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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.07.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189207038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18920703
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18920703
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-07
- Tag1892-07-03
- Monat1892-07
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.07.1892
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Abom»e«e«tSprei» k der Haupteppedition oder de» im Etadd» bezirk und de» Vororte» errichtete» Au»- gabesiellen abgeholt: vierteljährlich ^4^0( bei zweimaliger täglicher Zustellung tn> Hau« 5.50. Durch die Post bezog«» für Deuljchlaud and Oesterreich: vierteliährlich > S.—. Direct» täglich« Kreuzdandsenduag tat Ausland: moaaUtch 9.—. DI« Morgen-Au-gabe erscheint täglich'/,? Uhr, die Adend-Autgab« Wocheutagt b Uhr. Lrdaction unt Lrprditio»: A«h<m»e»«afie 8c. Di« En>edttton isl Wochentag« »nuntrrbroch«» geöffnet voa früh 8 bi« Adead« 7 Uhr. Filiale«: Ott« Memin's Lorttm. (AlfreV Hohal» Uuiversitättstrah« I, Louis Löf»«. Satharinenstr. 1«. Part, uad KS»tgsplatz 7. nMerLUtblall Anzeiger. Legan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^- 336. Sonntag dev 3. Juli 1892. Amtliche Bekanntmachungen. NU verstorbenen angeblichen Wilhelm Damm auS Döbeln in Folge Rccognilion des BctressenLen. Leipzig, am 29. Juni 1892. TaS Potizriaint der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: 2612. vr. Schmid. P. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Mittwoch, den 6. Juli 1892. Abends 6', Uhr im Sitr»»gSsaaIr am -iaschmarkte. Tagesordnung: I. Bericht de« Oekonomie- und Finanzausschusses über: a. strecken- weise Pflasterung der Grassi-, Bayerischen und Kochstrabe und den Antrag wegen Legung von Asphalt in der Bayerischen Straße, d. Ausführung einer Lhonrohrschleuße in der Torgauer Straße in Leipzig-Sellerhausen. II. Bericht des Oekonomie- und GasauSschufles über Anlegung einer Insel mit Candelaber aus der Kreuzung der Wind mühlen-, Brüder-, Markihallenstraße und des Königsplatzes; III. Bericht deS BauausschusseS über: a. Herstellung einer im 1. Obergeschosse des Grundstück- Windmühlensiraße Nr. 7 gelegenen Wohnung, d. Ausführung baulicher Herstellungen :c. im städtischen Krankenhaus« und de« Anbaues nach Pos. 102 des SpecialbndgetS „Städtisches Krankenhaus z» St. Jacob" aus das Jahr 1892; e. Nachverwilligung zu Pos. 330 des Volksschulbudgets wegen Erneuerung von 8 Lustheizungs- apparaten in der 3. Bezirksschule; ck. Nachverwilligung wegen Ausführung von Bauarbeiten an den Fliigelbauten der I. Realschule und H. Bürgerschule. IV. Bericht des Stiftung«-, Bau- und OekonomieausschusseS über Verkauf de« Bauplatzes Nr 7 an der Auensiraße V. Bericht des Finanzausschusses über: a. Bewilligung eines BerechnungSgeldeS zur Bestreitung der Kosten des Sedan- festes und Uebernahme eines sich etwa ergebenden Deficits- b. Gewährung eines Jahresbeitrages an die hiesige Drechsler- innung und den Verein selbstständiger Bildhauer zu den Kosten der Unterhaltung der den sachlichen Fortbildungsschul- unterricht betreffenden Abtheilung ihres gesainmtcn Unter- richtsunternehmens. VI. Bericht deS Finanz- und bez. StistungSausschusscS über: Rückäußerung des Rathes aus Anträge des Collegiums zu Conto 7 Pos. 85, Couto 10 Pos. 22 „außerordentlich", Conto 29 Pos. 3 und Specialbudget „Nrmeuweseu" Pos. 3o und II», sowie Einstellung eines Betrages in Conto 7 des diesjährigen Haushaltplancs. VH. Bericht de« Finanz- und BersassungSausschusseS über den Entwurf eine« Nachtrages zum Orlsstatut der Stadt Leipzig vom 20. Derer»ber 187? in Bezug auf Befreiung aller evangelisch-lutherischen Kirchen und der Friedhöfe aller evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden von der städtischen Grundsteuer. VIH. Bericht des Verfassung!- und bez. Finanzausschusses über den Entwurs eines Regulatios für die Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg zu Leipzig und Einstellung des an die Spitze der Anstalt zu stellenden Oberinspectors in Gruppe 6, Classe I des Regulativs, die Gehalte der Gemei.idebeamlen bctr. IX. Bericht des Schulausschusses über Mobiliarbcschassung für die 17. Bczirksschule zu Leipzig-Neuschöncseld. X. Bericht des Schul- und BauausschusseS über Errichtung eines Anbaues an die 22. Bczirksschule und Erbauung einer Turn halle für dieselbe, sowie Mobiliarbeschafsung. I. Lkklnmtmachung. In der Zeit vom 5. Juni bis mit 2. Juli dieses Jahres gingen an freiwillige» Gaben bei u»S ein: 100 in Sachen Z. 7. H. durch das Gewerbegericht, 3 - 13 Ueberichuß in einer Sache durch due Vollstreckung«»»»!, ö - Sühne in Sache» Str. '/- S-, 20 -H, freiwillig überlassener Betrag von G. durch Herrn Hauser, 10 - — » Sühne in Sachen M. U. '/- N. P. 10 - — - . . . H. Gl. '/. CH. S. ? - - - - ' . M. F. '/. I. N. 5 - — » » » » MW. /. G. L. T. r. -/. I. s. M. E. 7. H. W. E. K. 7. P. D. W. S. 7- A- L. B. 7. v. M. A 7- G. F. '/. K. S. '/- K. R. S- durch Herrn Friedens richter Seide,- mann, durch Herrn Friedens richter kohlinann, Das in Leipzig-Lindena» Marktstraße Nr. 5 wohnhafte Dienst- ! Mädchen Bertha Auguste Schmidt — geboren am 11. Nov. 1872 > in Zeitz — hat sich am 4. Juni in der ausgesprochenen Absicht, sich wegen eines körperlichen Leidens das Leben »u nehme», aus ibrer Wohnung entfernt und wird seitdem vermißt. Tie Vermißte list etwa 1,55 m groß, von schmächtiger Statur, dunkelblonden I Haaren und Augenbrauen, hoher Stirn, länglichem, blassem und kränklichem Gesicht, graubraunen Augen, rundem Kinn und unvoll- ständigen Zähnen. Eie war zuletzt bekleidet mit wollenem, dunkel- ! blauem Kleide, schwarzem, mit Mull und gelben Nelke» ausgeputztem I Strohduie und Hoden Ledersliesein. Etwaige Wahrnehmungen bitten wir zur Kenntntß unserer Lriminalabtheilung zu bringen. Leipzig, am 23. Juni 1892. Da« Pslireiaint der Stadt Leipzig. In Stellvertretung: VV.1917. vr. Schmid. M. Gefunden ! oder als herrenlos angemcldet resp. abgegeben wurden in der Zeit I vom I. bis 30. Juni 1892 folgende, zum Theil auch schon früher gefundene oder von verübten Diebstählen herrührrnde Gegenstände: Geldbeträge von 2V, 13. 10 und 5 ^l, Portemonair« mit « 5 10 4 «2 » >4 29 und mit geringeren Beträgen, 2 Dividenden-Scheine von ver schiedenen Brauerei-Acticn, eine silberne Tamrundr. eine »rnsilbrrne Hrrrcnuhr, ein goldener Damenring, 2 goldene Ringe mit gravirtcn Platten, ein alter gravirter Trauring, »in goldener Ohrring, eine goldene Brosche, eine Vernstetn- und eine Granatbrosche, ein goldenes Anhängsel in Herzsorm, ein goldenes Kreuz mit Band, eine Shlipsnadel mit Mono- gramm, ein Haar-Armband, einige Corallen- und andere Armbänder, eine silberne Verdienstmedaille, vier Corallen- Halsketten, eine goldene Brille, »ine neusilberne Brille, 2 verschiedene Uhrketten, ein großes Opernglas mit Etui, ein silberne- Messer und 2 silberne Kaffeelöffel, eine Meer- schäum - Cigarrenspitze mit Etui, 2 Cigarren- und ein Cigarretten-Etui, ein Nähetui, mehrere Leihhausschcine, ein Lehrbuch für italienische Sprache, 5 gestickte Haussegen, «ine Anzahl Schirme und Spazierstücke, ein Stück Spitze, ein Paar Glacshandschuhe, eine Hutfeder, ein crsmesarb. Gardinenshawl, «in« gelblederne Handtasche mit Damenwäsche,c., ein Damen-Umhana, 2 verschiedene Schürzen, ein einzelner und 1 Paar neue Kinderschuhe, ein Herren-Halbstiefcl, ein Paar Schaftstiefel, ein hellbrauner Sommerüberzirhrr, eine große baumwollene Rrisedreke, ein Tnchkragr« z» einem Droichken- kutschermantel, ein Packet Hemden, ein« Anzahl Schlüssel, ein Sack mit Frauenkleidung-stücken, «in großer Hundehals- gürtel mit Metallverzierungen, eine Gärinerscheere, ein Packet Schließe»'«», 50 Packet« schwedische Streichhölzchen, ein Puschel Rohtabak, ein Bierfaß, 3 verschied. Peitschen, 5 Transport- kürbe, »tri Spaten, eine Radehacke und ein Sack, ein Winkel eisen, «ine eiserne Stemmleiste, «in« Spannkette und ein 4rä»r. Handwagen. Zur Ermittelung der Eigenthümer wird dies hierdurch bekannt gemacht. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche in den Monaten Avril, Mai und Juni 1891 Fundgeaenstände bei uns abgegebrn haben, auf, diese Gegenstände »urttckzuiordern, andernfalls hierüber den Rechten gemäß verfügt werden wird. Leipzig, den 1. Juli 189L. Da« Polizetam» »er Stadt Leipzig. In Stellvertretung: De. Schmid. Ml. 187 .« 33 />- Summa, worüber hierdurch dankend qulttirt wird. Leipzig, den 2. Juli 1892. Das Arnirnamt. He ntjchel. Schicker. Äuction. Im alten Trier'schen Institute, Grimmaischer Steinweg 12, soll Tonncrstag, dr» 7. J»l« 1892, Vormittags 10 Uhr, eine Partie alles Mobiliar (Tische, Schränke, hölzerne Bettstellen, Regale, Tritte, Jalousielädcn rc.j meistbietend gegen Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Universitäta-Rrutauit. Gebhardt. Sparkasse Liebertwolkwitz. Unter Garantie der Gemeinde. Reserven: »20,22« .eil 88 H. Sporverkehr im 1. Halbjahr 1892. 5144 Einzahlungen im Betrage von 643,203 ^ll 83 4952 Rückzahlungen ... 535,792 « 58 - Verzinsung der Einlagen mit 3',, Expeditionszeit: Montags und Donnerslags. Die Zwciggeschäfisstcllc Stötteritz expcdirt jede» Donnerstag Nachmittags ov» 5—7 Uhr, die ZwciggcjchäitsstcUe Pannovors dagegen jeden Montag und Donnerstag Nachmittags von 3—6 Uhr. Lparcaijru-Vernialtnng. Dyck, Dircctor. Lau--Kren! in nächster Nähe des Bahnhofs und der Harlhwaldting, schon gelegen, hat billig zu verlausen Irr Stadtrath zn Zwenkau. Die Politik des Papstes. Eine längst brennende Frage ist durch die Stellungnahme des Papstes für die republikanische Staalsform in Frankreich auf die politische Tagesordnung gesetzt worden, die Frage, ob die religiösen Interessen mit der Politik verknüpft sink. Der Papst hat diese Frage in einem Schreiben an den Bischof von Grenoble bejaht, ein Theil der französischen Royalisten hat sie verneint, insbesondere die Slaatssorin für eine Ange legenheit erklärt, die mit der Religion nichts zu thun habe. Es ist hier eine Begriffsverwirrung sebr leicht möglich, und man scheint von päpstlicher Seite einer solchen Vorschub zu leisten. Religion und Kirche ist nämlich zweierlei, die Religion ist die Lehre und Ausübung eines bestimmten Bekenntnisses, welche« in seinen Grundzügen durch den Stifler der Religion festgcstelll ist, während die Kirche in der Geistlichkeit ihren Ausdruck findet, welche ein bestimmtes Bekennlniß vcrtiilt und lehrt. Deshalb spricht »lan vom Balica», dem Wohnsitz der Päpste, und gebraucht ihn im Sinne der durch das Cardinal--Collegium mit dem Papst an der Spitze ge bildeten römischen Curie, man spricht von der Gesammt heil der Bischöfe und nennt sie Episkopat und saßt die übrige Geistlichkeit unter der Bezeichnung Klerus zusammen. Aber durch diese verschiedenen Bezeichnungen ist eine Unklarheit und eine Verwirrung über das eigentliche Wesen der katholische» Kirche geschaffen, welche den Zwecken deS PapsttbumS nur dienlich sein kann. Der Papst ist »ick'I unabhängig von den Siröiiiungr», welche die katholische Kirche beherrschen; die Richtung, welche ii» Carkiiials- Collegium vorwiegt, kann von ihm nicht einfach unbeachlel gelassen werten, und darum mag es zuweilen nicht un berechtigt sein, an Stelle des Papstes vom Balican zn reden. In der Hauptsache sind eS aber ZwcckniäßigkeitSrücksichlcn ober der Wunsch, die religiösen Gefühle nicht zu verletze», wenn man eS bei rein politischen Dingen vermeidet, den Papst als Gegner zu nenuen. Diese Rücksichten fallen Leo XIII. gegenüber fort, nachdem er selbst erklärt hat, daß die Beriiiiicbung der Politik mit den religiösen Interessen sehr wobl eiulrelen könne. Eigentlick, bestand in den Kreisen der wissenschaftlich Gebildeten niemals ein Zweifel über die politische Bedeutung des Papslthums, und er konnte nicht bestehe», wenn man sich die Geschickte dieser Einrichtung vergegenwärtigte. Die Päpste haben im Mittelalter eine so bedeutende politische Rolle gespielt, daß sie sich sogar die Oberhoheit Uber die deutsche» Kaiser anmaßtcn und diese auch thalsächlich zur Geltung gebracht haben. Aber auch die neueste Zeit strotzt von Beweisen für die politische Be deutung de- Papsttbums; sowohl Pius IX. wie Leo XIII habea ihre politische Mackt in der schärfsten Weise dar- aethan. Es ist daher nicht verständlich, wie Bekenner des katholischen Glaubens und Führer einer kircheu-poliliscken Partei, wie Herr v. Schorlemer-Alst, erst jetzt dabin kommen gegen die Ausdehnung der päpstlichen Unfehlbarkeit auf da« politische Gebiet Widerspruch zu erbeben. Die Verkündung der päpstlichen Unfehlbarkeit war eine Handlung von größter politischer Bedeutung, vielleicht weniger in dogmatischer Beziehung, als in organisatorischer. TaS Wesentliche bestand in der Aufrichtung des Primates vcS Papstes, in der voll- ländigcn Unterordnung der gesaiumten Bischöfe miter die Disciplinargewalt des Papstes. Nach de» Beschlüssen des Oeknmcnischcn ConcilS deS Jahres 1870 sollten die Bischöfe die willenlosen Werkzeuge deS Papstes werken. Das isl ja bisher noch nicht gelungen, die deutschen wie die sranzö- sischen Bischöfe baben sich auf politischem Gebiete immer »och eine» gewisse» Grav von Selbstständigkeit bewaffn, aber das Streben deS Papstes gebt babin, in dieser Beziehung mehr und mehr seine Machtvollkommenheit zur bestimmenden Kraft zu erbeben Es ist bei Gelegenheit der Stellungnabmc deS Papstes zur Frage der Staalsform Frankreichs zur Sprache gekommen, daß wohl auch die Forderung des Papstes »ach Wiedcr- hersteUung seiner weltlichen Macht der näheren Begründung bedarf, und dabei ist die Frage aufgeworfen worden, ob sich diese Forderung niit dem Dreibünde verträgt. Herr v. Schorlemer bat die Frage bejaht, ist aber bereits durch Len „Moniteur de Rome" darüber belehrt worden, daß diese Bereinigung unmöglich sei. Es wäre ja auch höchst inconscqnent, Wenn dieser Wider spruch nicht erhoben worden wäre, denn der Papst bat keine Gelegenheit vvrübergeken lassen, um die Unvereinbarkeit des Dreibundes mit den päpstliche» Interessen zu beweise». Wie wäre denn auch sonst seine heftige Parleinabme für die französische Republik zn erklären, als durch das Strebe», im entscheidenden Augenblicke auf der Seile zu sieben, weiche die Hauptaufgabe verfolgt, dem Dreibund den GaranS zu machen? Das Papstlhum ist eine internationale wesentlich politische Einrichtung, welche die Throne unter ihre Bot mäßigkeit zu bringe» bestrebt ist, genau in derselben Weise, wie eS ihr im Mittelalter zeitweise geglückt ist. Tie Formen und die Zeiten haben sich geändert, aber die Sache ist dieselbe gebticben; eS giebl heute keine Kirchen- fürslen mebr, die doch zn Roß der Jagd im Frieden und dem Wasfenbandwerk im Kriege obliegen, aber daS Streben nach Macht ist im CardmalS-EoUegium, im Episkopat und Klerus dasselbe wie vor 500 Jahren. Heute seiert der Papst keine r uschendcn Feste mehr im Batican, bei welchen schöne Fr .uen die Hauptrolle spielen und alle welt lichen Vergnügungen in derselben Weise betrieben werden wie an Fürstenhösen, aber der Papst tritt als Schiedsrichter in internationalen Streitigkeiten auf, er spricht die Carolinen inseln Spanien zu und tritt für das Septennat im deutschen Reiche ein. Ob seine politischen Maßnahmen bin und wieder auf Hindernisse stoßen, wie gegenwärtig in Frankreich und Denkst!,land, ändert an der Tffaisache nichiS, daß der Papst heute auf poliiisthem Gebiete mächtiger ist als je. Die Berurkffeilung, welche Bcsmarck'S Handlungsweise bei seiner letzten Reise durch I>r. Lieber und die bayerischen Ab geordneten Datier und Consortcn erfahren bat, kann dem ehemaligen Reichskanzler keinen Schaden bringe», cs wird ikin dadurch nur bezeugt, daß ihn die Centrumsparlei als einen gefährlichen Feind betrachtet, den sie froh ist loS- gewordc» zu sein, und Graf Caprivi kann mit vollem Recht sagen: „Gott behüte mich vor meinen Freunden, vor meinen Feinte» will ick mich schon selbst behüten." Das Belciintniß des Papstes an den Bischof von Grenoble bekräftigt nur eine seil langer Zeit sattsam bekannte That- sache, aber eS hat dadurch seine» Wertl,, daß eS endlich ein mal diese Tffaisache von berufener Seile bezeugt. Tie bis- kerige päpstliche Politik war dabin gerichtet, stets den Schein aufrecht zu erhallen, als treibe die katholische Kirche, also die Gesammtheit der Geistlichen vom Papst an- gcfangcn d>S znm gewöhnlichen Kleriker, keine Politik, als sei cs diese» Lentcn einzig und allein um die von ihnen verkündete christliche Lehre zu thun und um deren Geltendmachung in allen Lagen und Erscheinungsformen deS menschlichen Lebens. Papst Leo XIII. ist eine außergewöhn liche Gestalt auf dem päpstlichen Throne, er richtet sich nicht nach den herkömmlichen Regeln, sondern verfolgt seine eigenen Wege, die bisher vom Cardinais-Colleginm gntgeheißen worden sind in der richtigen Erkennlniß, daft ihr erwählleo Ober haupt fick wäkrciid seiner päpstliche» Herrschaft in hervor ragender Weise befähigt gezeigt hat, die Interessen der katholische» Kirche zn wahren im religiösen wie im politischen Sinne. Trotzdem ist eS ein Fortschritt zum Bessern, daß Leo XIII. die politische Bedeutung des Papslthums mit größter Klarheit öffentlich bekannt hat. Die Entwickelung der Mensch- beit gebt langsam von Statten, aber an diesem Bekennlniß kann sie nicht achtlos vor übergehe», cs wird stets wieder holt werden, wenn die Vertreter der katholischen Kirche im kirch lichen wie im politische» Leben Zeugniß davon ablcgen werde», daß Leo XIII. die Wahrheit gesagt hat. * Deutsches Reich. * Berlin, 2. Juli. Zur Handwerkerfrage schreibt die „Nat.-lib. Corr.*: Die endgültige Ablehnung der Ein führung des obligatorischen Befähigungsnachweises durch de» Bundksratb bat eine bemerkenswerthr Uebereinstimmung de« Unheils zwischen den reaclivnär-ultraniontancn Befürwortern deS Zunftzwanges und den Socialtcmokraten erkennen lasse». Sie alle find der Ansicht, daß nun daS Handwerk unfehlbar der Socialtemokralic verfalle» werde. Ob die betreffende» pessimistische» Ergüsse der „Kreu^rilung", der „Germania" re., welche der „Vorwärts" mit diabolischem Vergnügen registrirt, einer wirklichen lleberzcngnng entstammen, mag dahingestellt bleiben; unS, die wir eS mit Genugthuung begrüßten, daß der BnndcsratbSbeschluß reine Bahn gemacht habe, kann eS genügen, daraus binzuweiscn, daß zerre Behauptung von falschen Voraussetzungen ausgeht. Nach dein scciat- demokratlschen Dogma soß der bandwerltznssßige Betrieb gegenüber der großindustriellen oder w>« man »tl dem übliche» agitatorischen Beigeschmäcke lieber sagt, dht kapitalistischen Proknctionsweise überhaupt unrettbar verloren sein. DaS ist eine Bebanptuiig, welcher man, so lange sie nur auf dcni Papiere siebt, mit sebr viel besserem Rechte die andere ent- gcgcnslellen darf, daß ein gut Tbeil gewerblicher Tbäligkcit sich überhaupt nicht für den Großbetrieb eignet. Erst in dem socialdemokratischen Zukunftsslaate würde die ge JrrsertionspreiS Die «gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen nntcr demRebactionsstrich (4ge- spalten) 50-H, vor den Famittennachrichlen (6 gespalten) 40-H. Größere Scheffle» laut unserem Preis« verzetchniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Ikrtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Posibesörderung ^ll 60.—, mit Postbesordrruiig >4 70.—. Ännahmeschluß für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh ',,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahinestellen je eine halbe Stunde früher. Inserate sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Potz in Leipzig. 86. Jahrgang sammle wirtbschastliche Production in diese Form gegossen werden, und welche Perspectiven sich dann öffnen würden, davon haben soeben erst die famosen Debatten über die socialdemokratische Genoffenschaftsbäckerei in Berlin einen reckt erbaulichen Vorgeschmack gegeben. Aber auch wenn man als möglich zugiebt, daß auf dem Boden der bestehenden Gesellschaftsordnung der Großbetrieb sich noch weitere Gebiete erobern wird, so ist damit keineswegs anerkannt, daß auf allen diesen Gebieten daS für die Gesundbeit des Gcscll- schaftSkörpcrS so wichtige Glied eines gewerblichen Mittel standes verschwinden müsse. Schon heute finde» sich in der Großindustrie zahllose Werkmeister, welche weder an technischer Bildung, noch an Selbstständigkeit deS Charakters den tüchtigsten Handwerksmeistern nachstchen. Und dieser Stand muß an Bedentnng gewinnen, je mehr die Groß industrie auf Gebiete hinübergreift, in welchen die Leistungs- säbigkcit der Maschine hinter die menschliche Tüchtigkeit zn- riicktritt. Bon diesen Elementen aber darf man im Großen und Ganzen sicher sein, daß sie der Lehre von der Notb- weiidigkeit der radicalcn Zertrümmerung der bestehenden Gesellschaftsordnung nickt zugänglich sei» werden. Freilich werde» sie auch für politische Rcactionsbestrebungen nicht ein so willfähriges Werkzeug abgeben, wie eS die im Wahne des Zünftlcrlluims befangenen Handwerker sei» mögen. Tie Hanptausgabe aber bleibt, daß daS Handwerk, wo immer möglich, in seiner Selbstständigkeit erhalten werde. In dieser Beziehung begen wir die Hoffnung, daß die Handwerker, nachdem die Phantasmagorien der zünstlerischen Reaction zerstört sind, sich nunmehr um so entschlossener ans den Weg der freien Bereinigung der Kräfte begeben werden, wie er vor einem Jahrzehnt in dem Innungsgescy gewiesen würbe. Was die Gesetzgebung etwa noch weiter thun kann, um sie dabei zu unterstützen und iknen Hindernisse aus dem Wege zu räumen, daS wird gewifsenbast zu erwägen sein. DaS erste Erforderniß für Alle aber, welche als selbstständige Klcingewerbtreibciide oder als Meister im Großbetriebe ihr Fortkommen finden wollen, ist eine tüchtige Ausbildung. Auf diese vor Allem muß daS Handwerk immer von Neuem hin gewiesen werden. * Berlin, 2. Juli. (Telegramm.) Der Nedacteur der „Freisinnigen Zeitung" Werth ist heute wegen Maje stät Sb eleidigung vom Landgericht zu 3 Monaten Ge- fängniß verurlheilt worden. Tie „Freisinnige Zeitung" hatte die Meldung abgedrnckt, der Kaiser habe in der Schorfhaite zwei Hirsche erlegt, und binzngefllgt, nach dem Wildschongesctz lei daS Erlegen von Wild in der Schonzeit strafbar. Der Angeklagte machte geltend, er bade nicht gewußt, daß die Lchorfkaidc eingcf'riekigt sei und daher die Besliniinungen über die Schonzeit aus sie leine Anwendung finde». — Die „Vossischc Zeitung" meldet »ach einer hiesigen Corrcspondenz. daß dem G r o ßf U r st e n W l a d im i r A l c pa n d r o - witsch, der sich auf einer Inspektionsreise befindet, gestern ein nickt unerheblicher Unfall zngcstoßen sei. AuS Tsckcrgowctz (Gouvernement Nowgorod) wird gemeldet, daß sich die Conpbtbnr des Salonwagens des Großfürsten beim Einlanscn des Couricrzugs in die Bahnhofshalle von selbst öffnete, so daß der Großfürst, der am Fenster stand, ans die Stcinflicßen de« Bahnsteigs stürzte und blutüberströmt zusammenbrach. Außer mehrere» Wunde» und Beulen im Gesicht hat der Großfürst coniplicirte Arm- und Bein- vcrrenkungen davongetragen, so daß die Weiterreise aus- gegeben werden mußte. Der Zar ist sofort von dem Unfall in Kennliiiß gesetzt worden. — A»S Cbristiansand, 2. Juli, wird gemeldet: Die Jacht „Kaiseradler" und das Panzerschiff „Siegfried" find beule früh bei klaren, Wetter in <see gegangen. Wetter berichte von norwegischer Westküste ineldcn durchweg gute« Wetter und wenig Seegang. — Ueber einen neuen Fall ultramontaner Unduld samkeit liest man in der „Kölnischen Zeitung*: „Kaum sind die Meinbrohler Kirchenglockc» verklungen, so erregt ein aynltcher Fall ultrainontaiier Unduldsamkeit die Gemüther im Kreise Neuwied. In Rheinbrohl sollten die Klrckenglocken beider Veeidlguug eines evangelischen Kindes nicht laute», in Irlich wollte der katholische Geistliche die Beerdigung eines evangelischen Kindes auf dem Cleinciilbekirchhose überhaupt verhindern. Irlich isl ei» malerisch a» der Mündung der Wied in den Rhein gelegenes Tors. Es lebe» jetzt nur wenige evangelische Familien i» dem ganz katholischen Dorfe. Nicht immer war e« so. Als die Grasen von Wied im t6. Jahrhundert zum resornttrte» Bekennlniß illiertralen. folgte der größte Tbeil ihrer Untertyannn und auch da« Kirchjviet Feldkirchen, zu den, Irlich gehörte, diesem Schritte. Da aber «her Irlich der Erzbtschos von Trier die Landeshoheit gegen Wied behauvtele, jo wurde» die abgesallenen Jrlichcr in harter Arbeit wieder zur Kircl)« zurückgebracht. So bilden sie jetzt eine Eiiclave in ganz evangelischer Umgebung. Die wenige» Evange lischen beerdigen ihre Verstorbenen auf dem Friedhof der Fcldkirche, deS nächsten evangelische» KirchipielS. Dieser Friedhof gehört aber den Civilgemeiiiden, die das Kirchspiel Feldkirche» bilden, nämlich Fahr, Wollendors, Gönnersdorf, Hüllenberg, Rodenbach und Rocken- feld, und diele Gemeinden haben vor einiger Zeit aus Anlaß des betreffenden Bürgermeisters beschlösse,i, in Zukunft für die Beerdigung von Leichen aus Irlich und Leulesdors, Lein nächste» rheinabwärls gelegenen katholische» Torfe, wie überhaupt sür alle auswärtige» Leiche» eine Abgabe von 5 .äl zu erheben, da sie keine Verpflichtung haben, für La« Acgrätnttß dieser Leiche» zu sorge». Nun starb in der vergangenen Woche, am 21. Juni, das Kind eine» evangelischen Eiiuvohuers vv» Irlich, eines armen Mannes, der, um die Zahlung von 5 .sl zu vermeiden, sein Kind in Irlich beerdigen lasse» wollte. Er erhielt von der Bürgermeisterei Heddesdorf eine» Schein, woraus der Todtengräber zu Irlich das Grab zu fertigen hatte. Bald kam der Mann zurück und erNSrle, der katholische Psarrer zu Irlich habe den Begräbnißplatz daselbst verschlossen, weigere sich, den Schlüssel herzugeben, und habe geiiußert, er werde de» evnngelischr» Pfarrer zu Feldkirchen uiilsammt dem Todtengräber hiitausschiiieißen, wen» sie es wagte», die Leiche des Kindes aus den Jriicher Begrabiiiiiplatz zu bringe». Der Plärrer von Feldktrchen, dem der Mann dies mitgetheiit habe, weigere sich, bei der Beerdigung des Kinde« zu Irlich mitzuwirken, weil er sich den Angriffen der Jrlichcr nicht aussetzen wolle. Darauf ließ der Bürgermeister von Heddesoors, übrigen« ein guter Katholik, Las Thor des Begrädiiißplayes durch einen Polizei- sergeanien gewaltsam ausbrcchen. Ein Mitglied des Kirchen- vorstonbes zu Irlich protestirt« dagegen mit den Worten, da» Allrrheiligste werde geschändet; eine Menge Leut», besonders Frauen, waren zusammengeströmt, heulten, weinten und rausten ihr Haar, Der Todtengräber stellte dar- auf da- Grab in der Reibe her. Was nun weiter bei der Beerdigung de« Kinde» erfolgt wäre, kann man nicht wisse».
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