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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920413024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892041302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892041302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-13
- Monat1892-04
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Ich Part. a»d >S»i»«pl«tz 7. mMerLascUM Anzeiger. Legan für Politik, Localgeschichte, Kaudels- und Geschäftsverkehr. JirsertionspreiS Die 6 gespaltene Pettt-eile 80 Pfg. ^ Neclameu unter dem R«dactto»sstrich («ga» ipaltea) ÜO^H. oor den FamiUeanachnchte» (b gespalten) 40/ch. VeSherc Schriste» laut unter«» Preis- verzcichniß. Tabellarischer und Ztfiernsatz »ach höherem Tarif. Extrn-Beilagen (gesalzt», u»r mit der Morgen-An-gabe. ohne Postbesvrdernng ÜO.—, «lt Postbesördrruag 70. -. Anuahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittag« lO Uhr. Morge»»*u«gabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn« u»d Festtag« früh S Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je ein» halbe Stund« früher. ruitrate sind stet« an die «rpetztti-» zu richten. Druck und «erlag von E Pol» t» Ltipzig Z IW. Mittwoch den 13. April 1892. 86. Jahrgang 104A>L ia»,-s IO».-«. 104,50 6. 10L.7tI1 r««-. -.1861 '.UM »llä. . »nt l>>e,»cd.L >ivi>I..»<ck.«I».u. NviO.-S-b. 8». ü, I» ». ». 101.« d, 9ö.so o. VS.75 S SbAOl-L SS,-U. los,-L 101.— ü. SS,- (1 Sb,—g. SS,—U. VS,—0. 06 — d, SS — L 10»,« a. 10».« L ISS.— ü. 126.— L »06,— L SS.-». 77.« «. 35,—g, 166.- L »os.rö'g. 116,- d, is»,— s. IIS,- 6, 366,- g, 106,-6 »SV,—g. ISO,- g, ISO,-«. 17».- d. SS,- L 114,-L ISS,- 6. n »Icd pro »Ulet, I SOA> oor»» reut« 171.10 170« LOS« L0».«0 »66.10 s»« Ut 1»7« 187« ae»«.> L. 110« 1S1.10 7,1. »15 118. I«« «S1> I88L »»> >«1I»eI>. 67 ISS« I«« 140.» delui I»»« I»4- 1IIL irr» uür rrmt« 101« r»ot« 16LN II».- »c»,7r 18»« SSL« . L . 0 447« o »10.- 118« vkllot. »6,15 aiee 18. LM. 8V>. .15« 1». 67-, Llllelli- «>, - 11' 67-. »?z. politische Tagesscha«. * Leipzig, 13. April. Die socialdrmokratische Presse verwerthet die Blut- that von KoScielec genau so, wie wir Voraussagen zu dürfen glaubten; ihr Erfolg wird unfern Vermulbungen zleiihfallS entsprechen. Auch darüber konnte kein Zweifel distehen, daß die ultramontane und polnische Presse, die von jeher alle bösen Auswüchse der Menschheit aus der mangelnden Unterwürfigkeit unter die Kirche, daS will sage» die römische Kirche, zu erklären sich bemüht, den Versuch machen würde, daS Attentat gegen den Decan von Poninöki in gleicher Weise auszudenlen und anSzubeutcn. lieber daS Wie dieses Versuches belehrt uns jetzt ein Artikel des .sknrher Poznans!!", den die .Germania" ohne weiteren Eommertar m recht guter deutscher Uebersetzung ebenfalls an die Spitze des Blattes stellt. Er ist mit der bezeichnenden Ueberschrist versehen: .Vor den Stufen des ThroneS" und weist mit aller wünschenSwcrthcn Deutlichkeit auf die wahren Schuldigen hin. DaS sind alle Diejenigen, die seiner Heil eS abgelehnt haben, die Schule an die Kirche auSzn- besern, um die mit Anführungszeichen versehenen Segnungen der Cultur zu schützen- die .Philosophen deS praktischen Phlegmas", die da« Gift des Höstes, der Gottlosigkeit, der LllloritätemMißachtung in die Massen dringen lassen, auch leihst die Mafien dafür empfänglich zu machen und jeden schützenden Damm gegen die daraus aufspringende Saat verweigern. So wird denn „vor den Stufen des Thrones" die allerdringlichste Mahnung niedergelegt, „durch ein Macht wort" die Gefahren abzuwenden, die sich in so schrecklichem Perbrechen offenbaren. „Weder Gendarmen noch Gefängnisse, weder Bajonette noch -unouen können diese Gefahren abwenden-, ihnen kann nur wirksam eilgeqenaearbeitet werden durch eine volle Zuwendung der Religion -u da- Volk, durch Wiederherstellung des Einflusses der Kirche auf die Schule, und zwar eine Schule, welche vermittelst eines den Schälern verständlichen Unterrichts nicht allein Gehirn und Ge- dichwih, sondern auch Seel« und Gewissen zu bilden ln der Lage wäre." DaS bisherige Unterrichtssystem lasse aber Seele und Gewissen unberührt. Dagegen verspricht die erwähnte Presse, daß .Verbrechen, wie daS zuKoScielec verübte, unmöglich werden", wenn .unter Anwendung geeigneter Mittel" — »nd hier wird direct aus da« eben beseitigte Schulgesetz epemplificirt — dem Volk die Religion wiedergegeben würde. DaS Alles sind derart oft gehörte Redewendungen, daß eS sich kaum verlohnen möchte, sie zu beachten, wenn die Veranlassung nicht so ernst wäre und die Parallele in diesem Falle sich nicht so von seihst ergäbe. Es war vor 16 Jahren, daß ein fanatischer -alhvlik in Kissingen jenes Attentat verübte, daS nach mrlS den Fürsten Bismarck im Parlament in die Lage versetzte, den Attentäter .an die Rockschöße des Eentrums -,n hängen. Damals wie beute hörte man die bewegliche Klage, daß keine Heilung der Scbädcn dieser Zeit zu erwarten wäre, eS sei denn durch die Rückkehr zur alleinseligmachenden Kirche; insbesondere aber that man im nltramontanen hager darüber entrüstet, daß man irgendwie für die That eine- Kullmann verantwortlich gemacht worden. Die jemgen. die, um mit dem Polenblatt zu reden, „uns direct odrr indirect regieren" und demgemäß für die That von KoScielec nunmehr verhaftet werden sollen, könnten sich ja wohl auf den bequemen Standpunct der Nltramontanen vo» 1876 zurückziehen, und zwar könnten sie mit größerem Rechte ihre Verantwortlichkeit bestreiten. Sind diese anar chistischen Gräuel ein Auswuchs socialwirthschafllicher Ver hältnisse, so liegen die Ursachen weiter zurück in der welt- wirlhschastlichen Entwicklung, in der raschen Volksvermehrung:c. Sind sie eine Folge der socialistischen Treibereien, so fällt die Schuld zu allerletzt auf den deutschen Staat »ud seine Regierenden, denn hier ist die sociale Hilssthätig- keit meilenweit voran- den gut ultramontan geleiteten und allen übrigen Culturländern, in denen die Anarchisten noch weit mehr sich bcmcrklich machen, als bei uns. Doch lehen wohl auch die Regierenden in deutsche» Landen, ebenso wie die politischen und sociale» führenden Kreise den neuesten Vorkommnissen mit ernsteren Gedanken gegenüber; sie werden gewiß sorglich erwägen, was etwa v«säumt worden, was neu zu thuii ist, damit nicht das rehcste Verbrechen unter politischem Deckniaiilel sich breit machen kann. Mit seiner Enipsehlmig, sich nur der Hierarchie zu unterwerfen und ihr die Bestiuununz „geeigneter Mittel" vertrauensvoll anhcim- zustelleii, wird daö Polcnblalt freilich nicht viel Erfolg erwarte» dürfen. Die römische Hierarchie hal in der Bliitkezeil ihres die Welt ninsafiende» Einslusses nichts weniger verinochl, als Spal tungen lind Blutvergießen zu verhindern, und damals stand weder Eisenbahn noch Dampfschiff im Dienste des Welt verkehrs und die Scholle war »och groß genug, um die Familie und die Nachkommenschaft zu ernähre». Die er- iebliche Wirkung einer allein auf Religiosität »nd Menschen- icbe bedachten Kirche wäre niemals leichter gewesen, als im Mittelalter. Was statt dessen die Wirkung gewesen, läßt sich allenfalls bei Janffen verschleiern und im slebrige» verdrehe». Damit ist eS aber doch »och nicht ans de» Quellen der Ge schickte beseitigt. Will die römische Hierarchie sich mit der des Mittelalters nicht idcutifieirt sehen, so hat sic dazu gerade jetzt die beste Gelegenheit; sic braucht »nr entschlossen aus dem engherzige» Jdeenkrciö hcranszntrctcn, der sich jetzt wieder im „Kur. Poz»."verräth, und ausdie Unterwerfung keSStaatesunter die Kirche zu verzichten, um in Gciueinschast mit der staatlichen Gewalt dem .erziehliche» Elend unserer Lande" wirksam zu steuern. In der Einseitigkeit des Potenblatlcs kommt alle versöhnliche, heilende Absicht der Hierarchie mindestens immer wieder auf den todtcn Pnnct, wenn nicht zu schtinimcrcn Wirkungen! Wir können der .vor de» Stufen des ThroneS" nicdergelcgtcn Mahnung des Polcnblatteö mit ruhigem Ge wissen zur Warnung entgegenbalte», daß eine kirchliche Rich tung, die sich in solch ernster Zeit nicht einmal von dem ein seitige» Machtbcstreben emancipirt, sondern lieber in der Unsrnchlbarkeit ihrer Friedensmission verharrt, weitaus den größeren Thcil der Verantwortung dafür trägt, wenn auch daS staatliche Bemühen gewisse verhetzte und irregeleitete Schichten nicht mehr mit fester Hand und versöhnlichen Mitteln zu erfassen vermag. Nach der letzten Begegnung des Kaisers mit Herrn von Ra»»chletrnpt war die Nachricht verbreitet worden, der Kaiser habe sich mißbilligend über daS Vorgehen gegen Herrn v.Helldors ausgesprochen. Eine dirccieBestätigung dafür wird man so leicht nicht erhalte», natürlich ist auch die Nachricht damit »och nicht widerlegt, daß die Richtigkeit in der .Kreuzztg." bestritten wird. Nach aller Wahrschein lichkeit werden die Lesarten verschieden lauten, und wie wir Herrn von Rauchhaupt kennen, wird er der Letzte sein, der obwaltende Zweifel zerstreut. Darauf kommt cs aber auch gar nicht an, wie weit die Ocffentlichteil über die Acußerung dcS preußische» Monarchen unterrichtet wird, es kommt nur darauf an, daß das preußische Beamten Element in der conservalive» Partei genau erfährt, was dcr Kaiser gesagt hal — und das wird schon geschehen. Alles Weitere hängt dann davon ab. A» und für sich kann cs natürlich nickt auffallend erscheinen, daß der Kaiser auch die Vorgänge auf partei-politischem Gebiete mit Interesse ver folgt und gelegentlich eines Privatgespräches einmal mit kritischen Bemerkungen trifft. Es ist auch wiederholt der Fall gewesen, daß man in nationalliberalen Parteikreisen von einer solchen Bemerkung sich erzählte. Sie wurde jedes mal mit geziemendem Interesse entgegengenommcii, ohne daß selbstverständlich die Freiheit der politischen und taktischen Entschließung davon irgendwie beeinflußt werden konnte. Die nationaliibcrale Partei hat in solchen Fällen regelmäßig daran sestgehaltcn, daß eS nur im Sinne des Monarchen selbst gelegen sei, wenn sie der ihr zugetragcnen allerhöchsten Aeußernng die Absicht eines BeeinflussnngS- versuche» gar nicht unterstellte. Anders natürlich steht es bei den Eonscrvativcn, ja ncnestenS hat cs auch beim Eentrum und bei ken Polen sich gezeigt, daß cS an dcr urthwendige» Selbstständigkeit m dieser Hinsicht mangelt. Plan kann daS objccliv nur bedauern, denn zur För derung eines in sich selbst kräftigen Parleilvesens, zur Er haltung klarer Gegensätze in demselben, zur Stärkung seines Ansehens im Lanre tragt cS jedenfatts nicht bei, wenn vie Entwickelung in dieser Weise von oben der sich beeinflussen läßt. Rechne» aber muß man mir der Ttiaisache, daß es tennoch geschieht. Demnach läßt sich auch wobt vorberschen, daß eine Veränderung in der conseroativcn parlamentarischen Vertretung Prenßcns in kurzer Zeit sich vollziehen wird. Hat der Kaiser eine gewisse Ucbercittstinininng mit dem Hclldors'schen Slankpnnet bekundet, so crgiebt sich für das Beainlen-Eleinent in der preußische» coniervativen Partei daraus die Ecmseqnenz, entweder ans dem politischen Leben sich sürS Erste zurückznziehcn oder der extremen Rechten den Nucken zu kehren. Ist eine kaiserliche Willenskundgebung in dem erwäbnie» Sinne nicht erfolgt, so wird Herr vo» Hell dorf ziemlich der Einzige blciocn, der die Fraktion verläßt, die Fraclion selbst aber wird erheblich dem extremen Einfluß der Herren von Hainmerstein und Genossen sich unterwerfen müsseil. Daß das Ecnlrum anfängt, ungeduldig zu werte», scheint uiis allerdings als ein Zeichen dasür zu gelle», daß die „welfische" Führung der Eonservaliven noch keuieswegö ihre» Erfolges sicher ist. I» England findet bekanntlich gegenwärtig ein erbitterter Kamps zwischen Arbeitern und Arbeitgebern statt. Die Kohlenarbciter in Dnrhain sind rum Massenstreik geschritten und zwar aus keinem andere» Grund, als weil 1>e sich der nngünsiigcn Geschäftslage nicht fügen wollen. Daß bei regem Geschäftsgänge »nd anziehenden Preisen auch die Arbeitslöhne in die Höbe gehen, das finden die Arbeiter völlig in Ordnung und selbstverständlich. Folgerichligeuveise müssten sic mm auch bei weichender Gcichäslslendcnz den aus sie entfallenden Antbeil des Verlustes willig tragen, davon will aber die Ardeilerwelt nichts wiffcn und bricht lieber die unsinnigste» Streiks vom Zaun, ehe sie der Stimme des gesunken Menschenverstandes Gehör gäbe. Selbst der durch den Durhamer Streik berdei- gesührten sehr beträchtlichen Einschränkung der Kohlen- sördcrnng ist <S nicht gelungen, den Preisstand der Steinkohle ans ein Höheres Niveau zu bringen, im Gegentheii zeigen die Preise Neigung zu weiterem Nachlasse». Der Rückschlag, den die Beschränkung der Kohlenförderung für andere hervor ragende Zweige der LandeSinkustrie im Gefolge hat, gelangt in mancherlei Berichten z»m Ausdruck, in denen gegen die Arbeiter schwere Anklagen erhoben werden. Ans den großen Schiffsbanwersten am Clyde rubt die Arbeit fast ganz, weil die verschiedenen Bernsen angehörigen Arbeiter »ienials unter sich ganz einig find. Nock lehrreicher sind die Uedcrsichten des Londoner „Board os Trade" über den Handelsverkehr Englands während des adgclauscncn MonatS März. Obgleich derselbe diesmal drei Arbeitstage mehr zählte, als der Märzmonat de« vorigen JabrcS, i» blieb der Betrag des englischen Exports doch noch um mehr als 9 Proc. hinter dem Erlrägniß im gleichen Zeitabschnit des Vorjahres zurück, und zwar vorzugsweise in den Artikeln Eisen, Stahl, Maschinen und Kohlen. Nicht minder dcmcrkeiiöwertb erscheint der Umstaiid, daß die Qualität der Exportartikel noch mcbr zurückblicb als die Quantität — das sicherste Anzeichen für die bedrängte Lage des Marktes. Die Erklärung der Grubenbesitzer, daß die Arbeiter durchaus gelindere Saiten aufzichen müssen, wenn England seine beherrschende Slellung ans dem Weltmarkt nicht verlieren solle, erscheint hiernach als daö Resultat einer genauen Kennlniß und vor- urtheilSfreien Würdigung der Lage des englischen Geschäfts. In Rom spielt sich, wie bereits gemeldet, seit dem 6. d. M. ein merkwürdiger Proccß ab, der ei» noch höheres politisches Interesse darbietet, als die vor Kurzem beendigten Gerichtsverhandliingen gegen die Theilnehmer der Tumulte vom l. Mai l89l. Man darf den Prvceß, welcher vor der siebente» Kamuier de« römische» Strafgerichts verhandelt wird, als ei» Unirum in seiner Art bezeichnen. Man hat nämlich bis jetzt noch nicht erlebt, daß ein Geistlicher bei einem italieniichen Gericht Recht gegen einen Eardmal sucht. Als die Nachricht austauchte, daß dies gescheben werde, brach in der ultramontanen Presse ein Hohngelächter aus. Ein italienisches Gericht, behauptete» zumal die Organe deS Vaticans, könne die Klage wider einen Cardinal gar nicht annchmen. Allein daS Gericht war anderer Meinung. Als dann der Proceß vertagt ward, hieß cS im klerikalen Lager, die angegebenen Ursachen der Vertagung seien nickt die wahren; man habe sich eines Besseren besonnen und wolle die Sache ciiischlasen lassen. Wieder täuschten sich die srommen Herren in ihrer Voraussetzung: der Proceß begann neuerdings und diesinal sehr ernst und gründlich. Wir sprechen von der Klage des Monsignore Amal- sitano gegen Cardinal Orcglia. Man erinnert sich wobt »och der Vorgeschichte derselben. Monsignore Amal- sitano, ein in der Stadt Orbelcllo und deren Umgebung bock- geschätzter Priester, Halle sich die Feindschaft deS CardinalS Orcglia zugezogcn. Wie er versichert, aus keinem anderen Grunde, als weil er durch Testament zum Verwalter einer Hintcrlqsseiischaft ernannt worden war, aus welche der Cardinal entweder sür die Kirche, oder für sich selbst sein Auge geworfen hatte. Daö soll ihm der Cardinal nicht ver ziehen haben, und als sich Amalsitano einige Jahre später um die PriorSstclle an der Kathedrale von Orbelcllo bewarb, wurde er schnöde abgewiesen, weil der Cardinal ihn als einen Unwürdigen bezcichnete. Orcglia ließ es nicht bei allgemeinen Acußerungen bewenden, sondern rr dcschnldigte Amalsitano gemeiner, niedriger Handlungen, die nicht blos einen Geistliche», sondern jeden Mann entehren. Als Amalsitano, der keine Lammsnatur zu besitzen scheint, sich heftig wehrte, die abfälligen Reden deS CardinalS als Verlcnmdniiaeii bezcichnete und mit gerichtlicher Klage drohte, ward er a «livini» suSpendirt — daS heißt jeder priesterlichen Verrichtung enthoben. Darauf wendete er sich wirklich an daS Gericht — und »u» kämpfen seit einer Woche di« Zeugen, deren eine große Anzahl vorgeladeu worden, für und wider de» entschlossenen Pfarrer, der e« gewagt hat, den Kampf mit einem Fürste» der Kirchr zu beginnen. Die politische Bedeutung des Processes liegt darin, daß der italienische Untersuchungsrichter sich zu den Cardinalen begab und in deren Amtswohnungen ihre Aussagen zu Protokoll nahm, als ob sie Beamte dcS Königs waren. Es mögen viele italienische Patrioten acwünscht habe», daß der Gerichts hof strammer gegen die Näthe des Papstes vorgehc und sie vor sein Forum vorlade, indessen da» Verhalten deS Gerichts hofes war politisch sehr klug. Er vermied e«, den ultramon- taiieii Anlaß zu Beschwerden zu geben, und zog eS vor, ihnen »nd aller Welt einen neuen Beweis zu liefern, daß eS nur bewußte Lüge ist, von der jammervollen Lage deS päpstlichen Stuhles zu reden. Die Lage der evangelisch-lutherischen Geistlichen in de» russischen Ostsceprovinzcn wird immer trauriger und cS unterliegt keinem Zweifel, daß die russischen Gewalt haber eS aus die vollständige Unterdrückung der lntberischen Kirche daselbst abgesehen haben und mit brutaler Rücksichts losigkeit namentlich die verordnetcn Diener dieser Kirche ver folgen. Dieser Tage stand der Pastor Friedrich Meier in Mendorf vor dem Riga'schcn Bezirksgericht in Wolmar unter folgender Anklage: Einsegnung von 7 Mischehen vor statt- gchabter Trauung in der orthodoxen Kirche, Vollriebung einer ungillige» Trauung, da beide Gatten griechischer Confessio» Ware», Taufe eines Kindes griechischer Eltern, Zulassung Recht gläubiger zum lutherischen Abendmahl in 12 Fällen. Die Verhandlung fand bei geschlossenen Thüren statt; Pastor Meier wurde ;»»> Verlust der geistlichen Würde und zu drei Monaten Gcsängniß verurtheilt. Von demselben Gericht l«, in«««»»»! «0 I>»ile» e-c Nl»v1»cl>« !.>«» > L»°k«r, lili- >r, September- II. »I»» 4-V4 - .Xiu-ilckl»,": i» - 6uio»ä»Mpi»r .Oor-4 «joeed^ keullilu»!-- es» >kr „4e»b" e»t x»i>«e», >»<»» I» vremerdee»» Spellt,»» i» .illlb»»-- -»» l»- eol> No». »- vo» freeb- ,.8e«I»o-- »»« : »m I». «peiN k-reobr^eb. - oecii gnmedx. r»» ..»bl»»' » «»» »' ««» Moderne Junggesellen. Uj Roman von B. W. Zell. pr-chdru» «ertöte». (Fortsetzung.) Melanie hätte am liebsten höhnisch anfgesacht. Franzi - sie war allerdings Kindskopf genug, das Scheitern dieser Partie nickt weiter zu beklagen. Für sie, die Mutter, aber dieß diese Heirath Versorgung, Zukunft, Rettung — und nun mit einem Schlage Alles vernichtet. Sie zweifelte nicht, daß s>t für ibre schone Tochicr Uber kurz oder lang noch eine andere, sogenannte gute Partie finden werde, aber dann war e< zu spät — und sic Beide verloren. Ihr schwindelte, alle so oft gerühmte Klarheit deS Geiste» war von ihr gewichen und sie noch nicht fähig, diesen Ge tanen auszudenken. Kalt und bleich erhob sie sich zum Ibsibied. Aber Sie werden noch nicht gehen — nicht so gehen, bat die Gräfin, beunruhigt ob Melanie- unheimlicher Ruhe. Wir w»llen überlegen, berathen — e» wird auf Wolf einzuwirken sein, ob so oder so — jedenfalls dürfen Sie mir nicht zürnen and auch nicht ihm. Wenn eS Sic beruhigt, Gräfin — ich zürne nicht. Aber iib baffe auch nicht und kann Ihnen in dieser Stunde nicht erklären, was Alle« mich bewegt. Vielleicht später einmal — jetzt lasten Sie mich, bitte, geben Derartige Ueberraschnngen — sie lächelte schmerzlich — wollen eben durchgekämpft sein. Da« Leben sollte mich eigentlich an dergleichen gewöhnt haben, aber immer noch Hab ich nicht gelernt, sic stoisch hin- pmebmen. Leben Sie wobl, Gräfin. Diese umarmte und küßte sie wiederholt. So nebmen Sie wenigsten» meinen Wagen — er wartet »ten. Und, nicht wahr, noch geben wir nickt Alle« verloren? Zch habe da- Gefühl, al« ob eS sich zum Guten wenden »Isse, und darauf wollen wir bauen. — Zur selben Zeit, al« diese Uuterrrdung stattfand, saß ranzi Rathenow allein in ihrem Stübchen. Es war eigent lich die Stunde, in der sie der festgesetzten Tagesordnung nach üben sollte, aber ihr fehlte die Lust dazu. Mama war ja fort und sie »ahm eS auch nicht so streng damit, jede Pedan terie war ibr fremd. Franzi war eben kein Kind mehr und durfte sich schon einmal erlauben, auf ibre Weise die Zeit bin- zubringen — heute that sie es, indeni sie still in der Sophaecke kauerte und träumte. Denn wenn im Hause, unter den nächsten Angehörigen, eine Verlobung stattgcfuiiden, so giebt es koch für ein junges Mädchen allerlei zu denken und zu träumen. Wie glücklich, wie voll befriedigt Onkel Rnngbcr und Cornelic waren — so sebr, daß cS für sie kaum der Worte, geschweige denn deS zärtlichen Getändels bedurfte, ihre Liebe und ihr Glück auszudrücken. Freilich hatte Franzi sich eine Verlobung eigentlich anders gedacht — die Braulleule weniger ruhig und beherrscht, sondern stürmischer, zärtlicher — das jubelnde Glück mußte doch bei jedem Wort und Blick Hervor brechen. Wenn Rungher kam, küßte er seiner Braut die Hand und schaute ihr lies in die Augen, womit der Will- ko»ii»e»Sgruß erledigt war. Franzi hatte das Gefühl, als ob sie ibrem Verlobten jedeSmal beim Kommen jubelnd an den Hals stiegen würde, freilich, wenn — ein tiefer Seufzer unterbrach den Gedankengang — ihr batten da eben ein paar lustige braune Augen und eine breite Brust, über die sich rin farbiges Burschcnband zog, vorgeschwebt. Und was wollte sie denn? Wenn eS doch kam, wie eS nach MamaS Aussage durchaus kommen mußte, wenn sie sich Wolf Remmelin verlobte, würde sie dem — ach nein! Sie würde seine Begrüßung hinnehnien, wie eS Cornelic von ibrem Bräutigam binnahm, und war eS denn nicht gut und lieb so? Gewiß, sie war tböricht — wie sollte cS wohl anders sein — Handkuß und LiebeSblick genügten doch vollständig. Wieder rin Seufzer. Merkwürdig, mit welch anderen Augen sic Remmelin ansah, seit sie erfahren, er werbe um sie »nd sie müsse seine Frau werden. Sonst war er ihr ein lieber Kamerad aewcsen, zu dem sic volles Vertrauen hatte »nd dessen Gegenwart ihr stets angenehm war. Sie hatte sich immer einen Bruder gewünscht, Wolf erschien ihr wir ein solcher. Seit jener Unterredung mit Mama aber fürchtete sie :bn beinahe, bang klopfte ibr Herz, wenn er kam, das srötstiche Plaudern erstarb auf den Lippe» n»d sie vermied es, seinem Blick zu begegnen. Nur manchmal, wenn sic nicht an die dumme Heirath dachte, fand sich unwillkürlich der alle, ver trauliche Ton, bis sic dann plötzlich mitten im Gespräch, mitten im herzlichen Lacken zusammcnzuckle und abdrach — wie unsagbar traurig war es dock, daß arme Mädchen reiche Männer heirathcn müssen, wie Mama sagte. Ja, ja, sie wollte sich ja sllgcn und das Opfer bringen, um der armen Mama die schweren Sorgen dadurch abzu nehmen, aber herzbrechend war cs doch. Und jene leuchtenden braunen Augen, die sie immer vor sich zu sehen glaubte, — würden sie eben so bezwingend aus sie wirken, wenn sie Wols Remmelin und nickt Victor Blangenet gehörten? Wer konnte das wissen! Kaum wurde Franzi selbst cS gewabr, daß sie schon wieder ihr geheimes Schiebfach aufgezogen und daraus den gelrock- neten Strauß von NosenknoSpen genommen, den er ihr damals gesandt. Noch dufteten die dünnen Blätter und plötzlich fiel eine Tbräne darauf — war eS die übermüthigc Franzi, die sie geweint? Draußen hallten Schritte — das Schiebfach flog zu Nanette kam zu melden, daß Graf Remmelin unten im Salon sei. Ja, haben Sie denn nicht gesagt, daß Mama auS- gegangen? Gewiß. Herr Graf wünschen aber Baroneß zu sprechen DaS Herz stand ibr still. Mich, Nanette? Sie werden sich geirrt baben. ^ Durchaus nicht, entgegnete sic, schelmisch blinzelnd. DaS wäre auch eine schone Kammerzofe, die nicht bester als ihre Herrschaft wüßte, was die Glocke geschlagen! ES hals also nichts, Franzi mußte binunter. Wie schwer und zögernd ihre Schritte waren und eS mehr und mehr wurden, je mehr sie sich dem Ziele näherten! Nun stand sie vor ibm mit niedergeschlagenen Augen und wogcnder Brust. Die Stunde war also da, die schreckliche, vor der sie sich so gefürchtet — nun hieß eS, stille halten. Und Wolf Remmelin bemerkt« diese grenzenlose Ber Wirrung wohl und deutete sic in seiner Weise. Um da- zu erfahre», war er ja gekommen — wenn eS sich verhielt, wie seine Mutter behauptet, wenn Franzi ihn liebte und seine Werbung erwartete, dam, war es bcilige Pflicht, den ersten süße» Traum ihre» KinderberzenS nicht zu zerstören. Mochte cö dann werde», wie eS wolle, er durfte nicht mehr zurück. Und konnte er ihre holde Befangendrit anders deuten? Blicke, die au« niiberübrtem, unerwachtem Herzen kommen, wurzeln nicht am Boden, und ihre ganze Haltung War ein ausgesprochenes LiebcSgcständniß. Ironie des Schicksals! Bor Wochen hätte ikn das beseligt »nd er hätte eö kin- gcnvminen als ein überschwengliches Glück Heute konnte er dem Seufzer nicht wcbrcn, der sich bei dieser Erkcnntniß über die Lippen stahl. Armes Kind, du verdienst ein ganze» Herz! Er bol ihr den Arm, sie z»m Sessel zu führen. Verzeihen Tic, Baroncß, wenn ich heute eine Unterredung suchte, die nicht länger binansgeschoben werden konnte. Sie »ickic schweigend, wie im Traume. Durch Ihre Frau Mutter baben Sie bereit» erfahren, daß — daß ... — ja, nun hätte doch nothwendig ein Wort von Liebe folgen müssen und gerade daS brachte er nicht über die Lippen Er war Edelmann und konnte nicht lügen. Bei seinem Zögern erbod Franzi da» Bnlitz und schaute ibn niit einem unendtich traurigen und ergebungSvrllen Blick ja Alles — an. Mein Gott, sic wußte weshalb quälte er sie I und fick mit dieser feierlichen Erklärung Dieser Blick machte ihn stutzen — so schaut nickt Liebe, hoffmingSfrohe Erwartung und vorahnendes Glück — so schaut allein opferbereites Dulden Da warf er alle Convenienz bei Seit«, sein Her; wallte ans in Bruderliebe und Mitgefühl sür das süße Geschöpf und wie ein guter Kamerad fragte er offen: Franzi — Sie werden nicht lügen — waS erwarten Sie von mir in dieser Stunde? Sie sab ihn scheu, verwundert an. DaS fragte er, und sie, sie sollte antworten? Wir hätte sie da da» reckte Wort finden können — sic zögerte, verwirrte sich und machte dann plötzlich von dem Rechte ihrer sechzehn Jahre Gebrauch und brach m Thränrn au«.
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