Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.05.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920520021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892052002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892052002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-05
- Tag1892-05-20
- Monat1892-05
- Jahr1892
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
AbLnuement-prelS tt> der Hanplexpeditlon oder de» im Stadt» bezirk »ad de» Vorort«» errichteten Au», ftabestell»» »«geholt: vterteljädrlich ^ 4.50. de, »>v«ti»,!ig»r täglicher Zustellung in» Hc.u» » ü.bO. Durch di« Post bezogen ii,r Deulichlaud und Leileeretch: vieneliädrlich -s> ü—. Direct» tägliche trreuzda»d>»ttdung in» Ausland: moastiich ÜM tz—. Die Vtorgkn-Ausgad« erscheint täglich '/.? Uhr. tic Abend-Ausgabe Eöocheutog« ü Uhr. Abend-Ausgabe. likdaction und -rpeditton: -«Hanne»,aste 8. Di« Expedltlou ist Wochentag« ununterbrvche» «eoksnet voa früh 8 bl» «Krads 7 Uhr. /Male«: ktto Klemni's Sortim. iNlfreb Hahn». Univrrsitatlstratz» I, v««l» Ltsch«. liatharinenstr. 14, »«kt. a»d <s»tg1pla» 7. ttMlgtr.Ttlgcbialt Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschiihte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. JusertionSpreV Die 6 gespaltene Petitzeile «0 Pfg. Reclameu unter deni Redactiousftrich <4»» ,patten) 50-t. oor de» Familiennachrtchtt» ch gejvl,l«n> 40 Brätzerc Schrnien laut unterem Prei». verzeichaib. Tabellarischer und Zissirnsatz »ach d-berem Daris Nrira-Beilagen kg»k«>»t). »»» «N d« L!t0i»c».Auegabe. ohne Poslbeiärderaag ^4 00.—, mit tljvitdeiorderuug 70.—. Annahmrschlnß für Inserate: Adrad-Ausgab«: Vormittag» 10 Uhr. Morg« «»Ausgabe: Nachmittag» Illhr. Sonn» und gesttags früh S Uhr. Lei den Filiale» und Nnnadm,stelle» je eia» bald« Stunde früher. -nserak« stad stet» an hi, Erpehttts» zu richtra. Druit und Verlag von L vol» t» Seth»«, M. Kreita^ den 20. Mai 1892. 8V. Jahrgang politische Tagesschau. * Leipzig, 20. Mai. Die gestrige Verhandlung des preußischen Abgeord netenhauses über den deutsch-freisinnigen Antrag betreff» der Reform de» LandtagSwaklrecht» hat manche Äuftlärungen gebracht, die von Intereste nicht nur für Preußen, sondern auch für dir übrigen deutschen Staaten sind, die schwerlich Zurückbleiben dürsten, trenn der größte Staat zu einer entscheidenden Reform seines LandtagSwaht- rechle« sich entschlösse. Zunächst hat der Minister de» Innern mit großer Entschiedenheit pF Einführung de- all gemeinen gleichen und tirecie» Wahlrechts znrückgewiese», und er dürfte sich damil in Uedereinstiinmung mit der großen Mehrheit des Hause« befinden. Tie Erfahrungen, die wir mit dem ReichSIagSwablrccht gemacht baden, sind nicht so verlockender Art, daß Versuchung sein könnt-, dasselbe auch »och aus die deutschen VundeSstaate» auSzukehnen. Nur die deulschfreisintiigc Partei ereiferte sich für diese» (Gedanken und fand Unterstützung bei den Deniokratc» des EenlrumS. Die Nesormbcdürftigkeit des bestehenden preußischen Wahl rechts, unter Beibehaltung seiner Grundlagen, erkannte aber auch die Regierung an. Tie durch die großen bereits vollzogenen oder noch bevorstehende» Sleuerrcformgcsetze lirrbeigeführtcn Verschiebungen in der Stcuerlcistnng lvnnen an einem aus die letztere gegründeten Wahlsystem nicht spurlos vorübergeben, wenn da« Maß der Wahlberechtigung nicht immer unbilliger und ungerechter zu Gunsten der poli tischen Rechte der obern, zum Schaken der untern Elasten verschoben, der plutekratische Grundzug in bedenklicher Weise verschärft werken soll. Darüber ist ii» Grunde kaum Mei nungsverschiedenheit, weder unter den Parteien, noch zwischen ihnen und derRegierung. Man kann aber, und darin wird man kein Minister Herrsurth Recht geben müssen, eine so schwie rige Gesetzgebung nicht überstürzen; man wird den Abschluß der Steuerreform abwarten müssen, und voraussichtlich wirb nicht schon die nächste Session, die letzte der lausenden Legis laturperiode, sondern erst ein neugewäbUcS Abgeordnetenhaus mit dieser Aufgabe besaßt werden lvnnen. Tie Vorarbeiten sind, wie der Minister erklärte, bereit- im Gang und man wird sich dabei begnügen können. Eine davon unabhängige Frage ist die der and erweitert Abgrenzung ter Wahlkreise und einer der BrvolkernngSzahl besser entsprechenden Bertheilung der Volks vertretung, wobei natürlich die großen Städte und In dustriebezirke den Gewinn, das platte Land den Nachtheil baden wurden. Der Minister hat sich dieser Forderung gegen über ablehnend ausgesprochen, ihre Erfüllung jedenfalls auf eine spätere Zeit verschoben. Aeußerungen aus dem Hause, von Rednern des Eentrums und ter conservativen Partei, ließen auch deutlich erkennen, daß wenigstens bei der gegen wärtigen preußischen Volksvertretung Vorschläge auf eine durchgreifende Acndcrung in der Abgrenzung der Wahlkreise und der Bertheilung der Abgeordneten nicht auf Zustimmung der Mehrheit zu rechnen haben würden Die Lösung dieser Frage steht aus alle Fälle noch in weitem Felde. DaS letzte Wort darüber wird Wohl weder bei der Regierung, noch bei den Parteien gesprochen sein. Man kann auch ohne grund stürzende Aendcrungen wenigstens die gröbsten Mißverhält nisse bestem. Nach der kühlen Aufnahme, welche die Valuta-Vor lagen im österreichischen ReichSrathe gefunden haben, macht sich, wie neuerdings aus Wien berichtet wird, in den parlamentarischen Kreisen bereits eine günstigere Stimmung bemerkbar, da eS sich bei näherer Prüfung zeigt, daß manche anfangs aufgetauchte Bedenken, besonders jene, welche da durch erweckt werden, daß eine Fristbestimmung für die Auf nahme der Baarzablungen vermißt wird, hinfällig sind Vertrauliche Mitthcilunaen, die der Finanzministcr im Polen-Club machte, haben nämlich den besten Eindruck hinterlassr», und war von diesen Mittheilungen auch schon den andere» Clubs, in welche» 1>>. Steinberg gleich falls Aufklärung geben wird, bekannt geworden, reichte au», um die Betorgniste, daß die große Bction eventuell aus halben, Wege sieben bleiben könnte, zu zerstreuen. Wenn eine Frist für die Ausnahme der Baarzablungen ni«bt bestimmt worden, so bat die- lediglich darin seinen Grund, daß die Geldbeschaffung nicht der Gesabr auSgcsetzl werke» bars, durch spekulative Operationen beeinträchtigt zu werten, mit welchen gerechnet werten müßte, wenn ein bestimmter Termin sestgcstelll würde, bis zu welchem die Ausnahme der Laar zahlung unbedingt erfolgen müsse. In de» Niederlanden bestehen bekanntlich neben den Gcneralstaaten — dem niederländischen Parlament — auch Prvvinzialstaaten, welche ähnliche Befugnisse wie die Generalräthe in den französischen Departement» haben. Jüngst sind nun die Provinzialsiaaten ncugewäblt worden, und zwar mit eincm Wahlergebnisse, mit dem die Liberale» zufrieden sein können. Der Versuch der kirchlichen Parteien nämlich, den Liberalen die Mehrheit in einzelne» Provinzen zu entreiße», ist, wie nian aus Amsterdam berichtet, voll Iiändig gescheitert. E- ist dies von Wichtigkeit, da >a dir Mitglieder der ersten Kammer von den Provinzial- staaten gewählt werden. Die Hälfte der Mitglieder ter Provinzialstaaten scheidet alldreijährlick ans. Im Iabre 1880 gewannen dir Auti-Revolutionairen (Kirchlich-Orthodoxen) »nd die Katholiken neun Sitze, während diesmal nach Sprengung de« zwischen den beiden kirchlichen Parteien be standenen Bündnisses die Liberalen nicht nur ibrc» Besitz stand behaupteten, sondern auch einige verlorene Sitze wieder zurückerobcrten. Sogar in den gefährdeten Provinzen Fries- la»d und Geldern Kaden die Liberalen der Provinzialstaaren ihre bisherige Stellung behauptet, so daß die starke liberale Mehrheit in der ersten Kammer also vorläufig wieder gesichert ist. Nach den neuesten Veröffentlichungen päpstlicher Organe aus Rom scheint jede Verbindung zwischen der Kirche und der Monarchie in Frankreich cnbgiltig ab geschnitten und selbst monarchistische Blätter suchen nicht mehr die Vorstellung ausrecht zu erkalten, daß der Papst im Grunde doch mit ihnen einverstanden sei. Dagegen nimmt daS vfstciclle Organ des Grasen von Paris offen re» Kampf auf und sagt, daß die Monarchisten eine politische Partei seien, die sich um den Papst nickt zu kümmern habe und tbun werde, wa« ihr gut erscheine. Radikale Blätter beben nicht mit Unrecht hervor, die Einmischung in die inneren Angelegenheiten Frankreichs bedeute, daß damit rin nicht unbedenklicher Vorgang geschaffen sei, zumal diese Ein mischung, die augenblicklich allerdings im Interesse der Republik liege, von den meisten Organen der Republikaner als durchaus zulässig anerkannt werbe. Der Papst sei, indem er die alleinige Leitung der Politik beanspruche, zu Len mittel alterlichen Ucocrlieferungcn zurückgekchrt, und es sei erstaun lich, daß daS ganz ohne Protest geschehe. Die heute in der Praxis den Republikaner» günstige Theorie könne sich unter einem neuen Papste leicht gegen sie kehren. Die Nähe der englischen Parlamentswahlen bringt cS mit sich, daß die Führer der beiden großen sich gegcnüberstchenden Parteien häufiger als sonst sich mit großen politischen Reden an die Wählcrniasscn wenden. Wir haben schon kurz geineldct, daß am Mittwoch Lord Salis bury in Hastings wieder eine solche Rede gehalten hat, die überall Aussehen erregen wird. Sie war zwei großen Fragen gewidmet: der socialen Frage und ferner der Erörterung, ob England seine Freihandelspolitik ausgeben solle. In letzterer Beziehung ist bedeutsam der Umstanr, daß daS eng lische Eabinet sich mit dem Gedanken trägt, ReciprocitätS- Bertrage abzuschließen. Diese Anregung schemt zunächst durch die schnyzöllnerische Politik der Bereinigten Staaten bedingt. 2ö ist jedenfalls bcmerken-merlb, daß die Ausführungen Lord SaliSbury's anhaltenden stürmischen Bcijall bei seinen Zuhörer» fanden. Die Rede des eng lischen Premierminister» wird von ter „Voss Ztg." im Aus zug wie folgt wietergegeben: Lord Lati-dury hielt in Hastings, woselbst die Jahres» Versammlung de« Verbandes der conservativen Verein» der ckras- 'chan Sussex tagte, eine längere Anivrache a» eine Massenversamm lung dcr coniervative» Wayier. Rick dem Auedrucke der Neber- zcugung, dag die bcvvrslchcnten Wahlen einen den gemeinsamen vviiiiunge» der Partei enispiechende» Ausgang haben werden, bemerkte Salisbury, in der auswärtigen Politik herrsche eine jo absolute Ruh», dag er tein Worl darüber >» der Oefsenitichkeit zu sage» habe; ander« »ehe «s aber innerhalb Le« Reiche«. Ter fortgesetzte Kamps zwischen Capital und Arbeit >et bekiagenrwcrlh; die Industrie sei dadurch lahm gelegt uud da» Elend »chme überhand. Obwohl es ernstlich zu wünschen sei, dass der Arbeiter für seine Müde hinreichend enisch.>d!gl weide, dm: er behaglich lebe» und hinlängliche Mn«e für seine sitillche und geistige Bildung sinbcu känne, lasien sich doch solche I»s:a»bc nicht durch Verordnungen einer Regierung oder eines Parlament« herbeisührcl:: I.c liege» sich nur verwirllicheil durch das WachSthu»: m der Crkenulnlß uud Weisheit dcr ossenllichc» Meinung lelber. Da« Parlamem könne dem Arbeiter Helsen, dessen Annreligungcn erleichtern, gesetzliche Hlndeenisse au» dein Wege rgnnien, aber der Antrieb zu einer besseren Lage der Dinge mützle einer hüheren AnssasI» » g der Ps! i ckte» der Arbeitgeber und Arbeiter entspringen. Diese» Z>et dürfte ichtieglich früher oder spater erreicht werden. Jur Frage des Außenhandel» Englands übergebend, jagte Lord Salisbury, man sehe, wie sremdc Nationen eine eherne Mauer des Schutzzölle« um die tyeslade Englands errichte», wodurch England voll ihren Märkten anSgelchlvsse» werde. In den sorigcsetzle» llntcr- handlungrn zwischen den Nationen de« Auslände«, betreffend den Avicytutz neuer Handetsverirage, buhle Niemand um b.e Bnnst «üroßdritannleuS, well England kraft seiner FreibandeiSpolitik bereit« Alle» gegeben habe, wa» es zu vergeben Hane. Die Regierung Vermöge die traditionelle Politik England» »ichl zu ändern, fall« sie mast überzeugt sei, daß sie eine große Mehrheit des Landes aus ihrer Seite habe, denn in auswaruge» Angelegenheiten sei eine beständige Politik geböte». Wenn aber England i» diesem Tariskriege seinen Platz behaupten wolle, müsse e« voebereitet sein, nöthigensaUS über jene Nationen, die c« schädigen, die Strafe zu verhänge», die zu verdangen in seiner Macht stehe, nämlich ihnen den Zugang zu den britischen Märkten zu verwehren. (Anhaltender stürmischer Bestall,) Die Macht, über welche England am meisten zu klagen Ursache habe, seren die Bereinigten Staaten von Nordamerika, Wäh rend die Zufuhr von Brodstujsen und Rohmaterial unter keinen Umständen gefährdet werden dürse, sei kein Grund vorhanden, warum Luxusartikeln, wie Wein. Spirituosen, Seide, Handschuhen oder Spitzen die zollfreie Einfuhr in England ferner gestattet werde» sollte. Ter Schluß der Rede war Irland gewidmel Lord Salisbury bestritt, daß er in seiner jüngste» Rede Ulster zum Ausslande gegen Homernle für Irland ausgesiachelt habe; er habe nur die Gefahren einer solchen Neuerung angedeutcl und cö unter liege keinem Zweifel, daß diese Gefahren wirkliche seien, deren Ab wendung die Pflicht eine» jeden britischen Wähler« sei. Deutsches Reich. tztz. Berlin, lO. Mai. Ter Rcichstagsabgeordnele für den Wahlkreis Straßburg i. E.-Lanb Nortb hat, wie schon berichtet, sein Mandat nietcrgelegt. Die Nachricht kommt nicht überraschend, denn Herr North sah sich schon, als ihm der Abgeordnetensitz angetragen wurde, zu dcr Erklärung genöthigt, daß ihm BerusSgcschäjle die Abwesenheit von seinem Wohnsitz nur selten gestatten würden. Trotz dieser Erklärung erfolgte die Wahl des ausgezeichneten, in seiner Heimath überaus beliebten Mannes ohne Gegcncandidatur uud mit großer Stiuinienaiizahl. DerUmslant, daßNorth seine» Landsmann und nationalliberalen Parteigenossen I)r. Petri im Reichstage bei der Erörterung reichüländischer Angelegen heiten, so z. B. der Paßzwangsrage, allein lassen mußte, bat in ihm wohl den Entschluß gezeitigt, die Vertretung des Wahl kreises einem Anderen zu überantworten. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß auch sein Nachsolger auS de» Reihen der auf nationalem Bode» stehenden Politiker hervorgeheu werde. Die Frage, welcher der nationalen Reichsparteien sich der zukünftige Abgeordnete deS Landkreise- Straß burg i. E. anschließc» wird, ist eine untergeordnete. Partei- intereffen kommen in Elsaß-Lothringen sür Deutsche selbst verständlich nicht ins Spiel. Auch daS natioualliberale Parteimitglied North war ohne jcglickeS Eingreifen der orga- »isirten uationallibcralen Partei gewählt. 0. kl. Berlin, lt). Mai. Dcr socialdemokratische Partei tag sür die Provinz Brandenburg, welcher am vorigen Sonntag in Berlin taglc, hat sich bekanntlich auf da- Ein gehendste mit der Lantagitalion beschäftigt: ter Auf forderung: .auf die Dörfer" werde» die Berliner Ge nossen setzt in umfassende», Maße Nachkommen; die Früh- iahrSzeil hält man deshalb für recht geeignet, weil der La»d»ia»» in Nieser mir seiner Zeit nickt so beschränkt sei als im Sommer unk im Herbst; »anienllick werden die Orte bearbeitet werte», wo sich Ziegeleien befinden. Eine große AgiiationSiour, bei der sicherlich Tansente von Berliner Ge nossen beiheiligt sein werbe», wirb uns dcr HiniiuelsahrtSlaz, llst. Mai. bringen. Die sveialccinokralischc» Wahl- vercine des III. und des VI. Wahlkreises haben bereits die Agitalionstonr festgesetzt und die anderen Vereine werden folgen. Ei» Ort. der ans der Agitalionstonr liegt, wird mit socialdemokratisckcn Zeitungen geradezu übcr- sckwcmnil; die Geschästodiener und Packer, welche die Gegend um Oranienburg unsicher machten, führte» Ballen socialistisch- pvlnisckcr Zeitungen mit sick und brachten dickelren alle an den Mann. Ter Knecht, Tagelöhner und Kossäth, welcher keine anderc Zeitung zu Gesicht bekommt, als die ihn« von den Soetaldcmokratcn ,n die Hank gesteckte, ist sür die social- demokratischen Anschanungcn keineswegs mehr so zincm- psänglich, als man glaubt (siehe Wahlen in Mecklen burg); daS stete Wühlen macht sich auch bei ihm schon geltend, zumal wenn ihm fortgesetzt Zeitungen in die Hand gedrückt werden, die mit Geschick speeiell für ihn, den Lantmann, geschrieben sind, also nainentlick ticSleuer- srage, die Militairsragc bebankeln. Bei solchen Agita- tionStouren fährt natürlich der Wirth in dem Dorfe nicht schleckt , cS wird viel verzehrt ; daS unauSgcsctztc Streben ter Berliner „Genossen" gebt dahin, ihn, auch wen» er pecuniär unlcrsliitzl werten muß, als Vertrauensmann zu gewinnen, und so nistet sich die Socialreniolratie allmälig auch in den weltverlorenen märkischen Dörfern ein, in denen diSber keine einzige foclaltcszzokraiisckc Summe abgegeben wurde. Die mit großem Aufwand in Scene gesetzte» AgitationSlouren der Berliner „Genossen" sind daher nicht so leicht zu nehmen. * Berlin, l9. Mai. DaS unter dem Protectorate der Frau Prinzessin Friedrich Karl von Preußen siebente Eentral-Eoinilö sür d,c t e u lsch e Fraucua bt Heilung bei der Weltausstellung in Chicago l893^uelt heute Abend im Architcktcnbause seine erste cssinllichc Sitzung ab, zu der etwa bunlwrt Damen der feineren Stände, der an sic ergangenen Einladung folgend, erschiene» waren. Nach einem Bortrage dcS NcichSeoinmissarS sür die WcltauSstcllnitg in Chicago, Geh. RcgicrungSralb Wcrmulh, wurden die Maß nahmen beralhcn, die zunächst getroffen werden sollen, um daS Zusammenwirken der deutschen Frauen zu einer würdigen Darstellung ibrcr Dbätigkeil aus dcr Ausstellung licrbcizusükren. Cs wurde beschlossen, vier Sondcr Comitöö cmzurichtcn und sofort in Wirksamkeit treten zu lasien, für: I. Alles, was aus die wirtliche Ansstcllnng M dem Frauen palaste der Ausstellung, für de» 80<>«n»l>.^ bewilligt worden sind und der in seinem Bau nahezu vollendet ist. Bezug hat, also industrielle Thätigkeit, Knnstscrligkcit, Kunslgewcrbc, Handarbeit, Bildhauerei, Malerei, Zeichne», Modelliren, wchriststcllcrei u. s. w. lla. Bcreinswesen und Anstalten für Erweiterung und Hebung des Unterrichts für das weibliche Geschlecht, wissen schaftliche und kansmännische höhere Bildung, künstlerische Untcrwelsung in Musik, Malerei, Modelliren. Feuilleton. Gerettet. 1a Novelle von Alexander Römer. Na^deu« «rlxma. (Fortsetzung.) Dcr Geliebte konnte nie der Ihre werden — er hatte das wohl selber eingescheo, bevor er ging — sie war eine Verfebmte. DaS war das ätzende Gift» welches ihr Dasein vernichtete. Des Vater» Tod und ihr Empfinden darum war in dem große» Elend mit uutergegangcn. Dann hatte der Doctor ihr gesagt, daß er sie ans Schinach und Unchre erlösen und zu seiner Gattin machen wollte, sie war seine Braut — in wenig Tagen sollte Hochzeit sein. Brautstand! Hochzeit! Sie erschauerte — waren daS nicht Wort», welche Wonne und Seligkeit bedeuteten? Und wie war ihr zu Mutbe! Sic sah Len Doctor, ihren Verlobten, selten. Ost ergriff sie eine namenlose Angst, eine Sehnsucht nach ihm. den sie ja seit ihrer frühesten Kindheit geliebt, der sie jetzt in ihrer schreckliche» Roth wieder an sein Herz genommen, sic getröstet und erlöst batte. Warum that er das Alle» für sie? Aus Liebe? Angela hatte ihr ja früher schon gesagt, er sei ver liebt in sie — er hatte zu ihr ganz ander» gesprochen als Arthur — von Liebe, von dem Rausch« trunkener Herzen war keine Rede zwisckcn ihnen. Er war ein unabhängiger Mann, der keine Rücksichten zu nehmen brauchte — diese Worte deS alten Lolgersc» kamen ibr nie au- dem Gedächtniß — sie sollte ibm ein häusliches Glück schaffen, ihm ein treue» Weib sein. Sie faltete dann wobl die kleinen Hände, eine beiße Inbrunst stieg in ihr herauf — o, wenn sie ibm vergelten könnte durch die Dienstbarkeit eine« ganzen Leben», waS er sür sie gethan! War da» genug? Achs er wußte ja uicht Mußte sie ibm sagen, wa» sie schon durchlebt? Ost rief eine Stimme in ihr, daß sie es muffe. Er war dann nicht gegenwärtig, und wenn er kam — von ihr ersehnt, erwartet — fand sie keine Worte. Sie lehnte ihren Kopf au seine Brust, sie preßte seine Hand — sie hatte Niemand auf der Welt als ihn, seit ihr vor Mutter und Schwester fast graut — aber sie saßen meist stumm neben einander. Er war auch anders al« früher. „Ein so wunderliches Brautpaar habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen", saatc Angela zur Mutter. „Dieser Doctor ist doch ein Stockfisch und zu dumm, wenn er Der nicht anmcrkt, daß sie einen Anderen im Kops hat. Ich hätte übrigens der Lisa kaum so viel Grütze zugelraut, sie bat sick wenigsten» rasch auf« Trockene gebracht, der Doctor ist ja eine viel reichere Partie al« der windig« Maler. Ich weiß eS, wenn er vor un» auch Alle» geheim hält, daß er eine hochelegante Einrichtunfl anschafft für die neue Wobnung in der Sacksca-Allce. Wir werden wohl nicht bineinkommcn. Wa« micy alllangt, ich kratzte ihm am liebsten die Augen auS." „Schweig! Du bist an Allem Schuld!" rief die Mutter. Sie war tief gekränkt. Der Doctor hatte ihr ihr Kind ab gekauft. Sie war eine Heldenmuttcr, wie e» keine zweite gab, sie opferte sich selbst, ibr Glück, ihre Gefühle, um Lisa ein gjänzendcS LooS zu schaffen. Sie verließ Dresden, wo sie an der Seite de« Gatten Freud' ufld Leid erfahren, und kehrte in ihre ehemalige Heimath, eine kleine sächsische Stadt, zurück. Dort konnte sie fortan, fern von ihrem LiedlingS- tinde, ihr Leben vertrauern. Der Doctor, der diese Tiraden wiederholt anhören mußte, war vollständia stumpf dagegen. Er wußte, daß die ihre Erwartuna übertreffendr Rente, welche er ibr auSgesetzt, sie durchaus über ihre Entfernung von Lisa trösten werde und daß fi« in N bester situirt war, al» bier im vierten Stock in der Schießgastr. Aber freilich. Frau Heloise hätte gern dro Glan, der Lebensstellung ihre« Kinde« getheilt und noch einmal sigurirt in de» vornedmen Salons Sie meinte, die Gaben dazu völlig zu besitzen. Aber Angela war an Allem Schuld, dir war rücksichtslos, unvorsichtig, ungeschickt. Die Genrralin Welsler war erkrankt. Der Schlag war zu gewaltig, er warf sie danieder. Thekla pflegte sie und wich uicht vo» ihrer Seite. Für fie w»r ,« dU» Lukes, gegenüber ein stichhaltiger Grund, sein HauS zu verlassen, peinliche, schroffe Acte wurden so vermieden. Erich kam an jedem Abend um die Dämmerung an da» Gartengittcr — er batte mit Tbekla ein Zeichen verabredet, ein klirrendes Hinstreifen am eisernen Geflecht, — sic eilte dann hinaus, ihm Bericht zu erstatten. Dem Sohne war das Elternhaus verscblvffcn. Gab cS etwas Traurigeres aus ter Welt? Sie fröstelte und eS war ihr so seltsam zu Mutbe, wenn sie sich da« Tuch umwarf und heimlich hinauSschlüpflc zum Stelldichein mit ihm! Du lieber Himmel, welch' ein bittere», wehes LiebcSgrüßen! Und dock war's ein Liebe» grüßen. Sein Herz schlug wild, wenn ihre schlanke Gestalt oben zwischen den Säulen dcr Vorhalle erschien, wenn ihr leichter Fuß die steinerne Treppe hinabhuschtc und ihr liebes Gesicht im Halbdunkel de« Abends vor ihm austauchtc. „Nein, er brauchte nicht in Sorgen zu sein, dcr Zustand war in keiner Art gefährlich, nur große Schwäche, große Apathie, die natürliche Rcaction »ach der tiefen Erregung. ES wurde — es mußte noch Alles gut werke»" Ihre Wangen brannten, ihre Auge» glänzte» wie in, Fieber Sie wollte ibm Muth cinsprcchen — o wie dankte er ihr ihre Liebe, jeden Hantreich, den sie der Mutter that! Sie war sein einziger Trost in dieser, seine Kräslc ver zehrenden Zeit, vielleicht wäre er unterlegen ohne sie TheNa erbebte vor seinem gefurchten, verhärmten Gesichte. Wie mochte da« enden — sein Wort brach er dem Mädckcn nicht. Sie fragte ihn nach seinen Plänen, wie er Alle« cin- zurichten denke. E» trat ja allerlei an ihn heran, an da rr nicht gewöhnt war, dem er hilflos wie ein Kind gegen überstand. „Ja — er batte da eine Wohnung in der Sachsen-Allee angesehen, die ihm wobl paffend erschien Er verstand nur kein Titrlchrn von dcr Einrichtung, und Lisa» Mutter — er wünschte nicht» in deren Hände zu legen. Thella machte eine heftige Bewegung „Nein, nein!" ries sie, ihre Stimme zitterte in Leidenschaft, „Sie werden jene Frau nickt Ihre Schwelle überschreiten lasten!" Er blickte ihr in» Gesicht. Wie fie seine Sache als die eigene ansah »Lasten Sie mich da« übnuehmea", suhr sie hastig fort, „ich erübrige schon am frühen Morgen eine Stundc, wo ich abwesend sein kan». Ich will die Wohnung anscben, Nummer 17 sagten Sic, will Ihnen ein Bcrzeichniß machen über DaS, was ich zu einer behaglichen Einrichtung für nöthig halte. Sie können cs dann prüfe» und bestimmen." Sic sprach stockend, von ihre», Gefühl überwältigt, ihre Hand, welche er in dcr seinen hielt, war eiskalt. „Ich danke Ihnen, Thekla." Er wandte sich ab, sein Ton klang scemd. Sie sah ihm mit einem unbeschreib lichen Bli^e »ach. Als sie oben auf ihrem Zinimer angelangt war, schlug sic die Hände vor das Gesicht und schluchzte laut auf. „Ich bereite ibm daS Hau«, ibm und dieser Lisa! O du Guter, Ahnungsloser — du weißt nicht, WaS mich das kostet!" Sie hielt indcß Wort. Sie richtete die Wobnung sür daS junge Paar ein, sic wählte Alles passend, geschmackvoll, würdig. Und bei jeden, Stück, da« hineingctragcn wurde in die Räume, fragte sic sich: „Wird das Glück hier wohnen?!" Für sie war Alles, sür sie — seines Lebens Dämon. Erich kam Lisa abzubolen zu einem Spaziergang an dem laue» herrlichen FrnhlingSabcnt. Es war zwei Lage vor der Hochzeit. Er wünschte allerlei mit ibr zu besprechen. Sic gingen über die Terrasse, unten an der Elbe entlang, vorüber an ter neuen Heimstätte, welche Lisa nickt eher betreten sollte, als bis sic als Herrin dort cinzog, dann über die Albrrt- brücke am jenseitigen Ufer nach dem Waldschlößchcn zu. Er halte ihr nock nie von seine» Eltern gesprochen, sie ihn seltsamer Weise auch nie nach ihnen gesragt. Nur Frau Hcloise batte die Frechheit gehabt, ib» einmal zu fragen, ob er Lisa denn nickt den Seine» Zufuhren und vorsteUen wolle. Sein GcsichlsanSdruck batte ihr Furcht eingeflößt und sie zui» Schweigen veranlaßt. Erich war in Zweifel geblieben, ob Lisa die Worte überhaupt gehört. Sie war seinniblcnd und begriff ja seit dcr grausame» Ausklärung ihre Stellung. „Es thut mir so leid", begann er, „daß ich Dir nicht Hobe Alle» ebnen können. Unser Bund wird still und einsam geschloffen werten müssen, cS scblt, was anderen Paaren den Tag zum Freudenfest macht —wir müssen Geduld haben, cs der Zeit überlasten, Widerstrebende« zu verbinden."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite