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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.05.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920528022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892052802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892052802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-05
- Tag1892-05-28
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ÄöoNNkMkRlö^IVktA Da d« Hauptexpedttio» oder den i» St»d^ bezirk und deu Vororten errichteten Aus« aabrstellen abg « holt: vierteljährlich 4.5ly bei zweimaliger täglicher Zustellung int Hau« 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierleliäbrlich 8.—. Direct» täglich« «rrozbandjeiiduag tn« Nnnland: minatlich ^ 9—. Die Morgen-Assgad« erscheint täglich'/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag« 5 Uhr. Ledartion und LrpeLitiou: J»h«n»r«,affe 8. DteLwedition ist geäfsnet von nnuuterbroch«» ich 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filiale»: Abend-Ausgabe. MMerIaMalt Anzeiger. JnsertionsPreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 PU' Reklamen unter dem Ncdattionlstrtch («gD jpalten) 50-C, sor den Famclieanachricht«» (b gespalten) «U-H. Größere Schriften laut unsere» Preis« verzeichaiß. Tabellarischer und Zifferosatz nach höherem Tarif. Srtra»Veilagrn lgesalzt), nur mit -er Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuag >t 60.-., mit Posibejorderung 70.—. 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Etwas Anderes haben wir freilich nicht erwartet, denn wir haben noch nie erlebt, daß der UltramontaniSmuS und der „conservative" Fanatismus ein gerechtes Urtbeil über Männer gefällt hätten, die nicht im Dienste dieser Richtungen standen, «sollte Graf Caprivi diese Wahrnehmung nicht auch schon gemacht haben? Jedenfalls beweist ihm das Ver halten der „Germania" und der „Kreuzzcitung" am Todlen bette eines Mannes, der als deutscher Patriot und als Haupt der städtischen Verwaltung von Berlin unbe strittcne und unvergängliche Verdienste sich erworben bat, wohin eS führen müßte, wenn einer der beiden Richtungen, deren Sprachrohr die genannten Blätter sind, ein ausschlaggebender Einfluß aus die preußische und die deutsche Politik eingeräumt würde. Kein anderes Verdienst würde in diesem Falle mehr gewürdigt werden, als daö Ver dienst um die römische Kirche und die engherzigsten hoch- eonservativen FractionSinteressen Kein Streben würde Unter stützung finden, wenn es nicht der Centrums- und der Kreuz zeitungspolilik zu Statten käme. Aber auch der Freisinn kann auS dem Verhalten der „Germania" und der „Krenzttg." lernen. Dasselbe steht ganz auf gleicher Stufe mit dem Ver halten, das die „freisinnige" Presse dem Fürsten Bismarck gegenüber beobachtet, der doch wahrlich um daß Reich noch ganz andere Verdienste sich erworben hat, als Herr v. Forcken- beck. Undank ist ein käßlichcS Laster, mag es sich beim Centrum oder beim „Freisinn" zeigen. Bereits am 25. d. meldete eine Depesche au» Kopen bagen, der „Nationaltidenve" zufolge werde der Zar am DienStag, den 3l. d. M , nach Kiel abreisen. Heute wird dem Berliner „Local - Anzeiger" aus Kopenhagen gemeldet, oaS daselbst erscheinende „Dagbladet" bestätige, daß der Zar mit Kaiser Wilhelm eine Zusammenkunft in Kiel baden werde, alle russischen Schiffe würden dorthin gehen. Und endlich berichtet beule eine Kopenhagcner Depesche des Bureau Herold: „Die aus Anlaß der goldenen Hochzeit des Königspaares hier anwesenden Fürstlichkeiten werden zum größeren Thetle bereits in den nächsten Lagen abreisen. Der Kaiser von Rußland dürfte, wie verlautet, am DienStag mit dem Großfürsten. Thronfolger Kopenhagen für einige Tage verlassen, wird jedoch wieocr hierher zurückkehren." Andererseits wird der „Kreuzztg." versichert, nian wisse in Kiel an den zuständigen Stellen noch nichts davon, daß die Ankunft des Zaren an Bord des „Polarstern" bevor- stehr. Es scheint sonach, al» od dir Meldungen auS Kopen hagen, die einen solchen Besuch und eine Begegnung des Zaren mit Kaiser Wilhelm in Kiel in Aussicht stellen, lediglich Fübler wären, auögestreckt, um zu erfahren, wie Kaiser Wilhelm und die öffentliche Meinung in Deutschland den Gedanken aufnehmen, der Zar werde den längst in Berlin schuldigen Besuch nicht abstatten, sondern sich vom deutschen Kaiser auf deutschem Bode» besuchen lassen. Wir bosfen, daß dieser Gedanke in Berlin an maßgebender Stelle ebenso ausgenommen wird, wie von der öffentlichen Meinung in ganz Deutschland. Der Rcdaction deö socialdcmokratischen „Vorwärts" sind mehrere Briefe deutscher Handwerker zugegangen, die zur Zeit des RavacholsckrcckenS als Anarchisten aus Frank- reich ausgcwiesen worden sind. Alle stimmen in der ent rüsteten Schilderung von der Willkür und Härte des Ber» fahrenS überein. Typisch ist der Bericht zweier jetzt in Mülhausen i. E. arbeitenden Tischler aus Berlin, den wir im AuSzuge folgen lassen: Sie waren seit acht Tagen in Algier bei einem Meister in Arbeit, als sie am ^7. April, Morgens au? dem Belt verhastet wurden. Sämmttiche Papiere wurden mit Beschlag belegt, jeder Winkel durchstöbert, ob nicht Bomben oder Dhiiamit irgendwo ve» steckt sei, sogar Jniectenpulvcr wurde beschlagnahmt. Sie wurden ge fesselt nach dem Gesängniß gebrach!, wo sie neun Tage sestgebalien wurden. Bemerkt muß werden, daß sie versichern, ausreichende Aus. weispoplere besessen zu haben. Sie schrieben au- dem Gefängniß um Beistand an die deutsche Botschaft »ach Paris, an den Consul, an mehrere Bekannte, erhielten aber keine Antwort; wahrscheinlich wurden die Briese aufgehalten. Nach ncnntägigcr Hast wurde ihnen der Ausweisungsbefehl eröffnet. Sie wurde» geschlossen im Kiel- raum eines Schisses nach Marseille gebracht, wo man sie in einem tzosraum mit etwa 2lX1 Menschen acht Tage lang gefangen hielt. Ihre Papiere und ihr sonstiges Eigentlmm blieb in Algier. Tann kam, jo heißt es in dem Briefe, der Transport in einem Zellen« wagen aus der Eisenbahn, die Zelle 1,75 m hoch, 57 cm breit, 67 cm lief, darin ein Brei zum Sitzen, eine Thür mit drei Schlössern, ein kleines Fenster mit drei breiten Eisenplatten davor, so klein, daß man kaum die Nase diirchstecke» konnte, und da- Fenster nicht »ach außen gehend, sondern nach innen. TaS sind die neuen Schubwagcn des Constans. In diesem finsteren Kaum mußten wir 36 Stunden, an Len Füßen noch schwere Eisenketten, zubringen bis Dijon. Tort kamen sie wieder vier Tage in« Gefängniß. Dann wurden sie in einem der schon beschriebenen Extramagcn in LS stündiger Fahr» an die deutsche Grenze gebracht. Es wird ja wobl im Reichstage an Gelegenheit nicht fehlen, die Hintermänner des „Vorwärts" an diesen Bericht zu erinnern und sie zu fragen, ob denn auch er nicht im «lande sei, die Franzosenschwärmerei der „deutschen" Social« demokraten abzukühlen. Wenn auch der Au-fall der belgischen Provinzial» ratbsw ahleu am 22. Mai im Parteiverhältniß der dortigen Provinztage keine sonderliche Veränderung hcrvorgedracht bat, waS übrigen« Niemand erwartete, so besitzen diese Wahlen doch eine große symptomatische Bedeutung für die BolkSstimmung in Belgien. Die liberale Partei hat alle Ursache, mit dem vorgestrigen Wahlergebnis) zufrieden ru sein. Zwar ist eS den liberalen Candidatcn nicht ge lungen, die seit Jahren inncgcbabten klerikalen Positionen in Löwen und Namur z» erobern, dafür aber haben sie in Flandern, der Hochburg de» belgischen Ultramvn- tanismuS, mehrfache Siege zu verzeichnen. Daö Gleiche ist in der Provinz Luxemburg der Kall. DaS Haupt interesse des Wahltage» conccntrirtc sich aber aus die Provinz Brabant, von deren Eroberung die Klerikalen seil t88t träumen. Diesmal schienen die ultramontane» Aus sichten besonders günstig, weil die Regierung kurz vor den Wahlen eine besondere Wahlgeometrie vorgenommen und den liberalen Brüsseler Vororten eine Menge klerikaler Land gemeinden angchängt hatte. Es ist dies da» bekannte Shstem, welches darin bestebt, die städtische Bevölkerung durch die klerikalen bäuerlichen Wähler zu erdrücken. Dies mal ist aber der Streich mißlungen. Die dermaßen „ab gerundeten" Brüsseler Vororts - Bezirke Saint-Josse-ten- Noodc, Schaerbcek, Ucce, Anderlecht, Cuvcghei», Hacken, Molenbeek und Saint-GillcS wählten inögesammt mit er drückender Mehrheit liberal, woraus hervorgekt, daß ein Tkeil der bäuerlichen Wähler die Klerikalen im Stiche ließ. Ein weiteres charakteristisches Zeichen der Wahlen liegt in der «o gewählt. Darin liegt da- ^'Nst-saud ß, b l^ ^dli-beu, Wahlbezirke stützt. wenn sie "> ^ , rubcg und ebne anstößige nehmen, daß die Feste ,n .canc , ^ ^„^„cr res kommen wollen, und er giebt sogara'.wii.le'.l I cinrelne Stadt schicken werde. Man kan» wohl euer an ncbmcii daß die Elsaß Lothringer verständig S'''ug st werden,' sich nicht aus so gewagte Reffen cinzula,,cn. -i.h sie es aber Wider Erwarten doch, desto Zr sie, sie werden dann wenigsten« nickt lagen st'E'. st sie nickt gewarnt bade. Die sranzostlcke Rcg. ru g w rv alles Mögliche ausbiclcn, dannl d,c.ttste ',> -"-'»cy n.ck ünöurtcu selbst aus die Gesabr hm, dag ihr in ver chauvinistischen Presse dcSkalb die wütbeiidsten Vorwürfe gemacht werden. Wie aus Nancy gemcttct wird, bat sic schon jetzt bei den Kaufleuteu, die mit stauen handcli , die private Bitte ausgesprochen, keine lothringischen zahnen u verlausen. damit d.ese u.cht den Anlaß zu -tundgebuugen dielen können. Sonst ist zu dieser A.igeleg-'il.e.l ..ur noch zu bemerken, daß verschiedene Pariser Zeitiiugei, ^ darüber ärgern, daß Loubet i» seinem Interview d,e Czechen etwas von oben berab behandelt bat und daß man aus fciuen Auslassungen nicht gerade den Eindruck gewinnen konnte, a< ob er eine besondere Hochachtung vor der czecknschen «prachc empfinde. So sympatdische Leute wie die Czechen, meint man, Kälten ans eine sebr viel freundlichere Begrüßung Ampruch erbeben können. UebrigenS kann man damit nur zufrieden sein, daß der Scanval schon jetzt ausgebrochen >,t und nicht unmittelbar vor den Festen. Bis diese stattsinbe», wird man Heit haben, sich wieder zu beruhigen und zu — vergesse», was man in Frankreich mit großer Schnelligkeit strug be kommt. Die B-lbeiiigung der Czechen an den Nancycr Turnfest hat inzwischen bekanntlich durch daS von der Poliz e> in Prag erlassene Verbot eine einschränkende Wendung er fahren. 'Telegraphisch wird darüber aus Prag berichtet: Das Verbot der Theilnohme de« Berel»« „Sokot' an dem Turnfeste in Nancy geht von der Polizei aus, doch ist es zivcifeUos auf üöhere Weisung hin ersolgt. Das Verbot fuhrt aus. nach de» Satzungen sei der Zweck de» Vereins die „Pflege de« Turnens lm Königreiche Böhmen", weshalb der Verein als Körper- lckast feine Dhätigkeit nicht übn die Grenzen Böhmens autdehnen dürfe: dagegen könne keine Einwendung erhoben werden, daß sich ein- zeine Mitglieder de« Vereins bei dem genannten Feste de- «heiligen Demnach dürfen die czechischen Turner in Nancy weder Mit den Fahnen de« Verein« erscheinen noch im Namen desselben austreten oder sprechen. Die Lage in Italien ist nach der Abstimmung in der Deputirtenkammcr am Donnerstag ungewisser als ie. Neu» Summen Mehrheit bieten dem Ca bi net Giolitti auf keinen Fall eine genügende Basis, da sich die Angriffe der Opposition jeden Augenblick wiederbclen können. Anderer seits sind die 38 Abgeordneten, welche sich der Abstimmung enthielten, ziemlich unsichere Cantonistcn. Noch bedenklicher ist aber die wachsende Aufregung und Gereiztheit der Kammer und die Heftigkeit, mit welcher die Rechte und die Radikale» sofort de» Kampf gegen das Cabinct eröffnet haben. Di« Verhandlungen an beiden Tagen haben gezeigt, daß Giolitti die Kammer nicht zu beherrschen vermag. Seine Be rufung auf die cingcleitclr neue Scheidung der Parteien bestärkte nur den Widerstand der Rechten in dem mäßigen Gesetzlichkeit der Lösung der letzten Krisis die unvcr züglickc Wiedergewinnung der Herrschaft zu versuchen. Die äußerste Linke richtete ein heftiges Redcseucr gegen da» Cabinek, weil Giolitti die Politik des Dreibundes fortsctzt, welche nach Ansicht der äußersten Linke» alle Nöthen Italiens verschuldet hat Die Gruppe Nicolera's und manche Freunde Criöpi'S stimmten mit der Opposition. Selten wurde ein Cabinct so bald von starken Stürme» bedroht. Die Parieiblätter fassen deshalb die Möglichkeit eine« baldigen vollständigen Unterliege»? des CabinetS ins Änge. Die Blätter der Rechten erwarten in einem solchen Falle die Rückkehr Rudini'S, die „Riforma" unbedingt die Berufung CriSvi'S als die einzige Rettung Es scheint jckock', als ob da» Ministerium Giolitti doch noch nickt so obnc Weiteres von« Schauplatz seiner Tbätigkeit ab- trctcil wolle. Wir haben schon gemeldet, daß Giolitti dem König die Demission des CabinetS einreichte, welche aber nicht angenonime» wurde Darauf bat die Regie rung in der Kammer die Bewilligung eines proviso rischen Budget» beantragt, welche Forderung allgemein als eine AnkUiikiguiig von Neuwahlen ausgefaßt wird, und nach ebcnsallS schon gemeldeten, allerdings noch unbcglaubig- tcn Gerückten soll der Wablkcriiiin aus den 23. Juni fest gesetzt sei». Wen» sich diese Mitlhcilunge» bestätigen, dann ist daS Cabinct Giolitti entschlösse», de» Kampf gegen seine Widersacher durch die Kammerauslösung aufziinekmcn. Die nächsten Tage müssen Aufklärung ,n dieser Richtung bringe». — Wir lassen vorläufig die über den Stand der Dinge eingcgangcnen neuesten Nachrichten folgen: -n» Rom, 27. Mai. (Kammer.) Aus ein Schreiben Bianchcri'S, daß er aus dein Rücktritt vom Kaminervorsitz beharre, wurde be- lchlosjeii, morgen den Kainmcrvräfidenten z» wählen. Varzitai legte' fei» Mandat nieder. Tie Kammer beschloß, die Mandaisuitderlegung nicht anzunehinen. Gegenüber der Millheiluiig Giolitti's er- klärten Cavalolti und Bonght, dem Ministerium ermangele die Autorität, »m an das Land zu appellire». (Lärm.) Ter Kämmer- Präsident erwiderte, die Eröffnungen der Regierung seien nicht dis- culirbar, sie ständen nicht auf ber Tagesordnung. lBcwegung) Giolllli und Rudini stimmten dem Viceprasidenten zu. Die Kammer bejchloß >» großer llnruhc nahezu einstimmig, zur Tagesordnung üherzugehen, und begann die Bcrathung de» italienisch-schweizerischen Handelsvertrags. (Wiederholt.) Nom, 28. Mai. Gutem Vernehmen nach wird der Minister präsident Ätotitli beule den Gesetze»«»»»», bctresscnd das pro visorische Budget, etnbrlngen und dieUeberweisung derVorlagc an die Commission verlangen. Rom, 27. Mai. Die Opposition streut da« Gerücht aus, die Gruppe Zanardelll wolle der Regierung höchsten« ein ein- inooalige« Provisorium bewilligen. Die „Lpinione" beklagt den Entschluß der Negierung als unpatriotisch: aus Rücksicht auf die Monarchie und das Land hätte derselbe unterbleiben sollen. Da« Blatt sieht einen surchtbaren Kamps voraus AuSAnlaß des Geburtstages der Königin Victoria erörterte die „St. James Gazette" dgS Thema, daß cö keine Republikaner mehr in England gebe. „Viel leicht ist das dem Umstand zu verdanken" — so schreibt das Blatt — „daß daS Republikanerthum in anderen Ländern so in Mißkredit geratben ist. Die Corruption in den Vereinigten Staaten und die blutige Anarchie in Südamerika haben viel dazu beiaelragcn. In Europa hat die Republik den Probir- stem nicht besser bestanden. In Italien bat sic sich mit doktrinärer Tborhcil verbündet, wahrend die eigentliche Arbeit vvm Hause Savoyen verrichtet wurde. In Spanien fiel der Gegensatz zwischen der republikanische» RcgierungSform und selbst einer solchen Monarchie, wie die der Isabella, sicher lich nicht zu Gunsten der sogenannten „volksmäßigen" RcgierungSform aus In Frankreich bat der Umstand, daß die Repnblik zu so niedrigen RcgierungSmittcln gegriffen hat, viel dazu beigetragcn, daß man nicht mehr an die Vor züge der einst hochgepriesenen republikanische» Rcgierungs- sorm glaubt. WaS aber in England am Meisten dazu petban bat, dem Republikanerthum die Wurzeln ;» entziehen, ist die loyale Gesinnung gegen dir Person der Königin, die Feuilleton. Neinhol- Len) und Friederike Brion. Zu Len»' iSOjahrigem Todestage, am L-t. Mat 1892. Bon l)r. Ad. Konickt. A»«r,--a »er»«»«,. „Friederike wurde unglücklich und machte unglücklich- Die« war da» Loos dieses lieben, guten, einfachen Mädchen«. Sie wurde e» durch den glücklichsten, st« veranlaßte eS bei dem unglücklichsten Dichter, der wohl jemals gelebt baden mag, und Beide« ohne Ver- schulden. Fr. Götz: Geliebte Schatten. Der ISO jährige Todestag des Dichter» der Sturm- und Drangperiode Rcinhold Lenz ruft die Erinnerung an die jenige Episode seines Leben« wach, welche dir reichsten Früchte seines dichterischen Geniu« gezeitigt, ihn selbst aber etend und unalückiich gemacht bat. E« ist dieses seine Liebe zu Friederike Brion, deren Beziehungen zu Goethe ihr die Unsterblichkeit eingetragen haben. Zn dem literarischen Kreise talentvoller Jünglinge, die der ästhetisch feingebildetr Actuar Salzmann in «traßburg am sich gesammelt hatte, um sie bei ihren Arbeiten anzuregen, zu überwachen und zu fordern, gehörte neben Goetb», Herder, Iung-Stilling und Lerse auch Jacob Michael Reinhold Len». Er war, obgleich selbst erst 2V Jahre alt laeb am 12. Januar l75t zu Ceßweaen in Livtand), al» Hofmeister zweier jungen kurländischen Edelleute Namen» von Kleist im Frühjahr I77l nach der altberübmten Uoiversität«stadt ge kommen, ohne hier Goethe näher zu treten, obwohl sie „als gleichgesinnte Jünglinge ähnliche Gesinnungen hegten". „Seine Gestlltchast", sagt Goethe in seiner Eelbstbiographie, „war nickt vir meine, aber wir suchten doch Gelegenheit, un« zu treffen, und thrilten einander gern mit." Bei diesem Verkehr batte Lenz jedenfalls von dem Pfarrer von Lesend,im gehört, den Goethe (allerdings cum griwn suli») mit dem Land- Prediger von Wakefield zu vergleichen pflegte, dem Helden lene« idyllischen Familienroman», der nach seinem Erscheinen ui d«r literarisch«»! W»l1 so viel Aufsehen erregt« (zuerst in« Dculsche überseht 1771) und seines Verfasser» Oliver Gold smiths belletristischen Rubin begründete. Al» Lenz später 1772 durch seine Uebersiedelnng nach dem Fort LomS, einer jetzt längst zerstörten Inselfestung auf dem Rheine, ganz in die Näb« von Sesenkeint gekommen war, sprach er in dem patriarcha lischen Pfarrbause vor und wurde gastsrcunblich ausgenommen. Dasselbe PfarrbauS, wo im Iabre zuvor dem 22jLbriaen Studenten Goethe „am ländlichen Himmel ein allerliebster Stern" in Friederike Brion aufgegangen war, sollte dem leicht empfänglichen Lenz zum Verbängmß werden. Friederike, de» HaiiseS zweite Tochter, sehen und sich in sie verlieben, war Ein« Jeder Bestich steigerte seine Leidenschaft. Friederiken« liebliche, von zarter Anmnlb umflossene Gestalt, ihre (von Goethe in „Wahrheit und Dichtung" gerühmten) Vorzüge: „Besonnene Heiterkeit, Naivetät mit Bewußtsein. Frohsinn mit VorauSseben, Eigenschaften, die unverträglich scheinen, die sich aber bei ihr zusammenfanden und ibr ÄcußereS hold bezeich- nelen", machten einen unan-töschlichen Eindruck aus den 23 jährigen Lenz. In seiner Leidenschaft greift der Dichter zur Leyer, und seine „Sesenheimer Lieder a»s Friederike Brion" ehören trotz ihre» oft bizarren Charakter» zu den Perlen der iteratur, von denen unten einigeProben gegkben werden sollen Eine edel und groß cmgelrate Natur, wie Lenz war, batte er ein tiefes Mitleiv mit der schönen Friederike gefaßt, deren traurige Liebesgeschichte ihm die ältere Schwester Salomea erzählt hatte: „Tbeilnchmend, tröstend, ermuthigend" ver suchte er de» melancholisch gestimmten Mädchen« Vertrauen u gewinnen, und e» gelang ihm dies um so leichter, als „der iebreichr Zuspruch diese» geistvollen feingebildeten jungen ManneS (wie Pfarrer Lucius ln seiner Schrift: „Friederike Brion" saßt) es besser als ihre Angehörigen verstand, ihren Kummer in seiner ganzen Größe zu würdigen. Gerade Ver Umstand, daß er nicht wie dir Andern Goethe anklagte und verurtheilte, mußte ihn Friederike lieb und Werth machen*). Dazu kam die rührende Sorg *) Goethe »but Lenz entschieden Unrecht, w^in er tn „Wahrheit und Dichtung" von Len, sagt: „Dieter batte sich nach meiner Ab- reise im Haute »beim Pfarrer tn Sesendetmt intraductrt, von mir wo« n», mSgltch war »u erfahrrn gesucht, bi« sie (Friederike) end lich, da « sich dt» gr»yti Müh« -ob, meine Briefe ,u sehen und j» falt und die zarteste Aufmerksamkeit bei jeder Gelegenheit, wodurch Lenz Friederike zu trösten und ibr Tbräncn der Rührung zu entlocken wußte. So ließ er am 2«. Geburts lage Friederiken« (19. April l?72) „zwanzig Veilchen" in einen Blumentopf Pflanzen und sandte sie ihr mit folgendem Gedicht: „Bebe, beb' ihr auf,n Füßen, Frühltngserde, und ein Flor Junger Veilchen, sie zu grüßen, Keim, au« Deinem Schooß hervor. Saat ihr, Veilchen, eure Wonne, Daß ihr stolz auf Riekchen seid, Sagt ihr, daß In eurer Wonne, Fern von ihr, er um sie freit.'' Diese und eine Fülle ähnlicher LicbeSbezeugungen waren offenbar nicht ohne Einfluß auf Friederike geblieben, aber die ,Freundschaft, die sie ihm gab. nabm er für Liebe, und dies war ,c,n Verderben. Stürmisch begehrt« er jetzt, nachdem er vergeblich versucht, den treulosen Goethe der verlassenen Braut zurückzuerobern**), sie solle ihn, der jetzt fern von Weylar weilte, ausgeben, wir sie von ihm ausgegeben worden s«,. " " „Nenn' e«, Schönste, kein Verbrechen, Den Tyranneneid zu brechen I Ach um Deinetwillen schwur Jupiter sein Wetb zum Mohren, Seine Tochter ungeboren Und sich selbst ,u einem Stier." gewöhnlichen Weife verliebt in sie gestellt, weil er glaubt», dm der einzige Weg. hinter die Geheimnisse de« Mädchens zu koim und da sie nunmehr gewarnt scheu seine Besuche adlehnt und ^^"dl. 'reibl er e« zu den lächerlichsten Demonstrationen ^bstmorde«. da man Ihn dann halbtoll erklären und nach V'od' Ick-cken kaum Sie klärt mich über die Absicht aut. di Franziska Srespel, Caroline Flochsland iyerder'« Brau» ' Mar liane de la Roche (Frau Vrenlanv'sl, Antoinette «erock ' lltr* Buff lvraut Kestner',) hielten ihn ab. sein - erfüllen. versprechen pünctlt, Und in einem andern Gedicht sagt er in Bezug auf den meineidigen Liebc-schwur Goctbc'S: „Meineidig macht die Lieb' und dennoch darf sic schwöret», Und heilig Ist der Schwur, den sic der Schönheit schwört. Ach Schönheit! Elchen kan» Dein Feuer in Weiden kehren, So wie eS MailNksinlith in feste Treu verkehrt. All mein Sludiren itzt lenkst Tu aus andere Bahn, Dein Aug' ist mir ein Buch, Dein Bilsen Sitz der Künste; Und Alles außer Dir ist Hirngelpinnst, ist Wahn Und Du allein die schönste Weisheit und die jüngste." Aber im Herren Friederiken», so tief ihr Mitleid auch mit dem saustbesweidcuen Lenz war, lebte nur Einer, und das war Goethe. DaS fühlt, sicht und merkt auch Lenz. Seine Wahrnehmung spiegelt das folgende Gedicht wider: „In ihrer kleinen Kammer hoch Sie stets an der Erinnerung sog. An ihrem Brodschrank an der Wand Er immer, immer vor ihr stand, Und wenn eia Echlas sie übernahm, Im Traum er immer wiederkai». Für ihn sie noch ihr Härlein stutzt, Sich, wenn sie ganz allein ist, putzt, All' ihre Schürzen anprobirl Und ihre schönen Lätzchen schnürt, Und vor dem Spiegel nur allein Verlangt, er soll 1hö Schmeichler sein. Kam aber etwa« Fremd « in'« Hau«, Nahm sie sich schlecht und häuslich au». — Denn immer, immer, immer doch Schwebt ihr da« Bild an Wänden noch Bon einem Menschen, welcher kam Und ihr al» Kind das Herz« nahm. Fast alisgelöschl ist sein Gesicht, Doch seiner Worte Krast noch nicht. Und jeder Stunde Seligkeit lind ,«n»r Träum« Wirklichkeit, Die anaeboren Jedermann, Kein Mensch sie wirklich machen kann." Und wie in Gedickten so aiebt er auch in Briese» an Tatzmann seiner unglücklichen Liebe zu Friederike Ausdruck: .Ich schifft unter tausend Klippen aus dem Negropvrtt", schreibt er am 3. Juni 1772 — „Wäre eS ein Wunder, wenn ich auf ein« dieser Inseln schillere?" — Ich bin bv'
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