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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920610021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892061002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892061002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-06
- Tag1892-06-10
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Die Erpedition ist Wochentag« «nunterbroch«, »öffnet von srüh 8 bi« Abend« 7 Udr. Fittalea: VN« Rl«««'s »ortt«. (Alfretz Hohn». Universitütsstrad» 1. «out» rische, Katharinenstr. Ich »art. und Königsplatz 7. Abend-Ausgabe. tlWgtr.Lagtblatt Anzeiger. Digan für Politik, LocalgeschWe, Kandels- und GcWftsverkchr. Jnsertioaspreis Die 6 gespaltene Petitzeile KO Pfg-'i Reclamen unter dem NebaetlonSstrich s4ge« spalten) 50^, vor den Famllleunachrichlei, (b gejpaltea) 40 ^ Grötzere Schriften laut unsere» Preis, verzerchaib- Tabellarischer uud Ziffemsa- »ach höherem Tarif. Srtra-Veilagrn (gesalzt), nnr mit der Morgen - Au-gabe , vbn« Postbesörberuag ^5 60.—, mit Postdesürüerung 70.—. Änniltiniksltilllß si!r Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Dtorge n-AuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtag« früh 8 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen ;e «ins bald« Stunde früher. Inserate sind stets an di« Eruebttio» zu richten. Druck »»d Verlag vou L. Polz in Leipzig 2Si. «xreita^ den 10. Zmn 1892. 8«. Jahrgang Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. Juni. Ein Prlvattelegramm auS Köln meldet uns beute, der „Kölnischen Zeitung" werde auS zuverlässigster Quelle be richtet, der Zar habe in Kiel unzweideutig erklärt, er werde nicht daran denken, Frankreich zu unter stützen. wenn eS Deutschland gegenüber die elsaß lothringische Frage ausrollen wolle. Wenn der Zar eine solche Erklärung wirklich abgegeben hat, waS wir einst weilen dahingestellt sein lassen, so Kat er unserem Kaiser uud allen rilisichtigln deutschen Politikern nichts gesagt, was diese nicht vorher gewußt hätten. Als die russisch französische „Verbrüderung" unter großem Lärm vollzogen wurde, redeten die Franzosen sich ein, das Morzenroth des Revanche - Tage- sei bereilS hercingebrvchen, und auch in Deutschland gab eS besorgte Gemütker, die de» Zaren schon bereit sahen, der französischen Republik zur Rück eroberung der deutschen Reichslande behilflich zu sei». Ernste deutsche Politiker haben sich von dieser Besorgnis! nicht an stecken lassen. Sie hatten zwingende Gründe für die An nahme, daß Rußland nur danach trachte, Frankreich für seine finanziellen und politischen Zwecke auSzunutzcn, aber nicht im enlserulestcn daran denke, sich für die französische Republik in ein Abenteuer ru stürzen, dessen AnSgang zwcifelhall ist und möglicherweise Frankreich für immer unfähig macht, Rußland den Gegendienst im Orient zu leisten, aus den c» dem Zaren allein aiikcnimen kann. Die Zeit, die seit jener „Verbrüderung" verstriche» ist, hat diese An nahme durchaus bestätigt. Frankreich hat für den russischen BcrbrüdernngSschmatz große Summen und diplomatische Dienste im Orient ae-ahlt; eö würde noch mehr gezahlt haben, wenn nicht der russische Nctbstanv auSgebrvchen wäre und Rußland von der weitere» Verfolgung seiner orientalischen Pläne abgehalten hätte. Aber eS hat auch nicht die leiseste Garantie dafür erhalten, daß der Zar in einen etwa von Frankreich vom Zaune gebrochenen Krieg um Elsaß-Lothringen sich stürzen werde. Kaiser Alexander Hl. hat also, wenn die „Köln. Ztg." recht unterrichtet ist, in Kiel nichts gesagt, was n»S neu und besonder- erfreulich sein könnte. Es ist aber auch nicht wahrscheinlich, daß der Zar etwas für jeden nüchternen deutschen Politiker Selbstverständliches gesagt Hai en sollte, waS zugleich jenen großen Theil der französischen Ration, der nun einmal von der russischen Freundschaft Rache für l870/7 t erwartet, wahrscheinlich die Taschen zuknöpfcn würde, wenn er auS dem Munde des Zaren aulhentisch erführe, daß diese Er wartung eine trügerische ist. Auf alle Fälle hat Deutschland nicht die mindeste Ursache, über eine solche Aeußcrung des Zaren zu frohlocken und ihretwegen an eine Wendung der allgemeine» politischen Lage zu glauben. Rußland wird, wenn eS die Folgen des NothstandeS überwunden hat, seine orientalischen Pläne weiter verfolgen und sich stark genug machen, um nöthigenfallS mit Gewalt durchzusetzen, waS auf dem Verhandlung«- und Intriguenwcge nicht zu erreichen ist. Für jetzt kommt es ihm darauf a», Frankreich von übereilten Schritten ziirückulhalten, uud diesem Zwecke bat die Reise dcS Zaren nach Kiel gedient. Der Großfürst Koustantin hat diesen Zweck nicht recht begriffen, sonst wäre er von Nancy fern geblieben. Dafür wird ihm — jedenfalls auf Veranlassung des Zaren — bezeugt, daß er eine» Streich auf eigene Hand gemacht hat. Daö ist des kalten Wasser strahles nach Pari« genug und für uns genug der Klärung Drei andere kleine Notizen, die heute durch die Zeitungen gehen, lasten sich wunderschön zu einem Mosaikbild zusaiiimcn- sasten, und was erscheint, ist rin — Bild unserer iiiiieren Verhältnisse: Der Papst gewährt alle» Theilncbmern an der diesjährigen Echternacher Springprocession einen außerordentlichen Ablaß von sechs Jahren, in Straß burg soll ein größeres Kapuzin erkloster errichtet werden und die FuchStaufe aus der RudelSburg ein alter studentischer Brauch, ist dieses Jahr ver boten worden. Einen Vergleich selbstverständlich vertragen das letzte und die erstgenannten Dinge nicht, aber ihr gleich zeitiges Vorkommen ist charakteristisch. Die Echternacher Wallfahrer springen bekanntlick zwei Schritte vorwärts und einen Schritt rückwärts. Das Verdienstliche dieser mühseligen FortbcwcgungSart springt zwar ins Auge, ist aber besten ungeachtet bi« auf den beuligen Tag nickt allgemein an erkannt worden, wenn auck von der gesammten katholischen Geistlichkeit. Viele rbeinische Kleriker machten sich eigene Gedanken über daS balbpenclopöische Wallen und tbateu, wenn sie eS vermeiden konnten, nicht mit, obwohl dir Geist liche» selbst bei der Proccssion nicht springen, sondern sich der übliche» Art, vorwärts zu komme», bedienen. Nach dem jetzt aber der Papst einen so hohen Preis auf die Beibringung an der Wallfahrt gesetzt, werden die Geistlichen nicht znrnckbleibe» dürfen uns ikren Beicht kindern empfehlen mütsc», waS sic lieber tadelten. Der Bischof von Luxemburg hat bereit» erklärt, er werte sich dieses Jahr an die Spitze stellen. Die Absicht ist leicht erkennbar: der UltramoutaniSmuS will mit de» Massen seiner Getreuen den Regierungen imponircn, um sie seinen Wünsche» gefügig und an das Vorbandcnsci» „religiöser" Bcdürsnissc dort glauben zu mache», wo in Wahrheit nicht« Anderes als Wirkungen geistlichen Drills vorliegcii. — Dem rcichSläudischcn Staatssccrctair von Puttkamer, der wegen der Straßburger Klesterzrüiikung eben »ach Berlin gefahren ist, wirb wohl mehr als einmal durch Hinweise aus den glänzenden Ausfall von Veranstaltungen, wie die Echternacher Procession, die Notbwcndigkeit »euer Klöster „bewiesen" worden sein. In Wirtlichkeit verhalte» sich die streng kirchliche» Laien glcichgütig und die Geistlichen m ihrer Mehrheit ablehnend gegen die Klöster. Aber für die Kirche bandelt eS sich um eine Machtfragc, uud sie wird, nachdem sie die Errichtung von zwei Kapuzincrllöstern in den RcichSlanden schon durckaesctzt hat, von dem drillen in Straßburg nicht ablastcu. Von Bedürfnis; und Gewöhnung kann sie freilich nicht rede», denn außer einem Trappisten kloster bat mau bis vor wenigen Iabrcn in Elsaß-Lothringen Mäimerklöster nicht gekannt, selbst unter dem in solche» Dinge» von seiner „frommen" Gemahlin beeinflußten Napo leon III. wurden sie nicht für nolhwcndig und nützlich erachtet. Bon den dcntsckcn Behörde» aber verlangt die Kirche jetzt die dritte Niederlassung von Kapuzinern, deren besondere Stärke im Bekämpfen dcS Bösen sich allerdings a» dem Teufel von Wcuiding glänzend offenbart hat. Die Abweisung der neuesten Forderung de« Ultramon- tani-muS im Elsaß erscheint schon auS Rücksicht auf Pie bewährte Politik dcS benachbarten Badens, überaus wünschenSwertb. aber wenig wahrscheinlich. Wir leben ja in der Aera der Versöhnung der Unversöhnlichen und dazu der Versöhnung durch Mittel, welche die dauernde Unversöhnlich keil erleichtern. Der Socialdemokratie, die man angeblich bei jeder RegicrungSniaßiiahmc im Auge hat, wird die Vermehrung der Kapuziner gewaltig impvnirenl — Gegen die Studenten ans der RudelSburg freilich hat man Festigkeit gezeigt, eS wurde ihnen zur Vermeidung von Aergerniß verboten, am Pfingst sonntag ihre „FuchStaufe" abzuhalte». Die Studenten, welche diesen Brauch »och pflegen, sind, nicht im parteipolitischem Sinne, wohl aber vom Standpuuctc der bestehenden Ordnung durchaus eouservativ und jener Brauch selbst ist das Uebcr- blcibsel der uralte» studentischen Sitte der Dcposiliou. Der Jugend die Pflege alter Ueberlieferungen, weil sic einigen Heulern nicht gefallen, durch den Gendarmen verwehre», daS ist die Weisheit des EonscrvatiSmuS neuester Ordnung. Noch nicht ganze fünf Millionen Seelen zählt das Czcchen- volk, wenn man die sprachverwandte» Slowaken zu ihnen rechnet, Skandal aber macht die hussitischc Nation mehr als ein Hundertmillionen-Bolk. Zn Nancv, in Wien, in Lemberg, i» Volhynicn — überall läßt der Radau der Ezechen sich vernehmen und eS kann schließlich nicht verwundern, wenn sich die Herren Nr. Baschaty oder der große französisch radebrechende Podlipny cinbildc», daß die ganz» Erde um sie sich drebc. Ucber das neueste deutschfeindliche Product dieser slawische» Gernegroße wird der jungrzcchischen „Narodni Listy" auS Nancy vom 9. Juni gemeldet: Beim Studentencongreß, der gleichzeitig mit dein Turner- congreß statlscmd, verbot die Behörde, deutschfeindliche Trinksprüche a»»ziibrtnge». Ein czechischrr Student, Namen« Lisek, berührt« in seinem Trinkspruch diese- Verbot und sprach den Wunsch auS, das künftige Stndentcngcschlccht möge Nancy nicht mehr als Grenzort finden. Die czechische.i Studenten Wiens sandten an den Studentencongreß In Nancy einen Drahtgriiß. worin eS heißt: „Ihr wollt Euch kriistigen Im Kampfe gegen den Feind Eure) Vaterlandes; wir kämpse» für Befreiung von demselben Feinde." Wir baden in der heutigen Morgeiinummer ein Telegramm auS Paris mitgctbcilt, wonach eine halbamtliche Iourualuote erklärt, FlourcuSsei weder vo» Seilen Frankreichs noch von Seiten Rußlands »nt einem Mandate betreffs der Reise des Großfürsten Konstantin nach N a n cu bctr an l gewesen. Zum Verständnis; dieser Meldung ist er nöthig, daraus hinzuweisen, daß der frühere Minister de« Acnßer», FlonrcnS, einem englischen Reporter angebtick erzählt hat. daß, als er vor drei Monate» in Petersburg war und eine Audienz beim Zaren hatte, derselbe ihn bcauslragt bade, Earnvl »utzulbeilen, daß er beabsichtige, während des Aufenthaltes Earnot'S in Nancy den Groß 'ürsten Konstantin zu seiner Begrüßung hinznschiclcn. Der Zar wolle, wie FlonrcnS bervorhob, dadurch der sranzösischcii Regierung bekunden, daß sei» Besuch m Kiel nichts an dem srenndschastlickeii Eilivcriicbmc» mit Frankreich ändere. FlonreiiS berichtete weiter, er habe diese» Auftrag auSgcsührt und begreife deshalb nicht die Ueberrasclning, wclckc das Telegramm deS Großfürsten in der Umgebung de« Präsidenten in Nauru erregt bade, und daß nicht die zum Emvsaiig des Großfürsten bezüglichen Anordnungen ge troffen waren. Es wird der französischen Regierung hart angekomuicn sein, Herrn FlonrcnS der Flunkerei zu zeihe» und vamit zu constatiren, das: wenigsten» dieser Herr eine Mission betreff« rer Reise de« Großfürsten nicht gcbabt bat Aber der Zar wünschte ei» öffentliches Zcugniß dafür, daß er mit Herrn FlonrenS nichts zu tbnn gehabt, und so mußte denn in diesen saure» Apfel gebissen werden. Zn der rLm ischcn Tcputirtenka m m er habe» gestern, wie schon gemeldet, die Verhandlungen über die Vorlage, daö provisorische Budget betreffend, begönne». Nach den vorliegende» Meldungen rechnet die Regierung bei der heute oder morgen stattsilidciidcn Abstimmung aus 10 Stim men Mehrheit, eS wird jedoch abzuwarlen sein, ob diese Rechnung nicht eine ebenso falsche ist, als sie eS vor Kurzem bei Einbringung des NegiernngSprvgrammS war. Es sind im Ganzen 9l Redner eingeschrieben, lieber den Verlauf der gestrigen Sitzung liegt folgendes Telegramm vor: . Rom. 9. Juni. (Deplitirtenkammer.) Bei zahlreich be- suchtcm Hause und Übersoll!»'» Tilbiinen begann heule die Verall»,»,, über die Vorlage, bclrcsseiid daS provisorische Budget. Minister präsident Äiotclti stimmte der Eröffnung der Tebalte über de» Antrag der Commission z» Jmbriani und Lovitto sprachen gegen das Cabinet. Ministerpräsident Äivlllti erklärte daraus unter gespannter Ansmerffanikeil des Haules, da« Cabinet werde bei dieser ikebaltc die VertrancuSsragc nicht stelle», denn eS handle sich lediglich nm die Vorsorge für die Bedürfnisse der Venvaltnng de« Staate«. Tic Kammer würde zweiseltoS da» Budget bewilligen. Wen» die Kammer dasselbe sür sechs Monate bewilligte, so köniile im 'November oder Tecembcr die Berathuug beginnen. Wenn aber da« Budget nur sür einen Monat genehmigt würde, so müßte die Kammer über dasselbe bcralhen und cs im adnliulstratillc» Wege in einfacher Lesung anncbme». Alan könnte nicht die Frage der Politik des Cabineta bei dieser Gelegenheit auf- iverfen, den» das Cabinet habe vollständig daS Budget des früheren Ministeriums übernommen. Tie Frage deS Cabincis reducirc sich also daraus, daß da« Budget auf sechs Monate oder aus ein Jahr bewilligt werde. Es handle sich nicht um eine Frage des Ver trauens, sondern um die Regelung der Siaatsvcrwallung. Vor diesein hohen Interessen würden, wie er hoffe, alle kleinliche» Frage» verschwinden. (Lebhafter Beifall links und im Centn»», von vielen Seiten wurde Givlitti beglückwünscht, lebhafte Bewegung.) Deinastino (Nicoteragrnvpe) uud Bonght ^Rechte) sprachen darauf gegen die Regierung. Tie weitere Bcrathnng wurde aus morgen vertagt. Aus dem in diesen Tagen in London statlgcsundcnen internationalen Bergarbeiter-Eongreß, bei dem die geringe Zahl der deutsche» Dclegirten (t) aussiel, hat die Frage der achtstündigen Arbeitszeit die größte Rolle gespielt, »nd cs ist bei der Verhandlung über diese Frage zu weitgehenden Differenzen zwischen den verschiedenen Ratio naliläten gekommen. Die Engländer wollten den Ach! stnndcntag nnr sür Unlcrtag-Arbeit bewillige» und erkläre» da« Aliiendemcnt sür eine Ungerechtigkeit, während die Eon tinentalen den Achtstundentag für alle an Bergwerken Be schäftigten ohne Unterschied cingcfiihrt wissen wollen. Dem Präsidenten der belgischen Arbeiter Delegation Eallevacrt wurde infolge seiner bcstigcn Ausfälle das Wort entzogen. Tie Entscheidung über die Resolution wurde schließlich vertagt. Deutsches Reich. Berlin, 9. Znni. Die Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papstes gehört zu den stänrigcn Rcgttisitc» der deutschen Katbolikcnvcrsammlnngen, an die inan sich seit einer langen Reihe von Zakrcn so sebr ge wöhnt hat, daß man ihnen keine Beachtung mehr schenkt. Wie immer man über die Frage deuten mag, darüber ist selbstverständlich auch de» »rtheilssähigen ullramvntancn Politiserii kein Zweifel, daß bei der heutigen Weltlage eine Lösung derselben in ihre», Sinne nicht zu erreichen ist, und inan kan» ebenso Ilherzcugt sei», daß selbst die Fanatiker de« deutsche» UltramontaniSiuuS vor der Verant wortung zurückscknecken wiirre», nm der Wiedererrichtung eines Kirchenstaates willen eine» Wellbrand zu entzünden. Aber daö Tl cma von der Gefangenschaft, von den Leiden des Papstes ist ci» vortreffliches Mittel, ui» die Masse» der „Gläubigen" zu errege». Dazu wurde es auf den Katholiken tagen benutzt, »nd weil man wußte, daß es eben keinen andern Zweck batte, so haben sich die außerhalb dcS UltramontauiSmuS -Liebenden über die Sache nicht weiter ereifert. Etwa« Anderes aber ist eS, wenn die Frage jetzt sozusagen außer der Reihe durch eine besonders in die Augen sallcnde Ver anstaltung, eine große Wallfahrt nach Fulda, in Scene gesetzt worden ist. Auch jetzt freilich liegt tcrZwcck zweifellos aus schließlich auf dem Gebiete der Parieiagilatio» Der schwere Schlag, de» das Ecnlrnm durch da« Fiasco in der Volks- schulangclcgeiiheit erlitten, hätte eine Entmuthiguiig der Masse» nach sich ziehe» töiinen. Dies mußte nm jeden Preis verhütet werte», und dazu erschien eine ungewöhnlich krustige Behandlung der Frage der weltlichen Herrschast als daS geeignetste Mittel. Ader da diese Frage zugleich eine Lebens frage für einen mit dem Deutsche» Reiche eng verbündeten Staat ist, so ist eS unmöglich, sic auch jetzt, wo sie in so feierlicher Weise auf die TazeSordnung gesetzt ist, »ur unter dem GcsichtSpnncle einer beliebigen AgitalionShandhabe irgend einer beliebigen Pariei z» betrachten, sondern man hat daS Neckt und die Pflicht, aus die iiilcrnatiouale Veraiiltvortuug aufmerksam zu machen, welche die Partei übernimmt, vv» der diese Frage in dieser Weise aufgeworfen wird, — ganz besonders aber, wenn diese Partei ini deutschen Reichstage zur Zeit die ausschlaggebende Stellung cinnimmt. Bisher hat die EcnIrumSpartci, wenn sic der Dreibundö- pvlitik zuslimmtc, sich mit einer vagen «nd nichtssagenden Wahrung ihrer „priiicipicllcn Stellung zur römischen Frage" bcgnngt. Zeyt haben die Wallfahrer von Fulda dem Papste gelobt, ^auf jccc legale Weise" sür die Wiederherstellung seiner territorialen Unabhängigkeit wirken zu wollen, und Frhr. v. Lob» bat eins der „legalen" Mittel bereits an- gcdcntct, nämlich die Forderung der Einziehung der deutschen Botschaft beim Quirinal. Man darf stark bezweifeln, daß clwa Frhr. v. Hucnc Lust habe, diese Forde rung demnächst im Reichstage zu stellen. Aber man muß erwarlc», daß nach dem Vorgänge von Fulda nun endlich anch die vcraittwvrllichcii Politiker des EciitrumS einmal mit ihren ccncrctc» Vorschlägen zur Lösung der Frage der weltlichen Herrschaft hervvrtrelc». Zur Klärung unserer politische» Verhältnisse würde daö außerordentlich dienlich sein. 88. Berlin, 9. Znni. Während der conscrvative Landesvcrcin im Königrcich Sachscn für seine nächste Geiicralversammliiug eine „Aussprache" über die Zudcnfrage ans die Tagesordnung gesetzt bat, haben gleichzeitig die Eonservaliven in Hannover sich von einem antisemitischen Blatte öffentlich lvSgesagt. Dieser letztere Vorfall bleibt vielleicht nicht ohne Einfluß ans da« Ergebnis; der sächsischen Anssprache. Die hamiovcrschc» Eonservaliven haben, als die erste» i» der Partei, durch ikren Beschluß dem Ver langen des Herrn von Helldorss, mit dem Antisemitis mus nnverwvrreii zu bleiben, Rechnung getragen. Ihnen zu folgen, statt da« Gcgcntbeil zn thun, habe» die sächsischen Eonservaliven einen Anreiz in dem Umstande, das; der um den Antisemitismus in Sachsen nickt unverdiente b)r. Paul Focrster de» Platz dcü verhafteten Ahlwardt in — Feuilleton. Lonrad Gesner. Lebensbild eines Naturforschers des 16. Jahr hunderts. Lon William Marshall. Nachteil« »«rtstt». (Schluß.) Schon als Knabe war er, wie wir sahen, von seinem Oheim, dem alten Han- Frick, zum Sammeln und Studire» der Pflanzen angehalten worden, und als Professor in Lau sanne machte er in den Jura zahlreiche Excursionen, ja er schwamm weit^ in den See hinan«, sich Wasserpflanzen zu holen. Bon größeren Excursionen war er übcryaupt rin aus gesprochener Freund und fast alle Jahre machte er deren. Eine davon auf den Pilatu« oder Frackmont (mons starti»), wie der Berg damals auch noch hieß, hat er in einem kleinen, idyllisch anmutbenden Schriftchen lSSb beschriebe». Tie Be steigung de« PilatnS war damals durchaus kein so leichte« Unternehme», eS gekörte zunächst dazu schon einmal die ipeciclle Erlanbniß de» Statthalters von Luzern. Eine Bemerkung in diesem Büchlein ist sebr interessant. Man könne die Hoch gebirge der Alpen, sagt GeSner, in vier klimatische, etwa, aber in etwa« anderer Folge, den vier Jahreszeiten ent sprechende Zonen oder Regionen zerlegen. Aus den obersten Höhen herrsche ewiger Winter, mit Schnee, Ei» und kalten Winden. Etwa« tiefer folge die FrühIingSgegend: nach einem sehr langen Winter Kerrsche hier überhaupt nur eine ZabreS- ze«t, ei« kurzer Frühling und Blumen, welche in der Ebene und im Lenze blühen, stiidet man in analogen Formen dort oben im Hochsommer nnd Herbst. Aus die KrühlingS- re-io» folg« rin«, die etwa« vom Vorsommer und etwa- vom Herbst habe, am Fuß de« Berge» aber sei der Sommer. Hätte GeSncr den Vergleich noch weiter auSgespoiincn und den Pol mit dem beeiste» Berggipfel, die gemäßigte Zone mit dem Frühling, die subtropiichc Region mit dem Vvr- lind die Acquatoriale mit dem Hochsommer vergliche», so hätte er eine spätere Idee Humboldts vorweggenommen. Aber nicht bloS die Pflanze» zogen GeSner in die Alpen, er liebte seine Berge mit dem ganzen Herzen eines Kinde« der schweizer Erde. Hierfür finde» wir den Beweis i» einer von ihm verfaßten kleinen Abhandlung über Milch, Milch speisen und Alpenwirthschaft, die ich indessen nicht zu sebr bekommen bade, so daß ich »ach Hanbart citircn muß. „Ich bin entschlossen", sagt GcSner in dieser, „so laiige mir die göttliche Vorsehung mein Leben erhält, jährlich einige oder doch eine» Berg zu besteigen und zwar in der Jahreszeit, wo die Pflanzenwelt in ibrcr vollen Kraft ist, theilS, nm meine Kenntniß derselben zu erweitern, theilS um meinen Körper zu stärken und meinen,Geist die edelsteErholung zu verschaffe». Denn welch ein bcrrlicher Genuß, wa» für eine Wonne ist eS, die unermeßlichen Bcrgmasscn bewundernd zn betrachten und sei» Haupt über die Wolken emporzuhebc»! — Wer Weisheit liebt, der fahre fort, mit Angen de- Körper« und de« Geisle den rcichgcschmiccktcn Schauplatz dieser Welt zn betrachten; er besteige hohe Berge, er wende seine Blicke ans jene un- ermeßlicke Alpcnkett«, er wandte durch schattige Walker, er stelle sich bin aus erhabene BergeSböben und umfasse da die unendliche Mannigfaltigkeit von Gegenständen, die vor seine» Blicken auSgebreilet liegt. — Der geistige und sinnlichc Genuß, den eine Vergreise gewährt, ist eben so inannigialtig als woblthätia. Schon die Anstrengung der Reise selbst, an- aenebme Gesellschaft, ein von allen Lorgen der gewöhnlichen BerusSgeschä'te freier Geist ist ein großer Gewinn ic." E« läßt sich drille», daß GeSncr durch seine Reisen »nd seine zahlreichen Verbindui^en eine ansehnliche Sammlung m- und ausländischer Pflanzen zusawmenbrachte. Sie ent hielt unter Ander» über 5,00 Arten, welche früher noch un beschrieben waren Zn seinen letzten Lebensjahre», während deren er zwei Künstler, einen Zeichner »nd einen Holz schneider in seinem Hanse arbeiten ließ, hatte er über >500 Abbildungen von Gewächsen, sowie die schriftlichen Materialien für ein großes Kräntcrbnch rnsammcngebracht; eö war ihm indessen nicht vergönnt, dasselbe abzuschließe», der Tod trat dazwischen. Seinen botanischen Nachlaß hatte GeSncr seinem Schüler und Eollcgcn Kaspar Wolf vermacht uiiler der Bedingung, daS Werk fertig zn stelle» und zu veröffentlichen. Wolf scheint sich aber der Ausgabe nicht gewachsen gesuhlt zu habe», kurz und gut, er verkaufte die GeSncrschen Zeichnungen und Notizen 1580 an Joachim EamerariuS, Stadtarzt in Nürnberg, um 150 Gulden, und die mit schriftlichen Bemerkungen seines alte» LehrcrS ange- süllten Handexemplare dcS TioSkoridcS, Theophrast und PlininS um 25 Gulden. Zm Zabre 1598 kam der Nach laß in die Hände deS jüngeren Eamcrariu«, von diesem vicrnndvicrzig Zabre spater in Besitz der Nützlischcn Familie, 1658 in den der Vclckamcrischru, 1714 wurde er von Ehristopb Jakob Trcw, Arzt zu Nürnberg, angekaust und dem Professor Schmiedel in Erlangen zur Bearbeitung über geben, der da« Werk dann endlich i» zwei Folicbäntcn 1759 bis 1759 herausgab. Jetzt befindet sich das Manuskript auf der Erlanger Universitätsbibliothek, llndont «un kntn lihclllil Bei Lebzeiten GcSner« erschiene» zwei selbstständige Werke botanischen Inhalt- von ihm, nämlich ein Art Gartenlcxikon, betitelt Iloili gonnanlno (Deutschland« Gärten), welche« rin Verzeichnis; der Namen aller ihn, bekannten, bei »nö in Gärten sorlkommenden Pflanzen nebst kurzen Bemerkungen über ibr Vaterland, ihre Pflege ». s. w. enlhält. DaS zweite Schrislcben ist ebenso seilen wie merk würdig; e» handelt über Nachts leuchtende Gewächse. Dir Pslanzenabbildungrn in Gesner» Büchern sind alle ganz ausgezeichnet und höchst charakteristisch. Dir Zeichnungen dazu rübrc» zum größten Tbcil von Johannes Thoma», einem Vetter GeSner« her. Aull» LucaS Schrön nnd Hans ASpcr zu Zürich lieferten ihm zahlreiche Abbildungen. Von einem cigenlliche» System ist in den botanischen Werken Gesner« »och nicht die Rede. Er benn^t zwar die Gestalt der Blülhc» und die Beschaffenheit des Same»« der Gewächse, aber er benutzt sie dock nur, um die einzelnen Arten scliärscr dadurch zn charaltcrisircn, nicht aber, um an ihnen die Existenz gewisser VerwanbtschaftSkrcise nach- zuwciscii. Zn dieser Beziehung stellt er ganz auf dem Stand- puiiclc, wie die große Masse de« Volles noch bculige» Tage«: äußerlich ähnliche Formen ohne innere Verwandtschaft werde» zusammciigkstcUt, wirtlich verwandte indessen mit abweichen dem Habitus weit auseinander gerissen. Daß Gesner Süß- wasscrschwämmc, Eorallcn (Gorgoinrcn) und Moestbierckien (Flnstren) unter die Pflanzen zahlt, wollen wir ihm nicht verargen. Noch in van de» HocvenS Lehrbuch der Zoologie l>859) werden die Schwämme als Vcgctabilicn mit Still schweigen übergangen, obgleich ihre Thicruatnr damals schon uiizwcisclhast (dnrch Flemming, Grant, Licbcrkuhn) dar- gcthan war. Die Verdienste Gesner« auf dem Gebiete der Botanik sind durch Schmiedel, Albert v. Haller, Kurt Sprengel sehr, säst etwa« zn sehr gerühmt worden, meiner Meinung nach sind sic in der Zoologie weit bedeutender. GesncrS „Thierbuch" bat immer als ein hervorragendes Werk gegolten und von seinen Zeitgenossen bis auf nnscrn modernsten Schriftsteller über die Geschichte der Zoologie, Z. V. Earu« (1872) sind alle wirklichen Kenner (eS gicbt auch ccnc ganze Anzahl Gelehrte, die mit rede», ohne daS Buch je genauer angeselin zn haben!) einig darüber, daß GeSncrS Leistung ein nach jeder Richtung gewaltige, in ihrer Art ganz einzige und für die Zoologie grunLlegciidc genannt werden muß. „Jedenfalls hat GeSncrS Werk, bemcrkl Earu», da« unbestritten große Verdienst, zum ersten Male die zur Zeitz Pc:
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