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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920620022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892062002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892062002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-06
- Tag1892-06-20
- Monat1892-06
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Kr.» Ur I« lr r.o »»Li »rtrl !»E m, tdoli- »oreve«»«» LEucd»», «»» v»cd«t >Il»»kt. vi» »L»t«t« pro o, prim» r» «.uü-It-oa, tt0-1,7k F, »ZV Ft. Io»« >r pro Stile» Lodio» ü-0 ,L» > l» L«r Vor- lltovS »»ed- Loo»»m «>»- r»«r »»nim »»»d Sildor- »cd»<t1«0« i» , SwlödiM a»U, vsil» et»» kroim» llmld»»» e» »«» deeodr«. > »m kl»t«, a»odIil»,jHt« ».o. V«p» » ru»S dood «ot, S«cdt» u nv,«l»di d» I,«-I.lt, „»cdloi» VM ,U»I>F>l>-(tKt »d«»ä» ll^i»mm«r» »d»M«ll» Lmort»»»« u>»o» 7»»i lo., itllH»«- oeomdor «'» mr «», LAS »md-»m»rlt. »vrl»»'! l, cm»»", (ItO l» tcc» <40 Voorm»»»'! t» i.-»^» »»-. m«L vrom», dr»It»r <170 k»r; eom 1» »dr«»<l! ,»» »» v»p k»i- «lm-, v<nr» d Oeltlmon, . MudMtlic» >»-0»»»0r No. »1« d,,«, » e«l,„r O Icoomr» »kimmi,^ »o lx>»F«, > 1^7»»' re» !.»»«». 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Tabellarischer Liffmtsatz »ach häherem Tarif. Ertra-Veilagk« (gef-Ijt), nur mit der Morgen-lLusaabe, ohne Postbesärderung F> «1—, «lt Postbesörderuug F« TU.-. Annahmeschlnß fLr Inserate: >b»»d-A»«gab«: vormittag« 10 Uhr. Morg«»-Ausgabe: Rachmtttag« «Uhr. Sonn- nab Festtag« früh 9 Uhr. Lei de» Filialen und Annahmestelle» je et»« halb« Stunde früher. Inserate find stet» an d!« GrneDUt«« »n richte». Druck and Verlag von L Pol» t» Leipji» 86. Jahrgang Polittsche Tagesschau. * Leipzig. 20. Juni. Alle Einwendmigen, die gemacht werden können und die man sich selber macht, ändern nicht« daran, daß die Reise de« Fürsten Bismarck da« Ereigniß de« Tage« ist. Heute mag sie durch den Besuch de« italienischen KvnigSpaareS in den Hintergrund gedrängt werden, gestern und vor gestern beschäftigte sie vor allem Anderen die Gemüther. Fürst Bi-marck ist eine Privatperson, aber die Herzen fragen nicht« danach und die Köpfe auch nicht. Der dieser Tage beliebte deutschfrrisinnige Bcrgleich de« BiSmarck in FricdrichS- ruh mit dem Metternich in Brighton ist eben — deutsch- freisinnig, weiter nicht«. Wir haben über die Huldigungen m Berlin und Dresden berichtet, aber die Schilderungen bleiben hinter der Wirklichkeit znrück. Keine Feder vermag zu be schreiben, wie durch den BeqrüßungSjubel die Wehmuth bindurchzittert, wie au» den Umdrängenden die Empfindung stricht, daß Deutschland, al« ein Ganze« angesehen, diesem Manne noch wie ein säumiger Schuldner gegenübersteht. E« wird der Nachwelt unverständlich sein, wie es im AuSlande schon heute nicht begriffen wird, daß am Sonnabend auf dem Anhalter Bahnhof in Berlin Viele schon einen Fortschritt darin erblickten, daß es Deutschen in der ReichShauptstadt sicht verwehrt war, dem Manne von Nickolsburg, Versailles und Wien ihre Belehrung zu bezeigen. Und vielleicht ist die- wirklich ein Symptom einer beginnenden Wandlung. Kürst BiSmarck seinerseits hat am Tage seiner Abreise von KriedrichSruh jeden Zweifel beseitigt, daß einer Acnderung des Verhältnisse« zwischen dem Kaiser und dem ersten Kanzler von dem Letzteren Hindernisse gar nicht bereitet werden können. Ein Artikel „zur Richtigstellung", dessen Er scheinen in den „Hamb. Nachr." der Fürst jedenfalls nicht sernsteht, zeigt BiSmarck als den treuen, ehrerbietigen Untcr- thanen des Kaisers, der den Gedanken und den Ausdruck „Aussöhnung" ablchnt, weil die Stellung des Monarchen eine zu hohe sei, als daß er mit seinem ehemaligen Minister in einem Verhältnisse stehen könnte, das durch eine .Aussöhnung" eine Aenderung zu erfahren vermöge. BiSmarck könne höchstens in Ungnade bei dem Kaiser stehen, und wenn dies der Fall sei, so könne nichts Andere- geschehe», al» daß der Monarch ihn wieder zu Gnaden ausnehme. Dir Loyalität dieser Auffassung wird durch den Umstand bestärkt, daß sie in dem Augenblick bekundet wird, da der ehemalige Kanzler sich zu einer Reise in- Ausland anschickte, wie sic andererseits bekräftigt wird durch da« in Berlin gesprochene Wort: „Meine Pflicht ist Schweigen." Daß BiSmarck in Oesterreich nichts Anderes sucht, als Zeuge eines ihn be glückenden Familienereignifseö zu sein, war selbst für seine Feinde keinen Augenblick zweifelhaft. Zum Ueberstusse hat auih diese Auffassung in dem Organ de- Fürsten ihre Be stäligung gefunden. Wenn die österreichischen Behörden gewisse Vorkehrungen gegen allzu stürmische Kundgebungen getroffen haben, so handelten sie im gesundheitlichen Interesse de» greisen Reisenden und zweifellos auch politisch correct. Das gemüthliche Verhältniß, da« beispielsweise in Dresden, also im Inlande, zum Ausdruck kam, kann und darf für eine fremde Regierung nicht existircn, für die Deutsch' land ausschließlich durch das ReichSobcrbaupt und dessen Re zierung repräsentier erscheint. Wer dessen ungeachtet in den Maßnahmen der Wiener Behörden etwa- Bedauerliches er blickt, wird gerrchterweise seine Kritik nicht gegen diese Seite richten und auch nach einer anderen Richtung hin sich eben sagen müssen, daß unerfreuliche Verhältnisse nur unerfreu liche Consequenzen zeitigen können. Beschämend für uns leulschc ist nur Eines: daß die „fanatische Befürchtung" vor der Rückkehr BiSmarck'« inS Amt sich auch bei diesem Anlaß kein Stillschweigen auszuerlrgen vermochte, beschämend allerdings nur deshalb, weil man im Ausland über die Einflußlvflakeit und, wenn der Ausdruck gestattet ist, Landfremdheit einer gewissen Presse nicht hinlänglich unterrichtet ist. Um in Oesterreich Stimmung gegen den deutschen Gast zu machen, haben in der deutschen erscheinende dcuischfreisinnige Organe von einem sä doo ein genommenen österreichischen Standpunctc eine Charakteristik der BiSniarck'schen Politik entworfen, wie sie selbst ein Onno Klopp nicht zu leisten im Stande wäre. Preußische Blätter erinnern die Oesterreicher an 1866 und den BiSmarck von damals, sprechen von einer „Hetze" de» Fürsten gegen Oesterreich, denunciren ihn den Deutschöstcrreickern al ben „eigentlichen Urheber der gegen die Deutschen ge richteten Versöhnung-Politik Taaffe'S" und suchen gleich zeitig die antideutschen Elemente de» KaiserstaateS gegen ihn einzunebmen. Ja, ein Berliner Blatt, das unabläfstg gegen Adel und Orthodoxie kämpft, verfehlt nicht, den ultramoutanen österreichischen Adel daraus aufmerksam zu macken, daß Fürst BiSmarck ihn „lächerlich gemacht" Habel Nnr aus der Feder Liebknecht « sind gleichwertbige Bekundungen nationaler Selbst- entaußerung geflossen. Er ist nur ein Tbcil der deutsch- freisinnigen Presse, die sich derart von Haß binreißcn läßt, und wenn wir dieses Treiben tief bedauern, so ist der Beweg grund weniger die Rücksicht auf den Eindruck im AuSlande, als die Uebcrzeugung, daß hier eine Strömung mächtig ge fördert wird, die wir um des Vaterlandes willen beklagen: die antisemitische. Auf dem Umwege über Paris erhält man in Teulschland Kenntniß von einem Artikel, der in den von dem „All gemeinen deutschen Verbände" herauSgegebenen Mit- theilunaen enthalten ist und den Vorschlag macht, Deutsch land solle Frankreich zum Besitze von Egypten verhelfen, in der Voraussetzung, daß Frankreich auf die Wiedereroberung von Elsaß-Lothringen verzichtet. Natürlich soll auf diesem Wege der durch die Rcvanchegelüste FraiikrcichS bedrohte Weltfriede ein für alle Mal gesichert werden. Der Gedanke hat aber vor Allem den Fehler, daß es zur Durchführung diese- ProjectcS eines Weltkrieges bedarf. Weder England, welche- zur Zeit im Besitze von Egypten ist, wird sich mit schönen Reden auS diesem Besitze herauSconiplimentiren lassen, noch würde Italien einem Unternehmen, welche« Frankreich zum Herrn de« Mittelmeeres macht, ruhig Zusehen. Selbstverständlich würde anch Rußland diese Gelegenheit, sich Konstantinopels zu bemächtige», nicht unbenutzt vorüberachen lassen. Es ist daher begreiflich, daß der Artikel de« BerbandSorgan» einer Anzahl von VerbandSmitgliedern Veranlassung gegeben hat, beim Vorstände den Antrag aus Einberufung einer Haupt versammlung zu stellen, in der die Auslassung deS Organ« einer näheren Prüfung unterzogen werden soll. In Oesterreich ist da« Bündniß zwischen den Deutsch liberalen und kt» Deutschnationalen infolge der Lässig keit der Elfteren noch nicht zu Stande gekommen. Dir deutsche Nationalpartei ist bereit, mit der vereinigten deulschcn Linken Hand in Hand zu gehe» und in einer gemeinsamen Ver sammlung aller deulsch-fortschrittlichen Abgeordneten Oester reich« ein vollständiges AclionSprogramin gegenüber der Regierung festzusetzen. Im Club der vereinigten Linken ist man aber nicht geneigt, dem Ministerium >etzt schon ein förmliche» Ultimatum zu stellen. Man will sich mit dem Grasen Taaffc persönlich auseinandersetzen und hofft, ihn bewegen zu können, daß die angefochtenen Anordnungen zu Gunsten der Slowenen entweder aufgehoben, ober in ihren Wirkungen möglichst eingeschränkt werden. Diese Uneinigkeit der Deutschen kommt der Negierung selbstver ständlich sehr zu statten. Unter diesen Umständen dürfte Graf Taaffc von den Zugeständnissen an die Slowenen nur sehr wenig zurücknebmen und die Deutschen zumeist mit Versprechungen abspcisen. Weiß er doch, daß die Deutschen in ihrer überwiegenden Mehrheit jedenfalls für die Annabme der Währungsvorlagen, die ihm gegenwärtig am meisten am Herzen liegen, stimmen werden, daß er also von dieser Seite keine ernstlichen Schwierigkeiten zu besorgen hat, während andererseits die Südslawen die Währungsvorlagen nur gegen Conccssionrn auf sprachlichem Gebiete bewilligen. Es ist richtig, daß man den Deutschen nicht zumuthen kann, auch ihrerseits solche politische Tauschgeschäfte einzngeben. Allein da« kann wohl die deutsche Bevölkerung von ihren Vertretern mit Recht erwarten, daß sie eine Regierung unterstützen, die auch jetzt noch, wo sie die Deutschen zur Mehrheit im Parlament kringend braucht, eine slawenfreundliche Politik aus Kosten der Deutsche» betreibt. So trägt, wie die „Vossische Zeitung" meldet, die Regierung den Vertretungen der deutschen Städte Klagensurt und Cilli auf, slowenische Eingaben anzunebmen und in derselben Sprache zu er ledigen, blos deshalb, weil in der Umgebung dieser Städte eine slowenische Landbevölkerung anzutreffen ist. Ge meinden in Kärnten, deren Vertretungen sich gegen die Zwei sprachigkeit des Schulunterricht« wehre», wird befohlen, neben der deutschen auch die slowenische Unterrichtssprache einzuführcn, und unlängst wurde, wie schon gemeldet, der wichtige Posten im Justizministerium, mit welchem da- Vorschlag-recht zur Ve° setzung sämmtlicher Richtcrstellen in den Provinzen Steier mark, Kärnien und Krain verbunden ist, entgegen dein Er- »ennungövorschlage deS ObcrgerichtSpräsidenten in Graz, aus Andrängen der slowenischen Abgeordneten einem slowenischen Bewerber verliehe». Ja die Gefälligkeit der Regierung für die Slowene» gebt so weit, daß kürzlich einem GerichtS- braniten ein halbjähriger Urlaub bloS zu dem Zweck crtbeilt wurde, damit er für eine Reibe juristisch-technischer Ausdrücke, für welche die siowenische Sprache derzeit noch keine Be zeichnung kennt, eine solche aufstelle, weil sonst die slowenische Rechtsprechung auS dem AmlSverkehr wieder verschwinden müßte! So fördert die Regierung die Slowenisirung auf Schritt und Tritt und dir Deutschen, die schon längst in Krain aus allen ihren Stellungen verdrängt wurden, können sich nun auch in Untersteiermark und in einem Theile von Kärnten kaum noch der slovenischcn Ueberstuthung erwehre». Das Herrenhaus in Wien ist jetzt zu zwei Dritteln slawisch, die deutschen Hofräthe deS Obersten Gerichl-boscS sind auf den Au-sterbcetat gesetzt; c« sind nur noch 10 Deutsche gegenüber l5 Polen, ti Czechen und Slowenen und 5 Italie nern. Kein Wunder, wenn da die deutsche Bevölkerung, die einzige zuverlässige Stütze de« Kaiserreiches, immer lauter murrt und in Böhmen, Steiermark und Kärnten geradezu empört ist über die Regierung, fast ebenso aber auch über die kraftlose Haltung ihrer liberalen Abgeordneten. In Belgien finden morgen in einigen Wahlbezirken, in denen am 14. Juni keine endgiltige Entscheidung gefallen ist, die Stichwahlen statt, deren Ausfall natürlich bei dem gegenwärtigen Stande der Parteien von großer Bedeutung ist. Die iLtichwahlen finden statt in den Wahlbezirken Bervirrs, MonS, Tournai^ Charlrroi, Soigmll und Nivellcs. Nur in dem letzteren Bezirke sind die Aussichten der katho lischen Partei günstig, da der bisherige Abgeordnete Dumont am 14. Juni 25 Stimmen mehr erhalten hat als sein liberaler Gegenkandidat Henricot. In allen anderen Bezirken dürsten aller Voraussicht »ach die liberalen Candidaten durchdringen, da dieselben vereitS am 14. Juni einen erheblichen Vor sprung hatten. An dem Gesammtresultat der Hauptwahlen wird der Au-fall der Stichwahlen freilich nicht- andern, da die klerikale Zwei Drittel-Mehrheit schon jetzt unmöglich ist Die Stichwahlen könne» aber die Linke noch erheblich ver stärken, und um die- zu verhindern, setzen die Klerikalen alle Hebel in Bewegung. Eine wie tiefe Mißstimmung der Wahlsieg der vereinigten Liberalen in Brüssel bei der Regierung hervorgerusen hat, beweist die Rede, welche der belgische Minister des Innern und de- öffentlichen Unterrichts De Bnrlet in NivelleS „an seine lieben Mitbürger" ge richtet hat, die ihn »ach heißem Wahlkampfe gewählt haben. „Die Provinz", so sprach der Minister, „hat sich aus der Höhe der Lage gezeigt; last überall haben unsere Freunde mit Essotg gekSmptt. Nur Brüssel sollt in migünstiaer Weise auf, aber man weiß, daß daselbst der Sieg nur durch einichiinpsltcheSBündnih unseren Gegnern geblieben ist. Al» ich soeben die Hauptstadt durch schritt, habe ich bereit- die Folgen davon gesehen. Ta« Volkshau- lubelte und die socialistischrn Banden durchzogen die Ströhen, ihren rothen Lappen schwenkend, und tm Knopstoche die blau« Cocarde, da« Abzeichen de» doktrinären und radicalen Libera- Ii«mu«l Und jetzt, liebe Mitbürger, vereinigen wir unsere Anstrengungen, um diesen Sieg de- t4. Juni zu vervollständigen. Am DieStag Alle an den Wahlurnen!" Da die Zahl der socialistischrn Stimmen in Brüssel nach der Angabe des halbamtlichen „Brüss. Iourn." nur VOV be trägt. die Liberalen aber mit 35VV Stimmen Mehrheit ge wählt worden sind, also da« „schimpfliche" Bündniß nicht den Wahlsieg herbclgrfübrt haben kann, so vcrräth die Rede de« Ministers nur den Aerger der leitenden Kreise, daß sie bei der Bersassungsdurchsicht auf die Zustimmung der Liberalen angewiesen sind. Welche Wirkung die vielgepriesene Kieler Monarchen begegnung auf die russische Presse auSzcübt hat, ergiebt sich am schlagendsten auS den Vorwürfen, mit denen diese Presse die preußischen Behörden wegen der Strenge überhäuft, mit der die Absperrungen der Plätze und Straße» durch geführt seien, welche der Zar zu betreten batte, da« übersteigt in der Tbat den Gipfel aller panslawistischen Unverschämt- beiten. Jedermann weiß, daß diese Absperrungen auf „nsssischen Wunsch" erfolgt sind. Als der Zar zum letzten Mal in Berlin war, batten die Kette bildenden Schutzleute zum nicht geringen Ergötzen deS Berliner Publicum« auf russische Manier Ausstellung genommen, da» heißt mit dem Gesicht nach dem Publikum; und nicht geringes Erstaunen erregte eS auch, daß bei der ffabrt deS Zaren zum Schloß der Ad,utant den Ehrenplatz in, Wagen einnahm, weil er dem Publicum näher lag. Auf russischen Wunsch waren auch die Brückcn- übergänge mit Militair besetzt, und nun beklagt sich die russijchc Presse über die strengen Absperrungen, die verhindert barte», daß das Publicum den Zaren zu sehen bekam. Vielleicht geben die nächsten Tage den russischen Blätter» Gelegenheit, sich zu überzeugen, daß bei anderen Monarchen- besuchcn von rigorosen Maßnahmen, wie sie in Kiel getroffen werden mußten, nicht die Rede ist. Großen Scaudal verursacht gegenwärtig in Moskau dieMißwirthschast de« Moskauer Grmcinderathe« beim Baue de« Schlachthauses, welche» angeblich mehr al« 2l/r Millionen Rubel gekostet haben soll. Während der Bau eine so große Summe Geldes verschlungen hat, findet sich nicht einmal irgend welche Rechnung vor, nach welcher man die Verausgabung dieser Beträge controliren könnte. Die Blätter beben die Schmach hervor, welche Moskau, da- Haupt Rußland-, dadurch erleidet, und sagen, die bekannte Mehl- assaire der Petersburger Djuma trete gegen die Mißwirt schaft der Moskauer Gemeinteräthe in den Hintergrund. AuS Venezuela kommt die Nachricht, daß der Präsident Palacio von seinem Amte zurückgetreten ist. So hat der nortamerikanische Gesandte in Caracas nach Washington ge meldet, mit dem Zusatz, der BundeSrath Venezuela« werde die vollziehende Gewalt auöüben, bi« der Congreß, der als bald zusamnientreten werde, einen neuen Präsidenten gewählt habe. Nach einem Ncw-?)orkrr Telegramm der Agentur Dalziel Ware Präsident Palacio aus der Hauptstadt geflohen und dort, als die Kunde hiervon sich ver breitete, ein großer Aufruhr im Volke entstanden, da« sich bewaffnet und gerufen habe: „Nieder mit dem Anhang Palacio « I" Aus beiden Nachrichten geht jedenfalls hervor, daß Palacio seine Sache sür verloren gegeben hat. Dir« ist ohne Zweifel eine Wirkung deS letzten zweitägigen Kampfes, in welchem seine Truppen geschlagen worden sind. Was die Leitung der Exccutivgewalt betrifft, so soll diese, nach der Meldung dcS nordamerikanischen Gesandten, der BundeS rath der Republik übernommen haben; eine Mittheilirng der venezuelischen Gesandlschast in Paris, die damit zugleich auch da« Ende der Herrschaft Palacio's bestätigt, meldet» daß dem Bicepräsidenlcn VillcgaS die Gewalt übertragen worden sei, was so ziemlich auf da« Gleiche herau-käme, da BillegaS der Präsident de« venezuelischen BundeSratheS ist. Nach der Agentur Dalziel hätte sich BillegaS der Ueber- nahme diese« Amtes geweigert und wäre dasselbe interimistisch Feuilleton. Das Mdniß -er Geliebten. Eine dramattsche Novelle von Tarl Ed. Klopfer. tS!-»dmck im» Lr-maiisir»», »nboiea.» (Fortsetzung.) Friedrich trat ein, die Theetaffen abzuräumeo und dir Lampen zu löschen. Eine Viertelstunde später herrschte schon tiefste Stille im Hause — aber nicht lange .... Ein un sicherer, schlürfender Schritt kam die Treppe herauf. Die Eorridorthür öffnete sich und eine gebeugte Gestalt schwankte in- Zimmer, in welchem der durch da« große altdeutsche Erkerfenster hineinfallende Mondschein ein gespenstige« Zwielicht verbreitete. Der nächtliche Wanderer war niemand IndereS als — der gute Herr Müller. Er hatte Stunde aus Stunde in pflichtgetreuer Geduld in der Küche aus die Ordre Herrn Groner'S gewartet, die nicht kommen wollte, und sich damit die Zeit vertriebe», daß er — eine Flasche Wein um die andere leerte und der Köchin und dem Hau»knecht einen Vortrag über doppelte Buchführung dielt. Er hatte so lange geredet, bi« ihm der Rebensaft die Bewegung der Zunge lahmte und er zu einem sanften Schlummer — auf die Wasserbank binsank. Dort hatten ihn die boshaften Dienstboten liegen lassen. Al« er dadurch erwachte, daß er von seinem improvisirten Lager auf die Steiastiesen hinabkollerte, fand er sich zu seinem Schrecken m vollkommen« Finstrrniß ringedüllt. Mit glücklichem Instinkt gelang r« ihm jedoch, sich durch eine Thür auf den Flur und dann dir Treppe hinauf in tasten, m das selbe Zimmer, da« er jetzt trotz zweifelhafter Beleuchtung »nr Weinseligkrit als daSjtnige erkannte, in welchem er »it dem Chef gesprochen hatte An der einen Wand sich entlang tastend, stolperte er plötzlich vor dem Divan neve» den, Erker »nd fiel auf dir weichen Plüschpolstrr nieder. L»r« blieb er liegen. Sin tiefer bleierner Schlaf nahm ihn Pftwgen, rtz« rr »ech die ihm vorschwebend« Frag« gelöst hatte, ob der genossene Wein nicht doch ein wenig »u stark gewesen sei. E« hätte schon eines soliden Reprtirgeweorfruer« bedurft, um ihn au« den Armen de« TraumgotteS zu reißen. Es konnte ibn daher nicht im Mindesten stören, als etwa eine kalbe Stunde nach seinem Entschlummern sehr vorsichtig die Speisc- zimmertbür geöffnet wurde und eine gazellengleich geschmeidige Mädchengestalt in den Salon trat. ES war Käthe, dir auS ihrem Zimmer berüberkam, um einen gewissen Brief zu spoliiren. Sie zitterte am ganzen Körper und ihr Herzchen pochte so ängstlich, al« befände sie sich auf dem Wege zu einem Verbrechen. Wenn Pruck den Brief mit sich genommen batte? Da« war die brennende Frage, die sie nebst dem Bestreben, sich möglichst geräuschlos nach dem Schreibtisch zu tasten, jetzt unausgesetzt beschäftigte. Glücklicherweise fiei das Licht de» Monde« vom Erkersenfter just schräge gegen den Schreibtisch. Ehe sie jedoch noch die Hälfte de« Wege« dahin zurückaelegt hatte, wurde sie vom Geräusch einer Thür erschreckt. Sie zog suh flüchtigen Fuße« hinter eine der Gardinen znrück, welche die Vertiefung deS ErkerS wie eine PortiLre umsäumten. Dort, außer dem Bereich der Mondstrahlen, konnte sie nicht bemerkt werden, wenn etwa — der Onkel zurückkam. Aber e« war nicht Pruck, sondern Mathilde, welche nebenan au- ihrem Schlafzimmer schlich, auf den Fußspitzen, mit an- aehaltenem Athrm. Kalb« erkannte sie. al« si<- m den Licht kegel de« Monde« trat. Sie wollte schon hervor, der gänzlich Verwirrten suchen zu Helsen, allein sie hätte eS nicht vermocht, in dieser delicaten Situation da« Wort an sie zu richten; sie schämte sich für die Teilte. Ueberdie» hatten die Damen ein paar Secunden später Ursache, gemeinsam zu erschrecken, al« sich abermal« das leise Knarren einer Thur vernehmen ließ. Diesmal war eS die AuSgangSpforte zum Eorridor. Doctor pilbera schlängelte sich in den Salon; rr hatte ssch von seinem Mansardenzimmer auf Filzschuhen herab- aetastet. Sr blieb wie in den Boden aewurzelt stehen, all Mathilde wie ein Schatten vor ihm auftauchtc. „Wir haben Sie mich erschreckt, gnädige Fraul" flüsterte rr. -Sie wollen wohl auch —* „Den Brief, ja', -ad sie li«pelad zurück. »Suchen wir gemeinsam l" „Ich habe ihn genau gesehen. Dort! — Nur langsam, daß wir nicht anstoßrnl Da» leiseste Geräusch kann uns — Alle Wettrrl" Da- letzte Wort war ibm im Schreck entfahren dort an der Thür zu Pruck« Zimmern wurde ein Schlüssel rasch im Schloß gedrekt. Mathilde hatte Mühe, einen Schrei zu unterdrücken, der Rest ihrer Geistesgegenwart war dahin; sie klammerte sich krampfhaft, ohne zu wissen, was sie tbat, an di« Hand Hilberg'S, und wie ein Kind, das in seiner Herzensangst direct in die Pferde rennt, vor denen eS doch entfliehen will, lief sie nach der Kaminrckc, dicht neben der Thür ihre« Manne«, Hilberg mit der Kraft der Verzweiflung mit sich reißend. Dort drückten sie sich Beide an die Wand, als könnten sie sich dadurch unsichtbar machen. Jetzt flog di« Thür daneben auf, Pruck stürzte heraus, quer durchs Zimmer, im Echlafrock, eine Kerze in der Hand, die ein schwache-, unsicheres Licht verbreitete, da« aber den drei armen Sündern doch wir ein Höllenbrand erfcheinen mußte. Sie glaubten sammt und sonder- nicht ander«, al« Pruck habe de» Brief mit sich genommen und eben da« Pholoaramm mit der fatalen Inschrift entdeckt. Sie fühlten ihre Sinne gelähmt, al- der Mann die Cvrridorthüre ausriß und — unbekümmert, wie nur ein Dichter oder — ein Rasender sein kann — mit Stentorstimme die Treppt emporschrie: „Öcurekal Doctorchen, kommen Sie rasch herunter! Ich Hab'«, ich Hab» — die Schlußwendung im dritten Act! — Warten Sie, ich vergaß! Ich Hab' mir'« gleich in Schlagworten aus die Manchen« notirt. Ich bringe Ihnen da- Ding. Kommen Sie nurl" Und wir der Sturm wind drebtr er sich und rannte nach seinem Zimmer zurück. Da — al« hätte eine Bombe neben iym eingeschlagen, fuhr er zurück — wa» war da«? Dort am Kamin sah er die beiden aschfahlen Gesichter Seine Lippen bewegten sich mehrere Mal«, ohn« eine Silbe hervorzubriugen. Sr war m dem Moment nicht gesaßter, al« jene Zwei. Dann trat «r, den Leucht«« hoch emporbalteud, einen «chritt aus sie zu. „Wa — wa» macht ihr hier?" kam r« fast tonlo» au< tzinem Munde. Mit zitterudea Hände» sttllt« r, s,in«n Leuchter aus den Schreibtisch. „Bin ich denn bei Sinnen?" — Dann schrie er plötzlich gellend auf: „Mathilde!" und fuhr sich an die Stirn. Mathilde fiel ächzend in einen Fauteuil am Kamin. Hilberg trat entschlossen vor. „Herr — von Pruck, Sie — Sie wünschen Wohl eine Erklärung....?" „Ja — eine Erklärung", rief Pruck mit heiserer Stimme, die sich im Nu zu erschrecklicher Heftigkeit steigerte; „eine Erklärung — die will ich in der Thal! Wa« acht hier vor? Sprechen Sie rasch, Herr, oder bei Gott! ich beherrsche mich nicht länger " „Halten Sie ein! Sie sollen die Wahrheit erfahren. — Ihre Frau Gemahlin trifft nicht die leiseste Schuld — an mich haben Sic sich zu wenden, lediglich an mich, denn ich kam allerdings mit Absichten hierher. . . ." Er konnte nicht vollenden, denn jetzt geschah etwa«, da« für ihn und Matthilde nicht wrniacr überraschend war al- für den beleidigten Gatten Käthe stürzte in furcht barer Bewegung au- ihren, Versteck bervor, kaum mehr einem eigene» Willen gehorchend. Sie hatte in ihrem Schrecken nur das Eine begriffen, daß sie da« Aeußerste von ihrem Onkel abwendcn muffe, koste eS, wa- r« wolle; eS war ihr, als sähe sie ihn in Lebensgefahr und müsse mit dem Instinct de- edle» Herzen« den tvdtlichen Streich mit dem eigenen Körper aussangen. So kam sie gerade noch zurecht, Hilberg den veryängnißvollen Schluß seiner Rede vom Munde abzuschiieidcn Sie fiel dem Vormund zu Füßen. Dir Worte fielen ihr wir Eingebungen eine« Schutzgkiste« von de» Lippen. „Wir sind Beide schilldig, Onkel — wenn hier über haupt von Schuld gesprochen werden kann!" Sie hob bittend dir Hände, mit Thräoen im Gefickte, di« ihr die Erregung erpießlcn, wären sie dir drei Menschen verblüfft anstarrten. „Schelte mich nicht zu hart! Ich wollte ja— ihn, Emerich, um jeden Preis noch heule sprechen — ich wollte ihn bitten, unseren kleinen Streit zu vergessen — und wir fanden kein« ander« Gelegenheit zur ungestört«» Au«sprach»." (Fortfttzu», s,I«tI
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