02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.06.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920608021
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- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892060802
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892060802
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- LDP: Zeitungen
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
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Tabellarischer und gtsfrrafatz aach HSHere» Tarif. »rtra-vritagra (gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe, ohne Poslbesärderung 60.—, »nt Pvstbesörderuiig ^l 70.—. Jinnahmeschluß str Inserate: Abend-AuSgab«: vormittag« 10 Uhr. Morge a-Au-gab«: Nachmittag« 4 Uhr. So»», und Festtag- früh S Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Inserate sind stet» an dt« Expebltta» zu richten. Druck und Verlag von 2. Polj ta Leipzig Mittwoch) den 8. Juni 1892. 86. Jahrgang Politische Tagesschau. * Leipzig, 8. Juni. Kaiser Wilhelm hat gestern in Kiel den Zaren 5 1a suite der deutschen Marine gestellt und beim Galadiner ein Hoch „aus das Wohl Sr. Majestät des Kaiser« von Rußland, de« Admirals ä ln suitv der deutschen Flotte" auSgebracht. So meldet da« „Wolsf'sche Tel.» Bureau", und da« „Bureau Hirsch" fügt hinzu: „Die Er- nennung de« Zaren zum Admiral ü In suitv der deutschen Flotte erfolgte mit de« Zaren Genehmigung". Diese mindesten« sehr überflüssige Bemerkung — denn e« liegt aus der Hand, daß unser Kaiser selbst dem Zaren eine derartige Aufmerksamkeit nicht aufdrängt, — beweist am besten, wie überraschend diese Ernennung kommt. Sic wird eine Woche lang und vielleicht noch länger von sich reden machen und eine Fülle von Deutungen und Bermuthungcn Hervorrufen. Uns zeigt sie zunächst lediglich, daß Kaiser Wilhelm die Mabnungen seine« kaiserlichen Groß vater« in treuem Gedächtniß bewahrt und Rußland, rcsp. dem Zaren gegenüber nach wie vor eine Politik für die beste hält, die man als eine Politik de« Sammeln« feuriger Kohlen auf dem Haupte eine« ehemaligen Verbündeten bezeichnen kann, der von dieser Verbindung sich hat abdrängen lassen. Der Zar selbst wird diese Politik nicht mißverstehen und nicht mißdeuten. Es fragt sich nur, ob jene« Rußland, dem der Zar wenigsten« bi« zu einem gewissen Puncte Rechnung tragen muß und in den letzten Jahren sehr häufig Rechnung getragen hat, auch seinerseits diese Politik versteht, verstehen »nd würdigen will. Da« kann erst die Zukunft zeigen. Bei unseren Nachbarn jenseits der Vogesen wird die Nachricht von der „init Be willigung de« Zaren" erfolgten Ernennung de« „Freunde» Frankreich«" zum Admiral ü I» suitv der deutschen Flotte jedenfalls peinliches Erstaune» erregen und ihnen die Frage nahe legen, ob sie mit ihren Festlichkeiten in Nancy trotz de« ziemlich harmlosen Verlaufe« derselben nicht eine Dumm heit begangen haben. Und schon da« kann »n« mit einer gewissen Befriedigung erfüllen. Al« Pendant zu dem czechischen Zug nach Nancy bat der Chronist der diesjährigen Pfingstteiertage eine Fahrt polnischer Turner aus Posen und Westpreußen sowie an« Berlin nach Lemberg zu verzeichnen. Beiden Procesfionen ist die Spitze gegen da« Deutschthum gemeinsam: ein immerhin wesentlicher Unterschied ist darin zu finden, daß die Lembergcr Demonstration nicht durch die Anwesenheit eine« Prinzen verherrlicht worden ist. Die Polen au« Deutschland erklärten in Lemberg, daß sie ihre galizischen Brüder beneideten, daß aber auch in Preußen Alle« zur Stärkung de« polnischen Natianalbewußtseins geschehe. Mit letzterem Satze sollte wohl der neuen preußischen Polenpolitik die woblvcrdicnte Anerknnuug ausgesprochen werden Die polnische Erklärung laßt sich zwar nicht mit der bekannte» Versickerung de« Grafen Capnvi, daß heutzutage alle Parteien in Deutschland national seien, in EinNang bringen, aber solche Kleinigkeiten zu beachten, ist der neue Cur« zu vornehm. Altmodische Kleinigkeitskrämer sreilick werden in der Dreistigkeit von LcnKwrg da« sehr ernste Symptom eine« von oben begünstigten LockcrungSprocesses erblicken. Der weitere Verlauf der Studenten» und Turner- festlichkeiten in Nancy hat den Standpunct derer gerechtfertigt, wrlckc gleich un« von vornherein die Ansicht vertraten, mau solle diesen Demonstrationen nicht unverdiente Eh« «nd Wichtigkeit beilegen. Präsident Carnot hat sich sehr correct und diplomatisch benommen, indem er die ursprüngliche chauvinistische Tendenz de« Feste» fortgesetzt ignorirte und seine Empfindungen in eine Rede kleidete, welche dem grenzpatriolischen Uebereifer einen kräftigen Dämpfer aufsehte. Außerhalb Frankreichs nimmt man von den Ranziger Festlichkeiten nur ganz beiläufige Notiz — rin Zeichen, daß die öffentliche Meinung Europa« nach gerade gewitzigt genug ist, um sich durch französische Uebcrsckwenglichkeite» nicht tiefer, als durch jeden be liebigen anderen Saisonscherz imponirc» zu lassen. So läuft der ganze, mit so viel publicistiscker Anpreisung in die Welt gesetzte Ulk der Ranziger Studenten ans einen mühsam znsammengcstoppesten Achtungserfolg hinaus, den nur die Betheiligunz des Präsidenten Carnot vor dem Schicksal, ganz und gar übersehen zu werden, rettete. Auck der plötzliche Besuch dcS Großfürsten Constantin in Nancy hat, ob- glcich die Pariser Presse darin selbstverständlich ein politisches Ereigniß ersten Ranges erblickt, den Festlichkeiten keine weitere Bedeutung verliehen und bald wird Niemand mehr von de» Demonstrationen, ans die nur ein kleines Häuslein französischer »nd panslawistischcr Hitzköpfe größere Hoffnungen gesetzt hat, reden. Inzwischen sind noch folgende »euere Meldungen über de» Verlauf der Festlichkeiten eingegangen: Nancy, 8. Juni. Auf dem Turnerbanket feierte der Ezechc vr. Podlipni die Freundschaft Frankreichs und Nußlands, die durch die Festlichkeit i» Nancy eine erneute Weihe erhielt, trotz des Hasse« der gemeinsame» Feinde. Der Luxemburger Telcairte behauptete, Luxemburg bewcine Frankreichs Unglück als das seine und theile auch Frankreich« Hoffnungen. Minister Bourgeois anlwortele in gleichem Sinne; die Nanc»seler habe die alten Hoffnungen Freak- reich« neu erweckt und gelrästigt. Pari«, 8. Juni. Der Besuch des Großfürsten in Nancy war bereit« am Sonnabend durch de» Botschafter v. Mohrcnheim dem Minister Ribot angezeigt (?), nur die Stunde der Ankunft war »och unbekannt. Earnvl und Lonbet erhielten am Sonntag die betr. Miltheilung durch CabinelLcouriere de« Zaren.(?) — Präsident Lar not kehrte gestern Abend 0 Uhr hierher zurück. Wie», 8. Juni. Da« „Neue Wiener Tagbl." erfährt, daß die hiesigen maßgebenden politische» Kreise die Richtigkeit der Meldung, Car not habe die Produktionen der Sokollslen sich wiederholen lasten »nd den Führer dieser Tnrngcsellschast mit einer Ansprache geehrt, bezweiseln. Sollte sich >edoch die Meldung bestätigen, so würde da« Unschickliche, was in dieser Sache läge, einfach constotirt werden müsse», ohne daß man noch darüber schlüssig geworden, ob die Sache überhaupt in irgend einer Art zu verfolgen sei. Der Besuch de« Großsürsten in Nancy sei rin seltsamer Einfall, doch soll« ma» sich durch ihn nicht beirren lassen. Die auswärtige Politik Rußland« beruhe heute mehr den» je in den Händen des zweifellos friedliebenden Zaren, und daß derselbe auch den Thronfolger mit »ach Kiel gebracht, sei von den maßgebrnde» Kreisrn als ganz besonders bedeutsames Zeichen anerkannt. Die Nachricht, daß die Reise des italienischen KönigSpaareS nack Berlin bis zur Regeln»,z der kritischen parlamentarischen Lage in Rom verschoben worden sei, wird heute von der hochofsiciöscn „Polit. Corresp." bestätigt. Ferner erfährt ma», daß in der vielbesprochenen Sitzung de« italienischen B udgetauSschusseS Giolitti die Erklärung abgab, das Provisorium sei für ein balbcS Jahr mit Rücksicht darauf angcsucht worden, daß der Mahlgang, fall« derselbe nothwendig sein sollte, nicht m die Zeit der Hcrbsterntc ver legt werden könnte Grimaldi und Sonnino stellten den Antrag, das Provisorium für l Monat zu be willigen PaiS, Fortis und 5 Andere schlugen eine Frist von 1 Monaten vor. Der Antrag Sonnino-Grimaldi wurde mit 20 gegen >2 Stimmen angenommen. Hieraus beantragte Grimaldi, der Regierung nur de« geheimen Fonds zu bewilligen. Sonnino erklärte, er werde sich hierüber der Abstimmung enthalten. Die gleiche Erklärung gab der Ver treter der Minderheit ab. Ter Antrag wurde mit 15 gegen 3 Stimmen angenommen. Zum Berichterstatter wurde Ca d olini gewählt. Die Minderheit kündigte einen eigenen Bericht an. In parlamentarischen Kreisen glaubt man, cS werde doch noch ein viermonaligeS Budgelprovisorium mit etwa 20 Stimmen Mehrheit bewilligt werden. Bezüglich der Besetzung de« Berliner Botschafterpostens werden in unterrichteten Kreisen jetzt die Namen dcS Generals Morra d> Lavrino und dcS MarguiS Gniccioli, derzeitigen Präfcctc» in Florenz, genannt. Mehr An-sickl habe Gniccioli, welcher bereits der diplomatische» Carrivre anaehörle. Der früher enannte Baron DerenziS kommt in Folge der geänderten age dcS CabinetS nickt mrkr in Betracht. Die definitive Ernennung des Botschafters wird jedoch erst erfolgen, wenn die Lage durchaus geklärt und wieder gefestigt ist. Der ParlamentS Au «sch » ß zur Untersnchnng der Arbeitszeit der englischen Eisenbabnbedienstcten bat seinen Bericht unter dem Vorsitz deS Präsidenten des HandelöamIcS, Sir M. HickS Beach, fcstzestellt. Der Bericht tritt der Festsetzung eines gesetzlich geregelten Arbeitstages sür Eisenbahnangcslcllte als unausführbar entgegen, ist jedoch der Ansicht, daß die EisenbahngcscUschaslcn i» der Beschrän kung der Arbeitszeit ihrer Angestellten »och viel weiter gehen sollte», als sie cS bisher gethan. Signalbeamte und Weichensteller an Pnnctcn, wo großer Vcrkebr herrscht, sollten nickt länger als acht Stunden per Tag, andere Beamte nicht länger als zehn Stunden per Tag. die Zeit sür Mahlzeiten nicht eingerechnet, zu arbeiten haben. Einzelne Ausnahmen werden angeführt. Für Maschincn- fübrer, Heizer und Schaffner von Gülerzügen wird eine 66 Stunden per Woche oder 12 Stunden täglich nicht über schreitende Arbeitszeit vorgeschlagcn. Die Gesellschaften sollten angehaltcn werden, dem HantelSamt regelmäßige Berichte über die Arbeitszeit ihrer Bediensteten cinzureichcn. Im Falle ein solcher unbefriedigend auSsällt, soll daü Handelsamt ermächtigt werden, die Gefellschasl zur Herabsetzung der Arbeitszeit innerhalb bestimmter Frist auszuforder», und bei weiterer Weigerung derselben die Sache vor die Eisenbahncommissäre zu bringen, welchen das Recht zuslehcn soll, die Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verpflichtung durch eine Convenlioual strafe von 20 Lstrl. per Tag anznbaltcn. Ter Ausschuß spricht sich energisch gegen jede Verminderung der Ver antwortlichkeit der Gesellschaften sür die Verwaltung ihrer Bahnlinien a»S. Gestern, Dienstag, ist in MinncapoliS (Minnesota) die große republikanische Nationalconvention zur Auf stellung eines Candidatcn für die im November stattsiiidende Wahl dcS Präsidenten und dcS Viccpräsidcnten der Bereinigten Staaten zusammengctreten. Der Convent zählt 817 Tclegirte, zu denen sich noch 300 Journalisten aus der ganzen Union gesellen, und tagt in einer mächtigen Aus stellungshalle, die sür viele Tausende Sitzraum bietet. Der erste Wahlgang dürste nicht vor Donnerstag stattfindcn. Die republikanischen Hauplcandidatcn sür den llnivnSpräsldeitten- posten sind bekanntlich der jetzige Präsident Harri son und der StaatSsccretair des Auswärtigen, Mr. Bla ine, welcher soeben seine Demission als Minister gegeben und vom Präsi denten auch sofort erhalten hat. Die latente Gegnerschaft dieser beiden Männer ist damit zum offenen Ausdruck gelangt und die Anhänger Blaine'S. als deren Führer Clarkson, der Vorsitzende de« republikanischen National-ComitvS, sungirt, zweifeln nicht daran, daß Blaine seine Entlastung weniger au« persönlichen Gründen, sondern vielmehr darum genommen bat, um sich gegen Harris»» als künftigen Präsidenten der Bereinigten Staaten in MinncapoliS ausslellcn zu lassen. James GillcSpic Blaine, heule im 62. Lebensjahre stehend, ist seit dreißig Jahren Congrcßmitglied. Im Jahre 187? Feuillrtsn. Lonrad Gesner. Lebensbild eines Naturforschers deS 18. Jahr hunderts. Bon William MarShall. NachdniU verkett». In der Geschichte einer jeden menschlichen Thätigkeit stoßen wir auf gewisse Männer, welche man als typische Vertreter ihres Standes unter den Mitgenossen ihrer Zeit bezeichnen könnte. Ein solcher Mann ist Konrad GeSner. Sein äußere- Leben und sein Entwicklungsgang, der Umfang seiner Studien und das Wesen seiner Schriften sind die eine« hervorragenden Gelehrten de» 16. Jahrhundert». Von un glaublicher Belesenheit, bei allem vortrefflichen, gesunden Menschenverstand von einem naiven, säst stets kritiklosen Autoritätsglauben, mit frommem, schlichtem Sinn, mit tiefem, von abenteuerlichen Neigungen nicht ganz freiem Gemiith, mit einem für die praktischen Seiten nicht gerade sehr her- vimragenden Bcrständniß, — Philolog, Theosoph, Natur forscher und Arzt zugleich und auf allen diesen seinen Gebieten von erstaunlicher Fruchtbarkeit, — so stellt sich uns Konrad GeSner, der schweizer Aristoteles dar. Konrad GeSmer oder, wie er sich, dem Geschmack der Zeit entsprechend, nannte, ConraduS GeSneruS wurde am 26. März l516 zu Zürich geboren. Sein Vater, UrsuS GeSner, war Kürschner, ein zwar in seiner Art angesehener, aber armer Mann, der sich mit seiner zahlreichen Familie kümmerlich durchschlagen mußte und, als er am tl. November 153l in der Schlacht von Kappel gegen die katholische Partei kämpfend an der Seite Zwinglis gefallen war, seine Frau Barbara geb Frick mit den Kindern in großer Bedrangniß »urückließ Vorher hatte schon der Mutter Bruder, HanS, Caplaa zu Zürich, den Knaben Konrad zu sich genommen und in die Schule geschickt. Dieser Oheim war ein großer Liebhaber der Pflanzenkunde; er hatte einen kleinen botanischen Garten und nahm seinen Neffe« auf gelegentliche Excurstonen mit, wobei er ihn namentlich auf den medicinischen Nutzen der Pflanze» kennen lehrte. E« ist sehr wahrscheinlich,daß dieser Mann bei vnßerm Konrad den Sinn für Botanik und Medirin weckte und »areale. Lateinischen Unterricht empfing der junge GrSner berühmten Freund und Mitarbeiter Zwinglis, dem Vorsteher der Züricher gelehrten Schule am Frauenmünstrr. Diese Schule war fünfclassig »nd nur alte Sprachen wurden hier getrieben. Die Unterrichtsmethode war sehr originell und ist für unsere Zeit höchst befremdlich. Zunächst wurde nämlich ohne alle weitere Vorbereitungen in meckins ros getreten und flottweg Tercnr gelesen, dabei die einzelnen Haupt-, Eigen schaft«- und ThätigkeitSworte einer ganzen Comödie durch- declamirt und durchconjuairt, bis die Sache festsaß; dann wurde in der nächst höheren Claffc mit LiviuS und weiter aufsteigend mit Vcrgil, Cicero, Plutarch, Homer fortgeschritten, in der obersten endlich fand der Unterricht mit der Lectürc deS Aristophancs seinen Abschluß. Die AiifangSgrllnde der griechischen Sprache lernte der Knabe in dem Hanse deS MykoniuS, der ihm sehr gewogen war und ihm zeitlebens ein wohlwollender Gönner und väterlicher Freund blieb, durch den famosen Thomas Platter, Professor am Collegium Carolinum, den später nach seinem Weggange Rudolf CollinuS, ein Züricher, der 1526 von seiner Seilerbahn zum Professor der griechischen Sprache abberufen wurde, ersetzte. Die äußeren LcbenSumstände de« jungen GcSnerS waren nichts weniger als glänzend und er durfte sich mit gutem Neckt den „armen Konrad" nennen. Der alte Oheim HanS hatte selbst nicht viel und die Eltern, abgesehen von einer Schaar von Kindern, erst recht nicht. Da nahm Johann Jacob Ammann. Professor der lateinischen Spracht, den Knaben in sein Hau«. Al« aber nach drei Jahren (1531) durch die ungünstigen Zeitverhältniffe und politisch-religiösen Wirren die Einnahmen diese- würdigen Gelehrten stark ge schmälert wurden, sah er sich geoöthigt, GeSncr in da« Eltern haus zurückzusenden. Da wandte sich dieser in einem noch erhaltenen Briefe an Zwingli, kurz vor dessen Heldentode, mit der Bitte, dieser einstußreiche Mann möge sich seiner annehmen. Mit rührenden Worten schildert der Fünfzehnjährige seine traurige Lage und schließt mit den Worten de« Gnotho bei Terra;: „Ich habe Alles und doch Nicht«". Zwingli verschalte denn auch dem Jüngling eia Stipen dium vom sog Sludrntenamt der Stadt Zürich. Groß wird dasselbe sicher nicht aewesrn sein, und so sah sich der jugendliche Gelehrte genöthigt, eine Art dienender Stellung anzunehmen und begab sich 153SzuWolfgangKabriciu«Capito, anzunedmen und begab sich l a3S zu Wolfgang SabriciuS Capito, erdeten hatten und im -vrcrmbrr de« Jahres dc«sRcformLtp»LcA<^W solchetvyr eibir in «uperoS-inSisxgßd^g. FamnlnSstellcn waren verzweifelt traurig; die niedrigsten Dienste wurden den junge» Leuten zugcmuthct, ihre Zeit und Kraft wurde nach allen Seiten auSgcnuhl, aber gelehrt wurde ihnen bitter wenig. Unser GeSncr lernte hier nur die AnsangS- griinde des Hebräischen. So von entwürdigenden Geschäften uberhäuft und gezwungen, sich durch da« Geben griechischer Privatstulidcn den kümmerlichen Lebensunterhalt zu verdienen, brach der junge Mann fast zusammen, und da er sah, daß er bei Capito nicht entfernt das lernen konnte, was er zu leriien hoffte und wünschte, so begab er sich bald in die Heimath zurück. Hier gelang cS ihm mit Johann Frieß, einem anderen Züricher BürgcrSsohn, ein Stipendium zu erhalten, das für jeden 6 Mütl (ein altes schweizer Hohlmaß) Korn und 28 Gulden baar betrug. GeSncr schlägt die ganze Summe, das Getreide in Geld umgcrechnet, anf 25 Kronen (etwa 100 .4l) an, was selbst für die damalige Zeit zu wenig zum Leben uno zu viel zum Sterben war. Bedingung fiir die Empfänger solcher Stipendien war, daß sie sich der Theologie widmeten, denn damals galt in Zürich keine andere Wissenschaft. GeSncr, der weit mehr Lnst zum Studium der Medicin undNaturwisscnschaften hatte, begab sich l533 mit seinem Freunde Frieß aus die Reise nach BourgcS, der Hauptstadt dcS da maligen HerzogthumS Berry, um sich hier der GotteSgelabrt- heit zu befleißigen. Er fand aber seine Rechnung gar nicht, denn wie zu Zürich bloS die Theologie, so galt bier allein die Jurisprudenz. Auch war das Leben sehr kostspielig und GeSncr klagt in einem Briese an MykoniuS: „Wir leben, wie wir können, da uns nicht vergönnt ist zu leben, wir wir möchten." Die Folge war. daß er mit seinem Gelbe nicht auSkam und Anleihe» bei Landsleuten machen mußte. Aller dings scheint ihn die sür manche Gelehrte schon verhängnißvoll gewordene Leidenschaft für Bücher in Schulden gebracht zu haben, welche er erst in den letzten Jahren seines Lebens loS wurde. In BourgeS blieb GeSncr nur rin Jahr, da er sah, daß dort für ihn nicht viel zu lernen sri und begab sich 1531 nach Pari«. Er selbst entwirft von dem Gange seiner Studien in Frankreich keine besonder« günstige Schilderung. Allerlei Autoren, Dichter und Prosaiker, Theologen und Naturforscher. Philosophen und Arrzte wurden durcheinander gelesen, überall mehr naschend als ernstlich arbeitend. Au« Paris vertrieben ihn die grausamen Verfolgungen, welche die Protestanten zu erdulden hatten und im Drcrmbrr de« Jahres 1534 sehen sendete ihn Maine in den Senat; unter Garfielb'S Präsident schaft im Jahre l88>, wo er das Portefeuille dcS Aus wärtigen zum ersten Male inne hatte, war sein ganzes Streben ans Verstärkung »nd Ausbreitung deS Unions-Em- flusscS aus die übrigen Staaten Amerikas gerichtet. Mit der PräsidtnsckaftS-Candidairlr versuchte cS Blaine bekanntlich schon im Jahre 1881, wurde jedoch damals von dem demo kratischen Candidatcn Clcvcland geschlagen. Vor der Hand schwanken noch die Aussichten für Harrison und für Blaine. Nach einer Meldung des New-Aorker „Sun" zählen beite je 350 Anbängcr, während die übrigen Delegirten zweifel haft sind. Deutsches Reich. L Berlin, 7. Juni. In jüngster Zeit ist in der Presse und in politischen Reden öfters von dem Verhältniß zwischen der nationalliberalen und der frei sinnigen Partei gcdandelt worden. ES ist da« eine Nach wirkung der Constellalion, welche durch die preußische VolkS- schulgcsetzvorlage geschaffen war. Da,»als ist die Erkenntniß in die weitesten Kreise gedrungen, das; die Parteien, welche ibrcn Boden in den breiteste» Schichten dcS BUrgcrtbumS besitzen, hochwichtige acmcinsame Interessen habe», deren Vertheidiaung durch Kämpfe der liberalen Parteien unter einander beeinträchtigt werten mnß. Selbst unter dem unmittel baren Eindrücke der in jenen Wochen drohenden Gcsahr ist aber kein besonncncr Politiker auf den Gedanke» gekommen, daß nun die Gegensätze innerhalb dcS deutschen Liberalismus mit Einem Schlage verschwinden und die bisher getrennten Richtungen sich zu einer „großen liberale» Partei" zusa»iv>e»- schlicßen würden. Es ist darum ziemlich überflüssige Mühe, wenn freisinnige Redner, wie das in den letzten Wochen wiederholt vorgekomme» ist, ihren Zubörcrn die Unangäng- lichkeit einer Verschmelzung ihrer Partei mit den National liberale» noch besonders darlbu». Die bewußten Anhänger beider Richtungen sind sich durchaus klar darüber, daß die Gcsammt- auffaffiiiig ron der Stellung »nd den Ausgaben einer Vertretung dcS deutschen Bürge»tbumS im politischen Leben der Gegenwart nach wie vor weit auseinandergeht. Herr vr. Bambcrgcr bat in einer, vor Kurzem in seinem Wahlkreise gebastenen Rede ein „friedliches Zusammenwirken dcS ganzen Bürger- lhnmö" bauptsächlich wegen dcS „KampscS gegen den Feudal- siaat und die Socialdcmokratic" sür nothwciitig gebasten. Nun war aber die Socialdemokralic, deren ganzes Prestige auf ihren ReichStagSwahlsicgen beruht, von keiner Partei mehr gefördert worden, als von der deutsch freisinnigen, welche bei den Wahlen mit ihr Hand m Hand ging. Mau wird also erst abzuwaric» haben, ob in dieser Beziehung in Zukunft ein Wandel eintrist. Außerdem ist der Kampf gegen die Socialdemokralic nicht auf die sogenannten bürgerlichen Parteien beschränkt, sondern eS ist eine gemeinsame Ausgabe Aller aus dem Boden der heutigen Staat« und Gesellschafts ordnung stehenden Parteien. Andererseits ist eine ernstliche Gefahr dcS Rückfalles in den „Feudalstaat" nur dann vor handen, wenn die ultra conscrvativeu Reactioiiabcstrcbnngcn sich der Unterstützung einer starken ultramontancn Partei erfreuen. Nun ist wiederum die heutige ausschlag gebende Stcllnng dcS nltramvnlancn CcntrumS im Wege der Wablhilse von keiner Partei so sehr gefördert worden, wie von der freisinnigen, und leider wird nickt berichtet, daß Herr Bambcrgcr in Alzey die Gc sahr gewürdigt habe, welche die heutige Machtstellung dcS CcntrumS sür unsere politische Entwickelung bedeutet. ES ist nicht anzunchmcn, daß sich in absehbarer Zeit über diese Dinge zwischen Nationalliberalen und Freisinnigen eine ge meinsame Anschauungsweise herauöbilven sollte. Dazu kommen raume Zeit blieb, um im Frühjahr de« folgenden Jahre» in seine Vaterstadt zurückzukehren. Alle seine Verwandte und Freunde setzten die größten Hoff nungen in ihn und erwarteten da« Glänzendste für seine Zu kunst Aber, — da spickte Dämon Amor dem tOjährigen einen Strich. GeSncr verliebte sich in ein schönes junge«, aber ganz armes Mädchen und hcirathetc eS. Seine Angehörigen und Gönner waren außer sich über diese Thorhcit und mit vollem Recht. Es war unverantwortlich von ihm in so jungen Jahren, da er selbst nur notbdürslig cxistireu konnte, ein anderes Geschick an das seine zu ketten. An den trefflichen MykoniuS schreibt er mit Bezug auf seine Vcrbeirathung, „als ick jenen Schritt that, glühte in mir das kübne Feuer der Jugend, das oft auch ältere Männer, ja selbst Greise noch nicht verlassen hat Meine Heirath wird meine Studien nickt zu hemmen vermöge», sie vielmehr ansporncn. Sollte meine Frau von bösem Charakter sein, nun, so werde ich durch sie Geduld lernen und dadurch de» Ruhm dcS Sokrates erlangen. Hätte sic Geld und Gut, so würde meine Jugend mit dem Geize einerseits oder mit der VerschwcndunaSiucht andererseits in Constict kommen Da aber gerade das Gcgrn- thcil stattsindet, so habe ich die Armntb als tägliche Lehrerin der Weisheit im Hause". An eine» anderen Freund, den Chorherr» Nüsckler, schreibt er von Bade» aus Folgendes, was ihm alle Ebre macht: „Wenn sich auch Alle meiner Vcr- heiralhung witersctzcn, so werte ich dock mein Weib »immer ver lassen, nicht bloS darum, weil ich sic liebe, sondern weil sie auch da« Gelöbniß meiner Treue hat". Der gute GeSncr hat aber kein glückliches LooS bei der Lotterie deS HcirathenS gezogen. Seine Frau verstand durchaus nicht» von der Wirthschast, deren er sich annehmen mußte, sie war morosen Wesens, kränklich und mußte viel Bäder gebrauchen, was mit großen Kosten verbunden war. Ein Glück war es noch zu nennen, daß die Ehe GeSnerS kinderlos blieb, kenn auch für seine jüngeren Geschwister und sür die zahlreichen Kinder seiner ältere» mußte er häufig mitsoraend einspringen. Auch seine Gastfreundschaft soll weit über seine Mittel hinauSgkganaen sein Dabei war er als jüngster Lehrer in der untersten Claffe erbärmlich besoldet unk von Unterrichtsstunden überhäuft. So mußte er wohl Schulden machen und seine geliebten Bückcr verkaufen, wa« jedem für seinen Berus begeisterten Gelehrten anS -Herz greift, fast wie der Verlust eines Kindes. So war Gesner gezwungen, für seine Verleger unverhästniß- «chßjg za arbcit«^ um sicsz nur den kärglichsten, tag« .
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