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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920620010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892062001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892062001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-06
- Tag1892-06-20
- Monat1892-06
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der Hanptqpedttto» »d« de» k» Stad», K«trk uud deu Borort»» errichteten AoS- »abesiclle» »dgeholt: vierteljährlich tri zweimaliger tägltcha Zuftell»»- ms H«Ll >4 bchü. Darch di» Post bezoq«, für Lealschlaud »nd Oesterreich: vtertetiährlich zä 6.—. Direct» täglich« Krruzdaiidieudung t>» Anlland: «»»Mich -ck v.—. Dt» Morgen-AnSgab« erscheint täglich'/,? llh^ di» Sdend-Ansgad« Wochentag« L Uhr. Peditto» »»> Lrvetttio»: L»tzim»e»O«I« 8. DstLrprdttlo» ist Wochentag« »auuterbroche» »«S«t von früh 8 di« «bend« 7 UHL Filiale«: vtt» ««»»'« Sortt«. G«h>1b Universitätsstrah» 1« e»,t« s»f»«. Kathariuenstr. 14, Part. cucd Kßütßsplatz 7. Morgen-Ausgabe. chMcr.CWMatt JasertiooSpreiA Die 6gespaltene Petitzeile SO Pfß-' Reclamea unter dem Redactiontstrich (4g»ä spalten) ÜO--, üor de» Familiennachrichtet« ztzgejpaltea) 40-ch. ^ Größer« Schriften laut «ns«»» Preis« verzeichniß. Tabellarischer »nd Ziffrrnsatz Nach höherem Extra-veika,e» lgffalzy. >,r mit -« Morgen-Ausgabe. oha» Postbesürderuug ^ SU—, mit Poftbesördernn- ^8 70.—. Anzeiger. Organ für Politik, LocalMichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Ännahmeschlnß fSr Z»ser«itL Abend-Surgab«: vormittag« 10 Uhr. Morgea-Au«gabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn« oud Festtags früh 9 Uhr. Lei de» Filialen und Annahmestelle» j» ei»« halb« Stund« früher. Inserat« find stets »» dt, GrResttlto» »» rtcht». Druck oud Verlag »ou L Pol, t» Letvzt- Montag den 20. Juni 1892. 86. Jahrgang »s Amtliche Bekanntmachungen. Lekauntmachung. Bon dem Unterzeichneten Armeuamt« sollen rteu-ta«, -«» SI. Juni 18S2, varmittags von S vhr ab tm hiesigen Stadthause verschieden« Gegenständ« als: Möbel, Betten, Wäsche. KleitzungS- ftücke, Ha»«- »ad Knchengeräthe u. A. ». östeullich versteigert werden. Leipzig, am 18- Juni 1892. La« Rr«««a«t. Hentschell ArtuS. a» »raf«« >««» Aufforderung Leint« , r «. Prttzat, »anoal» in Leipzig. Sr««erftratze Rr. 7. Bei dem k. k. stLdtlsch-dcleoinen Bezirksgerichte der inneren Stadt Wien hat die Prot. Firma Joses Reiner« Grien, Juweliere in Men, durch vr. Fritz tzeinzen wider «rasen August Letningen wegtu 166 fl. die Klage <io pkL «./«. 92 2. 10196 angebracht, worüber ein» Tagsatzuug auf den 1. Juli 1892, Vormittag« um 9 Uhr angeordnet wurde. Da dem Berichte der Aufenthalt de« Geklagten nicht bekannt ist, so wurde aus seine Befahr und Kosten Herr vr. Atat« Mäher al« Lurator bestellt, mit welchem diese Ncchlswch« nach Borschrist der GcrichtSordauug ausgetragea werden wird. Der Beklagt« hat bahn an dem vorerwähnten Tage entweder selbst zu erscheinen, oder einen Bevollmächtigten namhast zu mache», oder seine Behelfe dem ausgestellten Lurator mitzntheilen. Wien, den 17. Mai 1892. Der r. r. Lauv cSgerichtSrathsrcretatr, I«. 3. Bittorelt, w. p. Fürst Lismarck auf der Durchreise in Lerlin. Berlin» 18. Juni. Filrst Bismarck ist heute Nachmittag auf der Fahrt von bier nach zunächst Dresden 20 Minuten in Berlin auf dem Auhalter Bahnhof gewesen und hat Ovationen erhallen, so begeistert, so stürmisch und von einer so gewaltigen Menschen menge wie nur ie zuvor» obwohl die Nachricht von seiner bevorstehenden Ankunft erst heute im Laufe des Vormittags sich auf Grund einer kurzen Notiz verbreitete, dir sich hinterher noch als irreführend erwies. E« war mitgethrilt worden, daß Fürst Bismarck um 4 Uhr 45 Min. aut dem Lehrter Bahnhof ankommen, von dort mit der Ringvahn nach dem Anhalter Bahnhof fahren und schließlich um 5 Uhr 30 Min. die Reis« nach Dresden fortsrtzeu würde. Nur die zweite Hälfte erwies sich als richtig. In Wahrheit wurde der Wagen de» Fürsten Bismarck in Spandau auSrangirt und dem Ringbahnzuge angehängt, der ihn um 5 Uhr 9 Min. nach dem Anhalter Bahnhof brachte. Die sehr zahlreichen Personen, die auf dem Lehrter Bahnhof sich eingesunden Hallen, erfuhren von dieser Aenderung de« Programms noch rechtzeitig genug, um sich inSgesammt und in wilder Hast mit Droschken, Pferdebahnen und im Eilmärsche nach dem Auhalter Bahnhof zu begebe», der nun einen plötzlichen, fast erdrückenden Zustuß erhielt. Absperrungen durch die Polizei fanden nicht statt. Die Polizei legte im Grgentheil Werth darauf, mehrfach und sehr laut zu erklären, daß sie nur im Aufträge der Bahnbehörde darauf achten müsse, daS Publicum so weit von den Geleisen zurückzuhalte», daß beim Rangirro kein Unglück geschehe. Die wenigen Versuche, das immer mehr anschwelleude uud schließ lich fürchterlich zusammengekeiltr Publicum zurückzuhallen, er wiesen sich diesen Massen gegenüber indessen als völlig fruchtlos und schließlich leuchteten aus dem wogenden Meere von Köpfen hier und da einige Hrlmspitzeu hervor, deren Trägern e« rbeufallS unmöglich gemacht worden war, sich zu bewegen. Um 5 Uhr 10 Minuten fuhr der Zug ganz langsam, mit Schneckentempo, in die Halle. Der Wagen deS Fürsten und seiner Begleitung wurde dem bereits reisebereit stehenden regelmäßigen Eilzug nach Dresden vorgehängt und blieb hier volle 20 Minuten stehen, ohne daß wahrend dieser Zeit die Kundgebungen für den Gefeierten auch nur einen Moment erlahmten. Betäubende Zurufe empfingen den Fürsten Bismarck. An dem geöffneten Fenster stand er in einem dunklen langen Reiseüberzirher, eine Iagdmütze -uf dem Kopse, einen kleinen weißen Schlips unter dem Kragen. Die Mütze nahm er bald ab. Er sah so frisch, so munter au» wie nur io seinen besten Tagen, wenn man berücksichtigt, daß er inzwischen älter ge worden, dazu aber hatte sich e,n unsagbarer Zug, man kann sagen, von Beglücktbeit über sein Antlitz gebreitet uud einmal trat dem eisernen Manne sogar eine Thrane in» Auge. DaS war, al«, nachdem eine zahllose Reihe von Hochrufen ihm entgegengerufen waren, au- der Mitte der Menge in einem Augenblick verhältnißmäßiger Ruhe die Aufforderung ertönte: »Ein dreifache» Hock auf den Grafen Herbert und sein Fräulein Braut, die Gräfin Hoho».' Hier antwortete Bis marck, nachdem die Aufforderung lebhaft erfüllt worden war: .Ich danke Ihne» herzlich im Namen meme« Sohne« und meiner zukünftige» Schwiegertochter.' Aber schon vorder hatte Bi-marck mehrfach zu kurzen Bemerkungen da« Wort genommen. Al? einige Dutzend kostbarer Blumensträuße gleichzeitig ihm entgegengehaltrn wurden, sagte er: .Ich habe ja nicht Hunde genug, um Alle« zu nehmen.' Nach und nach wurden e« rin halbe« Hundert Sträuße. Di« er ergreife« konnte, nahm er persönlich und reichte sie seiner Gemahlin und dem vr Sckweninger, die in dem Salonwagen bald »ich» mehr Plap fanden, sie niederzulegen. Die anderen flogen durch die geöffneten Fenster hinein «ad einige vrrsebllen da« Ziel und fielen unter die Wagen. Während dieser ganzen Zeit durchtobten ununterbrochene Hurrah« und Hochrufe die mit Menschen wie gepflasterte Bahi>hof«balle. Der Fürst dankte immer und immer wieder» scküttelte Hunderten die rntgrgengestreckten Hände und konnte nicht abwrhre», daß ihm ältere und jüngere Damen die Hände wßteu Einem Herrn «nd dessen Dame, der mit einem Enkelkind« auf dem Arme erschienen war und dir ihm augenscheinlich gute Bekannte sind, rief er zu: „Ihr hättet Euch nicht in die« Gedränge wagen solle», macht, daß Ihr dar,»« fortkoninil", während er gleichzeitig da« Kind küßte. Und plötzlich erhob sich der Ruf: .8ileutium für den Fürsten' — und .Ruhe! Ruhe!' wiederholten Hunderte. Im nächsten Augenblicke herrschte Todtenstille. Fürst Bismarck schaute sich erst einen Moment verwundert um. .Soll ich etwa reden?' fragte er. .Jawohl, jawohl!' wurde ihm zugerufen. .Meine Aufgabe ist Schweigen!' antwortete Bismarck. Einen Augenblick Ruhe, dann eine Stentorstimme: Wenn Sie schweigen, werben die Steine ewig von Ihnen reden.' BiSmarck verneigte sich schweigend, als der gewaltige Jubelsturm wieder losbrach, die .Wacht am Rbein" und .Deutschland, Deutschland über Alles' durcheinanderklanzen. Und wieder brach sich eine Stimme Bahn zu dem ring-um aufaenommenen Rufe: .Wiederkommen!' In diesem Augenblicke war es bochintereffant, den Kanzler zu beobachten. Er zog etwa« die Schultern in die Höbe und machte eine Handbewegung, welcke etwa hätte sage» können: .Wat fall ick dorbi danbn'. Es war der einzige Moment, in welchem sich in dir hochgradig» Begeisterung etwa« wie Heiterkeit beim Publicum mischte. Kur» vor Abgang deS Zuges wurde beim Fürsten ein Gla» schäumende- Bier in den Wagen gereicht, taS er halb auStrank. Ost wendete er sick zu seiner Gemahlin, der als .der treuen Begleiterin unsere- Bi-marck durchs Leben' ebenfalls Hochrufe ausgebracht wurden, dann ries unmittelbar vor der Abfahrt eine dröh nende Stimme: .Wenn Alle untreu werden, so bleiben wir doch treu!' Es wurde gesungen, bis der Zug sick ebenso langsam in Bewegung setzte, wie er eingesahren. Nun ging da« Händeschütikln von Neuem loS: „Wenn ich bunkert Hände hätte, ich gäbe sie Alle her, aber ich habe ja nur zwei", rief BiSmarck, dem der Arm schließlich ermattet sein muß. So lange der Zug in Sicht blieb, sah man auch ihn am geöffneten Fenster. Unter den Anwesenden haben sich sehr viele Damen befunden, die in dem geradezu fürchterlichen Gedränge tapfer ausharrten. Fürst Lismarck in Dresden. s Dresden, 19. Juni. Dir Huldigung, welche die Dresdner Bürgerschaft gestern bend ihrem auf der Durchreise nach Wien begriffenen Ehrcn- ürger» dem Fürsten BiSmarck,bereitete, war die großartigste «nd herzlichste VolkSkundgebung, welche Sachsen« Hauptstadt r gesehen und erlebt hat. E» war ein rührende« m-d er lebendes Schauspiel, wie die überquellrnde Kobe Liebe Ber ehrung und Begeisterung de« Volke« für den Altreichskanzler, den genialen Baumeister de« Deutschen Reiche«, de» größten Sohn unserer Zeit, so unvermittelt und gewaltig zum Aus druck kam. Für den Berichterstatter ist e« absolut unmöglich, auch, nur entfernt ein getreue« Bild zu entrollen von dem lberwältigenden Eindrücke, den die festliche Veranstaltung aus alle Bethciligten machte, von der würdigen Form, in welcher ganz Dresden den großen Mann zu ehren wußte. Man muß dabei gewesen sein, um ein richtige» Urtheil zu gewinnen von der Wahrheit und Innigkeit, mit der die Herzen hier im Sachsenlande dem greisen Einsiedler au« dem Sachsenwalde hell enigegenjubelten. Sckon seit mehreren Tagen batte sich ganz Dresden zu dem Willkommengruß gerüstet. Die Straßen der Stadt waren festlich geschmückt und reich bcflaagt und allenthalben begegnete man freudig bewegten Gesichtern, auf denen da« Willkommen, herzlich Willkommen in Dresden!' mit deut sichen Lettern geschrieben stand. Die Ankunft des Fürsten auf dem Leipziger Bahnhöfe sollte mit dem fahrplanmäßigen Zuge 8 Uhr 38 Min. erfolgen. Wegen der festlichen Begrüßung m Berlin traf aber der Zug mit einer Verspätung von 12 Minuten in Dresden ein. Dem Salonwagen de-Fürsten entstiegen zuerst vr. Schweniuger und vr. Ehrysander, welche der Fürstin BiSmarck beim AuSsteigen behilflich waren. Alsdann erschien die un gebeugte Reckengestalt de« Fürsten BiSmarck selbst, welcher den bekannten langen schwarzen Gehrock, weiße Halsbinde und schwarzen Schlapphut trug und sich leicht auf einen dünnen Spazierstock stützte. Beim Sichtbarwerden des über aus srisch aussehenden Fürsten brach das auf dem Bahnsteig, trotz der Absperrung, zahlreick versammelte Publicum in stürmische Hoch- und Hurrahruse au«, für die Fürst BiSmarck nach allen Seiten hin verbindlich dankte. Die Herren Ober bürgermeister vr. St übel und Stadtverördnettn-Vorsteher Geh. Hofratb Ackermann traten dem Fürstenpaarr ehr silrchtSvoll entgegen und geleiteten dasselbe in den zum Empfange bereit gestellten KonigSsalon, woselbst eine Abord nung des Rathe« und der Stadtverordneten zur Begrüßung erschienen war. Herr Oberbürgermeister vr. Stübrl richtete hierauf an den Fürsten und di« Fürstin BiSmarck folgende Ansprache „Durchlauchtigster Fürst! Gnädigste Fürstin I Den ersten Willkommengruß tu unserer Stadt wollen Sur« Durchlauchten von den gesetzlichen Berttetern derselben huldvoll «algegenuthmen, von d«n Abgeordneten der städtischen Lollegieu, w.-iche im Sommer de« Jahre« 1871 in freudiger Erwartung der Heimkehr siegreicher Sühne and Brüder edelster Begeisterung voll dem Begründer des Deutschen Reiche» da« «hrenburgerrecht Dresden anzubirte» wagte». Mit der grsammte» Bürgerschaft hoben wir seitdem von Jahr za Jahr bi« heute den Tag herbeiaesrhnt, an welchem wtr Eure Dnrchlaacht al« unser» Ehrenbürger hier begrüßen künatrn. Zwei Jahrzehnte der Geschichte de« Deutsche» Reiche« sind seit- dem verflossen, ei, kteiner Zeitraum in der Weltgeschichte, und doch, — welch' ein Wechsel der Geschichte: 1871 und l!«2. Ban na« glaub« ich sage» zu dürfen: Wir sind dieselben geblieben, dieselben vor Allem Eurer Durchlaucht gegenüber. Getreue Uuterlhanen Sr. Majestät nusere« «llergnadigsien Käntg« und Herrn wisst« wir uns von jeher eiue« Sinne« mit Allerhüchst- demselbeu tu der Würdigung der »»sterblichen Verdienste, welche Euer« Durchlaucht um die Wtederaufrichtung de« Deutschen Reiche« ebenso, wie um di« Beschaffung der Grnndlage» danernde» Frieden« sich erworben. UnanstSschlich ist nnser» Dankbarkeit. Uber auch Eure Durchlaucht stehen »och immer al« die Helden gestalt von 1870/1871 leibhaftig vor aaserem Auae, getftesfrisch »ad in nnermüdeier Schaffenskraft, ja kampfbereit, wenn« grtt für« Vaterland Wtr find hocherftent, Lnr» Durchlaucht »nd Sie, gnädigst« Fürstin, gerade ietzt hier begrüßen ,, dürfe», da Sie. «m Zeugen »» «erde» der Erfüllung längst gehegter hrtßer Wünsch« für da« Han«: BiSmarck, ans der Reis» »ach dem Süden sich befinden Uns«, -«glichst«» Wünsch» begleite» Gt« ans tstle», Ihre» Lebenswegen. Müge noch eine Fülle der Freuden Ihnen zu Theil werden, dem Durchlauchtigsten Fürsten insbesondere noch viel ungetrüite Freude an dem, was seine Kraft für da- geliebte Vaterland nicht nur erstrebt, sondern, will'S Gott, für Jahrhundert« geschaffen hat. Rach alledem nochmal«: Willkommen, herzlich Willkommen!" Fürst BiSmarck entgegnetc darauf etwa Folgende«: „Mein Herr Lberbürgermeisterl Für Ihre herrliche Begrüßung meinen wärmsten Dank! ES ist sür mich eine hohe AuSjkichnuiig, Ehrenbürger der Siadt Dresden zu sein, einer Siadt, nicht bloS sür Deutschland, sondern sür ganz Europa von hervorragender politischer und wirihschastlicher Bedeutung. Eine Erhüdung dieier Auszeichnung bedeutet Ihr heutiger Empsana und e« dünkt mich säst, einer höheren illasse eine- hohe» Lrden« iheilhaftig geworden zu sein. Ich bin Ihnen dafür von Herzen dankbar! Ihr Empfang ist mir die größt» Genugthuung in meinen alten Tagen, wo ich 77 Jabre eine« reichen und aufregenden Leben« hinter mir Hobe. Ich bin vom politischen Leben zurückgetreten, habe aber kein andere» Interesse al» da« Ge- beiden der Aufgabe, an der ich seit Jahrzebliten mit gearbeitet. Und wenn ich mit Ersolg gearbeitet, so gebührt ein grover Tbeil der Dankbarkeit dafür Ihrem allergnädigsleu König und Herrn, welcher mir stetS «in lieber und gnädiger Herr gewesen ist und der aus dem Felde nie gefedlt hat, um die deuische Einheit mit zu er- ringen. Daß e« gelungen ist. widerstrebende Jnieressen zu versöhnen, die noch vor Jadren al« unvereinbar galten, ist nicht zum Wenigsten sein Verdienst. Al« ich »um ersten Male nach Dresden kam, geschah dies aus dem Umwege über Wittenberg, Süthen und Leipzig Wie die Lokalitäten, so sind sich seitdem die Herzen naher gerückt und wir haben gesehen, daß wir aus beiden Seilen ehrliche uud natiouai gesinnte Männer gesunden. Für mich ist es rin beruhigender und befriedigender Abschluß meiner Thätigteit, daß man aus solch« Er folge zurückblickrn kann. E« ist eine groß, Freud» in meinen ölten Tagen und eine Genuglduung sür manchen Verdruß in meiner früheren amtliche» Thätlgkeit, Ihre ehrende Begrüßung entgegeuzw nehmen." Es erfolgte hieraus die Vorstellung der Mitglieder der Abordnung de- RalheS und der Stadtverordneten. Fürst BiSmarck Halle für Jeden rin freundliches Wort. 77 Al- vom Bahnsteig au« eine große Anzahl Damen der ersten Gesellschaftskreise in den Vorraum zum KonigSsalon eingedrungen war und Hochrufe auSbrachtc, dankte Fürst Bismarck galant mit einer Kußhand, die er deu Damen zu wendete. War vorher bei der Ankunst de- Zuge« der Jubel de« PublicumS groß, so kannte derselbe keine Grenzen, als Fürst BiSmarck den KönigSsalon verließ und auf den Platz vor dem Bahnhof« hrrauStrat. Tausende von Menschen brachen in stürmische, nicht endenwollende Hochrufe au». Al« der Fürst und die Fürstin den Wagen zur Fahrt nach dem Hotel besteigen wollten, hatte die Polizei die er denklichste Mühe, da« Publicum davon abzuhaltrn, die Pferde auSzlisträngen. Mehrere Vereine batten eS sich zur Ausgabe gemacht, dem Fürsten persönliche Äorspanndiensle zu leisten, und cS bedurfte des energischen Einschreiten« der SicherhcitS- organc, die» zu verhindern. Unter unbeschreiblichem Jubel de« Volke«, welche» nach vielen Tausenden zäblcnd den langen Weg von dem Leipziger Babnhose in der Neustadt bi« rum Hotel Bellevue in der Altstadt säumte, durchfuhr der Wagen de« Fürsten die Fest straßen. Ihnen folgten die Wagen de« RatheS und der Stadtverordneten. Zu wiederholten Malen wurden dem Fürstenpaare kostbare Blumenspenden in den Wagen gereicht. Viele Häuser waren illuminirt. Von Zeit zu Zeit flammten an verschiedenen Stellen bengalische Lichter aus, die da« wogende Meer von Menschen magisch beleuchteten. Kurz vor »itO Ubr fuhr der fürstliche Wagen sammt Gefolge am Hotel Bellevue am Thealerplatze, dem Absteigequartier de» Fürsten, vor. Es war sür die Polizei eine überaus schwierige Ausgabe, für die Anfabrt den nölhigen Raum zu schaffen, da die anzcsammeltc dichtgeschaarte große Menge gewaltig in- Gedränge gerieth und kaum eine« Fuße» Bereite weichen und wanken konnte. Kurz nach der Ankunft !m Hotel erschienen der Fürst und die Fürstin BiSmarck in dem festlich geschmückten EmpfangS- salon, woselbst eine Abordnung de« FestcomitäS da« fürstliche Paar rrwarlete. Der Vorsitzende de- Comitö«, Herr Hofrath vr. mock. Osterloh, begrüßte den Fürsten mit folgender Ansprache „Durchlaucht I Empfangen Ew. Durchlaucht durch un» zunächst den aufrichiiqsten, herzlichsten Tank der gejammien Dresdner Einwohnerichast, daß Sie, ungeachtet der stundenlangen Reise, am späten Abend noch unjer« Huldigung «ntgrgenzunehmea sich bereit gesunden haben. In diesem Augendiicke, in dem ich aiS Sprecher meiner Mit- bürger vor Ihnen stehe, stürmen aus mich Empfindungen und Ein drücke der mächtigsten Art ein. Steh« ich doch vor dem Manne, der durch seinen Geist und durch seiu« Alle» beherrschende StaaiS- kunst da« zur Erfüllung gebracht Generationen echter Deutichen war. herüber an« den Freiheitslriegen zu vernehme», al« nach Nieder^ ichmelterung de« Eorsen da« Anbrechen »ine« deutschen Völker sruhling« erwartet wurde. Harte Winterstürin« vernichteten die Hoffnungen jener jugendlichen Vorkämpfer. Aber immer von Neuem in Wort und Lied regten sich die Wünsche nach Einigung der deutschen Stämme: und mit dem Dichter sang oud klagt« da« Volk: „Was ist de« Deutscheu Vaterland?" Di« Jahre 1848 und 1849 sahen ein deuische» Parlament, aber fruchtlos war dessen Arbeit und der Rückschlag war für alle Patrioten um so schlimmer, je größer di» Hoffnungen vorder gewesen waren. Rur tot« «in Vorzeichen sür künftige Zetten glänzt« au« jenen Tage« di« dem Küttig« Friedrich Wilhelm IV. dargrbotea» Kaiserkrone h«üder. Da begann die Thätigkeil Ew. Durchlaucht; von den eignen Luhüngern kaum verstanden, von deu Gegner» aus da« Heftigste dekamvtt, schlugen Ew. Durchlaucht, durch Veisall nicht uud u,cht durch Gegnersciiait beirrt, feneu Weg ela, der die Krankheit Deutsch- la»d« keilen sollte. Einer aber verstand Sie voll und gani: Der »uv'igekUiche König und Kaiser Wilhelm ,,Na« da« Messer nicht heil«, hellt da» Feuer" lst «tu medi- ciuische« Sprüchwort früherer Zeit. Nicht durch Boik-drschiusl«, nicht durch Gesangs- und Lurusep« Var di« Eiiiiguich zu erzielen, wenn auch di« Sehnsucht nach einem geeinte« Deutschland durch sie immer neue Nahrung erhielt. Wie der Weg war und wie die Mittel Eurrr Durchlaucht eia schlugen, da« gehürt der Geschichte an. Da« Material zum deutsch,» EindeitSbau war vorhanden, der Banmeifter, der e« verstand, die verschiedenen, schwer zusammen sügbare» Quader untrennbar zu vereinigen, waren E«. Durchlaucht Dem Erbfeinde siel dt« uubeabstchtigt« Rolle zu. durch da« aus srauzösische» Schlachtfelder» vergossen« Herzblut aller deutsche» Stämme dam Ban sei«, kostbarsten, aber auch srstestr» Hall zu geben. Der Künstler aber, ber auch die früher widerstrebenden Eleinenie und sich feindlich gegenübrrstehendrn Stämme durch dt« Macht der Thatsachen zu bingebenden Freunden und begeisterten Anhängern umwandclte und der hier den HSchslen Triumph seiner Staatskunst erreichte, da» waren wiederum Ew. Durchlaucht. Deshalb baden die Dresdner Bürger r« stet« alt ihre größte Ehre empfunden, daß Ew. Durchlaucht durch da» Band de« Ehren- büraerrechlS der Dresdner Geineindr dauernd verbunden sind. Durchlaucht sind aus der Reis« zu einem Famllieusefte beariffen, bei welchem di« Liebe Ihne» rillt willkommene, holdselig« Tochter zufüdrt. Nehmen Sie, Durchlaucht, am heutigen Abend als HochzritSgab« der Dresdner Bürgerschaft die Liebe und Dankbarkeit und Auhäag- lichkeit unserer gesammten Bevölkerung entgegen. Die Liebe höret nimmer aus. Gott segne und schütze Euer Durchlaucht." Durchlaucht Fürst Bismarck antwortete darauf: „Ich danke Ihnen für die ehrenvolle Begrüßung. Ich bla be wegt über den außerordentlich glänzenden Empfaug, er kommt vom Kerzen und geht zum Herzen, um w mehr, al» er lediglich meiner enon und der Vergangenbeit gilt; denn ich nehme keiu« autorativ« Stellung mehr »in Die Ehrenerweisung ist «in« Folg« der Be lebungen au- der Vergangenheit. Ich vntrrte eine abgeschlossene eraangenheit und weder ln gegenwärtiger Zeit, »och in Zukunft werde ich wieder eine öffentliche Stelluug rtnnehmen. Da« Band, da« sich zwilchen mir und dem deutschen Volke gebildet hat, ist mir von größtem Werthe, und ich freue mich, wie mein Thun und Lassen vv» der höchsten Instanz der öffent lichen Meinung, von meinen Mitbürgern, deurtheilt wird. Wir haben gemeinsam geardettei, uni der deutschen Nation einen Rang zu verschaffen in Europa gegenüber dem feindlichen >u«laud«. Der aemeinsamen Arbeit ist e« gelungen, daß wir «ine stark« Ehr- furcht gebietende Macht geworden sind. Heute sind wtr gleich berechtigt! Frankreich, England und selbst Rußland waren uu» au Gewicht und Ansehen voraus. Heute sind wir gleichberechtigt! Es dal viel Arbeit gekostet; denn eS waren sehr viele Bor- urtdeile zu überwinden. Hauptsächlich aus dem Schlachtfeld« sind diese Vorurtheile gefallen. Zudem gatt e« die Eifersucht der deut schen Stämme gegenseitig zu besiege». Wir erkannten, daß wir bester waren, als unser Rus, und daß wir tüchtige Kerl« waren. Ter Männer, die an dieser hohen Aufgabe milgewirtt, werde» immer weniger. Kaiser Wilhelm, Kaiser Friedrich, Graf Moltkr und Gras Roon sind zu ihren Vätern versammelt I — Unter Ihnen in Dresden lebt noch Einer, der mitgewirkt hat, mit Schwert und Feder an dem großen Merke — Sc. Majestät der König Albert! Nicht kurzer und bester kann ich Ihm meinen Dank auS- drücken, al« wenn ich die« betone. Er war für mich immer «tu gütiger und gnädiger Hrrrl An der Ausbildung und Erhaltung de« Reiche» ist Er durch Vorsicht und Besonnenheit, Tapserlelt und Entschiedenheit einer der wesentlichsteu Schmiede de« Eisen« gewesen, da« un« nun sür immer zusammenhält. Ich kann Ihm «ein« Dankbarkeit nicht besser auSdrücke», al« ich Sie bitte, mit mir ein- zustimmeu in ein dicciachcs z;och aus Se. Majestät deu König Albert. S«. Majestät der König Albert lebe hoch! — uud Gott erhalt« Ihn noch lange!" Mit hoher Begeisterung wurde diese» Hoch von der Ver sammlung ausgenommen. Fürst BiSmarck war während seiner Rede sichtlich bewegt. Ein liebliches Kind, die Tochter de- Herrn Hofrath vr. Osterloh, überreichte sodann der Fürstin BiSmarck eia prachtvolle» Bouquet unter folgenden Worten: „Wo Deutschland« Größe die Beschichte kündet, Da trägt sie BiSmarck'« Namen Blatt um Blatt, Wenn sich an seinem Glanz mein Herz entzündet Und voll Begeisl'rung ihm gehuldigt bat, Ta dacht' ich wohl: Wie glücklich muß sie sela, Tie ihm al« Gattin dursr ihr Lebe» weih'nl Doch viel entbehrt auf stolzem SiegeSzuae An stillem Gtück di« Frau von solchem Mann. Sein großer Geist umlängt im mächl'geu Flug« Die ganz Welt; und ihr gehört er an. Zur Gattin kehrt er nur zu slücht'ger Rast, Sie trägt allein de« Hause« Lust und Last. So thatst Du. O hohe Frau, empfange Von einem Dresdner Kind die Blumen heut' Zum Donk sür alle Blumen, die so lang» Du reich aus seinen Lebensweg gestreut. Mit Lorbeer hat Alldeutschlaad «hn geschmückt. Tu gabst dt« Vlumen, die seiu Herz beglückt." Mit rührend herzlichem Danke nahm die Fürstin diesen kindlichen Ausdruck der Liebe und Verehrung entgegen. Hieran schloß sich die Vorstellung der Mitglieder dr» EmpsangSauSschuffeS de« FeslcomiläS. Nachdem betrat da» fürstliche Paar dir vor dem EmpfangS- salon erbaute, mil einem Baldachin in den DrrSduer Farben überspannte Tribüne. Unbeschreiblich war der Jubel de« vieltausenköpfigen PublicumS, als der Fürst sichtbar wurde. Gegen 13 500 Fackelträger und mehr al- >600 Sänger mit Lampion» waren aus dem Platze vor dem Hotel Bellevue in der bereit« bat, was dä«Hnen von! bekannt gegebenen Ordnung mit 18 Musikcorp« ausmarschirt. Ich glaub« die Begeisterung j Die Sungerschaar sang zuerst da« Lied : .Wie könnt' ich Dein vergessen." Dann folgte als zweiter Grsammlchor: .Da« treue deutsche Herr' und al» dritte Massendarbiclung sangen die vereinigten Sangcrchöre „Die Wacht am Rhein". Nach dem letzten Liede erhob sich Fürst BiSmarck nn- bcdecklen Haupte« von seinem Sitze und sagte, allenthalben laulhin vernehmbar: ,^Zch danke Ihnen ganz besonder« für da« letzte Lied, da« Sie gesungen haben: denn e- entstammt einer großen Zelt, die wtr durch lebt baden. Diese« Lied bat sehr wesentlich dazu beigetrogen, di« deutsche Einheit zu erringen. Diese Einheit ist unverbrüchlich, und ich gebe Ihnen die Versicherung, daß diese Einheit zu stören noch viel schwerer sein und noch viel mehr Blut kosten würde, al« da mals^ wo wir sie geschasst». Ich hob« mein ganze« Leben dem Dienst« der deulscden Nation gewidmet und wen» ich Erfolg« er- zielte, so ist da» in meinen alten Togen eia Bewei«, daß ich nicht umsonst gelebt habe. Da» gegenseitige Wohlwollen der deutschea Stämme war früher nicht; e« Ist da« Ergebaiß der Politik der letzte» Jahrzehnt«! Gott erhalte eSl Wir wollen sein und bleiben — rin einig Volk von Brüdern, wie wir im Kampfe geworden sind!" Ein vieltausendstimmigr« Hurrah folgte diesen Worten. E« entwickelte sich nun vor den Augen de« Fürsten der überaus imposante Frstzug, dessen Vorbeimarsch nahezu zwei Stunden in Anspruch »abm. Ganz überwältigend war der Jubel, welcher dem Fürsten und seiner Gattin eutgegeogebracht wurde und S«. Durch laucht wurde nicht müre, nach allen Seiten hin frenndlich zu danken. Nacht« >/,l2 Uhr war di« Huldigung beendet und Fürst BiSmarck zog sich zurück unter^nochmaligr» herzliche» DaukrSwortrn für di« ihm bereitet« -roß« Freud«.
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