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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.12.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911201029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891120102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891120102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-12
- Tag1891-12-01
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Adend-AuSgade: dre tigeipollene Petitzeile 40 Reclainen unter dem Sielxiclionkstrich «4geivaltein l >l, Faniliiennachlichleii und Anzeigen verlorener Oiegenslande «igespalteni 90 ^ Gröbere Schritten laut unierem Preis- verzcichnib Tabellarischer und Aiffcrnsatz nach hohrreul Tan». Extra-Vellage« (geialzt), nur mir der Morgen-AnSgab» . ohne Postbesörderung >» Ä>.—, mit Postbesorderung ,/l 70.—. ^unahmeschlllß für Inserate: Abend.Ausgabe: BormittagS 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Sonn- und Festtags 'ruh 9 Udr, Bei Len Filialen und Annadmeslellea je eine balde Stunde früher. Inserate sind siel« an dle Expedition zu richten. Dienstag den 1. December 1891. 85. Jahrgang. Leipzig, 1. Tecember. * Tie WeihnacktSserien de- Reichstage- sind auf die Zeit vom 18. December bi- 1t. Januar gelegt worden. * Tie „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet: In dem Befinden de- deutschen Botschafter- von Petersburg von Schweinitz ist eine langsame fortschreitende Besserung eingelreten. * Fürst BiSmarck bat an der am Montag in Ratzc- turz statlgebabtcil Wabl eines Kreistags Abgeordneten auS dem Trante der (Großgrundbesitzer theilgenommen. Die „Hamburg. Nachricht." erhalten darüber folgende Meldung: Rayeburg, 30. November. Fürst Bismarck ist um 1L Uhr in Begleitung des Grasen Herbert und b>r. Ctirviailder's zur Theil- nahine an der iärgünzungswahl der Großgrundbesitzer zum Kreistage hier eingclrossen. Tie Stadt war reich beflaggt, der Fürst wurde von berittenen Landleuten cingeholt. Auf dem Markte waren die siädischen Behörden, die Kriegervereine, der Militpirverein und die Schulen versammelt. Ter Fürst in Uniform mit Helm, sehr frisch aussebend, unlcrkiclt sich mit den Vorständen, sprach seine Freude über das neue Kaiserdenkmal aus, begrüßte dann die städtischen Kollegien im kreishaus und begab sich alsdann zur Wahl. In der Bevölkerung herrschte großer Jubel, begeisterte Hoch- und Hurradruse erschallten fortdauernd, dazwischen ertönte das Lied „Deutschland, Teulschland über Alles!" Nach Vornahme der KreislagSwahi Pallete der Fürst einige Besuche ab. Das Diner findet beim Land- raib statt. Tie Rückfahrt nach Friedrichsruh erfolgt um 6 Uhr mittelst Extrazugs. * Ter Gesundheitszustand de- in Kairo weilenden Major- r. W iss mann macht e-, wie wir börcn, sehr unwahrschein lich, daß derselbe im Stande sein werte, die Expedition zum Transport de- Dampfer- nach dem Victoria-Nyanza Sec zu leiten. E- finde» erfolgversprechende Unterhandlungen statt, um den Grasen Pfeil mit dieser Mission zu betrauen. * Am 18. October d. IS. fand in Witten eine vom dortigen Reich-Verein veranstaltete Gedächtnißfeier für rcn verstorbenen LandtagSabg. Louis Berger-Witten statt. Die dabei gehaltenen Ansprachen dcS LandtagSabg. Schmie ding, LandtagSabg. von Eyncrn, Bürgermeister Haarmann u. A. sind jetzt von dem geschäftsfübrendcn Ausschüsse dcS Reichsvereins zu Witten zu einem Criiliierungöblatt ver einigt herau-gegcbc» worden. Der Ertrag (Preis 50 U) ist für die Stiftung eine« Zeichens der Erinnerung an LouiS Bergcr bestimmt. Das Büchlein entwirft ein sehr anziehend des Bild dieses hochverdienten Parlamentariers und charakter vollen Patrioten. Wir greisen einige für sein Wesen bczeich »ende Züge und Aussprüche heraus, die in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdienen. Berger hielt sich bekanntlich nach seinem Austritt auö der Fortschrittspartei jedem FraetionSvcr- band fern, wenngleich er dcnNalivnaUibcraleu am nächste» stand, lieber tasPartciwcscn meinte er einmal: „Wir zehren unS ja vollständig auf in elenden Partcikämpscn. Was nicht voll ständig aus den Partei- oder Fraclionskatechisnius schwört, welchen der Nachbar gerade auswendig gelernt hat, wird von diesem als Feind dcS Vaterlandes und dcS Staates betrachtet. DaS muß ein- für allemal aushören, den» wenn sich im Innern der Festung die Vertlicidiger befehden, übersteigt der Feind die Mauern." Bekanntlich ist Berger in keiner Sache so nach- baltig und verbissen von scineir Gegnern bekämpft worden, als wegen seiner Unterstützung der schutzzölluerischcn Bestrebungen. Er sab im Freihandel keinen kategorischen Imperativ und keinen absolut selig machenden Grundsatz. Die Frage dcS Freihandels oder Schutzzolls war für ihn eine Zweck mäßigkcitSsrage je nach der LcistungSkraft des einen Staats und seiner volkswirtbschastlichcn Stellung zu anderen Staaten. Und weil nach seiner Bcurtheilung die Produclionöbekingungen Deutschlands ungünstiger waren als diejenigen Englands und weil Deutschland feine Grenzen nicht offen halten konnte, namentlich bei der Schutzzollpolitik Amerika- und Frank reichs, wo sich ihm die Grenzen der größten bisherigen Absatzgebiete verschlossen, unterstützte er die neue WirlkschastS- polilik. Als ihm einmal erzählt wurde: einer seiner früheren Parteifreunde habe ihn infolgedessen zu den polilischen Todtcn mit der Bemerkung geworfen, ein ^chutzzöllncr könne nicht mckr zu den Liberalen gezählt werten, meinte er fröhlich: Dann ,siebt cS ja also in den Republiken Frankreich und ameri kanische Union nicht einen einzigen liberalen Mann. Er stand zwar roll und ganz auf dem Boden der so eialpoli tischen Gesetzgebung, aber nach den von ibm gemachten Er fahrungen warnte er in den letzten Iabrcn stets vor den »»gemessenen Versprechungen und Hoffnungen, die derselben verhcrgiiigcn und welche die Begehrlichkeit der Arbeiter in weit größerem Umfange, als jemals die Industrie eines Landes tragen könne, reizen würden. Dem reifen Mann wollte er dabei jede selbstständige Entschließung gönnen, aber, was er bei der Institution des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrecht-, von dem er überhaupt nicht- wissen wollte, und bei den socialpolitischen Organisationen bc sonder- verwarf, da- war die niedrige Altersgrenze welche die wichtigsten staatsbürgerliche» Rechte gab. ..Die Bösartigkeit in der Streikbewegung", sagte er im Ab geordnctcnhauS, „ist durch die Pferdejungen und Schleppe gekommen, jene bedenkliche Sorte ini Alter zwischen I», und 9.'» Jahren, an denen möglicher Weise Laö Vaterland »och zu Grunde geht, wenn man nicht Mittel sinder, sie zu bändigen". Der Grundton, welcher Bcrgcr'S ganze- politisches Denken und Fühlen durchzog, war sein jederzeit furchtlose« Eintreten für ei» freie- selbstständiges Bürgerthum. Eine besondere Gefahr für dasselbe erblickte er in dem schranken losen allgemeinen Wahlrecht. So bemerkte er: „Ein Gesetz, welche- alle bestehende» geistigen und materiellen Ber schiekcnbeiten und Leistungen zwischen den Wählern iguorirt, welche- Mrllke nicht mehr Wahlrecht giebl und nur den nämlichen gesetzgeberischen Einfluß verleiht, wie feinem Reitknecht, welche- Virchvw mit seinem Stiefelputzer, Krupp mit seinem Tage löhner, BiSmarck mit seinem Pfeiscnslopser wablrechllich aus mathematisch gleichem Fuße behandelt, ein solche» Gesetz muß nalurnotbwendig über kurz oder lang die Monarchie und tie jetzige (Gesellschaftsordnung zu Boden werfen und Anarchie berbeisuhren." Die Abneigung Bergers gegen das all gemeine Wahlrecht war eine sehr starke. Er besorgte eben von demselben ein übermäßiges Zurückdrängen de» berechtigten Einflusses des seßhaften und kernigen Bürgertkums und da durch eine Schädigung der wirklichen Volk-rechte * lieber die Ausnahme der Rede Eaprivi'S im Aus Inad« liegen heule Meldungen aus England und Rußland vor. In England hat sic noch keine eingehende Besprechung ge linden. Tie „Times" bespricht sie nur >udirecr in einem Leitartikel über die Reise von Gier-. Im Verlause de- ArtikelS folgert sie, die Reise habe die allgemeine politische äge nicht wesentlich geändert und den Dreibund weder ntergrabcn, noch in anderer Weise nachtheilig beeinflußt; gleichwohl bilde sic einen interessante», wichtigen Zwischen all i» der laufenden Politik; denn sie habe gezeigt, aß Rußland bemüht sei, die zwischen ihm und dem Dreibünde seit einiger Zeit bestehende Spannung zu mildern und daß Frankreich nicht gestattet werden würde, da- herz liche Eiuvernchnicn niit Rußland für Angriffszwecke zu be nützen. In Petersburg soll die Rede mit hoher Befrie digung erfüllt haben. Der „Grashdanin" erkennt zwar die irictlichc Bedeutung der Rete an, weist aber nach, daß die Ausführungen über den Narwaer Besuch gegen die wahre Sachlage verstoßen. In Narwa habe die deutsche Politik FiaSeo gemacht und das sei der AuSgangSpunct aller Span nungen der letzten Zeit, die schließlich den Kronstädtcr Besuch veranlaßten. * Die Pctitionöeommission de- ReickSlagS hat einen ausführliche» Bericht, erstattet von dem Avg. Hoffel, über die Massenpctitioncn, betreffend A u fh r b u n g des Impf» gescyes, bczw. Beseitigung des Impfzwanges, erscheinen lassen. Die Eommission hat »lit 10 gegen 9 Stimmen be- chjossen, die llcberwcisung der Petitionen an den Reichskanzler ur Kenutnißnahme beim Reichstag zu beantragen. * Eine weitere Anweisung zur Aussührung derLand- zemeinde-Ordnung in Preußen wird sich mit der Ber» assung und Verwaltung der Landgemeinden beschäftigen. Dabei kommt zunächst die Organifation selbst in Frage. Nach der Landgemeinde-Ordnung sind die Organe der Land gemeinden die Gemeindeversammlung und der Gemriade- vorsteker, welchem zur Unterstützung und Vertretung für einzelne Zweige Schöffen beigegeben sind. Für größere Ge meinden mit mehr als 40 Stimmberechtigten tritt an Stelle der Gemeindeversammlung eine gewählte Gemeindevertretung; auck können für größere Gemeinden die wichtigeren Geschäfte de- Gemeindevorstehers einem collcgialen Gcmemdcvorstand über tragen werden. Ebenso kann bei Gemeinden von über 3000 Seelen di: Wahl eine- besoldeten Gemeindevorsteher- beschlossen werden. Ueber die Bildung aller dieser Organe der Ge meinden wird eine nähere Anweisung an der Hand der De treffenden Bestimmungen der Landgemeinde-Ordnung zu geben ein. Dies gilt insbesondere auch von der viel umstrittenen Bestimmung über die den größeren Grundbesitzern und Gewerbetreibende» beizulegendc Mehrheit von Stimmen. Eine» zweiten Hauptpunkt, welcher der inskructionellcn Regelung bedürfen wird, ist da- Abga b ewe sen der Landgemeinden. Die Gemcindeabgaben zerfallen »ach der Landgeiiicintc-Ortnuug i» Steuern, Gcbübren unk Dienste, die Steuern wiederum in directe und indirectc Gemcindc steuern. Directe Gcmeindeabgaben können nur vom Ein kommen, vom Grundbesitz und Gewerbebetrieb erhoben werden Erslcrc dürfen nur in der Form von Zuschlägen zur Staat- cinkomincnsteucr, letztere auch in der Form selbstständiger Grund- unk Gewerbesteuern ausgeschrieben werde». Dabei darf die Grund- unk Gewerbesteuer nicht höher, al« die Einkommensteuer bemessen. muß aber mindesten- mit dem halben Betrage der letzteren herangezogcn werden. Alle diese Puncte werden durch Anweisung näker zu erläutern sein. Dasselbe gilt von der Form der Feststellung der Steuern in. Ganzen (Regulativ, Einzel beschluß), der Festsetzung dcS Steuerbetruges im Einzelnen und dessen Einzicbung, sowie von den Bestimmungen für die UcbergangSzcit bis zum I. April 1895, bis zu welchem Ter> mine innerhalb des der statutarischen Regelung vorbchaltcnen Gebietes die bestehenden ortSstatutarischcn Normen ausrecht erhalten werken können. Endlich wird das Vermögen und der Haushalt der Gemeinden Gegenstand der Regelung sein müssen und dabei insbesondere auch über die Ausstellung de- GcmcindchauSbaltsetatS. die Gemeindcrechnung und deren Revision daö Nöthige zu bestimmen sein. * Die Nackricht der „SrbSke Nowiny", daß demnächst in den Gemeinden mit wendischer Bevölkerung die wendische Sprache als Unterrichtssprache in de» Volks schulen eingesührt werden solle, wird jetzt dakin richtig ge stellt, daß in einer Lekrcrvcrsammlung von dem Sckulrath aus eine an ibn gerichtete Anfrage der Bescheid ertbcilt worden sei, daß ausnahmsweise im Religionsunterricht denjenigen Kindern der unterste» Elaste, die »och nickt genug deutsch verstehen, die biblische Geschichte in wendischer Sprache eingeprägl werden solle. Danach würde cs sich nur um einen Nothbebcls handeln, von dem in Preußen nur in ganz einzelnen Fälle» Gebrauch zu mache» sein würde. * Der deutsche Botschafter in Pari« Graf Münster ist nach Hannover abgcrcist, um bei dem dortigen Provinzial landtage den Vorsitz zu führen. * In München sind mehrere Eolporteure zu einer Geldstrafe verurtheilt worden, weil sie Exemplare einer TagcS- zeitung, deren Confiscativn von der Polizei angrordnet war, verkauft hatten, obgleich sic von der polizeilichen Beanstandung des Blattes nickt- wußten. In der UrthcilSmotiviruug wurde betont, daß jeder Exporteur, ebc er eine Zeitschrift oder Flugblatt verkauft, sich vergewissern muß, ob der Inhalt desselben nicht gegen die Gesetze verstoße, er müsse denselben zuvor lesen. * AuS Greiz wird unS geschrieben: Ter Landtag genehmigte üi seiner letzten Sitzung den Vertrag mit dem Königreich Sachsen wegen Ausnahme hierländischcr Geistes kranker i» dortige Heil und Pflege-Anstalten, sowie noch weitere 3000 s zur Erbauung der Elsterbrückc bei Station Ncumnhlc Der Antrag auf Bewilligung von N400 .6 ThcuerungSzulage für Staatsbeamte wurde der Finanz eommission überwiesen. * Kalnoky'o Erklärungen werden in Rom freund licher beurtkkilr von den Zeitungen „Ovinione", „Popolo Romano" und „Don Ehiskiotte". Dieselben sind darin DaS Wiener „Fremdenblatt" giebt einen in dem Belgrader Blatte „Pajek" enthaltenen, an die Be wohner Bosniens und der Herzegowina gerichteten Aufruf wegen Beitrittes zu dem Agitation-Verein wieder und knüpft daran die Frage, ob diese Publication eine« officiösen Organ- der Regierung, so unschädlich sie auch an sich sei, in Belgrad als eine frcunknachbarlichc und correcle Cache betrachtet werde. * Der Obmann de- Polenclubs, Iaworöki, hat, nachdem sich in der zweitägigen Berathung des PolcnclubS eine nahezu vollkommene Ucbcreinstimmung der Elnbmitglicder ergeben hatte, unter lauter Zustimmung der Versammlung die Erklärung abgegeben, daß der Polenclub an der zu Beginn der ParlamentSscssion eingenommenen Politik der freien Hand scsthalte, daß jedoch, im Falle die hierzu in erster Linie be rufene Regierung die Schaffung einer festen Majorität ver anlassen sollte, der Elub, bei der derzeitigen Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses, seine Mitwirkung nur einem gleich zeitigen Zusammengehen mit dem Elub der Eonservativen und der vereinigten deutschen Linken, unter der Voraussetzung der Berücksichtigung der nationalen Traditionen und der autonomen Grundsätze dcS PolcnclubS, leihen werken. * Der Deutschnationale Stcinwendcr bekannte sich gestern in einer Bcrsammtung als Antisemit. * Die italienische Deputirtenkammer beschloß aus den Vorschlag dcS Ministerpräsidenten di Rudini, die die innere Kirchenpolitik betreffenden Interpellationen von Bovio, Eavallotli und anderen Tcpulirten auf die Tages ordnung der MittwochS-Sitzung zu setzen. Bei der Be gründung seines Vorschlages bemerkte Rudini, daß er nach den vom Minister des Innern Nicotcra am Sonnabend in Betreff diese- Gegenstandes abgegebenen opportunen Er klärungen die Bcratbung der erwähnten Interpellationen nicht als sckr dringlick anschcn könne. Am Schluffe der Sitzung wurde angekündigt, daß die Interpellation Cavallotti'S bezüglich der Erklärungen keS Grasen K.rlnok» aus die Aeußcrungcn de- österreichischen Delegirten Zallingcr gleich zeitig mit den anderen Interpellationen über die innere und äußere Politik entwickelt Werken solle Der Proceß Livraahi in Massauah wird, nach der „Magded. Zeitung", in Htalicn mit steigender Erbitterung verfolgt. Die Zeugen überdielcn einander in der Erzählung grausencrregcnder Einzelheiten über die „Hinrichtungen" vor de» Thoren MafsauahS. Am Donnerstag wurde General Baldisscra vernommen, der zur Zeit der Wirksamkeit Livraghi'S Gouverneur von Eritrea war. Baldisscra erklärte kaltblütig, daß er die Verantwortung von fünf „Beseitigungen", welche Livragbi auSgcführt habe, auf sich nehme. DaS da gegen die Hinrichtungen des Abessiniers Gctbcon lind dcS NaibS OSma» von Arkiko anlangc, so seien diese olme Bcscbl der Regierung erfolgt. Ferner bekundete (General Baldisscra, daß er auck dem Polizisten Adam Aga ausgc tragen babc. nenn irregulairc Soldaten kurzer Haut bei Seite zu schaffen, weil er überzeugt gewesen sei, daß sic eine Meuterei planten. Adam Aga habe den Auftrag in befriedigender Weise auSgesübrt. Am Freitag batte der Polizeicapitain LocaScio, der frühere unmittelbare Vorgesetzte Livragbi'S, seine Aussagen abzutegcn. Er erklärte, ihn« sei bekannt, daß die Eomiiiandantur i» Massauah Livragbi mit der Beseitigung mehrerer Verdächtigten bcans tragt habe. Der General Eossato, der eine Zcitlang als Vertreter de- Oberbefehlshaber in Massauah gewirkt bat, räumte ein, daß er die Beseitigung des NaibS von Arkiko besohlen habe, weil er ib» ini Verdacht batte, daß er an den angeblichen Umtriebe» Mussa cl-AkkadS bctbeiligt sei (Man erinnert sich, daß Mussa-et Akkad aus Grund emeö gefälschten Briefes an RaS Alula de» HochvcrrathS für schuldig zum Tode verurtheilt. aber später sreigesprocken ES verdient bemerkt zu werden, das Naib vor seiner „Bescitigun.z" Woche» lang ge gehalten wurde, ohne daß man ibn vor ein gestellt hätte. General Orcro, der nach Eossato den Oberbefehl führte, billigte die Beseitigung de« NaibS von Arkiko und gewährte Livragbi sowie dessen Mitbenkcrn eine Belohnung. Diese bestand in de» l.',ooo Thalcrn welche die Regierung bei dem Abessinier Geldern mit Bc schlag belegt halte und die Generat Orcro als Kriegsbeute betrachtete! General Baldisscra erklärte, er babe der artige Belohnungen niemals bewilligt. — Dieses sind die nackten Tbatsachcn über die „Beseitigungen" in Massanak A» ihrer Richtigkeit läßt sich nickt makel», denn die Urheber der „Beseitigungen" babe» die Tbalsacken selber als wahre anerkannt. Ohne Zweifel haben die drei Generale in gutem Glauben gebandelt. Mit einer Hand voll weißer Soldaten, inmitten einer unzuverlässigen und zur Empöruiig gcucigleii Bevölkerung glaubten sic die italienische Herrschaft nickt ander« sichern zu können, als durch die ra,chc Beseitigung der vcrmkttitlicken Hauptscinde Italiens. Mag sei», daß durch diese« Versabren eine Reihe Schuldiger von ibrcr gerechten Strafe ereilt worden ist. Aber mindestens in zwei Fällen sind vollkommen Unschuldige mit bingcinortct worden. Gegen den Abessinier Getkeon habe» die Zeugen auSsagt» nickt kic geringste Belastung ergeben. Diesen unglücklicken Besitzer von baarcn I.',,ooo Tbcrcsien thajern bat Livraghi augenscheinlich nur seines Reich thumS wegen todtschlagc» lasse». Nicht »unter ent setzlick ist der Fall des Naib OSma» von Arkiko. Dieser geriet!» bei dem General Eossato in Verdacht, daß er an den hockverrätkcrlscke» Plänen Mussa et Akkads bctbeiligt sei. Der »uglücklickc Naib wurde „beseitigt" und seine Mörder er hielten für ihre Helkcnthai >5 000 Tkaler ''Nun hat sich aber berausgcttelll. daß Mussa-cl-Akkad überhaupt keine» ! Hockverralb versucht bat, daß der Brief, mit dem er an gcbtick Ra» Aluta zum Vormarsch gegen Massauah aut forderte, gefälscht war. "Naib OSnian jceock ist beseitigt und seine Beseitige! haben ihre 15 000 Thalcr i» der Tasche * Die Commission der französische» Deputieren !kammer zur Beratbang der Vorlage, betreffend die in Frankreich ansässigen Ausländer, »ahm eine Bestimmung I an, wonach die nach Frankreich kommcnden Ausländer, welche erkannt, wurde. OSman fange» Gericht einig, daß der Minister die römische Frage mit keinem Worte I daselbst vorübergehend oder dauernd ein BerufSgefckäst aus berührt, sondern die Versöhnung de- PapsttbumS mit dem I üben wollen, gehalten sein sollen, binnen acht Tagen eine Ouirinal mit alle» Kräften zu fördern versprochen habe; > entsprechende Erklärung an die Mairie der Gemeinde zu man könne die Zweckmäßigkeit dieser Erklärungen, nicht aber I richten. in der sic dauernde» Ausenthalt nehmen wollen ihre Loyalität in Zweifel ziehen. s Mehrere Deputirte beschlossen, eine allgemeine Versammlung der republikanischen Deputieren zu berufen, um über den u befolgenden Weg zu beratbcn, um die Regierung zu bc ^immcn, ibr Verhallen gegenüber der gegenwärtigen H al t u » g es KtcruS und der msotge der Affairc de» Erzbischofs Goutbe-Soulard durch die Bischöfe organifirte» Agitation zu präcisircn. (Wiederholt.) * Die Generaldebatte in der französischen Dcputirtsn kammcr über da- Budget der Eolouien verlies sehr lebhaft. Der Referent Dclcassö setzte die Nolbwentigkeir neuer Opfer iir Tonkin auseinander. Pellctau sprach lebhaft gegen die .'luSdclmung der colonialen Bestrebungen, indem er unter Hinweis aus das Beispiel TonkinS zur Beschränkung der Äetion im Sudan mahnte. * Wie in englischen diplomatischen Kreise» verlautet, wirk Marquis Du sie rin den durch den Tod des Earl os Lntton erledigte» Botschastcrpostc» in Paris übernehmen und Drnminond ÜLolss, bisher Gesandter in Bukarest, zum Bot schafter in Rom ernannt werten. * Nack wie vor wird daS öffentliche Interesse in Nu st and von der Hungersnotb unk was damit im Zu- ammcndaiig skcbt, fast ausschließlich i» Anspruch genommen. Dabei komme» denn imiucr noch nur zu bäusig Diifge zum Vorschein, welche die Art und Weise, wie man da» Elend;n lindern sucht, in einem cigcnlbiiintichc» Lichte erscheinen lassen. Im Saniaraschen Gouverneinenl wurde z. B vom Vorsitzende» eines LandschastSanilS ini Aufträge des letzteren eine große Partie Weizen von einem reichen Gctrcitchäntlcr zu einem ansehnlichen Preise für die Nvtblcitciiren angekaust. Tiefe» Melit erwies sich al» ungenießbar, ja als durchaus untauglich zum Backe». Hierauf erließ da« Laiitschafi-amt in der officicllen Gouvernement-Zeitung eine Bekannt machung, in welcher der Bevölkerung eine Art Rccöpr mitgctbeilt wurde, kesse» Aiiwentnilg da» Mcbl we nigstens backsäbig mache» sollte. Es war darin Mais , Roggen , und Kartoffelmehl als Zugabe zum verdor benen Weizenmehl eiiipsodlcn. Leider konnte von de» iioth- leidcukci, Bauer» Nieiiiauk das angepriescuc Mittel anwenteii, weil die Hniigernde» keinen Mais oder Roggen besaßen und nicht die MMcl batten, sich welchen zu kaufe». In 9c j äs an wiederum hat man sich gcuöthigt gesehen, eine» überaus reichen Gctreidchä»tler dem Gerichte zu übergeben, weit der selbe »iir Sand und Lcbm versetztes M'cbt der »olbteitcndcn Bevölkerung verkauft hatte. Solche Fälle gehöre» leider nicht zu de» Seltenheiten uub liefern auf's Neue den Beweis von der fast in allen Schickten vertretenen Eorruption. — Zur Beschaffung weiterer Mittel für die darbenden GonverncmcntS beabsichtigt man neuerdings in RcgiernngSkrciscii eine Emission von Präiilicntoosc» >m Gcsamiiitwertke von «,oi>ot»»0 Rubel. ES sollen I 2oo ooo Loose im Wcrtbe von je 5 Rubeln auSgegcbcn werken, und mall erwartet eine» Rcnicrkrag von I oiio noo Rubeln. Wie cs beißt, wirk die Emission von der Rcichsbank, ihren Filialen unk von den Tlaalsrenlcicn be wirkt werde». Uebrigens erfährt die Petersburger „Börsen Zeitung", daß die Regierung tie in de» iiothleidcntcu Gegenden vorhandene» Kornvorrätbc zu erpropriirc» plant. * Die runiäiiischc Teputirtenkaiiinicr wählte den bis herigen Präsidenten Oberst Romovano mit too gegen II Stimme» wieder. Tie Minorität gab liiiheschricbcne Ttiiiimzctlcl ab. Als Vicevräsidcnle» wurde» Pcnccsco und Pessiaeow wieder und Eatargi iconservativt und Ftcva (liberal) neugcwähtk. * Die Aiibäiigcr de» früheren griechischen Minister- Präsidenten Triknpis beantragten in tcr Kammcr die Wiederaufnahme der gegen das Eahiuct Triliipis erhobenen, in der letzten Session vertagten Anträge. Die Kammer ist alsbald »i die Debatte der Anträge cingclrcte». * Eine Depesche der „Daily News" auS Konstanti- nopcl bezeichnet die Angaben, die Pforte habe die Wieder aufnahme der egypti scheu Frage beantragt, als verfrüht. Es besteht in .Konstautinopcl allertiiigs eine Partei, welche für die Wiederaufnahme der Angelegenheit ans der von Drummond Wolfs vorgeschlagenen Pasis sehr günstig gestimmt ist, während eine ankere Partei daraus binwcist, daß SaliS- bur» nicht zum zweite» Male zu einem voraussichtlichen FiaSeo cinlatcn Werke, nachdem Drunimond Wolff'S Plan sehtgcschlage» ist. Salisbury schlägt deshalb Unterhandlungen in London vor In gut unterrichteten türkischen Kreisen macht sich die Meinung geltend, daß eine liberale englische Regierung eher Uiilerbaiirtunge» mit Frankreich als mit der Türkei ciulcitcii würde und gebt deshalb daS Bestreben der Türkei dahin, die egnptische Frage vor dem Rücktritt des gegenwärtigen EabinctS zu lösen. * Die über London cinlrcfscndcn Nachrichten auS dem fernsten Osten lauten in hohem Grate alarmircnd. Wenn man nickt anncbine» will, daß die englischen Berichterstatter ei» Interesse daran haben, de» Zustand der Dinge in Ebina möglichst schwarz z» schildern, so kan» man kaum umhin, China als ein am Abgründe schlimmster innerer Ber Wickelungen siebendes Reick zu betrachte». Ter Ausstand i» der Mandschurei wäre hiernach nickt nur bei sich daheim siegreich, sondern in vollster Ausdehnung nach den vitalsten Provinzen begriffe», die Auffländischcn selbst aus dem, diirck Grausamkeiten empörendster Art gegen europäische Missionen und chiiiesischc Ebrisle» markirten Vormärsche gegen die Hauptstadt Peking begriffen und am Ecnlralsitzc der Regierung selbst herrschte» eitel Panik und Ratbtosigkcil. Auch da» kiploinalffchc Corps in Peking soll in höchstem Grade aufgeregt mid entrüstet sein. In der Thal muß die Stellung der Europäer fick, wenn der Aufstand unk der binlcr ibm stehende Fanatismus des hoben nur niederen Pöbels nicht bald seinen Meister sinket, täglich verschlimmern, und daraus erwächst für die »remrtändiscveu Vertreter in Peking eine ebenso schwierige als undankbare Ausgabe. Ictensalls war die Anwesenheit des europäisch auicri- kanischcil KriegsgcschwadcrS in de» chinesischen Gewässern zum Eckutzc ihrer etwa bedrohten StaalSangchörige» wohl kaum icmals nothwentiger als eben jetzt. —surcktbar die Rebellen Hause», darüber giebt eine Depesche de» „Daily Ebroniele" aus Tientsin genaue Miltheilungen Sic berichtet über kic Niekermetzctung der Christen in Tnkow, denen zufolge es den Mitgliedern der belgischen Mission unmöglich war, zu entkommen. Die eingeborenen Christen wurde» zuerst abgcschlachtet : dann ermordeten die Rebellen die kleinen Kinder m der grausamsten Weise, zerhackten deren
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