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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.07.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920702012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892070201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892070201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-02
- Monat1892-07
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AbotmemeirtSprei- I» der Hauptexpedttto» oder den im Etad^ bezirk nab de» Borort«» errichtrtea «»«- gabestevea «bgeholt: vterteijührlich ^44.50^ bei jwrimaliarr täglich«! Zustellung in» Hau» » 5ckO. Durch dt« Pos» bezogen für Tkullchlaad »ad Oesterreich: vi«rr«liädrltch >4 6.—. Dir«ct» täglich« kreuzbandjendung tut Ausland: mauattich 9.—. Dt« Morgen-AnSgab« erscheint täglich'/,? Uh»» dir Abend-AuSgab« Wochentag« b Uhr. Nedartion an» Lrpedittoa: 2otz«n»r»«aff« 8. Di« Expedition ist Wochen tag» anmiterbroch«» geäffuet voa früh 8 bi» Abend» 7 Utz» Filiale«: ldtt» Me««'« s-rti«. (Ms«» -tchttd, Morgen-Ausgabe. tMigtr.LUtblalt JttsertiouspreiS Die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg) keclameu »nt«r dem RedactionSstrich (4 g» spaltea) 50^, sor den Famttie» Nachrichten (d gespalten) 40 ^ Größere Schriften laut »»sere» Preis- virieichllib. Tabellarischer und Ziffrrnsatz »ach höherem Laris. Srtra-Veilage» (gefalzt), »»r mit der Morgen-Su-gade, oha« Poslbesörderuag ^4 SO.—, mit Postdesörderu», ^4 70.-. Anzeiger. Iianahmeschluß fir Inserate: Ab«»d-AuSgobe: Vormittags 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag« tllhr. Sonn- und Festtags früh S Uhr. Bei den Filiale» und Annahmestelle» je eia« halb« Stund« früher. S«serite st»l> stet» »n dt» «rnedttt-, »u richte». L««l» Lösche. Kotharinenstr. 14, »art. n»S ASnigSpIatz 7. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- und Geschäftsverkehr. Druck o»y Verlag von T. Polz ln Leipzig Sonnabend den 2. Juli 1892. 88. Jahrgang Zur gefälligen Leachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 3. Juli, Vormittags nnr bis Vs3 Uhr geöffnet. Expedition des I-eiprixer ^axediattes. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. Bezüglich der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe gelten vom r. Juli 1892 ab für den Stadtbezirk Leipzig folgende Bestimmungen: 71. Orsfentltcher Handel, namentlich der Handel aus Straßen und öffentlichen Plätzen, in Kaufs- und Gewerböläden, Maga zinen, Marktbuden und Vcrkausöständen, sowie der Handel im Umherziehen, ingleichen öffentliche Versteigerungen sind an Sonn- und Festtagen in der Regel nicht gestattet. ES gelten jedoch folgende Ausnahmen: 1) An allen Sonn- und Festtagen ist gestattet der Verkauf von Arzneimittel», von Milch, von Brod und weißer väckerwaare. sowie der Nlciuhandel mit HeizuugS- aud veleuchtungsmaterial, und zwar: für Arzneimittel zeitlich unbeschränkt, für Milch früh ms '/,9, von 11—1 und von 6—8 Uhr, für Brod und Bäckerwaaren, jedoch ausschließlich der Tonditoreiwaaren, früh bis '/,d Uhr und voa 11 bis 4 Uhr, für Heizung«- und Beleuchtung-material früh bl» V»9 und von 11—'/,3 Uhr. - 8) An den Sonn- und Festtagen mit Ausnahme der 1. Weih nacht--, Oster- und Pfingsttage ist gestattet: der Verkauf von V»- UN» Materialmaare« von 7—^/,9 Uhr und von 11—'/,3 Uhr. 8) An den Sonn- und Festtagen mit Ausnahme deS Thar freitags, der Bußtage und des 'TodtensonntagS, sowie der 1. WeihnochtS-, Oster- und Pfingsttage ist gestattet: der Handel mit Nohrtü, vl »ine». Vlmnengewinden und Pflanzen, der öffentliche Handel mit Zeitungen, (letzterer jedoch nicht trn Umherziehen), sowie der Handel mit Mincraliväsfrrn in Trinkhallen und dergleichen während d»r Sommermonate April bis mit October einschließlich der für denselben an Sonn und Festtagen unentbehrlichen Arbeiten, z. B. der Bereitstellung der Mineralwafler-Vallons: nach be endigtem VormittagSigotteSdienste von 11—4 Uhr. 4) An den in die Messen fallenden Sonn- und Festtagen, sowie am 4. Adventsonnt» g« darf der Handel von Vor mittag« II bi« Abends Uhr betrieben werden. L. Hinsichtlich de« Gast- und SchankmirthschastSgcwerbrS, der Musikaufsührunarn, Schaustellungen, thcatralischcu Vorstellungen und sonstigen Lustbarkeiten, sowie bezüglich der Lrrkrhrsgewerbe bleibt es bei den bisherigen Be- stimmungen. Jedoch ist hierbei zu beachten, daß Spedition und Tommission und t»a» Bewerbe der Packer, Träger, Markt Helfer u. s. w. nicht z«m Berkehrsgewerbe zu rechnen sind. 0. Der durch Antomatra betriebene Verkauf ist an Sonn- und Festtagen ebenfalls aur mit den uuter X 1 bis 3 genannten Artikeln mit Ausnahme der Arzneimittel und nur zu de» dort bezeichneten Eäunden gestattet. V Nur insoweit als nach dem Vorstehenden an Sonn- und Festtagen «in Handel zulässig ist, darf an diesen Tagen den Gehllseu, Lehrlingen und Arbeitern Beschäftigung gegeben werden, und es darf auch nnr insoweit an diesen Tagen in offenen Verkaufsstellen rin Gewerbebetrieb fiattsinden. L. Während der Zeit, za welcher der öffentliche Handel nicht gestattet ist, sinL auch die Kauf«, und «ewerbsläben, Maga- ziue, Marktbuden, sowie die Schaufenster geschloffen zu halten und BerkausSflände mit Waaren nicht zu belegen. Handel treibende, welche neben den Waaren, deren Verkauf an Sonn- und Festtagen gestattet ist, noch andere Waaren führen, dürfen die lateren an Sonn- und Festtagen auf den Ber kaufsständrn und in Schaufenstern Lberbanpt nicht auSstellen k. Jede Arbeit, welche sich durch Geräusch nach außen hin be- merkbar macht, ist an Sonn- und Festtagen verboten. O. AIS Festtage gelten der Neujahrstag, der Hohe Neujahrstoa, der Tharfreitag, der HtmmelsahrtStag. das Reformationsfest, der zweite Oster- und Pfingstfciertag, die beiden Weihnachts feiertage, sowie die Bußtage der Landeskirche. 8. Wer den vorstehenden Bestimmungen unter ^ bis v zu widerhandelt, wird nach 8. 146» bez. 8- 151 der Gewerbe- Ordnung mit Geldstrafe bis zu 600 >1, im Unvermögens« falle mit Haft bestraft. Zuwiderhandlungen gegen die Ber- bote unter 8 und V werden nach ß. 11 des Sächsischen EonnlagsgefetzeS vom 10. September 1870 bestraft. Leipzig, den 18. Juni 1892. Der N«th der Stadt Leipzig. vr. Georgt. Wolfram. Seklinntuillchung. Nachdem die Glaser-, Tischler-, Schlaffer-, Temen!!, Stock- und Dekoration«-, sowie die Maler- und Lackirerorbeiteu, ferner die Arbeiten betreffs der Blitzableitungsanlage für den Erweiterungsbau der 23. Beztrksschule in Leipzig-Lindenau vergeben sind, klingen wir die- mit dem Bemerken zur öffentlichen Senntniß, daß die betreffenden Bewerber, dafern sie nicht in anderer Werse bereits beschieden sind, ihrer Angebote hiermit entlasten werden. Leipzig, de« 87. Juni 1892. Id. 2562. Der »«th »er Sta»t Leipzig klen. 819. vr. Georgt. Lohst. Verpachtung. Die der Kladtgemeinde Leipzig gehörige, zeilher an Herrn Zimmermelster Hendretch verpachtet gewesene und an der Wind- mühlenstraße in Möckern gelegene Parcell« Nr. 193 de» Flurbuchs für Möckern von 4665 qm Flächcugehalt ist zur Benutzung als Werk-, Lager- oder Trockenplatz vom l. künftigen Monat» ab ander- weit gegen vierteljährige Kündigung zu verpachten. Pechtgesuche werden aus dem Nachhause, v Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, «utgegengenommen, ebendaselbst können auch die Berpachlnngs- bebingungea eingesehen werde». LÜpH. de» »7. Juni 1898. D«r >«th »er «lad» Leipzig. I» 2701. vr. Georgi. «nunblegel. Margarethe Sltse Werker aus Tenchrrn hat nach ihrer Angabe Mitte April ds». Irs. eine ihr unbekannte, nach Halle reisende Frau gebeten, das ihr gehörige, bei einer Familie NamenS Reiff in Halle zurückgelafsene Dienstbuch von dort adzuhoien und mit hierher zu bringen. Nach den ongestellten Erörterungen ist auch das Buch bei der betr. Herrschaft abgeholt worden, jedoch, wie die Werker behauptet, bisher nicht in ihre Hände gelangt. Da die Genannte unterlassen haben will, der betr. Frau ihre Abreise anzugeben, so wird die fragliche Unbekannte hiermit aus- gefordert, sich baldigst behufs Abgabe des Dienstbuches hier zu melde». Leipzig, den 28. Juni 1892. TaS Polizriamt der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: IV. 3459. vr. Schmid. M. Zur Wahlbewegung in England wird uns von einer Seite, die in ihrer Bcurtbeilung der englischen Verhältnisse nicht unwesentlich von dem landläufige» Urtheile abweicht, geschrieben: »Homerule oder nicht?" „Hie Salisbury, hie Gladstone!" lauten die Wahlschlagworte, aber die Machtfrage ist das Entscheidende. Tie Beweggründe für die Haltung der Wähler in Großbritannien finden im AuSlande nicht das er forderliche Berständniß, weil die Frage nach dem persönlichen Bortbeil, welchen die Wahl dem Wähler in Aussicht stellt, den Ausschlag gicbt. Die staatliche Trennung Irlands von England mit eigenem Ministerium und Parlament für Jriand kann aus die englischen Mäkler keinen Nciz auS- üben, für sie besteht nnr daS Interesse für die Partei, der sie angehören, das Programm ist Nebensache. Nur so ist eS zu verstehen, daß Gladstone überhaupt noch eine Nolle spielen kann. Mit einen« Starrsinn ohne Gleichen hält Gladstone an der Politik der freien Selbst bestimmung der Person wie der einzelnen Theile des Reiches fest und überträgt diese Grundsätze auch auf die auswärtige Politik, so daß England, wenn cS auf Gladstone ankämc. sich unter allen Umständen von den Wclthändcln sern- halten müßte. Wir erinnern an eine Reihe von Artikeln, welche vor einigen Jahren in der „Fortnightly Review veröffentlicht wurden zu dem Zweck, für eine Theilung Asiens zwischen Rußland und England Stimmung zu machen. Man schrieb diese Artikel Gladstone zu, und er hat die Urheberschaft nicht geleugnet. Da- war so recht ein Pro gramm nach dem Herzen Gladstone's, eingegeben von höchster Selbstsucht unter Vermeidung aller Gefahren von Bedeutung. Die Vereinigung der größten Landmacht mit der größten Seemacht zur Unterdrückung jeglicher sonstigen Machtäuße rung, die Verwandlung des schlimmsten Feindes Englands in seine» wärmsten Freund. Rußland hat sich die Sache vorläufig überlegt und ist fort gefahren in der Besitzergreifung Nordasiens bis nach Indien und Eyina. Inzwischen ist von Lord BereSford eine Veränderung in der Entwickelung deS WcllbandelS und der Weltherrschaft verkündet worden, der Schlüssel für beides sei nicht mehr Konstantinopel, sondern Capstadt. Diese Theorie bedeutet ein halbes Aufgeben von Konstantinopel, daS sich auf die Dauer doch nicht der russischen Machtsphäre entziehe» lasse. Mit dieser veränderten Auffassung steht auch die egyptische Politik Englands in Verbindung, und um hier mit voller Kraft für die englischen Interessen einlrcten zu können, ist die englische Flotte in den letzten Jahren sehr be deutend vermehrt worden. Das ist nun aber unter EaliS bnry geschehen, und Gladstone hat sich wohl gehütet, dagegen irgend etwas einzuwcnden; Meinungsverschiedenheiten in der äußeren Politik bestehen überbaupt zwischen Salisbury »nd Gladstone nickt, es sei denn darin, daß Gladstone England volle Freiheit für den Krieg der Zukunft wahren will, wahrend Salisbury eine gewisse Hiuncigung zum Dreibund bekundet, die aber wenig zu bereuten hat, weil sie durch keinerlei bindende Verpflichtung zur Tbatsache gestempelt worden ist. Das ist die greifbare Grundlage für die Wahlbcwegung, im klebrigen handelt eS sich um rein persönliche und locale Interessen, um Redensarten ebne Inhalt, um lange Reden ohne einen sichtlichen anderen Zweck, als die Wähler zu be schäftigen und zu ermüden, „ihnen den Kopf zu verkeilen", wie eine drastische, aber bezeichnende Berliner Redensart lautet. Nirgends wird mehr gegen Wablbceinslussung geeifert als in England, und nirgends wird sie in größerem Maßstabe geübt. Die Wahlcandidaten opfern stets große Summe» für die Wahl, ein Zeichen dasür, daß die Wahlbeslechuiig systenialisch betrieben wird. Natürlich bedürfe» Leute wie Gladstone solcher Mittel nicht, um auf ibre Mäkler zu wirke», aber die große Zabl der Candidalcn, welche auf keine erfolg reiche Vergangenheit verweisen können, die sich erst ihre Sporen verdienen wollen, oder die eS sich daran genügen lassen, Parlamentsmitglied zu sein, müssen für die Erreichung dieses Zieles die größten Opfer bringe». Ein wichtiger Theil der Wähler ist die Geistlichkeit, die protestantische nicht minder wie die katholische. Zunächst ist die protestantische Geistlichkeit auf dem Plan erschienen, und zwar mit dem eigeiithllnilichcn Ergebniß, daß die irischen Protestanten sich gegen, die englischen für Homerule erklärt haben. Diese Stellungnahme der englischen Nonconsirmisten für Gladstone ist eine Eigentbümlichkeit der englischen Ver hältnisse, für welche uns das Berständniß fehlt. Die Logik, daß man die staatliche Trennung Irlands von England unterstützen muß, weil der Mann, welcher sie empfiehlt, die religiöse Gleichstellung der irischen Nonconsvrmiste» durckgcsetzt hat, ist für uns nicht faßbar, sie kommt ungefähr auf den tiefsinnigen Satz hinaus, welcher lautet: „Es ist Deinem Vater ganz recht, daß Du Dir die Hände erfrierst, warum kauft er Dir keine Hand schuhe." Da« ist aber überhaupt ein durchgebender Zug aller englischen Wahlen, daß e» an überzeugen den Gründen fehlt bei der Parteinahme für diese oder jene Richtung. Was hat z. B die Verbreitung einer Caricatur Gladstone'» mit der Sache gemein, die er vertritt? Trotzdem hat diese Caricatur in einem Wahl bezirke der Sache SaliSbury'S sehr geschadet. In Cbester ist Gladstone durch rin Weib mittelst eines auf ihn geschleuderten Stückes Brod am Auge verletzt worden. Da» bat der von Glad stone vertretenen Sacke sehr genutzt und ihm eine große Zabl neuer Anhänger verschafft. Angesicht« solcher Dbatsachen ist man zu der Frage berechtigt, ob denn die englischen Wähler auch die nöthige Reise besitzen, um ihr Wahlrecht sachgemäß auSzuüben. Es wird stet« so viel über die Bedeutung der englischen Verfassung gesprochen und geschrieben, und diese Bedeutung ist in der Thal geschichtlich nachweisbar, aber es scheint, daß >ie neuere und neueste Entwickelung des englischen Ver- afsungSlebeiiS tsintcr den historischen Kundgebungen dieses leben« zurückgeblieben ist. Zur Zeit Karls I. hatte das s Parlament große Macht, und auch später hat es sich stet- als der eigentliche Hort der englischen Freiheit und Selbstständig keit bewährt, aber diese Bedeutung muß schwinden, wenn die ParlamciitSwahlcn der Tummelplatz für persönliche Streitig keiten, für engherzige Interessen und für die Aeußerung augenblicklicher Launen werden, wie eS jetzt den Anschein hat. Es ist überhaupt ein Jrrlhuni, wenn Man glaubt, daß eine große historische Vcrgangenbeit einen Freibrief für die Zukunft gcwäkrt; alle menschlichen Dinge sind der Ver änderung unterworfen und das Alter einer Einrichtung bietet »och keine Bürgschaft für ihren zeitlichen Werth. Die englische BersassungSgeschichte ist lehrreich für alle VersassungS- laatcii, aber das englische Parlament von heute ist keines wegs als ein Mustcrparlament anzusehen. Es fehlt den englischen Wählern das lebendige Berständniß für die An- ordcrungen unserer Zeit, sie sind auf eine Grundlage herab- gesunken, welche mit der ruhmvollen Vergangenheit ihrer Vor eltern nicht zusammeiistimmt. Die Robbest beginnt die Wahl- reiheit zu beeinträchtigen, aus allen Theilen Englands wird eine Erregung der Wähler berichtet, die in Ungarn und aus der Balkanbalbinscl an der Tagesordnung ist, aber in einem allen Verfassungsstaate nicht anzntreffen sein sollte. DaS verschulde» zum großen Theil die Iren mit ihren revolu- tionaire» Bestrebungen, mit ihrer Landliga und mit ihrem Vcrschwörerwesen. Aber gerade solchen Ausschrei tungen gegenüber müßte sich die Kraft der englischen Versassnng bewähren, die Wähler müßten Alles daran ctzen, um die Einbeit Großbritanniens aufrecht zu er halten und Grundsätzen den Eingang in die Volks vertretung zu verwehren, die den Bestand der parlamen tarischen Emrichtungeu in Frage stellen. Möchte immer hin der Zopf, der dem englischen Parlament anbastet, als ein Zeichen deS Alter? gehätschelt und aufrecht erhalten werden, aber die Neuerungen, welche die Autorität des eug- lischen Parlaments untergraben, stimmen nicht mit den alten Ueberlieseruiigcu überein. Die englischen ParlamentSocrbalid- lungen haben das Interesse für weitere Kreise schon längst cingebüßt, man streitet sich schon seit einer Reihe von Jahren im englischen Parlament nnr noch um deS Kaiser- Bart. * Deutsches Reich. 88. Berlin, l. Juli. AnSnahmSweise müssen wir unS doch einmal mit den DrahtiiielLnngcn deS Herrn Eugen Wolf aus Zanzibar näher befassen. Es kann nicht mehr zweifelhaft sein, daß Herr Wolf, der sich von aller Welt ver- olgt und geschädigt glaubt, schließlich in die Manie verfallen ist, überhaupt nur düstere Geschichten auS Deutsch-Ostasrika dem Drahte aiizuvertranen. Sv erfahren wir heute auf der ersten Seite des „Berliner Tageblattes": „Kilimandscharo aufgegeben", d. h. natürlich nicht, daß Denlschland daS weite, gesunde und fruchtbare Gcbirgsgcbiet nicht mehr besitze» wolle, sondern nur, daß die 20 oder 30 Mann, die von der Bülow'schen lExpedition nach der Kilimandscharo - Station Marangu zurückgekehrt sind, mit den dort noch vorhanden gewesenen Resten der SlalionSbcsatzung sich stromabwärts zurückgezogen haben, um sich mit dem ihnen entgegenkommen den Ches JobanneS und seinen Truppen zu vereinigen. Nun meldet aber Herr Wolf auf der siebenten Seite deS „Berliner Tageblattes" in sensationeller Weise, daß Johannes aus Schwierigkeiten gestoßen sei und nicht vorwärts könne. DaS ist, mit Verlaub zu sagen, der gröbste Unfug. Wollte man jede „Schwierigkeit" eines ExpeditionsmarscheS derart aus bauschen, wo sollte das noch hinsühren? m Berlin, 1. Juli. Ucker die deutschen Gcwerk- schaftSorganisationcn im Jahre 189t hat die Gcneral- commission eine weitere Arbeit geliefert. Sie bemerkt darin, daß in ihrer tabellarischen Uebersicht die Angaben über die Organisationen der Bergleute (Westfalen und Saarrcvier), Dachdecker, Maler, GaSarbciter, Porzellanmaler, Schuh macher, Tabakarbeiter, Tapezierer und Graveure fehlten, weil von diesen Organisationen kein Material eiugegangen sei. Nach Procentcn berechnet, sind von den in den einzelnen Industriezweigen beschäftigten Arbeitern organisirt: Ziegler 0,2, Textilarbeiter 0,7, Bäcker >,t, selbstständige Barbiere 1,5, Holzarbeiter (Hilfsarbeiter) 1,6, Bauarbeiter (HilfS arbciler) 1,7, Müller t,7, Stellmacher 2.2, Brauer 2,4 Steinmetzen 2,9, Maurer 3,0, Posamentiere 3,0, GlaS arbciler 3,0, Schmicde 3,l, Gärtner 3,7, Barbiergehilfen 3,8, Conditoren 4,0, Sattler 4,5, Former 5,0, Lohgerber 5,ls Mnsikinstrumcntcnarbeilcr 5,0, Seiler 5,5, Hafenarbeiter 5,6, Zimmerer 6,1, Schneider 6,4, Metallarbeiter 6,9, Drechsler 0,0 Tischler 10,3, Buchbinder 10,5, Goldarbeiter ll,0, Ver golter 11,0, Korbmacher 14,0, Steinsetzer l7,0, Bürste» machcr 18,0, SchisfSzinimerer und Werftarbeiter 18,0, Töpfer l8,0, Böttcher >9,0, Glaser 20,0, Hntmacher und Kürschner 20,0, Lithographen 23,0, Bergleute ^Sachse») 26,0, Forme» stecher 27,5, Stuckateure 3l,0, Cigarrcnsvrtirer 32,5, Kupfer schmiede 37,0, Buchdrucker 53,0, Bildhauer 59,0, Weiß gcrber 67,0 und Glacv - Handschuhmacher 76,7 Procent Es ist sonach nur in vier Berufen mehr als die Hälfte der beschäftigten Arbeiter organisirt, in dreien mehr als ein Drittel und in fünf mehr als ein Fünftel. JiiSgcsammt sind nur circa 6 Proccnt aller Arbeiter organisirt. Die Generalconiinission erklärt ferner, daß die Beiträge in den meisten Organisationen so niedrige seien, daß dieselben den an sie gestellten Anforderungen mcht gerecht werden könnten. Das letzte Jahr hatte viele Streiks, und zwar meistens AbwebrstrcikS, aufzuwcisc»; eine Statistik über die Streiks ist aber zur Zeit noch nickt vorhanden. — Gegen den Reichstagsabgeordneten Heine war eine Untersuchung wegen Vergebens gegen die 8K. 130. l3l R.-Str.-G-B. ein- gcleitet worden, weil derselbe in einem Vortraar die Großgrundbesitzer und Zuckersabrikbesitzer als „Räuber", l „Blutsauger" und „Ausbeuter" bezeichnet hatte. Da» Landgerick't Halberstadt hat jedoch die Eröffnung deS HauptverfahrcnS abgelehnt, weil einerseits in diesen Bezeich nungen eine öffentliche Anreizung verschiedener Classen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten nicht gefunden werden könne und weil andererseits der Wortlaut und der Zusammen hang der Rede nicht genügend festgestcllt sei. — Der Nedacteur der vom Abgeordneten Heine hcrauSgegebenen Halberstädlcr „SonntagSzcitung", Ostcrburg, ist wegen Beleidigung von Mitgliedern deS Kriegervcreins zu einer Geldstrafe von 300 eventuell einem Monat Gefängniß verurtheilt worden. * Berlin, 1. Juli. Vielfach schon ist darauf hingewiesen worden, daß eS widersinnig ist, anziinebmen, wer für Bismarck sei, müsse gegen den Kaiser sein. Auch die gestrige Ausgabe des „Deutschen Wochenblattes" variirt diese« Thema und sagt u. A.: „ .... So ist denn die über wältigende Huldigung, die Fürst Bismarck aus seiner Reise erlebte, schlechthin clmaS Selbstverständliche-. ES wäre eine Schande für daö deutsche Volk gewesen, wenn eS die Pflichten dankbarer Verehrung für seinen größten Sohn vernachlässigt hätte. Was aber jeder VaterlandSfrcund tief beklagen muß, ist, daß eit dem Sturze Biöinai ck'S jede Kundgebung für denselben zu gleich als eine Kundgebung gegen den Kaiser gedeutet werden kann. Wir waren >» Deutschland gewohnt, die Liebe zu Kaiser und Reich als eine einheitliche Empfindung anszufassen. Die Hohcnzollern hatten daS Reick geschaffen, m ihnen ver körpert sich die Reichsidee, und Bismarck war der Roland Kaiser Wilhelm s I. Wir ehrten den Kaiser, indem wir seine Paladine ehrten. Welcher Zwiespalt der heiligste» Empfin dungen der Volksseele aber muß entstehen, wenn das jetzt anders sein soll! Dafür hat das Volk noch kein Vcr- tändniß. DaS Volk denkt an Düppel, Königgrätz und Sedan, wenn eS Bismarck feiert, eS sieht in ihm die Verkörperung des deutsche» Ruhms — und wenn ich auch in den gebildeten und politisch denkenden Kreisen rannt der Schmerz verbindet, daß es so kommen mußte, o fehlt trotzdem diesen Verehrungsbcweisen nationaler Dankbarkeit bis jetzt noch überwiegend der Charakter einer ivlitischen Demonstration. Wenn Kaiser Wilhelm II. »ach Dresden, München oder Augsburg kommt, so wird auch ihn der Juhcl deS Volkes umbraiise», denn das Volk, daS in Bismarck den Schöpfer des Reichs ehrt, sieht in dem Hohen- zollernkaiser die Verkörperung seiner nationalen Hoffnungen." Zum Schluffe deS Artikels heißt es: „Man sollte sich darüber keiner Täuschung bingcben, daß nichts die Empfindungen der Nation für Bismarck abzuschwächen vermag. Im Gegcntheil, je mehr wir uns von der Zeit seiner Wirksamkeit entfernen, um so riesenhafter wird die Gestalt des eisernen Kanzlers für die Volksseele wachsen. Das Volk idealisirt seine Helden nach ihrem Tode, Fürst Bismarck hat cs seinem Rücktritt zu danke», daß er schon bei Lebzeiten zu einem Jdealbilde wurde. Au einem solchen zu rühren, ist nicht gut und hilft auch nichts — das Droben der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" mit Enthüllungen gegen Biömarck ist deshalb mindestens überflüssig, eö ist aber auch »»geschickt, denn ein Biümarck läßt sich nicht eiuschüchter», er wird nur desto zorniger und — daö Vaterland zahlt die Zeche. Das Vater land zahlt aber nainentlich dann die Zeche, wen» mau mit den Drohungen wirklich Ernst machen will. Bismarck bat — ganz abgesehen davon, daß Bismarcks Ruhm Deutschlands Ruhm ist und daß unsere Größe und unser Ansehen im AuSlande leidet, wenn wir de» Wcllnamen BiSmarck'S verkleinern — soviel für das Vaterland und für daö HohcnzollcrnhaiiS gethan, daß er überhaupt durch nichts die Dankbarkeit verwirken kan», die Deutschland ihm schuldet. Wir könntcn also nur daö wider wärtige Schauspiel erleben, daß wir mulhwillig unser natio nales Ansehen vor dem Ausland und das Ansehen der Ne gierung im Jnlande beeinträchtige», wenn man ansängt, schmutzige Wäsche zu waschen. Die Kundgebungen für Bis marck konnten dann werden, waS sie jetzt noch nicht sind, Kundgebungen gegen die Dynastie. Das muß jeder Vater- landSfreund zu verhüte» suchen. Die Unerschüttcrlichkeit der Treue des deutschen Volkes sür den Thron der Hohcnzollern ist die Grundlage, auf der allein das Reich seine Macht stellung wahren kann, obnc diese Grundlage wird alles, die gesammle nationale Existenz des deutschcn Volkes in Frage gestellt." — Die Dacht „Kaiseradler" hat heute früh 8 Uhr bei schönem Wetter die Fahrt von Vinger nach Bergen fort gesetzt. — Der bei der Pforte beglaubigte Botschafter v. Nado- witz ist zum Botschafter in Madrid ernannt worden. Nach Konstantinopel ist Fürst Radolin-Radolinöki al- Bot schafter bestimmt. Der Sultan hat zu dieser Ernennung sein Einverständniß erklärt. — Die zu erwartende Militairvorlaze bildet den Gegenstand nianiiigsacher Mittheilungen. Von einer Seile, welche als wohlunterrichtet anzusehen ist. wird wiederholt darauf hingewicscn, daß alle bezüglichen Mittheilungen »ach wie vor keinen Anspruch aus Zuverlässigkeit habe». That- sarhe sei nur, daß ei» vorläufiger Entwurf vorhanden sei, welcher demnächst an den Reichskanzler gelangen werde. Als richtig wird ferner bezeichnet, daß der Grundsatz der zwei jährigen Dienstzeit sür die Infanterie, und zwar an der Hand der bekannte» Verdy'scken Vorschläge, der Vorlage unter- gelrgt sei. Tie ganze Anaelegcnbcit habe jedenfalls nock so viel Vorstufen zu durchlaufen, daß jetzt noch gar nicht abzu- sehcn sei, ob der Entwurs den nächsten Reichstag beschäf tigen möchte. — Der „Rhtin.-Westfäl. Ztg." wird von hier geschrieben: Aeugerem Vernehmen nach ist die Reihe der gegen den Fürsten Bismarck gerichteten Artikel in der „Nord deutschen Allgemeinen Zeitung" vorläufig als ab geschlossen zn betrachten. Die Ansichten über die Zweck mäßigkeit und den Werth dieser Kundgebungen gehe» auch in solchen Kreisen auseinander, die der gegenwärtigen Regierung freundlicher gesinnt sind, als dem früberen Reichskanzler, und dessen jüngste Auslassungen entschieden verurtheilcn. Man kann dort vielfach die Meinung aussprechen hören, daß, wenn dir jetzige Regierung nichts Besseres unv Schlagenderes vorzubringcn hatte, als in den erwähnten Artikeln enthalten war, eS besser gewesen wäre, wenn sie ihr bisherige« Schweigen überhaupt
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