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Das Schiff
- Bandzählung
- 1925
- Erscheinungsdatum
- 1925
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. 4. 6055-22.1925
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512045739-192500004
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512045739-19250000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512045739-19250000
- Sammlungen
- Gebrauchsgraphik
- LDP: SLUB
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 3, März
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Titel
- Das Schiff
- Autor
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lieh konnte ich nach Uesküb abreifen. Ob dies auf Wei- funs vom Hauptquartier des damalisen Kronprinzen (und jetzigen Königs) Alexander gefchah, weiß ich nicht. Kurz und gut, ich kam nach Uesküb. Und von dort ging einTelegramm mit der großen Senfation nach Belgrad ab, daß ich - den die Welt zutode gemartert glaubte - noch am Leben und hier angekommen fei. Die Depefche lautete einfach: ,Konful Prochazka u SkopIjV. Mehr war nicht zu fagen; wenn Konful Prochazka u Skoplje, das ift in Uesküb, ift, fo lebt er, und alle Meldungen von Hinrich- tung und Todesmarter find als unwahr erwiefen - kein Buchftabe braucht hinzugefügt zu werden... Der Tele» graphenapparat beging aber einenDruckfehler, indem er doch einen Buchftaben hinzufügte, den kleinen, harm- lofen Buchftaben »n«, und auf dem Telegrammftreifen ftand bei der Aufnahme in Belgrad: ,Konful Prochazka uskopljen^ VGls das bedeutet, konnte man am nächften Tag in riefigen Lettern in den Wiener Blättern lefen, für die es ein befondrer Glücksfall fchien, Erotik und Kriegs politik und Senfation in ein und derfelben Meldung ver einigen zu können: ,Deröfterreichifche Konful entmannt- ,Furchtbare Schändung des Konfuls Prochazka^,Schwere V crlctjung des Völkerrechts an unfermV ertreter.. / Und fo weiter. Je fchneidiger, defto beffer! Ich fandte inzwifchen ein ausführliches Dienfttelegramm nach Wicn - ein fo ausführliches, daß vier Beamte drei Tage und drei Nächte mit der Dechiffrierung zubrachten. Auch als diefe Arbeit beendet war, beeilte fich Graf Berchtold nicht, die Unwahrheit aufzuklären und damit die Kriegsftimmung, die fich Europas bemächtigt hatte, Zu befeitigen. Ob er vielleicht meinem Chiffretelegramm nicht traute? Jedenfalls fandte er zwei Beamte des Mini- fteriums zu mir, den Generalkonful Edel, der jetjt als ungarifcher Legationsrat in Wien lebt, und den Konful Rakic, der nach dem Kriege füdflawifcher Gefandter in Sofia wurde. Ich faß in Uesküb beim Frühftück - ein Schin kenbrot und zwei Eier - als die beiden V/iener Herren eintraten. Das Schinkenbrot hatte ich fchon verzehrt, und die Abgefandten wunderten fich nicht wenig, als fie mich mit roten Backen vor dem Reft diefer Mahlzeit fitjen fahen und hörten, daß ich ihnen in normaler Stimmlage guten Morgen wünfehe ... Inzwifchen hatten fich aber auch andre Staaten davon überzeugt, daß alle meine Glie derintakt feien, und man mußte die Hetje unterbrechen. Erft ein Jahr fpäter brach fie erfolgreich wieder aus: der W eltkrieg. Ich felbft ahnte nichts von dem verftümmeltenTelegramm und feinen welthiftorifchen Konfequenzen. Nach meiner Rückkehr hat mir Sektionschef Montlong die ganzen Fol gen des Buchftaben »n« erklärt. Daß ich von den Serben nicht ,uskopljen / worden fei, wußte ich fchon vorher...« Ein hübfehes Mädchen kommt ins Cafö. Herr General konful Prochazka muftert es mit einem intereffierten Blick. FÜNF ZEILEN PETIT VON ERNST PRECZANG (BERLIN) y rinnert ihr euch noch der großen Schrift aus der Kriegszeit? Wenn es in fingerlangen Buchftaben über ^die ganze Zeitungsfeite hin fchrie: »Die Lufitania torpediert!« oder »SiebenOzeandampferaufdenGrund des Meeres befördert!« oder »Eine ganze Stadt in Trüm mer gefchoffen!« oder »Eine Kohlengrubeerfäuft!« oder- nun, ihr erinnert euch noch, wie? Es war wunderbar und herzerhebend; es jauchzte ja auch förmlich aus der ftolzen Schrift, die groß, fett und fieges- trunken irgendeine gewaltige Zerftörungstat verkündete. Und dann, was in kleinerer Schrift nach folgte: einmal nach Wolffs, einmal nachReutersTelegraphenbureau,vielleicht auch noch nach Havas, ferner »von unferm Kriegsbericht erftatter« und womöglich noch »von befonderer Seite«- immer dasfelbe: erhabene Profa, ein Gedicht beinahe, ellenlang und begeiftert: wir, wir haben wieder ein Werk von Monaten, von Jahren, von Jahrzehnten in einer Stunde gefprengt, zerfchoffen, verbrannt... Herrlich, nicht wahr? Großartig! Fünfhundert Zeilen waren nicht zuviel dafür. Ja, das war eine große Zeit. Aber heute? Neulich hat man ein paar alte, ftillgelegte Kohlen zechenwiederaus dem Schlaf erweckt. Schacht und Gänge werden geftiitjt,alles wird aufgefrifcht und gefäubert. Was fchon halb verfallen war, erfteht wieder ; Scheintotes wird lebendig. Arbeit re^t und tummelt fich, die Schläge der Hauer erdröhnen,Förderhunde raffeln,Mafchinen fingen, Kohle rollt ans Licht... Davon erfuhr man in fünf Zeilen. In fünf Zeilen Petit, die fich in der hinterften Ecke der Zeitung verkrochen hatten, als fchämten fie fich. Es ift ja weiter nichts Großes, dachten fie. Ja, wenn einer Hunderttaufende vernichtet hätte, das wäre noch was. Dann müßte es in fingerlangen Buchftaben über die ganze Seite hin jubeln. Die volle erfte Seite wäre ein einzises Lob lied auf den Helden... Aber fo ... Nein, wir wollen uns nicht beklagen, fagen die fünf Zeilen. Zerftörung hat es nun einmal an fich, zu protjen, zu lär men, fich zu befpiegeln. Die Arbeit hat keine Zeit dazu. DEN ORIGINALEN Ein Quidam fagt: »Ich bin von keiner Schule; Kein Meifter lebt, mit dem ich buhle; Auch bin ich weit davon entfernt, Daß ich von Toten was gelernt.« Das heißt, wenn ich ihn recht verftand: »Ich bin ein Narr auf eigne Hand.« Goethe.
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