DAS SCHIFF BEIBLATT DER TYPOGRAPHISCHEN MITTEILUNGEN / NEUNTES HEFT SCHRIFTLEITUNG: ERNST PRECZANG / BERLIN SW 61 / DREIBUNDSTRASSE 9 genannten Symbolen zu fehen. Ein kaukafifcher Stamm, die Offen, bewahrt fchon aus der grauen Vorzeit Hörner, Zähne, Felle, Schädel, Waffen und andere Dinge, fogar in beflimmter Reihen folge auf. Dadurch will (ich dieferVolksftamm an befondere Heldentaten und Ereigniffe erinnern. Diefe Anwendung von Symbolen finden wir fall bei allen Völkern der älteften Zeit. Die Be wohner der Fifcherinfeln waren und find nodi heute in diefer Beziehung befonders erfindungs reich. Wollte der Befitzer feine Obflanlagen vor Diebshänden fchützen, fo fchnitt er ein Palmen blatt wie einen Fifch und hängte es in feinem Befitztum auf. Das follte etwa bedeuten: »Wenn du hier ftiehlft, möge dich nachher beim Fifdien ein Hai verfchlucken!« Auch Herodot weiß uns von folchen Symbolen zu erzählen. Es ift der Gegenftandsbrief der fkythifchen Könige an Darius. Sie überfandten dem Perferkönig einen Vogel, eineMaus, einen Frofch, fünf Pfeile, was folgendermaßen gedeutet wurde: »Wenn ihr euch nicht in Vögel verwandelt und gen Himmel auffliegt, o ihr Perfer, oder zu Mäufen werdet und unter die Erde euch verkriecht, oder als Fröfche in die Seen fpringt, fo werdet ihr, von diefen Gefchoffen daniedergeflreckt, nidrt zu rückkehren.« In der Bibel hören wir ebenfalls von Symbolen. AlsLaban mit Jakob einenBund machte, errichteten fie einen Steinhaufen. Man nannte den Steinhaufen Gilead, und Laban fprach: »Der Haufe fei heute Zeuge zwifchen mir und dir!« In Prag läßt ein von den Huffiten zu- fammengetragener Steinhaufen anläßlich eines Vertrages diefe Art und Weife wieder auf leben. Bis in unfre Zeit hat fich die Sitte, Symbole zu verwenden, bewahrt: Das Rad am Haufe des des Baders, das Hufeifen vor der Schmiede, fie alle find Sinnbilder, fchon unfrer Vorfahren. Ein weiterer Fortfehritt ift die Knotenfchrift. Wie fchon ihr Name fagt, wurde fie durch Schürzung von verfchiedenartigen Knoten dargeftellt. In Mexiko, Peru, im Reiche der Inkas war diefe Schrift fehr verbreitet. Hier gab es befondere Knotenfchürzer, die diefer Schrift kundig waren und bei befonderen Ereigniffen folclie Knoten anfertigen mußten. Ein Verwandter der Knoten- fchnur ift der Kerbftock, der noch heute bei den Javanern Anwendung findet. Auch das Knoten- fchürzen hat fich bis auf unfre Zeit erhalten; denn mancher hat die Gewohnheit, wenn er etwas nicht vergeffen will, einen Knoten in fein Tafchentuch zu machen. Die Knotenfchrift ift mehr oder weniger eine Gedächtnisftütze; am meiften war fie auch als Zählmittel gebräuchlich. Noch heute bedienen fich die Hirten in Peru diefes Mittels, um über Zuwachs und Abgang ihrer Tiere Rechnung zu führen. Diefe Arten der Schriften, durch Gegenftände oder Knoten Mitteilung zu machen, find aller dings fehr ungenau. Ein wefentlicher Fort- fchritt ift die Bilderfchrift. Sie bildet überhaupt die Vorftufe zu allen uns bekannten Schriften. Befonders wurde fie von den Indianern Nord amerikas verwendet. Abgefchälte Bäume, Fels wände, Baumrinden tragen ihre eigenartigen Zeichnungen und Figuren. Alles wurde in roher Weife hingemalt. Ein kleiner Kreis bezeichnete den Kopf eines Menfchen, entfprechende Striche Arme und Beine. Ja, fogar abftrakte Begriffe wurden dargeftellt. Das Sonnenbild ftellte den Begriff »Licht« dar, das Auge »fehen«, das Ohr »hören«. Als befondere Denkmäler diefer alten