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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920407028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892040702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892040702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-07
- Monat1892-04
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NbONnemrNtsh>rkis n, der Haiipterveditlo» oder den im N»dt- dezlrk und de» Vororte» erccchlctea Au«- -«beftell'a abgehstt: vierteliäbrlich^i«^ bN zweim-liger täglicher Zu siel lang tu« ul » ü^ü. Durch dt» Pos» bcjogea für ierleliüdr Abend-Ansgabe. durch . . enlfchlaad «nd Oesterreichs virr'ieljädrlich -.—. Direct» täglich« Kr«u«b,»bjrad»ag tn« Ausland: »oouUtch äi« . Dt« Morgni-Aiisgab« erscheint täglich'/-7 Uhr, die «dend-ÄuSgabe Wochentag« b Uhr. Ledtklio« und Lrvedittov: Ladunurägaß» 8. Dielrnedtti»» ist Wochentag« »nunterbroche» N-ftnet u, srüh 8 dt« «b.nd» 1 Uhr. Filiale»: vtt» in»»»'« Gnrtt«. tAlfrr» chahnt. Unioersitätsstrahe I. Lnnt« Ltffche. Kethartnuftr. 1«, p«p »ad KSntgsplah 7. MWMr.TagMaü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. InsertionspreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psg? Ne clomen unter dem Redaetivnsstrich (4gn- walten) vor du Aamtlteaaochrichtr» <d gespalten) 4t) ch. «rdgu, Schriften laut anjue» Preis- verielchaig. r-bellarischr, »nd Ztffernfn» nach tz-tzere» Tuns. »ptra-Beilagen <g«i.il,t>. nur mit der Morgen-Auegobe. ohne Postbesörderung 60.-, mit Postbesörderung 70. Annahmrschluk für Inseraie: »beud-BuSgabec Vormittag« lv Uhr. Margeu»Lu«gabe:-inchmittagl «Uhr. Sonn- und Festtag« früh 8 Uhr. Bei den Filialen und Annahiiiesiellen je eine halb« Stuude früher. Juserutr sind stet« an di« Gr»e«tti»> »u richten. Druck und Verlag von L. Pal, tu Leipzig ^ 178. Donnerstag den 7. April 1892. 86. Jahrgang politische Tagesschau. * Leipzig, 7. April. Der preußische Landtag geht heute in die Osterferien die innere politische Lage, die er zurückläßt, wird sich über Ostern nach aller Voraussicht nicht verändern. Die Lage bleibt, wir sie ist, bis die Parteien den Anlaß zu weiterer Klärung geben. Trügerisch ist jedenfalls die Hoff nung der Hochconservativen, daß eö ihnen erspart werde, über daS Gehalt des Ministerpräsidenten eine politische Debatte zu führen. Einen Augenblick batte eS wohl den Anschein, als werde der LandwirtbschaftSininister zurück- Ireten. Dann hätte ja Graf Eulendurg dessen Portefeuille und also auch dessen Gebalt übernehmen können. Aber selbst io diesem Falle wäre die Nothwcndiakcit einer Bewilligung von RepräscntationSgeldern siir den Ministerpräsidenten nicht zu umgeben gewesen und da» würde auch der Fall sein, wenn während der Osterpause irgend ein anderes Ressort für den Grasen Eulendurg frei werden sollte. Wahrscheinlich ist jedoch die» Letztere durchaus nicht. Der Minister des Innern, Hkrr Herrfurth, hat die ihm angcdichteten amtlichen Erkran kungen alle aus« Beste überstanden undwaSda« LandwirthschastS- «ssvrt betrifft, so ist allerdings beute schon mit Sicherveit vorherzusagen, daß in nickt zu ferner Zeit ein kräftig refor- inatorisckrr Geist in dasselbe rindringen muß. Die gewichtige Frage der inneren Eolonisation läßt sich kaum mehr auf die lange Bank schieben. In den landwirtschaftlichen Kreisen PrcußenS macht sich selbst ein starker Drang geltend, die Arbeiter- und ArbeitSverhältnisse auf gefestigteren Boden zu bringen. Der Osten der Monarchie muß in kurzer Zeit wieder cioen leistungsfähigen Bauernstand in erträglicher Besitzvertheilung neben dem größeren GutSbelrieb entstehen sehen. Arbeitskräfte müssen dem landwirthschaftlichen Betrieb zurückgewonnen werden, wenn nicht alle nationale ErwerbS- wirthschafl schweren Schaden nehmen soll. WaS möchte beispielsweise aus der großen Zuckerrübenwirthschaft in der Provinz Sachsen werden, wen» eines TageS durch äußere Störung oder wegen des BersiecheuS der bisherigen Kräfte der Zustrom der „Sachsengängcr" auSbliebr? Man braucht nur diesen einen Gedanken zu erfassen, um sich zu sagen, daß die landwirthschaftlichen Reformen in Preußen so dringlich wie irgend andere find. Allein sie erfordern einen Mann, dessen Befähigung auf dem besonderen Gebiete liegt, und bevor dieser Mann gefunden, wird ein Wechsel im LandwirthschaftSministerium schwerlich eintreten; die Fähigkeiten dcS Grafen Eulendurg verweisen ihn jedenfall« aus andere Gebiete. Jene Reformen lassen fich aber auch im gegenwärtigen Augenblicke nicht weiter führen, als eS mit den Reniengiiter- und Rentenbanken-Gesetzen geschehen, weil vorweg die Steuerreform abgeschlossen werden muß und weil die Regierung sich den Polen gegenüber in einer Weise ver pflichtet fühlt, die dem kräftigen Zugreifen an der reform bedürftigen Stelle mindesten- erschwerend entgegenwirkt Also nach dieser Seite hin liegt das Feld zunächst noch brach. Ebe die Reform durchgreifend veginnen kann, müssen Klärungen erfolgen, dir schwerlich in diesem Jahre sich erwarten lassen. WaS sich io den nächsten Wochen allein klären kann und muß, ist da» Verbältniß der preußischen Conser- vativrn zu einander und zur Regierung. Wir wagen nickt, etwa- Sichere» zu prophezeien. Ein Blick in die Ver- gangenheit könnte allerdings dazu verführen; wir begnügen unS aber,diese Vergangenheit kurz zu streifen. E- sind genau 20 Iabre verstrichen, seit dir preußischen Eonservativen dem großen Werke der inneren Festigung des Staates und der organischen Entwickelung der staatsbürgerlichen Kräfte sich in den Weg stellten. Jene» war der Zweck de» SchulaufsichtSgcsetzeS, dieses die Aufgabe der KreiSordnung. Beide» mußte natur gemäß den überlieferten feudalen und hochkirchlichen Ideen der Eonservativen ein reichliche« Maß von Entsagung und Opfern zu Gunsten der Gesammtbeit zumuthen, wie eS heutigen Tage« durch den Verzicht auf ein reactivnäreS Schul gesetz und durck die bevorstehende Coinniunalsteuerreform wiederum geschieyt. Bor 20 Jahren waren di« preußischen Eonservativen kurzsichtig genug, dem Rate der Zeit in die Speichen falle» zu wollen. Mit aller Rücksichtslosigkeit ver drängten sie die gemäßigten Elemente a»S der Bvrstandsckast und drängten dieselben dann überhaupt aus der Partei. Die Folgen sind bekannt. Eö kamen die Wahlen »nd die Alt- Eonservalivcn waren nahezu aufgcricben. Der Bergleich mit jenen Entwickelungen liegt außerordentlich nahe; war eS doch damals cbensalls der Name Eulenburg, der für die Trennung in Alt- und Neu-Conscrvativc beherrschend im Vordergrund tand. Das Schiboletb wird nach Ostern sich aufdrängen. eS muß ausgesprochen werten und dann wird in der Tyat die preußische Regierung zwingenden Anlaß haben, ihrerseits „Stellung" zu nehmen. Die Meldung der „Hamb. Nachr.", daß der vom Kaiser wiederholt ausgezeichnete polnische Abgeordnete von KoS- ciclSki als zulunstiger Oberpräsident der Provinz Posen in Aussicht genommen sei, findet trotz der Pvlen- sreundlichkeit, die mit dem „neuen Curse" verbunden ist, keinen Glauben. Die „Nat.-Ztg." ist sogar geneigt, die Be- mertung de» Hamburger Blattes, jene angeblich bevorstehende Ernennung solle eine Belohnung für die Haltung der polni schen Fractio» bei der dritten Lesung des Marinc-EtatS sei», für einen ironischen Scherz zu Hallen. Jedenfalls würde die Wirkung einer derartigen Ernennung auf die polnische Be völkerung vcr Provinz derartig sein, daß die dortigen Deutschen am besten thäle», auSzuwandern. llehrigens ist daS Verhallen des Herrn von KoScielSki nicht ohne Wider spruch in der polnischen Presse geblieben. AuS Posen wird berichtet: „Der „Gontec Wielkopoltki" veröffentlicht ein ihm au« Berlin »»gegangene« Schreiben, welche» die Absrimmimg der polnischen Fractlon bei der dritten Lesung über den Marine-Elal bespricht. In diesem Schreiben wird milgetheilt, daß den Polen, nachdem sie »n der zweiten Lesung sür die Kreuzercorvetie L gestimmt Hütten, auch bei der dritten Lesung nicht« Andere« übrig geblieben sei, denn sonst Hütte man annehmen müssen, die Polen wollten sich sür die Ent lassung de« Grasen Zedlitz und den Fall de« Schulgcjetzcnlwurs« rächen. Diese Abstimmung sei also aanz in der Ordnung gewesen. Dahingegen sei e« nicht in der Ordnung gewesen, daß Herr vo» KoSctrlSki dieNamen seiner abwesenden polnischen Fractionsgeno ssen eigenmüchtig »uter den Antrag mit der Erklärung geschrieben Hab«, die Solidarität der Fraktion erlaube ihm die«. Auch sei die Fraktion nicht gewillt gewesen, Herrn von tkosciel«kt »1« Redner austeeten zu taffen." E« find »wei Jahre verflossen, seit Emin Pascha im Dienste des Reichs in da» Innere unserer ostafrikanischcn Provinz aufbrach und in Tabora die deutsche Flagge hißte. Er zog dann weiter nach Usango und traf am 27. September 1800 i» Ukumbi am Bictoria-Nyanza ein. Zwei Monate später wurden seine Vorschläge, die er behufs Beruhigung de» Lande» machte und die in der Anlage von bcsestigten Stationen gipfelten, bekannt, ebenso seine Ansicht über den Werth dcS Hinterlandes, das durch seine Production die Spesen de« Küstenlandes tragen könne. Man hielt Alles in der beste» Ordnung, als am L. Decemder der damalige Eomniissar Wissmann mittheilte, daß er Emin Pascha nach Sicherung der Secnstationen zurückrufe. Die Nachricht wirkte verblüffend. Niemand konnte sich die Haltung Wissmann'S erklären, und der Vorwand, daß Emin seinen Begleiter, dem Engländer StokeS, die Anlegung von Stationen erschwere, wurde nicht für stichhaltig befunden. Es wurde viel hin und her debattirt, bis schließlich die Engländer Beschwerde erhoben, daß Emin ihr Gebiet betreten bade und Emin der Ebarakter de« deutschen Beamten osficiell abgesprochen wurde. Da» war rin Jubel bei den Engländern, die „Times" schrieb, daß es die Engländer amüstre, daß die Deutschen zu spät entdeckt hätten, welch ein schwacher unpraktischer Man» Emin Pascha sei. Auch in Deutschland fand diese Anschauung Beifall. Während sich so die Europäer am Kaffeetisch und in der Kneipe über den armen Emin ereiferten, zog dieser muthia vorwärts, und vor einigen Wochen kamen auch lang- am Berichte über seinen Zug nach Wadelai durckgesickcrt Erst wurde» sie ungläubig ausgenommen, dann nabmen sie eine festere Gestalt an. I» voriger Woche traf ein Brief von Finsb ei», in welchem dieser Einzclbeite» über die Besitz ergreifung Watelai's durch Emi», dessen alter Provinz, >»it- theilte, und beule liegt ein Brief vs» Eblerö in Zanzibar vor. welcher diese Nachrichten zu bestätigen scheint. Der Brief lautet: Zanzibar, de» 12. Mürz 1892. Wie schon niiigetheilt, soll Emin Pascha zwischen Labore »nd lkeresi seinen ehemalige» rebellische» Osficieren eine große Niederlage bereiiet Hobe». I» diesem Gefechte »»» sollte der weiße Begleiter Emin'« am Arme verwundet worden sein. Emin bat aber nur eine» ciuzige» europäischen Begleiter bei sich, und zwar vr. Ciuhlniann: dieser also nur bälle der Verwundete sein können. Doch läßt sich diele Nachricht nicht vereinbare» mit der neuerdings hier e>»- gegangenen Meldung (natürlich ebenfalls englischen Urlprung»), daß l)r. Stiihlmaiin mit 00 Soldaten, darunter die Suoanese», die zur deutschen Schutztrnppe gehörten und die Emin mit »ach Wadelai genommen Halle, bereits wieder ans -eulichcin Gebiete eingetrosjen sei und sich ans dem Marsche nach Bnkoba befinde. Hier wolle er die sür Enii» Pascha lagernden Laßen, Ihcils au« Munition, theil« aus Maaren und Tinge» zu wissenschastliche» Zwecken bestehend, abholen, um dann umer Zurücklassung erwähnter Sudanese» nach Wadelai zurückzukehren. Demselben Gerüchte nach heiß» e«: Nr. Sluhlinann sollte im Aufträge Emin'« bei der deutichen Regierung den Antrag stellen, daß dessen alte Provinz Wadelai al« nicht zum englischen Jntcressen-Gebiete gehörig zu betrachte» sei und seine Rechte über die unbrichrünkie Disposition über sei» Land anerkannt würden. Die Mißgunst englischer Inter- esicnlen macht sich nun Luft: sie sagen: Emin handelte überhaupt, wenn vielleicht nicht im Aufträge, so aber doch im Einuerslündniß mit der deulsche» Coloniolbehörde; der er- wühnte Antrag sei nur Spiegelfechterei, um eine Verantwortung wegen Verletzung de« Vertrage« von 1800 von sich abznwülzen! Wie weit diesen Gerüchten Glaube» beizmnessen ist, kann bet den Wiedersprüchen in denselben gar nicht entziffert werden. Die Nach richt, daß I)r. Sluhlinann sich von Emin am Albert-Nyanza ge trennt habe, um nach Bnkoba zurückzukehren, trat hier vor ungefähr 4 Wochen allerdings ziemlich besliinml aus und wurde auch von maßgebender Seite al- sehr wahrscheinlich bezeichnet. Auch der Enitn'sche Elscnbeinschatz wird wieder einmal erwähnt; denselben Meldungen nach solle» di« von Enitn seinerzeit Abgesallenen sich desselben beinächtigt haben. Die Gelegenheit zum Verkauf sehlt« jedoch, »nd so soll e« dem Pascha gelungen sein, da« Elfenbein den Dieben bei Kilt wieder abzujagen und obendrein noch beinahe ein Drittel mehr, als er besessen, eiiizudctmsen. M das, was Ehler- über Wadelai schreibt, richtig, so dürste dir Entwickelung dieser Angelegenheit sehr interessant werden. Daß Deutschland auf da« Vorhaben Emin's cin- gche, scheint ausgeschlossen, daß England ein gewisse« Recht aus Wadelai bat, ist gewiß, wen» auch Egypten das größere Anrecht hat, sicher aber ist, daß wenn Emin im glückliche» Besitz seiner Provinz ist, er sich Egypten, da« ihn so schinäk lieh im Stich ließ, nicht wieder unterordnen wird. WaS also werden soll, ist noch nicht abrusehcn, jedenfalls aber ist eö mit Freude zu begrüßen, daß wir über das Schicksal Emin'S und seines Begleiter« die Gewißheit haben, daß sie sich beide wohl befinde». Der Ausweis über die französischen Staatsein nahmen im Monat März liegt nun vor. Nach diesem Ausweis überstiegen die indirecten CtaatSeinnabmen den Boranschlag um 2 600 000 Francs und die Einnabme» im Monat Marz 180l uni 7 600000 Franc«. Die Zoll einnahmen blieben jedoch hinter dem Voranschlag um l'/r Millionen Francs zurück. Die Früchte de« Zolltarife», des Merkes der französischen SchutzzöUncr unter Führung MSlincS, stellen sich somit bereits ein. Diese nani hafte Verminderung der Zolleinnahmen beweist, wie bedenk lich Frankreich gehandelt bat, als eS mit seinem autonomen Zolltarif einer ganze» Welt Trotz zu biete» suchte. Frank reich wollte die HandelövcrtragSpolitik, welche mit dem 2. Februar dieses Iabre« wieder zu Ehren kam, nachdem seit dem Jahre 1879 der Schutzzoll in den europäischen Staate» regiert batte, nicht gleichfalls befolgen, eS erhöhte seine Zölle und sicht nun. wie seine Zolleinnahmen sich ver ringern, eS trägt die Koste» seiner Vereinsamung aus wirth- schaftlicheni Gebiete. Der Ausweis über die französischen StaalScinnabmen, welcher diesen Ausfall in den Zolleinnahmeu bekannt gicdl, gelangt in demselben Augenblick zur Ver öffentlichung, wo die Wiedcranbahnung freundschaftlicher Be st,ehu»^» zwischen Deutschland und Rußland den Gegenstand von eingedeiiden, allerdings nur akademischen Erörterungen bildet. DaS ist rin Zusammentreffen, welche- den Franzosen Stoff zur Ueberlegnug geben kann. Die Beziehungen zwischen dem französischen Cabinelte und der Curie, die in der letzten Zeit wieder leidlich hergestcllt waren, haben neueste»- abermals gelitten, da man im Vatikan von dem neuen Eabinette ein freund licheres Entgegenkommen erwartete. Wenn diese Erwartung nicht in Erfüllung gegangen ist, so bat dies indcß darin einen Grund, daß sich die französischen Bischöfe zwar in der letzten Zeit ruhiger verhalten und aus provo- cirendc Kundgebungen verzichtet haben, in Wirklichkeit aber eine Acndcrung ihicr Haltung gegenüber der Republik nicht erkennen ließe». Man scheint denn auch im Batican ein- zuschcn, wen die Schuld treffe, wenn die Beziehungen zwischen der Enrie und der französischen Regierung nicht jenen freund schaftlichen Charakter wieder erlangt haben, den man ihnen vaticanischcrseitS gern verleihen möchte. E« sollen deshalb seitens des Papstes neue Mahnungen an den französischen Episkopat zur Versöhnlichkeit gegenüber der Republik bevor stehen. Vor einiger Zeit hat e- bekanntlich ein hoher katholischer Würdenträger, der Erzbischof von Tt. Paul in Minne sota, Msgr. Ircland, gewagt, ganz eigenthümliche, schon mehr ketzerische Ansichten über die weltliche Herrschaft der Päpste kundzugeben. Nunmehr ist vom Vatikan au« die Ant wort erfolgt. Die Präfcctur der „krapc>g»nck» tick«" in Rom bat nämlich plötzlich in den Schriften de» gelehrten Erzbischof« Ireland eine Anzahl Irrlhümer entdeckt und den sogenannten kanonische» Proceß gegen ihn eingeleitet. Wahrscheinlich endet der Proceß mit einer Verurtbeilung. Ob der Erz bischof sich ohne weitere» unterwerfen wird, ist «ine andere Frage. In dieser Beriebung bat der Vatikan mit der nord- amerikanischen Geistlichkeit schon mehrfach unangenehme Er- fahrnngrn gemacht. Ueber da« anarchistische Attentat in Madrid bringen die Pariser Blätter nähere telegraphische Mitthei- lungcn. Der Civilgouverueur der spanischen Hauptstadt war bereits seit einem Monate davon benachrichtigt, daß zwei ausländische Anarchisten in Uedereinstimniung mit den spani schen Anarchisten die Dcputirlenkammer in die Luft zu sprengen beabsichtigten. Die Madrider Polizei halte auch zwei Aus länder als verdächtig ins Auge gefaßt, die unlängst in der Hauptstadt eingetroffen waren. Diese beide» Individuen, der Franzose DevaS und der Portugiese Manuel Ferreira, hatten beschlossen, ihren Plan bereit« am 0. April auSzuführeu, ein plötzliche« Unwohlsein des Portugiesen bewirkte jedoch den Auf schub der Ausführung de» Plans, der im Wesentlichen darauf hiiiaiiSlies, zwei Dvnamitbomden in der Dcputirlenkammer zur Etplosio» zu bringen. Als Ferreira sich Hann kräftig genug fühlte, sollte da» Verbreche» zur Ausführung gelangen. Die Beide» begaben sich vor die Deputirtcnkammer. erfuhren jedoch dort, daß die Sitzung erst später beginnen würbe, al» gewöhnlich. Ter Verdacht gegen dir Beiden wurde noch dringender, als sic sich in Folge der erwähnten Verzögerung sehr unsicher und zaudernd verhielten. Sobald sie dann den Präsidenten der Deputirtenkammer eintreten sahen, hersnchten sic ihm z» folgen, wurde» jetzt aber von der Polizei verhaftet. Das gcsaiiinile anarchistische Programm, da» bei ihnen vor- ' gesunde» wurde, sollte vor dem l. Mai zur Ausführung Moderne Junggeselle«. «1 Roman von B. W. Zrll. rr-chdeuä »erdolcn. lFortfetzung.) Lieber Freund — da find Sie ja noch. Sir erinnern sich, daß Sie mir vorhin eine Antwort schuldig geblieben — da» von Ihrer Bedingung beim Heirathen, wissen Sie. Darf ichs jetzt erfahren? Es dürfte doch interessant sein, zu er gründe», unter welchen Forderungen die stolze Feste sich jetzt ergeben würde. WaS ist da viel zu fragen, Mama? fiel Anna boshaft dazwischen. So ein Milliönchen oder deren zwei wird di« Bedingung sein, um die der Herr Ministerialrath den bereit» etwa« steff gewordenen Nacken ins Ehejoch spannt. Rungber, um dessen Lippen e« bei der Frage der Räthin schelmisch gezuckt, maß da« alternde Fräulein mit einem großen Blick. Dann sagte er ruhig: Sir haben recht, gnädige« Fräulein — die Million gehört zweifellos dazu, unter dem «bäte ich« sicher nicht. Aber das ist'« nicht allein — ich Frau auf Kündigung brauchen. Glauben Ihrer Mitschwestern auf diese Bedingung könnte nur eine Sie, daß ein« eingingt? Die vier standen verblüfft, verständnißlo« da. Nur unklar lam e« ihnen zum Bewußtsein, daß der Rath etwa« sehr Ungeheuerliches, Bo«hafteS gesagt habe — dir volle Trag w«»e seiner Worte begriffen sie vorläufig noch nicht. Ach was, sagte endlich Frau von Zanden, ziehen Sie sich nicht mit einem schlechten Scherz au» der Klemm,. Was beißt aus Kündigung — ist eine grau denn eine Magd, die man aus Kündigung nimmt? Rein, meine verehrte Gönnerin — und dennoch meinte ich« so. genau so in Bezug auf die Kündigung Denken Sir nun einmal über den ganzen Abgrund meiner Verworfenheit »ach, memr Damen — und damit empfehle ich mich Ihne». Er verbeugte sich tief und ging. Laute der Empörung und de» AbscheueS folgten ihm nach, dazwischen aber klang ein leise», melodische« Lachen an sein Ohr. So lachte keine von den Zantenschcn Damen, und überrascht wandte er den Kopf — Cornelie trat ihm entgegen. Von einem Thürvor- hang verhüllt, batte sie daS Gefpräch mit angehört. Sic Boshafter — die armen Lämmlcin so zu erschrecken! lud doch — wissen Sie, daß Sie da eigentlich eine» genialen Gedanken auSgefprochen haben, »essen Durchführung viel Jammer und Elend au« der Welt schaffen würde? Er schaute sie zweifelnd, fassungslos an. Fräulein von Rhaden — Sie spotten meiner! Ganz und gar nicht. Mein Vater war ein halber Gelehrter, ein LebenSpb'losoph, und oft hat er ähnliche Ge danken ausgesprochen. Das Wie, die gesetzliche Regelung einer solchen Ehe, war ihm freilich noch unklar, aber er zweifelt« nicht, daß c« genialen Köpfen gelingen müsse, eine Lösung dieser Frage zu finden. Doch verzeihen Sie — ba sst eigentlich kein Thenia für den Salon und am wenigsten läßt eS sich mit einigen flüchtig hingeworfencn Worten erledigen. Nein, sagte er sehr ernst, sie immer noch anschauend, als sei ihm plötzlich «ine Offenbarung zu tbcil geworden. Aber vielleicht vergönnen Sie mir gelegentlich an anderer Stelle dir Ideen Ihre« Herrn Vater« über diese tief einschneidende Frage kennen zu lernen. Darf ich darauf hoffen? Sie nickt« lächrlnd und reichte ihm gleichzeitig die Hand zum Abschied. Ehrfurcht-voll führte er sie an seine Lippen Dann ging er, nicht ohne in der Thür noch einen langen Blick aus Eornelien« hoher Gestalt ruhen zu lassen. 4 Der Tag. welcher diesem GesellschaftSabend solgte, fand dir Baronin Rathenow nicht in glücklicher Stimmung. Sie war unruhig und von der Ahnung irgend eine» Unheil bedrückt, da« in der Luft zu liegen schien, ohne daß sie wußte, wo und wie e« sich aufthürmen würde. Hatten die ver schiedenen sehr hohen Rechnungen sie erregt, dir heute von Lieferanten eingelaufen waren? Pah, da« war sie doch gewohnt und noch immer hatte sich derlei regeln oder die Kaufleute sich zu weiterem Credit bewegen lassen. Freilich einmal mußte das ausgeglichen werden — eben dieser Zcit- punct schic» jetzt hcranzurückcn. Warum nun »>e»ii»cliii »och zögerte — sic batte eigentlich gehofft, der gestrige Abend iverde eine Erklärung bringen; daß eS nicht geschehen, wußte sie, da sie da» junge Paar bis zuletzt nicht auö de» Auge» verloren! Ihr war sogar nicht entgangen, daß Wolf ander« gewesen als sonst — stiller, zurückhaltender, weniger ui» Franzi beschäftigt. Hatte diese in ihrer Unerfahrenheit »nd kindischen Uiiübcrleaihcit ih» irgentwie gekrault? Kaum denkbar. Dennoch schien eS Melanie geboten, da» Kind zur Vorsicht zu mahne» und einmal offen über die bevorstehende, von der Muiter so dringend gewünschte und unabweisbar nothwendige Verlobung zu sprechen. Ohne weiteres Erwägen schellte sie und ließ die Baroneß zu sich bescheiden. FranziSca erschien sogleich, frisch und rosig wie immer. Du wünschest, Mama? Der gestrige Abend ist Dir doch gut bekommen? Ich fand Dich bei Tisch etwas bleich cnlSscbend, mochte aber in Gegenwart CornelirnS nicht fragen, da ich weiß, Du liebst da» nicht. Ich bin ganz wohl, mein Kind. Man überwindet in meinen Jahren nur eine durchschwärmtc Nacht nicht so leicht wie in Deiner glücklichen Jugend. Da hast Dich gut unter halten, Franzi? Es war reizend — wie eigentlich immer bei uns, ent gegnet? sie naiv. Ich fühle mich in keiner anderen Gesellschaft so heiter und zwanglos. Hast freilich auch noch wenig genug kennen gelernt, lachte die Mutter. Du hast viel getanzt, wie ich bemerkte Sehr viel — am meisten mit Herrn von Schwerin. Er tanzt entzückend wir alle Gardelieutenain« und weiß so drollig zu plaudern — man kommt aus deni Lachen gar nickt bera»«. Hm! Mil Wolf Remmelin, unserem lieben Freunde, lachst Du nicht so viel, scheint e». Ach, der ist immer so ernst und erzählt nie heitere Anekdoten wie Herr von Schwerin. Gestern war er ganz besonder» still und tanzte auch nicht, da ihn ein heftiger Kops schmerz peinigte. So hättest Du weniger an Dein eigene- Vergnügen denken und Dich mehr um ihn kümmern sollen, sagte die Baronin beinahe streng. Franzi blickt« sie erstaunt an. Aber Mama, wcgdlasen konnte ich doch sein« Kopfschmerzen nicht und mich zu ihm setze» und ib» de» ganzen Abend über bedauern, wäre wenig nach seinem Sinn gewesen. Weißt Du da« so genau? Ich habe alle Ursache, da» Geaeiitheil anzunehmcn. Solltest Du wirklich noch nie bemerkt liabe», daß der Gras Dir wärmere Gejühlc cntgegenbringt als die eines harmlos sreundschastliche» Verkehr«? Ich, Mama? Wie sollt« ich — nie hat er «in Wort davon gesagt! stammelte sic ganz bestürzt. Natürlich nicht. Dergleichen merkt man auch ohne lang- athmige Erklärungen. Hast Du auch nie daran gedacht, daß Remmelin ein schöner Mann, eine brillante Partie ,st und es ein großes Glück sür Dich wäre» wen» er Dich zur Gattin wähl'e? Nie, Mama — ganz und gar nicht! Wie hätte ich auch darauf kommen sollen? Allerdings wunderbar sür ein junges Mädchen unserer Zeit. Ich sehe, Du bist noch mehr Kind, al« ich glaudte, und so will ich Dir denn heule die Eröffnung machen, daß Dir thatsächtich daS Glück bcvorsteht, deninäckst die Braut des Grasen zu werden. Auch seine Mutter ist bereit« unter richtet und völlig einverstanden. Du Ivirst also begreifen, daß Du fortan di« größte Rücksicht aus Remmelin zu nehmen hast. Franzi« reizende« Gcsichtchen batte sich entfärbt, die Augen sülllc» sich mit Tbräncn und in ihrer Stimme klang unter drücktes Schluchzen, al« sie jetzt bebend erwidert«: Da« —- da» Hab ich allerdings nicht erwartet. Mama. Heirathen soll ich — bald, wie Du sagst — Du willst deine Franzi also von Dir stoßen? O Mama — in leidenschaftlichem Flehen schlang sie die Arme um der Mutter Hal« —, behalt« mich doch bei Dir — lange, lange noch — immer! Ich kann mir ja schönere« nicht denken al« unser Zusammen leben — warum soll ich denn überhaupt heirathen? Wir zwei brauchen Loch gar keinen Man»! In der Baronin kämpften aufsteigeader Groll mit un bezwingbarer Lachlust. Welch ein drolliger .Kindskopf war doch Franzi! Aber sie bezwang sich und blieb ernst. Thust Du doch, al« wollte ich Dich m« Unglück, in Brr,
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