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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.04.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920419027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892041902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892041902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-19
- Monat1892-04
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Labellarischer und Zissernsatz »ach HStzerrm Larrs. Ertr«»veilage» (gesalzt), a»r mit der Mor^n-Ausgabe, ohne Poslbelörderung M.—, mit Vostbesvrderuag ^S 70. I»u«h«eschluß für Inserate: Abeud-AaSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgea>Au»gab«. Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh 9 Uhr. Bei de» Filialen uud «unahmesielle» je «dm halb« Stund« srüher. Huserat« such stet» an bi» Gamtzttl«» z» richte». Druck uud Verlag von L. Polz t» Leipzig 2 ^ ISS. Dienstag den 19. April 1892. 86. Jahrgang Politische Tagesschau. * Leipzig, 19. April. Bor einigen Tagen hatte unser Berliner 88-Correspondent auf KrunL von Erkundigungen, dir er an wohlunterrichteter Stelle ciagezvgen, die Gerüchte über eine ueurBerlinerSchloß- lotterie als Erfindungen bezeichnet. Er glaubt auch beute roch daran festhalten zu müssen, daß bisher die zuständigen preußischen Minister deS Innern und der Finanzen nicht in die Lage gekommen seien, ihre Zustimmung zu einer derartigen Lotterie zu ertheilen oder zu versagen. Da aber die Gerüchte nicht verstummen wollen und in den Berliner Blättern aller Inrieien immer neue Versionen deS Lottcrir-ProjectrS auf- tauchen, so können wir un- mit dem von freisinniger Seite laut gewordenen Gedanken, die Angelegenheit im preußischen Ibaeordneteuhause zur Sprache zu bringen, nur einverstanden erklären. Wir halten eS keineswegs für angczeigt, daß — wie die« in romanischen Ländern Sitte ist — die erste beste lagcSfrage, zu einer Interpellation aufgebauscht, vor daS Parlament gebracht und ohne Noth darüber eine heftige Debatte bervoracrufen werde. Hier aber steht die Sache anders. Hier handelt e» sich um ein Gerücht, daS insofern einer thatfächlichen Unterlage nicht entbehrt, alS eine Berliner mr der preußischen Volksvertretung vom RegirrunaStische aus der angebliche Plan der Wiederholung deS Schloßlotterie- ilnternevmcn» mit derselben Entschiedenheit in» Reich der Kabel verwiesen werde, mit welcher er zweifelsohne von den Rednern aller Parteien verurtheilt werden wird. Derartige Erklärungen der Regierung dürsten mit Sicherheit zu erwarten sei». Weder Minister Hcrrfurth noch vr Miauel werden die Verantwortung dafür übernehmen, zu einer Zeit, wo der »ugünstigeu preußischen Finanzlage wegen auch dir berechtig testen Forderungen nicht befriedigt werden können, durch Be» Nutzung der Spirlsucht Millionen für reine LupuSzwecke zu beschaffen. Die preußische Regierung wird wissen, daß ste mit der Genehmigung eine» solchen Lotterie-Unternehmen- nicht nur der Opposition ein Losungswort für den Wahl kampf liefern würde, welche« der erfolgreichen Wirkung um so sicherer wäre, je weniger der gemäßigte Liberalismus sich in der Lage sähe, in dieser Beziehung abschwächend «inzu- b«isen, sondern sie wird sich auch der Uebrrzeugung nicht ent- Ichlagen können, daß eine neue Berliner Schloßlolterie im ganzen «eiche als ein von dem führenden deutsche» St«at« gegebene« üble» Beispiel angesehen und aufrichtig beklagt werden müßte. Mit seltener Einmüthiakeit sieht di« gesammte deutsche Presse dem angekündigten Besuche de« Zaren in Berlin mil der größten Kühle entgegen und theilt da« Urtheil, da« die „Kölnische Zeitung" über diese Ankündigung mit den Worten fällt: „Man muß bei allen russische» Nachrichten stelS da« Eine im Auge behalten, daß Rußland bas Bedürf- uiß fühlt, deutsches Geld für seine Zwecke flüssig zu mache». E« ist selbstverständlich, daß diese Liebesmühe vergeblich ist. Ein deutscher Staatsmann, der diese Bestrebungen unter stützen wollte, würde sich in Gegensatz zu den stärksten Slrüniungen der öffentlichen Meinung setzen. So lange in Rußland keine vollständige Umkehr r^olgt, sind sämmtliche deutschen Parteien in diesem Punkte einig." Nicht dem Zaren traut man zu, daß er auS finanziellen Gründen jene Nach richt habe verbreiten lassen, »vvhl aber jenen Agenten, die sich »icht scheuen, selbst den kaiserlichen Namen für ihre Zwecke auSzubeuten. Für die in Berliner RegierungSkrrisen herrschende Stimmung ist e« höchst bezeichnend, daß dir preußischen Officiösen gar keine Notiz von jener Ankündigung nehmen. Sir kennen die Quelle und den Zweck derselben uud halten e« nicht für uöthig, über dir Absichten de« Zaren selbst, die im besten Falle auf die Erfüllung einer HöflichkeitSpflicht hinauSlaufen würden, sich den Kopf z» zer brechen, bevor dem Berliner Hofe eine ofsicielle Anzeige ge macht worden ist. Der französischen Negierung sind von vielen Groß- firmen der dortigen Landesindustrie Versicherungen deS In haltes zugeganaen, daß die sranrösischen Beschicker der Chicago«! Weltausstellung ihre ganze Kraft daran setzen werden, den Vorrang ihrer Erzeugnisse vor den deutschen, englischen und amerikanischen Leistungen darzuthun, einmal auS nationalem Ehrgefühl, dann aber, weil, je näher der EröffnungSlermia der Ausstellung hcranrückl und je klarer sich der Umfang der Thcilnabmr Europas an dem großen Werke übersehen läßt, die Ueverzeugung immer fester wird, daß in Chicago dcr Wettkampf der führenden Culturvölker um den Vorsprung auf dem Weltmarkt entschieden werten dürste. Bis vor vrrhältnißmäßig kurzer Zeit waren die Meinungen der französischen Industriellen über den event. Nutzen einer Belheiligung an der amerikanischen Jubiläums ausstellung noch ziemlich gelheilt. Man sah zwar ein, daß Frankreich bei einer Gelegenheit, wo alle übrigen Industrie länder sich ein Rendezvous gebe», nicht durch Abwesenheit glänzen konnte, andererseits war man »icht ohne Bedenken, ob e« rathsam sein möchte, dem als ebenso schlau wie findig bekannten Uankee die Geheimnisse und Kunstgriffe der französischen FabrikationSmethoden vorzusühren, auf die Gefahr hin, daß er daraus neue Anregungen für die Brr- werthung der zahlreichen, noch unerschlosscnen Hilfsquellen deS eigenen Lande« schöpfen und über lang oder kurz sich von dem Bezüge französischer Industrieartikel völlig emancipiren werde Indeß konnten Bedenken dieser Art nicht dauernd Stand halten, nachdem e« sich zeige, daß andere Völker, insbesondere da« nächst den Engländern, wenn nicht mebr als diese, gefürchtete deutsche Volk keinen Anstand nahmen, den Amerikanern ein mög lichst lückenloses, übersichtliche« uud erschöpfende- Bild deS der- maligen Stande« ihrer gewerblichen Entwickelung vorzusühren. Ans einem Banket, welche» am vorigen Mittwoch vom National» verein der französischen Kaufleule und Industriellen in Paris veranstaltet wurde und an welchem neben anderen osficiellen Staat-Würdenträgern auch der Handelsiiiinisttr Herr JuleS Roche theilnahm, herrschte eine sehr zuversicht liche Stimmung iui Hinblick auf die der französischen Industrie in Chicago harrenden Triumphe, insbesondere gab der HandelSminister unter dem rauschenden Beifall aller Bankeltheilnrhmrr seiner festen Uebcrzrngung Ausdruck, daß Frankreich sich^ auf der Chicago» Weltausstellung selber über treffen und den amerikanische» Abnehmern europäischer Fabri kate handgreiflich vor Augen führen werde, daß Frankreichs industrielle Schaffenskraft in Europa nicht ihres Gleichen habe. Es scheint uns eine patriotische Pflicht der deutschen Presse zu sein, den Dispositionen, die bezüglich der Chicagoer Ausstellung in den französischen Interessentenkreisen herrschen, auch in Deutschland möglichste Publicilät zu verleiben, damit, falls da« etwa noch nöthig sein sollte, auch bei uns die Er kennlniß zur rollen Klarheit durchdringe, daß eS für Deutsch land nicht nur eine Frage der nationalen Ehre, sondern de« nationalen Interesse« ist, seine gesammte Kraft anzuspannen, damit eS in Chicago scinrn Anspruch, den ersten Industrie staaten der Welt ebenbürtig zu sein, zu unbestrittener Geltung bringe. ES läßt sich nicht verkennen, daß in den Beziehungen der französischen Regierung zum Batican in der letzten Zeit nicht bloS eine leichte Verschiebung, sondern eine aus gesprochen ungünstige Wendung, die fast bis zur Spannung gediehen ist, dervortritt. Mag auch die Sprache einerseits der der Pariser Regierung nahestehenden, andererseits der vatikanischen Preßorgane vorläufig noch eine sehr gemäßigte sein und in deren Aeußcrungrn das Bestreben zur Verhüllung dieser Thatfacheo vorherrschen, so ist es doch nicht wegzu leugnen, daß aus beiden Seiten lebhafte Unzufriedenheit be stellt. Im Batican ist man wegen dcr schonungslosen Energie, mit dcr da- Cabinet allen Uebergriffen deS KlcruS cntgegen- tritt, sehr verstimmt, und die französischen Regierungs kreist nehmen mit Unmuth wahr, daß der heilige Stuhl über jene Autorität nicht zu verfügen scheint, die er forderlich wäre, um den französischen Klerus von einem srondirenden Auftrete» gegen die Regierung und von dcr Auflehnung gegen den Geist der in Frankreich bestehenden Ordnung abzuhalten Papst Leo XIII. hat cS allerdings an Weistingen und Rathschlägen nicht fehlen lassen, welche die Geistlichkeit in andere Bahnen lenken sollten, aber von jenem rcalpolitischen Standpunctc auS, dcr auch für den Batican in sciner Haltung gegenüber der Republik maß gebend ist, kann den Bemühungen des Papstes, die Vertreter der Kirche in Frankreich mit der Republik auSzusöbne», in solange dieselben keine Aendcrung der Stellung de» Klerus bewirken, begreislicherwrise nur ein beschränkter Werth bei gelegt werden. DeS Weiteren sollen auch in mehreren zwischen dem Pariser Cabinet und dem heiligen Stuhle schwebenden Fragen, nämlich über die Auslegung einiger Artikel des Con- cordalS, die Besetzung der vacanten BiSlbümcr und die Er nennung französischer Cardinäle, Schwierigkeiten bestehen, deren Beilegung nicht gelingen will, indem jede der beiten Parteien die Forderungen als nicht erfüllbar bezeichnet. Deutsches Reich. 8s. Berlin, 18. April. Unter den deutschen Schutz gebieten nehmen Neu-Guinea und die Marschall- Inseln insofern eine besondere Stellung ein. als sämmtliche Verwaltungskosten, auch die für den Gouverneur und Reich« commissar, von den interesflrten Gesellschaften selbst, der Neu Guinea-Compagnie und der Ialuit Gesellschaft, getragen werden. In den westafrikanischen Schutzgebieten Kamerun und Togo sind die Kosten für die Localverwaltung durch die Einnahme» aus den Zöllen rc. gedeckt; das Reich hat daher nur für die Oberaufsicht durch Gouverneure und ReichS- cvuimisiare auszukommen. Zn Südwestasrika und in Deutschostafrika dagegen ist ein ReickSzuschuß zu den localen Verwaltungskostcn nothwendia. Demnach gestaltet sich der Colonialetat im Reich-bauSbalt für 1892/93 folgendermaßen: 1) Nen-Guinea und Marschallinsclu — >6, 2) Kamerun: Besoldungen 29 500 Zuschuß zu einer Expe dition in« Hinterland 20 000 S) Togo: Besoldungen 29 500-et, 4» Südwestasrika: Zuschuß999SOO^tstG)Deutsch» oslasnka: Zuschuss 2 500 000 Posidampfervcrbindung 900 000 -E, c) Zuschiiß zur Postdampfervrrbindung mit der Süds», Umzug«- und «tellvertretungSkosten circa 228 700 >F Der gesammte Colonialaufwand beträgt also 4 000 000 d. h noch »icht ganz 9 jährlich auf de» Kopf unserer Bevölkerung. jj Berlin, 18. April. Uebrr dir angebliche Stellung de« FinauzministerS vr. Miquel zu dem Zedlitz'schen VolkS- schulgesetzentwurfe geht den „Hamb. Nachr." eine intro- spcctivc Mittheilung zu, die voraussichtlich von den Gegnern des Ministers ebenso auSgebeutet werden wird, wie von den Gegnern der nationalliberalen Partei. Es dürfte daher am Platze sein, etwa« näher auf dir Mittheilung rinzugchen Sie lautet: „Tie „Nat.-Ztg." Hot vor einigen Lagen behauptet, Finanz- minister Mtquel Hab« seinerzeit keine Demission eingereicht, weit er mit den, VolkSschulgesetzenttviirse »icht einverstanden gewesen sei. Bon Leuten, die eS wißen kSnnen, wird dem gegenüber versichert, daß Herr vr Miquel nur unbedeutend« Einwendungen gegen den Enttvurs gemacht habe. Sein Entlassungsaesuch hat in dcr Thai existirt, aber auch nicht einen Augenblick in dem Sinne eine« ernst- gemeinten Rücktritts, etwa mit der Motivirung, daß vr. Mtquel wegen eines unauSgleichbarrn Gegensätze» zu de» Grundprtncipien de« BoikSschulgesetzentwursS auS dem Amte zu Icheidcn gedenke. Im töegentheil konnte man seinerzeit von Mitgliedern der BoikS- ,ur icin Lyeil ,icy von >e für die Lattung, welche sein dem Grletzentwurfe gegenü IvS und ledig machen wollt«. schulcoinniission aus da? Bestimmteste versichern hören, daß ^wische» den Herren vr Miquel und Grasen Zedlitz völlig» Uebrrrin- timinung hinsichtlich des weseuiltchen Inhalte» der «olksschulgesetz- vorlage geberrscht, und daß der Gedanke, den StaatSzuschuß zu den Volksschulen im Betrage von neun Millionen Mark au» dem Mehr- auskommen der neuen Einkommensteuer »u entnehmen, von dem Finanjminisier selber hcrgerüdrt Hab«. Bon anderer Seite wird freilich dies, entgegenkommende Haltung de- FinanzmintfterS so ge- deutet, Laß er den Grafen Zedlitz in der Voraussicht habe sicher machen wollen, daß daS Gesetz und mit diesem der elnbringendc Minister scheitern würde. Wir lassen da« natürlich dahingestellt iein. Wir sind der Ansicht, daß vr. Mtquel seiner Zeit sei» EntlassunaSgesuck, eingereicht hat, nicht weil er mtt dem Inhalte bcö BoikSschulgesetzentwursS nicht einverstanden gewesen wäre, svndern weil er damit einverstanden war, aber für sein Theil sich von jeder Brran twortltchkett eine früheren Parteigenossen über eingenommen hatten, !. Soweit diese Ausfassungtn poli tischen Kreisen getheilt wird, tuteressirt nachträglich vor Allem die Frage: wann Herr Miquel dein Monarchen sein Portefeuille zur Verfügung gestellt habe, ob vor der bekannten Reichsiaa-rede Herrn v Bkniiialen'S über die große liberale Partei oder nach derselbe»? Ai« gewiß wird angesehen, daß eine directe Verabredung zwischen de» Herren M^ei und v. Bennigsen in Bezug aus jene vom Grasen Eavrtvi so übel gedeutete Siedekundgedung des Herrn v. Bennigsen »icht stattgesunden habe, daß aber wohl «ine iadirecte Anregung an Herrn v. Bennigsen zur Haltung einer slaatSmännischrn Rede ergangen sein dürfte. Hiernach würde sich obige Fragestellung näher dahin präcisiren, ob da« Miquel'iche LntlasiungSgesuch bereit« am 15. Januar oder aber erst nach der Bennigsen'schrn Rede, also nach dem 22. Januar eingereicht wurde? Wie gesagt, e« wird an genommen, der Finanzminister habe mit seinem DemilsionSgesuch« sich von jeglicher Geinetnschast mit den Bestrebungen und Zielen der nalionaliiberaten Partei loSlvsen und selbst den Schein zerstören wollen, al« stehe er noch aiis Seiten der in genannter Partei jetzt mehr betonten liberalen Anschauungen. Daß «ine Lossagung vr. Miquel'- von dem NalionalltberaltSmu« sich vorberettr, war übrigen» auch anderweit erkennbar. AIS der Minister setnerzelt durch sein Insluenzaleiden sowohl von der Theiinahme an der Bor- seier de« 25jährigeu Jubiläum» der »ationalliberaien Partei bei vr. Hammacher aiS auch an dem eigentlichen Partei-Houptfef» zurückgehalten wurde, konnte man vielfach die Meinung auSsprechea hören, daß auch ohne KraiikheitSansall der ehemalige nationalliberale Parteiführer und Vater de« Heidelbergs Programm« wahrscheinlich kaum ta der Lag« gewesen sei« dürfte, dem Feste srtaer Parteigenossen deizuwohnen." Die ganze Darlegung scheint den Zweck zu haben, zwischen Herrn Vr. Miquel und Herrn v. Bennigsen Mißtrauen zu säen, da« aus dir ganze nationalliberale Partei sich auSdebneu s»ü. Dieser Zweck wird aber schwerlich erreicht werden. Thatsachr, die jede« Mitglied der nationalliberalrn Partei kennt, ist eS, daß vr. Miqncl in kirchenpolitischen und in Schulsragen einen anderen Standpunkt einnimmt, als die meisten Mitglieder dieser Partei. An« dieser abweichenden Stellung bat er nie ein Hehl gemacht; offen bat er wahrend de- CulturkamvfcS und wahrend de« Abbruche« der Maigrsetz« seine Ansicht bekannt und vertheidigt. Er wäre auch schwerlich Finanzminister geworden, wenn er in kirchenpolitischen und Schulfragen aus das nationalliberale Programm sich jemals eingeschworen hätte. Jedenfalls hat er auch dem Zedlitz'schen Cchnlgcsctzentwurfe etwa« anders gegenüber gestanden, al« Herr v. Bennigsen. Daß er aber mit diesem Entwürfe voll ständig einverstanden gewesen sei, ist eine Unterstellung, die als solche von Jedem erkannt werden wird, der vr. Miquel kennt. Damit fallen auch die übrigen Unterstellungen in sich zusammen. Daß die Verbindung de« Ministers Miquel mit der nationalliberalen Partei nicht mehr dieselbe ist, wie die zwischen dem Parlamentarier Miquel und seinen Partei genossen, ist selbstverständlich. Hat aber die Thalsache, daß Miquel von jeher in wichtigen Fragen seine eigenen Wege ging, den Beziehungen zwischen ibm und Bennigsen nicht wesentlich geschadet, so wird auch künftig zwischen beiden Männern ein VcrtrauenSverhällniß bestehen bleibe», dem keiucAuöstreuungcn etwa» schaden. FsuiUetoii. Moderne Junggesellen. Ils Roma» von v. w. Zell. It«ch»r»ä »er»»«ne (Fortsetzung.) Erst jetzt bemerkte er, daß Eornrlie todtbkeich, mit ge schlossenen Augen hin und her schwankte, unfähig, sich langer aus den Füßen zu erhalten Sofort ließ er ihre Hand loS, legte ihren Arm in den seinen und geleitete sie zu ihrem Stuhl zurück, in den er sie sanft niederdrückte. Ich bin ein Rasender und Sie werden mich verabscheuen, murmelte er nun demüthig. Aber wenn Sie ahnte«, wa« ich i, den letzten Wochen gelitten — wa« in jener Stunde, al« Sie so unerwartet Ihre Verlobung kündeten, in mir zerriß, hätten Sir doch vielleicht rin Gefühl de« Verzeihen«, de« Mit leid« für mich E« ist ja nun alle» vorbei und ich hätte mein Geheimniß nie verrathen, wenn nicht Sie selber heute daran «erührt. Voll Scham gewahre ich nun, wie weit mich meine «idenschaft fortgeriffen, und empfinde mein Vergehen so tief, daß ich nicht einmal die Bitte um Vergebung wage. Sir werden natürlich Ihrem Verlobten mitthrilen, in welcher Weise ich Ihnen und ihm zu nahe getreten, und der Herr Ministe rialrat- wird ja wissen, wa« unter Mänarru üblich ist. m )or ..aß . dem Kampfe hervorgrheu wird Cornelie war aufgefahren. Nein, »ein. ries sie angstvoll, Runghrr soll nicht« erfahren, gar nicht»! Ich will nicht, daß Sie sich schlagen — um meinet willen! setzte sie schaudernd hinzu. Reminelin aber hatte nur da« Eine ersaßt. > Wie Sir ihn lieben! preßte er zwischen den Zähnen hervar Sie haben HimmelSsrligkrit za vergeben — ,st Ihr ! verlobter sich dessen auch in vollem Umfange bewußt? Er liebt Sie, gewiß — wie wäre da« auch ander« möglich! Aber jene erste heilige, scelenerfüllende Liebe, mit der ich Ihnen mein Leben geweiht hätte, die hat er nicht, kan« er nicht für Sie Habens Wa« wollen Sie damit andeuten? bebte eS von ihren Lippen. Nicht« — da- Sie nicht schon selber wüßten, mein gnädige« Fräulein. Rungher ist ein Ehrenmann und wird Ihnen volle Offenheit über sein bisheriges Leben cntgcgcn- gebracht haben. Sie aber sind großdenkend genug, nicht Unmögliche- zu fordern. Sehen Sie — er trat wieder zurück, lehnte sich an einen der Bücherschränke und verschränkte die Arme über der Brust —, man spricht in dcr Gesellschaft mancherlei über diese Verlobung. Ich verabscheue sonst derartige« Getratsch, aber wo e« sich um Sic handelt, habe ich gespäht und gelauscht auf jede« Wort, da« ungewollt an mein Ohr drang. Ein Hauch von dem, wa« so riesengroß aufgebauscht wird, bleibt doch Wahrheit, »nd an diesen Hauch hat sich mein wild begehrende« Herz geNammert. Er batte leise, mit niedergeschlagenen Augen, wie zu sich selber gesprochen. Jetzt schaute er zu ihr hinüber, und da er ihren Blick mit todcSbangrr Frage auf sich gerichtet sah, schlug er sich grimmig vor die Stirn. Ick bin rin Elender, daß ich Ihnen da« Alle« sage, Cornrliel Aber mein Hirn kreist, ich weiß nicht mehr, Wa ich thue und sage — Sie sehen, eS ist di« höchste Zeit, daß Rungher mir seine Secundanten schickt, denn leben — leben werde ich nach dieser Stunde nicht mehr können. Da- wäre feig und Ihrer nicht würdig, sagte Cornelie traurig. Auch der «barakterstärkstr Mann kann in einer Stunde der Leidenschaft thun uud sagen, wa« ihn später gereut. Aber die Folgen davon muß er auf sich nehmen — und auch Sie, Gras. Ich habe rin Recht, zu fordern, daß, nachdem Sie soviel angedrutet, wa« ich nicht versiehe, mir alle« sagen. Äa« also spricht man in der Gesellschaft über mich und meinen Verlobten, da« — selbst Ihnen glaubwürdig erscheint? Remmrlin schwieg und blickte, die Lippen aufeinander- preffeiid, al« wolle er gewaltsam verhindern, daß eia Wort den Weg darüber nehme, ,n Boden. Die antworten mir nicht — lall ich miH vergeblich an Ihr« MaaurSrhre gewandt habe»? fuhr sie eindringlich fort. Ich will alle« Andere, wa« Sie mir gesagt und wodurch Sie l micki erschreckt und verletzt haben, vergessen, eS soll auS- gelöscht sein a»S meinem Gedachtniß und wie eine« Freundes will ich theilnehmcnd Ihrer gedenken, nur sagen Sie mir daS Eine. Ich kann nicht! rang eS sich über seine Lippen. Verachten Sic mich nicht — ich kann Ihnen da« »icht sagen, wie ich auch nicht auszudrücken vermag, was mein Herz bei Ihrer EttgclSmilde cmpsindet. Löschen Sie diese Stunde auS Ihre», Gedachtniß — cS ist das Beste so. Ich aber werde ibrer gedenken, so lange ich athme. Nur Einem — ich flehe Sie an — vergönnen Sie ein kleine» Plätzchen in Ihrem Erinnern — der Tbatsache, daß ein Mann lebt, über dessen Leben und Sein Sie jederzeit verfügen können, wie über eine Ihnen zugehörige Sache. E» kommt ja manckmial wunderbar im Lebe» — Menschcnbrrzen und Schicksale sind dem Wechsel unterworfen, und sollten Sir je eine- Freunde- bedürfen, so gedenken Sie meiner wirklich als eine« solchen, wie Sie vorhin versprachen. So hätten wir einander nichts mebr zu sagen, entgegnet« sie fest, sich erbebend. Noch einige Sccunten zögerte sie, als keine Antwort von ihm kam, neigte sie leicht da« Haupt und schritt zur Thür Mit rinein Blick, in dem seine ganze Seele lag, schaute Reminelin ihr nach. DaS AbschiedSwort erstarb »bin aus der Lippe, aber als ste fast die Thür erreicht batte, kam Leben in seine Gestalt. Er eilte ihr nach, neigte sich, den Saum ihre» Kleide« zu erfassen, und drückte seine Lippen darauf. Leben Sir Wohl, Cornelie. Sie antwortete nicht, schaute auch nicht mehr zurück Wie sie sich vor den Blangenet« verabschiedet, wie sie nach Hause gekommen, sie hatte e« später nicht zu sagen vermocht Ans ihrem Zimmer angelangt, benachrichtigte sie vor allen Dingen Rungher, daß ein beftiaeS Unwoblsein sie bindere, ihn beute ru sehen Dieselbe Botschaft ließ ste zu Melanie gelangen. Und dann, vor jeder Störung gesichert, sank ste geistig und körperlich völlig erschöpft, aus einen Sitz nieder, ,m fiebernden Hirn immer nur den einen Gedanken wälzend: Remmelin elend — durch dich! Melanie verloren — durch I dichl Und du selber — mcht glücklich! 10. Bier Wochen darauf fand die Vermählung RunaberS mit Cornelie statt. Es war nur eine stille Feier im Kreise der nächsten Freunde in Aussicht genommen, doch hatte Melanie eS sich nickt nehmen lassen, dieselbe ihren Neigungen und dem noblen Zug ihre« Charakters gemäß so glänzend wie möglich zu gestalte». Die Summe, welche ihr sowohl der Rath al« Cornelie hierfür in schonendstcr Weise zur Verfügung gestellt hatte, wie« sie entrüstet zurück. Was glaubt ihr — ich sollte meiner Verwandten, die sich in meinem Hause verlobt, nicht einmal daS Hochzeitmahl richten? Ihr scheint mich schon ganz al« eine Bettlerin zu betrachten — ich will Euch beweisen, daß ichs noch nicht bin. Dabei blieb« und man mußte ste acwäbren lassen, sich damit berubigend, daß sich schon Gelegenoeit sinde» würde, die ent« stehenden Unkosten in anderer Weise zu ersetzen. Die Trauung fand im Hause statt. Den Gefallen wollte Rnngber der alte» Zanten und ihren drei Töchtern denn doch nicht tbnn, ihnen durch eine kirchliche und also jedem zu gängliche Schaustellung willkommenen Stoff zu endloser Klatschbaserci zu gebe», und die Frau Regierung-räthin empsand da« AuSsallen derselben denn auch instioctiv al« persönliche Kränkung. Sie mögen doch Wohl der Menschen Augen zu scheuen haben! sagte sie bissig. Wer weiß, ob ste sich überhaupt ordentlich trauen taffen — bei den himmelschreienden Ansich ten, die beide über die Ehe haben, wäre da« nicht weiter zu verwundern Nun ließen sie sich aber wirklich „ordentlich" trauen, und zwar war eS eine sehr erhebende Feier, die das Brautpaar mehr als eigentlich nöthig schien, bewegte. Sie nehmen« wahrhaftig beide allzu schwer, dachte der Major gntniütlug, als er die bleichen, ernsten Gesichter de« Brautpaare« musterte. Du lieber Gott, wenn man sich nun einmal unnöthig in Gefahr begiebt, inuß man auch den Muth haben, ihr zu begegnen! Prosessor Claudius dagegen — der Iunggesellenclub war natürlich vollzählig bei der Feier vertreten — schaute ver wundert auf da» Paar und fragte sich ganz bestürzt: Sieht so bräutlicke« Glück auS? DaS bade ich mir doch ganz an der« vorgestellt l Wenn er dann aber zu Franzi und Ros«,
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