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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.06.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920615028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892061502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892061502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-06
- Tag1892-06-15
- Monat1892-06
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LeLacttoa un- Lrvkditioo: Johanne«,affe 8. Kr krpedttion ist Wochentag» »annterbroche» »öffnet von früh 8 bi» Lbend» 7 Uhr. Filiale«: vtt« »lemm's Lorlim. (Nlfteetz Hahn). Universitättstrah« 1, Loui» Lösche. KNthariaenstr. 14, Part. n»d >s»t,»platz 7. Abend-Ausgabe. WM.TllgMalt Anzeiger. LrM für Politik, LocalgeslMe, jgandels- und Geschäftsverkehr. JnsertioxS-erlA Die bgespaltme Petlkjeikr 20 Reclameu unter dem 2i«^l,ck>a»»strich (4g» spalten) öO^j, oor den ^rwiliennachrtchtc» <b gespalten) 46^. Größere Schriften laut mtsern» Pont« verjtichnib. Tabellarischer «uid Afferusatz »och höherem Taris. »rtra-Beilagen (gesalzt), nor mit der Morgen - Ausgabe, ohne Postbefördernng 60.—, mit Postbesürderung 70. —. Ännahmeschluß f3r Zuserake: «b»ad-Au»gabe: Bormittag» 10 Uhr. Margeo»AuSgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag» srilh 9 Uhr. vei deo Filialen und Annahmestelle» jr eia» halb» Stund« früher. Inserate sind stet» an dir ExZedttto» »n richten. Druck und Verlag von L. Pol» t» Leipzig M. Mittwoch den 15. Juni 1892. 88. Jahrgang politische Tagesschau. * Leipzig, 15. Juni. Der Parteitag der Conservativen des König reichs Sachsen beschäftigt heute begreiflicherweise einen großen Theil der deutschen Presse. Am meisten zeigt sich, wir zu erwarten war, die „Kreuzzeitung" von dem Ver laufe des Tages befriedigt; ist es doch den sächsischen Ge sinnungsgenossen des Herrn v. Hammerstein gelungen, die ,^)udenfrage" in einer Weise dem Programm einzuverleiben, die auch den schroffsten Antisemiten freies Spiel läßt. Sehr wenig erbaut sind dagegen die nationalliberalen Organe, von denen die „Nat.-Lib. Corr", auf einen Bericht der „Kreuz- reitung" sich stützend, scharf mit dem ReichStagSabgeordnelen Freiberrn von Friesen oder vielmehr mit dem, was dieser Bericht ihn sagen läßt, inS Gericht geht. Das national liberale Parteiorgan schreibt nämlich: „Aus dem Bericht der „Kreuzzlg." ist zu ersehen, das, der Redner sich sehr eingehend mit den Nationalliberalen beschastigt hat; doch müssen wir un» versagen, mit diesem Abschnitt der Siede un» zu besagen, so lange nur Zeitungsberichte dazu vorliegen, die von geradezu unmöglichen Behauptungen wimmeln. Es ist beispielsweise nicht denkbar, daß Freiherr von Friesen leinen Zuhörern vorgercdei habe, die Slimmcnzahl der National- liberalen bei den ReichsiagSwahlen sei in der Zeit von 1871 bi» 1890 von 1230 000 aus 464 000 zurückgegangcn. Mindesten» die Halste der Zuhörer wäre wohl im Stande gewesen, den Redner zu berichtigen, der übrigen» selbst am besten wissen muhte, daß 1890 ebenfalls 1200000 nationalliderale Stimmen bei den Wahlen abgegeben wurden. Ebenso ist e» salsch, daß in dielen 20 Jahre» dir conservativcn Stimmen von 127 000 aus 740 000 angewachjen sind: sie sind von 536 000 aus 900 000 gestiegen, was zu ver- schieiern für den conservaiivcn Redner ja gar keinen Sinn gehabt hätte. Da wir annehmcn, daß er die Zahlen (1200000 nat.> lib., 900 000 coas.) richtig angesübrt Hai, können wir um so weniger glauben, daß er die abgeschmackte Phrase gebraucht habe, „daß die von den Nationalliberalen vertretene Richtimg abgc- wirthschastet hat". Das irisst am allerwenigsten für das Äönigreich Sachsen zu. wo die nationallibeiale Partei seit 1871 von 47 000 auf 112 500 Anhänger angewachscn ist und wo soeben erst die conservative Partei einen Wahlkreis, den zu behaupten sie sich außer Staude fühlte, der nationalliberalen Partei überließ. In dieser Weise tritt man doch nicht hinter schwächere, nur hinter leben», kräftigere Organisationen zurück. Sodann glauben wir nicht, daß der Redner die Behauptung ausgestellt habe, daß die natioualliberale Partei in den siebziger Jahren „unter der Herrschaft semitischer Führer'^ gestanden und „unheilvollen Einfluß" geübt habe. War c» doch die conservative Partei, mit der die wichtigsten Gesetze in den siebziger Jahren durch die nationalen und liberalen Politiker an der Spitze der nationalliberalen Partei vereinbart und al» Compromißgeletze sertiggeslcllt wurden Da nun aber Frhr. von Friesen nach den Zeitungsberichten auf alle diese hier angeführten, von ihm unmöglich vertretenen Voraussetzungen die Nothwcndigkeit einer Schwenkung ins Anti- semitische gestützt habe» soll, befinde» wir uns völlig außer Stande, vorläufig in eine Erörterung über die Rede des Frhrn, von Friesen und ihr Ergebniß weiter einzugehni. Beiläufig sei nur erwähnt, daß die Berichterstattung auch dort fehlerhaft sein muß, wo sie dem Frhrn. von Friese» die Worte in den Mund legt: Stöcker sei „auch bei un- in Sachsen al» ein treuer, ausrichtiger Bundesgenosse anerkannt worden". Gerade die sächsische couservoiive Parlejleilung hat doch eben erst Herrn Stöcker dafür zurechtgewiejcn, daß er gegen die eigenen Parteigenossen auf eigene Faust für den Anti semiten im Vogtland agitirt habe. Kurz: der anscheinend von privater dritter Seite, nicht von der Parteileitung an die „Kreuzztg." gelangte Bericht bedarf mindesten» in zwei Dutzend Punclcn einer erheblichen Correctur, eb« c» möglich ist, ihm ernsthaft näher zu treten und ihn im Zusammenhang zu würdigen." Eine uns aus parlamentarischen Kreisen zugehendr Zu schrift beschäftigt sich vorwiegend mit der verschämten Con- cession, die der Parteitag den Antisemiten gemacht bat, und führt in dieser Hinsicht auS: „Ter Parteitag der Eonservativcn in Sachsen bedeutet insascrn einen Sieg der Kreuzzeitun gSrich tung, als er eine Revision de» conservativen Programms im antisemitischen Sinne verlangte. Ueber da» „Wie" der Bekämpfung dcS JudcnthuinS hat man sich allerdings nicht näher ausgelassen. Der Beschluß, so. wie die Red« des Freiherrn von Friesen hatten augenscheinüch den Zweck, den Antisemiten den Wind auS den Segeln zu nehmen, um das conservative Schifflein damit vorwärts z» bringen. Antisemitische Parteien, darin gipfelten die Aussührungen, seien nicht nüldig, denn die Teutschconservativen besorgten ja LaS anliseiuiiiiche Geschäft auch und mit mehr Aussicht aus Erfolg als die „Teutich- ocialcn", die „Unverfälschten" u, s. w Die Ahlwardt. Böckcl und Genossen kamen in der Rede des conservativen Reichstagsabgeord- netcn gerade nicht gut weg, aber die absällige Kritik erscheint mehr als der Ausfluß parteipolitischen Brodncidcs den» als Frucht grundsätzlicher Meinungsverschiedenheit- Wäre es anders, so hätte Freiherr von Friesen Herrn Stöcker nicht ein uncingelchränktes Lob iiigen können, demselben Stöcker, der dem Genossen und nicht un würdigen Nachfolger AKIwardt's im BerlcumdungSgeichäsie ein sächsisches Mandat zu verschaffen so estrig bemüht gewesen ist. Mehr als ein elhstches Mäntelchen uni die Forderung »ach Aistnablne de» Antisemilismus inS Parteiprogramm ist eS jedenfalls nicht, wenn Freiherr von Friese» Judciiihiiin und Socialdeiiiolratie als die einzigen Träger des Materialismus hinstellte. Der rcactionaire Adel und was sich zu ihm rechnet, hätte wahrlich gerade genug Anlaß, sich in distem Betreff an der eigenen Nase zu zupsen. Wir verzichten vorläufig ans die nähere Aus- sührung dieses Einwondes, sind aber aus Verlangen gern bereit, uns dem gar nicht schwierige» Geschäfte zu uinerziehe». , . . Nach- dem die Mehrheit des Parteiiages im gerade» Gegensätze z» Herl» von Helldorf die antisemitische Demagogie heianzühen, stall sic ab» stoßen will, versteht es sich von selbst, daß sie i» ihrer Resolution gegen die „reinliche Scheidung" Stellung genvinnien hat. Nun tragt eS sich, was die Reichstagssraction zu den sächsischen Forderungen, insbesondere auch zu der E>nbenst»»g eine« all- gemeinen deutschen Parteitages noch vor Zusammentritt des Reichstages sagen wird." Wenn cs in der deutschen Presse je etwas gegeben bat, daS an die Seeschlange erinnert, so ist es die „große Militairvorlage", die Keule für die nächste Reichstagö- session ebenso bestimmt aiigekündigl wird, wie man sie morgen in daS Bereich der Fabel verweist. Es ist neuerdings viel davon die Rede gewesen, daß der eigentliche Grund der periodisch austretcntcn europäischen Bcunrubiguiigcn in der übergroßen Nervosität des PublicumS liege. Woher aber kommt diese Nervosität anders, als von der Unsicherheit und Verworrenheit der Anschauungen über die Weltlage, wie sie durch die fortwährend wechselnden und einander widersprechenden Darstellungen und Beurtheilungen wirk sicher und erdichteter politischer Vorgänge erzeugt wird? Zum Tdeil liegt das an dem Scnsatioiisbcdürsniß unserer Zeit, welches die Presse befriedigen z» müssen glaubt; aber daneben ist auch kein Zweifel, daß es Leute gicbt, weiche ein Interesse daran haben, jene Unsicherheit und Verworrenheit und in weiterer Folge jene Nervosität erzeugt zu sehen. Die verständige Presse aller Parteien sollte ihr Möglichste» lhuu, dem eiilgcacnzuwirlen. Im Große» und Ganzen darf man auch sagen, daß die deutsche Presse sich in diesem Puncte ihrer Pflicht bewußt ist. Sie hat soeben, ge> lcgcntlich der Vorgänge von Kiel und Nancy, die erste Prü fung diese» JabrcS zu bestehen gehabt und im Allgemeinen dabei eine Haltung bewährt, welche dem Hange zur Nervosität zum Mindesten keinen Vorschub geleistet hat, Cs wäre sebr z» wünschen, wenn ein Gleiche« hinsichllich der mit der alige meinen Weltlage in so »abem Zusammenhänge siebenten Militairsragc geschähe. Die Erklärung dafür, dass die Eombi Nation Kiel Nancy daS dcutsche Publicum ini Großen und Ganzen sehr kllbl gelassen hat, liegt einfach darin, daß nian die bekannte, seit einer Neide von Jahren bestehende Situation weder durch Kiel verbessert, noch durch Nancy verschlechtert glaubt. Die schüchterne» Versuche, der Kaiscrbcgcgninig eine optimistische Bedeutung deizulegcn, sind an einem unerschütterlichen Slcpticismus gescheitert; ebensowenig aber bat man sich durch die prahlerische» Andeutungen der Franzosen ans der Fassung bringen lassen, Ma» weiß eben, daß der europäische Frieden bisher nur durch die gewaltige Macht des Dreibundes anfrcfiit erkalten ist und im Bewußtsein des Fortbestehens dieser Mack'I laßt ma» sich durch nichts beirren, der Zukunft mit ernster Znvcr sichtlichkcit entgegenzugehen. Diese allgemeine Auffassung der ?age sollte aber auch dem wunderlichen Spiel mit der Niilitairvorlage den Boden entziehen. Daß der Plan einer Nutzbarmachung unserer wachsenden BcvölkenmgSzisser für die Wehrkraft Hestedt, ist seil dem November v, I, eine durch den Mund de« Reichskanzlers selbst vcrkündcle Tbatsachc, Ob der Plan in» nächsten oder übernächsten Winter zur parla mentarischen Verhandlung kommen wird, ist von ver hältmßmäßig untergeordneler Bedeutung, Was das Publi cum mebr intcrcssirt, sind die Angabe», welche die Vorstellung erwecken, als ob rcr Plan ausgcgcbcn ei. Zum Tbeil werden derartige Darstellungen ausdrück lich mit der befriedigenden Weltlage molivirt. Man sollte annebmcn, dieselbe ösfcntliche Meinung, welche fick eben erst jeder Täuschung über die wirkliche Weltlage unzugänglich erwiesen hat, sollte nicht erst bclebrt werden müssen, daß sich eit dem Rovcmbcr v, Js, nickilS ereignet bat, was einen Verzicht aus den so bestimmt angekündiglen Plan wahrscheinlich machen lönnte. Plan kann also dies nachgerade ins Lächerliche gehende Bestätigung»- und AblcugnungSspiel einfach dahin adschneidcii, dass eine „große Militair Vorlage" sicherlich kommen wird. Im klebrigen erscheint feke Erörterung über dieselbe unnütz, so lange ihr Inhalt nicht bekannt ist. Ter Ausfall der belgischen Kammerwahlen läßt sich noch nicht völlig übcrscbcn; jedenfalls aber bat er den Liberalen bedeutende Vortbeilc gebracht. Es fragt fick nur, ob sic groß genug sind, »m das bestehende Regimen! zu er schüttern, Die bisherige Kammer bestand aus l.",8 Mit gliedern; davon waren zuletzt 9l klerikal und 44 liberal. Tie Klerikalen batten also eine reichliche Zwcidritlclmajorität. Dem Zuwachs der Bevölkerung entsprechend, ist die Zahl der Sitze ans 152 vermehrt worden. Um daS Ministcrium Beernacrt zu stürzen, müßten die Liberalen mindestens 77 Mandate haben, sie müßten also nicht bloS ihre bisherigen 44 Eitze behalten, sondern noch 33 neue dazu gewinnen. DaS wäre ein Glückssall, für den bis jetzt alle Voraus setzungen fehlen In 16 Wahlkreisen von 4l baben die Liberalen überhaupt keine Eandidaten ausgestellt, weil dort der Kampf für sic aussichtslos ist; dicfe Wahlkreise stellen zusammen 36 Dcputirte, die somit von vorn herein zur klerikalen Partei gehören. In mehreren anderen Wahlkreisen bestehe» zwar liberale Eandidalurcn, aber sie haben leine Aussicht aus Erfolg, Müssen somit die Ltberafen ans die Hosfunng verzichten, das Ministerium stürzen zu können, so dürfte eS ihnen doch vielleicht gelingen, der Regierung einen sebr vcrbängnißvollen Streich zu spielen, nämlich, indem sie den Klerikalen die Zweidrittel- majorität entreißen, und dazu scheint die Aussicht noch nicht ganz geschwunden zu sein. Was dann komme» würde, ist schwer zu sagen. Einige meinen, das Ministerium Becrnaert würde dadurch so schwer getroffen, daß es die Durchsübrnng des RevifionSwerkes anderen Händen überlassen müßte, Silber ist, daß die klerikale Revision selbst getroffen märe und statt der Occupatio» ein anderes System gesunden werden müßte, daS auch einem Theil der Liberalen passen würde. In Frankreich bat die royalistische Partei, wie bereit» gemeldet, erklärt, daß sie tcineSwcgS gewillt wäre, den Anweisungen des Papstes, dessen kirchliche Anloritäl sie in vollem Maße anerkennt, auch in politischen Angelegen heiten Folge zu leisten, Ta auch unter dem sranfösiichen Episkopate liotz der Ansprache, die unlängst der Bischof von Verdun aus Anlaß der Reise des Präsidenten der Republik an tiefen gerichtet bat, nach innen wcilgebcndc MciniiiigS- verschictcnbcilcn bestehen, taif jctzl hcrciis angenommen wer de», daß der von Leo Xlll, geplante mcnlu» vivomli im eigenen Lager der na».wischen Klerikalen der Verwirklichung »och sehr fern ist. Nun bat auch die sranzösische Ne in der vorgestrige» Sitzung der Dcpnlirten icnlae c,„c> Auiinae Pc« radikale» Ab si'erung ^ , kammcr i» Folge einer Anfrage des radicalcn geordneten Moreau Erklärungen abgegeben, die bei der gesammtcn klerikalen Partei große Entrüstung hervor- i uscn müssen. Die Anfrage bezog sich auf die von der Geist lichkeit geleitete Gesellschaft „Notre Dame" im Departement du Nord, die unter dem Vorwände, industriellen Zwecken zn dienen, eine regelrechte klerikale Propaganda betreiben soll. Ter Justizminister Ricard schloß sich nun dieser Auffassung durchaus an und erklärte, daß die Mitglieder der Gesellschaft or da« Zuchtpolizeigcricht in Lille gestellt werden sollen. Die darauf mit großer Stimmenmedrbcit zur Annahme gelangte Tagesordnung, in der die energische Anwendung der wstckcndcn Gesetze verlangt wird, muß der römischen Eurie ebenfalls beweisen, daß die französische Regierung trotz aller bisher unerfüllt gebliebenen Anordnungen des Papstes keines wegs beabsichtigt, der klerikalen Propaganda gegenüber ab- zunistcn. In England beschäftigt sich die öffentliche Meinung fast ausschließlich mit den Vorgängen in Uganda und dem an geblichen Beschluß der britisch ostafrikanischcn Gesellschaft, dieses Land zu räumen. Ernstlich glaubt man an diese Absicht nirgends. Jedenfalls geht aus den Erklärungen, die Lord Salishury gestern ini Obcrhause abgegeben hat, hervor, daß an eine dauernde Ausgabe von Uganda nicht gedacht wird, und eS dürfte in nicht zu ferner Zeit dem Parlamente eine Vorlage zngehcn, durch welche Geld mittel für den Bau der Eisenbahn von Moinbassa nach dem Victoria-Nyanza verlangt werken. Hat die britische Volksocitreiung bereits 20 0U0 Pfund Sterling sür die Vorarbeiten bewilligt, so wird sie auch noch weiter in die Tasche greisen, um einen Plan zur Ausführung zu bringen, zu dem der Ostafrikagcscllschast nach eigenem Ge ständnisse die Geldmittel fehlen. Dann würde Uganda Kron kolonie, und das wäre der einzige Weg, den dortigen Wirren ein Ende zu mache». Nur dürfte dann der britischen Re gierung zu empfehlen sein, ihre gegenwärtigen Missionare sofort zwangsweise auS dein Lande zu entfernen. Die reli giösen Kämpft, die Europa so lange vcrwüslelcn, dürfen nicht in Afrika ihre Auferstehung feiern. Wenn durchaus Be kehrungen statlsinden sollen, müssen unbedingt wie die politische» auch die kirchlichen Interessensphären der einzelnen RcligionSaenossenschaften abgegrenzt werden. Tie Gegner der deutschen Eolonialpolitik waren, wie bekannt, sebr froh, als das „wcrthlosc" Uganda an Eng land abgetreten wurde. Jetzt, wo eS britischer Besitz ist. er fahren wir auS einem cvlcnialf'eiiidlichcn Berliner Blatt: „Uganda ist ein vieliimworbenes Land, weil eS die Nilqucllen beherrscht, sehr fruchtbar und seit laugen Zeiten am Handel bctheiligt ist. Es scheint sür England großen Wertb zu haben," Warum kenn nicht auch für Deutschland?! Noch verwunderlicher ist freilich folgender Satz dcS nämlichen Blattes: „In Afrika wird die Zukunft allen Nationen Europas gleiche Rechte znweisen und diejenigen werden am schlechtesten fahren, welche große Opfer gebracht haben, um ein geträumte» Vorzugsrecht zu erlangen," Die Nachrichten über die Verhältnisse in Serbien lauten wieder sebr widerspruchsvoll, was ungeachtet aller Dementis, die den Gerüchten von einer «dcilweiscn MinistcrkrisiS ent gegengesetzt werte», darauf hindculct, daß Veränderungen bcvoistebcn. Wie uns inkeß ans Belgrad berichtet wird, scheint es sich »in eine ParteienkrisiS zu handeln. Tie Art, wie sich die Liberalen sür ibrcn Parteitag rüsten, hat die andere» Parteien ausgeschcuchl, und wenn man die über einstimmende Veruribeilniig kört, die die Haltung der Libe ralen sowohl durch die Radikalen, al« durch die Fortschritts partei erfährt, so liegt die Bcrmutdung nahe, daß sich, wenigstens was diesen spccicllen Fall anbelangt, zwischen den beiden Parteien eine Annäherung vollzogen habe. Es ist bemeitenswertb, daß sowohl der ,^Odjek" und der „Dncwin List", als auch daö fortschrittliche Organ „Bidelo" darin übcreiiistimmcn, daß dein liberalen Parteitag keine Bedeutung beizumcsscn sei und daß c« den Liberalen, die ans Ss Feuilletoi,. Vas Sildniß -er Geliebten. Ein» dramatische Novelle von Earl Ed. Klopfer. (Nachdruck und Iramatistrung »nbotm,) (Fortsetzung.) Mathilde konnte nichts mehr antworten, denn in diesem Augenblicke kam Pruck über die Treppe herabgeeilt. Er hatte den Gartenhut auf dem Kopf und ein Papier in der Hand. „Herr Doctor", rief er in heiterem Eifer, „ich habe da soeben einen Einfall als brillante Ergänzung zu Ihrem Sujet! Hören Sie!" Er nahm den „Affociö" bei Seite und erklärte ihm leise seine Absichten, ihn am Arm auf und nieder führend. Ma thilde trat in die eine Fensternische, wo rin Tischchen mit allerlei Salontand stand. Dort schlug sie ein großes Pboto- graphiealbum auf und betrachtete mit leerem, verständnißlosem Blick die schon hundert Mal gesehenen Physiognomien Einige Minuten später trat Frau Gröncr in den Salon. Sie war in voller Ctraßentoilette und eben im Begriff, ihre langknöpfigcn Handschude anzuziehen, eine Arbeit, mit der sie bei ibrer momentan sehr hochgradigen Nervosität nur schwer zurecht kommen konnte. „Du gehst aus?" fragte Mathilde, sie in die Fensternische ziehend und ihr an den ftörrischen Handschuhen helfend. >.» „Ja, in die Stadt — ich bade etwa» zu besorge»," pustete die Schwester hervor; man sab, daß sie Müde batte, au» Rücksickt aus die Herren den angeschlagenen Flüsterton bei- zubebalten ,,E» ist gut, daß ich Dich gerade treffe, Co kann ich Dir im Vorbeigehen gleich sagen, daß mein Mann und ich beute Abend nicht zu Tische zu Euch hinauskommen werden. Wir wollen diese gemeinsamen Mablzeiten bi» auf Weiteres überbaupt sistiren," „AHI Weshalb denn?" „Dieser Doctor Hilbera ist keine Gesellschaft sür Norbert. Ei» leichtlebiger junger Mensch . . „Junger Mensch? Ich denke, Tein Mann ist jünger als er?" „Leider GottcS! Aber er ist Ehemann und — kurz, dieser Doctor gefällt mir einmal durchaus nicht. Dir vielleicht?" „Hm!" machte Mathilde, den letzten Knopf der engen Handschuhe mit vieler Anstrengung schließend, „Na ja", fubr Laura, fiebernd vor Ungeduld, fort, „Der Mann hat Dir ja Ansichten und Meinungen — na, ich danke!" Malbilde mußte trotz ibrer Pein lächeln. „Tu fürchtest, er könne Deinen Gatten verderben?" „O. Du weißt nickt, wie empfänglich Norbert für eine Lebensauffassung ist, wie sic dieser Herr zu habe» scheint," -Geh' doch, Du machst Dir zu viel unbegründete Sorge!" Matbilde seufzte, „Ick bitte Tick, wenn man um vier Jahre älter ist als der Mann! Ja Du, Du bast c» besser getroffen! Du bist vierundzwanziz und Lein Mann ist sechs undvierzig —" Pruck verabschiedete sich inzwischen und ging in den Garten hinaus, die GlaSthüre offen lassend, Tie Heber gestiegene Sonne machte die Zimmerwärpime bereits ent behrlich. „Du — liebst aber doch Deinen Mann?" fragte Mathilde plötzlich, auS tiefen Gedanken empor. Laura machte ein eigrn- thümlich verdutztes Gesicht. „Ich? Tn lieber Gott — daS weiß ich gar nicht mehr so recht. Norbert bereitet mir soviel Aergcr und Sorge, — Aber jetzt habe ich keine Zeit mebr — ich muß nach der Stadt, — Also entschuldige un- bei Deinem Mann! Ich will ihn nicht stören, er ist ja schon über Hals unk Kops mit diesem unglückseligen Theaterstück beschäftigt, — Adieu!" „Aus Wiedersehen!" Laura rauschte hinaus, die Verbeugung Hilbcrg'S mit einem kaum bemerklicheu stolzen Neigen ihres Haupte» er widernd. Mathilde und Hilberg sahen sich wieder allein, bedrückt von einer gewitterschwülen Pause. Er ordnete sein Manuscipt aus dem Tisch, dann näherte er sich der regungslos, wie in Furcht gebannt Dastehenden langsam Jetzt war nicht» mehr von Spott und Ironie in seiner Miene. „Matbilde! Sie scben, ich könnte jetzt gar nicht mebr zurück, selbst wen» ick wollte. Aber — ehrlich gestanden — ick will'S auch nickt. Ich habe nickt umsonst zwei Jahre lang auf Len Moment gewartet, wo ich Ihnen enigegcnlretcn könnte," „Um — Rechenschaft von mir zu fordern?" stöhnte sie. „Rechenschaft, wozu? Wir wollen jetzt nickt abwäge», wem der größere Tbeil von Schuld zuzumcsien wäre. Wir haben u»S Beite gegen einander vergangen. Es war eine lin kische Laune, womit wir uiiS damals quälten. Sie setzten Ihr reifendes Troyköpfchcn aus, und ick — nun, cs war vielleicht auch von meiner Seile nickt« Andere« als kleinlicher Eigensinn, den ich — männliche Eonscgucnz nannte. Ich verließ damals da« Hau« Ibrer Eonsine, i» welchem wir uns heimlich zu treffen pflegten, — diesmal fest entschlossen, nicht da« erste Wort zur Versöhnung zu strecken; ick glaubte das schon zu oft getban zu baben. lind Sic schwiegen — vielleicht mit demselben Reckt wie i,b. Und da wurde ich eines Tages ganz unvcrmntkct nach Hamburg gerufen, an das Sterbebett eines Verwandten, Ick glaubte, bald zurückzukebre» — aber cs wurde in der Folge ein ständiger Aufenthalt daraus. Für« Erste mußte ich wochen lang am Lager des Sterbenden weilen, dann wickelte sich die complicirte Erbichasieangelegenkeit ab — kurz, e- ging »lir so, wie Sic srüber von sich sagten: ehe ich noch dazu kam, mit mir ernstlich zu Natbe zu geben, war eS schon zu spät; eS wollte sich keine mir passende «^kleyenbest mebr sinken, den Faden wieder anzukiiiipfen, der sich so eigenthümlich — fast unmerklich zwischen uns gelöst hatte." „Nun, dann brauche ich auch nichts zu meiner Recht fertigung zu sagen", atbmele Mathilde auf. „Ich körte von Ihrer Abreise, glaubt« aber, sie sei nur ein Vorwand, ein drastischere« Trotz-mittel — und dazu kamen die fort gesetzten Vernunft-- Argumente. mit welchen mir Eousine Alma zusctzte. Ich verbrannte Jdre Briefe und die kleinen An denken. welche ick von Jbnen besaß — und batte Sie damit endgilt,g zu den Tokten geworfen Drei Monate sräter nabm ich die Einladung Alma's an. die mit ibrem Manne eine Sommerreise nach dem Salzkammergut antrat — ick süblte ja das dringendste Bedürfnis nach einem Wechsel der Um gebung, nach Zerstreuung und — Betäubung. Und ich muß sage», ich war selbst erstaunt darüber, wie rasch die Wunde vernarbte, — Als wir im September nach Ischl kanicn, da war'« mir bereits, als lägen Jahre zwischen jencr LicbcSasfaire und meine» jüngsten Ncisecindrückcn. Ich stürzte mich mit Wonne in den Strudel deS Gescll- schaftslcbens und batte dazu vollauf Gelegenheit, denn eS gab unter den deutschen Eurgästen kaum eine Familie, welche der Mann meiner Eonsinc nickt gekannt hälle, Ta wnrde am Jscklcr Sommcrtbealcr eine Reprise des Lustspiels „Ein Held von heute" vorbereitet; Sic wissen, eS war daS erste Werk meines jetzigen ManncS, das sein Ncnommöe be gründete, DaS bereits seit Jahren auf allen Bühnen so beliebt gewordene Stück sollte noch mehr an Interesse ge winnen durch die Nachricht, daß der Autor sich zufällig unter den Eurgäsfen bcsindc. Ick weiß nicht mehr, von wem die Anregung auSging, dein Dichter eine außerorkcnllichc Ehrung zn bereue». Genug, eS wnrde» ein silberner Lorbccrkran, und eine prächtige WidmnngSadrcsse beschafft, nnd — ich ward dazu auSerscbcn, Pruck diese Trophäen nach Schluß der bejubelte» Vorstellung auf offener Scene zu überreichen. Bei dem karaiisfolgcndc» Banlet saß ich an der Seite deS Gc- seierten. Ich überließ mich willig den, faScinircndcn Reiz de« Augenblickes, ick süblte mjch von Prnck'S gcistsprübcndem t^cplaurer hingerissen und schwelgte im Genuß eines eitlen Triumphes, wie ibm vielleicht kein Mätckenber; an meiner Stelle widerstanden Kälte, Aber, was erzähle ich Jbnen da lange! »och in derselben Wocke kündigten wir der kaum mehr überraschten Gesellschaft — unsere Verlobung an." „Sie waren dem Zauber einer berauschenden Stunde er legen, Sie beginge» den landläufigen Fcblcr, die FesttagS- «oilette eine« vom momentanen Enthusiasmus getragenen KünitlergcisteS für da» au» lauter Glanz und Pracht gewobene Alltagskleid der Berühmtheit zu betrachten. Sie meinten, die Ebe an der Seite de» Gefeierten sei nichts als die Fortsetzung jener geistreichen FesttagSstunde — und. wiederum zu spät, wurden Sie erst gewahr, wie wenig Gemeinsame« zwischen Jbnen und dein Manne bestand, der nach seinen Jahren fast Ihr Vater sein könnte. Hilberg trat näher aus sie zu, sein Ton erhitzte sich immetz
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