild abgegeben hätte, und tiefer Vierte war Claudius In mehr bequemer al« salon- mäßiger Haltung lehnte er am Tbllrpsosten, hatte beide Hände u> den Hosentaschen und blickte mit einer Art kindlicher Neu gier auf die beiden jungen Mädchen, al» sei ihm ihr Anblick ehe» so neu wie ihr Gebühren und Plaudern. Ein Studium, I-s aber ein angenehme« Studium, wir man au- seiner heitern Miene las. Franzi Rathenow gab sich hier» fern von den Blicken der Gesellschaft, ganz so zwanglos, wie r« dem alten Frennde gegenüber, der ihre Kinderspiele grthcilt, angebracht war. Der Professor störte sie dabei gar nicht. Mein Gott, der sah so lammfromm au« und batte noch kein einzige« Wort gesprochen — vor den» durfte man sich schon gehen lassen, besonders da er dcS Onkel« aller Freund war. Mil dem Onkel meint« sie nämlich Rungher, nannte ibn aber nur so, wenn man ganz unter sich war. Mama hatte eS verboten und der Ministerialrath selber zog jede« Mal ein Gesicht dabei. So wobl diese Vertraulichkeit seinem Herzen Ihat, wollte er doch nicht gern vor der Welt als würdevoller Onkei erscheinen. Also denken Sie, heute kommt diese Cousine, welche Mama so lange vergeblich ringeladen, ganz unerwartet an, plauderte Franzi. Sie hatte natürlich vorher geschrieben, der Brief traf aber eine Stunde später als sie selber ein. Sie ist sehr schön, diese Cousine der Mama — nicht schön im gewöhnlichen Sinne, aber so ganz ander« al- all die anderen Verwandten, die so gelegentlich aus Hinterpommern oder Westpreutzen herein geschneit kommen, und ich liebte sie beim ersten Sehen. Nicht wahr, Rose — Dir gefiel sie auch? Natürlich, nickte diese ernsthaft. Al« ob eS möglich sei, daß ibr Jemand nicht gefallen könnte, den Franzi schön fand. Und wo ist nun diese Cousine? fragte Rungher lächelnd Werden nicht auch wir sie zu sehen bekommen? Unter den Anwesenden ist mir bisher ein fremder Schwan nicht aus gefallen. ranz» nickte eifrig. remder Schwan — daS ist da» rechte Wort. Nur wartet dieser Schwan zur Zeit aber noch auf sein neue-, glänzendes Gefieder, da» beißt alltäglich anSgedrückl, auf da« neue Kleid, welches Mama durchaus sür nöthig hielt. Cornelie hat nämlich bis jetzt um ihre Eltern getrauert und besitzt nur Traueranzüge; da sie von hier unmittelbar in ein adliges Fräulcinstift gebt, hielt sie nicht für nöthig, ihre Garderobe zu vervollständigen. Ein Fräuleinstist — denken Sie sich da« nicht schrecklich, Onkel Rungher? Weshalb, kleine Franzi? Weil e« fürchtrrlicd langweilig sein muß Lauter alte Damen, die alle eine Taille tragen — brr, entsetzlich! Wir gehen nie in rin Fräuleinstift — nickt, Rose? Niemal«! betheuerte diese inbrünstig. Ei, wenn wir aber nun keinen Mann bekommen, wie dann? scherzte Rungher. Dann bleibt doch wohl nur daS schreckliche Gtist al« einziger sicherer Hafen Nein, nie! Lieber am S.rande zerschellen! declamirte Franzi mit komischem Pathos. Ader da« — da» ist ja Unsinn, tönte jetzt hinter dem Vorhang her eine Stimme in da« Gespräch der drei hinein. Di« beiden Mädchen fuhren auf, Rungher und Claudius wandten erstaunt dea Kops — da stand der Major und trich recht behaglich seinen Schnurrbart, neben ibm Bürglin, welcher ganz ansgeregt die „blasse" Hand im „düstern Locken- Haar" wühlen ließ. Keinen Mann bekommen — lächerlich! Als ob auch nur der leiseste Grund zu dieser Annahme vorhanden wäre! fuhr er eifrig fort, während der Major voll Haltung fragte: Wollen Sie un« nicht erst bekannt machen, lieber Rungher? Unsere Spionage beichten wir nachher. Rose und Franzi fanden diesen Uebersall reizend und lachten sehr, als der Ministerialrath ihnen zu Gemüth führte, wie schwer Bürglin'S Ausruf von vorhin gerade im Munke eines geschworenen Junggesellen wiege. Der Commerzienrath zog dein» letzten Worte eine Grimasse. Nicht geschworener — gezwungener Junggeselle, ineine Damen. Stände cs besser um meine Gesundheit . . . Um GottcSwillen, Mensch, siel Claudius ein und packte Bürglin am Arm — machen Sie uns diesen trauten Raum nicht zur Krankenstube! Gehen wir lieber zum Buffet. Es sind Hummern da, wie ich vorkin entdeckte, und allerlei andere schwierige, beißt schwere Delikatesten — das macht Sie gewiß gesund. Damit entführte er den Sträubenden, während die Anderen lachend zmcückblieben. Gleich daraus fuhr Franzi auf. Himmel, wa« wirb Mama sagen, daß ich mir- hier im Eckcken wohl sein lasse und die Gäste vernachlässige! Wir müssen gleich fort — komni, Rose. Nachher beim Tanzen, Onkel Rungher — dir Herren tanzen doch ? Ein Nicken, ein Lächeln, und die beiden flogen davon. Reizende Bälge! schmunzelte der Major. Wenn man bedenkt, daß man auch dergleichen haben könnte, kommt dock, so etwa» wir Reue, nicht in jungen Jahren gcheirathet zu haben. Wir baden cS eben noch vor un». entgegnet« Rungbrr gleickmütbig Aber wie gefallt e« Ihnen bier, Wilsen? Grollen S»e noch, daß ich Sir zum Herkommen veranlaßte? Der Wahrheit dir Ehre — nein! Mau fühlt sich wohl bei Ihrer Freundin, der Baronin, und wa» diese selber betrifft — kören Sir Rungher, ich babe Ihnen abzubitten. Bisher glaubte ich zuweilen, e« sei Ibnen nicht rechter Ernst mit Ihrem Iunggesellenthum — heute zweifle ich nicht mehr daran. Denn diese Frau seit vielen Jahren gekannt unk st« nicht längst geheirathet zu haben — Rungher, da ist eine Tbat! Ei r». bester Freund, so schnell capitulirt? Wer sagt da«? denke nicht daran. Aber Wahrheit muß Wahrheit vlribrn. Dann mischten sich beide unter dir Gäste. Wo ist Wolf Rcmmelin? fragte etwa« später Rungher die Baronin. Irgendwo werdrn Sie Franzi« rosa Kleid ausschinunera sehen — dort dürfte auch der Graf zu finden sein, mein Freund, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln. Sie scheinen Ihrer Sache ziemlich sicher^ Ziemlich? Ganz sicher, Verehrtester. Neulich in der Oper wick er auch nickt aus unserer Loge und ich darf mit Recht hoffen, daß demnächst mein heißester LebrnSwunsch sich erfüllt. Rungher lächelte bitter. Einst batten Sie andere Lebenswünscht, Melanie, al- die Eroberung eines reichen Schwiegersöhne«, flüsterte er. Sir zog die feinen Brauen zusammen. Sie werden abgeschmackt, Rungher. Dort drüben steht Nemmelin bei Franzi — vielleicht denken Sie ander« Über diese Angelegenheit, nachdem Sie den Grafen kennen gelernt. Damit schritt sic weiter, sich andern Gästen zu widmen. Der Ministerialrath warf einen prüfenden Blick zu der bezeichncten Gruppe hinüber. E« war ein schöner, schlanker, sehr vornehm aussehender Mann, der bei Franzi stand, nur schien er Rungher etwa- ernst und feierlich für sein« Jahre. Ter Ausdruck seiner Züge war mebr düster als lebensfreudig, im llcdrigen bot er ein Bild kraftvoller Männlichkeit. Der Rath wollte eben näher treten, uni eine Vorstellung zu ver anlassen, al« «r eine Dame einNeten sab. dir zöarrnd an der Tdür stehen blieb und die Blicke befanaen durch die Räum« gleiten ließ, als sei sie bier fremd und schaue ängstlich nach der Dame des Hanse- aus Rungber's Blicke blieben gefesselt au der seltenen Erscheinung basten. Eine hohe Gestalt von schönstem Ebenmaß, ei» seiner, stolz getragener Kops mit dunkler Haar- krvne, «,n blasses ernstes Gesicht mit schwermüthigrn Augen und dichten, fast zusammenlausenden Brauen. Ein weiße« Kleid von weichem WoUenstofs umschloß schlicht und schmucklos dft biegsame Figur der Fremden, und plötzlich wußte Rungher, wer sie war — Eornelie von Rbade», die Cousine der Baronin. Schnell trat er auf sie zu. Verzeihung, gnädige« Fräulein — ich hin «in alter Freund de« Hauses Sie suche» jedenfalls Frau von RathrnoW, darf ich Sie derselben zusühren? Uederrascht schaute sie ihn an. Sie kennen mich, mein Herr? Oder nein. Sie kennen mich nicht — um so freundlicher ist Ihr Anerbieten, da« ich dankbar annehmt. Ich bin fremd io diesen Räume» und alle dies« Menschen sind mir fremd. Ihre Stimme halte eine cigenthümlich dunkle. Weich« Klangsärbung uud paßte wunderbar zu der ganzen eigen artigen Erscheinung. Rungher war kein Musikfreund und wilftte e« der Baronin dank, daß in ihren Eftseuschaffrn »« inusicirt wurde. Diese Stimme aber durchschauerte »hn wft Glockenton und er mußte sich zusammennebme», nicht noch lauschend dazufteben, al« dft Fremde geendet. Er «n»e»»tL sich und bot ihr den Ar«.
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